Gesetzesinitiative zu Straftaten von Jugendlichen findet kontroverses Echo
Berlin: (hib/BOB) Unterschiedliche Resonanz hat ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion ( 14/3189) hervorgerufen, mit dem bessere gesetzliche Maßnahmen bei Straftaten von Kindern und Jugendlichen erreicht werden sollen. Bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses, die am Mittwochnachmittag begonnen hat, erklärte Professor Peter Alexis Albrecht von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, der Entwurf der Union basiere auf einem "Zerrbild von Kriminalität" und setze einseitig auf ein schärferes strafrechtliches Instrumentarium. Zudem werde von der unzutreffenden empirischen Grundannahme ausgegangen, dass die Jugendkriminalität in besorgniserregendem Ausmaß steige. Die vorgeschlagenen Maßnahmen wie etwa Fahrverbot als Zuchtmittel und ein Einstiegsarrest neben der Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung seien abzulehnen, so Albrecht. Aus Sicht des Experten bestehender "echter Reformbedarf", wie etwa eine rechtliche Entkriminalisierung für Delikte wie Ladendiebstahl oder "Schwarzfahren", würde hingegen verkannt. Auch der Berliner Rechtsanwalt Ursus Koerner von Gustorf spricht sich in seiner Stellungnahme gegen den Gesetzentwurf aus. Dieser bedeutet seiner Ansicht nach nichts anderes als die Einführung eines Kinderstrafrechts.
Hartmut Gerstein von der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe in Bonn argumentiert, es sei zweifelhaft, ob der von der CDU/CSU geforderte Einstiegsarrest zu Beginn der Bewährungszeit bei
einer ausgesetzten Jugendstrafe das geeignete Mittel sei, um den Tätern beizukommen. Statt dessen sollten ambulante Angebote vorgehalten werden, die weniger einschneidend und in aller Regel auch effektiver seien, so der Experte. Professor Heribert Ostendorf von der Forschungsstelle für Jugendstrafrecht und Kriminalprävention an der Universität Kiel, führt zum Vorschlag der Union, ein Fahrverbot als Zuchtmittel zu verhängen, aus, dies sei aus zwei Gründen abzulehnen. Zum einen sei anerkannt, dass Sanktionen am besten wirkten, wenn damit ein Zusammenhang mit der Tat hergestellt werde. Zum anderen, so Ostendorf, könne gerade für junge Menschen ein so nicht akzeptiertes Fahrverbot zu einer "Strafbarkeitsfalle" werden. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Professor Bernd-Rüdeger Sonnen, der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen.
Eine andere Meinung äußert hingegen Professor Reinhard Böttcher, Präsident des Oberlandesgerichtes Bamberg. Wegen der hohen Attraktivität der Mobilität bei Jugendlichen sei ein Führerscheinentzug eine Möglichkeit der Bestrafung. Dies sei insbesondere auch eine Alternative zum Arrest. Uwe Schlosser, Oberstaatsanwalt in Heilbronn, plädiert für eine vermehrte Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf jugendliche Straftäter und befürwortet auch eine Anhebung der Höchstgrenze der Jugendstrafe auf 15 Jahre. Skeptisch ist allerdings auch Schlosser gegenüber einem Fahrverbot als Erziehungsmaßnahme, da auch nach seiner Ansicht der Zusammenhang mit der Straftat einem Jugendlichen nicht zu vermitteln sei. Anderer Auffassung ist Erich Rachor, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Jena, der keine, insbesondere verfassungsrechtliche, Bedenken sieht, das Fahrverbot allgemein als Sanktion im Jugend- und Erwachsenenstrafrecht vorzusehen. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Hans Welzel, Leiter der Justizvollzugsanstalt in Ebrach.