Bildwortmarke des Deutschen Bundestages . - Schriftzug und Bundestagsadler
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ  |  Druckversion
 
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 1999 > Deutscher Bundestag - Blickpunkt Bundestag 4/99 Inhaltsverzeichnis >
Mai 04/1999
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Vor Angelika Doetsch sind alle gleich

Angelika Doetsch

Als "gute Seele" hat der Kölner Express sie bezeichnet, die Berliner Journalisten haben sie mit Blumen empfangen. Angelika Doetsch ist zwar kein VIP, aber gute Gründe für eine Sonderbehandlung gibt es trotzdem: Sie sorgt dafür, daß die politischen Journalisten im parlamentarischen Betrieb dahin kommen, wo sie hin wollen.

Für die Bonner Journalisten ist Angelika Doetsch eine Institution. 1970 wurde das Pressezentrum des Deutschen Bundestages gegründet,im Januar 1971 stieß sie hinzu. Seit 1984 ist Frau Doetsch allein dafür zuständig, Jahres­ und Gastausweise für den Bundestag auszugeben. Jeder Journalist, der über Bundespolitik und Parlament berichtet, gibt einmal im Jahr bei ihr seinen Antrag ab. Jeder hat schon einmal vor der seltsamen Digitalkamera gesessen, die nicht anzeigt, wann sie "zuschlägt", und anschließend das Pressezentrum mit einem Ausweis für alle Bundestagsgebäude verlassen. Als Mitarbeiterin hat Angelika Doetsch in der Servicestation für Journalisten begonnen. Normale Bürozeiten gab es dort aber von Anfang an nicht: "Wir müssen uns nach den Sitzungszeiten richten." Und notfalls auch schon mal um sieben Uhr morgens dasein, wenn ein Fernsehteam für den Tag mit Ausweisen versorgt werden muß. Angelika Doetsch tut aber noch weit mehr als das. Sie erklärt den "Neuen", auf welchem Weg sie dahin kommen, wo sie hinwollen, wo sie die Kantine finden oder hilft mit Telefonnummern der Bundestagsverwaltung. Daneben überlegt sie aber auch schon mal mit Fernsehjournalisten, denen sie die Drehgenehmigung für bestimmte Orte verweigern mußte, wie sich deren Idee anderswo verwirklichen läßt. "Wir sind da, um den Journalisten bei der Berichterstattung zu helfen", umreißt Angelika Doetsch die Arbeit des Pressezentrums. Die Bediensteten der Pressestelle seien schließlich die ersten Bundestagsbediensteten, auf die die Journalisten träfen. Schon allein deshalb ist Freundlichkeit für sie das A und O.

Eines allerdings ist sie nicht: Herrin darüber, wer in den Bundestag darf. Grundsätzlich erhält jeder Journalist, der über den Bundestag berichten will, einen Ausweis, sofern er nachweisen kann, daß er wirklich Journalist ist. Im alltäglichen Betrieb gebe es damit keine Probleme. Printjournalisten werde der Zugang fast nie verweigert, in der Regel genügt der Presseausweis. Bei Fernsehteams und Fotografen achtet der Bundestag darauf, daß nicht überall gedreht und fotografiert wird. Feste Regeln gelten für die Bildjournalisten. So dürfen in der Lobby des Plenums nur Abgeordnete befragt werden, und dies auch nur nach vorheriger Absprache. Im Restaurant des Bundestages und in den Kantinen darf gar nicht gedreht werden. Schließlich sollen die Abgeordneten ungestört von Journalisten zu Mittag essen können.

Von der großzügigen Erteilung von Ausweisen gibt es allerdings Ausnahmen. Die Eröffnung des Reichstagsgebäudes war so eine. Schon aus Platzgründen war nur eine beschränkte Anzahl von Journalisten zugelassen. "Zum Glück mußte ich nicht entscheiden, wer dabei sein durfte", lacht Angelika Doetsch. "Das macht das Pressereferat." Den Unmut derjenigen, die letzten Endes nicht dabei sein durften, bekam dann allerdings doch sie zu spüren .

