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207/2006
Datum: 03.07.2006
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heute im Bundestag - 03.07.2006

Geplantes Elterngeld stößt weitgehend auf Zustimmung

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Anhörung)/

Berlin: (hib/VOM) Die geplante Einführung eines Elterngeldes haben die vom Familienausschuss eingeladenen Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung am Montagvormittag überwiegend unterstützt. Gegenstand der Anhörung waren der Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Einführung des Elterngeldes ( 16/1889) sowie ein Antrag der Linksfraktion, das Elterngeld sozial zu gestalten ( 16/1877). Die Koalition plant, dass erwerbstätige Eltern, die ihr Berufsleben unterbrechen oder ihre Berufstätigkeit auf höchstens 30 Stunden wöchentlich verringern, zwölf Monate lang ein Elterngeld in Höhe von mindestens zwei Dritteln des vorherigen Nettoeinkommens, höchstens aber 1.800 Euro erhalten. Zwei zusätzliche Monate ("Vätermonate") sollen gezahlt werden, wenn auch der andere Ehepartner seine Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung einschränkt oder unterbricht. Darüber hinaus ist vorgesehen, nicht erwerbstätige Eltern mit einem Sockelbetrag von 300 Euro monatlich zu unterstützen. Das Elterngeld löst das bisherige Erziehungsgeld ab.

Nach Auffassung von Professor Hans Joachim Meyer vom Zentralkomitee der Deutschen Katholiken hilft das Elterngeld, einen finanziellen Engpass zu überbrücken, der bei Familien mit der Geburt eines Kindes durch den Wegfall eines Einkommens eintritt. Andererseits schaffe es Anreize für die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit. Sozialpolitisch sei es daher ein richtiger Schritt. Meyer begrüßte ebenso die Absicht, das Elterngeld für die Vätermonate zu zahlen. Auch der Sockelbetrag von 300 Euro, auf den andere Sozialleistungen wie etwa Arbeitslosengeld II nicht angerechnet werden sollen, hielt er für sinnvoll. Markus Warnke vom Familienbund der Katholiken begrüßte vor allem, dass der Sockelbetrag grundsätzlich allen Eltern zugute kommt. Die Verkürzung des Bezugszeitraumes von bisher 24 Monaten auf nur zwölf Monate stelle allerdings für jene eine Verschlechterung dar, die bislang in dieser Höhe Bundeserziehungsgeld erhalten hatten. Davon seien immerhin 155.000 Familien betroffen. Das Argument, dass die Verkürzung der Bezugsdauer Eltern nicht in die Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen bringen soll, sei angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt und vor dem Hintergrund unzureichender Betreuungsmöglichkeiten nicht nachvollziehbar, so Warnke.

Professor Ute Gerhard von der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen sieht im Elterngeld zusätzliche Anreize, die die Entscheidung für ein Kind erleichtern könnten. Allerdings sei die Ergänzung durch ein Bildungs- und Betreuungsangebot der Kommunen für unter dreijährige Kinder erforderlich. Das Elterngeld kann nach Meinung von Professor Hans Bertram von der Humboldt-Universität Berlin den ansonsten eintretenden "Achterbahneffekt" im Hinblick auf die Einkommenssituation vermeiden. Ein Teil der relativen Kinderarmut könnte dadurch zurückgehen, so Bertram. Er äußerte die Hoffnung, dass das Elterngeld einen "Nachfragedruck" auf die Kommunen auslöst, die erforderlichen Betreuungsangebote bereitzustellen. Die Vätermonaten könnten dazu beitragen, den Anspruch des Kindes "auf seine Erziehung durch den Vater" zu realisieren. Christine Fuchsloch vom Deutschen Juristinnenbund nannte es "verfassungsrechtlich erwünscht", dass sich beide Elternteile die Erziehungsverantwortung teilen. Claudia Menne vom Deutschen Gewerkschaftsbund wies darauf hin, dass die neue Lohnersatzleistung eine Abkehr vom bisherigen Prinzip der Bedürftigkeit darstellt.

Darin erblickt auch Professor Christian Seiler von der Universität Erfurt einen Hauptkritikpunkt. Er zweifelte die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes an und bemängelte, dass die Zahlung des Elterngeldes nicht an die Bedürftigkeit anknüpft, sondern an "vergangene Erwerbserfolge". Darüber hinaus sieht er den Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil die Steuerzahler eine Lohnersatzleistung finanzieren sollen, die abhängig vom Einkommen gewährt wird. Bedenken äußerte er auch gegen die Lenkungswirkung des Elterngelds, weil damit auf die innerfamiliäre Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau Einfluss genommen werden soll. Die Aufteilung der Partnermonate diene offensichtlich "erzieherischen Zwecken", sagte er. Darüber hinaus stellte er eine Benachteiligung sozial schwächerer und kinderreicher Familien, eine mangelnde Abstimmung des Elterngeldes mit der Elternzeit und eine übermäßige Kompliziertheit aufgrund des Lenkungsanspruches fest. Kritik an der Abkehr vom Prinzip der Bedürftigkeit äußerte auch Professor Christoph Butterwegge von der Universität zu Köln. Diejenigen würden am meisten subventioniert, die es am wenigstens brauchten, so Butterwegge. Er hielt eine "bedarfsorientierte" soziale Grundsicherung "für sinnvoll, die sich auf jene Familien konzentriert, deren Kinder kaum Entwicklungs- und Entfaltungschancen haben.

Achim Dercks vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag unterstrich, dass das Konzept ins Leere laufe, wenn Eltern schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren wollten, aber keine Betreuungsmöglichkeit fänden. Da das Elterngeld den Anspruch auf eine dreijährige Arbeitsplatzgarantie während der Elternzeit unberührt lasse, werde gerade die mittelständische Wirtschaft vor große Probleme gestellt. Immerhin sei aber eine insgesamt kürzere Verweildauer in der Elternzeit zu erwarten, da das Elterngeld pro Person grundsätzlich auf ein Jahr befristet sei.

Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_207/01
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