Hirsch: Aktenfehlbestand ist unverändert
Berlin: (hib/MAR) Die 72. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses hat am Donnerstagvormittag mit einer informatorischen Anhörung von Bundestagsvizepräsident a.D. Burkhard Hirsch (F.D.P.) begonnen. Dabei stellte Hirsch fest, der Aktenfehlbestand sei gegenüber seinem Bericht vom 21. Juni 2000 "vollkommen unverändert". Keine der damals als fehlend bezeichneten Akten sei inzwischen wieder aufgetaucht. Dabei handele es sich beispielsweise um Akten zum Verkauf der Leuna-Raffinerie. Zu sieben Privatisierungsvorgängen vom zum Teil erheblichem Umfang seien die Originale nicht mehr vorhanden. Unverändert bestünden auch Aktenlücken im Zusammenhang mit der Lieferung von "Fuchs"-Spürpanzern nach Saudi-Arabien oder dem Verkauf der Eisenbahnerwohnungen, führte Hirsch aus.
Der ehemalige Bundestagsvizepräsident war im Zusammenhang mit Akten- und Datenverlusten aus der Zeit der Vorgängerregierung vom Bundeskanzleramt mit Vorermittlungen betraut worden, eine Aufgabe, die nach seinen Angaben am 14. November 2000 formell beendet war. Er habe im Rahmen dieser Tätigkeit nicht gegen den Bundeskanzler und den Chef des Bundeskanzleramtes ermittelt, betonte er.
Als unverändert bezeichnete Hirsch auch den Sachverhalt der Datenlöschungen. Aus dem Gutachten des Bundesamtes für die Sicherheit von Informationstechnik gehe hervor, dass im Kanzleramt Ende 1998 an drei "Löschungstagen" zwei Drittel der Daten, etwa drei Giga-Byte, gelöscht worden seien. Seinen Angaben zufolge hatte der damalige Chef des Bundeskanzleramtes, Friedrich Bohl (CDU), dagegen die Weisung gegeben, die Amtsübergabe solle ordnungsgemäß erfolgen. Es sollten nur Daten vernichtet werden, die von den Mitarbeitern als nicht erhaltenswert angesehen würden. Hirsch verneinte die Frage, ob eine Datenlöschung aus technischen Gründen notwendig gewesen sei. Ende 1998 sei ein neues System in Betrieb gewesen mit einer Gesamtkapazität von vier Giga-Byte, wovon zum damaligen Zeitpunkt ein Giga-Byte noch unbesetzt war.
Hirsch wehrte sich gegen den Vorwurf der Union, er habe sich zum "Handlanger einer verleumde-
rischen Diffamierungskampagne" machen lassen. Ebenso wies er zurück, er habe immer nur belastende und nie entlastende Tatsachen festgestellt. Die Union hatte ihm dies vorgehalten und in Zweifel gezogen, ob er insoweit seiner Aufgabe gerecht geworden sei.
Am Nachmittag will der Ausschuss den ehemaligen Chef des Bundeskanzleramtes Friedrich Bohl, den ehemaligen Personalratsvorsitzenden Carsten Ueck sowie den ehemaligen Sicherheits- und Geheimschutzbeauftragten Heiner Wegesin als Zeugen vernehmen.