EU-Vertrag von Nizza bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament
Berlin: (hib/BOB) Nach Auffassung des mitberatenden Rechtsausschusses bedarf der EU-Vertrag von Nizza einer verfassungsändernden, also einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Dieses Votum traf das Gremium am Mittwochvormittag mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die PDS enthielt sich der Stimme. Federführend ist der Europaausschuss. Die Bundesregierung hat in ihrem Ratifikations-Gesetzentwurf ( 14/6146) lediglich eine einfache Mehrheit vorgesehen.
Die große Mehrheit des Rechtsausschusses unterstrich hingegen, für verschiedene Entscheidungen auf EU-Ebene, die bislang vom Ministerrat bzw. dem Europäischen Parlament einstimmig getroffen werden mussten, sei künftig nur noch eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen. Es werde also künftig möglich sein, die Bundesregierung in Brüssel zu überstimmen. Dies gelte beispielsweise für Fragen des Asylrechts und der Einwanderung. Zudem würden beispielsweise durch die Neugewichtung der Stimmen im Ministerrat auch die strukturellen Gegebenheiten innerhalb der EU verändert. Aus diesem Grund könne der Ausschuss nur dann auf verfassungsrechtliche und rechtsförmliche Bedenken zu dem Gesetzentwurf verzichten, wenn seinem Anliegen Rechnung getragen werde.
Die Bundesregierung hielt demgegenüber an ihrer gegenteiligen Auffassung fest. Nicht jede Übertragung von Hoheitsrechten an die EU bedürfe einer verfassungsändernden Mehrheit. Der Vertrag von Nizza enthalte - wenn überhaupt - nur wenige derartige Übertragungen, die auch ohne das Erfordernis einer Grundgesetzänderung durch geltendes Verfassungsrecht abgedeckt seien, so die Regierung.