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Dezember 7/2003
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Schümanns Sicht der Dinge Unzumutbar

Traditionell fallen im Herbst mit den Blättern die Fußballtrainer. Fußballtrainer arbeiten ja wie die Abgeordneten unter neoliberalen Prinzipien. Sie müssen mobil sein und flexibel, sie unterliegen einer ständigen Kontrolle und genießen keinen Kündigungsschutz. Ab Herbst sind sie arbeitslos. Die Trainer, nicht die Abgeordneten. Na ja, nicht alle, aber ein paar. Was macht jetzt so ein Mann? Soll er ministerialen Vorschlägen folgen und Würstchen verkaufen? Im Stadion?

Aus „Mein Tagebuch“, dem großen literarischen Werk des Lothar Matthäus, ist das Geständnis überliefert, dass dem Autor und heutigem Trainer von Partizan Belgrad regelmäßig beim Spaghettikochen das Nudelwasser anbrennt (wie das geht, ist allerdings nicht überliefert). Solch rudimentäre Küchenkenntnisse zu Grunde gelegt, ist es unzumutbar, dass arbeitslose Fußballtrainer ab Herbst in Stadien Würstchen verkaufen. Absolut unzumutbar. Und zwar für die Konsumenten.

Nun mögen ja Fußballtrainer unter neoliberalen Prinzipien arbeiten, bezahlt und abgefunden aber werden sie nach dem kuscheligen Teil der guten alten Marktwirtschaft. Wie das jetzt mit Abgeordneten ist, weiß ich nicht, die einen sagen so, die anderen so. Unter dem Aspekt der Trainerabfindungen muss die Zumutbarkeitsfrage in der Regel ohnehin in die andere Richtung zielen. In unsere nämlich, die wir keine Fußballtrainer sind und ohne Abfindung. Von Wurstfabrikbesitzer Uli Hoeneß abgesehen, aber der ist ja auch Manager.

Meistens werden Fußballtrainer Kolumnisten für die „Bild“ oder Co-Kommentatoren fürs Fernsehen, das unterscheidet sie in der Regel von Parlamentariern. Beides ist uns ohne Abstriche nicht mehr zuzumuten. Bei Max Merkel zum Beispiel, dem langzeitarbeitslosen Fußballtrainer und ständigem Kolumnisten, ist vor vielen Jahren schon die Frühverrentung versäumt worden. Aber uns fragt ja keiner. Sonst hätte Franz Beckenbauer längst gelernt, wie man grillt.

Helmut Schümann

Helmut Schümann, 1956 in Düsseldorf geboren, arbeitete als Sportjournalist unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Spiegel“. Heute schreibt er für den Berliner „Tagesspiegel“. 2004 erscheint „Der Pubertist. Überlebenshandbuch für Eltern“, eine Sammlung seiner im „Tagesspiegel“ veröffentlichten Kolumnen. Für den blickpunkt bundestag wird er sich zukünftig im Parlamentsviertel umsehen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2003/bp0307/0307051
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