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Mai 04/1999
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Gutes Gedächtnis im dunkelblauen Frack

Sie haben alles im Blick und sind gut erkennbar. Die Saaldiener des Deutschen Bundestages – offiziell "Plenarassistenzdienst" – sorgen dafür, daß den Plenarsaal nur betritt, wer auch wirklich hierher gehört: die Bundestagsabgeordneten, Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates.

Platzmeister Achim Glomb

Saaldiener müssen gute Manieren mitbringen, ein gepflegtes Äußeres und ein gutes Gedächtnis. Vor allem aber müssen sie "im Frack eine gute Figur machen". So jedenfalls beschreibt Platzmeister Achim Glomb, der Chef des Plenarassistenzdienstes, die Voraussetzungen für den Beruf.

Die Saaldiener öffnen nicht nur den Abgeordneten die Türen, sie sorgen auch dafür, daß immer ein frisches Glas Wasser auf dem Rednerpult steht, das Pult immer die richtige Höhe für die jeweilige Rednerin oder den Redner hat und achten auf die Redezeit. Sie überbringen den Volksvertretern die Nachricht von dringenden Anrufen in ihren Büros und erledigen Botengänge für sie. "Während der Sitzungen sind wir für die Abgeordneten der einzige Kontakt zur Außenwelt", sagt Achim Glomb.

178 neue Abgeordnete sind nach dem Regierungswechsel im September in den Bundestag eingezogen. Sich so schnell wie möglich die Gesichter und die dazugehörigen Namen zu merken, ist eine der Grundlagen für die Arbeit der Saaldiener und zählt zu ihren schwierigsten Aufgaben. Besonders nach einer Wahl können sie sich nicht von einem Tag zum anderen alle Neuen merken.

Um sich das Kennenlernen zu erleichtern, haben sie sich ein eigenes Nachschlagewerk zusammengestellt. Kürschners Volkshandbuch, eine bebilderte und alphabetisch nach Namen sortierte Übersicht aller Mitglieder des Deutschen Bundestages, haben sie nach Fraktionen und Geschlechtern neu sortiert, um schnell prüfen zu können, ob wirklich ein Abgeordneter vor ihnen steht oder nur ein verirrter Besucher.

Aber auch nach den Fotos läßt sich nicht jeder gleich wiedererkennen. Bei Zweifeln würden sie nachfragen, erzählt Glomb, und auch kontrollieren, wer da in den Plenarsaal möchte. Ärgerlich sei deshalb noch nie jemand gewesen. Meist seien es neue Abgeordnete, die nicht erkannt würden. Und die seien noch zu sehr damit beschäftigt, sich im Parlamentsbetrieb zu orientieren, um sich darüber zu ärgern, daß sie nicht gleich richtig zugeordnet werden.

Auch Achim Glomb trägt, wie seine Kollegen, den dunkelblauen Frack mit den goldenen Knöpfen, die der Bundestagsadler ziert. Als Chef der Truppe weist ihn die weiße Weste unter dem Frack aus, alle anderen tragen graue Westen. Achim Glomb hat die weiße Weste – fast – von Anfang an getragen. Als Nachfolger für Karl Heinz Schmitt wechselte er 1991 von der Abteilung für Liegenschaften zum Plenarassistenzdienst. Nur drei Monate lang, für den Übergang, mußte er sich in einer geliehenen grauen Weste unterordnen.

40 "Frackträger", wie Achim Glomb die Saaldiener nennt, gibt es in Bonn. Erst seit 1988 sind auch Frauen darunter. Zwei waren es zu Beginn, denen statt des dunkelblauen Fracks ein eigens entworfenes Kostüm angepaßt wurde. Inzwischen gehören zwölf Frauen zum Plenarassistenzdienst. In Berlin, da ist sich der Platzmeister sicher, werden es mehr Frauen werden. Das kann er heute schon den Plänen für den Austausch von Beamten im einfachen und mittleren Dienst entnehmen. Wie viele Frauen genau in Berlin dabei sein werden, weiß er allerdings jetzt noch nicht.

Mehr Frackträger insgesamt wird es nach dem Umzug der Bundesregierung an die Spree allerdings nicht geben. "Ich bin froh, wenn wir den Bestand in Berlin wieder aufbauen können", sagt Glomb. Darin, daß es in Berlin nicht mehr Saaldiener geben wird als in Bonn, sieht er allerdings kein Problem. "Im Reichstag ist ohnehin alles etwas enger und kompakter."

