Plenarprotokoll 17/218 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 218. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: 14. Kinder- und Jugendbericht Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Diana Golze (DIE LINKE) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Heidrun Dittrich (DIE LINKE) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Sönke Rix (SPD) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Ewa Klamt (CDU/CSU) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Heidrun Dittrich (DIE LINKE) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Florian Bernschneider (FDP) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Sönke Rix (SPD) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Diana Golze (DIE LINKE) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Eckhard Pols (CDU/CSU) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/12162) Mündliche Frage 5 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur sogenannten Wannsee-Route Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 10 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beherrschung von Auslegungsstörfällen durch das zusätzliche Nachwärmeabfuhr- und Einspeisesystem im Atomkraftwerk Gundremmingen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 11 Gerd Bollmann (SPD) Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Bereich gewerblicher Sammlungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Mündliche Frage 12 Gerd Bollmann (SPD) Etwaige Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Durchführungsverordnung für die Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Bereich von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Gerd Bollmann (SPD) Mündliche Frage 13 Ulrich Kelber (SPD) Planungen der Bundesregierung im Klub der Energiewendestaaten Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Matthias Miersch (SPD) Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 14 Ulrich Kelber (SPD) Unterschied zwischen dem Klub der Energiewendestaaten und IRENA Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 15 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Geplante Gründung des Klubs der Energiewendestaaten Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Fragen 17 und 18 Frank Schwabe (SPD) Reform des EU-Emissionshandels; Maßnahmen der Bundesregierung für mehr Anreize für Klimaschutz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Bärbel Kofler (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 19 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Einführung eines Klimaschutzgesetzes Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Frank Schwabe (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 20 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Abbau von klima- und umweltschädlichen Subventionen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Frank Schwabe (SPD) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 23 Dr. Sascha Raabe (SPD) Entscheidungskriterien für die Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. im Zusammenhang mit der Umsetzung der BMZ-Afrika-Initiative Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) Heike Hänsel (DIE LINKE) Karin Roth (Esslingen) (SPD) Mündliche Frage 24 Dr. Sascha Raabe (SPD) Konsequenzen aus dem negativen Gutachten von PricewaterhouseCoopers im Hinblick auf die Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) Heike Hänsel (DIE LINKE) Karin Roth (Esslingen) (SPD) Mündliche Frage 25 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Qualifizierung von Mitarbeitern in Textilfabriken in Bangladesch durch die Firma Lidl mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Zusatzfragen Karin Roth (Esslingen) (SPD) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Aktuelle Situation in Mali Dr. Rainer Stinner (FDP) Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Dr. Barbara Hendricks (SPD) Philipp Mißfelder (CDU/CSU) Rainer Arnold (SPD) Marina Schuster (FDP) Florian Hahn (CDU/CSU) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 1 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Handlungsbedarf bei grenzüberschreitendem Verkehr mit Gigalinern Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 3 Mündliche Frage 2 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Intervention des Bundeskanzleramtes bei der EU-Kommission nach dem 9. Januar 2013 im Hinblick auf das vierte Eisenbahnpaket Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 4 Mündliche Frage 3 Gustav Herzog (SPD) Berücksichtigung des Schienenbonus bei Investitionsmaßnahmen für das Schienenwegenetz im Rahmen des neuen Bundesverkehrswegeplans Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 5 Mündliche Frage 4 Gustav Herzog (SPD) Kalkulation einer Investitionsmaßnahme für das Schienenwegenetz im Rahmen des neuen Bundesverkehrswegeplans ohne Berücksichtigung des Schienenbonus Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 6 Mündliche Frage 6 Uwe Beckmeyer (SPD) Stellungnahmen von Ländern und Verbänden zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Zuständigkeiten der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen an die Neuordnung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 7 Mündliche Frage 7 Uwe Beckmeyer (SPD) Weiterer Abstimmungsbedarf hinsichtlich der Frage der künftigen Neuordnung des Bundeswasserstraßennetzes bzw. des Umbaus der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 8 Mündliche Frage 8 Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Weitere Maßnahmen im Sektor Verkehr zum Erreichen des Klimaziels im Rahmen der CO2-Emissionen Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 9 Mündliche Frage 9 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Einhaltung von Strahlungsvorsorge- und Grenzwerten bei der Errichtung und Inbetriebnahme von Funkmasten Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 10 Mündliche Frage 21 René Röspel (SPD) Verbesserungsbedarf bei der Arbeit des ITER-Konsortiums Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 11 Mündliche Frage 22 Niema Movassat (DIE LINKE) Ziel des Trägervereins Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. und Auswahl der Partnerorganisationen Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 12 Mündliche Frage 26 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der GIZ durch international tätige Unternehmen Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 13 Mündliche Frage 27 Heike Hänsel (DIE LINKE) Gestaltung des ersten deutschen Entwicklungstages und Wahl des Veranstaltungs-ortes Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 14 Mündliche Frage 28 Thomas Jarzombek (CDU/CSU) Strategie für die Weltfunkkonferenz 2015 Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 15 Mündliche Frage 29 Thomas Jarzombek (CDU/CSU) Zukunft der Rundfunkangebote über DVB-T und perspektivisch über DVB-T2 Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 16 Mündliche Fragen 30 und 31 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Unterstützung der Regionalorganisation ECOWAS mit Rüstungsgütern und Sicherstellung des Endverbleibs Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 17 Mündliche Frage 32 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umgang mit dem Vertrag von Almelo und künftige Termine im Zusammenhang mit dem Urananreicherungsunternehmen Urenco GmbH Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 18 Mündliche Frage 33 Marco Bülow (SPD) Beteiligung des BMU an Bürgschaftsentscheidungen im Rahmen des Exports von Nukleartechnik Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 19 Mündliche Frage 34 Marco Bülow (SPD) Verzicht auf Umweltleitlinien bei der Vergabe von Bürgschaften für den Export von Nukleartechnik vor dem Hintergrund des deutschen Atomausstiegs Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 20 Mündliche Frage 35 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung unmittelbar betroffener Bürger am Gewinn durch den Leitungsausbau mittels einer Bürgerdividende Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 21 Mündliche Frage 36 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des fälligen Fortschrittsberichts zum Ausbau der Höchstspannungsnetze Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 22 Mündliche Fragen 37 und 38 Dirk Becker (SPD) Zusätzliche Maßnahmen zur Erreichung des Klimaziels für 2020 im Bereich Energiewirtschaft/Strom und Energiewirtschaft/ Wärme Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 23 Mündliche Fragen 39 und 40 Dr. Matthias Miersch (SPD) Zusätzliche Maßnahmen zur Erreichung des Klimaziels für 2020 im Sektor Indus-trieprozesse und im Bereich Energieeffizienz Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 24 Mündliche Frage 41 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entwicklung des Marktes für E-Zigaretten und dementsprechende Tabaksteuerausfälle Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 25 Mündliche Frage 42 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutsche Beteiligung an der Ausbildung von Truppen aus ECOWAS-Staaten für den Einsatz in Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 26 Mündliche Frage 43 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten durch malische Soldaten im Zuge der französischen Militärintervention und Konsequenzen für die EU-Ausbildungsmission EUTM Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 27 Mündliche Frage 44 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entsendung von Menschenrechtsbeobachtern nach Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 28 Mündliche Frage 45 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gewalttaten der malischen Armee im Norden Malis Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 29 Mündliche Frage 46 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausstattungsgrad und Ausstattungshilfe für die malische Armee Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 30 Mündliche Frage 47 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sicherstellung der Versorgung der iranischen Bevölkerung mit Medikamenten trotz Sanktionen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 31 Mündliche Fragen 48 und 49 Jan van Aken (DIE LINKE) Verlagerung der EU-Ausbildungsmission EUTM Somalia von Uganda nach Somalia und Zustimmung zur Ausweitung des EU-Mandats Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 32 Mündliche Frage 50 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Unterschiede bei der Vergabe von Bundeswehrmandaten für EU-Ausbildungsmissionen in Mali und Somalia Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 33 Mündliche Frage 51 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Umstände des Abschusses eines türkischen Kampflugzeugs am 22. Juni 2012 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 34 Mündliche Frage 52 Niema Movassat (DIE LINKE) Einladung syrischer Oppositionsgruppen zur Sicherheitskonferenz 2013 und deren Beziehung zum Einsatz von Kindersoldaten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 35 Mündliche Frage 53 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) An der Hinterlassung von militärischem Gerät interessierte Staaten im Rahmen des geplanten Rückzugs der Bundeswehr aus Afghanistan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 36 Mündliche Frage 54 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung eines Verbots homosexueller Propaganda in der Russischen Föderation Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 37 Mündliche Frage 55 Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzgebungsverfahren zu einem Verbot homosexueller Propaganda in der Russischen Föderation Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 38 Mündliche Frage 56 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erfolgsaussichten eines Antrags auf NPD-Verbot und Verwertbarkeit der Materialsammlung der Innenministerkonferenz Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 39 Mündliche Fragen 57 und 58 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mögliche Anschläge auf kurdische Aktivisten und getroffene Sicherheitsvorkehrungen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 40 Mündliche Fragen 59 und 60 Susanne Kieckbusch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nachzug älterer Familienmitglieder aus der Türkei und Situation in anderen Gastarbeiterländern Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 41 Mündliche Frage 61 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erwartete Einnahmeausfälle im Energie- und Klimafonds 2013 bei weiterhin niedrigen Preisen von Emissionszertifikaten und geplante Maßnahmen der Bundesregierung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 42 Mündliche Frage 62 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Veröffentlichung der Studie der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft zur Belastung der Spree mit Eisenhydroxid und Sulfat Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 43 Mündliche Frage 63 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutsche Unterstützung der chinesischen Zentralbank bei der Bekämpfung von Geldfälschung vor dem Hintergrund der drohenden Todesstrafe für Geldfälscher Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 44 Mündliche Frage 64 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Anwendung von § 398 a Nr. 2 Abgabenordnung und zielgerichtetere Ausgestaltung von § 371 Abgabenordnung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 45 Mündliche Frage 65 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Nutzung von Gruppenanfragen an die Schweiz zur Aufklärung von Steuerpflichten für Sachverhalte vor 2013 und zukünftige Unterstützung des Ankaufs von Steuer-CDs Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 46 Mündliche Frage 66 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Umsetzung einzelner Maßnahmen des Jahressteuergesetzes 2013 bei einem endgültigen Scheitern durch andere Gesetze Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 47 Mündliche Fragen 67 und 68 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Unterstützung des Themenjahrs „Selbstbestimmt dabei. Immer.“ und Vorlage des neuen Behindertenberichts Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 48 Mündliche Frage 69 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Verlängerung der Gültigkeit von Bildungsgutscheinen bezüglich der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung auf drei statt zwei Jahre Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 49 Mündliche Frage 70 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Einstellungsgrund und Wiederaufnahme der Schadensersatzzahlungen an berufsunfähige Arbeitnehmer der DDR Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 50 Mündliche Frage 71 René Röspel (SPD) Einführung einer verpflichtenden Risikoeinstufung für Experimente mit vergleichbarem Risikopotenzial wie bei Experimenten mit gentechnisch veränderten Viren durch die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 51 Mündliche Frage 72 Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Weitere Maßnahmen zum Erreichen des Klimaschutzziels 2020 im Sektor Landwirtschaft Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 52 Mündliche Frage 73 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weitere Nutzung des Lufttransportstützpunkts Termes durch die Bundeswehr angesichts der geänderten Sicherheitslage in Afghanistan und Angebot zur Nutzung kirgisischer Flughäfen Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 53 Mündliche Frage 74 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auslieferung konfliktbezogener Inhaftierter an afghanische Gefängnisse durch die Bundeswehr im Rahmen des ISAF-Einsatzes seit 2012 und Verhinderung dortiger Folter Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 54 Mündliche Frage 75 Inge Höger (DIE LINKE) Zukünftiges militärisches Engagement in Mali Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 55 Mündliche Fragen 76 und 77 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Integration von Müttern mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt und -Effekte des Betreuungsgeldes bzw. Ehegattensplittings Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 56 Mündliche Frage 78 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Ermittlung der Steuerabzüge für das Elterngeld nach § 2 e des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Inhaltsverzeichnis 218. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 Beginn: 13.30 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es nach der bewegenden Stunde vor unserer heutigen Parlamentssitzung schwerfällt, zur parlamentarischen Tagesordnung überzugehen, werden wir genau dies jetzt tun. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: 14. Kinder- und Jugend-bericht – Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Dr. Kristina Schröder. Bitte, Frau Ministerin. Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In familiärer Atmosphäre darf ich Ihnen darüber berichten, dass wir heute im Kabinett die Ergebnisse des 14. Kinder- und Jugendberichtes und die Stellungnahme der Bundesregierung beraten haben. Mein herzlicher Dank geht erst einmal an die Kommission für die Ausarbeitung des Sachverständigengutachtens. Der Bericht samt Stellungnahme wird dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zur Beratung zugeleitet werden. Worum geht es in dem Bericht? Erstens. Der Bericht widmet sich ausführlich dem Verhältnis zwischen privater und öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Er unterstreicht, dass Familie natürlich der erste zentrale Ort für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist und bleibt und dass deswegen die Unterstützung der Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung so wichtig ist. Deshalb gehören hierzu Maßnahmen, die Eltern Zeit für Verantwortung geben, etwa Elterngeld und Elternzeit, aber auch familienbewusste Arbeitszeiten. Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen, heißt aber auch, dort Hilfe zu leisten, wo sie ihrer Verantwortung allein nicht gerecht werden können. Hier kommen wir zu einer Grundthese des Berichtes, die besagt: In den letzten Jahren haben wir eindeutig eine Zunahme der öffentlichen Verantwortung festzustellen, ohne – so die These des Berichts – dass deswegen die familiäre Verantwortung zurückgehen würde. Die beiden Bereiche sind also nicht wie kommunizierende Röhren zu verstehen, sondern oft befähigt erst die öffentliche Verantwortung die Eltern, der familiären Verantwortung nachkommen zu können. Besonders schön kann man das an dem Beispiel der Frühen Hilfen deutlich machen, die wir im Rahmen des Bundeskinderschutzgesetzes deutlich ausgebaut haben, durch die Eltern schon während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt durch Familienhebammen unterstützt werden. Diese Unterstützung durch Familienhebammen führt gerade dazu, dass familiäre Verantwortung auch gelebt werden kann. Zweiter Schwerpunkt des Berichtes ist die Bildung als Schlüssel für faire Chancen. Öffentliche Angebote zur frühkindlichen Bildung haben deutlich zugenommen. Der Besuch von Kitas für unter Dreijährige ist in vielen Familien eine neue Normalität. Sie wissen, dass der Bund hier seiner Verantwortung gerecht wird und für diesen Bereich bis zum Jahr 2014 insgesamt 5,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat. In diesem Zusammenhang fand ich einen Punkt sehr interessant, auch wenn er in erster Linie die Länder mit ihrer Verantwortung für die Schulpolitik betrifft, nämlich die Aussage, die im Bericht zum Thema Ganztagsangebote gemacht wird. Wir alle wissen ja, dass es ein originäres familienpolitisches Thema ist, gerade in der Grundschulzeit gute Betreuung zu haben. Hier stellt der Bericht fest, dass inzwischen immerhin die Hälfte aller Schulen in irgendeiner Form Ganztagsangebote macht und bereits ein gutes Drittel der Kinder in Deutschland an diesen Ganztagsangeboten teilnehmen. Ein dritter Eckpunkt des Berichtes ist die Bedeutung der neuen Medien. Damit widmet sich erstmals ein Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung diesem Thema. Verkürzt kann man sagen: Noch vor zehn Jahren war eindeutig das Fernsehen das Leitmedium von Kindern und Jugendlichen. Jetzt, nach zehn Jahren, ist es von Handys und von Smartphones eindeutig abgelöst, und auch das Internet ist inzwischen praktisch allen Jugendlichen zugänglich. Es ist auch nicht mehr so, dass der Zugang schichtspezifisch ist, inzwischen ist er überall verbreitet. In Bezug auf das Wie der Nutzung gibt es allerdings immer noch schichtspezifische Unterschiede. Aber eines stellt der Bericht fest: Für all die Befürchtungen, die mit der Entwicklung der neuen Medien ein-hergegangen sind – Abhängigkeit, Verrohung oder Verschuldung –, gibt es empirisch keine Anhaltspunkte. Der Bericht macht insgesamt sehr deutlich, dass sich das Leben von Kindern und Jugendlichen – er blickt ja erstmals auch auf junge Erwachsene – deutlich geändert hat. Die öffentliche Verantwortung hat deutlich zugenommen. Hier wurde auf Bedürfnisse und Wünsche von Eltern reagiert. Entsprechend kann man sagen, dass sich durch diese politischen Maßnahmen in den letzten Jahren die Chancen sehr vieler Kinder und Jugendlicher verbessert haben. Herzlichen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich bitte zunächst, Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Das Wort hat die Kollegin Katja Dörner. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Ausführungen. – Ich würde gerne wissen, was im Kinder- und Jugendbericht zum Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“ ausgeführt wird. Gedenken Sie, aus den Empfehlungen – sollte der Bericht welche enthalten – entsprechende Konsequenzen zu ziehen? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Das, worauf Sie, Frau Dörner, so nett anspielen, bestätige ich Ihnen gerne. Im Kinder- und Jugendbericht wird sich dafür ausgesprochen, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Er führt die uns wohl bekannten Argumente an – die ja auch gewichtig sind –, aber es gibt eben auch gewichtige Gegenargumente, die weiterhin die Position der Bundesregierung bestimmen. Dieser Position liegt vor allen Dingen die Überlegung zugrunde, dass die im Grundgesetz festgelegten Rechte für alle Menschen gelten. Wir sollten deshalb nicht so tun, als gäbe es eine Einschränkung für Kinder. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Marlene Rupprecht. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, im 11. Kinder- und Jugendbericht wurde erstmals die öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern deutlich angesprochen. Das war ein Novum. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war das Aufwachsen von Kindern eine private bzw. familiäre Angelegenheit; das heißt, das war in erster Linie Aufgabe der Familie, erst in zweiter Linie – bei Defiziten – wurde das Aufgabe des Staates. Im jetzt vorliegenden Bericht wird die öffentliche Verantwortung eindeutig bejaht, und zwar nicht ent- oder weder, und es geht auch nicht um eine Addition, sondern eigentlich um eine Potenzierung all der Fähigkeiten, die in der Gesellschaft vorhanden sein müssen, damit Menschen gut aufwachsen. Laut Bericht ist Voraussetzung dafür, dass eine Verschränkung stattfindet. In diesem Zusammenhang denke ich unter anderem an das Kinderschutzgesetz, bei dem es uns auf Bundesebene nicht einmal gelungen ist, die unterschiedlichen Akteure, zum Beispiel aus dem Gesundheitsbereich, so aktiv einzubinden, dass sie sagen: Ja, es ist auch ein Teil von uns. – Wenn wir das also nicht im SGB V unterbringen können, könnten wir es aber vielleicht in einem Präventionsgesetz oder wo auch immer unterbringen. Lassen Sie mich den Bereich der Inklusion ansprechen. Bei der Inklusion haben wir manchmal das Problem, dass sie nur für Kinder mit Behinderung gilt, obwohl sie eigentlich für alle gelten soll. Meine Frage ist: Wie wollen Sie eine Verschränkung gewährleisten, weg von der Versäulung, hin zu einem inklusiven Ansatz in der Kinder- und Jugendhilfe unter Einbeziehung aller Ressorts einschließlich der föderalen Strukturen und des Privatsektors? Das ist ja wirklich eine Herkulesaufgabe. Ich würde gerne wissen, welche ersten Schritte geplant sind. Das Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“ hat ja Frau Dörner eben schon angesprochen; dem schließe ich mich an. Vizepräsidentin Petra Pau: Frau Ministerin, bevor Sie antworten, mache ich vorsorglich darauf aufmerksam – das gilt für Fragende wie Antwortende bei diesem Tagesordnungspunkt –, dass wir uns auf eine Fragezeit und eine Antwortzeit von jeweils einer Minute geeinigt haben. Es gibt Unterstützung durch eine Anzeige. Das heißt, wenn das Licht rot leuchtet, ist diese Minute tatsächlich abgelaufen. Ich bitte das im weiteren Verlauf der Fragestunde zu beachten. – Bitte, Frau Ministerin. (Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Ich habe den Hinweis verstanden, Frau Präsidentin!) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Liebe Frau Kollegin Rupprecht, das, was Sie gerade skizziert haben, ist in der Tat eine große Aufgabe. Zuerst möchte ich auf Ihre Andeutungen zum Kinderschutzgesetz eingehen. Ich lege schon Wert darauf, dass gerade das Kinderschutzgesetz vor Ort für die entsprechende Zusammenarbeit sorgt. Insbesondere die Familienhebammen – das ist ja der Witz dabei – fungieren quasi als Lotse zwischen den unterschiedlichen Hilfesystemen. Wir müssen jetzt schauen, wie das in der Praxis läuft. Ich glaube aber, dass wir uns darüber einig sind, dass das an sich ein sehr guter Ansatz ist. Die Kommission beschreibt aber in der Tat verschiedene Schnittstellenproblematiken, die es auf den unterschiedlichen Ebenen nach wie vor gibt. Insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe haben wir diese Probleme. Wenn es um behinderte Kinder geht, ist es besonders problematisch, dass es hinsichtlich der Zuständigkeiten keine klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bereichen des SGB gibt. Ich nenne als Beispiel die schwierige Unterscheidung zwischen seelischer und geistiger Behinderung. Sie wissen, dass wir eine Kommission eingesetzt haben, die an der sogenannten großen Lösung arbeitet. Wir sind uns sicherlich einig, Frau Rupprecht, dass diese große Lösung richtig ist und wir an deren Umsetzung arbeiten müssen. Sie wissen aber auch, dass die Hauptkrux bei dieser großen Lösung darin besteht, dass Finanzströme auf verschiedenen Ebenen neu geordnet werden müssen. Das ist zwar schwierig, aber es ist richtig, das zu tun. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort zur nächsten Frage hat die Kollegin Diana Golze. Diana Golze (DIE LINKE): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Ministerin, der neue Kinder- und Jugendbericht kommt ja zu der Feststellung, dass es dem Sozialstaat bislang nicht gelungen ist, herkunftsbedingte Nachteile von Kindern und Jugendlichen aufzufangen bzw. abzubauen. Im Gegenteil: Es wird festgestellt, dass es eher zu einer weiteren Ungleichbehandlung von Kindern und Jugendlichen gekommen ist. Der Bericht empfiehlt, die Kinder- und Jugendhilfe zu befähigen, solche Ungleichbehandlungen abzubauen und herkunftsbedingte Nachteile zu verringern. Ich frage deshalb auch vor dem Hintergrund des jüngst beschlossenen Betreuungsgeldes, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreifen will, um dieser Empfehlung des Berichts nachzukommen und benachteiligte Kinder und Jugendliche zu fördern und ihre Chancen zu verbessern. Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Argumentation in dem Bericht ist sehr differenziert, Frau Kollegin. Man kann nicht sagen, dass der Bericht pauschal urteilt, dass es mehr Armut gibt und sich die Chancen verschlechtert haben. Ein solches Pauschalurteil wäre nicht richtig. Vielmehr stellt der Bericht fest, dass es, wenn man den relativen Einkommensbegriff, der ja auch seine Tücken hat, zugrunde legt, bei Kindern zwischen ein und zehn Jahren einen ganz leichten Rückgang der Kinderarmut gibt. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird allerdings eine leichte Erhöhung festgestellt. Insofern kann man nicht sagen, dass der Bericht pauschal sagt, dass sich die Chancen von Kindern und Jugendlichen verschlechtert haben. Sie haben dann das Betreuungsgeld angesprochen. Darüber können wir uns wahrscheinlich ewig streiten. Ich will dazu nur Folgendes sagen: Ich finde, dass das Betreuungsgeld ein weiterer Baustein ist, der belegt, dass der Staat entsprechend der Tendenz, die ich eingangs skizziert habe, umfassend dazu steht, dass auch er eine Verantwortung für ganz junge Kinder hat. Gerade weil der Staat diese Verantwortung wahrnehmen will, wollen wir allen Eltern von ein- und zweijährigen Kindern eine Wahlmöglichkeit geben, sodass sie entweder ein Sachangebot in Form eines Kitaplatzes in Anspruch nehmen oder eine Unterstützung in bar entgegennehmen können, um die Betreuung selbst zu organisieren. Gerade damit sagt der Staat indirekt: Wir fühlen uns für die Betreuung von allen ein- und zweijährigen Kindern zuständig. Das ist etwas Neues. Das gab es in Deutschland so noch nicht. