Spiegelbild der Bundesministerien
Die Ständigen Ausschüsse werden in jeder Wahlperiode neu benannt und besetzt. Dabei hat der Bundestag nicht völlig freie Hand, denn einige Ausschüsse schreibt das Grundgesetz vor und andere ergeben sich zwangsläufig aus bestimmten gesetzlichen Formulierungen. Zu diesen Ausschüssen gehören zum Beispiel der Petitionsausschuss und der Verteidigungsausschuss.
Den Großteil der Ständigen Ausschüsse bildet der Bundestag aber als Spiegelbild der Regierung: In der Regel steht je einem Bundesministerium ein Ständiger Ausschuss gegenüber.
Darüber hinaus kann das Parlament einzelne Politikbereiche durch zusätzliche Ausschüsse betonen. So steht in der 16. Wahlperiode zum Beispiel dem Innenministerium nicht nur der Innenausschuss, sondern auch ein Sportausschuss gegenüber.
Wechselnde Anzahl von Ausschüssen
Die Anzahl der Ständigen Ausschüsse differiert von einer zur anderen Wahlperiode. So hatte der erste Bundestag 1949 insgesamt 40, der sechste nur 17 Ständige Ausschüsse.
In der laufenden 16. Wahlperiode hat der Bundestag 22 Ständige Ausschüsse eingesetzt.
Hinzu kommen die Unterausschüsse, die von den Ständigen Ausschüssen eingesetzt werden, um sich intensiv mit speziellen Themen zu beschäftigen.
Besetzung nach dem Kräfteverhältnis
Jeder Ausschuss besteht aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter sowie einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern, die wiederum je einen Stellvertreter haben. Die Anzahl der Mitglieder ist von Ausschuss zu Ausschuss unterschiedlich und richtet sich nach dem zu erwartenden Arbeitsaufwand. In der 16. Wahlperiode bestehen die Ausschüsse aus 13 bis 41 Mitgliedern.
Die Verteilung der Sitze erfolgt nach dem Kräfteverhältnis im Parlament: Proportional zu ihrem Anteil im Bundestag hat jede Fraktion Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Mitgliedern in den Ausschüssen. Welcher Abgeordnete in welchem Ausschuss mitarbeitet, entscheiden die Fraktionsführungen. Sie bemühen sich, möglichst viele Wünsche der Abgeordneten zu erfüllen. Jeder Abgeordnete soll möglichst nur in einem Ausschuss ordentliches Mitglied sein.
Einigung durch mathematisches Verfahren
Die Ausschuss-Vorsitzenden haben eine bedeutende Position: Sie bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie.
Wie die Ausschüsse zu ihren Vorsitzenden und Stellvertretern kommen, handeln die Fraktionen untereinander aus. Kommt es zu keiner Einigung – wie nach der letzten Wahl – , wird das so genannte Zugreifverfahren von Sainte-Laguë/Schepers angewendet.
Mit einer mathematischen Formel wird das Stärkeverhältnis der Fraktionen in eine Zugriffsreihenfolge umgerechnet. Sie legt fest, in welcher Reihenfolge die Fraktionen ihre Besetzungswünsche angeben können.
Fraktionen und ihre Obleute
Neben den Vorsitzenden nehmen die Obleute eine Schlüsselstellung in den Ausschüssen ein: Jede Fraktion bestimmt für jeden Ausschuss einen "Obmann", der für die Fraktionsführungen Hauptansprechpartner ist.
Die Obleute bestimmen einerseits den Kurs ihrer Fraktion in den einzelnen Ausschüssen maßgeblich mit. Andererseits sind sie Schlichtungsinstanz, wenn es bei Verhandlungen zu Konflikten kommt.
Stimmrechte der Mitglieder
Jedes ordentliche Mitglied verfügt im Ausschuss über eine Stimme. Die Stellvertreter können an allen Ausschusssitzungen teilnehmen, sind jedoch nur in Vertretung eines nicht anwesenden ordentlichen Mitgliedes ihrer Fraktion stimmberechtigt.
Abgeordnete, die weder einer Fraktion noch einer Gruppe angehören, bekommen nach Anhörung durch den Bundestagspräsidenten von diesem einen Platz in einem Ausschuss zugeteilt. Diese Abgeordneten verfügen im jeweiligen Ausschuss über Rede- und Antragsrecht, jedoch nicht über Stimmrecht.
Fachliche Vorbereitung von Beschlüssen
In der Geschäftsordnung des Bundestages werden die ständigen Ausschüsse als "vorbereitende Beschlussorgane des Bundestages" bezeichnet. Bereits diese kurze Definition lässt die enorme Bedeutung der Ausschüsse für die parlamentarische Arbeit erahnen.
In den Ausschüssen werden die Gesetzentwürfe des jeweiligen Bereichs erörtert, diskutiert und in der Regel so weit überarbeitet, dass am Ende ein Gesetzentwurf in der Ausschussfassung steht. Die so genannte Beschlussempfehlung des Ausschusses kann aber auch auf Aufhebung des Gesetzentwurfs lauten.
Über die erarbeitete Beschlussempfehlung wird dann im Plenum des Bundestages – meist nach erneuter Debatte – abgestimmt. Die Mitglieder der Ausschüsse leisten also einen erheblichen Teil der fachlichen Arbeit im Prozess der Gesetzgebung.
Selbstbefassungsrecht und Hearings
In der Regel erhalten die Ausschüsse ihre Arbeit aus dem Bundestag: Nach erster Lesung im Plenum werden Gesetzentwürfe an die betreffenden Fachausschüsse zur Beratung überwiesen.
Die Ausschüsse können aber auch auf eigene Initiative hin tätig werden. Legitimiert durch das Selbstbefassungsrecht, können sie Themen aus ihrem Geschäftsbereich ohne Überweisung durch den Bundestag beraten und sich von den Ministerien über Gesetzgebungsvorhaben informieren lassen.
Die Ausschüsse können auch jederzeit öffentliche Anhörungen von Interessensverbänden, -vertretern und Experten anberaumen. Durch solche Hearings sollen die Ausschussmitglieder ergänzende Informationen erhalten.
Unterausschüsse
Jeder Ausschuss kann zur Vorbereitung und Unterstützung seiner Arbeit Unterausschüsse bilden. Diese werden zur Beratung eines bestimmten Gesetzentwurfs oder eines besonderen Problems eingesetzt. Sie können aber auch für bestimmte Teilgebiete während der gesamten Wahlperiode eingerichtet werden.
So hat der Haushaltsausschuss beispielsweise in der 16. Wahlperiode einen "Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union" eingesetzt.