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April 03/2000
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ANTRAG VON SPD UND BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Homosexuellen Opfern der NS-Diktatur gerecht werden

(re) Nach dem Willen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen soll die Bundesregierung prüfen, ob Opfer der Verfolgung von Homosexuellen während der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur ausreichend rehabilitiert sind oder ob es einer weiteren Initiative in dieser Hinsicht bedarf.

Die Koalitionsfraktionen erwarten in einem Antrag (14/2984neu) zudem, dass die Regierung einen Bericht vorlegt, der sich mit der Entschädigung homosexueller NS-Opfer sowie mit der Rückerstattung und Entschädigung für die Enteignung und Zerschlagung der homosexuellen Bürgerrechtsbewegung und vergleichbarer Institutionen befasst. Möglicherweise seien Vorschläge erforderlich, wie Rechtslücken, auch mit Blick auf eventuellen Rentenschadensausgleich für homosexuelle NS-Opfer geschlossen werden können, betonen Sozialdemokraten und Bündnisgrüne. Nach dem Willen der Koalition soll das Parlament ferner seine Überzeugung bekräftigen, die Ehre der homosexuellen Opfer des NS-Regimes sei wieder herzustellen.

Bedauerlich sei in diesem Zusammenhang, dass die nationalsozialistische Fassung eines Paragrafen im Strafrecht zur Homosexualität in der Bundesrepublik bis zum Jahr 1969 unverändert in Kraft geblieben ist. Der Bundestag sei deshalb aufgerufen, sich für die bis zu jenem Jahr andauernde strafrechtliche Verfolgung homosexueller Bürger zu entschuldigen.

Unrecht historisch aufarbeiten

Diese Menschen, so die Abgeordneten, seien durch die drohende Strafverfolgung in ihrer Menschenwürde, in ihren Entfaltungsmöglichkeiten und in ihrer Lebensqualität empfindlich beeinträchtigt worden. Auch in der DDR seien Menschen wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen unter Erwachsenen strafrechtlich verfolgt worden.

Das Parlament müsse zudem Initiativen begrüßen und unterstützen, welche die historische Aufarbeitung der nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung und des späteren Umgangs mit ihren Opfern zum Gegenstand haben, finden SPD und B 90/Grüne.

Für die SPD erklärte dazu die Abgeordnete Margot von Renesse, die Verurteilung von Homosexuellen hätte nichts mehr mit juristischer Praxis zu tun gehabt. Es habe sich vielmehr nur noch um Tötung, Vernichtung, Beseitigung und Ausmerzung gehandelt und habe bis hin zu den Konzentrationslagern geführt. Insofern sei zu prüfen, ob – ähnlich wie in vergleichbaren Fällen – diese Urteile nicht generell aufgehoben werden sollten. Sie persönlich, so die Parlamentarierin, sei dafür.

"Fast tragische Situation"

Auch Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte mit Blick auf die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungspraxis, die angestrebte pauschale Aufhebung von NS-Urteilen wäre keine Sonderbehandlung, sondern würde lediglich Homosexuelle in Sachen Rehabilitierung mit den anderen Opfern der NS-Justiz gleichstellen.

Jürgen Gehb (CDU/CSU) betonte, die Praxis der Gerichte während der NS-Zeit sei auf das Schärfste zu verurteilen. Wenn man nunmehr eine pauschale Aufhebung dieser Spruchpraxis anstrebe, so weise er darauf hin, dass dann die Urteile gegen alle vor 1935 und nach 1945 verurteilten Homosexuellen Bestand hätten. Es sei insofern eine "fast tragische Situation", einerseits Unrecht abzuschaffen, damit aber einen neuen Ungleichtatbestand zu schaffen.

Jörg van Essen (F.D.P.) betonte, er teile das Ziel des Koalitionsantrages; seine Fraktion sei zu Gesprächen bereit. Verwunderlich sei allerdings, dass die Redner von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen für eine generelle Aufhebung der NS-Urteile gegen Homosexuelle plädierten, der Antrag hingegen lediglich einen Prüfauftrag dazu vorsehe. Ähnlich argumentierte auch Christina Schenk für die PDS.

Die PDS hat bereits Anträge (14/2619,14/2620) zu dieser Thematik vorgelegt (siehe Blickpunkt Bundestag 2/00, Seite 52). Das Parlament überwies alle drei Initiativen am 24. März zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0003/0003037a
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