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Peter Tauber hat das Wort zur nächsten Frage. Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Frau Präsidentin, Ihr wunderbarer Hinweis auf den digitalen Countdown, der sowohl für Fragen als auch Antworten gilt, führt mich zu dem Themenkomplex, zu dem ich eine Frage stellen möchte. – Frau Ministerin, der Bericht weist auf, dass es bereichsübergreifend fachliche Herausforderungen gibt. Zu diesen gehört laut dem Bericht auch die digitale Ungleichheit. Jetzt haben Sie uns in Ihren Eingangsausführungen kurz umrissen, dass die sorgenvollen Vorhersagen hinsichtlich der Digitalisierung unseres Alltags im Hinblick auf Kinder und Jugendliche zum Teil so nicht eingetreten sind. Das ist zunächst einmal eine sehr positive und schöne Nachricht. Vielleicht ist es auch so, dass der eine oder andere, der mit Kindern oder Jugendlichen arbeitet, mit der Digitalisierung noch nicht so vertraut ist und daher aus Unkenntnis so sorgenvoll argumentiert. Jedenfalls kommt der Bericht zu diesem Ergebnis. Meine Frage lautet: Welche speziellen Herausforderungen und welchen konkreten Einfluss durch die neuen Medien sehen Sie bezüglich des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen, und wo entstehen dadurch vielleicht Handlungsfelder für die Politik? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: In der Tat war mir wichtig, dass wir im Bericht bezüglich der neuen Medien nicht immer nur die Risiken betonen – dazu neigt die Politik ja gelegentlich –, sondern dass wir vor allen Dingen auch die Chancen in den Mittelpunkt stellen. Wenn man sich anschaut, welche Auswirkungen die Nutzung von neuen Medien auf Kinder und Jugendliche hat, kann man erst einmal ein positives Fazit ziehen, insbesondere hinsichtlich des Schriftverständnisses. Denn neue Medien haben dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche wieder mehr schriftlich miteinander kommunizieren. Vor 15 Jahren gab es als schriftliche Form der Kommunikation quasi nur den Brief. Dass man sich untereinander Briefe schreibt, ist auch damals relativ selten vorgekommen. Die Kommunikation via E-Mail kann von daher schriftliche Ausdrucksformen positiv trainieren, genauso auch die Kommunikation via soziale Netzwerke. Damit kommen wir jetzt aber zu der Problematik, die Sie angedeutet haben. In der Tat: Insbesondere bei der Art und Weise, wie soziale Netzwerke und auch das -Internet allgemein genutzt werden, gibt es starke schichtspezifische Unterschiede und übrigens auch starke Unterschiede zwischen Jungs und Mädels. Beispielsweise gibt es bei der Nutzung von Computerspielen einerseits einen schichtspezifischen Zusammenhang, andererseits auch einen geschlechtsspezifischen; denn sie werden vor allem von Jungen sehr stark genutzt. In diesem Bereich gibt es in der Tat Probleme. Da kann dann das Internet sogar als Verstärker von sozialen Ungleichheiten wirken. Deswegen sind wir sehr froh, dass sich der Bericht diesem Thema widmet. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Ulrich Schneider. Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, ich möchte zur eigenständigen Jugendpolitik nachfragen. Das ist ja ein Thema, das uns hier immer wieder beschäftigt und das Sie und die Bundesregierung sich auf die Fahnen geschrieben haben. Steht in dem Bericht konkret etwas zur Entwicklung der eigenständigen Jugendpolitik, und wenn ja, gibt es Ableitungen, die Sie daraus ziehen, und wenn nein, kann man vielleicht unkonkret Ideen daraus ableiten, wie man die eigenständige Jugendpolitik weiterentwickeln sollte? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Der Bericht widmet sich selbstverständlich diesem Thema. Erst einmal: In dem Bericht steht, dass der Ansatz der Bundesregierung, den Versuch zu unternehmen, gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren eine eigenständige Jugendpolitik zu entwickeln, richtig ist. In dem Bericht wird auch festgestellt, dass Jugendpolitik bisher zu oft zu problemgruppenzentriert war und genau deswegen zu sehr abgeleitet bzw. zu wenig eigenständig war. Daher wird der Prozess, den die Bundesregierung mit der Allianz für die Jugend gestartet hat, als richtig bezeichnet. Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass es vor allen Dingen darum geht, Partizipationsformen für Jugendliche zu finden. Wir arbeiten beispielsweise gerade gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammen, um solche Partizipationsmöglichkeiten zu finden und vor Ort entsprechende Handreichungen zu bieten. Wenn es um konkrete Vorhaben, zum Beispiel Bauprojekte, vor Ort geht, dann sollten die, die davon besonders betroffen sind, angemessen beteiligt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Heidrun Dittrich. Heidrun Dittrich (DIE LINKE): Frau Ministerin, vom 11. bis zum 13. Kinder- und Jugendbericht gibt es eine Debatte über die Fachlichkeit und die Personalausstattung der Jugendämter. Welche Maßnahmen konnten denn ergriffen werden, um das Personal aufzustocken? Und: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen mehr Personal und besserem Kinderschutz? Hier gibt es ja einen Zusammenhang mit dem Volksbegehren in Niedersachsen, bei dem eine dritte Erzieherin in Kindergartengruppen gefordert wird. Wenn Gruppen mit 24 Kindern eine dritte Erziehungskraft hätten oder wenn die Gruppen insgesamt kleiner wären, könnten die Kinder besser betreut werden. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den aktuellen Forderungen der Betroffenen und den Maßnahmen, die in den Kinder- und Jugendberichten angemahnt werden? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin Dittrich, Sie haben – wenn ich das jetzt richtig verstanden habe – zwei Themen angesprochen, und zwar einmal das Thema Jugendämter. In der Tat ist es in Einzelfällen natürlich eine Frage, ob die Jugendämter in den Kommunen adäquat ausgestattet sind. Allerdings ist dies in Deutschland ausgesprochen unterschiedlich. Ich würde mich vor der monokausalen Annahme hüten, eine bessere Ausstattung führe automatisch sofort zu einer besseren Arbeit der Jugendämter. Aufgrund dessen, was ich von der Arbeit der Jugendämter mitbekomme, kann ich nur sagen: Man geht dort einer sehr verantwortungsvollen und auch einer sehr schwierigen Tätigkeit nach. Wie so oft, ist es so: Wenn die Jugendämter gut funktionieren, nimmt keiner es wahr. Passieren aber Fehler, die vielleicht auch trotz wohlüberdachter Erwägungen passieren, dann werden sie schnell durch die Medien gezogen. Deswegen sollten wir, glaube ich, erst einmal Respekt vor dieser Arbeit zum Ausdruck bringen. Der zweite Themenkomplex, den Sie angesprochen haben, war die Frage: Wie sieht es mit Erziehern in Kitas aus? In der Tat gibt es auf die Frage, wie die Relation von Kindern und Erziehern sein sollte, die eindeutige Antwort, dass möglichst kleine Relationen besser für die kindliche Entwicklung sind. Deswegen arbeiten wir ja auch daran, mehr Personal für die Kitas zu finden. Aber Sie wissen auch, dass dies eindeutig eine Aufgabe der Länder und Kommunen ist. Ich habe in der Diskussion über den Ausbau der Kinderbetreuung sehr deutlich gemacht, dass ich es nicht für vertretbar halte, um den Ausbau zu schaffen, an pädagogischen Standards zu drehen; und dazu gehört ganz entscheidend die Relation von Kindern und Erziehern. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Sönke Rix hat das Wort. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Ministerin, für den Bericht. Dem Vernehmen nach wird als Schlussfolgerung im Bericht eine eigenständige Jugendpolitik gefordert und auch gesagt, es wäre schön, wenn da genauso viel Kraft hineingesteckt werden könnte wie in die Kinderpolitik, weil – so ist in dem Bericht dem Vernehmen nach gesagt worden – man da an vielen Stellen etwas erreicht hat. Sie haben davon gesprochen, dass die „Allianz für Jugend“ angestoßen worden ist. Nun ist die Legislaturperiode nicht mehr so lang. Meine Frage ist: Gibt es ein oder zwei konkrete inhaltliche Fragestellungen in der Jugendpolitik als Schlussfolgerungen aus dem Bericht, die Sie aufgreifen könnten, um daraus noch etwas zu machen? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wenn Sie nach konkreten jugendpolitischen Schlussfolgerungen fragen, so möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass ich eine bereits genannt habe. Das ist das Thema „Partizipation von Jugendlichen“. Ich halte dies für ein sehr entscheidendes Thema, zum einen, um unsere Umwelt so zu gestalten, wie es den Bedürfnissen entspricht, zum anderen, weil dies auch etwas mit Demokratielernen zu tun hat. Das Zweite ist: Der Bericht widmet sich auch ausführlich der Frage, wie die Programme im Zuge der Initiative JUGEND STÄRKEN, die wir entwickelt haben, wirken und funktionieren. Er kommt zu dem Schluss, dass es richtig ist, dass wir so zielgenau gerade da ansetzen, wo beispielsweise Schulabschlüsse versäumt worden sind oder wo besondere Hemmnisse bei der Integration in den Arbeitsmarkt bestehen. Deshalb ist für mich die Schlussfolgerung, hier mit den Programmen im Zuge der Initiative JUGEND STÄRKEN – auch in Ergänzung zu den Programmen des BMAS – einen eigenen Schwerpunkt zu setzen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Ewa Klamt. Ewa Klamt (CDU/CSU): Vielen Dank. – Frau Ministerin, wir alle wissen, dass Eltern ab dem 1. August 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz haben. Wie schätzt die Kommission den Stand zum Ausbau der Tagesbetreuung für unter Dreijährige ein? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Kommission stellt erst einmal fest, was alles auf den einzelnen Ebenen passiert ist. Die Kommission sagt auch, der Rechtsanspruch kann erfüllt werden, wenn sich alle Ebenen an ihre Zusagen halten. Genau hier ist die große Herausforderung, über die wir ja heute Morgen schon im Familienausschuss gesprochen haben. Der Bund hat seine Zusagen eindeutig auf Heller und Cent erfüllt. Ich habe auch noch nie gehört, dass dies be-stritten wurde. Wir haben ja jetzt noch einmal 580 Millionen Euro draufgelegt, um die zusätzlich benötigten 30 000 Krippenplätze zu finanzieren. Die Aufgabe der Länder ist zum einen, das Geld des Bundes weiterzuleiten, also dafür zu sorgen, dass es dort ankommt, wo es gebraucht wird; das gilt insbesondere für die Mittel für die Betriebskosten. Zum Zweiten ist es die Aufgabe der Länder, eigenes Geld dazuzugeben. Drittens und vor allen Dingen ist es die Aufgabe der Länder, für Personal zu sorgen. Sie wissen ja alle: Die Frage des Personals ist vor Ort oft schwieriger zu beantworten als die Frage der Finanzen. Für Personal zu sorgen, ist eindeutig Aufgabe der Länder und Kommunen. Nur ein Hinweis, wie man dieses Problem zumindest schnell angehen könnte: 60 Prozent der Erzieher in Kitas arbeiten Teilzeit. Mit Sicherheit gibt es darunter einen großen Teil, der sagt: Wir würden gerne mehr arbeiten. – Auf diese Weise könnten sehr schnell zusätzliche Fachkräfte rekrutiert werden. Nichtsdestotrotz muss auch die Ausbildung neuer Fachkräfte mit Volldampf betrieben werden. Seit 2007 war eigentlich klar, dass wir hier einen entsprechenden Nachholbedarf haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Ekin Deligöz. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, gerade der Kinder- und Jugendbericht lebt ja davon, dass viel über ihn diskutiert wird, um Sensibilität zu schaffen. Zu einer guten Diskussionskultur gehört auch, dass alle, die über ein Thema diskutieren, den gleichen Wissensstand haben. Wann haben Sie vor, diesen Bericht uns, dem Parlament und der Öffentlichkeit zukommen zu lassen, damit nicht Sie allein die Wissensherrschaft darüber haben? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Umgehend. Wir haben ihn heute Morgen im Kabinett verabschiedet. Auch Sie wissen: Es ist schwierig, einen Bericht, bevor man ihn im Kabinett verabschiedet hat, an das Parlament weiterzuleiten. Das ist so nicht üblich. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!) Deswegen: Sie können ihn umgehend erhalten. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben ihn denn dann die Kollegen von der Regierung? – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Ich habe ihn nicht! Sie sollten nicht so ein dummes Zeug behaupten, wenn Sie es nicht beweisen können!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Katja Dörner. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Ich würde gerne wissen, welche Rolle im Bericht Beschwerde- und Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen spielen, insbesondere vor dem Hintergrund der Empfehlungen der runden Tische. Ganz konkret würde ich gerne etwas zum Thema Ombudschaft hören. Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es war in der Tat eines der bedeutenden Ergebnisse des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“, dass wir festgelegt haben – wir haben uns dazu ja auch eigene Richtlinien gegeben –, dass es in Einrichtungen, in denen ein besonderes Verhältnis der Nähe zwischen Kindern und Erziehern gegeben ist, in denen zum Beispiel übernachtet wird oder in denen Freizeiten unternommen werden – es geht hier also wirklich um das ganze Spek-trum vom Sportverein bis hin zu den institutionellen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe –, Möglich-keiten geben muss, sich an externe und interne Ansprechpartner zu wenden. Der Bericht widmet sich auch diesen Ergebnissen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man eine allgemeingültige Antwort auf die Frage geben kann, ob der Ansprechpartner besser immer ein externer oder besser immer ein interner sein sollte. Ich glaube, dass die Antwort auf diese Frage insbesondere von der Form der Institution abhängig ist. Ich glaube aber auch, dass eines klar sein muss: In jeder Einrichtung, in jedem Sportverein, in jeder Schule, auch in Krankenhäusern muss klar geregelt sein, wie man sich im Falle von Hinweisen auf sexuellen Missbrauch zu verhalten hat. So wie in jeder Schule klar ist, wie man sich verhält, wenn es brennt, muss auch in einem solchen Fall klar sein, an wen man sich wendet. Ob dafür ein externer Ansprechpartner in der Kommune, ein Ombudsmann/eine Ombudsfrau, oder jemand in der Einrichtung besser geeignet ist, muss, glaube ich, ganz konkret vor Ort entschieden werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Peter Tauber. Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Da ich den Bericht noch nicht vorliegen habe, auch wenn die Kollegin von den Grünen das mutmaßt, habe ich eine Frage, die ich nicht stellen müsste, wenn ich ihn schon gelesen hätte. Ihr Zwischenruf, Frau Kollegin, zeigt übrigens, was für ein Verständnis von Regierungshandeln Sie haben und wie Sie das Verhältnis zwischen der Regierung und den die Regierung tragenden Fraktionen beurteilen. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Befragung richtet sich an die Ministerin, nicht an mich!) Das lässt tief blicken, wie Sie das handhaben würden; das ist sehr interessant, aber gar nicht meine Frage. Meine Frage kann die Ministerin vielleicht mit einem kurzen Ja oder Nein beantworten. Sie haben schon sehr ausführlich darüber gesprochen, dass die Bundesregierung mit großem Selbstbewusstsein vorträgt, dass der Bund seine Verpflichtungen im Bereich des Krippenausbaus erfüllt hat. Kommen die Sachverständigen in dem Bericht zu einem ähnlichen Ergebnis, oder weicht das von Ihrer Einschätzung ab? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es bestreitet eigentlich niemand, dass die Bundesregierung die Zusagen, die sie 2007 gegeben hat, auf Heller und Cent einhält. 2007 ist ein Bedarf von 750 000 Plätzen prognostiziert worden. Diese Zahl musste auf 780 000 Plätze korrigiert werden. Deswegen legt der Bund noch einmal 580 Millionen Euro und Betriebskosten oben drauf. Das entspricht genau dem, was wir 2007 zugesagt haben. Nichtsdestotrotz ist das – darauf wird in dem Bericht verwiesen – eine riesige Kraftanstrengung. Auch deswegen lehnen wir uns nicht zurück, sondern haben beim Thema Tagesmütter und Tagesväter, beim Thema Betriebskitas, beim Thema zusätzliche zinsgünstige Kredite für die Kommunen über das, was wir zugesagt hatten, hinaus an Angeboten noch einmal deutlich nachgelegt. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Dittrich. Heidrun Dittrich (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Ministerin! Vor nicht ganz einer Stunde ging die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus, des Faschismus in Deutschland zu Ende. Frau Inge Deutschkron, eine Überlebende, hat gesagt, sie hat daraus gelernt, nach dem Motto „Wehr dich!“ zu leben. Wir als Linke sind für eine wehrhafte Demokratie. Was haben Sie für Konsequenzen gezogen aus dem Skandal des Nationalsozialistischen Untergrundes? Könnte eine Konsequenz daraus sein, Projekte gegen Rechtsextremismus dauerhaft zu finanzieren und Antifaschisten nicht zu kriminalisieren? Tim Herudek sind im Zusammenhang mit der antifaschistischen Demonstration „Dresden Nazifrei“ 2011, durch die wir die Nazis daran gehindert haben, in Dresden zu marschieren – ich selbst war auch bei dieser Demonstration dabei –, 22 Monate Haft angedroht worden. Projekte gegen Rechtsextremismus dauerhaft finanzieren und Antifaschisten nicht kriminalisieren, wäre das nicht der richtige Weg, den Ausstieg aus dem Rechtsextremismus in den Köpfen der Jugendlichen zu verankern und auch zu sagen: „Man wehrt sich“? (Manfred Grund [CDU/CSU]: So einfach ist es nicht!) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, diese Bundesregierung gibt so viele Mittel im Kampf gegen Extremismus aus wie keine Bundesregierung zuvor: 29 Millionen Euro, davon 24 Millionen Euro für den Kampf gegen Rechtsextremismus und – diese Programme habe ich neu geschaffen – 5 Millionen Euro für den Kampf gegen Linksextremismus und Islamismus. Diese Bundesregierung ist nämlich der Auffassung, dass es keinen „guten“ Extremismus gibt, sondern dass alle Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekämpft werden müssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dennoch bestreitet kein vernünftiger Mensch, dass die besondere Herausforderung in der Bekämpfung des Rechtsextremismus liegt. Deswegen ist vollkommen klar, dass die Mittel, die wir in dieser Legislaturperiode bereitgestellt haben, erneut unverändert bereitgestellt werden sollen, damit diese Programme fortgesetzt werden – wie sie in den vergangenen Jahren immer fortgesetzt wurden. Insofern ist sämtliche – teilweise bewusste – Verunsicherung von jungen Leuten, die sich für unsere Demokratie einsetzen, verantwortungslos. Hier wird aus parteipolitischem Kalkül versucht, die jungen Leute, die ihr Engagement einbringen, zu verunsichern. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Rupprecht. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Steht in dem Kinder- und Jugendbericht auch etwas über die Weiterentwicklung der Qualität im Bereich Kinder- und Jugendhilfe? Wie wollen Sie die Qualität weiterentwickeln? In diesem Bericht wird wahrscheinlich vieles Tolles stehen. Am Ende der Periode müssen wir aber fragen: Wie schaffen wir es, all das auch in die Breite zu bringen? Planen Sie eine Konferenz, oder sollen aus diesem Bericht Anträge für das Parlament abgeleitet werden, -damit die Mittel auch wirklich da ankommen, wo sie -gebraucht werden? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, der Bericht widmet sich der Frage der Qualität sehr ausführlich. Er macht deutlich, wie wichtig Qualität in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Kinderbetreuung, aber auch bei den Hilfen zur Erziehung ist. Wie Sie aber wissen, ist dieser Bereich vor allen Dingen eine kommunale Aufgabe und eine Landesaufgabe. Wenn – das tun wir ja – in der Familienpolitik darüber diskutiert wird, wie der Bund die Länder und die Kommunen dabei unterstützen kann – wenn man es überhaupt macht; das ist ja eine spannende Frage –, muss, denke ich, eines klar sein: Das geht nur, wenn der Bund in diesem Bereich auch zusätzliche Kompetenzen erhält. Es kann sicherlich nicht so funktionieren, dass, wie das beim Kitaausbau gerade gemacht wird, der Bund die Mittel zur Verfügung stellt – via Umsatzsteuerpunkte –, aber nicht einmal weiß, ob das Geld bei den Kommunen vor Ort ankommt. Ich glaube, wir sind uns hier auch einig, dass das ein etwas prekäres Konstrukt ist. Zu der Frage, wie wir über diesen Kinder- und -Jugendbericht diskutieren: Er wird jetzt sofort an den Bundestag weitergeleitet. Ich gehe davon aus, dass wir im Bundestag eine große Debatte dazu führen werden, und ich gehe auch davon aus, dass wir auf öffentlichen Konferenzen mit den Wissenschaftlern, die sich dazu bereit erklärt haben, breit über diese Thesen diskutieren werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Florian Bernschneider stellt die nächste Frage. Florian Bernschneider (FDP): Frau Präsidentin, vielen Dank. – Die eigenständige Jugendpolitik ist jetzt mehrfach angesprochen worden. Den Weg des Bundes haben Sie skizziert; aber ich glaube, wir alle wissen, dass es notwendig ist, dass nicht nur der Bund hier Initiativen ergreift, sondern auch die Bundesländer. Können Sie vielleicht Ihren Eindruck schildern, welche Bundesländer schon damit angefangen haben, sich auf den Weg einer eigenständigen Jugendpolitik zu -machen, oder wie sie den Bund unterstützen? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Bundesländer sind in unseren Prozess zur Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik eingebunden. Sie tun das in den meisten Fällen auch mit viel -Engagement. Ich erlebe immer wieder in der Jugendpolitik, dass man oft schnell abgleitet und es dann quasi um konkrete Felder geht, zum Beispiel um die Jugendfreiwilligendienste, die – darin sind wir uns einig – natürlich ein wichtiger Bestandteil der Jugendpolitik sind; aber ich denke, wir sollten uns erst einmal darauf konzentrieren, eine übergreifende Leitidee zu entwickeln – das ist ja auch die Aufgabe der eigenständigen Jugendpolitik –, um daraus dann die anderen Maßnahmen abzuleiten. Vizepräsidentin Petra Pau: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir die Zeit für die Regierungsbefragung schon ausgeschöpft haben. Da es offensichtlich ein großes Interesse an diesem Thema gibt, lasse ich die drei weiteren mir angezeigten Wortmeldungen noch zu; wir kürzen dann die folgende Fragestunde um die entsprechende Zeit. Das Wort hat der Kollege Sönke Rix. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank. – Ich habe eine Nachfrage zu dem, was Frau Dittrich gefragt hat. Es geht um die Programme gegen Rechtsextremismus. Sie können sich das vielleicht denken. Wenn es doch gar kein Problem ist, dass im -Anschluss finanziert wird: Warum beschließen wir hier dann nicht einen entsprechenden Antrag, und warum -bewilligt der Haushaltsausschuss das nicht? (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Kollege Rix, es ging im Haushaltsausschuss doch nur um die Verpflichtungsermächtigungen. Ich glaube, Ihnen ist bewusst, dass Verpflichtungsermächtigungen haushaltsrechtlich immer auch eine gewisse heikle Sache sind, weil der Bund dadurch ja eine Bindung eingeht, (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das soll er doch auch!) wofür der Haushaltsausschuss eigentlich gar nicht -zuständig ist. Dennoch waren wir bereit, Verpflichtungsermächtigungen in deutlich höherem Maße einzustellen. Die Haushälter der Opposition waren hier aber leider nicht bereit, diesen gemeinsamen Weg mitzutragen. Vollkommen klar ist: Die Mittel werden in meinem Haushaltsentwurf, den ich Ihnen auch bald vorlegen werde – insofern können Sie das dann direkt nachprüfen –, wieder genau so auftauchen. Die Befürchtung, dass es hier über den Jahreswechsel irgendwelche Brüche geben könnte, halten wir für vollkommen unbegründet. Es ist im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung möglich, diese Mittel so auszugestalten, wie sie ausgestaltet werden müssen, um dann mit dem neuen Haushalt wieder auf gesicherter Basis agieren zu können. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Golze. Diana Golze (DIE LINKE): Vielen Dank. – Frau Ministerin, ich möchte noch einmal ganz kurz auf das bereits angesprochene Thema Qualitätssicherung zurückkommen. Schon im 11. Kinder- und Jugendbericht und auch in diesem wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass es zu einer gemeinsamen und fairen Verständigung zwischen Bund, Ländern und Kommunen darauf kommt, nach welchen qualitativen Standards Kinder- und Jugendhilfe erfolgen soll. Mir ist die Antwort „Wir werden dazu Konferenzen durchführen und uns mit den Wissenschaftlern verständigen“ etwas zu wenig. Ist denn geplant, sich mit den Ländern und den Kommunen gemeinsam an einen Tisch zu setzen, gemeinsame Qualitätsstandards zu vereinbaren und dann auch darüber zu sprechen, wie diese finanziell unterlegt werden? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Golze, Sie wissen ja, wie das läuft. Sobald es eine gemeinsame Vereinbarung über Qualitätsstandards gibt, wird erwartet, dass der Bund dafür die volle Finanzierung übernimmt. Dazu habe ich gesagt: Darüber kann man in einzelnen Bereichen reden; aber dann stellt sich schon die Frage, wie es mit den damit verbundenen Kompetenzen aussieht. Insofern: Ja, natürlich müssen wir uns diesem Thema widmen. Aber wir können den Ländern und den Kommunen nicht einfach Kompetenzen abnehmen, deren Verteilung zum Beispiel im Rahmen der Festlegungen der Föderalismuskommission, die von uns allen oder zumindest – ich weiß nicht, ob auch Ihre Fraktion zugestimmt hat – von einer sehr breiten Mehrheit dieses Hauses getragen wurden, noch einmal eindeutig bestätigt wurde. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Frage stellt der Kollege Pols. Eckhard Pols (CDU/CSU): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, wir alle wissen, dass Sprache das A und O ist, um in einer Gesellschaft anzukommen und in einer Gesellschaft sein Leben zu führen. Nun gibt es das Programm „Frühe Chancen“, etwa zur Förderung von Schwerpunktkitas. Haben Sie eine Erhebung darüber, wie dieses Programm von den einzelnen Kommunen bzw. Kitas angenommen wird? Gibt es genug Kräfte, die Sie dort einsetzen können? Können Sie uns dazu Zahlen geben? Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Angenommen wird dieses Programm ganz hervorragend, was man schon daran sieht, dass die Zahl der Bewerbungen von Kitas deutlich höher war als die Zahl -derer, die wir dann tatsächlich unterstützen konnten. Dennoch sind 4 000 Kitas eine ganze Menge. Das bedeutet, dass zum Beispiel in einem Stadtteil wie Neukölln 19 Kitas mit einer Halbtagskraft unterstützt werden. Das geht deutlich über das, was der Bund bisher an Modellprojekten initiiert hat, hinaus. Wir bieten substanziell vor Ort eine Möglichkeit zur besseren Unterstützung von Kindern. Wir sind dabei, das Programm zu evaluieren. Die Evaluation ist aber noch nicht abgeschlossen. Aber bei dem, was sich bisher schon zeigt, wenn man sich das Einzugsgebiet und die Sozialstruktur der Kitas anschaut, kann man, glaube ich, schon sagen: Die Kräfte sind -vernünftig eingesetzt. Wir haben zwei Schwerpunkte gewählt: erstens Kitas mit einem besonders hohen Anteil von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund und zweitens Kitas mit einem besonders hohen Anteil von Kindern aus bildungsfernen Schichten. Das haben wir über die SGB-II-Quote operationalisiert. Das ist natürlich ein Hilfsindikator; aber ich glaube, dieser Indikator ist hier schon ganz vernünftig. Angesichts der Breitenwirkung des Programms sehen wir, dass diese zwei Schwerpunkte treffsicher gewählt sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. – Ich beende die Befragung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/12162 – Ich rufe die mündlichen Fragen auf Drucksache 17/12162 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke zur Verfügung. Die Fragen 1 und 2 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter sowie die Fragen 3 und 4 des Kollegen Gustav Herzog sollen schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zur Frage 5 der Kollegin Cornelia Behm: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur sogenannten Wannsee-Route, und welche Auswirkungen hat diese Entscheidung aus Sicht der Bundesregierung auf die anderen bereits festgelegten An- und Abflugverfahren? Bitte, Herr Staatssekretär. