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Oktober 08/1999
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FESTAKT "50 JAHRE DEUTSCHER BUNDESTAG"

Thierse: Jubiläum ist ein Anlass zur Dankbarkeit

(bn) Als einen Anlass zur Dankbarkeit hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Tatsache bezeichnet, dass am 50. Jahrestag der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. September 1949 Parlamentspräsidentinnen und ­präsidenten aus 47 Staaten zu Gast seien und dokumentierten: "Deutschland ist wieder ein geachteter Teil der internationalen Völkerfamilie."

Hinter den neugewählten Parlamentariern, so Thierse in einem Rückblick auf die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland, hätten seinerzeit harte Jahre der Diktatur und ein unbewältigter, grausamer Krieg, für den sie Verantwortung zu übernehmen hatten, gelegen. Die Männer und Frauen jener Zeit seien auch mit der Mühsal der ersten Schritte in die Demokratie in einem zertrümmerten Land mit Nöten, Sorgen, Hunger, zu integrierenden Vertriebenen und Tausenden von Vermissten konfrontiert worden. Heute sei Dankbarkeit deshalb am Platz, dass "wir die Probleme haben, die wir haben, nicht aber die Probleme des ersten Deutschen Bundestages". Als ehemaligen DDR­Bürger, so der Bundestagspräsident weiter, habe ihn bis heute nicht das Glücksgefühl verlassen darüber, dass "wir Ostdeutschen heute dazugehören dürfen". Er sei deshalb froh, dass er sich mit dem gesamten Deutschen Bundestag in dem Ziel einig wisse, die anderen Europäer, die es sich sehnlich wünschten, ebenfalls aufzunehmen in die "demokratische, freiheitliche und nicht zu vergessen ökonomisch erfolgreiche Europäische Union".

Um Erleichterungen bemüht

Der Vorsitzende der SPD­Bundestagsfraktion, Peter Struck, erinnerte in seiner Ansprache daran, alle Bundestage seit 1949 hätten sich in der Zeit der deutschen Teilung als frei gewähltes Parlament der Westdeutschen immer verpflichtet gesehen, auch für die Menschen in der damaligen DDR da zu sein und ihnen das Leben erträglicher zu machen. Politiker wie Herbert Wehner oder Rainer Barzel stünden stellvertretend für solche Bemühungen um menschliche Erleichterungen. Sie hätten seinerzeit alles getan, um die Trennung in den Köpfen nicht noch größer werden zu lassen, eine Trennung, die auch heute noch nicht überwunden sei.

Für die CDU/CSU­Fraktion betonte deren Vorsitzender Wolfgang Schäuble, ungeachtet aller kritischen Debatten und Differenzen zwischen den Parteien stehe fest, dass das Parlament das "Herz der Demokratie" sei, ohne das es diese Demokratie und auch die Freiheit nicht gebe. Schäuble zufolge ist im Übrigen die Form der repräsentativen Demokratie, gerade im Zeitalter der Informationsgesellschaft und der rapiden Veränderungen auf dem Mediensektor, die einzig zukunftsträchtige, um die Demokratie an sich stabil zu halten. Der CDU­Politiker warnte außerdem mit Blick auf Bemühungen, zu grundlegenden politischen Differenzen so genannte Gipfel oder Allparteiengespräche zu organisieren, davor, die Verantwortlichkeiten zwischen der regierenden Mehrheit und der opponierenden Minderheit zu verwischen: "Verachtet mir die Institutionen nicht", so Schäuble.

Parlament nicht diffamieren

Anders als Schäuble sprach sich Rezzo Schlauch, Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, dafür aus, in einer "aktiven Bürgergesellschaft" stärker auf die Instrumente des Volksbegehrens und des Volksentscheids zurückzugreifen. Im Übrigen könne der Wert außerparlamentarischer Strukturen in einer parlamentarischen Demokratie für notwendige Veränderungen nicht hoch genug geschätzt werden, so der bündnisgrüne Politiker. Er erinnerte in diesem Zusammenhang vor allem an die Leistungen der Ökologie­ und der Frauenbewegung in den vergangen Jahrzehnten. Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der F.D.P.­Fraktion, warnte ebenso wie bereits Struck zuvor davor, Diffamierungen des Parlaments, beispielsweise als "Schwatzbude", nicht entschieden genug entgegenzutreten. Die "Kultur des Streits" sei Ausdruck gelebter Demokratie. Diesen Gedanken gelte es immer wieder von neuem im Volk zu verankern. Gregor Gysi, Vorsitzender der PDS­Fraktion, warb in seiner Rede dafür, die Demokratie attraktiver zu machen. Dazu zählten die Verteidigung des Primats der Politik gegenüber der Ökonomie ebenso wie die Tatsache, dass die Politik gegenüber den Bürgern nicht Spielräume aufzeigen sollte, die in Wahrheit gar nicht vorhanden seien.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9908/9908064a
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