"E-Commerce wird mittelfristig ein Nischenphänomen bleiben"
Berlin: (hib/VOM) Der elektronische Geschäftsverkehr (E-Commerce) wird auf mittlere Sicht ein "Nischenphänomen" bleiben. Diese Folgerung zieht der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung aus einem Gutachten des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zu diesem Thema ( 14/10006). Je nach Wirtschaftsbereich und Anwendungsfeld gebe es dennoch extreme Unterschiede bei der Anwendung des E-Commerce. So finde man sowohl Handelsbereiche, die mehr oder weniger vollständig davon geprägt sind, als auch solche, in denen E-Commerce überhaupt keine Rolle spielt. Wie aus der Studie der TAB-Gutachter hervorgeht, sind in Bereichen mit einem breit gestreuten, gut beschreibbaren und katalogisierbaren Produktspektrum, mit hoher Bestellfrequenz und relativ niedrigem Preis elektronische Bestellprozesse "fast unumgänglich". Man finde zwischen Hersteller, Großhändler und Einzelhändler heute schon Beispiele mit einer fast 100-prozentigen elektronischen Bestellabwicklung. Genannt werden Bestellungen der Apotheken beim Arzneimittelgroßhandel. Mittelfristig werde in diesen Bereichen der E-Commerce zur Regel werden. Andererseits seien schwierige, oft auch sehr individuelle Beratungsgespräche zwischen Anbietern und Kunden zu führen, die man sich vollständig elektronisch abgewickelt kaum vorstellen könne. Betrachte man den E-Commerce mit Alltags- und Massengütern wie Lebensmittel, Arzneimittel, Bücher oder CDs, dann könne man auf Erfahrungen aus dem Versandhandel und aus dem Ausland zurückgreifen. Danach sei auch langfristig mit einem E-Commerce-Anteil von deutlich unter zehn Prozent zu rechnen. Es werde nur einzelne Produktbereiche geben, bei denen dem E-Commerce eine größere Bedeutung zukommt, weil das konkurrierende stationäre Angebot nur einen schlechten Service bietet oder weil ein deutlich günstigerer Preis im Internet angeboten werden kann.
Die Wissenschaftler des TAB sehen politischen Handlungsbedarf auf zahlreichen Gebieten. Was die technische Infrastruktur für den E-Commerce angeht, sollten die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen ständig weiterentwickelt und die politischen Initiativen zur Stärkung des Internets fortgesetzt werden. Zudem könnte über eine neue Breitband-Initiative in Deutschland nachgedacht werden. Darüber hinaus sei es wichtig, die Datenlage zu verbessern. Es gebe einen hohen Bedarf an aussagekräftigen statistischen Daten zum E-Commerce. Bedeutsam sei hier auch die internationale Koordinierung der statistischen Ämter. Kleine und mittlere Unternehmen seien mit einer Reihe von Zugangsbarrieren zum elektronischen Handel konfrontiert, heißt es weiter. Öffentliche Institutionen könnten deren Position im elektronischen Handel vor allem dadurch fördern, dass sie die Aufmerksamkeit für E-Commerce erhöhen, selbst eine Vorreiterrolle einnehmen, die Informationslage der Unternehmen und die Qualifikation des Personals verbessern helfen und in ihrer Politik dem hohen Kapital- und Beratungsbedarf kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen. In der Wettbewerbspolitik ergeben sich dem Bericht zufolge einige neue Anforderungen. So könne die Digitalisierung von Produkten die Tendenz zu einer höheren Branchenkonzentration fördern. Weitere Themen seien Unternehmensverflechtungen zwischen Produzenten sich ergänzender Güter, unternehmensübergreifende Kooperationen bei der Werbung im Internet sowie die Überprüfung von elektronischen Marktplätzen und so genannten virtuellen Unternehmen im Einzelfall.