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin! Frau Kollegin Behm, die Antwort der Bundesregierung auf Ihre Frage lautet: Vorbehaltlich einer Prüfung der schriftlichen Begründung gibt das Urteil aus Sicht der Bundesregierung vorerst keinen Anlass zu Konsequenzen. Auswirkungen auf die anderen bereits festgelegten An- und Abflugverfahren sind zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nicht erkennbar. Gegenstand des Gerichtsverfahrens war eine Teilstrecke des Systems der An- und Abflugverfahren für den künftigen Flughafen Berlin Brandenburg International, die sogenannte Wannsee-Route. Bei der Festlegung -dieser Route ist nach Auffassung des Gerichts das Risiko eines Flugunfalls und eines terroristischen Anschlags auf den Luftverkehr mit Blick auf das Gelände, auf dem sich der Forschungsreaktor BER II befindet, nicht hinreichend in den Blick genommen worden. Das Gericht hat sich in seiner mündlichen Urteils-begründung nicht zu der Frage geäußert, welche Risiken nach seiner Auffassung bestünden und wie diese einzuschätzen seien. Auch zu den Lärmauswirkungen des Flugverfahrens hat sich das Gericht ausdrücklich nicht geäußert. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Seit Jahr und Tag stelle ich, Herr Staatssekretär, hier im Deutschen Bundestag Fragen nach Planung, Bau und Betrieb des Hauptstadtflughafens. Sie und Ihre Kollegen haben es immer fein verstanden, auf die Verantwortlichkeit der Planungsbehörde in Brandenburg zu verweisen und haben jede Verantwortung des Bundes immer weit von sich gewiesen. Jetzt ist der Bund aber nun einmal gefragt. In dem Zusammenhang, den wir gerade erörtert haben, frage ich Sie, ob denn das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen wird und wie der zuständige Minister, Herr Ramsauer, in diese Entscheidung eingebunden werden wird. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin, ich möchte Ihrem Eindruck und dem Vorwurf ausdrücklich widersprechen, dass wir dem Land Brandenburg in irgendeiner Art und Weise Verantwortung zuschieben würden, die das Land Brandenburg nicht hat. Es gibt eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten. Das Land Brandenburg ist im Planfeststellungsverfahren die Planfeststellungsbehörde für den Bau des Flug-hafens. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist zuständig für den Erlass der Durchführungsverordnung, nach der die Flugrouten am neuen Flughafen Berlin geflogen werden sollen. Wenn diese Verordnung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil für rechtswidrig erklärt wird, dann wird im Lichte der Urteilsbegründung, die uns noch nicht vorliegt, zu entscheiden sein, ob wir den Weg nach Leipzig zum Bundesverwaltungsgericht gehen. Ich muss Sie hier um Geduld bitten. Wir warten auf die schriftliche Urteilsbegründung. Wenn uns diese vorliegt, werden wir sie sehr gründlich analysieren und dann darüber entscheiden, ob eine Revision sinnvoll ist oder nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin weit davon entfernt, das Land Brandenburg zulasten des Bundes von der Verantwortung zu entbinden. Insofern, denke ich, ist das Nachbohren in Richtung Bund durchaus gerechtfertigt. Ich möchte gerne Folgendes wissen: Gab es – vieles spricht dafür – aus Ihrer Sicht im Vorfeld der Festlegung auf die Flugroute über dem Forschungsreaktor in Wannsee Hinweise darauf, dass die Flugroute vor Gericht keinen Bestand haben würde? Es waren ja auch andere Bundeseinrichtungen mit der Bewertung befasst und haben Stellungnahmen abgegeben. Wenn ja: Wie wurde in Ihrem Hause damit umgegangen? Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Das Verfahren der Flugroutenplanung ist Ihnen ja gut bekannt. Die Planung an sich wird durch die Deutsche Flugsicherung vorgenommen. Die Deutsche Flugsicherung legt ihren Vorschlag für Flugrouten dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung vor. Dieses erlässt dann eine Verordnung, auf deren Grundlage diese Flugrouten geflogen werden können. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist eine unabhängige Behörde. Es ist nicht so, dass wir in irgendeiner Art und Weise politisch Einfluss darauf nehmen, wie Flugrouten geplant werden, sondern dies unterliegt ausschließlich der Zuständigkeit der Fachplaner bei der Deutschen Flugsicherung und beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Es gibt keinen politischen Einfluss auf die Planung von Flugrouten. Wie Sie wissen, kann eine solche Verordnung nur im Benehmen mit dem Umweltbundesamt erlassen werden. Ich nehme an, das meinten Sie mit der Bemerkung, auch andere Bundesbehörden seien beteiligt. Das Umweltbundesamt hat dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zu keinem Zeitpunkt signalisiert, dass aus seiner Sicht mögliche Gefahren von dem Atomreaktor ausgingen und es deshalb in eine Abwägung zur Festlegung dieser Flugrouten einbezogen werden müsse. Dazu haben wir keine Anhaltspunkte gehabt. Die Deutsche Flugsicherung geht auch davon aus, dass ihr Vorschlag bezüglich der Flugrouten korrekt abgewogen worden ist. Aber wir werden sehen, was die schriftliche Urteilsbegründung uns dazu an Hausaufgaben aufgibt. Wir werden das sehr gründlich prüfen und dann darüber entscheiden, ob Revision eingelegt wird oder nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Ott das Wort. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Mücke, vielen Dank. Der geplante Flughafen Berlin Brandenburg Inter-national droht ja nun zu einem der größten Planungs-desaster der Bundesrepublik zu werden, vielleicht neben Kalkar. Die anscheinend unüberlegte Planung der Flugrouten, bei der man einen Atomreaktor übersehen hat, der mitten in dieser Flugroute liegt und dessen radioaktives Material beim Absturz eines Flugzeuges freigelegt werden würde, verstärkt diesen Eindruck noch ein wenig. Hat der Minister nach dieser Zurückweisung durch das Gericht jetzt auch die Planung der Flugrouten zur Chefsache gemacht? Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Nein, das ist nicht seine Aufgabe. Es ist die Aufgabe des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, eine solche Bewertung vorzunehmen. Ich habe vorhin schon gesagt, dass wir keinerlei politischen Einfluss darauf nehmen, wie Flugrouten festgelegt werden. Das fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung. Deshalb bleibt es, wie es im Übrigen schon bei der Planung selbst der Fall war, dabei, dass wir vonseiten des Ministeriums keinen politischen Druck ausüben oder irgendwelche politischen Entscheidungen treffen; das ist ausschließlich Aufgabe der Fachplaner und des Bundesaufsichtsamts. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir sind damit schon am Ende dieses Geschäfts-bereichs. Die Fragen 6 und 7 des Kollegen Uwe Beckmeyer und die Frage 8 der Kollegin Waltraud Wolff werden schriftlich beantwortet. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Frage 9 der Kollegin Veronika Bellmann wird schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zur Frage 10 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl: Ist das zusätzliche Nachwärmeabfuhr- und Einspeisesystem, ZUNA, im Atomkraftwerk Gundremmingen unter den für Auslegungsstörfälle geltenden Analyserandbedingungen (zum Beispiel Einzelfehlerkonzept) zur Beherrschung von Auslegungsstörfällen erforderlich, und, falls ja, bei welchen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Das zusätzliche Nachwärmeabfuhr- und Einspeisesystem, kurz ZUNA, ist nach probabilistischen Analysen zur Verbesserung der Beherrschung von transienten Störungen und Störfällen bei gleichzeitigem Ausfall der drei Nachkühlketten vorgesehen. Das ZUNA ist zur Beherrschung von Auslegungsstörfällen, also den Ereignissen der sogenannten Sicherheitsebene 3, nicht erforderlich. Mit dem neuen Regelwerk, den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, wurden im Übrigen die äußeren Einwirkungen, zu denen unter anderem Erdbeben zählen, aus der Hierarchie der Sicherheitsebenen herausgelöst. Sie werden nicht mehr direkt der Sicherheits-ebene 3 und damit den Auslegungsstörfällen zugeordnet. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie mir antworten, es sei nicht erforderlich, dann ist meine erste Nachfrage: Warum wurde das -installiert? Sie haben zwar den Zweck erklärt, aber wofür genau wird das gebraucht? Der Hintergrund ist: Wenn eine Nachrüstung erfolgt, geht man im Allgemeinen zu Recht davon aus, dass die bisher vorhandenen Systeme qualitativ oder quantitativ Defizite aufweisen. Das ist der Normalfall, wenn nachgerüstet wird. Die Nachrüstung stammt aus den 90er-Jahren. Insofern ist für mich noch die Frage offen, wozu man das gebraucht hat. Wenn es für diese Sicherheitsfragen nicht notwendig ist, frage ich mich, wofür man es sonst gebraucht hat. Denn wir alle wissen, dass Betreiber nicht investieren, wenn es nicht irgendeine Notwendigkeit dafür gibt. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich hatte gesagt, dass es drei Nachkühlketten gibt. Es ist so, dass zwei der drei Nachkühlketten des Sicherheitssystems gegen das sogenannte Bemessungserdbeben ausgelegt sind. Mit dem ZUNA steht ein weiteres gegen das Bemessungserdbeben ausgelegtes System zur Nachwärmeabfuhr zur Verfügung. Für das Schutzkonzept bezüglich Erdbeben ist gefordert, dass alle Sicherheitseinrichtungen so auszulegen sind und sich auch dauerhaft in einem solchen Zustand befinden müssen, dass ihre sicherheitstechnischen Aufgaben auch bei Erdbeben zu erfüllen sind. Eine der drei Nachkühlketten in Gundremmingen erfüllt diese Anforderung nicht. Allerdings verfügt Gundremmingen – im Gegensatz zu den anderen deutschen Kernkraftwerken mit vier Redundanzen zu jeweils 50 Prozent Leistung – über drei Redundanzen mit jeweils 100 Prozent Leistung. Das macht es in diesem Fall auch möglich, dieses Kraftwerk so weiterzuführen. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut, das erklärt einiges. – Dann habe ich noch eine Frage. Sie sind in Ihrer Antwort schon auf die Technik eingegangen. Falls Sie die Frage, die ich jetzt stelle, nicht beantworten können, wäre ich auch mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden. Welche -wesentlichen technischen Unterschiede bestehen hinsichtlich Funktionsumfang und Qualitätsanforderungen zwischen den eigentlichen Notkühlsystemen und der Nachrüstung ZUNA? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich mache folgenden Vorschlag: Ich könnte Ihre Frage jetzt beantworten. Aber das würde definitiv länger als eine Minute dauern. Ich werde Ihnen daher das, was mir jetzt hier vorliegt, inklusive der technischen Details schriftlich zukommen lassen. Das ist vielleicht angemessen und dann auch besser nachzuvollziehen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit bin ich einverstanden!) Vizepräsidentin Petra Pau: Wenn Sie einverstanden sind, dann ist das so verabredet. Wir kommen zur Frage 11 des Kollegen Gerd Bollmann: Wie schätzt die Bundesregierung die Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, insbesondere bezüglich der Zulassung bzw. des Verbotes von gewerblichen Sammlungen, ein? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, meine Antwort ist zweigeteilt, zum einen zur Rechtslage und zum anderen zu der derzeitigen Vollzugssituation. Zunächst zur Rechtslage. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist mit Wirkung vom 31. Mai 2012 außer Kraft getreten. Es gilt das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht nun in § 18 keine Zulassung von gewerblichen Sammlungen, sondern lediglich ein Anzeigeverfahren vor. Im Rahmen dieses Verfahrens können die zuständigen Länderbehörden auf Basis der Anzeige des Sammlers und der beigefügten Unterlagen prüfen, ob die angezeigte Sammlung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 muss zunächst generell sichergestellt sein, dass die gesammelten Abfälle einer hochwertigen und ordnungsgemäßen sowie schadlosen Verwertung zugeführt werden. Soweit es sich um gewerbliche Sammlungen handelt, ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zusätzlich zu prüfen, ob überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung entgegenstehen. Zu diesen öffentlichen Interessen gehört insbesondere die sogenannte Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Über diese Voraussetzung hat die Behörde auf Basis einer Stellungnahme des betreffenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu entscheiden, die im Anzeigeverfahren nach § 18 einzuholen ist. Wie sieht der derzeitige Vollzug aus? Die Bundes-regierung steht hinsichtlich der Umsetzung der Regelungen zur gewerblichen und gemeinnützigen Sammlung in einem engen Informationsaustausch mit den Ländern, den Kommunen und auch mit der privaten Entsorgungswirtschaft. Es liegen noch nicht für alle Länder Zahlen vor. Zudem sind die eingehenden Daten der Länder laufend zu aktualisieren. Der gegenwärtige Trend zeigt jedoch, dass einem hohen Aufkommen an Anzeigen nur sehr wenige Anordnungen gegenüberstehen. In Baden-Württemberg wurden etwa 1 000 gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen angezeigt. Bislang sind jedoch nur 50 Anordnungen erlassen worden, die teilweise auf die Vervollständigung der Anzeigenunterlagen abzielen. Eine Vielzahl der Anzeigen befindet sich noch in behördlicher Prüfung. Wir meinen jedoch, dass die Sammlung hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Unternehmen, die ihre Sammlung erst nach Inkrafttreten des Gesetzes etabliert haben, dürfen die Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 ohne weitere Bestätigung der Behörde drei Monate nach Abgabe der Anzeige aufnehmen. Sogenannte Altsammler unterliegen dieser Wartefrist von vornherein nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, ist die Bundesregierung der Auffassung, dass gewerbliche Sammlungen in großer Anzahl zu Unrecht verboten werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben darüber noch kein konkretes Bild. Wir hören von Beschwerden. Allerdings sind diese uns gegenüber noch nicht dokumentiert. Deshalb wollen wir gemäß der Protokollnotiz, in der sich die Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat verpflichtet, binnen eines Jahres eine Evaluierung durchzuführen, bis März Daten sammeln, diese intensiv auswerten und dann Schlüsse ziehen. Insofern können wir, was Sie gerade vorbringen respektive was wir nur vom Hörensagen kennen, nicht bestätigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage, bitte. Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, ist die Bundesregierung der Meinung, dass durch die Anwendung der §§ 17 und 18 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Gefährdung der Versorgung von Recyclingbetrieben mit Abfallmaterial entsteht? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, dieser Auffassung sind wir nicht. Noch einmal: Wir prüfen laufend eingehende Daten und können nach einem Jahr sicher in den Evaluierungsprozess gehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Gerd Bollmann auf: Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es für die Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Bereich der Zulassung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen einer bundeseinheitlichen Durchführungsverordnung bedarf, und, wenn ja, wann kommt diese? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, die Bundesregierung hat sich im Nachgang – ich komme auf das zurück, was ich gerade gesagt habe – gegenüber dem Bundesrat in einer Protokollerklärung zu Folgendem verpflichtet – ich zitiere –: Die getroffenen Regelungen zur gewerblichen Sammlung bezwecken die EU-rechtlich gebotene Stärkung des Wettbewerbs und eine Verbesserung der Qualität und Quantität des Recyclings. Die Bundesregierung wird binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Regelung prüfen, ob diese Zielstellung erreicht worden ist. Ist dies nicht der Fall, werden unverzüglich die gesetzlichen Maßnahmen zur Zielerreichung eingeleitet. Um ein möglichst genaues Bild für eine sorgfältige Prüfung zu bekommen, sind wir mit den zuständigen Ländern und den beteiligten Kreisen in einem regen Austausch. Bis zum 1. März gilt es uns mitzuteilen, welche Beobachtungen gemacht worden sind. Es wurden zum einen die Neuregelung der gewerblichen Sammlung und die damit intendierten Ziele, also die Stärkung des Wettbewerbs und die Verbesserung der Qualität und der Quantität des Recyclings, abgefragt. Zum anderen geht es darum, ob bei der Anwendung der neuen Regeln Probleme erkannt worden sind. Über den Gegenstand der Protokollerklärung hinaus ist auch nach einer Einschätzung der Situation bei den gemeinnützigen Sammlungen gefragt worden. Erst nach der Auswertung der bis zum 1. März erbetenen Stellungnahmen kann entschieden werden, ob überhaupt und gegebenenfalls welche Regelungen anzupassen oder zu ändern sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Gerd Bollmann (SPD): Ich habe nur noch eine Zusatzfrage. Sind auch Sie der Meinung, dass es wahrscheinlich bundeseinheitlicher Durchführungsbestimmungen bedarf? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein. Das lässt sich an dieser Stelle so nicht sagen. Uns sind Verstöße im Rahmen des Ländervollzugs nicht bekannt. Es bestehen Klagemöglichkeiten und die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Im Übrigen liegen drei Gerichtsurteile vor. Wir haben auch keine Anhaltspunkte dafür – das bezieht sich jetzt auf eine Anfrage der Linken –, dass die berufliche Existenz von Kleinstsammlern gefährdet sein könnte. Bevor wir nicht eine umfassende Lagebeschreibung haben, ist es zu früh, zu Änderungen einzelner Paragrafen oder ergänzenden Regelungen Aussagen zu treffen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie verzichten auf die zweite Nachfrage. Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Ulrich Kelber: Was konkret plant die Bundesregierung im Klub der Energiewendestaaten, und welche Staaten wurden bisher auf eine Mitgliedschaft angesprochen bzw. aufgenommen? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, die erneuerbaren Energien haben in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum verzeichnet, begleitet von großem technologischen Fortschritt und verbunden mit zum Teil drastischen Senkungen der Stromgestehungskosten bei Neuanlagen, zum Beispiel bei der Photovoltaik. Deutschland war und ist eines der Vorreiterländer bei dieser Entwicklung. Gegenwärtig diskutieren immer mehr Staaten, ob auch sie selbst eine Neuausrichtung ihrer Energiepolitik hin zu mehr erneuerbaren Energien forcieren wollen. Das ist ein idealer Zeitpunkt für Deutschland, mit weiteren Vorreiterstaaten einen politischen Schulterschluss zu suchen, um neuen Schwung in den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien zu bringen und diesen ganz oben auf die internationale politische Agenda zu setzen. Die informellen Konsultationen mit verschiedenen Staaten und die intensiven Debatten zur Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung dauern an. Eine endgültige Entscheidung, mit welchen Vorreiterstaaten in dieser Initiative zusammengearbeitet werden soll, steht noch aus. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Da Sie auf beide Fragen, nämlich was konkret gemacht wird und wen Sie bis heute angesprochen haben, noch nicht geantwortet haben, bitte ich Sie, mir die Antworten schriftlich nachzuliefern. Ich möchte meine Nachfrage zu einem anderen Thema stellen. Wird die Bundesregierung in dem Klub der Energiewendestaaten weiter für eine Einspeisevergütung für erneuerbare Energien werben, die Sie gerade, auch wenn Sie früher zweimal dagegen gestimmt haben, gelobt haben, oder wird sie nach den Vorschlägen von Peter Altmaier davon abweichen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung steht zu einer Einspeisever-gütung. In den internationalen Gesprächen werben wir auch für dieses Instrument. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Atomtechnologie. Wird die Bundesregierung im Klub der Energiewendestaaten dafür werben, auch die Atomenergie relativ schnell durch erneuerbare Energien zu ersetzen, und wie verträgt sich das mit dem einstimmig ge-äußerten Wunsch des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung, dass die Bundesregierung aufhört, mit Steuergeldern den Export von Atomtechnologie in Drittstaaten aus Deutschland zu subventionieren? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Der größte Teil Ihrer Frage, Herr Kollege Kelber, war Ausdruck Ihrer persönlichen Meinung. Ich nehme hier Stellung zu dem, was die Bundesregierung macht. (Ulrich Kelber [SPD]: Beschluss ist keine -persönliche Meinung!) Der Bundesumweltminister wirbt auf internationaler Ebene für die Etablierung, den Ausbau und die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien. Erneuerbare Energien, darunter versteht er Sonne, Wind, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie. Das ist das Feld, um das wir uns kümmern, und ist das, was er maßgeblich vorantreibt. Im Übrigen ist es auch kein Geheimnis, dass er sich am Rande der jüngsten IRENA-Tagung unter anderem mit Vertretern aus China, Frankreich, UK, aber auch Marokko oder Tonga getroffen hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage zur Frage 13 stellt der Kollege Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke. – Frau Staatssekretärin, ich würde mich gerne der Bitte des Kollegen Kelber anschließen und würde gerne, wenn es möglich wäre, eine schriftliche Antwort auf die Frage erhalten: Welche Staaten sind denn angefragt worden? Vielleicht können Sie dies doch noch hier beantworten. Man hat gehört, dass sich Vertreter von acht Staaten tatsächlich zum Abendessen mit dem Minister trafen. Vorher hieß es, zehn sollten angesprochen werden. Einerseits würde ich gerne wissen, welche Staaten das waren. Andererseits würde mich jetzt hier interessieren: Was waren denn die Kriterien dafür, welche Staaten angefragt worden sind oder nicht? Gibt es überhaupt Kriterien, um in einen solchen Klub der Energiewendestaaten hineinzukommen, oder wird das auf Zuruf gemacht? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Dem Minister geht es vor allem um einen politischen Schulterschluss. Wir haben eine existierende und gut funktionierende Agentur für die weltweite Förderung und Unterstützung der erneuerbaren Energien, die IRENA. Sie ist ja maßgeblich auf deutsche Initiative hin entstanden und hat sich, wie wir finden, hervorragend entwickelt. Hier geht es um ein zusätzliches politisches Momentum. Wie es so üblich ist, werden befreundete und auch unterstützende Staaten gefragt und angesprochen. Ziel ist es, auch solche Staaten wie China mit ins Boot zu holen, die sich zwar nicht in ein Klimaschutzabkommen einbinden lassen mögen, auf der anderen Seite aber ganz klar ihre Unterstützung für Erneuerbare-Energien-Ziele, auch im neuen Fünfjahrplan, dokumentiert haben. Hier ein politisches Momentum zu nutzen, ist Ziel der Initiative des Ministers. Zu den Staaten – ich habe eben schon einige er-wähnt –: In der Tat waren beim Abendessen acht Staatsvertreter dabei. Ich finde jetzt die komplette Liste nicht. Auf jeden Fall waren Frankreich, Großbritannien, Marokko, Tonga, Südafrika dabei. Die fehlenden drei Namen liefere ich Ihnen nach. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben die eigentliche Frage des Kollegen Kelber nicht beantwortet. Er hat Sie mit der Beschlussfassung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung konfrontiert, der sich über alle Fraktionsgrenzen hinweg dafür ausgesprochen hat, Hermesbürgschaften künftig nicht mehr für den Bau von Atomanlagen im Ausland bereitzustellen. Das wäre nämlich ein offenkundiger Widerspruch beispielsweise zu dem, was ein Klub der Energiewendestaaten tut. Insofern meine Frage, verbunden mit meiner Bitte, diese zu beantworten – auch Herr Kelber hat diese Frage eben gestellt –: Wie steht die Bundesregierung zu diesem Beschluss des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat ihre Haltung klar bekräftigt, dass sie die Einschätzung des Parlamentarischen Beirates an dieser Stelle nicht teilt. Ich sehe allerdings keinen Widerspruch, einen Klub der Energiewendestaaten zu unterstützen und damit einen Klub von Staaten, die die erneuerbaren Energien fördern, zu initiieren. An dieser Stelle hat der Minister eine ganz klare Auffassung ge-äußert und ist auf internationaler Ebene initiativ. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich bitte darum, mir die weiteren Nachfragewünsche so rechtzeitig zu signalisieren, dass ich nicht schon die nächste schriftlich eingereichte Frage aufrufe. (Ulrich Kelber [SPD]: Es kommt immer auf die Antworten an!) Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Kotting-Uhl. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Entschuldigung, Frau Präsidentin. – Ich war jetzt doch etwas konsterniert über die Feststellung, die Bundesregierung habe ihre Haltung klar bekräftigt. Denn wir haben heute Vormittag im Umweltausschuss von der Bundesregierung gehört, dass Stellungnahmen dazu noch nicht abgegeben worden seien, dass das Zitat von Bundeswirtschaftsminister Rösler, das man bei Spiegel Online finden konnte und das das bestätigt, was Sie jetzt sagen, nicht freigegeben gewesen sei und dass auch der Parlamentarische Beirat noch keine Stellungnahme der Bundesregierung bekommen habe. Insofern würde mich jetzt interessieren: Wo ist diese Stellungnahme bisher bekräftigt worden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kotting-Uhl, mir ist keine Änderung der bisherigen Praxis der Bundesregierung bekannt. Ich kann an dieser Stelle keine andere Praxis verkünden, obwohl dies Herr Kollege Miersch vermutlich gerne gehört hätte. Vizepräsidentin Petra Pau: Auch der Kollege Frank Schwabe hat noch eine Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, ich habe eine Nachfrage zu demselben Thema. Wir alle waren heute Morgen im Ausschuss anwesend; deswegen kommen jetzt die spontanen Nachfragen. Da hat Ihre Kollegin Staatssekretärin deutlich gemacht, es gebe noch keine abgestimmte Haltung. Das, was in den Medien zu lesen gewesen sei, sei unabgestimmt gewesen und man ringe noch um eine Haltung. Sie sagen jetzt: Es gibt eine klare Haltung. – Das ist ein offensichtlicher Widerspruch. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Gibt es eine Haltung der Bundesregierung zu der Frage, ob wir Hermesbürgschaften für Brasilien, aber auch für andere Länder im Bereich der Atomtechnologie bereitstellen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich sehe keinen Widerspruch zwischen der Auffassung, dass eine Haltung abgestimmt werden soll, und der generellen Aussage, dass mir nicht bekannt ist, dass eine solche verändert werden soll. Wenn Sie jetzt einen Widerspruch konstruieren wollen, dann können Sie dies tun; aber ich sehe ihn nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 14 des Kollegen Ulrich Kelber: Was genau soll der Unterschied zwischen dem Klub der Energiewendestaaten und IRENA sein, und welche ersten Schritte des Klubs sind geplant? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: In Abu Dhabi, Herr Kollege Kelber, hat Minister Altmaier im Rahmen seiner Teilnahme an der jährlichen Versammlung von IRENA informelle Konsultationen mit verschiedenen Vorreiterstaaten geführt und die Idee eines solchen Klubs diskutiert. Nun sind weitere Konsultationen mit möglichen teilnehmenden Staaten geplant. Im Anschluss daran wird über die nächsten Schritte beraten. Die Frage der Zusammensetzung und der Treffen der neuen Initiative wird derzeit noch konsultiert. Eine endgültige Entscheidung von Minister Altmaier zum Konzept, insbesondere mit welchen Vorreiterstaaten bei dieser Initiative zusammengearbeitet wird, steht noch aus. Ich bitte daher um Verständnis, dass das Konzept dem Parlament erst nach der Entscheidung von Minister Altmaier vorgelegt werden kann. Der Zeitpunkt, zu dem er diese Entscheidung fällen kann, hängt stark vom Verlauf der informellen Konsultationen ab und kann momentan nicht genau festgelegt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Ich habe zur Kenntnis genommen, dass der Bundesminister die Gründung einer neuen internationalen Organisation vorgeschlagen hat, ohne ein Konzept dafür zu haben, was diese internationale Organisation eigentlich tun soll. Das mag jeder selbst bewerten. Das war eine Veranstaltung der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien. Diese ist auf Betreiben meines leider 2010 verstorbenen Kollegen Hermann Scheer, also auf deutsche Initiative hin, gegründet worden – sie ist heute äußerst erfolgreich und hat weit über 100 Mitgliedstaaten – mit der Aufgabe, die Energiewende durch den Ausbau erneuerbarer Energien und Ablöseszenarien mittels erneuerbarer Energien voranzutreiben. Wenn das Ministerium jetzt einen Klub der Energiewendestaaten starten will, im Rahmen dessen bei einem solchen Ausbau und bei entsprechenden Ablösestrategien ein enger Schulterschluss passieren soll, müssten Sie doch in der Lage sein, uns hier und heute einen einzigen, einen klitzekleinen Unterschied zwischen der Aufgabenstellung des Klubs der Energiewendestaaten und der Aufgabenstellung der von Deutschland ins Leben gerufenen Internationalen Agentur für erneuerbare Energien, deren Mitglieder ja die Staaten sind, zu nennen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, das liegt daran, dass Sie mir -offenbar nicht zuhören. Es handelt sich nicht um eine -eigenständige Organisation, sondern um einen politischen Zusammenschluss von interessierten Staaten, nicht um eine formelle Organisation mit Sitz, Struktur, Sekretariat und dergleichen. Dafür gibt es die IRENA. Sie wird von uns unterstützt. Wir haben deutlich gemacht, wie sehr wir die Arbeit der IRENA schätzen. Wie Sie wissen, läuft das IRENA Innovations- und Technologiezentrum in Bonn sehr gut. Wir haben nichts daran zu kritisieren. Ganz im Gegenteil: Wir freuen uns darüber, dass dies so gut gelingt. Aber auch Sie, Herr Kollege Kelber, werden, glaube ich, den Unterschied kennen zwischen einer Institution und einem politischen Zusammenschluss, einem politischen Momentum, bei dem es darum geht, auf politischer Ebene noch mehr Rückenwind für den Ausbau erneuerbarer Energien zu bekommen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Meine zweite Frage ist sehr leicht zu beantworten. (Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN) Gibt es außer der Pressemitteilung darüber, dass der Minister einen Klub der Energiewendestaaten einrichten will, irgendein weiteres Dokument des Ministeriums zum Klub der Energiewendestaaten? