Unionsentwurf zur Änderung des Versammlungsgesetzes gescheitert
Berlin: (hib/WOL) Gegen die Stimmen der CDU/CSU hat der Innenausschuss am Mittwochvormittag den Gesetzentwurf der Union zur Änderung des Versammlungsgesetzes (14/4754) abgewiesen. Der Entwurf sah vor, befriedete Bereiche bei öffentlichen Einrichtungen oder bedeutenden nationalen wie historischen Orten zum Ausschluss von Demonstrationen zu schaffen. SPD und Bündnis 90/Die Grünen erklärten, bereits das Ergebnis der öffentlichen Anhörung am 16. Mai habe belegt, dass die Initiative nicht geeignet sei, bestehende Probleme zu lösen. F.D.P. und PDS schlossen sich dieser Einschätzung an. Die Liberalen ergänzten, das diesbezügliche Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom März habe die Bedenken nachdrücklich bestätigt. "Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen", so die F.D.P.-Fraktion. Die PDS merkte an, die Anhörung habe auch gezeigt, wie kritisch die Haltung Eckart Werthebachs als ehemaliger Chef des Verfassungsschutzes und als Innensenator von Berlin einzuschätzen sei.
Die CDU/CSU warnte vor Selbstgerechtigkeit und Selbstzufriedenheit und fragte, was die Gesetzgebung denn zu bieten habe, außer etwa dem Einsatz von 27.000 Polizisten aus allen Teilen Deutschlands beim Castor-Transport, für deren Befinden sich kaum jemand wirklich interessiert habe. Von Belang müsse doch sein, wie das Strafmaß für erhebliche Schäden im Verlauf einer Demonstrationen zu bemessen sei und was die Länder zur Regulierung von Millionenschäden tun könnten. Kritisiert wurde von der Union auch, dass Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zwar im April dem Ausschuss eine Zusammenfassung der Rechtsprechung, der Instrumente und Möglichkeiten des Eingriffs bei Demonstrationen zugesagt habe, dies jedoch drei Monate später immer noch nicht erfüllt habe.
Die anderen Fraktionen wandten sich vehement gegen die Vermischung, die die Union bei ihrer Argumentation betreibe. Die SPD stellte fest, ein Bezug zu den Castor-Demonstrationen sei insofern unzulässig, als dort eine völlig klare Rechtslage geherrscht habe. Die Tatsache, dass Demonstration und massive Behinderungen "eindeutig nicht legal" gewesen seien, habe jedoch deutlich gemacht, dass gerade eine Veränderung des Demonstrationsrechtes solche Vorgänge eben nicht verändern könne. Aber auch wenn die Gesetzesinitiative der CDU/CSU keine Lösung der anstehenden Probleme biete, sei es doch notwendig, sich engagiert mit den Fragen zu befassen, die zum Polizeieinsatz oder zur Regulierung von Millionenschäden vorgebracht worden seien. Die Liberalen bekräftigten dies. Wenngleich sich gezeigt habe, dass die Kernpunkte des Gesetzentwurfs "schlicht indiskutabel" seien, wäre insgesamt deutlich geworden, dass in einigen Punkten sehr wohl Gesprächs-, Klärungs- und Handlungsbedarf bestehe. Zur Kritik der CDU/CSU am Bundesinnenminister betonten die Bündnisgrünen, in zahlreichen Gesprächen mit Polizei sei "sehr deutlich" geworden, dass die Wertschätzung des jetzigen Innenministers "zigmal höher" sei, als die des Amtsvorgängers. Der Vertreter der Regierung kündigte die vom Innenminister zugesagte Zusammenfassung für Ende Juli an.