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Februar 01/1999
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Dieter Wiefelspütz, SPD

Zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht ist in unser aller Interesse

Die SPD will ein neues, zeitgemäßes und auf Integration ausgerichtetes Staatsangehörigkeitsrecht. Um das Ziel einer staatsangehörigkeitsrechtlichen Integration zu erreichen, soll für die rechtmäßig und dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen ausländischer Herkunft die Einbürgerung erleichtert werden, und ihre hier geborenen Kinder sollen mit Geburt Deutsche werden.

Heute leben in der Bundesrepublik Deutschland ca. 7,3 Millionen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. 40% aller Ausländerinnen und Ausländer lebten seit 15 Jahren und länger unter uns und erfüllten damit zumindest die zeitlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Trotzdem lag die Einbürgerungsquote 1996 nur bei 1,18%. Das war unter elf europäischen Staaten die viertniedrigste Quote. Aus diesem Einbürgerungsverhalten ergibt sich, daß für Einbürgerungswillige das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit das größte Hindernis darstellt.

Die angestrebte staatsangehörigkeitsrechtliche Integration der Menschen, deren Lebensmittelpunkt längst in Deutschland liegt, kann damit nur erreicht werden, wenn der doppelten Identität der eingewanderten Wohnbevölkerung Rechnung getragen wird. Dazu ist die SPD bereit. Denn es ist auch unser aller Interesse, daß die dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger deutsche Staatsangehörige mit allen daraus folgenden Rechten und Pflichten werden. Gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten für möglichst alle Mitbürgerinnen und Mitbürger machen die Gesellschaft zwar noch nicht konfliktfrei.

Sie festigen aber das Fundament, auf dem der soziale Frieden erhalten und vertieft werden kann. Aus diesen Gründen wollen wir die Einbürgerung - wie dies übrigens bereits in zahlreichen westeuropäischen Nachbarstaaten der Fall ist - für die hier integrierten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger unter Verzicht auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit erleichtern.

Dennoch wird auch künftig nicht jeder Einwohner der Bundesrepublik Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können. Für eine Einbürgerung müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger müssen hier geboren sein oder bereits seit mehreren Jahren in Deutschland leben, die deutsche Sprache beherrschen, keine Straftaten begangen haben, sich zum Grundgesetz bekennen und ihren Unterhalt selbst bestreiten können. Durch diese Voraussetzungen wird zugleich sichergestellt, daß die Staatsangehörigkeitsrechtsreform keinen vermehrten Zuzug oder Sozialhilfebezug auslöst. Die von der Neuregelung betroffenen Personen sind ohnehin nachzugsberechtigt, und sie dürfen keine Arbeitslosen- oder Sozialhilfe beziehen.

Die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sind längst ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Die Diskussion um ihre bestmögliche Integration sollte im Interesse des inneren Friedens mit Argumenten, nicht mit diffamierenden Vergleichen geführt werden.

Die Vorbehalte gegen die verstärkte Hinnahme mehrfacher Staatsangehörigkeit werden bereits durch die alltägliche Normalität widerlegt. Schätzungsweise zwei Millionen Menschen, die neben der deutschen eine weitere Staatsangehörigkeit haben, zeigen uns in der Bundesrepublik täglich, wie unsinnig die Behauptung ist, sie seien keine loyalen Staatsbürger. Die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit ist lediglich ein Ausdruck emotionaler, kultureller und familiärer Bindungen an den bisherigen Heimatstaat und kein Vorbehalt gegenüber demjenigen Staat, in dem der Doppelstaatler geboren und/oder aufgewachsen ist und in dem er seinen neuen Lebensmittelpunkt gefunden hat.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9901/9901008b
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