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es gibt informelle Konsultationen, und informelle Konsultationen haben es an sich, dass man sich informell austauscht. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Ott stellt die nächste Nachfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, Sie wissen vielleicht, dass ich ein großer Fan dieser Klubidee bin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist schön, dass Sie das feststellen. Da haben wir ja schon mal einen in der Opposition. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich würde sogar sagen, dass ich wahrscheinlich der Erste war, der diese Idee in diesem Hause vertreten hat. (Ulrich Kelber [SPD]: Der einzige Fan außer dem Minister!) Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Oh, jetzt begeben Sie sich aufs Glatteis, Herr Kollege. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Hintergrund meiner Idee ist, dass das bisherige Vorgehen im Rahmen des Klimaregimes nicht erfolgversprechend ist, weil einzelne Staaten, vor allem große wie die USA, China und Indien, den Prozess sozusagen ins Unendliche blockieren können, und dass es deshalb gut sein kann, die Vorreiter in einem Klub zu versammeln. – So weit, so gut. Aber deshalb noch einmal die Frage, die der Kollege Kelber gerade mit größter Intensität zu stellen versucht hat: (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe sie gestellt! Sie wurde nicht beantwortet!) Was ist denn der Sinn und Zweck dieses Energiewendeklubs? Was ist der Mehrwert, und wie soll dieser Klub einen Schub für die internationalen Klimaverhandlungen erzeugen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es sollen neue politische Akzente gesetzt werden. Herr Kollege, Sie haben angesprochen und sehr richtig eingeschätzt, dass die Klimaverhandlungen auf internationaler Ebene sehr zäh geworden sind. Die Überlegung ist: Neben der bestehenden Struktur IRENA, in der anerkennenswerterweise mittlerweile auch die USA Mitglied sind – IRENA ist eine der wenigen internationalen Organisationen, denen die USA in den letzten Jahren überhaupt beigetreten sind –, braucht es ein zusätzliches politisches Momentum. Die IRENA leistet hervorragende Arbeit, wenn es darum geht, Informationen zu sammeln, Programme zu bündeln, Technologieausbreitung zu unterstützen. Dennoch braucht es in Staaten auch immer einen politischen Hebel und eine politische Willensbildung darüber, ein Stück voranzugehen. Die Idee, über ein Bekenntnis zu erneuerbaren Energien im Klimaschutzbereich voranzukommen, ist sicherlich mit Anlass für die Gründung dieses Klubs. Aber noch einmal: Auch auf informellem Wege wollen wir herausfinden, was andere Staaten bewegt, wie ihre Strategien sind. Darüber der Öffentlichkeit schon alles zu berichten, wäre vielleicht nicht ganz fair. Insofern bleibe ich bei meiner Aussage, dass die Konsultationen informell sind, aber auch weiter nach vorn gebracht werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Schwabe stellt eine weitere Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, es ist ja unsere Aufgabe, zu hinterfragen, was die Regierung tut. Das, was Sie uns vorstellen, sind informelle Gespräche. Informelle Gespräche kann man natürlich mit jedem andauernd immer wieder führen. Die Frage ist doch bloß: Muss man das dann in der Öffentlichkeit groß als „Klub der Energiewendestaaten“ ankündigen? Wenn man nachfragt, bekommt man nämlich zur Antwort: Es gibt kein Konzept, nicht einmal ein einfaches Papier, auf dem man sehen könnte, wie das Ganze vonstattengeht. Also frage ich Sie: Möchten Sie vielleicht dem Eindruck entgegentreten, dass dieser Begriff „Klub der Energiewendestaaten“ am Ende ein aufgeblasener Ballon, ein großes Wortspiel ist, das aber nicht hinterlegt ist, weil Herr Altmaier so versucht hat, sein 10Punkte-Programm, das er im letzten Sommer vorgestellt hat, aufzublasen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das 10-Punkte-Programm von Minister Altmaier enthält für die internationale Ebene in der Tat auch die Idee eines Klubs der Energiewendestaaten. Noch einmal: Es geht nicht darum, Strukturen zu duplizieren, sondern darum, ein politisches Momentum zu kreieren. Auf internationaler Ebene, auch bei Klimaschutzverhandlungen, werden verschiedene informelle Runden gegründet, um ein bestimmtes politisches Momentum zu erzeugen. Ich finde, gerade für Sie, der Sie sich auch in diesem Metier bewegen, dürften solche Runden, auch solche Impulsrunden, überhaupt nichts Unbekanntes sein. Insofern verstehe ich nicht, dass Sie, im Gegensatz zu Herrn Kollegen Ott, offenbar nicht hinter dieser Idee stehen. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich mache doch nicht als Erstes eine Pressemitteilung! Das ist doch peinlich!) Die Umsetzung einer solchen Idee braucht Zeit. Wir werden die internationalen Treffen und Zwischentreffen nutzen, um weiter für diese Idee zu werben und zu konsultieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen zur Frage 15 des Kollegen Dr. Hermann Ott: Welche Schritte plant die Bundesregierung nach der versuchten Gründung des seit dem Sommer 2012 geplanten Klubs der Energiewendestaaten am Rande der IRENA-Jahrestagung in Abu Dhabi, um die geplante Allianz ins Leben zu rufen, und wann ist mit der Vorlage eines Konzeptes zu rechnen, das dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages für Mitte Januar 2013 versprochen wurde? Wir haben gerade gelernt, dass der Kollege Ott Fan dieser Idee ist. – Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Ott, in Abu Dhabi hat Minister Altmaier im Rahmen seiner Teilnahme an der jährlichen Versammlung von IRENA informelle Konsultationen mit verschiedenen Vorreiterstaaten geführt und die Idee eines solchen Klubs diskutiert. Nun sind zunächst weitere Konsultationen mit möglichen teilnehmenden Staaten – das hatten wir schon – geplant. Im Anschluss daran werden die nächsten Schritte beraten. Die Zusammensetzung und die Treffen der neuen Initiative werden derzeit noch konsultiert. Eine endgültige Entscheidung von Minister Altmaier – das doppelt sich mit der Antwort auf die Frage des Kollegen Kelber – zum Konzept und dazu, mit welchen Vorreiterstaaten in dieser Initiative zusammengearbeitet wird, steht noch aus. Ich bitte daher um Ihr Verständnis, dass das Konzept dem Parlament erst nach der Entscheidung von Minister Altmaier vorgelegt werden kann. Wie gesagt, der Zeitpunkt hängt vom weiteren Verlauf der Konsultationen ab. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie gut, dass der Kollege Kelber und ich an dieser Idee genauso brennend interessiert sind. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass es nicht dieser Energiewendeklub ist, der mich begeistert, sondern die Idee, dass es außerhalb des Klimaregimes Vorreiterallianzen geben muss, um die Klimapolitik voranzubringen, damit wir die geringe Zeit, die uns noch bleibt, um die Wende überhaupt herbeizuführen, nutzen. Meine Nachfrage: Sie vertrösten uns wieder, indem Sie sagen, es müssten noch Entscheidungen getroffen werden. Es drängt sich doch ein wenig der Eindruck auf, dass eine große Wahlkampfblase ins Leben gerufen worden ist: Bis zum Herbst soll gar nicht viel passieren, das Ganze kann aber immer sozusagen wie eine Monstranz vor sich her getragen werden, nach dem Motto: Wir wollten es ja. Ich frage Sie noch einmal – Herr Kollege Schwabe hat es schon angesprochen –: Wollen Sie dem nicht mit etwas mehr Substanz entgegentreten? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das Etablieren von internationalen Gesprächsrunden und internationalen Foren beansprucht erstens Zeit. Zweitens ist Klimaschutz völlig unabhängig und interessiert sich nicht für Wahlen. Andere Länder – seien es Entwicklungs-, Schwellen- oder Industrieländer – gucken nicht nach Deutschland und fragen nach Wahlen. Sie schauen danach, welche Dinge wir bereit sind, in den internationalen Prozess einzubringen. Auch IRENA wurde zu einem Zeitpunkt aufgebaut, in dem man über Wahlkampf hätte sprechen können. Sie entwickelte sich von einer Idee hin zu Strukturen. Auch IRENA ist nicht über Nacht gekommen. Insofern bitte ich Sie um Geduld für das laufende Verfahren. Ich meine, es lohnt sich jede Initiative, die uns bei dem Vorhaben voranbringt, zu mehr internationalem Klimaschutz und mehr Zusammenarbeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu kommen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Damit können wir die nächste Frage dazu auch fallen lassen; denn wir haben das Thema erschöpfend behandelt. Wenn es nun nicht der Klub der Energiewendestaaten ist, der das Ganze reißen soll, so frage ich: Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung in Bezug auf die Klimapolitik für das nächste halbe Jahr? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich muss präzise nachfragen: auf internationaler oder auf nationaler Ebene? Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zur europäischen Ebene, zum Emissionshandel, kommen wir gleich. Jetzt meine ich die internationale Ebene. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir sind dabei, das Programm, das in diesem Jahr ansteht, abzuarbeiten. Wir haben uns auf einen Fahrplan geeinigt. Bis zur Konferenz in Polen müssen wir ein Arbeitsprogramm vorlegen. Hier gilt es, viele Gespräche zu führen. Diese werden wir weiter fortsetzen. Der Klub der Energiewendestaaten wäre ein weiterer Beitrag. Im Übrigen sind wir, wenn es darum geht, erneuerbare Energien voranzubringen und uns auf europäischer Ebene zu etablieren, auf einem guten Weg. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Krischer hat noch eine Nachfrage zur Frage 15 bzw. zur Beantwortung derselben. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, herzlichen Dank für Ihre Antwort, die mich zu der Frage veranlasst: Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung im Zuge der nationalen Energiepolitik? Was steht diesbezüglich noch auf der Agenda? Womit können wir jenseits des hier inzwischen fast humoristisch behandelten Energiewendeklubs auf internationaler Ebene rechnen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, wir haben eine Reihe von Vorhaben. Wir haben unsere Ziele auf nationaler und europäischer Ebene weiterhin zu erfüllen. Der Minister hat jetzt den Vorschlag einer Novelle zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz unterbreitet; die Ministerpräsidenten haben sich dazu mit der Bundeskanzlerin verabredet. Wir werden den Netzausbau weiter beschleunigen. Wir werden für mehr Bürgerakzeptanz sorgen. Verschiedene Foren arbeiten daran und liefern Ergebnisse. Ich finde allerdings, dass dieses Thema den Rahmen der heutigen Fragestunde sprengt. Das gilt im Übrigen auch für die Frage zuvor; denn der Inhalt dieser Frage war nicht Gegenstand der schriftlich eingereichten Frage. Insofern müsste ich sie gar nicht beantworten. (Lachen des Abg. Ulrich Kelber [SPD]) Vizepräsidentin Petra Pau: Gleichwohl hat der Kollege Kelber noch eine weitere Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Der Ton macht die Musik. – Da Sie die Frage aber nun beantwortet haben, habe ich dazu natürlich eine Nachfrage. Sie haben gerade das Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten und den Vorschlag des Ministers zu einer Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes erwähnt. Heißt das, dass die Vorschläge des Ministers bis Ende März in der bisher vorliegenden Prosaform bleiben? Oder dürfen wir erwarten, dass es echte, konkrete Gesetzesarbeit inklusive interner Abstimmung in der Regierung geben wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Der Minister hat dazu heute im Ausschuss das Notwendige erklärt. (Ulrich Kelber [SPD]: Wir sind hier aber in der Fragestunde des Parlaments! Ich darf auch als nichtständiges Ausschussmitglied das fragen und beantwortet bekommen, oder?) – Und ich kann antworten, wie ich es für richtig halte. (Ulrich Kelber [SPD]: Nein, das nicht, sondern so, wie es die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vorschreibt, Frau Staats-sekretärin! – Weitere Zurufe von der SPD) – Das war jetzt Ihre Einschätzung, Herr Kollege. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Kelber, diese Auseinandersetzung wird an einem anderen Ort zu klären sein. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich werde auch keine Fragen mehr stellen, zu denen es keine Sprechzettel für die Staatssekretärin gibt! Wenn man sein Fach nicht beherrscht, sollte man sich halt nicht zur Staatssekretärin machen lassen!) Wir sind jetzt nicht im Dialog. Jetzt habe überwiegend ich das Wort, das ich dem Kollegen Miersch zu einer Nachfrage gebe. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, wenn ich mich recht erinnere, waren Sie heute nicht im Ausschuss. Ich war zwar im Ausschuss, habe dort aber keine Antwort des Ministers auf die Frage, die Herr Kelber Ihnen eben gestellt hat, gehört. Ich frage Sie deswegen konkret: Können wir davon ausgehen, dass die allgemeinen prosaischen Ausführungen des Ministers, wie sie uns im Augenblick vorliegen, bis März in Gesetzesform gebracht werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Der Minister hat erstens keine Prosa geliefert, sondern eine sehr realistische Zustandsbeschreibung im Hinblick auf die erneuerbaren Energien und der damit verbundenen Chancen und Risiken. – Punkt eins. Punkt zwei. Seine Vorschläge sind nicht nur ein Anstoß zur Diskussion, sondern sie sind auch als Einladung zum Mittun zu verstehen. Da aber sowohl aus dem parlamentarischen Raum, insbesondere von der Opposition, als auch vor allem aus vielen Bundesländern diverse Angriffe kommen, was alles zu tun sei, bin ich gespannt, wie man mit diesen Vorschlägen umgehen wird. Selbstverständlich ist es Regierungshandeln, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Trotzdem muss erst einmal ein Diskussionsanstoß erfolgen. Wenn die Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin zusammenkommen, werden wir wiederum sehen, wie ernst es die Ministerpräsidenten mit ihren Zusagen meinen, die Energiewende tatsächlich voranbringen zu wollen, statt weiterhin in ihrer Blockadehaltung zu verbleiben. (Ulrich Kelber [SPD]: Auf Deutsch: zwei Monate Nichtstun, mal wieder!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die Erörterung der Frage 15 wird jetzt durch eine Nachfrage der Kollegin Flachsbarth fortgesetzt. Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Frau Kollegin Staatssekretärin, auch ich durfte heute Morgen im Ausschuss den Ausführungen des Herrn Minister folgen. Können Sie aufgrund Ihres internen Wissens, aufgrund des Wissens Ihres Hauses möglicherweise bestätigen – wie ich es verstanden habe –, (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Es ist schön, dass Sie der Staatssekretärin helfen!) dass dieser Vorschlag des Ministers nun in Zusammen-arbeit mit den Fraktionen des Deutschen Bundestages zu einem Eckpunktepapier weiterentwickelt werden soll, um dann auf der Umweltministerkonferenz – Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Im Februar. Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): – Mitte Februar und Anfang März im Kreise der Ministerpräsidenten so weit fortentwickelt zu werden, dass sich daraus ein Gesetzgebungsverfahren entwickelt? Habe ich das richtig verstanden? (Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt müssen Sie aber einen Teil des Gehalts abgeben!) Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber und Herr Kollege Miersch, interessant ist doch, dass die Aussage von Frau Flachsbarth zeigt, dass Sie sich in gewisse Widersprüche verwickelt haben. (Lachen bei Abgeordneten der SPD) Ich bestätige gerne die Aussage von Frau Kollegin Flachsbarth. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollegin Dött, habe ich das richtig verstanden? Hat sich Ihr Anliegen erledigt? (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Ja!) Dann stellt der Kollege Schwabe als Letzter zu dieser Frage eine Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Das, was Frau Flachsbarth ausgeführt hat, ist ja alles ganz nett. Die Frage ist damit aber trotzdem nicht beantwortet. Der Eindruck ist, dass das bei dem Minister an vielen Stellen so ist. Wir haben gerade lange über den Klub der Energiewendestaaten debattiert, über einen -Begriff, den er in die Welt gesetzt hat, der aber scheinbar überhaupt nicht unterfüttert ist. Hier ist es scheinbar ebenso. Er macht wolkige Ankündigungen in der Öffentlichkeit. Wir haben heute – wie soll ich das formulieren? – eine Ideenskizze für das, was groß in der Zeitung stand, bekommen; aber es gibt eben nichts Konkretes und vor allem nichts, was in der Bundesregierung abgestimmt wurde. Deswegen noch einmal die Frage: Wird es zu dem Treffen mit den Ministerpräsidenten, mit den Vertretern der Bundesländer, einen abgestimmten Vorschlag in Form eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung geben, ja oder nein? (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Er bietet Ihnen Konsultationen an! Kooperationen!) Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, der Minister geht in die Konsultationen. Ich frage mich, was die Vorlage eines Gesetzentwurfs bewirken soll, wenn nicht nur die Opposition, sondern vor allem auch der Bundesrat von Anfang an die Hand dagegen erhebt. Die Energiewende ist zu wichtig, als dass jeder Vorschlag im Klein-Klein zerredet werden kann. Ich höre ständig: nationale Anstrengungen! Ich höre ständig: Schulterschluss! Ich bin gespannt, ob und an welcher Stelle nun unter anderem die Bundesländer das Angebot des Ministers zum Schulterschluss annehmen wollen. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Dann muss er etwas vorlegen!) Man könnte einen Vorschlag vorlegen, aber es wurde ja bereits angedroht, dass die SPD ihre Gestaltungsmehrheit im Bundesrat nicht zum Wohle des Landes, sondern zur Blockade einsetzen möchte. Ich bin gespannt, ob das auch für den Bereich der Energiepolitik gilt. Das, was die Umweltminister gesagt haben, stimmt mich noch hoffnungsvoll. (Ulrich Kelber [SPD]: Meine Wette: Sie werden ja nicht einmal einen Gesetzestext vorlegen, den man beraten kann!) Ob das am Ende durch den Bundesrat trägt, wage ich aber zu bezweifeln. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn wir nicht erst im März positiv überrascht werden könnten. Auf jeden Fall haben heute schon Ministerpräsidenten angekündigt, in jedem Fall gegen alles zu sein. Das stimmt in Bezug auf einen solchen Konsultationsprozess nicht gerade hoffnungsvoll. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Frage 16 des Abgeordneten Dr. Hermann Ott soll schriftlich beantwortet werden. (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sich erledigt!) – Nein? – Wie bitte? (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sich erledigt!) – Okay. Dann rufe ich die Frage 17 des Abgeordneten Frank Schwabe auf: Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, damit der EU-Emissionshandel deutlich mehr Anreize für den Klimaschutz in Deutschland setzt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, ich beantworte die Frage 17 und die Frage 18 zusammen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich auch die Frage 18 des Abgeordneten Schwabe auf: Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard bei ihren Vorstellungen zur Reform des Emissionshandels zu unterstützen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat bisher keine einheitliche Haltung zu einer notwendigen Stärkung des europäischen Emissionshandels und prüft derzeit noch die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schwabe, Sie haben eine Nachfrage? – Bitte. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, können Sie eine Mitverantwortung der Bundesregierung dafür erkennen, dass wir mittlerweile einen Verfall des Preises im Bereich des Emis-sionshandels feststellen müssen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich sehe eine solche Mitverantwortung nicht, nein. Frank Schwabe (SPD): Gut. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine zweite Nachfrage? Frank Schwabe (SPD): Ja. Ich habe höchstwahrscheinlich noch mehr, weil ich ja zwei Fragen gestellt habe, oder? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben die Möglichkeit, insgesamt vier Nach-fragen zu stellen. Zwei haben Sie jetzt gleich verbraucht. Frank Schwabe (SPD): Gut. – Frau Staatssekretärin, können Sie vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Emissionshandel, insbesondere der Preisentwicklung, in etwa abschätzen, welche Programme der Bundesregierung im Bereich der Energiewende in diesem Haushaltsjahr und eventuell auch in zukünftigen Haushaltsjahren nicht -finanziert werden können? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir wissen, dass der Preisverfall zu einer schwierigeren Situation beim EKF führt. Ich kann Ihnen dazu jetzt allerdings keine Auskunft geben, weil die Fortführung notwendiger Programme auch Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung erfordert. Sagen kann ich, dass wir beispielsweise bei der Förderung des Bereichs der erneuerbaren Energien, unseren diesbezüglichen Forschungsprogrammen sowie der internationalen Klimaschutzinitiative unsere Aktivitäten auf dem bestehenden Niveau aufrechterhalten wollen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Eine letzte Nachfrage. Sie haben ja gesagt, dass es keine abgestimmte Haltung zum Emissionshandels-system gibt, dass Sie dies allerdings nicht für ein Problem halten. Das sehe ich natürlich komplett anders. Deutschland ist hauptverantwortlich dafür, dass gerade dieser Preisverfall stattfindet. Können Sie jetzt den weiteren Zeitplan darstellen? Wie wird die Bundesregierung eine abgestimmte Haltung entwickeln? Bis wann wird das geschehen? Wie sind die entsprechenden Vorgaben auf europäischer Ebene? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, wir sind mit dem Wirtschaftsministerium in engem Kontakt, um eine abgestimmte Haltung zu finden. Ich kann Ihnen jetzt gerne die Zeitpläne des Rates und des EPs referieren, ich kann Ihnen dies aber auch schriftlich zukommen lassen. Die politische Einigung muss unabhängig von Zeitplänen erfolgen. Wir müssen hier als Deutschland eine abgestimmte Haltung entwickeln. Wir arbeiten mit den Kollegen vom BMWi daran. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage des Kollegen Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, der Emissionshandel ist ja so etwas wie der Flug-hafen BER auf der Instrumentenebene. Er geht allmählich komplett verloren. Der Preis für ein CO2-Zertifikat beträgt mittlerweile 3,50 Euro. Er sollte eigentlich einmal 30 Euro pro Tonne CO2 betragen. Wir wissen, dass die Bundesregierung natürlich mitverantwortlich ist, weil sie bestimmte Maßnahmen, zum Beispiel eine Erhöhung des europäischen Klimaziels auf 30 Prozent, nicht wirklich mittragen kann. Das liegt nicht an Ihrem Haus, sondern am Wirtschaftsministerium; das ist klar. Nichtsdestotrotz ist die Bundesregierung dafür verantwortlich und in Haftung. Die Frage jetzt lautet: Plant man, bestimmte Mengen von Zertifikaten beiseitezupacken, damit sie eben nicht in den Markt kommen, um so den Preis wieder etwas zu erhöhen? Dazu gibt es verschiedene Vorstellungen. Das nennt sich – ganz technisch gesprochen – Set-aside oder Backloading. Ist die Bundesregierung zumindest in diesem Bereich zu einem Ergebnis gekommen, damit auf europäischer Ebene Maßnahmen möglich werden, um den Zertifikatepreis zumindest wieder in die Nähe von 10 Euro zu bringen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir diskutieren innerhalb der Bundesregierung sowohl über den Weg als auch über mögliche Mengen. Wir diskutieren, ob man dies dauerhaft oder befristet tun sollte. Wir schauen auch, welche Auswirkungen das auf die deutsche Wirtschaft haben könnte. Hier gibt es bestimmte Befürchtungen. Wir hören aus Teilen der deutschen Wirtschaft aber auch, dass man sich ein deutliches Signal wünscht. Die Wirtschaft möchte stärker in Klimaschutztechnologien investieren, beklagt aber, dass es zu wenige Anreize gibt. Wir teilen die Auffassung, dass sich Investitionen in emissionsarme Technologien ohne Anreiz aus dem Kohlenstoffmarkt, ohne Anreiz durch einen wirklich attraktiven CO2-Preis auf Dauer nicht rechnen. Übrigens überdenken auch andere Staaten glücklicherweise langsam ihre Position. Auch Staaten, die eine überwiegend kohlebasierte Wirtschaft haben, sehen, dass sie, wenn sie aus dem europäischen Markt keine Zertifikate und damit keine Erlöse bekommen, ihre eigenen Pläne zur Veränderung ihrer Wirtschaft nicht realisieren können. Auch hier sammeln wir Partner für Allianzen. Ich möchte noch einmal sagen: Die Einschätzung, es läge an Deutschland, stimmt nicht; denn auch andere -europäische Staaten zeigen sich gegenüber einem Set-aside oder Backloading oder anderen Maßnahmen sehr zurückhaltend. Wir brauchen hier eine vernünftige Positionierung. Auch im EP und in der Kommission ist man noch nicht so weit. Das Trilogverfahren droht kompliziert zu werden. Das entbindet uns aber nicht von der Verantwortung, rasch eine gemeinsame Position zu -finden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kofler. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben auf die Frage des Kollegen Schwabe zum Zerfall der Zertifikatepreise und zu den Auswirkungen auf den Haushalt, konkret den Haushalt 2013, geantwortet: Man ist in Verhandlungen. Wie man auf Bayrisch sagt: Nix gnaus woas ma ned. Nichts Konkretes ist bekannt. Jetzt läuft der Haushalt aber. Der EKF ist mit ungefähr 3 Milliarden Euro betitelt, die Einnahmen stammen ausschließlich aus dem CO2-Zertifikatehandel. Sie wissen, wo der Preis für ein CO2-Zertifikat liegt: weit unter 4 Euro. Von Ihnen ist gesagt worden: Im Durchschnitt müsste im Jahr 2013 ein Preis von 10 Euro erzielt werden, um diese Ausgaben auch mit Einnahmen zu unterfüttern. Auf eine schriftliche Anfrage meinerseits haben Sie mir einmal mitgeteilt, das sei kein Problem; dazu gebe es Liquiditätsdarlehen aus dem Haushalt. Ich würde gerne von Ihnen ganz konkret wissen, wie Sie die wegbrechenden Einnahmen beim EKF kompensieren wollen; denn das ist ja nichts, was man auf die lange Bank schieben kann. Da geht es um ganz konkrete Programme wie zum Beispiel Marktanreizprogramme und andere Dinge, die in diesem Haushalt finanziert werden und für die die Mittel über die KfW und andere Institute ausgereicht werden sollen. Die Programme laufen ja. Das kann man nicht auf die lange Bank schieben. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kofler, wir schieben nichts auf die lange Bank; vielmehr sprechen wir, da wir bereits seit einiger Zeit mit einem dramatischen Preisverfall konfrontiert sind, nicht nur mit dem Finanzministerium, sondern auch mit anderen Ressorts darüber, wie wir mit dem EKF umgehen. Ich kann Ihnen aber zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen, welches Programm es wo und wie trifft. Wir versuchen, mit einem möglichst breiten Angebot zum Fördern von Erneuerbaren, Energieeffizienz und von entsprechenden Investitionen unsere Förderzusagen trotz schwieriger Lage beim EKF einhalten zu können. Ich kann Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts Neues sagen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Regierung des Energiewendelandes Deutschland in der wichtigen Frage des Emissionshandels keine Position hat und damit auch in Brüssel keinen Beitrag zur Lösung des Problems liefern kann. Das ist schlimm. Aber das muss ich so zur Kenntnis nehmen. Es gibt in Brüssel in Bezug auf die Erneuerbaren noch eine weitere Debatte, und zwar über ein Ziel 2030. