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107/2002
Stand: 24.04.2002
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Experten über Änderung der Strafprozessordnung uneins

Rechtsausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/JUM) Die molekulargenetische Untersuchung an sichergestelltem Spurenmaterial (nach Paragraf 81f Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung) soll künftig nur auf richterliche Anordnung hin möglich sein. Einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Strafprozessordnung (14/7562) mit dieser Zielsetzung stimmt die Bremer Generalstaatsanwältin Professor Kirsten Graalmann-Scheerer in ihrer schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses, die heute um 15 Uhr beginnt, zu. Graalmann-Scheerer erklärt, der Gesetzentwurf sei erforderlich, weil einige Landgerichte die richterliche Anordnung der molekulargenetischen Untersuchung für nicht erforderlich gehalten hätten. Die Anfertigung einer DNA-Analyse setze jedoch eine richterliche Anordnung voraus. Die unterschiedliche landgerichtliche Rechtsprechung habe in der Praxis dazu geführt, dass molekulargenetisches Spurenmaterial mangels richterlicher Anordnung nicht in der DNA-Analyse-Datei gespeichert werden durfte. Die Folge, so Graalmann-Scheerer: Tatortspuren konnten weder einer Person noch anderen Indizien zugeordnet werden. Dementsprechend sprach sich die Generalstaatsanwältin gegen den Gesetzentwurf des Bundesrats zur Regelung der Zuständigkeit für die Anordnung einer DNA-Untersuchung bei Spuren aus (14/5264). Diese Regelung, die eine molekulargenetische Untersuchung auch ohne richterliche Anordnung vorsieht, verstoße gegen die Grundrechte des Menschen. Dem widerspricht Eva Schichl. Die Dezernatsleiterin im Bayrischen Landeskriminalamt begrüßt den Entwurf des Bundesrats. Derzeit erschwere der Richtervorbehalt die praktische Arbeit der Polizei, begründet sie ihre Position, zumal die zuständigen Gerichte unterschiedliche Verfahrensweisen praktizierten und wegen des Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre eines Menschen die entsprechende Analyse häufig verweigerten. Schichls Ansicht nach aber stellen Spurenauswertungen keinen Verstoß gegen die Grundrechte dar, weil sich die Spuren vom Verursacher bereits gelöst hätten.

Joachim Jacob, Bundesbeauftragter für Datenschutz, befürwortet den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Der sieht nach Paragraf 100 der Strafprozessordnung (StPO) geregelte Einsatzmöglichkeiten des technischen Hilfsmittels IMSI (International Mobile Subscriber Identity) vor. Dem Gesetzentwurf zufolge kann mit Hilfe dieses IMSI-Catchers durch den Aufbau einer eigenen Funkzelle bei aktiv geschaltetem Mobilfunkgerät einerseits der Standort des Verdächtigen, andererseits auch dessen netzinterne Kennung ermittelt werden. Jacob weist allerdings darauf hin, dass bei einer Feststellung der Kartennummer oder der Bestimmung des Standortes immer auch Unbeteiligte betroffen sein könnten. Daher stimmt er der Ermittlung des Standortes nur zu, wenn dieser auf keine andere Weise festgestellt werden kann. Des Weiteren fordert Jacob aus datenschutzrechtlichen Gründung die nachträgliche Benachrichtigung des Betroffenen.

Christian Schmidt-Sommerfeld, Leitender Oberstaatsanwalt des Oberlandesgerichtes München, lehne den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab, weil er die polizeiliche Praxis rechtlich zu sehr einenge. Nach der StPO wäre es nicht mehr möglich, den Standort eines Straftäters festzustellen, um ihn observieren zu lassen, weil die Standortfeststellung in der Wirklichkeit nicht unbedingt mit einer Maßnahme der StPO korrespondiere. Demgegenüber favorisiert Randolf Virnich von der Zentralstelle für Information und Kommunikation des Bundesgrenzschutzes den Gesetzentwurf der Bundesregierung gegenüber dem des Bundesrats. Er betont, dass die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation nach Paragraf 100a der StPO oftmals das einzig erfolgreiche Mittel in der Bekämpfung organisierter Tätergruppierungen sei. Um schwerwiegende Straftaten aufklären und die Täter dann beweiskräftig überführen zu können, sei die Kenntnis seiner mobilen Rufnummer sowie des Festnetzanschlusses unerlässlich. Zugleich fordert Virnich, auch der Polizei den Einsatz dieser bislang nur dem Bundesgrenzschutz und dem Bundeskriminalamt zur Verfügung stehenden Messtechnik zu ermöglichen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_107/05
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