Zweiter Weltkrieg
Hitlers Verbündete im Kampf gegen die Sowjetunion - ein kaum aufgearbeitetes Thema
In den Reihen des Heeres, das am Morgen des 22. Juni 1941 die Grenze zur Sowjetunion überschritt, und Osteuropa mit einem Vernichtungskrieg von bis dato unbekannter Dimension überzog, wurde nicht nur Deutsch gesprochen. Rumänen, Finnen und Ungarn beteiligten sich von Anfang an am Unternehmen "Barbarossa". Später kamen italienische und spanische Divisionen, Freiwillige aus Frankreich, Belgien, Holland und Skandinavien sowie osteuropäische Verbände. Hitlers Heer im Osten war international. Auf dem Höhepunkt des Krieges war an der Ostfront jeder dritte Soldat auf deutscher Seite ein Ausländer. Ein Phänomen, das von der deutschen Geschichtswissenschaft bislang stiefmütterlich behandelt wurde. Rolf-Dieter Müller, Professor für Militärgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität, hat nun die erste Überblicksdarstellung vorgelegt.
Zunächst war Hitler an Helfern bei seinem Kreuzzug kaum interessiert. Er glaubte, auf ausländische Unterstützung weitgehend verzichten zu können. Allenfalls den Finnen und Rumänen traute er eine Art von Flankensicherung zu. Im künftigen deutschen Ostraum sollte es nur eine bewaffnete Macht geben - die deutsche. In einer internen Besprechung sagte Hitler am 31. Juli 1941: "Nie darf erlaubt werden, dass ein Anderer Waffen trägt, als der Deutsche! Dies ist besonders wichtig; selbst wenn es zunächst leichter erscheint, irgendwelche fremden unterworfenen Völker zur Waffenhilfe heranzuziehen, ist es falsch!" Trotz seiner Vorbehalte sollten schließlich mehr als zwei Millionen ausländische Soldaten an der Seite der Deutschen kämpfen.
Wer waren diese ausländischen Helfer? Was brachte Sie an die Seite der Deutschen? Da waren zunächst die Armeen verbündeter Staaten: Die finnische Regierung beispielsweise wollte 1941 die Gunst der Stunde nutzen und die zuvor im Winterkrieg 1939/40 von der Sowjetunion besetzten finnischen Gebiete zurückerobern. Am südlichen Frontabschnitt griffen ungarische Divisionen mit den Deutschen an. Das Horthy-Regime in Budapest sah sich als Verlierer des Versailler Vertrags und wollte im deutschen Windschatten seine Position vor allem gegenüber dem Rivalen Rumänien stärken. Die rumänische Regierung verfolgte ihrerseits ähnliche Absichten. Antonescu, Chef einer Militärregierung, setzte ganz auf die deutsche Karte. Im Sommer 1941 drängte er sich Hitler förmlich auf. Er teilte Berlin mit, Rumänien werde es ihm nie verzeihen, "wenn er die rumänische Armee Gewehr bei Fuß stehen ließe, während deutsche Truppen in Rumänien gegen die Russen marschieren".
Die Kampfeslust ihrer Führer mussten tausende Soldaten der Verbündeten mit ihrem Leben bezahlen. Schlecht ausgerüstet waren sie den Anforderungen des modernen Krieges kaum gewachsen. Mit Ausnahme der Finnen wurden sie von ihren deutschen Partnern zunächst belächelt, später verachtet. Als sich die Rückschläge nach der Schlacht von Stalingrad häuften, verschlechterte sich die Kampfmoral der Bündnistruppen noch mehr. Am Ende versuchten die meisten Regime verzweifelt, sich von Hitler zu lösen und nahmen Kontakt zu den Westmächten auf. Die schwache ideologische Klammer der ungleichen Bündnispartner, der Antikommunismus, zerbrach angesichts der sich drohenden Niederlage.
Wie wichtig der Faktor Ideologie bei der Motivation einer anderen großen Gruppen ausländischer Kämpfer im Lager Deutschlands, der Freiwilligen aus neutralen und besetzten Gebieten, war, lässt sich nur schwer einschätzen. Jedenfalls warb vor allem die Waffen-SS mit antibolschewistischen Parolen in Frankreich, Belgien, Norwegen, den Niederlanden und Dänemark um Freiwillige für den Kampf zur "Rettung des Abendlandes vor der kommunistischen Bedrohung". Anhänger rechtsradikaler und nationalistischer Bewegungen folgten dem Ruf und wurden in meist kleineren Kontingenten zusammengefasst. Meist kämpften sie in deutschen Uniformen in Regimentsstärke innerhalb deutscher Verbände.
Ähnlich ging die Wehrmacht bei der Aufstellung von Truppen aus Angehörigen von Völkern der Sowjetunion vor. Als die Wehrmacht in die Grenzprovinzen der UdSSR einfiel, wurde sie von der Mehrheit der Bevölkerung als Befreier begrüßt. Viele "einheimische Soldaten und Offiziere waren bereit, die Fahnen zu wechseln", schreibt Müller. Trotz aller Vorbehalte Hitlers wurden anfangs zögerlich, später immer bereitwilliger Esten, Letten, Litauer, Ukrainer, Weißrussen und Russen zu Kampf- und Sicherungstruppen zusammengefasst. Den Deutschen blieb angesichts der erdrückenden Überlegenheit des Gegners keine andere Wahl.
Für Müller ist als Fazit seiner Forschung klar: Die Deutschen Armeen wäre ohne die Unterstützung ihrer Verbündete 1941 niemals bis Moskau gekommen, und eine weitere Offensive wäre 1942 ohne die ausländische Hilfe kaum möglich gewesen. "Spätestens nach der Katastrophe von Stalingrad konnte die Wehrmacht einen Zusammenbruch der Ostfront nur mit Hilfe der ausländischen Helfer verhindern", heißt es in seiner überzeugenden und gut lesbaren Darstellung.
Auf die Vertreter der Historiker-Zunft in den betroffenen Ländern sieht Müller viel Arbeit zukommen in der Zukunft: "In Deutschland brauchte es mehr als eine Generation, um ein differenziertes Bild des Hitlerschen Ostkrieges zu schaffen (…) In vielen betroffenen Heimatländern der Freiwilligen ist diese historische Auseinandersetzung erst noch zu führen."
An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim "Kreuz-zug gegen den Bolschewismus".
Ch. Links Verlag, Berlin 2007; 280 S., 24,90 ¤