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass zum Beispiel der BDEW, der ja nicht grünen- oder umweltverbandverdächtig ist, die Einführung eines solchen Ziels für die Erneuerbaren auf europäischer Ebene unterstützt. Die Bundeskanzlerin hat sich in der Vergangenheit sehr für das Ziel 2020 starkgemacht. Meine Frage an Sie ist: Wird die Bundesregierung bezüglich der Erneuerbaren ein Ziel 2030 auf europäischer Ebene unterstützen, ja oder nein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, zunächst haben wir in Deutschland ja Langfristziele bis zum Jahr 2050. Wir können jetzt schon sagen, dass wir auch Zwischenziele, wie das Ziel 2020, im Bereich der erneuerbaren Energien deutlich übererfüllen, dass wir also deutlich mehr schaffen, als noch unter optimistischen Schätzungen angenommen worden ist. Die Diskussion über ein Ziel nach 2020 hin zu 2030 geht durchaus mit Überlegungen konform, CO2-Reduktionsziele über 2020 hinaus deutlicher zu formulieren. Auch hierzu gibt es Signale aus der Energiewirtschaft. Es gibt hierzu keine Haltung. Wir sprechen allerdings, wenn wir in Brüssel unterwegs sind, auch immer über einen solchen Kontext. Aber eine abgestimmte Haltung gibt es dazu nicht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt kommen wir zu Frage 19 der Kollegin Kofler: Warum führt die Bundesregierung kein Klimaschutzgesetz ein, wenn die Erkenntnis in der Bundesregierung besteht, dass „zusätzliches Handeln“ notwendig ist, um das Klimaschutzziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erreichen (vergleiche die Aussage des Bundesministers Peter Altmaier in der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 15. Januar 2013)? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kofler, die Bundesregierung steht zu ihren anspruchsvollen Klimaschutzzielen und arbeitet mit großem Nachdruck an deren Umsetzung. Leitbild der deutschen Energiepolitik ist eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung. Das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu verringern, ist ein Baustein für den grundlegenden Umbau der deutschen Energieversorgung in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die Bundesregierung stimmt derzeit den sogenannten Projektionsbericht ab. Dieser enthält eine Schätzung -darüber, inwieweit das Ziel einer Minderung der Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent auf Basis der bisher beschlossenen Maßnahmen erreicht werden kann. Auf dieser Grundlage wird die Bundesregierung gegebenenfalls mögliche zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen prüfen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung derzeit nicht die Absicht, ein Klimaschutzgesetz vorzulegen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kofler, Sie haben eine Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ich habe schon gedacht, meine erste Nachfrage müsse nicht gewertet werden; denn die Frage war ja, warum es kein Klimaschutzgesetz gibt. Aber es kam ja dann doch noch etwas dazu. Ich möchte noch einmal auf die Pressemitteilung von Bundesminister Altmaier vom 15. Januar 2013 Bezug nehmen, der ja auch sehr unkonkret bleibt, indem er sagt: „Die weitere Entwicklung ist … kein Selbstläufer.“ Um minus 40 Prozent zu erreichen, ist zusätzliches Handeln erforderlich. „Hierzu müssen alle Sektoren einen fairen Beitrag leisten.“ Habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass das wieder einmal ins Blaue gesprochen war und sehr, sehr -wolkig ist? Oder gibt es hierzu konkretere Pläne der Bundesregierung? Um welche Sektoren geht es? Welche konkreten Handlungsmaßnahmen schweben Ihnen vor, um das 40-Prozent-Ziel zu erreichen, wenn Sie gleichzeitig sagen: Wir brauchen kein Klimaschutzgesetz? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, zunächst einmal: Die aktuellen Zahlen für Deutschland, die Inventardaten für 2011, liegen vor, und wir haben sie nach Brüssel geschickt. Es ist deutlich geworden, dass wir, was den Zeitraum zwischen 2008 und 2012 betrifft, deutlich über dem liegen, was wir uns vorgenommen haben; 21 Prozent waren unser Ziel, und wir haben bereits 27 Prozent erreicht. Gleichwohl bleibt die Aussage des Ministers, dass in Zukunft weitere Maßnahmen erforderlich sind, richtig. Diese Maßnahmen bestimmt aber nicht das Bundesumweltministerium allein. Vielmehr müssen auch andere Sektoren Beiträge leisten. Wir befinden uns derzeit in der Abstimmung mit den anderen Häusern, um über weitere Maßnahmen zu beraten. Am Beispiel des Bereichs Flugverkehr, der ja heftig umkämpft ist – das haben Sie alle verfolgt –, sieht man, dass die Dinge nicht ganz so einfach sind. Wir wissen, dass alle einen Beitrag leisten müssen, und werden weiterhin an der Erreichung des 40-Prozent-Ziels arbeiten. Aber noch einmal: Ob Emissionshandel, Effizienz oder Verkehr – die Palette ist groß. Wir werden prüfen, wo welche Maßnahmen erforderlich sind, und die Ergebnisse in dem Bericht, der erstellt wird, zusammenfassen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine zweite Nachfrage, Frau Kofler? Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ja. – Vielleicht versuche ich es noch einmal mit meiner ersten Nachfrage. Der Minister hat in der Presse Dinge angekündigt und ganz konkret gesagt – da hat er ja recht –: Es ist dringend zusätzliches Handeln erforderlich. – Vor diesem Hintergrund wäre es schön, wenn Sie mir ein, zwei konkrete Beispiele nennen könnten, auf welche Sektoren als besonders wünschenswert sich das Bundesumweltministerium bezieht. Mit welchen Fragen gehen Sie in die Verhandlungen mit den anderen Ministerien? Dass es eine Abstimmung geben muss, habe ich schon verstanden. Aber mit welchen konkreten Anliegen geht das Bundesumweltministerium in solche Verhandlungen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das Wünschenswerteste wäre gewesen, wir hätten im Bundesrat eine Einigung im Hinblick auf die energetische Gebäudesanierung hinbekommen. Denn im Gebäudesektor ist am meisten zu holen, und dort sind am leichtesten Effizienzgewinne zu erzielen. Da haben Sie sich aber verweigert, und wir haben kein Ergebnis erzielt. Daher muss der Bund selber Geld in die Hand nehmen. Das tut er auch. Wir finden nämlich, dass das Erreichen der Effizienzziele im Gebäudebereich wichtig ist. Sie haben sich allerdings verweigert. Auch Sie hätten einen Beitrag dazu leisten können, dass wir die Effizienzziele schneller erreichen. – Sie schütteln den Kopf; aber es ist so. (Ute Vogt [SPD]: Kopfschütteln ist nicht -verboten!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schwabe, bitte. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, Tatsache ist nun einmal, dass Sie die Bundesregierung stellen. Sie können dieses Mandat ja abgeben; aber Sie sind doch aufgefordert, zu handeln. Am 22. September dieses Jahres – so ist zu lesen – findet die nächste Bundestagswahl statt. Aber Sie wissen jetzt noch nicht, was Sie eigentlich machen wollen, um das 40-Prozent-Ziel zu erreichen. Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Wann entwickeln Sie eine Idee? Wann gehen Sie damit in die Ressortabstimmung? Wollen Sie uns ernsthaft erzählen, dass von Ihnen bis zum Ende dieser Legislaturperiode noch irgendetwas vorgelegt werden wird? Ich möchte gerne wissen, ob Sie das 40-Prozent-Ziel überhaupt für erreichbar halten. Der Emissionshandel und andere Maßnahmen funktionieren ja gewissermaßen wie kommunizierende Röhren. Daher die Frage: Ist ein Ziel von 40 Prozent überhaupt erreichbar, wenn man nicht auf europäischer Ebene ein 30-Prozent-Ziel formuliert, damit beim Emissionshandel entsprechende Anforderungen gelten? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir werben, auch auf europäischer Ebene, für ein anspruchsvolleres Ziel, Herr Kollege Schwabe. Darüber habe ich im Ausschuss und auch hier oft berichtet. (Frank Schwabe [SPD]: Sie haben keine Haltung, haben Sie gerade gesagt!) Ich habe deutlich gemacht, dass wir beim Emissions-handel, bei der Energieeffizienz und in anderen Sektoren zusätzliche Maßnahmen ergreifen sollten. Ich habe auch deutlich gemacht, dass im Gebäudebereich die meisten Effizienzgewinne möglich wären. Ich wiederhole: 40 Prozent sind ambitioniert, aber sicherlich machbar. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Halten wir noch einmal kurz die Fakten fest: Erstens. Ein auch aus Regierungsberatern bestehendes Gremium hat festgestellt, dass wir zwar aktuell gute Werte beim Klimaschutz haben, aber das selbst gesteckte Ziel für 2020 mit den bisher beschlossenen Maßnahmen nicht erreichen werden. Zweitens. Seit diesem Bericht gab es bei einigen dieser Maßnahmen sogar Verschlechterungen: beim Emissionshandel und bei der Einbeziehung des Luftverkehrs, die jetzt ausgesetzt ist. Jetzt schlägt der Umweltminister vor, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu deckeln. Deswegen habe ich eine ganz einfache Frage – ich frage nicht danach, welche Maßnahmen Sie ergreifen –: Wird die Bundesregierung dem Parlament noch in dieser Legislaturperiode Maßnahmen zur Schließung dieser Klimaschutzlücke vorschlagen und zur Abstimmung stellen, oder wird sie es unterlassen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, Ihre Reihe von Behauptungen, die Sie in eine Frage zu packen belieben, müsste man jetzt einzeln widerlegen. Das kann ich an dieser Stelle wirklich lassen. (Ulrich Kelber [SPD]: Widerlegen Sie nur -einen der drei Punkte!) Der Minister hat einen Vorschlag zu einem kostengünstigeren Ausbau der erneuerbaren Energien gemacht; aber er steht hinter dem Ziel, konsequent auf erneuerbare Energien zu setzen. Es ist so, dass wir bis zum Jahr 2022 die Kernenergie ersetzen müssen, möglichst durch erneuerbare Energien und nicht durch Energie aus fossilen Quellen. Die Gewinnung von Energie aus fossilen Quellen – es sind Kohlekraftwerke zugeschaltet worden – erleichtert das Einhalten von Klimaschutzzielen nicht gerade. Deswegen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter forciert werden; aber er muss kostengünstig gestaltet werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist natürlich ein ganz wesentliches Instrument einmal für mehr Klimaschutz, aber auch für die Reduktion der CO2-Emissionen. Ich möchte Ihnen noch einmal ans Herz legen, nicht von Deckelung zu sprechen, sondern von einem wirtschaftsorientierten und verbraucherverträglichen Ausbau. (Ulrich Kelber [SPD]: Frau Präsidentin, ich hatte gefragt, ob etwas vorliegt! Dazu hat Frau Reiche null gesagt! Sie hätte doch „Ja“, „Nein“ oder „Weiß ich nicht“ antworten können! – Gegenruf des Abg. Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Die Frau Präsidentin entscheidet nicht darüber, was gesagt wird! – Gegenruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD]: Sie muss die Frage aber laut Geschäftsordnung wahrheitsgemäß beantworten, aufgrund ihres Wissens! – Gegenruf des Abg. Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Sie muss aber nicht Ihnen auf den Leim gehen!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Ott, bitte. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich schließe an die Frage des Kollegen Kelber an – wenn der Kollege Kelber mich lässt. (Ulrich Kelber [SPD]: Man darf sich doch einmal aufregen! – Gegenruf des Abg. Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Ich darf mich auch über Sie einmal aufregen!) – Ja, man darf sich aufregen. Frau Staatssekretärin, wir haben die Bestätigung durch Fachleute, dass mit den bestehenden Maßnahmen das Klimaschutzziel – die Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 – nicht zu erreichen ist. Gleichzeitig hat Minister Altmaier eine Deckelung des Ausbaus der erneuerbaren Energien angekündigt. Ihr Ausbau hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir unsere Emissionen überhaupt so weit haben senken können. Insoweit noch einmal die Frage im Anschluss an den Kollegen Kelber: Wenn es nicht die erneuerbaren Energien sind, die die Senkung der Emissionen um 40 Prozent ermöglichen sollen, welche können es dann sein, auf welchen Gebieten? Gibt es innerhalb Ihres Hauses Vorstellungen dazu, oder wollen Sie die Entwicklung einfach laufen lassen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Erstens. Die erneuerbaren Energien haben einen Beitrag dazu geleistet, unsere Klimaschutzziele zu erreichen, und werden das auch in Zukunft tun; ich habe eben nichts anderes gesagt und möchte da von Ihnen wirklich nicht missverstanden werden. Zweitens. Was sind weitere Instrumente? Unter anderem das Marktanreizprogramm, das ausfinanziert ist, oder auch die Initiative „Kommunaler Klimaschutz“, bei der es darum geht, die Kommunen zu ertüchtigen, energieeffizienter zu werden, sei es hinsichtlich der Mobilität, sei es hinsichtlich der Beleuchtung, sei es hinsichtlich der Ausgestaltung kommunaler Gebäude. Diese Regierung hat die Mittelstandsinitiative auf den Weg gebracht und sie mit entsprechenden Mitteln ausgestattet, um mittelständischen Unternehmen durch Beratung und Zuschüsse dabei behilflich zu sein, energieeffizienter zu werden. Wir haben im Bereich Rohstoffsicherung erstmals eine Rohstoffstrategie vorgelegt. Wir haben eine Stromsparinitiative auf den Weg gebracht, die sich an private Verbraucher richtet. Das Maßnahmenpaket ist breit. Die permanenten Versuche der Opposition, der Regierung Nichthandeln zu unterstellen, lassen sich durch dieses wahre Kompendium von Maßnahmen sehr leicht widerlegen. Gesagt werden muss aber auch: Das Ziel einer Reduktion der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 ist ambitioniert und gestaltet sich momentan kompliziert, weil Kohlekraftwerke am Netz sind. Es wird auch darauf ankommen, dass die Kohlekraftwerksbetreiber neu investieren. Das ist momentan – das muss man auch erwähnen – aufgrund der angespannten Marktsituation kompliziert. Deshalb müssen und werden die erneuerbaren Energien auch in Zukunft diejenigen sein, die am klimafreundlichsten Energie liefern können – aber zu marktfähigen Preisen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit sind wir bei Frage 20 der Kollegin Bärbel Kofler: Teilt die Bundesregierung die Auffassung beispielsweise des Umweltbundesamtes über die Existenz von klima- und umweltschädlichen Subventionen, und, wenn ja, welche Maßnahmen will sie ergreifen, um diese abzubauen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kofler, die Subventionspolitik der Bundesregierung orientiert sich, wie im 23. Subventionsbericht, Seite 9, ausgeführt, an wachstums-, verteilungs-, wettbewerbs- und umweltpolitischen Wirkungen. Die Bundesregierung setzt in diesem Rahmen auch in Zukunft ihre bisherige Politik fort, den Abbau umweltschädlicher Subventionen national und international fortzuführen. Der angesprochene Bericht des Umweltbundesamtes legt den Fokus auf Umweltaspekte. Aspekte dieses Berichtes wurden beispielsweise bei der Erstellung des 23. Subventionsberichtes der Bundesregierung diskutiert und werden auch bei der Erstellung des 24. Subventionsberichtes berücksichtigt werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kofler, Sie haben eine Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ich gebe einfach die Hoffnung nicht auf, dass man auch einmal eine konkrete Antwort bekommt. Ich frage noch einmal nach: Welche Maßnahmen erachtet das Bundesumweltministerium denn für sinnvoll, und für welche Maßnahmen wird es sich auch bei Kabinettsabstimmungen – mit dem Finanzminister und anderen – einsetzen, wenn es um den Abbau von klima- und umweltschädlichen Subventionen geht? Was erachten Sie als Bundesumweltministerium konkret für sinnvoll? Wofür werden Sie kämpfen? Das UBA spricht ja von einer erklecklichen Summe in Höhe von 48 Milliarden Euro, und wir reden ja zu Recht immer über Kosten, über Steuerzahler usw. Konkret: Welche Maßnahmen aus diesem ganzen Bündel an Maßnahmen, die das UBA vorschlägt, wollen Sie angehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, wenn Sie sich einmal den Bericht anschauen, dann finden Sie dort eine ganze Menge an Finanzbeihilfen des Bundes, unter anderem zur Nutzung erneuerbarer Energien, zur Förderung von Investitionen mit Demonstrationscharakter zur Verminderung von Umweltbelastungen und auch – das zählt auch darunter – Zuschüsse für den Absatz der Steinkohle, wobei wir hier ja einen Ausstieg beschlossen haben. Erwähnt werden weiterhin unter anderem der Spitzenausgleich und auch Maßnahmen nach dem Energiesteuergesetz. Wir werben dafür, dass zum Beispiel die Aufwendungen für erneuerbare Energien, die als Subventionen gelten, auf jeden Fall erhalten bleiben. Als Subvention wird in dem Bericht nämlich unter anderem unsere Förderung der Erforschung der erneuerbaren Energien erwähnt. Wir finden, dass das eine sinnvolle Subvention ist. Insofern möchte ich jetzt keine Negativliste aufmachen, sondern das erwähnen, was für uns positiv im Bericht steht und für dessen Erhalt wir uns weiter einsetzen werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kofler, Sie haben keine weitere Nachfrage. – Herr Schwabe, bitte. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, es ist schön, dass Sie noch einmal aufgezählt haben, wofür Sie sich alles einsetzen, damit es bleibt. Die Frage lautete aber genau andersherum. Das Umweltbundesamt sieht Möglichkeiten, Subventionen, die klima- und umweltschädlich sind, in einem ziemlichen Umfang abzubauen; die Kollegin Kofler hat das erwähnt. Die Frage ist: Gibt es in diesem Katalog, den Sie ja vielleicht kennen, irgendeine Maßnahme, zu der Sie sagen: Mensch, das stimmt, hier könnte man etwas machen, das ist wirklich unsinnig; hier könnten wir Geld einsparen und etwas Gutes für Klima und Umwelt tun? – Hat das Bundesumweltministerium hier irgendeine Idee? Ich kann Ihnen vielleicht einmal mit einer Idee helfen: Es geht um die Dienstwagenbesteuerung. Die Anschaffung von großen Autos wird auch noch in vielfältiger Art und Weise steuerlich gefördert. Halten Sie das für vernünftig, oder glauben Sie, dass man dort durchaus zu Änderungen kommen könnte? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, nicht jeden Bericht und jeden Einzelpunkt des Berichts des Umweltbundesamtes müssen und werden wir in der Öffentlichkeit kommentieren. Das ist eine wichtige Handreichung und eine wichtige Information. Wir werden uns aber nicht alles zu eigen machen. Ich werde jetzt weder sagen, was wir uns nicht zu eigen machen, noch, was wir uns besonders zu eigen machen. Ich habe Ihnen gesagt, dass im Subventionsbericht Punkte auftauchen, die als Subvention bezeichnet werden, während wir sie als Förderung der erneuerbaren Energien ansehen und aufrechterhalten wollen. Eine einzelne Kommentierung der Vorschläge, die es hier gibt, werde ich an dieser Stelle nicht abgeben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist in Ordnung, dass Sie die Vorschläge nicht kommentieren wollen, aber vielleicht haben Sie eigene Vorstellungen. Die Bundesregierung hat sich in der Vergangenheit stark dafür eingesetzt, dass aus Gründen des Klimaschutzes zunehmend ökologische Bau- und Dämmstoffe verwendet werden. Es hat für ökologische Dämmstoffe ein Marktanreizprogramm gegeben. In dieses Programm sind erhebliche Mittel geflossen. Aber aufgrund der Subventionierung konventioneller fossiler Dämmstoffe sind die ökologischen Dämmstoffe noch immer nicht wettbewerbsfähig und können aufgrund der Preisdifferenz nicht in dem Maße zur Anwendung kommen, wie es wünschenswert wäre. Ich frage Sie für die Bundesregierung, welche Vorstellung Sie haben, um die Wettbewerbsfähigkeit durch den Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen, sprich Energiesubventionen, zum Beispiel für die Erzeugung von Steinwolle- oder Styropor-Dämmstoffen, herbeizuführen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Behm, Ihre Frage bezieht sich, denke ich, auf das Forschungs- oder auf das Bauressort. Ich kann dazu momentan nichts sagen, weil mir nicht bekannt ist, dass wir uns im BMU um Bau- und Dämmstoffe kümmern. Die Antwort auf Ihre Frage müsste ich Ihnen nachreichen. Noch einmal: Sowohl der Subventionsbericht als auch der Bericht des Umweltbundesamtes halten viele bedenkenswerte Hinweise bereit. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie wollen nicht sagen, was Sie umsetzen!) Trotzdem wird es nicht über alle Punkte eine Einigung geben. Zu den Dämmstoffen muss ich Ihnen die Informationen aus dem betreffenden Haus nachliefern. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Frage 21 des Kollegen René Röspel wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp zur Verfügung. Die Frage 22 des Kollegen Niema Movassat wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zu Frage 23 des Abgeordneten Dr. Sascha Raabe: Aufgrund welcher Kriterien und wessen Empfehlungen bzw. welcher öffentlichen Ausschreibung erfolgte die Entscheidung der Leitung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zugunsten der Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. für die Umsetzung der BMZ-Afrika-Initiative, und aus welchen Personen und Institutionen setzt sich die Initiative zusammen? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Raabe, Ihre mehrteilige Frage beantworte ich Ihnen wie folgt: Für die Afrika-Initiative des BMZ hat der Verein gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung, bpb, Ende 2010 ein Konzept entwickelt, um neues zivilgesellschaftliches Engagement zu generieren. Hierfür haben Verein und bpb einen Zuwendungsantrag gestellt. Im September 2011 nahm die Leitung des BMZ das Konzept an. Wir haben mitgeteilt: Da der Antrag gemeinsam von der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Verein als den Autoren mit der Bitte um Zuwendung eingereicht wurde, kommt hier nicht das Vergaberecht zur Anwendung, sondern das Zuwendungsrecht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Raabe, Sie haben eine Nachfrage? – Bitte. Dr. Sascha Raabe (SPD): In der Tat gab es bei Ausschreibungen des Ministeriums bei anderen Personalentscheidungen Auseinandersetzungen, was das Thema Vetternwirtschaft angeht. Darum ging es mir nicht in der Frage, Frau Staatssekretärin. Auch wenn es ein Zuwendungsverfahren ist: Wie sind Sie ausgerechnet auf diesen Verein gekommen, der bis dahin in der Szene relativ unbekannt gewesen ist? Es ist doch sehr fraglich, ob er über die notwendigen Strukturen verfügt. Sie hatten gesagt, dass das ein Konzept gewesen sei, das mit der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt wurde. Wie bewerten Sie den Umstand, Frau Staatssekretärin, dass die KfW und die GIZ, denen man dieses Konzept angetragen hatte, gesagt haben, dass die Nachhaltigkeit des Vorhabens sehr begrenzt sei? Das Gesamturteil dazu lautete: Insgesamt wird empfohlen, von einer Förderung dieses Vorschlags mit den Mitteln der deutschen Entwicklungszusammenarbeit abzusehen. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Herr Kollege Raabe, ich will zunächst einmal ausdrücklich Ihre eben gemachte Aussage von mir weisen, bei Personalentscheidungen sei Vetternwirtschaft im Spiel. Wir kennen dieses Thema leider, auch die Debatte hierzu im Plenum. Aber ich will diesen Vorwurf ausdrücklich zurückweisen und sagen: Wir haben Personal nach Recht und Gesetz und vor allen Dingen nach Befähigung ausgewählt. Das dürfte überhaupt keine Frage sein. Jetzt zu dem Verein. Ich teile Ihre Einschätzung überhaupt nicht. Es ist ein junger Verein; das ist richtig. Dieser junge Verein – ich muss Ihnen einmal kurz die Historie erläutern – setzt sich zusammen aus einer Initiative, die auf dem Stipendiatenprogrmm Go Africa … Go Germany … beruht. Der Verein wurde im Jahre 2009 auf Anraten des damaligen Staatssekretärs im BMZ, Herrn Stather, zur Durchführung des deutsch-afrikanischen Stipendiatenprogramms gegründet. Das war die Grundlage. Das ist also ein Verein, der über hervorragende Erfahrungen verfügt und lange tätig war. Ich möchte Sie daran erinnern, dass dieser Stipendiatenaustausch auch Teil der Partnership with Africa war unter der Schirmherrschaft von Altbundespräsident Köhler, der auch jetzt immer noch in internationalen Gremien für Afrika aktiv ist. Der Verein Go Africa … Go Germany … hat am 8. Dezember 2009 seine Anmeldung beim Amtsgericht Potsdam eingereicht. Am 22. September 2010 erfolgte die Eintragung im Vereinsregister beim Amtsgericht Potsdam. Am 5. Mai gab es bei der Durchführung des deutsch-afrikanischen Stipendiatenprogramms einen Kooperationsvertrag mit der Bundeszentrale für politische Bildung. 2011 war dieses Teil der Zukunftsinitiative des Afrika-Konzepts, das das Kabinett verabschiedet hat. Dann hat sich der Verein entschieden, eine Namensänderung vorzunehmen. Er hieß dann nicht mehr Go -Africa … Go Germany …, sondern Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. Die Zielsetzung, um die es dem Verein ging, wurde mit diesem Namen klarer. Klarer wurde auch die Anlehnung an die Initiative des von mir eben erwähnten Altbundespräsidenten Köhler. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Raabe hat das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Sascha Raabe (SPD): Frau Staatssekretärin, ich möchte niemandem, der sich für Afrika engagiert, seinen guten Willen absprechen, bestimmt auch nicht den Initiatoren dieser Initiative. Weil man hier von 8 Millionen Euro Steuergeldern spricht, die aufgebracht werden müssen und die natürlich vor Ort in Afrika eingesetzt werden könnten, muss man sich natürlich auch fragen, ob der Aufwand den Ertrag rechtfertigt und welches die Zielsetzung des Ganzen ist. Es gab im Jahre 2011 schon einmal den Versuch vonseiten des Ministers, mit Steuergeldern in Millionenhöhe eine Mittelstandsoffensive zu starten. Dazu hieß es in -einem Schreiben an die Durchführungsorganisation: Hauptsache, der politische Ertrag für Niebel und Rösler ist hoch; das rechtfertigt bereits alle Mittel. Wenn Sie das Konzept, das den Menschen in Afrika hilft, ernst meinen, dann frage ich Sie, wie Sie zu der Aussage von Experten des Auswärtigen Amtes stehen, die laut einer Spiegel-Meldung sagen, dass sie vor Ort überhaupt nicht eingebunden worden seien. Wir praktizieren genau das, was wir ansonsten in Sachen „Guter Regierungsführung“ bei anderen kritisieren. So schimpft ein hochrangiger Diplomat. Da scheint es doch eher auf die Werbewirksamkeit kurz vor dem Wahlkampf in Deutschland anzukommen als darauf, tatsächlich den Menschen in Afrika zu helfen, wenn ich das Zitat der Botschafter ernst nehme. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich hoffe, Herr Kollege Raabe, ich kann Sie davon überzeugen, meinen Aussagen Glauben zu schenken und nicht einem Zeitungsartikel. Insofern möchte ich Ihnen zunächst Folgendes sagen: Sie sprachen eben mit Selbstverständlichkeit von einem Mitteleinsatz in Höhe von 8 Millionen Euro. Diese Zuwendung von 8 Millionen Euro entbehrt jeder Grundlage; dies ist nicht der Fall. Der Verein hat das Geld auch nicht bekommen. Wir haben den Artikel natürlich auch gelesen und haben uns überlegt, wie man zu einer solchen Äußerung kommt. Wir können uns dies nur dadurch erklären, dass es sich um eine Verwechslung handelt. Aber noch einmal: Dieser von mir eben genannte hochgeschätzte Verein hat keine 8 Millionen Euro bekommen. Jetzt zu dem gesamten Ansatz. Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Entwicklungszusammenarbeit gilt: Das Verständnis für Menschen in Entwicklungsländern auch mit Rückwirkung aus Deutschland muss man in aller Breite schaffen, also in die Mitte der Gesellschaft holen. Das ist unser Ansatz. Mit einer solchen Afrika-Initiative, übrigens auf drei Jahre angelegt, die sich zurzeit in einer Pilotphase befindet, die bis Ende März läuft – dann werden wir mehr darüber sagen können –, wird ein Graswurzelansatz verfolgt, mit dem Partnerschaftlichkeit zwischen Afrika und Deutschland gepflegt werden soll. Das ist das Neue daran, nämlich über Schulen, Hochschulen und Vereine einen deutsch-afrikanischen Peer-to-Peer-Ansatz zu verfolgen. Das klare Ziel ist nicht, viel Geld auszugeben, sondern mit so wenig Geld wie möglich die größtmögliche Wirkung zu erzeugen. Die Verständigung Afrikas mit Deutschland und der Zivilgesellschaft in Deutschland ist das Ansinnen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Hänsel hat eine Nachfrage. Heike Hänsel (DIE LINKE): Danke schön. – Ich würde gerne nachhaken, Frau Staatssekretärin: Wie hoch ist der Etat für die Afrika-Initiative? Denn Sie haben gesagt, die Zahlen stimmten nicht. Ich möchte auch wissen, welche Partner in den Ländern Afrikas konkret in die Entwicklung der Afrika-Initiative eingebunden waren. Welche Graswurzelinitiativen aus welchen Ländern haben Sie im Vorfeld der Planung des Afrika-Tages konkret beteiligt? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Zunächst zu dem Finanzvolumen der gesamten Initiative: Dabei geht es um einen Ansatz von etwa 1,6 Millionen Euro. Der Verein bekommt 1,1 Millionen Euro, von denen auch Personal bezahlt wird. Zu der Frage, wie viele Länder wir einbinden: Wir sind in der Pilotphase, beim Aufbau dieses Projektes, das übrigens bei uns im Haus aufgebaut und uns als Leitung 2011 vorgelegt wurde. Es ist ein sehr innovativer Ansatz, bei dem wir mit so wenig Geld wie möglich entsprechende Strukturen aufbauen. Natürlich – das ist gar keine Frage – muss auch eine Rechnungslegung stattfinden. Wir haben Partnerländer in Afrika, die bei dieser Initiative mitmachen. Ich habe eben schon die Schulen angesprochen. Es gibt etliche, die schon mitmachen. Wir haben in den wenigen Monaten, seit die Pilotphase läuft, schon etwa 1 400 Menschen erreicht. An verschiedenen Symposien und Veranstaltungen haben 700 Personen teilgenommen. Ich finde, das kann sich sehen lassen. Noch einmal: Die Konzeption läuft. Selbstverständlich bilden wir Partnerschaften und binden afrikanische Länder mit ein, die sich dieser Initiative anschließen möchten. Genau darauf zielt das Vorhaben auch: Wir wollen keine deutsche Initiative, sondern eine deutsch-afrikanische. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Nur mal eine nennen! Nur mal eine Organisation!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt hat Frau Roth das Wort. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Frau Staatssekretärin, ich glaube, es gibt niemanden im Saal, der eine Afrika-Initiative nicht unterstützen würde, die zum Ausdruck bringt, dass man die Verständigung zwischen Afrika und Europa – nicht nur Deutschland – für gut hält. Die spannende Frage ist: In welcher Weise, mit welchen Mitteln und welcher Wirkung geschieht das? Die Wirksamkeit ist schließlich immer das große Thema des Ministeriums. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Richtig. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Insofern haben wir das Recht, genauer nachzufragen. Wenn Sie sagen, die 8 Millionen Euro seien nicht richtig, es seien nur 1,1 Millionen Euro, dann ist die Frage, ob das jährlich, über die drei Jahre oder für das gesamte Projekt gilt. Oder sind es 1,6 Millionen Euro für die Organisationen in Afrika? Wir hätten es gerne ein bisschen genauer, auch hinsichtlich der Wirksamkeitsüberprüfung. Denn wenn man keine Ziele setzt, hat man am Ende auch keine Wirksamkeit nachzuweisen. Die Frage ist also: Was wollen Sie in Afrika und auch in Deutschland erreichen? Dabei bringt auch die Bundeszentrale für politische Bildung finanzielle Beiträge ein. Die Frage ist also vor allen Dingen auch: Was bringt sie an Beiträgen ein, um von Synergieeffekten reden zu können? Wir hätten doch gerne ein bisschen mehr gewusst. Ich kann Kollegin Hänsel gut verstehen und möchte an ihre Fragen anknüpfen: Welche Länder in Afrika haben Sie als Schwerpunkt ausgewählt? Welche Organisationen in Deutschland außer dieser Durchführungsorganisation sind mit angesprochen? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Frau Roth, ich muss mich korrigieren, glaube ich. Ich habe eben etwas durcheinandergebracht. Bitte streichen Sie die 1,6 Millionen Euro aus Ihrem Gedächtnis. Es hat einen Zuwendungsbescheid an die Stiftung mit einem Volumen von 1,148 Millionen Euro gegeben – es ist noch mehr, aber auf die anderen Stellen möchte ich jetzt nicht näher eingehen –, und zwar für den Zeitraum von September 2012 bis März 2013. Das ist genau die Pilotphase, in der wir uns jetzt befinden. Alle weiteren Schritte und alle weiteren Finanzaufwendungen werden erst danach feststehen. Wir sind jetzt in der Aufbauphase. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich die Zahlen durcheinandergebracht habe. Noch einmal zu der Afrika-Initiative. Ich finde es sehr gut, dass Sie selber bestätigt haben, wie wertvoll ein solcher Austausch und auch eine solche Initiative sind. Wir haben oft im AwZ über die Förderung des Austausches von Stipendiaten debattiert, um Kulturen zueinanderzubringen und Grundlagen für gegenseitiges Verständnis zu legen. Ursprünglich lief der Stipendiatenaustausch über das BMI. Aber das BMI wollte nicht mehr fördern und hat auf uns, das BMZ, verwiesen, weil dieser -Austausch in besonderer Weise entwicklungsrelevant ist. Wir finden das hervorragend und möchten ihn gerne integrieren. Wie ich Ihnen eben sagte, ist das Teil dieser Initiative bzw. dieses Vereins. Darauf wird sehr viel Wert gelegt. Die Grundlagen dieses Austauschs sind schon 2007 vom damaligen Staatssekretär gelegt worden. Ich finde, es handelt sich um eine hervorragende Initiative, die es wert ist, weiterhin gefördert zu werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Raabe auf: Welche Konsequenzen zieht der Bundesminister Dirk Niebel aus dem offenbar negativen Ergebnis des Gutachtens der Firma PricewaterhouseCoopers, das der Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. eine ordnungsgemäße finanzielle -Abwicklung des 8-Millionen-Euro-Zuschusses für die Umsetzung der BMZ-Afrika-Initiative abspricht? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Herr Kollege Raabe, die Studie sieht Nachholbedarf bei der kaufmännischen Ausstattung der Stiftung. Der Grund des angesprochenen Nachholbedarfs war, dass es sich bei der Stiftung um eine Ausgründung aus der -Bundeszentrale für politische Bildung handelt, mit dem Ziel, das gemeinsame Stipendiatenprogramm der Bundeszentrale und des BMZ von zwei Partnern zu finanzieren. Dabei wurde im Rahmen eines Kooperations-vertrags der wirtschaftliche Teil in der Bundeszentrale abgewickelt. Für das neue Programm musste dieser kaufmännische Teil neu eingestellt werden, was in das Gutachten noch nicht eingegangen ist. Die Bewertung in dem von Ihnen genannten Gutachten stammt nicht aus dem BMZ, sondern von außen. Es handelt sich nicht um 8 Millionen Euro. Inzwischen ist der Verein der Forderung nach-gekommen und hat die Strukturen – Buchhaltungssystem, Controllingsystem und Organisationsstrukturen – nachgewiesen. Es gibt seit gestern Abend eine zweite Studie, in der das genau dargelegt wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte schön. Dr. Sascha Raabe (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie betonen immer wieder, dass es sich nicht um 8 Millionen Euro handelt. Nun hatten Sie sich auf Nachfrage meiner Kollegin Roth korrigiert und eingeräumt, dass bis März 2013 1,148 Millionen Euro nur für die Pilotphase aufgewendet werden. -Können Sie denn ausschließen, dass man über die geplanten drei Jahre, in denen die Aktionen stattfinden, nicht doch in die Nähe von 8 Millionen Euro kommt? Denn das tragen Sie immer als Gegenargument vor. Setzen Sie das einmal in Relation zu dem Effekt, den die deutsche Millenniumskampagne hatte, für die wir nur einige Hunderttausend Euro Zuschuss pro Jahr gebraucht hatten und die eine super erfolgreiche Kampagne war, in der gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und den Kommunen Verständnis für Afrika und die Millenniumsentwicklungsziele geweckt worden ist. Damals hatten Sie gesagt – ich erinnere mich noch gut an den Antrag, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, den wir gestellt hatten –, das Geld werde gestrichen, weil die Mittel in Höhe von einigen Hunderttausend Euro nicht verfügbar seien. Es passt nicht zusammen, wenn auf der einen Seite ein paar Hunderttausend Euro, die nötig wären, um -Bewusstsein zu schaffen, abgelehnt werden, auf der anderen Seite aber auf einmal die Millionen sprudeln. Das müssen Sie mir erklären. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Noch einmal: Da sprudeln keine Millionen. Ich wehre mich dagegen, dass hier die Zahl von 8 Millionen Euro in den Raum gestellt wird, die in einem Magazin zu -lesen war, die aber jeder Grundlage entbehrt und offenbar auf einer Verwechslung basiert. Es gibt jetzt im Haus keine verlässliche Schätzung. Mir ist wichtig, das zu -betonen. Der eben von mir genannte Betrag für die -Pilotphase beläuft sich auf 1,1 Millionen Euro. Das ist richtig. Wir haben eine breite Palette von zivilen Akteuren, von Kommunen und Ländern, die eigene Projekte haben, welche in der Regel sehr wertvoll sind. Man muss immer den Einzelfall betrachten. Eines aber dürfen Sie ganz sicher annehmen: Wir achten sehr genau auf den effizienten und effektiven Mitteleinsatz. Das sind wir uns selber schuldig. Sie wissen selber, dass eine Konsolidierung des gesamten Bundeshaushalts erfolgen muss. Kein Ressort erlaubt es sich, hier über die Stränge zu schlagen, wir schon gar nicht. Die Projekte sind so angelegt, dass sie die Bildung voranbringen, und zwar in den afrikanischen Partner-ländern und in Deutschland. Es geht darum, voneinander zu lernen und mehr übereinander zu wissen. Ich glaube, es handelt sich um eine hervorragende Initiative. Ein Stipendiatenaustausch prägt junge Menschen für ihr Leben. Ich muss nicht länger ausführen, warum das eine gute Grundlage für ein künftiges Wirken im Beruf, aber auch im Privatbereich ist. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine zweite Nachfrage, Herr Raabe? – Bitte. Dr. Sascha Raabe (SPD): Frau Staatssekretärin, dass es sich hier nicht um -Peanuts handelt, sieht man daran, dass dieses Gutachten von einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellt worden ist. Es enthält nun einmal negative Bewertungen. Ich erinnere mich, dass in vergleichbaren Fällen – es geht nicht um die gute Absicht – der Minister gehandelt hat. Ich erinnere an den Global Fund. Wenn in irgendeinem Prüfungsbericht negative Bewertungen waren, hat er erst einmal sofort die Auszahlung der Mittel gestoppt. Im jetzigen Fall verwundert es schon, dass Sie so lapidar von Kleinigkeiten sprechen. Wir wollen -diesen Bericht haben. Ich hoffe, dass Sie uns zusagen können, uns den Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorzulegen. Dann werden wir sicherlich entsprechende Nachfragen haben. Ansonsten drängt sich der Eindruck auf, dass für den ersten deutschen Entwicklungstag, der in 16 Städten, unter anderem in Heidelberg, also im Wahlkreis des Ministers, geplant ist, viel Geld – kurz vor der Bundestagswahl – ausgegeben werden soll. Wir stellen schon die Frage, ob das den Menschen in Afrika hilft oder ob das nicht jetzt kurz vor der Bundestagswahl Wahlwerbung ist. Um Afrika zu helfen, unterstützen wir gerne alle Maßnahmen, aber wir unterstützen nicht, dass ausgerechnet einige Monate vor der Bundestagswahl mit -einem Millionenaufwand der Minister ins rechte Licht gerückt werden soll. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich kann mich daran erinnern, Herr Kollege Raabe, dass bei einer Frage vorhin auch danach gefragt wurde, was so kurz vor der Wahl aufgetischt werde. Es kann doch nicht sein, dass wir als BMZ oder als Bundesregierung gar nichts mehr machen und die Hände in den Schoß legen, nur weil im September die Bundestagswahl ist. Wir haben natürlich unsere Aufgaben zu erfüllen. Das ist völlig klar. Den Wahlrhythmus lassen Sie bitte außen vor. Wir haben verschiedentlich bewiesen, dass es dem BMZ um effiziente Strukturen geht, um gute Regierungsführung, die wir auch selber gezeigt haben, indem wir die größte Strukturreform auf den Weg gebracht haben, die es je im BMZ gegeben hat. Ich möchte Sie nur bitten, wirklich wertzuschätzen, was wir an dieser Stelle geleistet haben. Zu den beiden Studien. Die erste Studie, in Auftrag gegeben von der GIZ, und die zweite, von der ich eben gesprochen habe – in Auftrag gegeben vom BMZ –, -kosten 5 000 Euro. In der ersten Studie ist nicht berücksichtigt worden, dass sich der Verein gerade neu strukturiert hat und dass das, was im ersten Gutachten gefordert wurde, nämlich der Aufbau von Finanzstrukturen, Organisationsstrukturen, Kontrollsystemen – ich habe das eben genannt –, selbstverständlich vorgesehen war; nur war es noch nicht auf dem Weg. Das ging in der Kürze der Zeit nicht. Das Ganze steht jetzt. Es gibt jetzt ordnungsgemäße Strukturen, so wie es ohnehin vorgesehen war, und das steht auch so in der zweiten Studie. Ich hätte Ihnen diese Studien gerne bereits zugeleitet, gar keine Frage; ich habe noch gestern Abend an das -renommierte Institut geschrieben und darum gebeten, dass wir das weiterreichen dürfen, weil in einem Passus dieses Gutachtens steht, dass wir, bevor wir es weiter-geben, ausdrücklich um Erlaubnis bitten müssen. Die Bitte ist bereits auf dem Weg. Sie bekommen die Unterlagen so schnell wie irgend möglich nach Genehmigung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Hänsel, bitte. Heike Hänsel (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, bei den enormen Geldern, die Sie da einsetzen, drängt sich dieser Verdacht natürlich schon auf; das möchte ich noch einmal sagen. Allein für die Pilotphase sind es über 1 Million Euro. Aufgrund von Etatkürzungen haben wir derzeit das Problem, dass kleine Initiativen zu wenig Geld haben. Bei mir in Tübingen haben wir ein Jahr lang ein ASA-Austauschprogramm geplant. Da ging es um 4 000 Euro Flugkosten. Weil entsprechende Mittel gestrichen wurden und eine Gruppe aus Kolumbien jetzt nicht kommen kann, fällt das Austauschprojekt flach – wegen 4 000 Euro! Sie geben in einer Pilotphase 1 Million Euro für eine sehr zweifelhafte und sehr einseitige Kampagne aus. Dabei drängt sich vielen der Verdacht auf: Es wird kein Entwicklungshilfetag, sondern eher ein „Niebel-Tag“ bundesweit organisiert, unter anderem in Herrn Niebels Wahlkreis. Deshalb meine Nachfrage: Wo sehen Sie eigentlich den Wert der entwicklungspolitischen Bildung in dieser Kampagne? Seit Jahren kämpfen wir darum, dass die Mittel für entwicklungspolitische Bildung erhöht werden. Bei der letzten Etatberatung gab es darüber noch einmal Auseinandersetzungen. Seit Jahren kämpfen die Organisationen dafür, dass die Arbeit, die sie machen, ausgebaut werden kann, Stichwort „Promotoren-Programm usw.“. Dafür gibt es kein Geld. Aber für Ihre Initiative haben Sie Millionen Euro. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Frau Kollegin Hänsel, ich bin ganz sicher, dass jeder von uns noch jede Menge andere Projekte wüsste, die finanziert werden sollten. Zu den 4 000 Euro, die Sie eben ansprachen: Da muss man genau hinschauen, was das für ein Projekt ist. Egal ob es um 4 000 Euro oder um eine höhere Summe geht: Man muss immer genau hinschauen, ob etwas sinnvoll ist oder nicht. Dies ist eine hervorragende Projektinitiative zusammen mit der Stiftung Partnerschaft mit Afrika. Ich versuche es noch einmal herauszuarbeiten: Es geht darum, Verständnis für Entwicklungszusammenhänge zu schaffen, die Zivilgesellschaft plus Privatwirtschaft an Bord zu holen und das Thema „Entwicklungszusammenarbeit“ in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Sie alle zusammen und die staatlichen Gelder bilden das Fundament für eine effiziente Entwicklungszusammenarbeit; denn der Staat kann nicht alles finanzieren. Das geht eben nicht. 120 Milliarden US-Dollar an staatlichen Entwicklungsgeldern kommen im Jahr weltweit zusammen. Die privaten Initiativen, einschließlich wirtschaftlicher -Initiativen, betragen mehr als das Zehnfache weltweit. Da sieht man schon das enorme Potenzial. Das können wir gar nicht mit Steuergeldern finanzieren. Also: Es geht um eine Initiative, die effizient ist, die sich in der Pilotphase befindet, an der es bereits viele Beteiligte gibt. Schauen Sie sich an, was an Initiativen auf dem Tisch liegt, wenn die Pilotphase beendet ist. Noch einmal – ich meine, das ist immer ein Reflex –: Stattfinden wird kein „Niebel-Tag“. Sie greifen sich die Stadt Heidelberg heraus; die Zeit wird wohl nicht reichen, um nachher noch darauf einzugehen. Es sind 16 deutsche Städte eingebunden, die auch einen Entwicklungsbezug haben. Heidelberg – von dort kam der Vorschlag, Heidelberg zu wählen – ist seit 20 Jahren jedes Jahr bei der Afrika-Entwicklungsinitiative dabei. Wir haben eine lange Tradition der Kooperation mit Afrika und viele andere Städte in Deutschland auch. Sie bauschen das hier auf und sprechen von einer Niebel-Kampagne. Dieses Projekt mag Ihnen nicht gefallen; aber das ist Ihr Problem. Wir gehen mit diesem Entwicklungstag durch ganz Deutschland – der Zentralpunkt ist Berlin –, nehmen Kommunen, die Zivilgesellschaft, alle Akteure mit und bauen ihnen eine Bühne. Sie können auf dieser Bühne agieren, ihre Projekte präsentieren und Menschen für Entwicklungszusammenarbeit gewinnen, damit wir mit vielen Akteuren, in Afrika und in Deutschland, eine wirklich effiziente Arbeit machen können. Neu ist nicht nur, in Deutschland dafür zu werben, sondern auch Partnerschaften, und zwar auch auf der zivilen Ebene, mit afrikanischen Schulen, mit Kindern direkt in Form von Patenschaften, zu gründen. Das ist eine hervorragende Initiative, die helfen soll, mit dem geringstmöglichen finanziellen Aufwand weiterhin eine qualitativ hochwertige Entwicklungspolitik betreiben zu können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Roth. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Frau Kollegin Kopp, vielen Dank für die Zusage, dass wir den Bericht über die finanzielle Lage dieses Vereins bekommen. Ich finde, das ist wichtig. Dann bekommt man nämlich Licht ins Dunkel, und zwar nicht nur im Rahmen dieser parlamentarischen Nachfrage. Ich habe noch weitere Fragen dazu: Ist es vielleicht möglich, den Bericht über den Abschluss der ersten Studie, der Pilotphase, zumindest dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorzulegen? Könnten Sie vielleicht schon heute sagen, wie das Verhältnis bei den Finanzen zwischen afrikanischen Staaten mit afrikanischen Projektteilnehmern und Deutschland ist? Wenn richtig ist, dass das 1,6 oder 1,4 – Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: 1,1 Millionen Euro in der Pilotphase. Karin Roth (Esslingen) (SPD): – bzw. 1,1 Millionen Euro sind, dann wäre es wichtig, zu wissen, was hier in Deutschland für diese Kooperation und Kommunikation ausgegeben wird, aber auch, was in Afrika passiert. Wo kommt das Geld an? Wenn Sie das heute sagen könnten, wäre es schön. Wenn nicht, dann bekommen wir dies sicherlich nachgereicht. Darüber hinaus hätten wir gerne noch eine Erklärung zur Abschlussstudie; denn sie ist für die Beurteilung des Projekts ziemlich wichtig. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Wir müssen unterscheiden: Ich habe gerade von zwei Studien gesprochen und gesagt, dass ich die Genehmigung einholen werde, das weiterzureichen. Das geht dann sehr schnell. Diese bekommen Sie selbstverständlich nach Genehmigung. Das Zweite ist: Die Pilotphase für die Stiftung Partnerschaft mit Afrika wird im März bzw. April zu Ende sein. Bis dahin wissen wir auch, welche Partner konkret an Bord sind, mit welchem Aufwand, und wie sich die gesamte Konzeption darstellt. Im Moment sind wir in der Erprobungsphase; deswegen heißt es ja Pilotphase. Selbstverständlich werden wir dann gerne im AwZ im Detail darüber berichten, und zwar in inhaltlicher, finanzieller und struktureller Hinsicht – eigentlich, Frau Kollegin Roth, wie Sie es von uns gewohnt sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit sind wir bei der Frage 25 der Kollegin Roth: Mit welchem finanziellen Umfang findet die Qualifizierung von Mitarbeitern in Textilfabriken in Bangladesch durch die Firma Lidl mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, GIZ, statt, und wie sind dabei die Kosten zwischen der Firma Lidl und der GIZ aufgeteilt? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Vielen Dank. – Frau Kollegin Roth, Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an. Wir haben in letzter Zeit schreckliche Dinge über Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan gelesen. Deshalb ist es wichtig, dort genau hinzuschauen und für eine Verbesserung der Verhältnisse vor Ort zu sorgen. Der Bereich International Services der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit wurde gegründet, um Leistungen auch anderen Auftraggebern außer der Bundesregierung anbieten zu können. Alle Aufträge von GIZ IS sind zu 100 Prozent durch die Auftraggeber -finanziert – dies finde ich sehr wichtig –, zum Beispiel in Bangladesch durch die Lidl Stiftung & Co. KG. Derzeit implementiert International Services zwei Vorhaben für Lidl im bangladeschischen Textilsektor im Umfang von 4,1 Millionen Euro. Ziele der Vorhaben sind die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Textilarbeiterinnen; darum handelt es sich ja meist. Es finden folgende Aktivitäten statt: Fortbildung, Coaching von Repräsentanten der teilnehmenden Fabriken, Implementierung von Sozial- und Umweltstandards, Kampagnen zur Bewusstseinsbildung im Bereich „Arbeitssicherheit und Gesundheit“ für die gesamte Belegschaft, Bereitstellung eines mobilen Gesundheitsdienstes, um Basisgesundheitsdienstleistungen während der Arbeitszeit anzubieten, und Bonuszahlungen an die Belegschaften ausgewählter Fabriken für die geleistete Qualität. Ich füge hinzu: Es gibt auch Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Wie gründet man Gewerkschaften, also Arbeitnehmervertretungen, in diesen Betrieben?“. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich will kurz darauf hinweisen, dass gleich die Aktuelle Stunde beginnt, gebe aber Frau Roth noch die Gelegenheit zu einer Nachfrage. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Es ist schon einmal beruhigend, zu hören, dass die Firma Lidl den Auftrag bezahlt und nicht wir das aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit bezahlen müssen; das finde ich ganz prima. Die Frage ist: Gibt es noch andere Unternehmen – das habe ich in meiner zweiten Frage dazu angesprochen –, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Es ist ja nicht nur Lidl, – Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Genau. Karin Roth (Esslingen) (SPD): – sondern es ist ein großes Set von deutschen Unternehmen, die dort arbeiten lassen oder dort bestellen. Das ist die eine Frage, die Sie gleich noch beantworten werden. Wenn Unternehmen die Beratungsleistungen in Anspruch nehmen, dann ist das gut so. Die andere Frage aber ist: Wäre es nicht sehr viel effizienter, wenn wir von unserer Seite aus die von Europa vorgeschlagene CSR-Strategie verbindlich einführen würden? Dann hätten wir sowohl auf der Ebene der Beratung – meiner Meinung nach kann die GIZ IS das ganz prima – einen Push als auch aufgrund der rechtlichen Lage in Europa mit der Verbindlichkeit der CSR-Strategie. Wie schätzen Sie das ein? Wird die Bundesregierung die CSR-Strategie unterstützen? Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Die CSR-Strategie haben wir als BMZ schon seit längerer Zeit in unserem Portfolio, übrigens nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in anderen Bereichen, etwa im Rohstoffbereich, wie Sie aus der Ausschussarbeit wissen. Auf der europäischen oder gar auf der internationalen Ebene einen Konsens herzustellen – Sie sagten ja, das solle verbindlich gemacht werden –, wird, glaube ich – ich sage es einmal vorsichtig –, nicht schnell machbar sein. Im Moment sehe ich dafür keine Mehrheit. Es stellt sich also die Frage: Was sollen wir machen? Gar nichts machen und die Dinge weiter laufen lassen, ist nicht unser Vorgehen; wir setzen auf die Freiwilligkeit. Wenn ein Unternehmen daran teilhaben möchte und wenn wir es beraten sollen, dann machen wir das sehr gerne. Frau Kollegin Roth, viele Unternehmen gehen bei einer ausgelagerten Produktion ein Reputationsrisiko ein – das ist ja auch der Hebel bei den CSR-Standards –: Wenn es bei der Produktion in einem anderen Land eine Katastrophe gibt, fallen sie negativ auf. Insofern ist es von mehreren Aspekten her absolut richtig und wichtig, die Unternehmen darin zu beraten, was sie besser machen können. Immerhin: Bis jetzt ist es gelungen, insgesamt 2 000 Unternehmen in verschiedenen Ländern – Schwerpunkt: Bangladesch und Pakistan – in dieser Richtung zu beraten. Sie fragten nach weiteren Unternehmen. Die GIZ IS ist noch von weiteren Textilunternehmen beauftragt. Ich nannte eben schon die Lidl Stiftung. Des Weiteren ist zu nennen die C&A Stiftung – ich könnte Ihnen auch die Volumina angeben –; Tesco und Walmart sind in Prüfung – also international bekannte Unternehmen. Sie bezahlen für die Beratung. Es gibt auch eine spezielle Beratung – das ist ganz neu – zum Thema Brandschutz/Prävention. Wie gesagt, es sind über 2 000 Unternehmen, die davon schon profitieren, und es sind die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die davon profitieren. Ich glaube, wenn man Produktwege nachvollziehen kann, ist das insgesamt eine Win-win-Situation: gute Reputation für die Unternehmen sowie gute und bessere Standards für die Menschen vor Ort; die Verhältnisse sind häufig ja zum Teil katastrophal. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben noch eine Nachfrage? – Bitte. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin Kopp, ich glaube, das alles ist gut und richtig; aber Ihre Antwort zur CSR-Strategie der Europäischen Union gefällt mir gar nicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist das einzige Land, das die Vorschläge der Europäischen Union nicht unterstützt und sie somit blockiert. Ich halte das für schwierig. Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union besteht ein Einverständnis darüber, eine solche Strategie für alle europäischen Unternehmen einer bestimmten Größe verbindlich zu machen; nicht alle kleinen und mittleren Unternehmen sind dabei an Bord. Wir müssen zeigen, dass es um Menschenrechtsverletzungen geht. Diese zu verfolgen und dort mehr Verbindlichkeit herzustellen, ist aus meiner Sicht eine europäische Verpflichtung. Ich verstehe überhaupt nicht, dass die Bundesregierung an dieser Stelle politisch blockiert und es dadurch zu keinen verbindlichen Regelungen kommt. Alles andere ist richtig; aber das ist unangemessen. Es ist Zeit, dass die europäischen Unternehmen, die dort arbeiten lassen oder arbeiten, an europäischen und internationalen Standards gemessen werden, wie zum Beispiel dem Verbot von Kinderarbeit. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Frau Kollegin Roth, ich unterstreiche ausdrücklich, dass Grundlage der Arbeit der Bundesregierung, und zwar ressortübergreifend, unser Menschenrechtskonzept ist. Das nehmen wir ernst. Es ist nicht so, dass wir auf europäischer oder internationaler Ebene etwas blockieren. Ich habe die Rohstoff-Transparenzinitiative genannt, die EITI. Es gibt unterschiedliche Meinungen, und diese werden ausgetauscht. Ich sage Ihnen: Es wird in Kürze auf dem internationalen Parkett Konferenzen geben, bei denen dieses Thema wieder auf der Tagesordnung steht. Es ist im Gespräch, aber im Moment nicht konsensfähig. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir sind am Ende der Fragestunde. Ich rufe jetzt Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Aktuelle Situation in Mali Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Kollege Dr. Rainer Stinner für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Rainer Stinner (FDP): Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Situation in Mali und in der Region berührt, wie ich finde, deutsche und europäische Sicherheitsinteressen. Von daher ist es völlig richtig, dass wir uns Gedanken machen, inwieweit wir einen Beitrag leisten können. Wir haben bereits im November/Dezember – uns allen ist das bewusst – über eine mögliche Trainingsmission gesprochen. Dies ist durch die aktuelle Entwicklung überrollt worden, nämlich indem die Rebellen aus dem Norden sehr aktiv und massiv gegen den Süden vorgegangen sind. Daraufhin hat die französische Regierung unmittelbar reagiert. Dafür habe ich volles Verständnis. Wir alle wissen – die FDP sagt das mit voller Inbrunst –, dass ein politisches Konzept für diese Region wichtig ist. Wenn es den Rebellen aber gelungen wäre, noch zwei oder drei Tage weiter gen Süden zu marschieren, hätten sie das ganze Land besetzt und von einer möglichen politischen Lösung wäre nicht mehr die Rede gewesen. Die französische Regierung hat die Bundesregierung zeitnah, umfassend und gut informiert – das ist richtig so, und das ist gut so –; aber – es ist wichtig, dass das auch die beiden anwesenden Minister hören – die französische Regierung hat Deutschland nicht konsultiert. Sie hat uns informiert, aber nicht konsultiert. Ich verstehe das; aber das hat natürlich Konsequenzen. Deshalb weise ich die Kritik, die mancherorts geäußert wird, warum wir nicht gleich mit Hurra hinterhermarschiert seien, deutlich zurück. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das werden wir auch in Zukunft nicht tun. Wir werden auch in Zukunft überlegen, ob das in den Gesamtrahmen passt, bevor wir Soldaten irgendwo hinschicken. Von daher ist der Ablauf, den wir vorsehen, völlig richtig und normal. Ich habe letzte Woche anlässlich des Besuches der französischen Kollegen mit vielen von ihnen über diesen Einsatz gesprochen. Die Kritik war nicht: Warum nur zwei Transallflugzeuge und nicht vier? Nein, die Kritik war eine ganz andere. Die Franzosen sind von ihren Bündnispartnern in Gesamteuropa außerordentlich enttäuscht, weil das Thema woanders offensichtlich nicht so ernst genommen wird, und zwar sowohl von der Dringlichkeit als auch von der Bedeutung her. Das ist die Enttäuschung, die uns die Franzosen vermittelt haben. Wir müssen daran arbeiten, das zu ändern. Da man wusste, dass in dieser Region irgendetwas nicht in Ordnung ist, hätte sich die Europäische Union in der Tat schon einige Monate früher mit der Problematik beschäftigen können. Wir haben bisher also völlig richtig gehandelt. Natürlich sind wir offen dafür, im Sinne der Wahrnehmung unserer eigenen Interessen weitere Beiträge zu leisten. Für die weiteren Beiträge gibt es nach meinem Dafürhalten drei Kriterien. Kriterium Nummer eins ist: Was ist notwendig und sinnvoll? Denn nicht alles, was man machen kann, ist notwendig und sinnvoll. Kriterium Nummer zwei ist: Über welche Fähigkeiten und Kapazitäten verfügen wir? Kriterium Nummer drei ist: Wie passt unser Engagement in das Gesamtbelastungsprofil unserer Bündnispartner? An diesem Punkt weise ich die Kritik, die zum Teil von Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag geübt wird, dass Deutschland immer nur Trittbrettfahrer ist und die anderen die Kohlen für uns aus dem Feuer holen müssen, nachdrücklich zurück. Das ist eindeutig falsch. