Fraktionen votieren gegen "Psycho-Gutachten" beim Waffenrecht
Berlin: (hib/WOL) Als nicht zielführend im Sinne größerer Sicherheit haben die Vertreter aller Fraktionen am Mittwochvormittag im Innenausschuss die Einführung eines psychologischen Gutachtens zum Erwerb oder Führen einer Waffe im Rahmen der Waffenrechtsnovellierung bezeichnet. Ausgang der Diskussion war ein Bericht der Bundesregierung, wonach Bundestag und Bundesrat sich mit einer Arbeitsgruppe im Rahmen des Vermittlungsausschusses noch vor der Sitzung des Bundesrates am 31. Mai mit möglichen Änderungsanträgen zur Novellierung des Waffenrechts befassen sollen, um eine Verabschiedung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erreichen. Die Regierung informierte den Ausschuss über Punkte, die nach Ansicht der Staatssekretärsrunde der Bundesländer noch einmal diskutiert werden sollen. Neben dem psychologischen Gutachten gehe es dabei um die mögliche Erhöhung der Altersgrenze, um die getrennte Aufbewahrung von Munition und Waffen, den Waffenbesitz für Jäger ab 18 Jahren (Jugendwaffenschein), die Altersgrenze von zehn oder zwölf Jahren bei Schützenvereinen, eine Verstärkung der Aufsichtspflicht durch Verbände und Vereine, die Hinzuziehung eines Fachbeirats zur Schiesssportverordnung, die Prüfung der so genannten Kontingent- oder Tauschregelung zur Zahl des Waffenbesitzes und die Meldepflicht bei Waffenverkäufen. Verboten werden solle außerdem die so genannte Pumpgun.
Einigkeit gab es im Ausschuss auch darüber, dass es trotz des schrecklichen Geschehens in Erfurt keinen Anlass gebe, in hektischen Aktionismus oder Populismus zu verfallen. Die mit großer Mehrheit verabschiedete Waffenrechtsnovellierung sei das Ergebnis sorgfältiger Arbeit und Prüfung. Dennoch werde man Ergänzungsvorschläge sachlich und angemessen prüfen. SPD und Bündnisgrüne betonten, kein Waffenrecht versetze den Staat in die Lage, solche Vorfälle völlig auszuschließen. Die CDU/CSU-Fraktion unterstütze diese Einschätzung und wies auf mögliche Versäumnisse beim Vollzug des Waffenrechts und der vorgeschriebenen Kontrollen hin. Anzuregen sei auch ein Verbot halbautomatischer Langwaffen, die gefärlicher seien als Pumpguns. Die Bündnisgrünen mahnten, zur Verhinderung solcher Taten den Faktor Erziehung, Schule und Gesellschaft künftig stärker einzubeziehen und regten erneut an, den kleinen Waffenschein für Schreckschusswaffen einzuführen. Angesichts der Wirkung und des hohen Missbrauchanteils könne nicht damit argumentiert werden, dass dies zuviel Aufwand erfordere.
Die FDP signalisierte keinen Widerstand gegen den kleinen Waffenschein. Ihre Ablehnung bei der Verabschiedung der Waffenrechtsnovellierung habe andere Gründe gehabt. Verschärfungen seien aber abzulehnen. So sei es in England nach einem Amoklauf zur Vernichtung von 400.000 Langwaffen und schlimmen Auswirkungen für die Schützenvereine gekommen, während es eine Zunahme illegaler Waffen um 40 Prozent gegeben habe. Auch die PDS votierte für den kleinen Waffenschein für Schreckschusswaffen und forderte, die Ursachen für Gewalttaten und die in der Gesellschaft vorhandene Gewaltbereitschaft gründlich zu untersuchen. Im Zentrum der Diskussion nach Erfurt habe im Übrigen nicht die Waffenrechtsnovellierung gestanden. In Erfurt sei vielmehr für eine andere Schulordnung demonstriert worden. Es gehe nicht an, durch höhere Altersgrenzen, physiologische Gutachten oder andere Eingrenzungen eine ganze Generation zu entmündigen.