Hintergrundinformationen zum Planspiel
Information zum Konzept und Ablauf des Planspiels
„Parlamentarische Demokratie spielerisch erfahren“
1. Ziel
Das Planspiel „Parlamentarische Demokratie spielerisch erfahren“ soll einen Beitrag leisten, den Weg der Gesetzgebung für Jugendliche und junge Erwachsene nachvollziehbar zu machen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen die Arbeitsweise des Deutschen Bundestages kennen und erhalten durch selbständiges Handeln lebendige Einblicke in dessen Abläufe und Funktionen.
Die Mitspielerinnen und Mitspieler übernehmen selbst die Rolle von Abgeordneten. Um ihnen das Hineinversetzen in diese Rollen zu erleichtern, erhalten sie im Losverfahren Rollenprofile, welche die zu spielenden Personen charakterisieren und deren politische Prioritäten verdeutlichen.
Die gesamte Gruppe konstituiert sich als ein kleiner „Bundestag“. Sie bildet „Fraktionen“, setzt „Ausschüsse“ ein und wählt die nötigen Repräsentanten. Als voll handlungsfähiges Parlament wird dann ein kompletter Gesetzgebungsprozess simuliert.
Aufgabe der Spielerinnen und Spieler ist, das Thema zu
debattieren und eine Entscheidung herbeizuführen.
2. Akteure
Als Akteure handeln:
- Abgeordnete der Fraktion der KVP (Konservative Volkspartei)
- Abgeordnete der Fraktion der APD (Arbeiterpartei Deutschlands)
- Abgeordnete der Fraktion der LRP (Liberale Reformpartei)
- Abgeordnete der Fraktion der PSG (Partei der sozialen Gerechtigkeit)
- Abgeordnete der Fraktion der ÖSP (Ökologisch-Soziale Partei)
Unter diesen Abgeordneten nehmen eine Sonderfunktion ein:
- Die Vorsitzenden der verschiedenen Fraktionen:
Sie leiten die Sitzungen ihrer Fraktion, versuchen, dort Konsens herzustellen, und sorgen dafür, dass die Position ihrer Partei im Gesetzgebungsprozess bestmöglich zum Tragen kommt. - Die Vorsitzenden und Berichterstatter der verschiedenen
Ausschüsse:
Sie leiten die Debatten in ihrem jeweiligen Ausschuss und sichern, dass die Stellungnahmen zur vorgesehen Zeit übergeben werden.
3. Planspielmethode
Im Rahmen von Planspielen werden komplexe Planungs-, Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse in mehrstufigen Verfahren nachvollzogen. Das Planspiel berücksichtigt die politische Realität so weit wie möglich. Dabei werden jedoch bestimmte Aspekte akzentuiert und zugespitzt. Auf diese Weise kann das Planspiel Interessen, Prozesse und Strukturen verdeutlichen, ohne die Teilnehmenden und den Zeitplan zu überfordern (Prinzip der didaktischen Reduktion).
Das Planspiel verfolgt einen handlungs- und erfahrungsorientierten Ansatz: Die Teilnehmenden treten aus der passiven Rolle einer Bürgerin / eines Bürgers in die aktive Rolle einer gestaltenden Akteurin bzw. eines gestaltenden Akteurs (hier: einer/s Abgeordneten). Vor dem Hintergrund einer fiktiven Ausgangslage – dem so genannten Szenario – übernehmen sie für die Dauer des Planspiels eine Rolle.
Auf Basis dieser Rolle handeln sie und verfolgen deren teilweise vorgegebene Interessen und Ziele. Indem die Teilnehmenden in die Haut dieser Akteurinnen bzw. Akteure schlüpfen, können sie Problemlagen verinnerlichen, sich neue Perspektiven erschließen und ein tieferes Verständnis für die ablaufenden Prozesse entwickeln. Das Planspiel ist dabei ergebnisoffen: Die Teilnehmenden bestimmen selbst das Ergebnis ihrer Verhandlungen, das aber nicht ihren wahren Überzeugungen entsprechen muss.
Im Verlauf des Planspiels lernen die Teilnehmenden die Möglichkeiten von Kooperation und Konflikt kennen. Sie üben, ihre eigenen Interessen durchzusetzen, zugleich aber die legitimen Interessen anderer Akteurinnen und Akteure zu berücksichtigen. Für anstehende Fragen und Probleme entwickeln sie innerhalb verschiedener Gremien (Fraktion, Ausschuss, Plenum) Lösungen und Entscheidungen.
