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April 04/2000
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serie

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Für Zündstoff ist gesorgt

Sieht man einmal vom Haushaltsausschuss ab, haben nur noch wenige andere Ausschüsse des Bundestages ein so breites Aufgabengebiet wie der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Denn Umweltschutz ist eine klassische Querschnittsaufgabe. Sie umfasst Themen wie die Energiepolitik, den Straßenbau und andere Infrastrukturmaßnahmen, Investitionen der Wirtschaft und der Privathaushalte, die Sicherheit toxischer Stoffe, Umwelt und Gesundheit oder Klimaveränderungen.

Der Stellenwert des Ausschusses nimmt zweifellos zu. Zum einen steigt weltweit das Umweltbewusstsein. Zum anderen aber wachsen die globalen Probleme – etwa der Treibhauseffekt und das Ozonloch. Es gibt also genug zu tun. Und das macht sich auch daran bemerkbar, dass der Ausschuss eine ständig steigende Zahl von Vorlagen, Anträgen und Gesetzentwürfen zu bearbeiten hat.

Die 38 ordentlichen Mitglieder des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit treffen sich während der Sitzungswochen jeden Mittwoch um 9 Uhr 30 in der Präsenzbibliothek des Reichstagsgebäudes – einem etwas beengtem Übergangsdomizil, das die Gemüter spaltet. Zwischen meterlangen Bundestagsakten und zwei häufig blendenden, hohen Glasfronten komme nur schwer eine angenehme Arbeitsatmosphäre auf, klagt der Ausschussvorsitzende Christoph Matschie (SPD). Dafür sorge auch noch die Sitzanordnung in U-Form mit zusätzlichen Querreihen im Inneren. Die dort platzierten Abgeordneten hätten nur wenige ihrer Kollegen im Blickfeld. Der CSU-Umweltpolitiker Christian Ruck hat dagegen sogar eine heimliche Liebe zur Bibliothek entwickelt: "Ich finde den Tagungsraum gut – er bietet ein intellektuelles Outfit."

Mitglieder des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Oben von links nach rechts: Dr. Christian Ruck, Franz Obermeier, Dr. Klaus-W. Lippold (stv. Mitglied), Cajus Julius Caesar, Bernward Müller (Jena), Dr. Peter Paziorek, Helmut Lamp (Schönberg), Prof. Dr. Monika Ganseforth, Anke Hartnagel, Gudrun Roos, Jürgen Wieczorek (Böhlen), Petra Bierwirth, Marlene Rupprecht, Horst Kubatschka, Ulrike Mehl, Christoph Matschie (Vors.), Dr. Dirk Jaeger (MR).

Unten von links nach rechts: Winfried Hermann (stv. Vors.), Christel Deichmann, Dr. Carola Reimann, Marion Caspers-Merk, Jutta Müller (Völklingen), Reinhold Strobl, Eva Bulling-Schröter, Ulrike Flach, Birgit Homburger, René Röspel, Dr. Reinhard Loske, Gabriela Klingen-Troost (Verw.-Ang.), Marie-Luise Dött, Kurt-Dieter Grill, Prof. Dr. Paul Laufs, Werner Wittlich.

Mitglieder des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Die umweltschonende Architektur des Reichstagsgebäudes als Kulisse: die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (360-Grad-Foto).

Das ändert nichts daran, dass die Auseinandersetzungen nach Einschätzung Rucks seit dem Regierungswechsel "härter, gereizter und teilweise auch ideologischer" geführt werden. Das liege daran, dass die Energiepolitik mit dem Atomausstieg zum beherrschenden Thema geworden sei.

Da gibt es bekanntermaßen zwischen rot-grün und schwarz-gelb harte Gegensätze, die natürlich auch im Ausschuss zu Kontroversen führen. Matschie konstatiert trotzdem eine überwiegend konstruktive Ausschussarbeit, bei der man den politischen Streit nicht überbewerten dürfe. "Das gemeinsame Ziel für die Umwelt verbindet uns trotz allem über die Parteigrenzen hinweg." Das führe auch immer wieder zu gemeinsamen Aktionen – zuletzt zu einem parteiübergreifenden Antrag für Energieeinsparungen und zu Stand-by-Schaltungen.

Die Mitglieder der Opposition monieren zudem, dass manche Vorlagen zu spät den Ausschuss erreichen und dann von der Mehrheit "durchgepeitscht" würden. Einmal hat das sogar zum Auszug einiger Abgeordneter geführt – eine Form des Protestes, die auch SPD und Grüne pflegten. Insofern hat sich wenig geändert ...

Auch inhaltlich haben sich die Fronten verkehrt. Waren es früher SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die Fortschritte im Umweltschutz anmahnten, tut das jetzt die neue Opposition. Für Ruck wenigstens dominiert die Energiepolitik so stark, dass fast die gesamte übrige Umweltpolitik "daniederliegt". Bisher sei in der Koalition weder im Natur- noch im Umwelt- und Klimaschutz etwas passiert. Dabei könne zum Beispiel niemand sagen, wie Deutschland seine Verpflichtung erfüllen solle, 25 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen.

Was die Opposition vermisst, soll allerdings den Ausschuss in dieser Legislaturperiode noch beschäftigten. Matschie: "Wir haben einen Berg von Arbeit vor uns. Den arbeiten wir jetzt Schritt für Schritt ab." Als nächstes Vorhaben steht, neben dem großen Projekt "Ausstieg aus der Atomenergie und Einstieg in eine zukunftsfähige Energieversorgung", die dringende Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes an. Die Landwirte sollen für mehr Engagement im Natur- und Landschaftsschutz gewonnen und es solle endlich eine sachgerechte Lösung für das seit langem geforderte Klagerecht für Umweltverbände gefunden werden.

Ein Riesenvorhaben mit hohen Hürden ist nach Matschies Worten das neue Umweltgesetzbuch, das das zersplitterte Umweltrecht vereinheitlichen werde. Da hierfür Veränderungen in den Kompetenzen von Bund und Ländern notwendig werden – so im Wasserrecht -, rechnet er mit einem langen Verhandlungsprozess und einer sicher nicht ganz leichten politischen Debatte. Dem Ausschuss dürfte also auch nach der Entscheidung zum Atomausstieg die Arbeit nicht ausgehen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0004/0004070
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