"Die Abgeordneten-Mitarbeiter in allen Fragen unterstützen"
Es gibt parlamentarische Gremien, die fast nie im Licht der Öffentlichkeit stehen - und doch enorm wichtig sind. Dazu zählen die fünf Kommissionen des Ältestenrates. Sie unterstützen ihn darin, die vielfältigen inneren Angelegenheiten des Bundestages zu regeln. So unterschiedlich ihre jeweiligen Aufgaben sind, eines ist diesen Kommissionen gemeinsam: Ohne sie würde es im Parlament drunter und drüber gehen. Grund genug, ihre Arbeit hier vorzustellen. Wir setzen unsere kleine Porträt-Serie mit der Kommission des Ältestenrates für die Angelegenheiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abgeordneten fort.
Der Countdown läuft: Nur
noch wenige Wochen bis zur Bundestagswahl. Nicht nur bei den
Abgeordneten, die sich zur Wiederwahl stellen, auch bei ihren
Mitarbeitern im Bundestag in Berlin und in den jeweiligen
Wahlkreisen wächst die Nervosität. Schließlich geht
es für die insgesamt etwa 4.500 Referenten, Sachbearbeiter und
Sekretärinnen, die bei den derzeit 611 Parlamentariern
beschäftigt sind, am 27. September nicht allein um politische
Mehrheiten - es geht auch und vor allem um ihren Arbeitsplatz.
Denn für alle Mitarbeiter von Abgeordneten gilt: Ihr
Arbeitsvertrag läuft mit Ende der Legislaturperiode aus. Nur
wenn "ihr" Parlamentarier den Wiedereinzug in den Bundestag schafft
und sie weiterbeschäftigen will, haben sie die Chance auf
einen Anschlussarbeitsvertrag, der allerdings wieder auf vier Jahre
befristet ist. Alle anderen müssen sich nach einem neuen Job
umschauen - entweder bei einem anderen Abgeordneten oder
außerhalb des Bundestages.
Enges persönliches Arbeitsverhältnis
Kein Wunder daher, dass die beiden Informationsveranstaltungen der Bundesagentur für Arbeit im Bundestag Anfang Juli gut besucht waren. Etwa 300 Abgeordneten-Mitarbeiter ließen sich im Anhörungssaal, in dem vor kurzem noch der so genannte BND-Untersuchungsausschuss tagte, über Meldefristen, Angebote der Arbeitsagentur und Arbeitsmöglichkeiten jenseits des parlamentarischen Betriebs informieren.
Initiiert hatte die Veranstaltung die Kommission des
Ältestenrates für die Angelegenheiten von
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten, kurz
Mitarbeiter-Kommission genannt. "Die Beschäftigten der
Abgeordneten in Berlin und in den jeweiligen Wahlkreisen befinden
sich arbeitsrechtlich in einer besonderen Situation", erklärt
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
(Bündnis 90/Die Grünen), die Vorsitzende der
Mitarbeiter-Kommission. "Sie stehen in einem sehr engen,
persönlichen Arbeitsverhältnis zu dem Abgeordneten, der
sie für die Dauer einer Legislaturperiode anstellt. Unser
Anliegen ist es, die Mitarbeiter in allen Fragen, die sich aus
dieser Sondersituation ergeben, zu unterstützen. Dazu
gehört selbstverständlich auch die Frage, was etwa in
Sachen Arbeitslosmeldung zu tun ist, falls ihr Arbeitgeber nach der
Wahl aus dem Bundestag ausscheidet."
Mehr als eine Servicestelle
Doch natürlich ist die Mitarbeiter-Kommission, in der neun Abgeordnete aus allen im Bundestag vertretenen Fraktionen ihrer Stärke im Parlament entsprechend sitzen, weit mehr als eine Servicestelle für die Beschäftigten der Mitarbeiter. Vor allem versucht sie, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Mitarbeiter als Arbeitnehmer und der Abgeordneten als Arbeitgeber zu schaffen. So schlägt sie dem Ältestenrat Regelungen vor, die soziale Standards der Arbeitsverhältnisse definieren, also zum Beispiel den Gehaltsrahmen für die Mitarbeiter festlegen.