Weniger als die Hälfte seiner Kollegen zieht mit dem Bundestag zusammen nach Berlin um. Der 62jährige Platzmeister selbst wechselt mit an den neuen Regierungssitz. Er könnte zwar auch in den Ruhestand gehen, aber "ich will den Übergang sichern", sagt er. Die neuen Kollegen einführen, den alten die Eingewöhnung erleichtern.

Zwischen 20 und 25 der Parlamentsassistenten haben an den Sitzungstagen im Plenum Dienst. Einige von ihnen können um 19 Uhr Feierabend machen. Ein harter Kern allerdings muß ausharren, bis die Sitzung zu Ende ist. Sie stehen von neun Uhr morgens oft bis weit nach Mitternacht freundlich lächelnd an der Tür zum Plenarsaal. Betreut werden außer den Plenarsitzungen auch die Sitzungen der Arbeitsgruppen und Ausschüsse. Der Dienst in Frack oder Kostüm ist für die meisten nur ein Teil ihrer Arbeit. Beim Postdienst, in der Botenmeisterei oder im Reinigungsdienst haben sie angefangen. Erst nach einer Weile werden sie auch für den Saaldienst eingeteilt. Erfahrene Kollegen weisen die Neulinge dann in die Arbeit ein, zeigen ihnen die Hilfsmittel.

In den sitzungsfreien Zeiten gehen auch die Frackträger wieder einfacherer Arbeit nach – wenn sie nicht die Überstunden ausgleichen, die sich während der hektischen Sitzungswochen angesammelt haben.

Platzmeister Achim Glomb

An ihren dunkelblauen Fräcken mit goldenen Knöpfen, die der Bundestagsadler ziert, sind die Plenarassistenten zu erkennen. "Blickpunkt Bundestag" sprach mit dem Platzmeister Achim Glomb, dem Chef des Plenarassistenzdienstes, über die Arbeitskleidung der Plenarassistenten.

Blickpunkt Bundestag: Wer entscheidet, was die Saaldiener tragen?

Achim Glomb: Das Bundestagspräsidium. Die dunkelblauen Fräcke, weißen Hemden und grauen Westen, die die Saaldiener heute tragen, haben wir Kai­Uwe von Hassel zu verdanken.

Wie hat sich die Kleidung der Saaldiener seit Gründung der Bundesrepublik verändert?

Angefangen haben sie in Straßenanzügen mit grünen Armbinden. Beim Vergleich mit Saaldienern anderer europäischer Parlamente hat sich aber schnell gezeigt, daß das eher ungewöhnlich war. Für Fräcke, rote Westen und Stehkragenhemden hat sich das Bundestagspräsidium vor 50 Jahren entschieden, die bequemere Variante mit den grauen Westen und weicheren Stoffen tragen wir heute noch. Verglichen mit den "Uniformen", die in anderen Ländern getragen werden, sind unsere blauen Fräcke eher schlicht.

Seit 1988 sind auch Frauen unter den Saaldienern. Was tragen sie?

Sie tragen entsprechend zu den blauen Fräcken dunkelblaue Kostüme und eine Rüschenbluse. Das Kostüm wurde für die ersten beiden Frauen eigens entworfen und hat sich seitdem nicht verändert. Die Veränderungen in der Mode spielen bei uns keine Rolle.

Woher stammt die Arbeitskleidung der Saaldiener?

Die Fräcke – und die Kostüme – werden von einer Firma in Aschaffenburg maßgeschneidert. Jeder Saaldiener hat zwei Fräcke, die vom Bundestag gestellt werden. Die Saaldiener selbst müssen im Prinzip nur schwarze Schuhe und dunkle Socken von zu Hause mitbringen.

Wie oft gibt es neue "Uniformen"?

Die übliche Tragezeit beträgt drei Jahre. Aber die Kollegen in der Kleiderkammer und ich achten darauf, daß die Kleidung immer gepflegt aussieht, und sorgen dafür, daß notfalls auch früher ein neuer Frack bestellt wird. Bei den Saaldienern, die hinter dem Bundestagspräsidenten sitzen, kann es vorkommen, daß schon vor der Zeit die Ärmel abgewetzt sind. Dann wird ein neuer Frack angemessen. Zur Zeit werden gerade die neuen Kollegen in Berlin, die schon eingestellt sind, eingekleidet.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9904/9904068
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