4. Ziele und Lernerfahrungen
Weil die Teilnehmenden zu jeder Zeit in ihrem eigenen Interesse handeln, denken undbeobachten und somit permanent den Inhalt des Planspiels im Kopf und vor Augen haben, ist der Lernprozess sehr intensiv. Umfangreiches Wissen wird in kürzester Zeit aufgenommen, reflektiert und umgesetzt. Der erzielte Lerneffekt ist daher sehr groß. Er erstreckt sich auf mehrere Ebenen. Das Planspiel
- verdeutlicht den Teilnehmenden die Komplexität des Gesetzgebungsverfahrens;
- bietet den Teilnehmenden durch eigenes Erleben einen Zugang zu Themenfeldern, die oft als trocken, komplex und langweilig empfunden werden;
- fördert das Selbstbewusstsein der Teilnehmenden sowie ihre Fähigkeit, sich selbständig zu orientieren, selbständig zu handeln und eigene Interessen zu vertreten;
- fördert die Kreativität und Strategiefähigkeit der Teilnehmenden;
- trainiert die Teilnehmenden, sich in die Perspektive anderer Personen zuversetzen;
- schult verschiedene Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen);
- trainiert Kooperation und Konfliktaustragung;
- weckt Verständnis für komplexe politische Inhalte;
- zeigt Möglichkeiten und Grenzen der parteipolitischen Interessendurchsetzung in einem parlamentarischen System auf;
- stärkt das Interesse für politische Information und politische Partizipation im Alltag.
Das Planspiel verknüpft so das Erlernen sozialer und fachlich-thematischer Kompetenzen.
5. Auswahl der Gesetzesinitiativen
Alle Gesetzesinitiativen gehören zu den Bereichen der Politik, die in die alleinige Zuständigkeit des Bundes fallen. Auf diese Weise wird vermieden, zusätzlich noch den Weg der Abstimmung im Bundesrat simulieren zu müssen. Außerdem müssen sie kontrovers diskutiert werden können. Konfliktlinien zeichnen sich dann nicht primär zwischen Koalition und Opposition ab, sondern auch innerhalb der Koalition und innerhalb der einzelnen Fraktionen. Die unterschiedlichen Mechanismen der Willensbildung innerhalb der Fraktionen, der Ausschüsse und des Plenums können hier ebenso erfahren werden wie die Bedeutung der Machtfaktoren von Rolle, Anzahl und Rhetorik.
6. Die Anträge und Gesetzesinitiativen
1. Entschließung „Die Position Europas durch einen deutschen Sitz im Sicherheitsrat stärken“
Inhalt:
- Vetorecht im UN-Sicherheitsrat für Deutschland
- Vorteile für die Durchsetzung europäischer bzw. deutscher Interessen
- Beitrag zum Weltfrieden
2. Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des passiven Tabakkonsums (Nichtraucherschutzgesetz)
Inhalt:
Einführung eines Rauchverbots an öffentlichen
Plätzen und in öffentlichen Gebäuden mit Ausnahme
von
- spezifisch ausgezeichneten Orten in Restaurants und
- persönlichen Dienst- und Privaträumen innerhalb von
öffentlichen Gebäuden
3. Gesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft (Gleichstellungsgesetz)
Inhalt:
- Situation von Frauen im Berufslebem
- Gleichstellungsförderung im öffentlichen Dienst
- Verfahren zur obligatorischen, aber frei gestaltbaren Konzeptionierung von Maßnahmen
- gesetzliche Maßnahmen und Sanktionen bei Zuwiderhandlung
4. Gesetz zur Einführung eines allgemeinen Pflichtdienstes für Männer und Frauen
Inhalt:
- Gleichbehandlung von Männern und Frauen durch Einführung eines allgemeinen Pflichtdienstes
- Möglichkeiten zur Ableistung des Pflichtdienstes z. B. als soziales oder ökologisches Jahr, aber auch in der Bundeswehr
- Auswirkungen auf Träger wie Sozialeinrichtungen oder ökologische Einrichtungen
7. Struktur des Planspiels
Erste Fraktionssitzung
Ziele:
1. Erarbeiten der persönlichen Position
2. Entscheidung über Aufgabenverteilung
3. Absprachen in der Fraktion
Erste Plenardebatte
Ziele:
1. Konstituierung des Parlaments
2. Einsetzung der Ausschüsse
3. Überweisung des Gesetzentwurfs an die Ausschüsse
(‚Erste Lesung’)
Verhandlungen in den Ausschüssen
Ziel:
Erarbeitung von Stellungnahmen zum Gesetzesvorschlag
Die mitberatenden Ausschüsse geben ihre Stellungnahmen nach 45 Minuten an den federführenden Ausschuss weiter, dieser gibt dann eine Beschlussempfehlung an das Plenum.
Zweite Fraktionssitzung
Ziel:
Erarbeitung einer gemeinsamen Position zu den Ergebnissen der Ausschussarbeit, letzte Verhandlung mit anderen Fraktionen
Zweite Plenardebatte
Ziel:
Darstellung der Fraktionspositionen in der Öffentlichkeit und Abstimmung über den Gesetzesvorschlag.
Zweite Lesung:
Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses
Die Sprecher der verschiedenen Fraktionen nehmen zur
Gesetzesvorlage Stellung, sie können Alternativ- und
Änderungsvorschläge zur Beschlussempfehlung machen.
Über Änderungsvorschläge wird gegebenenfalls
abgestimmt.
Dritte Lesung:
Das Plenum stimmt über die Beschlussvorlage des
federführenden Ausschusses mit den evtl. in der zweiten Lesung
beschlossenen Änderungen ab.