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„Praxis und Theorie verbinden“




Interview mit dem Kirchen- und Kunsthistoriker Prof. Thomas Sternberg, Sachverständiger in der Enquete-Kommission

Blickpunkt Bundestag: Was bedeutet die Berufung in eine Enquete- Kommission in Wissenschaftskreisen. Eine Last, wegen der vielen Arbeit, oder eher eine Auszeichnung?

Thomas Sternberg: Das ist schon eine gewisse Auszeichnung, nicht zuletzt weil hier die Chance besteht, Praxis und Theorie in eine Verbindung zu bringen.

Blickpunkt: Wie haben Sie den Beginn dieser Arbeit erlebt?

Sternberg: In den allerersten Anfängen etwas enttäuschend. Wir haben sehr lange diskutiert über Gliederungspunkte, Anordnungen, Formalien. Das ist zunächst fremd für Sachverständige, die sonst unmittelbar an den Sachfragen ansetzen und nicht bei komplexen Abstimmungsprozessen; letztlich ist das aber sehr effizient, in verschiedenen Arbeitsgruppen zu arbeiten, mit Verantwortlichkeiten für bestimmte Bereiche, die auch namhaft gemacht werden. Das kann dann sogar sehr zügig gehen.

Blickpunkt: Wie bringen Sie Ihr eigenes Fachwissen ein?

Sternberg: Ich finde es ganz besonders bereichernd, dass man eben nicht nur befragt wird, antwortet, und dann geht wieder jeder seiner Wege, sondern dass hier ein Gesprächsprozess über einen längeren Zeitraum stattfindet. Das Schöne an der Enquete-Kommission ist für mich auch das Erlebnis, dass Wissenschaftler, Praktiker und Politiker sich zusammen Gedanken machen. Der Kreis der Sachverständigen ist ja sehr bunt, da haben wir von kommunalen Kulturfachleuten, wie dem Essener Kulturdezernenten Oliver Scheytt, über den ehemaligen bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair und den Kulturwissenschaftler Wolfgang Schneider auch den Künstler Heinz Rudolf Kunze oder die Intendantin Nike Wagner, die jeweils anders an die Sache herangehen.

Blickpunkt: Wo betritt die Kommission Neuland?

Sternberg: Wir haben zum Thema Kulturstatistik, zur kulturellen Bildung oder zur Frage „Staatsziel Kultur“ sicherlich neue Aussagen gefunden. Aber es geht weniger um Novitäten, es geht eher darum, dass kulturpolitische Themen nicht nur dezentral diskutiert werden, sondern hier einmal gebündelt bundesweit zur Sprache kommen.

Blickpunkt: Was wird am Ende stehen?

Sternberg: Wir haben sehr gute Gutachten, die für den gesamten Kulturbereich bedeutend sein werden. Wir werden einige wirklich wichtige Impulse setzen, etwa in der sozialen Absicherung von Künstlern. Wir werden in der Kulturstatistik sicherlich weiterkommen und auch in den Fragestellungen nach Kulturräumen. Wir werden die Bedeutung der kulturellen Bildung verstärken. Das sind schon Dinge, die ihre Auswirkung haben werden auch in der Kulturszene, selbst dann, wenn der Entscheidungsträger nicht der Bund ist.

Erschienen am 10. April 2006

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg ist Direktor der katholisch-sozialen Akademie „Franz-Hitze-Haus“ und Honorarprofessor für Kunst und Liturgie an der Universität Münster.


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