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Januar 01/2001
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BUNDESTAG DEBATTIERT ÜBER "UMWELT UND GESUNDHEIT"

"Was Hänschen an Belastungen aufnimmt, wird Hans nicht mehr los"

(um) "Was Hänschen an Belastungen aufnimmt, wird Hans nicht mehr los", erklärte Gila Altmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, am 18. Januar im Bundestag während einer Debatte über "Umwelt und Gesundheit". Es gehe um Zukunftspolitik, es gehe um Kinder. Sie seien von Umweltbelastungen besonders betroffen, weil ihr Stoffwechsel gegenüber dem der Erwachsenen deutlich erhöht sei.

Umwelt oder Gesundheit seien fast nur ein Thema, wenn es zu dramatischen Krisen komme. Ereignisse wie bei BSE seien die "Folge einer andauernden Fehlentwicklung". Auch wenn vieles inzwischen besser geworden sei, würden die Ursachen komplexer und die Lösungen komplizierter. Die Sensibilisierung bei Lärm, Luft und Wasser sei heute sehr hoch. Dies gelte jedoch nicht für den Schutz des Bodens. Durch Versiegelung und zusätzliche Belastung mit Gülle, Düngemitteln und Pestiziden sowie industrielle Immissionen verliere der Boden seine Filterfunktion für das Grundwasser, belaste Lebensmittel und sei Mitursache für viele Krankheiten.

"Vorsorge ist billiger"

Altlastensanierung, Bodenschutz, Biozidrichtlinie und eine neue Chemikalienpolitik in der EU müssten zeitnah abgearbeitet werden, so Altmann. Die beispielhafte Zusammenarbeit der Ressorts Umwelt und Gesundheit könne nur der Anfang für eine Querschnittsaufgabe in allen Ressorts sein. Umwelt und Gesundheit hätten längst einen anderen Stellenwert haben müssen. Das zeige sich nicht nur bei BSE, sondern auf vielen Ebenen. Objektivierbare Grundlagen und Instrumente zur Bewertung von Risiken seien die Voraussetzung für vorsorgende Umwelt- und Gesundheitspolitik.

Vorsorgender Schutz werde aber nicht umsonst zu haben sein, betonte die Staatssekretärin. Vorsorge sei billiger als Nachsorge, betonte sie. Im Vergleich zu den Kosten einer Katastrophe müsse für Vorsorgepolitik nur ein Bruchteil der Kosten aufgewendet werden, auch eine Lehre aus der BSE-Krise.

Vera Lengsfeld (CDU/CSU) führte aus, der "im Augenblick wohl ungesündeste Arbeitsplatz in Deutschland" befinde sich an der Spitze des Gesundheitsministeriums. Im Übrigen seien "die Menschen noch nie so gesund gewesen wie heute". Daran ändere auch die BSE-Krise nichts, so Lengsfeld. Von 89 englischen Creutzfeldt-Jakob-Fällen in zehn Jahren sei "bei keinem einzigen eine direkte Verbindung zu BSE nachgewiesen". Statt demonstrativ Rindfleisch zu essen, gefährde der Kanzler mit einem "Feldzug gegen die Landwirtschaft" die Gesundheit seines Volkes mehr als es ein BSE-infiziertes Rind je könne.

"Segen für die Gesundheit"

"Moderne Tierhaltung, die Pflanzengroßproduktion, Plastikversiegelung, Dosen und Tiefkühltruhen seien für die Gesundheit ein Segen", so Lengsfeld. BSE habe nichts mit der Tech.nologieentwicklung zu tun, sondern mit missbräuchlichen Praktiken und mangelnden Kontrollen. Deutschland sei kein Land von 82 Millionen unschuldigen Opfern von Wirtschaftsinteressen. Bei permanenter Nachfrage nach billigen Produkten müssten die Verbraucher ihre Eigenverantwortung wahrnehmen. Eine Schlüsselrolle komme heute der Biotechnologie zu. Die Biotechnologie bediene sich bei der Pflanzenzucht der Methoden der Natur viel intelligenter als herkömmliche Verfahren.

Jutta Müller (SPD) erklärte, es bestehe ein enorm hoher Informationsbedarf, da die Diskrepanz zwischen Expertenkenntnis und Laienverständnis ein Handeln für Umwelt und Gesundheit nicht erleichtere. Während die Gesundheitspolitik der Vorgänger auf die Finanzierung medizinischer Versorgung gerichtet gewesen sei, müssten künftig Prävention und Gesundheitsförderung mehr Gewicht erhalten. Das Programm der Regierung habe bereits viele Punkte des Sondergutachtens des Sachverständigenrates für Umweltfragen ( 14/2300) zu "Umwelt und Gesundheit – Risiken richtig einschätzen" sowie zu einem Technikfolgenabschätzungsbericht des Forschungsausschusses ( 14/2848) zum gleichen Thema integriert. Wettbewerb sollte aber nicht nur mit Geld, sondern auch mit verantwortungsvollem Handeln zu tun haben.

Marita Sehn (F.D.P.) führte aus, es fehle nicht am guten Willen, aber aktuelle Krisen änderten nichts an den vielen Erfolgen vergangener Umweltpolitik. Die F.D.P. habe sich stets eindeutig zur Ausweitung der Forschung bei Risikoabschätzung und -bewertung im Umweltbereich bekannt und dies auch nachdrücklich gefordert.

Die Liberalen teilten nicht die "vorbehaltlose Herausstellung des Vorsorgeprinzips" als Grundprinzip der Umwelt- und Gesundheitspolitik von Rot-Grün. Hysterie sei der denkbar schlechteste Ratgeber und ein leichtfertig gebrauchtes Vorsichtsprinzip sei ein breites Einfallstor für staatlichen Dirigismus und Paternalismus, sagte die Politikerin.

"Herbizid-Verbot beibehalten"

Eva Bulling-Schröter (PDS) verwies zunächst auf Diskrepanzen zwischen der Lengsfeld-Rede und dem Entschließungsantrag der Union. Ziel der PDS sei es, die Wiederzulassung des Totalherbizids Diuron zu verhindern. Wenn die Bahn AG anstrebe, verbotene Pestizide auf Kosten der Umwelt wieder einzusetzen, um Personal einzusparen, sei das unverantwortlich. Diuron habe Krebs erregende Wirkung. Die Bahn sei bis zum Verbot 1997 größter Diuron-Anwender gewesen und habe mit ihrer "Unkrautvernichtung" die Wasserversorgung der Bevölkerung gefährdet, so Bulling-Schröter.

Der Bundestag nahm auf Empfehlung des Umweltausschusses ( 14/3712) einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu "Umwelt und Gesundheit" ( 14/2767) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS an. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis wurde ein Entschließungsantrag der CDU/CSU (14/2771neu) zu einem Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen zum Thema "Umwelt und Gesundheit – Risiken richtig einschätzen"( 14/2300) abgelehnt. Angenommen wurde ein Entschließungsantrag von SPD und Bündnisgrünen zu dem Technikfolgenabschätzungsbericht.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0101/0101033
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