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November 10/1999
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ANHÖRUNG IM TOURISMUSAUSSCHUSS

Ausnahmegenehmigungen schaden den Großschutzgebieten

(to) Die ständige Erschließung von Nationalparks durch neue Wege und den Ausbau von Gasthöfen und Schutzhütten bereitet große Probleme. Dies unterstrich der bayerische Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Helmut Steininger, am 3. November in einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses zum "Tourismus in Großschutzgebieten".

Es müsse dafür gesorgt werden, so Steininger, dass der Massentourismus in großflächigen Schutzgebieten in geordneten Bahnen verläuft. Die Gesetze und Verordnungen seien zwar gut, nicht jedoch die Ausnahmegenehmigungen. Steininger plädierte dafür, Nationalparks nicht einem Landrat zu unterstellen, sondern einheitlich dem Bundesumweltminister. Darüber hinaus sprach er sich über eine starke Förderung des umweltfreundlichen öffentlichen Personennahverkehrs zu den Schutzgebieten aus. Hauptziel bleibe der Schutz der Natur, nicht der Tourismus. Der Massentourismus führe immer wieder zu Konflikten zwischen dem Naturschutz und touristischer Nutzung.

Für klare Gesetze

Für klare Gesetze und eine einheitliche Vertretung der Nationalparks nach außen trat auch der Leiter des Nationalparks Sächsische Schweiz, Jürgen Stein, ein. Die Nationalparkverwaltungen müssten lernen, dass Marketing eine strategische Aufgabe sei. Die meisten könnten sich unter einem "Nationalpark" kaum etwas vorstellen. Zum Teil gebe es Ängste vor dem Naturschutz in touristischen Gebieten. Auf Dauer, so Stein, komme man um eine Mischfinanzierung von öffentlicher Hand und "Naturtaxe" nicht herum.

Martina Fleckenstein von der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland erläuterte, es gebe in Deutschland 13 Nationalparks, 13 Biosphärenreservate und über 70 Naturparks. Nationalparks hätten einen positiven Effekt auf die Tourismusentwicklung in einer Region und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Situation sei allerdings nicht so, wie es wünschenswert wäre. In den meisten der Nationalparks finde Tourismus statt, häufig sogar Massentourismus. Die Natur habe unbedingten Vorrang vor jeglicher Nutzung, der Tourismus werde teilweise umgelenkt, und es gebe Defizite in der finanziellen und personellen Ausstattung bei der Besucherbetreuung, resümierte die WWF­Vertreterin. Auch sei die Darstellung der Nationalparks nach außen uneinheitlich. Unzureichend sei ferner die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Wenn das Bundesnaturschutzgesetz novelliert würde, so Fleckenstein, müsste die Zuständigkeit für Nationalparks auf die "obersten Fachministerien" übertragen werden.

"Gewinn an Naturerleben"

Wenn man den Nationalpark als "Imageträger" für eine Region benutze, sei eine Gewinnstrategie erforderlich, betonte der Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Karl Friedrich Sinner. Nationalparks bedeuteten einen Gewinn an Naturerleben, Ursprünglichkeit und Schönheit und keinesfalls Verzicht.

Irmgard Remmers vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer machte darauf aufmerksam, dass ein Nationalpark von der Bevölkerung vor Ort weniger akzeptiert werde als von Touristen. Sie beklagte, dass für Informations­ und Bildungsarbeit nicht genügend Geld zur Verfügung stehe. Für Dieter Popp, Geschäftsführer der "Futour Umwelt­, Tourismus­ und Regionalberatung" in München, sind Großschutzgebiete ein Besuchermagnet. Ohne die touristische Nachfrage nach diesen Großschutzgebieten würden sie ihrem Bildungsauftrag nicht gerecht.

Jürgen Seidel, Vorsitzender des Tourismusverbandes Mecklenburg­Vorpommern, wies darauf hin, dass Tourismus und Naturschutz auf dieselben Gebiete abzielten. Er empfahl, die modernen Kommunikationstechniken verstärkt zu nutzen, um den Gedanken an den Naturschutz zu fördern.

Professor Michael Succow von der Ernst­Moritz­Arndt­Universität Greifswald sagte: "Wir müssen uns Großschutzgebiete leisten." Die Landnutzung stecke in einer großen Krise. Es gebe in großen Räumen einen "Rückzug der Landschaft".

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9910/9910046a
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