Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 09 - 10 / 28.02.2005
sas

Kontrollbehörden in der Pflicht

Missbrauch bei Schinkenfleisch

Verbraucherschutz. Schinken auf Pizzas ist heute nicht immer das, wofür Verbraucher es halten, so das Fazit des Präsidenten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Christian Grugel, am 23. Februar im Verbraucherausschuss. "Der Anreiz ist groß, den Verbraucher zu täuschen, wenn keine Kontrollen gemacht werden", so Grugel.

Nachdem seine Behörde im September vergangenen Jahres von einem Journalisten und Vertretern der Wirtschaft auf den Missbrauch bei Schinkenfleisch hingewiesen worden sei, ohne dass dabei konkrete Produkte benannt wurden, arbeite man nun an einem Verfahren, das die so genannten Proteinhydrolysate in Schinken und Wurstwaren nachweisen soll. Dabei handelt es sich um Schinken, der mit Eiweiß angereichert wurde, um Wasser zu binden. Bis Mitte dieses Jahres erwartet das BVL gerichtsverwertbare Ergebnisse von Untersuchungen, die darüber Auskunft geben sollen, wie stark Schinken mit Proteinhydrolysaten angereichert wurde. Analysen in Bayern hätten gezeigt, dass in beinahe 70 Prozent der untersuchten Fälle der Schinken auf Pizzas zu einem großen Teil aus Wasser bestanden habe. Für seine Behörde formulierte er das Ziel, nicht den "redlichen Teil der Wirtschaft" benachteiligen zu wollen.

Die SPD begrüßte die Entwicklung eines gerichtsverwertbaren Verfahrens, mit dem "kriminelle Machenschaften" aufgedeckt werden könnten. Ihrer Ansicht nach handelt es sich dabei nicht um ein Kavaliersdelikt. Dieser Einschätzung schlossen sich die Bündnisgrünen an und fragten nach den strafrechtlichen Möglichkeiten, die Schuldigen zu belangen. Sie zeigten sich enttäuscht darüber, dass dies nicht den zuständigen Länderkontrollbehörden aufgefallen war, sondern von einem Journalisten aufgezeigt wurde.

Die Union wollte vom Präsidenten des BVL wissen, ob die Überwachungsbehörden zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon aktiv geworden sind und inwieweit man dabei Kontakt zu den Pizzaherstellern aufgenommen habe. Die FDP beklagte, dass es dabei zu "massiven Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Ordentlichen" komme, da mit Proteinhydrolysaten versetzter Schinken kostengünstiger sei als Schinken ohne diese Zusatzstoffe.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.