Darfur-Einsatz soll um halbes Jahr verlängert werden
Der Bundestag befasst sich mit einem Antrag der Bundesregierung (16/3652), den Bundeswehr-Einsatz in der sudanesischen Region Darfur um ein weiteres halbes Jahr bis Juni 2007 zu verlängern. Die Bundesregierung hat das so genannte vereinfachte Zustimmungsverfahren vorgeschlagen. Danach gilt eine Verlängerung des Einsatzes dann als genehmigt, wenn nicht eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten innerhalb von zwei Sitzungstagen widersprechen. Die Kosten für den Einsatz von bis zu 200 Soldaten veranschlagt die Regierung mit rund 800.000 Euro.
Afrikanische Union bleibe auf Unterstützung angewiesen
Die Bundesregierung begründet ihren Antrag damit, dass eine von den Vereinten Nationen (VN) geführte Friedensmission in Darfur "längerfristig weiterhin angestrebt" sei. Diese wäre aber nicht bis Ende des Jahres oder in absehbarer Zeit danach realisierbar. Durch anstehende Rotationen und die des Weiteren geplante personelle Aufstockung werde die AU auf zusätzliche logistische und finanzielle Unterstützung angewiesen bleiben. Der Konflikt im westsudanesischen Darfur habe zu einer der größten humanitären Katastrophen und menschenrechtlichen Krisen weltweit geführt. Die Krise dauere nach wie vor an. Nach Schätzungen der VN seien mehr als 200.000 Menschen als Folge des Konflikts ums Leben gekommen. Zwei Millionen Menschen seien vertrieben worden. Die allgemeine Sicherheitslage sei unverändert prekär und werde geprägt von Gefechten zwischen Regierungsarmee und Rebellenbewegungen.
Friedenstruppe der Afrikanischen Union im Sudan (AMIS)
Nachdem die für Januar 2007 geplante Umwandlung der African Mission in Sudan (AMIS) in eine VN-Mission am Widerstand der sudanesischen Regierung gescheitert war, einigten sich Vertreter der AU und des Sudan am 30. November 2006 in der nigerianischen Hauptstadt Abuja darauf, das Mandat der AU-Friedenstruppe (AMIS) um sechs Monate zu verlängern. Der sudanesische Präsident Al Bashir erklärte bei den Verhandlungen in Abuja, dass Khartum keine VN-Truppen in Darfur akzeptieren werde, sondern eine afrikanische Truppe wünsche, die allerdings technische, logistische und finanzielle Hilfe der VN in Anspruch nehmen könne. Der Vorsitzende des AU-Sicherheitsrates, Said Djinnit, erklärte dazu, dass die AU-Friedensmission sich nicht in eine Blauhelm-Mission umwandeln, aber die Kommandostruktur der Vereinten Nationen übernehmen werde: So soll der politische Aspekt der Friedensmission von einem Sondergesandten der VN betreut und der militärische Oberkommandeur von der AU in Absprache mit den VN gestellt werden. Die Truppenstärke der AMIS soll ebenfalls von der AU festgelegt werden.
Bundestag muss Auslandseinsätze genehmigen
Das Parlamentsbeteiligungsgesetz regelt Form und Ausmaß der Beteiligung des Bundestages beim Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 24. März 2005 sind die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages geregelt und Vorbehalte des Parlaments klar dargelegt. So hat der Bundestag jederzeit das Recht, die Streitkräfte zurückzubeordern. Die Bundesregierung hat das Parlament regelmäßig über die Einsätze zu informieren.
Verlängerung von Einsätzen im vereinfachten Zustimmungsverfahren
Bei Einsätzen von geringer Intensität und Tragweite kann der Bundestag seine Zustimmung in einem vereinfachten Verfahren erteilen. Die Bundesregierung hat begründet darzulegen, aus welchen Gründen der bevorstehende Einsatz von geringer Intensität und Tragweite ist. Die Präsidentin oder der Präsident des Deutschen Bundestages übermittelt den Antrag an
- die Vorsitzenden der Fraktionen
- ein/e Vorsitzende/r des Auswärtigen Ausschusses
- eine/e Vorsitzende/r des Verteidigungsausschusses
- Obleute der beiden Ausschüsse
- alle Mitglieder des Bundestages als Bundestagsdrucksache
Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn nicht innerhalb von sieben Tagen nach der Verteilung der Drucksache von einer Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten eine Befassung des Bundestages verlangt wird. Wird die Befassung des Bundestages verlangt, beraten die Abgeordneten im Plenum sowie in den zuständigen Ausschüssen über den Einsatz. Im Anschluss entscheiden sie in der Regel in namentlicher Abstimmung über die Zustimmung.
Einsätze von geringer Intensität und Tragweite
Ein Einsatz ist dann von geringer Intensität und Tragweite, wenn die Zahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten gering ist, der Einsatz auf Grund der übrigen Begleitumstände erkennbar von geringer Bedeutung ist und es sich nicht um die Beteiligung an einem Krieg handelt.
In der Regel liegt ein Einsatz von geringer Intensität und Tragweite vor, wenn
- es sich um ein Erkundungskommando handelt, das Waffen lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung mit sich führt,
- einzelne Soldatinnen oder Soldaten betroffen sind, die auf Grund von Austauschvereinbarungen Dienst in verbündeten Streitkräften leisten, oder
- einzelne Soldatinnen oder Soldaten im Rahmen eines Einsatzes der VN, der NATO, der EU oder einer Organisation, die einen VN-Auftrag erfüllt, verwendet werden.
Rechtliche Grundlage für Auslandseinsätze
Artikel 24 Absatz. 2 des Grundgesetzes ist die verfassungsrechtliche Grundlage für Auslandseinsätze:
"Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern."
Dies bekräftigte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994. Mit dem Beitritt Deutschlands zu den VN und zur NATO wurde auch eine Verwendung der Bundeswehr bei Einsätzen im Rahmen und nach den Regeln von VN und NATO möglich. Allerdings gilt für einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte der sogenannte wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt. Danach ist die Bundesregierung verpflichtet, die - grundsätzlich vorherige - konstitutive Zustimmung des Bundestages zu dem Einsatz einzuholen.