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich weise darauf hin, dass wir in Afghanistan bis zum heutigen Tag mit circa 4 000 Soldaten vertreten sind, unsere französischen Freunde – das kritisiere ich gar nicht; ich stelle es nur fest – gar nicht mehr. Ich weise darauf hin, dass wir bis zum heutigen Tag im Kosovo die Lead Nation sind, was sich auch zahlenmäßig ausdrückt. Ich weise außerdem darauf hin, dass wir gerade in den letzten Wochen Solidarität mit einem wichtigen und wertvollen NATO-Partner, nämlich der Türkei, gezeigt haben. Bei aller Kritik, die man hier äußern kann – es ist ja auch normal, dass man über diese Dinge diskutiert –: Diesen Schuh sollten wir uns nicht anziehen. Wie geht es weiter? Sowohl die Europäische Union als auch einzelne Länder in der Europäischen Union werden sich überlegen: Wie kann die weitere Entwicklung sein? Auch die französischen Kolleginnen und Kollegen sind überrascht, wie schnell es bisher offenbar – ich sage bewusst: offenbar – gelungen ist, die Rebellen zurückzudrängen. Es geht noch nicht um ein Abblasen der Aktion. Ich warne davor, die Weite des Landes zu unterschätzen. Selbst wenn Städte von Rebellen befreit worden sind – die Rebellen verstecken sich noch irgendwo; sie werden sich nicht alle verkrümelt haben. Die Operation wird also noch länger andauern. Wir als Parlament werden in aller Ruhe gemeinsam mit der Bundesregierung überlegen, wie weitere deutsche Beiträge aussehen können. Wie gesagt: Das hängt von unseren Fähigkeiten und Kapazitäten ab. Frankreich ist hier Lead Nation – das ist völlig unbestritten und wird auch so bleiben –; aber wir werden prüfen, welche Beiträge wir leisten können. Wir werden auch ohne jede Aufregung prüfen, inwieweit bei weiteren auf uns zukommenden Aufgaben eventuell eine Mandatierung notwendig ist. Immer dann, wenn es notwendig ist, werden wir, wie es uns das Bundesverfassungsgericht vorschreibt, eine Mandatierung vornehmen. Es wird aber keinen Mandatierungsautomatismus geben; denn wir müssen nicht jede Maßnahme, die die Bundeswehr ergreift, mandatieren. Wir werden das im Einzelfall genau prüfen. Ich gehe davon aus – lassen Sie mich das abschließend sagen –, dass dem Deutschen Bundestag für die angedachten weiteren, aber noch nicht endgültig definierten Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mandat vorgelegt wird. Ich bitte schon jetzt um breite Unterstützung. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sahelregion, in der Mali liegt, befindet sich seit Jahren in einer destabilisierten Situation, zumal seit den 90er-Jahren Gewaltgruppen aus Algerien nach Mali gekommen sind. Mali war das erste Land, das ich als Entwicklungsministerin besucht habe. Es war schon immer ein Land mit starken ökonomischen und sozialen Unterschieden und insofern ein geteiltes Land, aber es war und ist auch – darauf möchte ich in der deutschen Debatte hinweisen – ein Land des moderaten, toleranten Islam und ein Land, das eine aktive Zivilgesellschaft hat, die wir unterstützen sollten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Norden leben die nomadischen Tuareg. Die sesshaften Eliten des Südens sind nach dem Ende der Kolonialzeit auch für die Verwaltung des Nordens zuständig geworden. Alle malischen Regierungen haben die Entwicklung im Norden nie mit der notwendigen Aufmerksamkeit verfolgt. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat 1995 versucht, einen Konflikt durch Vermittlung zu lösen. Diese Lösung war zwar erfolgreich, aber nicht nachhaltig. Der aktuelle Konflikt begann im Januar 2012 mit Angriffen der Tuareg, teilweise mit Waffen aus Libyen. Ich will an dieser Stelle aber auch sagen: Der Konflikt im Norden Malis ist nicht, wie manche behaupten, durch den Sturz Gaddafis verursacht worden – vielleicht ist er dadurch verschärft worden, aber er ist dadurch nicht verursacht worden –, sondern das Problem ist, dass der Westen zu lange mit Gaddafi gedealt hat. Der aktuelle Konflikt wird zusätzlich durch eine die nationalen Grenzen überschreitende Konfliktökonomie verstärkt: Räume, die von den Staaten nicht kontrolliert werden, organisierte Kriminalität, Schmuggel von Waffen und Drogen, Entführungen. Nachdem die Bundesregierung das Thema des militärischen Vorgehens lange aus der öffentlichen Debatte verdrängt hatte – man hatte schon den Verdacht, dass das etwas mit Januarterminen zu tun hatte – und auf Zeit gespielt hat, hat die französische Regierung gehandelt. Ich sage nachdrücklich: Wir unterstützen dieses Vorgehen. Die französische Regierung hat mit ihrem Handeln erstens die Bildung eines terroristischen Staates in Mali verhindert, und sie hat zweitens den Süden vor der Überrollung durch Gewaltgruppen und der damit verbundenen Terrorisierung geschützt. Sie hat Responsibility to Protect gezeigt, und sie hat damit verhindert, dass in der Region ein ganzes Band der Gewaltgruppen etabliert werden konnte. Man muss sagen: Das ist die Leistung der französischen Regierung und der französischen Truppen, die heute hier auch anerkannt werden soll. (Beifall bei der SPD) Währenddessen hat die Bundesregierung, wie so häufig, nur geredet. Worum geht es, und was ist für die Zukunft notwendig? Es geht darum, die ECOWAS-Mission, also die Mission der Gemeinschaft der westafrikanischen Staaten, zu unterstützen, auch durch Deutschland – dazu bedarf es eines Mandats –, und dazu beizutragen, dass diese Regionalorganisation, die in ihrem Bereich bisher gute Arbeit geleistet hat, zu einem regionalen kollektiven Sicherheitssystem weiterentwickelt wird, um die transnationalen Konflikte gemeinsam, grenzüberschreitend einhegen zu können. Ferner geht es um die Unterstützung der heute vom malischen Parlament abgesegneten Roadmap, also des Plans für die Perspektiven. Die Roadmap hat das Ziel, die nationale Integrität des Landes zu sichern bzw. wiederherzustellen. Dazu gehört laut Beschluss – laut der Roadmap – vor allem der Dialog zur nationalen Versöhnung mit den Gruppen, die dazu bereit sind. Zu diesem Zweck ist eine Kommission des nationalen Dialogs einzurichten. Das ist für Februar 2013 vorgesehen. Das Ziel muss endlich eine stärkere Dezentralisierung sein. Die Forderung der Tuareg nach stärkerer Beachtung und Selbstbestimmung muss ernst genommen und darf nicht missachtet werden. Die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft müssen sich auch fragen: Welche Rolle spielt eigentlich Saudi-Arabien in dieser Region, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) das grenzüberschreitend den Wahhabismus fördert? Es ist nicht sehr kohärent von der internationalen Gemeinschaft und der Bundesregierung, Saudi-Arabien Waffen und Panzer zu liefern (Beifall der Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD] und Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]) und sich auf der anderen Seite, in Bezug auf Mali, über die Auswirkungen zu beklagen. Die Verhältnisse im Süden müssen parallel zum Militäreinsatz geklärt werden. Es geht um die Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und die Vorbereitung von Wahlen. Natürlich geht es auch um Anschub für die Wirtschaft; denn die jungen Leute, die in Mali, auch im Süden, auf die Straße gehen, brauchen Perspektiven und Chancen. Dazu sollte auch die Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands eingesetzt werden. Vor allem geht es natürlich um Hilfen für die geflüchtete Bevölkerung. Allein aus dem Norden Malis sind 400 000 Menschen geflüchtet. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD): Frau Präsidentin, ich sehe es. Dies ist mein letzter Satz. – Die humanitären Hilfsorganisationen müssen unterstützt werden. Sie müssen unabhängig handeln können, wie das heute auch die Ärzte ohne Grenzen gefordert haben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat ein vitales Interesse daran, dass der Südrand der Sahara nicht zu einem sicheren Rückzugsgebiet für Terroristen wird. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt daher den französischen Einsatz gegen islamistische Extremisten in Mali. Es war richtig, zügig gegen den Vormarsch der islamistischen Kämpfer in den Süden Malis vorzugehen. Nur wenn die militanten Islamisten aufgehalten werden können, kann überhaupt wieder ein politischer Prozess in Mali in Gang kommen. Ein erfolgreicher Vormarsch dieser Kräfte in den Süden hätte ihrem Terror in ganz Mali und darüber hinaus in der ganzen Region Vorschub geleistet. Die Sicherheit Europas ist schon jetzt durch den Zerfall der staatlichen Ordnung im Norden Malis und der Sahara betroffen. Das Geiseldrama an der algerisch-libyschen Grenze zeigt, dass eine Sicherheitsbedrohung für den gesamten Sahelraum und für europäische Bürger in der Region besteht. Zudem begünstigt die wachsende organisierte Kriminalität Drogen- und Menschenhandel in Richtung Europa. In den Resolutionen 2071 und 2085 hat der UN-Sicherheitsrat festgestellt, dass die Lage in Mali den Weltfrieden und die internationale Sicherheit bedroht. Er hat daher Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta autorisiert. Das französische Eingreifen erfolgte auf Bitten der malischen Regierung und wird von der Bevölkerung als Befreiung vom radikal-islamistischen Joch einhellig begrüßt. Frankreich verteidigt in Mali also keineswegs ausschließlich französische, sondern afrikanische und europäische Interessen. Wir danken den französischen Soldatinnen und Soldaten, die im Interesse der Sicherheit Europas in diesen gefährlichen Kampfeinsatz gegangen sind und ihr Leben riskieren. (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung [CDU/CSU]) Es ist richtig, dass die Bundesregierung den französischen Einsatz gegen islamistische Extremisten in Mali zumindest logistisch unterstützt. Bundespräsident Gauck hat es auf den Punkt gebracht – ich zitiere –: [Wir] dürfen … bei aller berechtigten Debatte über Art und Umfang unseres Engagements nicht aus den Augen verlieren, was verteidigt werden soll: ein friedliches und sicheres Europa, ein Ort der Freiheit und der Herrschaft des Rechts. Es liegt im nationalen Interesse, unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unseren Frieden supranational zu sichern. Dafür braucht es Solidarität … nicht nur im Geiste, sondern auch Gemeinsamkeit im Handeln. So weit der Bundespräsident. Langfristig muss die malische Regierung in die Lage versetzt werden, die Nordhälfte des Landes eigenständig zu kontrollieren. Die EU muss deshalb zügig ihre bereits geplante Mission zur Ausbildung und Befähigung der malischen Streitkräfte beginnen. Die CDU/CSU unterstützt eine deutsche Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission. Es ist folgerichtig, dass die Bundesregierung auch Ausrüstungshilfe leisten will. Allerdings muss ein politischer Prozess in Mali gewährleisten, dass ein von der EU ertüchtigtes Militär demokratisch zivil kontrolliert wird. Eine schnelle Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in Mali, einschließlich Wahlen, sowie ein Dialog mit verhandlungsbereiten Gruppierungen im Norden sind daher dringlich. Bis malische Streitkräfte ihre Stabilisierungsaufgabe erfüllen können, sind die Nachbarländer Malis gefragt, den Norden Malis militärisch zu kontrollieren und eine Rückkehr der militanten Islamisten zu verhindern. Präsident Hollande hat dies gestern ebenfalls gefordert. Wir begrüßen daher die Entscheidung der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, die geplante Stabilisierungsgruppe weiter zu verstärken. Im Februar werden wir über die deutsche Beteiligung an der Ausbildungsmission in Mali entscheiden. Morgen entscheiden wir über die Verlängerung des ISAF-Mandats. Vor Weihnachten haben wir die Stationierung von Patriot-Abwehrsystemen an der türkisch-syrischen Grenze beschlossen. Wir beschließen hier im Bundestag – es ist längst schon Routine – regelmäßig die Verlängerung von Mandaten. Die kurze Abfolge unserer Mandatsdebatten zeigt, wie wichtig eine regelmäßige sicherheitspolitische Debatte ist. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen und Fragen unserer Zeit sind von einer solchen Vielfalt und Komplexität geprägt, dass sie einer verstärkten Aufmerksamkeit des Deutschen Bundestages bedürfen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir halten daher die Einführung einer regelmäßigen Generaldebatte zur sicherheitspolitischen Lage Deutschlands für notwendig, um unsere Sicherheitsinteressen einer breiteren deutschen Öffentlichkeit zu vermitteln und Fragen und Sorgen der Bevölkerung besser aufgreifen zu können. Das sollten wir unabhängig von Mali auch einmal ganz offen miteinander diskutieren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Wolfgang Gehrcke hat für die Fraktion Die Linke das Wort. (Beifall bei der LINKEN) Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Gerade nach der Aufzählung des Kollegen Schockenhoff – von der türkisch-syrischen Grenze über Afghanistan bis in verschiedenste Teile der Welt – sollten wir uns hier auch gegenseitig vor einer Illusion bewahren, nämlich dass Militärinterventionen Stabilität und Demokratie sichern können. Oftmals ist genau das Gegenteil der Fall. (Beifall bei der LINKEN) Ich möchte auch, dass wir uns vor einer weiteren Illusion bewahren: Es gibt keine sauberen Kriege, auch in Mali nicht. Ich finde die Bilder von der Herrschaft der Terroristen – darüber wird zu reden sein – entsetzlich. Ich finde aber die Bilder vom Einmarsch der Armee, die man sieht, ebenso entsetzlich. Es gibt keine sauberen Kriege. Kriege sind immer Dreck und Blut und Vernichtung. Auch das sollte man in dieser Situation hier einmal aussprechen. (Beifall bei der LINKEN) Was man jetzt als Deutscher Bundestag empfehlen sollte und worüber wir uns, glaube ich, viel mehr den Kopf zerbrechen müssen, ist: Es muss jetzt zu politischen Gesprächen und politischen Lösungen kommen. Das steht jetzt im Vordergrund. Wenn wir davon geredet haben, dass man die Situation nicht nur in Mali, sondern auf dem gesamten afrikanischen Kontinent ernst nehmen muss, so gehört auch die Selbstkritik dazu, dass wir offensichtlich über lange Zeit die Situation nicht ernst genommen haben und dass immer erst gehandelt wird, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, und dann mit dem Militär. Ich möchte eine weitere Lehre dazupacken: Frieden schließt man mit seinen Feinden. Über zehn Jahre hat es gedauert, bis man begriffen hat, dass man in Afghanistan mit den Taliban verhandeln muss. Was wäre aus Südafrika geworden, wenn man nicht mit seinen Feinden Frieden geschlossen hätte? Frieden schließt man mit seinen Feinden. Deswegen muss man jetzt auch in Mali die Initiative ergreifen, um mit den Feinden in Verhandlungen zu Lösungen zu kommen. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Dummes Zeug!) Eine nationale Aussöhnung wäre das Beste, was wir in Gang bringen könnten. Mit einem weiteren Gedanken möchte ich an die Überlegung anknüpfen, dass Mali eine entwickelte Zivilgesellschaft hat. Ich teile völlig, was Sie hierzu ausgeführt haben, Kollegin Wieczorek-Zeul. Mali hat eine entwickelte Zivilgesellschaft. Es muss doch das Ziel sein, mit dieser entwickelten Zivilgesellschaft auch in solchen Situationen zu kooperieren und genau diese entwickelte Zivilgesellschaft zu stabilisieren; denn wir brauchen Sicherheit für die Bevölkerung. Wir müssen auch eine Frage beantworten. In Mali werden Dschihadisten mit Bomben bzw. vom Militär angegriffen. Die gleichen Dschihadisten werden in Syrien von den Verbündeten der Bundesregierung, von Saudi-Arabien und anderen, mit Geld und Waffen versorgt. Erklären Sie einmal, warum Sie hier so handeln und dort so handeln! (Beifall bei der LINKEN) Eine vernünftige Politik muss doch anders laufen. Ich glaube, es ist richtig, dass nicht alles, was in Mali passiert ist, eine Reaktion auf das Vorgehen gegen den libyschen Staat ist. Aber die Zerschlagung von Libyen, die Destabilisierung von Libyen hat auch Auswirkungen auf die Situation in Mali gehabt. Beantworten Sie doch einmal die Frage: Wenn die Terroristen, die dort geschlagen werden, gehen, wenn sie nach Mauretanien, an die Grenze zu Algerien gehen, wird mit dem Krieg gegen den Terror ein Konfliktfeld in das nächste Konfliktfeld übergeführt. Das kann doch keine vernünftige politische Lösung sein. Wir müssen endlich eine Politik entwickeln, die den Terror dadurch schlägt, dass man ihm die Grundlage entzieht, und das heißt Schaffung kultureller Vielfalt und wirtschaftlichen Ausgleichs. So müsste eine vernünftige Politik sein. (Beifall bei der LINKEN) Ich möchte ganz ehrlich und offen sagen: Mir geht es auf den Keks, wenn die Freundschaft mit Frankreich – die ich sicherlich viel mehr verinnerlicht habe als viele von Ihnen – benutzt wird, um Druck auf die Bundes-regierung auszuüben – sie taucht ja schon ab –, mit noch mehr Militär an der Seite Frankreichs zu agieren. Das gleiche Argument, „die Freundschaft mit …“ – in der Vergangenheit war es die Freundschaft mit den USA –, hat uns in den Krieg in Afghanistan getrieben. Ich möchte nicht, dass Deutschland mit dem Argument der Freundschaft mit Frankreich in eine andere militärische Auseinandersetzung getrieben wird; (Beifall bei der LINKEN) so sieht es übrigens auch die Friedensbewegung in Frankreich, mit der ich sehr eng kooperiere. Auch die Friedensbewegung in Frankreich sagt: Wir wollen, dass die französischen Truppen rasch zurückgezogen werden. – Das sollten wir unterstützen. Es ist möglich, sie rasch zurückzuziehen. Ich will Ihnen ehrlich sagen, Herr Minister: Sie werden nicht darum herumkommen, die Entscheidung, zwei Transall-Maschinen ohne Mandat des Bundestages zur Verfügung zu stellen – morgen werden es ja vielleicht schon drei oder mehr sein –, zu rechtfertigen. Das war eine rechtswidrige Entscheidung, die dieses Parlament nicht hinnehmen kann; (Beifall bei der LINKEN) darüber werden wir uns auseinandersetzen müssen. Sie könnten ja das Mandat, das Sie für die Ausbildungsmission haben wollen, damit verbinden, dass Sie nachträglich ein Mandat für diese Entscheidung beantragen. Dann würden Sie zumindest eingestehen, dass Sie falsch gehandelt haben. Aber so viel Courage hat diese Regierung nicht, weder so noch so. Ich möchte abschließend einen Gedanken äußern, der mir wichtig ist – das ist, verehrte Frau Präsidentin, mein Schlussgedanke –: Ist es so unnormal, sich die Frage zu stellen: Geht es Frankreich und anderen Ländern wirklich um Menschenrechte – was ich ja hoffe –, oder geht es ihnen in Nachfolge der alten Kolonialmacht nicht vielmehr um wirtschaftliche Interessen, (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh! – So ein Quatsch! – Nicht das schon wieder!) um Uran und anderes? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege? Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ich komme zum Schluss. – Wenden Sie es doch einmal positiv: Wenn im Kampf um Uran eine Stärkung der Menschenrechte herauskommt, reicht mir das nicht aus, aber immerhin. Es geht auch hier um wirtschaftliche Interessen; Sie kommen nicht darum herum, das einzugestehen. Danke sehr. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt hat Kerstin Müller das Wort für Bündnis 90/Die Grünen. Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits vor einem Jahr, als Islamisten und verbündete Tuareg den Norden Malis an sich rissen, war es eigentlich für jeden, auch für uns, sichtbar: Mali steckt in einer schweren Krise. In unserer Nachbarschaft, in Afrika, droht ein weiterer „failed state“ mit neuen Rückzugsräumen für islamistische Terroristen – Sie alle haben das bereits erwähnt –, die die Region mit Terror überziehen und im Norden des Landes einen menschenverachtenden Scharia-Staat installieren wollten und wollen. Aber erst jetzt, ein ganzes Jahr später – das, finde ich, gehört zur Selbstkritik dazu –, diskutieren wir, und zwar aufgrund der bereits laufenden französischen Intervention, darüber, was zu tun ist. Das zeigt erst einmal – Herr Stinner, Sie haben es, wenn ich richtig zugehört habe, erwähnt –, dass die internationale Gemeinschaft sehr, sehr spät dran ist und erst dann als Feuerwehr kommt, wenn das Haus bereits lichterloh brennt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist falsch und muss sich ändern. Das trifft übrigens nicht nur auf die Europäische Union, sondern auch auf diese Bundesregierung zu. Auch Sie haben nicht früher gehandelt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich erwähne das, weil wir morgen die entsprechende Debatte führen. Wir Grüne haben bereits im September letzten Jahres in einem Antrag auf die Entwicklung in Mali hingewiesen. Der Unterausschuss „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit“ hat über dieses Thema bereits vor einem Dreivierteljahr intensiv diskutiert. Wir haben gefordert, rechtzeitig vor Ausbruch einer Krise präventiv tätig zu werden. Davon wollte man aber nichts wissen. Wichtiger waren damals andere Krisenherde; es gibt ja viele. Ich hoffe auf eine rege Beteiligung an der morgigen Debatte, in der es um die langfristigen und nachhaltigen Strategien für diese Region geht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Für meine Fraktion sage ich: Vor dem Hintergrund der Geschehnisse war die französische Intervention eine erforderliche Notoperation, weil die Islamisten bereits auf die Hauptstadt Bamako zumarschierten. Aber ich sage auch: Sie bleibt hochriskant. Auch die Franzosen wissen: Eine Intervention der Franzosen in dieser Region kann auf die Dschihadisten in aller Welt wie ein Brandbeschleuniger wirken. Deshalb ist es nicht nur im französischen, sondern auch im europäischen Interesse, dass diese Intervention ganz schnell erstens multilateral eingebettet wird und zweitens ein afrikanisches Gesicht erhält. Ich halte das für zentral. Insofern sind die drei Transall-Maschinen, mit denen wir Unterstützung leisten, das Mindeste, was man machen muss, um die -ECOWAS langfristig in den Stand zu setzen, hier zu übernehmen. Es muss generell darum gehen, die Afrikaner so zu stärken, dass sie künftig selbst in der Lage sind, solche Krisen zu meistern. Wir sprechen seit einiger Zeit von African Ownership. Leider ist da nicht viel passiert. Ich erinnere mich an Gespräche mit Vertretern der -ECOWAS – nicht erst jetzt, sondern schon im letzten und vorletzten Jahr –, in denen sie immer wieder beklagt haben: Warum werden wir nicht vernünftig ausgebildet? Warum bekommen wir von der Europäischen Union und auch von Deutschland nicht mehr Unterstützung? Herr Westerwelle, ich hatte kürzlich ein Gespräch mit dem Chef des KAIPTC, des Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre. Dieses Peacekeeping Training Centre wurde ursprünglich mit deutschen Mitteln aufgebaut. Sie haben vor kurzem die Mittel für dieses Peacekeeping Training Centre gekürzt. Dort werden aber Soldaten ausgebildet für die ECOWAS. Wenn wir wollen, dass es langfristig nicht mehr nur eine französische Afrikapolitik gibt, sondern eine europäische, dann muss diese Afrikapolitik auch afrikanisch werden, dann müssen wir alles tun, damit die ECOWAS, die Afrikanische Union und die anderen Regionalorganisationen in die Lage versetzt werden, eine Sicherheits-architektur aufzubauen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wir müssen nicht nur Sicherheit aufbauen, wir brauchen auch nachhaltige politische Stabilität, und zwar nicht nur für Mali, sondern für die ganze Sahelregion. Die geplante EU-Ausbildungsmission ist richtig. Voraussetzung ist aber, dass es auch einen politischen Prozess gibt. Die Ausbildungsmission allein wird die Region nicht stabilisieren. Insofern ist zu begrüßen, dass jetzt eine Roadmap vorgelegt wird. Ich glaube – damit will ich mich noch einmal an das Entwicklungsministerium wenden –, dass es wichtig ist, jetzt, wo es eine Übergangsregierung gibt, die Mittel schnell zu deblockieren, damit Staatlichkeit aufgebaut werden kann. Es geht dabei nicht nur um humanitäre Hilfe, sondern es geht um wesentlich mehr. Die Franzosen haben zu Recht gesagt, sie wollen nicht bleiben, und das ist auch richtig. Aber wenn Mali übernehmen will, dann braucht es richtige, nachhaltige staatliche Strukturen, und dafür braucht Mali finanzielle Mittel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich will zuletzt noch ansprechen, dass ich absolut wichtig finde, dass im Zentrum der Ausbildung die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht stehen. Es sind Racheakte und auch Gewalt zu befürchten; man liest ja schon von dem einen oder anderen Racheakt. Das könnte die ethnische Spaltung in Mali noch vertiefen. Es braucht genau das Gegenteil: einen organisierten politischen Dialogprozess, auch mit den Tuareg, die immer noch einer Lösung ihres politischen Problems harren. Es gibt da einen zaghaften Ansatz mit den sehr ehrenwerten GIZ-Mitarbeitern. Ich glaube, wir müssen hier mehr tun. Wir haben in Deutschland eine krisenpräventive Struktur aufgebaut, ein Netzwerk ziviler Krisenprävention. Aber es ist so, wie die Zeit vorige Woche schrieb: Das ist so etwas wie eine dritte Reservetruppe und nicht die erste Mannschaft. – Wir müssen das jetzt mobilisieren. Wir brauchen eine Sahelstrategie, die nachhaltige politische Stabilität in der Sahelregion schafft und wirklich auch einmal benennt, was die Schwächen der bisherigen Politik waren. Nur mit einer solchen Sahelstrategie wird man dauerhafte Stabilität schaffen können. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort hat Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir in dieser Debatte parteiübergreifend – mit einer Ausnahme vielleicht – eine große Gemeinsamkeit haben: Wir alle sehen die Relevanz, wir alle sind nicht der Meinung, dass Mali alle anderen angeht, nur nicht uns Europäer, sondern wir können ein unmittelbares eigenes Interesse daran erkennen, durch unsere Politik daran mitzuwirken, Mali insgesamt zu stabilisieren. Der Kampf gegen den Terrorismus auch im Norden von Mali ist keine Angelegenheit anderer, es ist unsere gemeinsame Angelegenheit. Deswegen will ich vorab ein Wort des Dankes an all die Frauen und Männer richten, die Soldatinnen und Soldaten – Afrikaner und Franzosen –, die jetzt in Mali ihr Leben riskieren, um unsere Freiheit vor Terrorismus zu schützen. Ich möchte in diesen Dank aber auch diejenigen einschließen, die, wie zum Beispiel unsere deutschen Soldaten, die unter großer Lebensgefahr in Afghanistan ihren Dienst verrichten, anderswo auf der Welt gegen Terrorismus kämpfen. Sie stehen hier gerade für unsere Freiheit und für unsere europäischen Werte. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich will zum Ausdruck bringen, dass es in einer solchen Debatte natürlich normal ist, dass sich die Opposition Dinge sucht, die sie anders machen würde und kritisiert. Das soll auch so sein. Ich darf aber noch einmal in Erinnerung rufen, was sowohl die Spitzen der Fraktion der SPD, Herr Kollege Steinmeier, Herr Kollege Steinbrück, als auch die Spitzen der Fraktion der Grünen, jedenfalls Herr Kollege Trittin, dazu gesagt haben, und stelle fest, dass sich das sehr weit mit unserer grundsätzlichen Bewertung der Lage deckt. Das mag in einem Jahr, in dem alle offensichtlich schon an Wahlen denken, nicht opportun erscheinen, aber ich glaube, es ist gar nicht schlecht, dass wir bei einer solch fundamentalen Frage auch den Bürgerinnen und Bürgern zu erkennen geben, dass wir hier über die Richtung und Substanz unserer Mali-Politik in Wahrheit überparteilich eine ganz ähnliche Einschätzung haben und so auch die Entscheidungen treffen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Das hat ja auch die Debatte, die hier in der letzten Woche stattgefunden hat, durch die bemerkenswerten Ansprachen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Staatspräsidenten François Hollande und auch durch die Wortmeldungen aus verschiedenen Fraktionen von uns und natürlich auch aus Frankreich zum Ausdruck gebracht. Ich will zum Zweiten sagen, was die Ursachen dieses Konflikts sind. Ich glaube, Frau Wieczorek-Zeul war es, die am Anfang gesagt hat, es wäre zu einfach, dies mit einem Konflikt, also mit dem Krieg in Libyen und damit monokausal, zu erklären. Ich teile das. Die Entwicklung im Norden Malis hat vor allen Dingen drei Ursachen: Die erste Ursache ist die wichtigste – darauf komme ich gleich im Anschluss noch –, nämlich das leider immer noch herrschende und in Teilen auch berechtigte Gefühl der Bevölkerung im Norden Malis, dass sie nicht in vollem Umfange an den Entwicklungschancen von ganz Mali, vom Kernland Mali, partizipieren kann. Mit anderen Worten: Dass der Norden Malis unterprivilegiert ist, ist eine der Hauptursachen für den Konflikt. Deswegen müssen wir hier auch mit einer politischen Lösung ansetzen und ist es wichtig, dass wir hier auch vernetzt denken, auch ausdrücklich im Bereich der wirtschaftlichen Unterstützung und der Entwicklungszusammenarbeit. Die zweite Ursache ist natürlich auch das – es hat ja keinen Sinn, darum herumzureden –, was durch den Konflikt in Libyen entstanden ist. Es sind Kräfte und Kämpfer mit Waffen in die gesamte Sahelzone eingedrungen, die insbesondere ein spezielles Momentum im Norden Malis genutzt haben, um ihren Ungeist, ihre -Aggression und ihre Gewalt zu verbreiten. Bevor ich zur dritten Ursache komme, darf ich mir eine Bemerkung zwischendurch erlauben: Frau Kollegin Wieczorek-Zeul, ich habe den Hinweis auf Herrn -Gaddafi nicht ganz verstanden. