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Oktober 09/2000
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ANHÖRUNG ZU EINGETRAGENEN LEBENSPARTNERSCHAFTEN

Experten beurteilten Vorhaben der Koalition höchst unterschiedlich

(re) Als einen "entschlossenen und mutigen Schritt in die richtige Richtung" hat am 19. September Axel Blumenthal von der Bundesarbeitsgemeinschaft für schwule und lesbische Paare den Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/3751) begrüßt, mit dem "Eingetragene Lebenspartnerschaften" für gleichgeschlechtliche Paare rechtlich abgesichert werden sollen. Gerade weil das Reformvorhaben der Koalitionsfraktionen die Nähe zum Eherecht suche, biete der Entwurf ein hohes Maß an Rechtssicherheit, erklärte der Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses.

Ein ebenfalls vorliegender Gesetzentwurf der F.D.P. (14/1259) ziele demgegenüber darauf, das Eingehen einer homosexuellen Partnerschaft bei einem Notar anzusiedeln. Dies zementiere die "Zweitklassigkeit" gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften auf inakzeptable Weise, so Blumenthal.

Ähnlich argumentierte der ehemalige Bundesanwalt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD). Für gleichgeschlechtliche Paare, die wie Eheleute lebenslang zusammenleben wollten, bestehe dringender Handlungsbedarf. Für sie müsse ein Rechtsinstitut geschaffen werden, das der Ehe ähnele. Nur dann hätten lesbische und schwule Paare die gleiche Wahlmöglichkeit wie verschiedengeschlechtliche Paare.

Bruns zeigte sich überzeugt, je mehr das neue Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft das Leitbild der Ehe abbilde, desto weniger rechtliche Gefahren drohten. Die Paare würden zwar mit fast denselben Verpflichtungen wie Eheleute belastet, hätten aber weit weniger Vorteile von dem neuen Rechtsinstitut.

Hingegen kreiere der Entwurf der Liberalen das Modell einer "Ehe light". Die skizzierte Lebenspartnerschaft sei sehr unverbindlich, bringe den Partnern aber trotzdem gewichtige Rechtsvorteile. Deshalb werde es schwierig sein, ein solches Rechtsinstitut verschiedengeschlechtlichen Paaren zu verweigern. Wer sich für den F.D.P.-Entwurf entscheide, "bekommt das Fass nicht mehr zu, das er aufgemacht hat", so Bruns.

Kritisch zu den vorgelegten Initiativen äußerte sich hingegen Professor Uwe Diederichsen aus Göttingen. Einer sozialwissenschaftlichen Diskriminierung von Schwulen und Lesben im Alltag, die gar nicht zu bestreiten sei, könne nicht mit einem Rechtsinstitut einer "Eingetragenen Lebenspartnerschaft" abgeholfen werden. Diederichsen prophezeite, der Gesetzentwurf von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen werde in den Augen des Bundesverfassungsgerichts keinen Bestand haben, da er eine Vielzahl von dem Rechtsinstitut der Ehe vorbehaltenen Elementen kopiere. Dies sei aber ein Angriff auf den grundgesetzlichen Schutz der Ehe.

Auch Professor Michael Sachs aus Düsseldorf vermochte keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit erkennen, gesetzlich eine sichernde Rechtsform für Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Personen zur Verfügung zu stellen. Es könne allerdings grundrechtlich geboten sein, einzelne bislang nur für Eheleute vorgesehene Regelungen auch für Personen vorzusehen, die in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften leben.

Sachs machte außerdem deutlich, seines Erachtens verstießen beide Entwürfe gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung. Durch die Beschränkung der Lebenspartnerschaft auf Partner desselben Geschlechts würden diese gegenüber Männern und Frauen verschiedengeschlechtlicher Lebensgemeinschaften bevorzugt. Die Möglichkeit zur Eheschließung ändere hieran nichts.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0009/0009034a
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