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010/2002
Stand: 16.01.2002
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Fachkräftemangel durch Zuwanderungsregelungen begrenzen

Innenausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/VOM) Auf den Mangel an qualifizierten Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben Robert Henkel vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)) und der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Bernhard Jagoda, am Mittwochvormittag in einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses hingewiesen. Gegenstand waren der Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für ein Zuwanderungsgesetz (14/7387) sowie eine Reihe weiterer parlamentarischer Initiativen. Henkel sagte, der Koalitionsentwurf gehe in die richtige Richtung, wenn auch in Details noch vieles zu verbessern sei. Der Entwurf sieht unter anderem vor, in einem Aufenthaltsgesetz die bisherigen Varianten auf die befristete Aufenthaltserlaubnis und die unbefristete Niederlassungserlaubnis zu reduzieren. Bei der so genannten Arbeitsmigration wollen die Fraktionen das doppelte Genehmigungsverfahren (Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung) durch ein Zustimmungsverfahren ersetzen. Dies soll über den Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes bedarfsorientiert gesteuert werden. Ergänzend sei eine Möglichkeit zu schaffen, eine begrenzte Zahl besonders geeigneter Zuwanderer über ein Punktesystem ohne feste Arbeitsplatzzusage aufzunehmen.

Henkel sprach sich gegen dieses "optionale" Vorgehen im Gesetzentwurf aus und plädierte dafür, jetzt mit einer "Kultur der dauerhaften gezielten Zuwanderung" zu beginnen. Was kurzfristig benötigte Arbeitskräfte angeht, empfahl der BDI-Vertreter eine Richtungsänderung. Wer drei Monate auf dem Arbeitsmarkt vergeblich eine solche "Engpassarbeitskraft" gesucht habe, sollte auf Zuwanderer zurückgreifen können. Die Wirtschaft sei bereit, sich an den Integrationskosten zu beteiligen. Jagoda bezweifelte, dass der Fachkräftemangel durch Migration voll ausgeglichen werden kann. Er sah in dem Gesetzentwurf den Vorteil, dass er eine Vielzahl unterschiedlicher Zuwanderungsmöglichkeiten enthalte, die je nach Bedarf gesteuert werden könnten. Es komme darauf an, die Akzeptanz der Zuwanderung in der Bevölkerung zu stärken. Mangelnde Sprachkenntnis sei ein Hauptgrund für das Misslingen einer Integration. Für Professor Gerhard Kleinhenz vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BA gibt es keinen "ökonomischen Zwang", Fachkräfte ausschließlich durch Zuwanderung zu lösen.

Auch Volker Roßocha vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) betonte, die Zuwanderung von Arbeitskräften sei kein Ersatz für Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik. Eine gestaltende Zuwanderung könne aber die Folgen des demografischen Wandels abmildern und zur Stabilisierung der Sozialsysteme beitragen. Für den DGB muss Zuwanderung auf Dauer Vorrang vor befristeter Zuwanderung haben. Wie der BDI sprach sich auch der DGB dafür aus, das Auswahlverfahren zur Regel und nicht nur zur Option zu machen. Professor Klaus J. Bade von der Universität Osnabrück lobte den Gesetzentwurf als "bahnbrechende Politikwende". Das von den Fraktionen vorgeschlagene Punktesystem bezeichnete er als transparent und berechenbar. Sein Kollege Christian Hillgruber von der Universität Erlangen-Nürnberg hielt es nicht für erforderlich, hoch qualifizierten Zuwanderern sofort ein Daueraufenthaltsrecht zu gewähren. Angesichts der Arbeitsmarktlage sei auch eine "Vorratsbeschaffung" von zugewanderten Arbeitskräften durch das Auswahlverfahren problematisch.

Am skeptischsten äußerste sich Professor Herwig Birg von der Universität Bielefeld. Zuwanderung bedeutet für ihn eine Zuwanderung aus Entwicklungsländern nach Europa. Vom Ziel, die Zuwanderung zu steuern, entferne man sich mit diesem Entwurf mehr denn je. Zuwanderung würde zu einem Instrument der Arbeitsmarktpolitik, habe aber eine Bedeutung über Generationen hinweg, so Birg.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_010/01
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