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März 02/1999
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DEBATTE ZUM INTERNATIONALEN FRAUENTAG

Niehuis: Fehlentscheidungen der Vorgängerregierung korrigiert

(fa) Frauenrechte sind Menschenrechte. Dies betonte Edith Niehuis, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (SPD), anläßlich einer Debatte zum Internationalen Frauentag am 4. März. Dabei werde eine Gleichstellungspolitik nicht etwa gebraucht, weil Frauen hilfsbedürftige Wesen seien, die gefördert werden müßten. Wer das so verstehe, der gehe am Kern der Sache vorbei. Frauen würden heute von politischen Entscheidungen keine Sonderförderung erwarten. Sie fordern aber vollkommen zu Recht, daß Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ihnen ermöglichen, ihr geistiges Potential und ihre Kreativität in Wirtschaft und Gesellschaft voll zu entfalten.

Leider habe sich die Politik der letzten Jahre von diesem Ziel entfernt, so Niehuis weiter. Wer den Kündigungsschutz für Beschäftigte in Klein­ und Mittelbetrieben abbaue, wie unter der Kohlregierung geschehen, der müsse wissen, daß hiervon überdurchschnittlich Frauen betroffen seien. Darum habe die jetzige Regierung diese "Fehlentscheidung" wie auch die geplante Senkung des Rentenniveaus sofort korrigiert. Ein Arbeitsförderungsgesetz, welches eine Arbeit auch dann für zumutbar hält, wenn die täglichen Pendelzeiten verlängert werden, werde insbesondere für Frauen mit Kindern, gerade wenn diese eine Teilzeitarbeit suchen, zu einer großen Belastung. Auch diese "frauendiskriminierende" Entscheidung werde die jetzige Regierung zurücknehmen.

Frauen häufiger arbeitslos

Nach Bärbel Sothmann von der CDU/CSU haben Frauen mit vielen Nachteilen zu kämpfen. Auf dem Arbeitsmarkt hätten sie schlechtere Chancen als Männer, sie seien häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und verdienten weniger. Ihre Aufstiegs­ und Karrierechancen wären schlechter. Kindererziehung und Hausarbeit seien nach wie vor Frauensache, auch wenn beide Partner berufstätig seien. Das zentrale Thema im Leben der Frauen sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese Gesellschaft werde nur dann zukunftsfähig sein, wenn Mann und Frau partnerschaftlich in allen Bereichen des Lebens Verantwortung übernähmen. Auch Väter müßten aktive Familienarbeit leisten. Dabei könne und dürfe die Politik den Menschen nicht vorschreiben, wie ihr Lebensentwurf auszusehen habe. Sie müsse aber die Rahmenbedingungen schaffen, um eine echte Wahlmöglichkeit für Familie und/oder Beruf zu eröffnen. Dazu würden auch in Führungspositionen flexible, familienfreundliche Arbeitszeiten und Arbeitsformen für Frauen und Männer gleichermaßen benötigt. Das Angebot an Mobilzeit­ und Telearbeitsplätzen müsse erhöht werden. Außerdem sei eine bedarfsgerechte und flexible Kinderbetreuung mit längeren Öffnungszeiten und Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren vonnöten. Ferner müsse die Politik den Erziehungsurlaub flexibler gestalten und die Hilfen für Alleinerziehende verbessern.

Für Irmingard Schewe­Gerik (Bündnis 90/Die Grünen) dreht sich die Abwärtsspirale für Frauen bereits bei der Berufswahl. 80 Prozent entschieden sich für eine Ausbildung in einem von zehn frauentypischen Berufen. Diese zeichneten sich nicht nur dadurch aus, daß sie schlechter bezahlt würden, sie böten auch keine Karrierechancen. Ein wichtiges Instrument, mit dem auf dem Arbeitsmarkt mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern hergestellt werden könne, sei die Quote.

Neues Projekt "Frau und Beruf"

Sie stelle keine ungerechte Bevorzugung dar, wie gerne behauptet werde. Qualifizierte Frauen seien durch sie nach vorne gekommen, und unqualifizierte würden auch trotz Quote nicht in Spitzenpositionen kommen. Schewe­Gerik äußerte sich zufrieden darüber, daß das erste frauenpolitische Projekt der rotgrünen Regierung das Aktionsprogramm "Frau und Beruf" sei. Viele Frauen seien schon ungeduldig, weil noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch lägen. Aber ein so umfassendes Werk wie das Gleichberechtigungsgesetz für den öffentlichen Dienst und die Privatwirtschaft wolle wohlüberlegt sein. Schnellschüsse seien da ungeeignet. Beim Gleichberechtigungsgesetz für den öffentlichen Dienst könne der Gesetzgeber seine Vorbildfunktion für eine Arbeitswelt, die Frauen nicht ausgrenzt, relativ leicht unter Beweis stellen. Den Frauen mindestens die Hälfte aller Ausbildungs­ und Arbeitsplätze zu geben, sei kein Gnadenakt, sondern ein Beitrag zur Gerechtigkeit.

Demgegenüber erwiderte Ina Lenke (F.D.P.), das Aktionsprogramm "Frau und Beruf" von SPD und Bündnisgrünen, welches eine Quotenregelung in Betrieben und ein zwingendes Gleichstellungsgesetz mit verpflichtendem Frauenförderplan für die Wirtschaft vorsieht, werde von den Liberalen nicht gutgeheißen. Außerdem sollten dem Programm zufolge Betriebe, die Frauen in besonderer Weise förderten, bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand stärker berücksichtigt werden.

Vergabe überdenken

Durch diese Vergabe nach "Gutsherrinnenart" werde aber, so Lenke, in den Firmen keine Handbreit mehr Frauenpolitik stattfinden. Wunsch und Wirklichkeit der politischen Beschlüsse, die die Bundesregierung gefaßt und angekündigt habe, seien meilenweit voneinander entfernt.

Nach Ansicht von Petra Bläss (PDS) darf nicht weiterhin über Wirtschaftsprobleme debattiert werden, ohne die Mitbestimmung von Frauen im Auge zu haben. Es dürfe nicht mehr über Arbeitslosigkeit geredet werden, ohne vorrangig über wirksame Maßnahmen zur Eindämmung von Frauenarbeitslosigkeit zu beraten.

Es könne nicht über Menschenrechte gesprochen werden, ohne über wirkungsvolle Schritte zu entscheiden, um männliche Gewalt gegen Frauen zurückzudrängen. Der Frauentag sei und bleibe ein Kampftag, erläuterte die PDS­Abgeordnete.

Auch am Internationalen Frauentag 1999 habe der Kampf für die ökonomische Eigenständigkeit und das Selbstbestimmungsrecht der Frau gegen männlicher Gewalt und gegen patriarchale Machtverhältnisse höchste Priorität.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902051
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