Dass die Kommission beziehungsweise der Ältestenrat
überhaupt die Möglichkeit hat, solche einheitlichen
Standards festzulegen und durchzusetzen, verdankt sich einer
Besonderheit des Abgeordnetengesetzes. Danach geht der einzelne
Abgeordnete zwar privatrechtliche Arbeitsverhältnisse mit
seinen Mitarbeitern ein, die er persönlich auswählt und
einstellt.
Jedes Abgeordnetenbüro stellt also ein eigenes
Kleinunternehmen mit einem oder mehreren Mitarbeitern dar. Die
Kosten für die Vergütung der Mitarbeiter der
Parlamentarier aber übernimmt der Bundestag, sofern ihre
Beschäftigung der Unterstützung der parlamentarischen
Arbeit des Abgeordneten dient und die vom Ältestenrat
beschlossenen Mindeststandards eingehalten werden.
Ausbau von Weiterbildungsangeboten
Dafür steht jedem Abgeordneten eine so genannte Mitarbeiterpauschale zur Verfügung. Derzeit beträgt sie monatlich 14.712 Euro. Wie viele Mitarbeiter in welchem zeitlichen Umfang er beschäftigt und aus Mitteln dieser Pauschale vergütet, ist jedem Parlamentarier im Rahmen der genannten Bedingungen freigestellt. Einer Initiative der Mitarbeiter-Kommission in dieser Wahlperiode ist es zu verdanken, dass die Abgeordneten jetzt auch Studierende, die ein Praktikum in ihrem Büro absolvieren, aus Mitteln der Mitarbeiterpauschale entlohnen können. Als angemessen gilt ein Betrag zwischen 250 und 400 Euro im Monat.
Auch auf anderen Gebieten hat die Mitarbeiter-Kommission in
jüngster Zeit zahlreiche Änderungen und Verbesserungen
bewirkt. So können sich Abgeordneten-Mitarbeiter künftig
Kosten für Reisen in Städte, die für die Landes-,
Bundes- und Europapolitik eine wichtige Rolle spielen, sowie in den
Wahlkreis ihrer jeweiligen Abgeordneten erstatten lassen.
Außerdem wurden die umfangreichen Fort- und
Weiterbildungsangebote des Bundestages ausgebaut, vor allem im
Bereich der Sprachkurse sowie der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit.
Mit Kind in den Bundestag
Besonders stolz ist Göring-Eckardt auf die jüngste Errungenschaft des Bundestages - das Eltern-Kind-Büro im Jakob-Kaiser-Haus, das auf Initiative der Mitarbeiter-Kommission im März 2009 eröffnet wurde. Gedacht ist der Raum für Mitarbeiter von Abgeordneten, deren Nachwuchs krank, aber nicht bettlägerig ist, oder die einen kurzfristigen Engpass bei der Kinderbetreuung überbrücken müssen.
Neben einem vernetzten und voll ausgestatteten
Bildschirmarbeitsplatz verfügt das Büro über
Kinderbett, Wickeltisch und Waschbecken, außerdem gibt es
jede Menge Bücher und Spielzeug. "So müssen die Eltern
weder Urlaub nehmen noch sich krank melden und wissen ihr Kind doch
bestens versorgt", sagt Göring-Eckardt zufrieden.
Die Grünen-Politikerin freut sich darüber, dass ihre
Initiative bei der Zielgruppe so gut ankommt. "In der ersten Woche
nach der Eröffnung haben sich gleich zwei Mitarbeiterinnen mit
ihren Kindern das Büro geteilt", erzählt sie lachend. Am
liebsten allerdings wäre es ihr, wenn das Büro nicht
ständig ausgelastet wäre. Schließlich sei es als
Notanker gedacht, nicht als Maßnahme, um die Mitarbeiter
trotz kranker Kinder ständig verfügbar zu halten.