"Ich behandele alle gleich", hat sich Frau Doetsch gleich zu Beginn ihrer Arbeit im Pressezentrum zur Maxime gemacht. Egal, ob ein Neuling Hilfe bei ihr sucht oder ein Prominenter; sie vertraut darauf, daß die Journalisten merken, daß sie ihnen helfen will. Diese Haltung hat ihr selbst gleich am Anfang geholfen. Ein bekannter Bonner Journalist reagierte damals empört darauf, daß sie wissen wollte, mit wem sie es zu tun hatte, bevor sie ihm seinen Jahresausweis aushändigte:"Was, Sie wissen nicht wer ich bin? Ich war ein guter Freund von Konrad Adenauer." Angelika Doetsch hat aber nicht nur dessen Gesicht nie wieder vergessen. "Genauso prägen sich mir auch die Freundlichen ein", sagt sie. Und davon gebe es eine ganze Menge. Erst vor ein paar Tagen habe sich die Korrespondentin einer überregionalen Tageszeitung bei ihr für ihre Hilfe bedankt, sich in Berlin zurechtzufinden. "Über so etwas freue ich mich natürlich."

Daß sich ihre freundliche und hilfsbereite Art auszahlt, ist für Angelika Doetsch spätestens seit ihrem Umzug nach Berlin klar. Mit einem Blumenstrauß empfing sie einer der politischen Korrespondenten in der Bundeshauptstadt. Außerdem haben viele der Berliner Journalisten ihr Orientierungshilfe in der neuen Stadt angeboten. "Wenden Sie sich an mich, wenn Sie irgend etwas wissen wollen", habe sie schon häufig gehört. Aber sie bitten sie natürlich auch an der Spree weiter um Hilfe. Auf der Suche nach einer Umzugsgeschichte mit Human Touch für den "Bericht aus Berlin" der ARD, wandte sich Renate Bütow an sie. Auch dafür stellte sich Angelika Doetsch gern zur Verfügung und öffnete der Fernsehfrau sogar ihre Wohnung. Für die Berliner Korrespondenten ist die Neu­Berlinerin keine Unbekannte. Seit der Hauptstadtentscheidung 1991 ist sie einmal im Jahr nach Berlin gefahren, um die Journalisten mit den Bundestagsausweisen zu versorgen. Nach den Akkreditierungen für die Eröffnung des Reichtagsgebäudes stellt sie zur Zeit die Ausweise für die Wahl des Bundespräsidenten aus.

Ihren Schreibtisch in Bonn hat Frau Doetsch inzwischen geräumt, das Pressezentrum in der Bonner Dahlmannstraße ist gähnend leer. Zwei Berliner Telefonnummern und der Hinweis darauf, daß die Bundestagsausweise vorläufig in der Görresstraße ausgegeben werden, sind die ersten Vorboten des anstehenden Bundestagsumzugs. "Aber die Journalisten folgen wie die Ameisen dem Weg, den sie sich einmal eingeprägt haben." Jeden Tag stehen verwunderte Reporter vor dem kleinen weißen Haus, schauen ungläubig auf das Schild – und klingeln trotzdem.

Wie viele andere ihrer Kollegen konnte sich auch Angelika Doetsch 1991 nicht vorstellen, jemals nach Berlin umzuziehen. Als sie sich dann entscheiden mußte, hatte sie schon die erste Bewerbung geschrieben. Daß sie jetzt doch umgezogen ist, hat sie ihrem Mann zu verdanken. Er nahm das Angebot seines Arbeitgebers an, in den Vorruhestand zu gehen. "Ich weiß doch, wie sehr Du an dieser Arbeit hängst", habe er gesagt und den Umzug nach Berlin vorgeschlagen. Inzwischen fühlen sie sich beide in der Hauptstadt wohl.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9904/9904064
Seitenanfang
Druckversion