"Stasi-Unterlagen-Gesetz ist angenommen worden"
Berlin: (hib/VOM) "Beeindruckende Zahlen" zeugen nach Darstellung der "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik", Marianne Birthler, davon, dass das Stasi-Unterlagen-Gesetz nach zehn Jahren angenommen worden ist. Dies berichtet die Bundesbeauftragte in ihrem fünften Tätigkeitsbericht für das Jahr 2001 ( 14/7210). Fast fünf Millionen Anträge und Ersuchen auf Nutzung der Unterlagen seien in der Behörde eingegangen. Hunderttausende hätten Einsicht in ihre Akten genommen. Die Archivbestände bildeten eine "nicht wegzudenkende Quelle" für die Forschung, und das steigende Interesse des Auslands an der Arbeit der Behörde zeuge davon, dass die Bundesrepublik einen Weg beschritten habe, der anderswo als Modell gelte. Der Bundestag habe mit der Verabschiedung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ein Vermächtnis der Revolution von 1989/1990 eingelöst. In dem Bemühen, aus den historischen Erfahrungen mit einer Diktatur Konsequenzen zu ziehen und sie für die demokratische Gestaltung der Zukunft fruchtbar zu machen, habe er zugleich rechtspolitisches Neuland betreten. Niemand fordere mehr ernsthaft, die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes nicht mehr für die Aufarbeitung zu nutzen. Es habe sich gezeigt, dass das Gesetz und die Behörde, mit der es in die Praxis umgesetzt wird, keine "temporären Nach-Wende-Phänomene" seien, sondern Instrumente, mit denen der Rechtsstaat langfristig und wirksam auf Jahrzehnte einer Diktatur reagiere.
Inzwischen zeige sich, heißt es weiter, dass ein Ende der im Stasi-Unterlagen-Gesetz vorgegebenen Aufgaben noch nicht in Sicht ist. Zugleich sei in den nächsten Jahren eine Akzentverschiebung zugunsten der Forschung und der Bildungsarbeit sowie hin zu einem noch stärker betonten Dienstleistungscharakter der Behörde zu erwarten. Das Bedürfnis nach privater Akteneinsicht sei sowohl in Berlin als auch in den Außenstellen unverändert stark. Monatlich gingen durchschnittlich 10.000 Anträge ein, von denen rund die Hälfte Erstanträge seien. Die Bundesbeauftragte räumt ein, dass es immer noch lange Wartezeiten gebe. Mehr als drei Viertel der Anträge auf Akteneinsicht gingen in den Außenstellen ein, in denen nur 42 Prozent der Beschäftigten tätig seien. Eines der wichtigsten Projekte sei die Analyse des Staatssicherheitsdienstes als "repressives Machtsicherungsinstrument der SED". In einem weiteren, langfristig angelegten Projekt über die politische Opposition in der DDR wolle man dokumentieren, von welchen oppositionellen Aktivitäten das Ministerium für Staatssicherheit Kenntnis hatte, worauf sie zielten und was die politische Polizei der SED unternahm, diese Bestrebungen einzudämmen. Die Behörde trägt den Angaben zufolge dazu bei, politisches Grundwissen zu vermitteln, zur Urteilsbildung zu befähigen, das Engagement für die Demokratie zu wecken und das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu stärken. Die Dokumentationen "widerständigen Verhaltens", geistiger und kultureller Selbstbehauptung sowie von Zivilcourage seien geeignet, als Identifikationsangebote aufbereitet zu werden, betont die Bundesbeauftragte weiter.