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November 11/2000
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GESETZENTWURF ANGENOMMEN

Arbeitnehmer sollen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bekommen

(as) Arbeitnehmer haben künftig einen Rechtsanspruch darauf, die Arbeitszeit zu verringern. Dies gilt auch dann, wenn keine Einigung mit dem Arbeitgeber erreicht wird. Das Plenum hat am 16. November mit den Stimmen der Koalition einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (14/4374) in der vom Fachausschuss geänderten Fassung angenommen. Alle anderen Fraktionen lehnten die Vorlage ab.

Laut dem Gesetzentwurf wird der Anspruch in Betrieben ab 15 Mitarbeitern eingeführt. Arbeitgeber sollen Arbeitnehmern auch in leitenden Positionen Teilzeit ermöglichen. Die Verkürzung der Arbeitszeit wird aber ausgeschlossen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Bei der Besetzung freier Vollzeitarbeitsplätze sollen die Wünsche der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer auf Rückkehr zur Vollzeitarbeit bevorzugt berücksichtigt werden. Zum Thema befristete Arbeitsverträge ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer gegenüber unbefristet Beschäftigten nicht schlechter behandelt werden dürfen. Weiter heißt es, die Befristung eines Arbeitsvertrages bedürfe grundsätzlich eines sachlich zu rechtfertigenden Grundes. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, ist die Befristung nur bei einer Neueinstellung zulässig sein.

Nein zu Oppositionsvorlagen

In gleicher Beratung wiesen die Parlamentarier einen Gesetzentwurf der Union (14/3292) mit dem Votum aller anderen Fraktionen zurück. Darin hatte die CDU/CSU befristete Arbeitsverträge als erfolgreiches arbeitsmarktpolitisches Instrument bezeichnet. Die bisher geltende Regelung, wonach Arbeitsverträge bis zur Dauer von zwei Jahren befristet werden könnten, solle auch nach dem 31. Dezember 2000 Gültigkeit haben. Auch ein Gesetzentwurf der F.D.P. (14/4103) wurde vom Plenum gegen die Stimmen der Antragsteller zurückgewiesen. Die Liberalen traten dafür ein, die Befristungsmöglichkeit von Arbeitsverträgen von zwei auf vier Jahren auszuweiten und sie bei Vorliegen eines sachlich zu rechtfertigenden Grundes zeitlich unbeschränkt zuzulassen.

Die Pläne der Bundesregierung zur Teilzeitarbeit wurden in der Anhörung des Arbeitsausschusses am 8. November von Eugen Spitznagel vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit als "Schritt in Richtung Flexibilisierung des Erwerbsarbeitssystems" bezeichnet. Nach Meinung des Experten trüge sie zur Zukunftsbewältigung bei. Alfred Wisskirchen von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hingegen nannte den Glauben, durch gesetzlichen Zwang und weitere Reglementierungen das Beschäftigungspotenzial vergrößern zu können, "illusionär." Auch habe die Vergangenheit schon gezeigt, dass durch Umverteilung des Arbeitszeitvolumens keine positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erzielt werden könnten.

Sozial abgesicherte Teilzeit

Dem widersprach Angelika Wiese von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. In ihren Augen ist die geplante Regelung grundsätzlich geeignet, sozial abgesicherte Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen. Gleichzeitig komme sie den veränderten Arbeitszeitwünschen der Arbeitnehmer und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entgegen. Ralf Merk bezeichnete es im Namen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks als begrüßenswert, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit der erleichterten Befristungsmöglichkeiten anerkannt habe. Zur Stärkung der Einstellungsbereitschaft der Betriebe sei es aber nötig, die Höchstbefristungsdauer auf mindestens drei und bei Existenzgründern auf vier Jahre zu verlängern.

In den Ausschussberatungen wertete die SPD den vorgesehenen Rechtsanspruch als einen Fortschritt in der Rechtskultur. Er orientiere sich am holländischen Modell und führe zur stärkeren Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer. Die Union verwies darauf, dass im Rahmen der Umsetzung von EU-Richtlinien die Einführung des Anspruchs auf Teilzeit nicht zwingend vorgesehen sei. Richtig sei es, günstige Voraussetzungen für die Teilzeit zu schaffen, da sie einen wichtigen Bestandteil des Arbeitsmarktes darstelle. Der einklagbare Rechtsanspruch bedeute jedoch einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit.

Die Bündnisgrünen werteten den Vorschlag der Union, den Anspruch auf Teilzeit auf Frauen oder Alleinerziehende zu beschränken, als Rückschritt. Die nun verabschiedete Regelung solle nur für Arbeitgeber gelten, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen.

In den Augen der F.D.P. war die Vorlage der arbeitsmarktpolitisch falsche Weg. Durch die anvisierte Zwangsregelung werde Teilzeitarbeit erschwert. Seit Jahren würden in den Unternehmen Vereinbarungen auf freiwilliger Basis getroffen. Für die PDS stellte die Gesetzesänderung keine Verbesserung des Status quo dar. Der Rechtsanspruch werde die Zunahme von nicht existenzsichernden Arbeitsplätzen forcieren. Arbeitnehmer würden durch eine endlose Ausdehnung der befristeten Arbeitsverträge immer größerem Druck ausgesetzt.

Union mit weiterer Initiative

Unterdessen hat die CDU/CSU eine weitere Initiative zur Teilzeit vorgelegt. Sie soll laut Antrag (14/4526) durch neue Reglementierungen im Betriebsverfassungs- und Kündigungsschutzgesetz attraktiver gemacht werden. Außerdem solle die Bundesregierung ihren vorgelegten Entwurf zurückziehen und eine Vorlage entwerfen, mit der die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne neue Erschwernisse und Einschränkungen verlängert werde.

Nach Auffassung der Parlamentarier leisten Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Beschäftigungssituation. Derzeit seien über 6 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland teilzeitbeschäftigt und rund 2,8 Millionen Beschäftigte hätten ein befristetes Arbeitsverhältnis.

Der Antrag wurde am 16. November an den Fachausschuss überwiesen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0011/0011032
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