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Herrn Gaddafi jedenfalls nie im Zelt besucht, und sie hat auch nie zugelassen, dass er im Tiergarten beim Kanzleramt ein Zelt aufstellen konnte. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich wollte das hier nur noch einmal erwähnen, bevor sich hier etwas Falsches festsetzt. Die dritte Ursache ist auch von ganz großer Bedeutung: Im Frühjahr letzten Jahres hat dort natürlich ein Putsch stattgefunden. Das heißt, die malischen Kräfte, die ohnehin schon mit großen inneren Zerwürfnissen zu tun hatten, wurden dadurch, dass im März letzten Jahres ein Putsch stattgefunden hat, abermals geschwächt. Man hat also erlebt, dass die eigentliche Staatsgewalt – das, was man dort Staatsgewalt nennt; das wäre mit unseren Vorstellungen übrigens nur schwer vereinbar – noch einmal geschwächt worden ist. Zumindest diese drei Ursachen stehen im Mittelpunkt der Entwicklung. Wenn man diese drei Ursachen kennt, dann kennt man meiner Einschätzung nach auch die politischen Schlussfolgerungen. Das Ziel muss nämlich sein, dass wir eine nachhaltige politische Lösung erarbeiten. Eine politische Lösung muss eben ausdrücklich auch einen Fahrplan beinhalten: Rückkehr zu einer verfassungsmäßigen Ordnung, innerer Ausgleich, wirtschaftliche und soziale Teilhabe des Südens, aber eben ausdrücklich auch des Nordens. Herr Kollege Gehrcke, natürlich ist es richtig, dass wir unverändert – hier sind wir uns mit Frankreich und übrigens auch mit allen afrikanischen Staaten, die sich jetzt engagieren, völlig einig – eine politische Lösung brauchen. Wenn Frankreich in dieser zugespitzten Lage vor ganz kurzer Zeit aber nicht eingegriffen hätte, wenn Frankreich nicht bereit gewesen wäre, militärische Nothilfe zu leisten, dann hätten wir heute überhaupt gar -keinen Raum mehr für irgendwelche Gespräche und irgendeinen politischen Ausgleich. Bamako wäre eingenommen worden. Dass das die Absicht war, wusste man spätestens, seitdem die Extremisten in Richtung Mopti gezogen sind und auf dem Weg dorthin eine Stadt nach der anderen erobert haben. Es war erkennbar: Die Franzosen, die die Kräfte vor Ort hatten, auch aufgrund des geschichtlichen Hintergrundes, haben gehandelt. Wir helfen den Franzosen vor allen Dingen am besten dadurch, dass wir jetzt, genau wie es die Vereinten Nationen in der Resolution 2085 fordern, die Afrikaner selbst befähigen, ihre Aufgabe für die Stabilisierung im Norden Malis wahrzunehmen. Das ist nicht nur die Haltung der Bundesregierung. Das ist auch die erklärte Haltung der Franzosen. So hat sich Präsident Hollande hier in der letzten Woche geäußert. So verstehen wir auch Partnerschaft. Das ist kein Gegeneinander. Im Gegenteil: Diese Partnerschaft verbindet uns. Schließlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass es natürlich nicht reicht, in der Regierung eine Roadmap zu verabschieden, sondern dass sie auch implementiert werden muss. Das heißt, wir brauchen die Zustimmung aller politischen Kräfte. Wir brauchen vor allen Dingen die Zustimmung des Parlaments. (Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Es hat schon zugestimmt!) – Aller Kräfte, habe ich ja gerade gesagt. – Dass wir den Ernst der Lage als Bundesregierung erst gesehen hätten, nachdem die Situation eskaliert ist, diese Einschätzung kann ich nicht teilen, Frau Kollegin Wieczorek-Zeul. Ich selbst bin im November in Bamako gewesen, und wir haben dort Gespräche geführt. Wir haben die Gespräche deshalb geführt, weil wir der Überzeugung sind, dass sich hier die Lage zuspitzt und dass es unbedingt notwendig ist, eine politische Lösung zu befördern. Daran werden wir auch weiter arbeiten. Deutschland ist bereit, sich wie in den 90er-Jahren bei einem politischen Prozess besonders zu engagieren. Dieses Angebot ist gemacht worden, dieses Angebot ist auch angenommen worden. Darüber hinaus helfen wir logistisch. Was die Ausbildungsmission angeht, so muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Gehrcke: Wir haben doch hier gemeinsam festgestellt – ich habe es in Besprechungen mit Ihnen und anderen immer wieder gesagt –: Wir pflegen engsten Austausch mit dem Deutschen Bundestag. Wenn wir auch nur in die Nähe einer Mandatspflicht kommen, werden wir sofort den Deutschen Bundestag um ein Mandat bitten. Wenn Sie sagen, unser Verhalten sei rechtswidrig, dann bitte ich Sie ausdrücklich, die Gerichte anzurufen; denn das kann man nicht machen, hier zu behaupten, die Bundesregierung würde sich rechtswidrig verhalten, sich aber dann als Abgeordneter hinzusetzen und nichts zu tun. Wir verhalten uns streng völkerrechtlich korrekt, streng gebunden an die Verfassung und selbstverständlich auch strengstens gebunden an das Parlamentsbeteiligungsgesetz. Einen anderen Eindruck kann man hier nicht stehen lassen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, natürlich bleibt es so, dass wir in Europa noch eine Menge zu tun haben. Natürlich bleibt es so, dass wir immer tarieren und auch sehen müssen, was in der spezifischen, konkreten Lage wirklich erforderlich ist. Das heißt, wir sind auch in der Lage, nachzusteuern. Das werden wir auch tun. Aber bitte vergessen wir eins nicht: Vergessen wir nicht das Schicksal der Menschen. Die humanitäre Hilfe bleibt natürlich unparteiisch, sie bleibt neutral. Aber wir müssen in Anbetracht dieses militärischen Konfliktes auf jeden Fall auf die Menschen, auf die Opfer schauen, die es dort gibt. Humanitäre Hilfe ist umso notwendiger. Es ist vorbildlich, was hier Deutschland leistet. Wir haben viel Respekt für das bekommen, was wir gestern in Addis Abeba in anderer Hinsicht angekündigt haben. Wir sind eines der stärksten Geberländer. Wenn man alles zusammenrechnet, auch unseren Anteil an dem, was Europa tut, kommen wir auf einen Betrag von 100 bis 120 Millionen US-Dollar. Ich finde, Deutschland muss sich nicht verstecken, sondern Deutschland kann wirklich sagen: Wir verhalten uns international in jeder Hinsicht vorbildlich. Deswegen möchte ich sagen: Ich verstehe, dass Sie da und dort Kritik üben, aber ich denke, in Wahrheit teilen Sie in der Substanz die Mali-Politik der Bundesregierung. Ich finde, das ist für keinen von uns zum Schaden. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt hat Barbara Hendricks das Wort für die SPD-Fraktion. Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern wir uns noch? Im März 2001 wurden in der Stadt Bamiyan im Zentrum Afghanistans die größten stehenden Buddha-Skulpturen zerstört. Erst dadurch wurden wir in Mitteleuropa auf das ständige Elend aufmerksam, das dort herrschte. Im Juni des vergangenen Jahres wurden in Timbuktu die seit 1988 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden antiken Mausoleen zu einem großen Teil zerstört. Auch da wurden wir erst darauf aufmerksam, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich finde es völlig richtig und eine wirklich hervorragende Idee der UNESCO, diese Weltkulturerbestätten zu benennen, sie uns allen ins Gedächtnis zu rufen, weil damit klar wird, dass es immer und zu allen Zeiten in allen Regionen der Welt herausragende kulturelle Leistungen gegeben hat und sicher auch weiterhin geben wird. Zu denken geben muss uns aber doch der Sachverhalt, dass wir allein durch das alltägliche Elend der Menschen nicht mehr aufmerksam werden, sondern dass wir erst dann aufmerksam werden, wenn kulturelles Erbe zerstört wird. Dies wird an diesen beiden Beispielen deutlich. Wir sehen, dass wir natürlich manchmal zu spät reagieren und dass dann manchmal nur noch der Ausweg bleibt, militärisch zu intervenieren. Ich will ausdrücklich sagen, dass ich die Intervention der französischen Freunde begrüße. Ich glaube, dass es in dieser Situation keine andere Chance gab, und doch haben wir alle in der europäischen Staatengemeinschaft uns vorzuwerfen, dass wir nicht früher aufmerksam geworden sind. Wir haben auch darüber nachzudenken, ob wir denn jetzt und aktuell die Schwerpunkte richtig setzen. Ja, es ist richtig, dass wir in kurzer Zeit, in der Geberkonferenz gestern, rund 300 Millionen Euro für die notwendige militärische Mission eingesammelt haben, durch die in der Tat auch die afrikanischen Staaten und die afrikanischen Soldaten aus der Nachbarschaft befähigt und in den Stand gesetzt werden sollen, diese Mission auch in Mali zu erfüllen. Es ist richtig, dass wir dafür Geld einsammeln. Das ging ziemlich schnell. Es spricht nichts dagegen, aber das kann es nicht alleine sein. Was ist denn auf der anderen Seite? Dort werden Neuwahlen vorbereitet, die für den Sommer dieses Jahres ins Auge gefasst worden sind. Die müssen noch abgesichert werden. Wenn denn alles gut wird, muss sowieso der Prozess hin zu einer friedlichen Entwicklung eingeleitet und abgesichert werden, und es muss natürlich auch eine Entwicklung in der Region, nicht nur in Mali, sondern auch in Niger, in Mauretanien, in Algerien, in Burkina Faso, eingeleitet werden, die zu einer Stabilisierung dieser ganzen westafrikanischen Region und der Sahelzone beiträgt. Das liegt in unserem höchsteigenen Interesse, schon allein wenn wir bedenken, dass seit einigen Jahren zum Beispiel die Menschenschmuggel- und Drogenschmuggellinien von Südamerika über Westafrika nach Europa gehen. Das sind Wege, die uns vorher gar nicht so bekannt waren, die aber jetzt so verlaufen. Das führt natürlich auf der einen Seite auch zu einer weiteren Destabilisierung der Region Westafrika; auf der anderen Seite ist es natürlich auch eine Bedrohung für unsere europäische öffentliche Ordnung. Ich glaube, dass wir in dieser Hinsicht noch ganz viel zu tun haben werden und dass sich dies nicht nur auf Mali bezieht. Also: Wir werden dafür zu sorgen haben, dass wir die Wahlen vernünftig absichern können. Dafür brauchen wir auch eine finanzielle Unterstützung, und dafür brauchen wir so bald als möglich auch wieder zivile Helferinnen und Helfer vor Ort, die, wie ich verstehe, im Moment in schwierigen Gefährdungslagen abgezogen worden sind. Diese Helferinnen und Helfer müssen dort bald wieder eingesetzt werden. Nach meiner Auffassung müssen wir auch sowohl die sektorale Budgethilfe als auch die Budgethilfe allgemein so rasch als möglich wieder instand setzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Diese ist ja seit dem Putsch aufgehoben worden. Das ist etwas, das die Bundesregierung ganz alleine machen kann. Natürlich geht es, wenn das Militär auch finanziell abgesichert ist, was ich begrüße, darüber hinaus darum, dass so etwas wie gute Regierungsführung im zivilen Bereich möglich ist und ebenfalls von uns unterstützt wird. Es ist dringlich, damit wieder anzufangen, sobald dies auch die militärische Sicherheitslage erlaubt. Ich denke, wir haben noch eine Menge Aufgaben vor uns, die wir erahnen und von denen wir wissen, dass sie noch erledigt werden müssen. Ich fürchte, dass sie vielleicht auch wieder vergessen werden, wenn nicht wieder Kulturerbestätten zerstört werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die CDU/CSU hat nun Philipp Mißfelder das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Philipp Mißfelder (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich möchte zunächst dem, was Frau Hendricks gesagt hat, zustimmen. Auch ich glaube, dass es, wenn wir uns in dieser Aktuellen Stunde mit Afrika beschäftigen, zur Ehrlichkeit dazugehört, festzuhalten, dass gerade die Mali-Debatte in den vergangenen Wochen etwas verzerrt geführt worden ist. Durch das große militärische Engagement der Franzosen ist nämlich auf einmal das Interesse der Weltöffentlichkeit, was Mali angeht, da, wenngleich man sagen muss: Das Problem existiert schon längere Zeit. Ich glaube, auch darin sind wir uns alle einig: Keiner von uns glaubt, dass durch Flugzeuge, egal ob zwei oder drei, oder durch ein, was wir nicht wollen, wesentlich größeres militärisches Engagement dieser Konflikt auch nur im Ansatz gelöst werden könnte. Hier gilt wie für alle Militäreinsätze der Bundeswehr: maximal Zeit gewinnen, um politische Lösungen voranzutreiben. In diesem Zusammenhang muss ich auch einen Punkt offen ansprechen: Auch wenn ich Frankreich sehr, sehr stark unterstütze und das französische Engagement für sehr ehrenhaft halte, geht es in erster Linie darum, mit wesentlich größerem Engagement an der politischen Konzeption, wie es in Mali weitergehen soll, zu arbeiten. Das ist, glaube ich, auch eine der Lehren, die wir aus dem Afghanistan-Einsatz ziehen. Wir debattieren ja morgen grundsätzlich darüber, ob wir uns stärker mit der Frage des politischen Rahmens von Militäreinsätzen beschäftigen müssen. Ob die Franzosen selber dem gerecht werden, kann ich so nicht beurteilen, weil in Frankreich eine andere Tradition von Militäreinsätzen vorhanden ist als bei uns, insbesondere was militärisches Engagement in Afrika angeht. Umso mehr kann ich nur für unsere Haltung werben. Wir nehmen nämlich nicht nur das ernst, was die Menschen in unserem Volk über weitere Militäreinsätze denken, sondern wir stehen vor dem Hintergrund einer Parlamentsarmee in unseren Wahlkreisen auch immer unter Rechtfertigungsdruck und müssen uns deshalb jede einzelne Entsendung eines Soldaten vorher gut überlegen. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr gut!) Wir sind vielleicht nicht so wendig und flink wie andere an der Stelle, aber wir überlegen uns das vorher sehr gut. Das ist auch eine Lehre aus Afghanistan. Erst unser früherer Verteidigungsminister Franz Josef Jung, der auch anwesend ist, hat ja damit begonnen, um den Afghanistan-Einsatz herum eine politische Konzeption aufzubauen. Guido Westerwelle und Thomas de Maizière leiten heute den Abzug aus Afghanistan ein. Eine Lehre aus dieser schwierigen Mission ist, dass es ein Fehler war, sich vorher nicht zu überlegen, wie man nachher wieder herauskommen will. Diejenigen, die jetzt in Mali am Straßenrand den französischen Truppen zujubeln, werden vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt dieselben Soldaten als Besatzer empfinden, (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr -richtig!) wenn man dem Konflikt nicht politisch und zivil genauso viel Aufmerksamkeit widmet, wie das jetzt gerade militärisch getan wird. Ich glaube, dass ist auch der Kern der heutigen Diskussion. Ich bin Ihnen, Frau Hendricks, auch so dankbar, weil Sie zu Recht darauf hingewiesen haben: Man darf sich nicht nur um Mali kümmern, wenn spektakuläre Ereignisse wie die Zerstörung von Weltkulturerbe stattfinden, sondern das bleibt für uns auch über die militärische Auseinandersetzung, die jetzt sehr zügig vorangeht, hinaus eine sehr wichtige Aufgabe. Das passt auch zur Konzeption unserer Bundesregierung, weil sie zu Recht einen Schwerpunkt darauf legt, wie wir unsere Partner in politischer Hinsicht möglichst gut unterstützen können, aber auch darauf, wie wir sie in militärischer Hinsicht so stark machen können, dass sie in der Lage sind, sich selber zu helfen. Dabei ist übrigens das Engagement, das wir jetzt in Afrika durchführen, um zum Beispiel befreundete Länder in der Ausbildung zu unterstützen, nur ein Anfang. Es gehört insofern auf den Prüfstand, als wir sagen: Wenn weiteres Engagement bei Konflikten in Afrika auch seitens der Öffentlichkeit in Deutschland eingefordert wird, dann kann das ein Beitrag sein, Partnern behilflich zu sein, ihre eigenen Truppen zu ertüchtigen, oder zu überlegen, was die Bundeswehr in dem Rahmen leisten kann, bevor man kopflos in einen Wüstenkrieg läuft, dessen Ende keiner von uns überblicken kann, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich glaube auch – Kollege Stinner hat es kraftvoll gesagt –, dass wir sehr solidarisch sind. Das ist unter Helmut Kohl immer als Scheckbuchdiplomatie verunglimpft worden. Wenn man aber auf 60 Jahre Geschichte der Bundesrepublik zurückblickt, sind wir, glaube ich, gut damit gefahren, dass wir, auch wenn wir Vorbehalte gegen militärische Einsätze haben, unsere Partner trotzdem nicht im Regen stehen lassen, sondern mit den hart erwirtschafteten Steuergeldern in Deutschland verantwortungsbewusst umgehen, indem wir sie zur Verfügung stellen. Deutschland hat sich nicht weggeduckt, sondern bei der Geberkonferenz geglänzt. Deutschland steht mit vorne, wenn es darum geht, ziviles Engagement dauerhaft voranzubringen. Ich bin froh, dass der Einsatz der Franzosen so gut vorankommt. Gleichzeitig bleiben unsere Zweifel, was weiteres militärisches Engagement aus deutscher Sicht angeht. Ich fordere uns alle auf, nicht nur im Zusammenhang mit dieser Aktuellen Stunde an Mali zu denken, sondern auch dann, wenn die Franzosen militärisch obsiegt haben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Rainer Arnold hat das Wort für die SPD-Fraktion. Rainer Arnold (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte über Mali hätte auch eine Chance für eine innenpolitische Diskussion geboten; denn ich glaube, dass wir am Beispiel Mali den Diskurs über die Frage, welche Rolle und welche Verantwortung Deutschland in der Welt hat, nicht abstrakt, sondern sehr konkret führen könnten. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, gerne!) Dass wir hier Defizite haben, wissen wir alle. Der Verteidigungsminister bemängelt sie auch gelegentlich. Herr Außenminister, es war im Prinzip in Ordnung, was Sie heute gesagt haben. Aber wir können Ihnen natürlich nicht den Hinweis ersparen: Sie wollten diesen Diskurs in Wirklichkeit vermeiden. Die Bundesregierung hat wochenlang abgewartet, war sich nicht schlüssig und hat sich teilweise sogar abwehrend verhalten. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU) – Kollegen, Sie schütteln den Kopf. Ich kann Ihnen die Zitate Ihrer Sprecher dazu vorlesen, wenn Sie Freude daran haben. – Der Außenminister hat noch an dem Tag, an dem sich die Bundesregierung endlich der Verantwortung gestellt hat, morgens erklärt, er schließe einen Einsatz aus. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr schlau!) Das ist die Wirklichkeit. Er hat noch die Kurve bekommen; das war notwendig. Es handelt sich eben um keine einfachen Debatten. Deshalb schweigt die Kanzlerin meistens bei solchen Themen. Die Linken versuchen wieder einmal, Dinge in einen Topf zu werfen, die nicht miteinander zu vergleichen sind. Mali wird nicht wie Afghanistan. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Hoffentlich nicht!) In Mali müssen wir vielmehr die Lehre aus Afghanistan ziehen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Die erste Lehre ist: Man darf nicht zuschauen, wie vor der eigenen Haustür ein Terroristenstaat entsteht, der Dschihadisten aus der halben Welt und Menschen mit krimineller Energie Rückzugs- und Ausbildungsraum bietet. Dadurch wird letztendlich auch unser Leben gefährdet. Die Terroristen dort haben in der Tat nicht nur eine regionale, sondern auch eine globale Agenda. In -Afghanistan hat man zu lange zugeschaut. Die zweite Lehre ist: Zu glauben, dass Aufständische und Rebellen weg sind, wenn man sie vertreibt, ist ein Irrtum. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Haben wir doch gesagt!) Sie sind nicht weg, sondern nur woanders. Die viel schwierigere und größere Herausforderung, als einen Konflikt militärisch zu entscheiden, ist möglicherweise, ein Land nachhaltig zu stabilisieren. Die zweite Lehre aus Afghanistan lautet daher: Es ist schwierig, mit vielen Soldaten, von außen kommend, ein Land zu stabilisieren oder sogar Nation Building zu betreiben. Wenn man an diesem Ansatz festgehalten hätte, wäre man in Afghanistan wahrscheinlich gescheitert. Im Irak ist er ja gründlich gescheitert. Deshalb ist es richtig, folgende Lehre zu ziehen: Örtliche Sicherheitsarchitekturen und regionale Sicherheitsbündnisse sind zu stärken und zu qualifizieren, beispielsweise durch Ausbildung. Natürlich könnte man mit einer vereinfachten Debatte in Deutschland weiterkommen; aber zur Ausbildung gehört natürlich auch die Verantwortung für eine entsprechende Ausstattung. Es ist nicht von vornherein ein ethisch einwandfreierer Weg, jemanden auszubilden, ihm Geld zu geben und zu sagen: Kauf die Dinge, die du brauchst, woanders. All dies gehört zu einer kohärenten Politik. Darüber müssen wir in Deutschland diskutieren. Dann werden wir, glaube ich, auch Vertrauen in der Gesellschaft für diesen Weg finden. Die Menschen merken schon, dass unsere Interessen durch die Situation in Mali massiv tangiert sind. Eine weitere Frage lautet: Brauchen wir ein Mandat oder nicht? Ich glaube, dass es sich bei den hier infrage stehenden zwei Flugzeugen um einen Grenzfall handelt. Meine Prognose lautet: Wir werden in den nächsten Wochen scheibchenweise über weitere Möglichkeiten der logistischen Unterstützung diskutieren. Das stärkt die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen nicht, wenn das scheibchenweise geschieht. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das -allerdings stimmt!) Dass Sie kein Mandat eingefordert haben, ist ein Versuch, abzutauchen und die Debatte in der Öffentlichkeit und im Bundestag zu vermeiden; schließlich stand ein Wahltermin an. Das rächt sich in zweifacher Hinsicht. Wer das Verfassungsgerichtsurteil zu den AWACS-Einsätzen genau liest, stellt vielleicht fest, dass es sich um einen Grenzfall handelt. Die Richter sagen aber auch: (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Fürs -Parlament!) Im Zweifelsfall gilt eine parlamentsfreundliche Interpretation des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Aber viel schlimmer ist für mich die politische Dimension. Ihr Weg führt dazu, dass sich die Regierung bei manchen Anforderungen ganz schnell hinter dem Deutschen Bundestag versteckt. Es wurde schon angedeutet, dass man froh ist, nicht allen Forderungen nachgeben zu müssen. Keiner von uns will Soldaten in den Kampf schicken, Herr Außenminister. Diese mannhafte Abwehr eines Kampfeinsatzes in allen Ehren, aber niemand hier will einen Kampfeinsatz, und niemand von uns hat ihn gefordert. Sinnvoll ist aber logistische Unterstützung, vielleicht nicht nur eingeschränkt auf einen Flugplatz. Es sind ja auch andere Landesteile befriedet. Wenn man die Gerätschaften auf einen Flugplatz dieser befriedeten Landesteile bringt, braucht man sie nicht noch 2 000 Kilometer auf dem Landweg zu befördern. All das ist nicht ganz glücklich und passt nicht gut zusammen. Meine Sorge ist, dass, weil wir keinen Parlamentsbeschluss haben, bei unseren Partnern wiederum der Eindruck entsteht, der deutsche Parlamentsvorbehalt verhindere einen verantwortungsvollen Umgang Deutschlands mit der Frage, ob ein militärischer Einsatz erfolgen oder logistische Hilfe geleistet werden soll. Das schadet unserem Ansehen, und das schadet auch dem Parlamentsvorbehalt. Wenn Sie einen Beschluss haben wollen, dann holen Sie ein Mandat des Deutschen Bundestags ein. Ich glaube, Sie würden im Fall von Mali eine breite Zustimmung dazu erhalten. Ein letzter Gedanke. Wir wissen – das wurde schon öfters angesprochen –, dass Militär allein die Probleme nicht lösen kann. Es hält nur ein Zeitfenster für die anderen Akteure offen. Richtig ist aber auch: Mali ist ein Staat, der in den letzten 15 Jahren auf einem vernünftigen Weg war. Mali hat demokratische Fortschritte gemacht und in den letzten Jahren ein Wirtschaftswachstum von über 5 Prozent gehabt. Letztlich wissen wir alle: Der Schlüssel für Stabilität in diesen fragilen Regionen ist ein ganz einfacher, nämlich – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege. Rainer Arnold (SPD): – ich bin fertig –, dass Menschen dort eine Zukunftschance haben müssen. Sie müssen etwas zu verlieren haben. Dann sind sie für fundamentalistische Ideen nicht mehr empfänglich. Das muss das langfristige Ziel auch in Mali sein. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Marina Schuster hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Marina Schuster (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines zeigt die Aktuelle Stunde ganz deutlich: Man darf die Problemlage in Mali nicht unterschätzen. Eine weitere Erkenntnis ist: Die Problemlage ist nicht neu. Die Vorredner sind ja darauf eingegangen. Es hat sich eine Zuspitzung der Situation angebahnt. Es ist deswegen nicht aufrichtig von Ihnen, Kollege Arnold, dass Sie den Eindruck erwecken, wir würden hier das erste Mal darüber reden. Wir haben in den Ausschüssen in vielen Sitzungen das Problem Mali und der Region sehr wohl behandelt. Wir als Parlament müssen uns immer wieder vergewissern, was die richtigen Schritte sind und welche Schritte gewählt werden sollen. Insofern ist es richtig, dass wir die Beratungen anberaumt haben und die Aktuelle Stunde durchführen. Eines ist auch klar: Uns kann der Zerfall eines Landes südlich des Mittelmeers, hervorgerufen durch radikal--islamistische Gruppierungen, nicht egal sein. Das ist fatal für die Menschen in Mali, und das bedroht auch die Sicherheitsinteressen von Deutschland und Europa. Wir stellen also ganz klar fest: Wir verurteilen die Terrorakte der Islamisten. Ich sage aber auch ganz klar: Wir haben mit großem Erschrecken die Medienberichte über Menschenrechtsverletzungen der malischen Regierungstruppen zur Kenntnis genommen. Deswegen begrüße ich sehr, dass der Internationale Strafgerichtshof auf Einladung der malischen Regierung schon letztes Jahr Vor-ermittlungen aufgenommen hat und jetzt auch ermittelt; denn alle grausamen, uns berichteten Menschenrechtsverletzungen müssen aufgearbeitet werden, müssen angeklagt werden. Es darf keine Straffreiheit geben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Ein weiterer Punkt, der schon mehrmals erwähnt worden ist, ist die humanitäre Situation. Schauen wir uns die aktuellen Zahlen und Schätzungen des UNHCR an: Es wird mit weit mehr als 500 000 Menschen gerechnet, die in Mali selber, aber auch in Nachbarländern, in Burkina Faso, in Mauretanien, in Niger und in Algerien, Schutz gesucht haben oder noch Schutz suchen werden. In Mali gibt es allein 260 000 Binnenflüchtlinge. Das macht schon deutlich, dass die großen Herausforderungen auch dann noch bewältigt werden müssen, wenn die Militärmission zu Ende ist; dann muss die politische Komponente nochmals stark in den Vordergrund gerückt werden. Ich freue mich, dass der Außenminister das ganz deutlich angesprochen hat. Ohne diesen politischen Prozess, ohne die Roadmap, die jetzt von malischer Seite vorgelegt worden ist, wird es keine dauerhafte Lösung geben. Insofern bin ich sehr froh, dass das ein ganz wichtiger Schwerpunkt ist. Es muss Verhandlungen mit dem Norden geben. Auch Wahlen sind in Aussicht gestellt worden. Diesbezüglich, glaube ich, ist Vorfreude zu früh. Wir haben oft genug erlebt, dass Wahlen zwar mit großer Vorfreude erwartet worden sind, dass aber dann die große Ernüchterung eingetreten ist, dass eben kein Automatismus hin zu Rechtsstaat und Demokratie und stabilen Verhältnissen folgte. Ich glaube, es ist unheimlich wichtig, dass wir diese Situation ganz konsequent politisch bearbeiten. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU]) Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Situation in der Region. Viele Vorredner sind ebenfalls darauf zu sprechen gekommen: Es geht ja nicht nur um die Probleme in Mali, sondern auch darum, dass die Kämpfer sich in verschiedene Nachbarländer zurückziehen werden, in weite Gebiete, die sowieso schon kaum unter staatlicher Kontrolle sind. Insofern ist hier die Aufforderung an ECOWAS, an Algerien, an Libyen zu richten, dass man zusammen mit der malischen Regierung an einer Problemlösung arbeitet. Die regionale Dimension – wir werden morgen Nachmittag noch einmal eine Debatte dazu führen – ist nämlich eine ganz wichtige Komponente, die man nicht aus dem Auge verlieren darf. Der letzte Punkt. Ich bin sehr froh, dass bei der Geberkonferenz ein deutliches Signal der Unterstützung erfolgt ist. Letztendlich ist es eine Summe von Maßnahmen, die sozusagen im Portfolio sind. Natürlich ist die humanitäre Hilfe unparteiisch, sie ist neutral; das ist ja auch ganz wichtig. Auch deswegen ist es so wichtig, dass die humanitären Hilfsorganisationen einen ungehinderten Zugang zu den Zivilisten haben, auch in den umkämpften Gebieten. Daher geht mein Appell an die Konfliktparteien, diesen Zugang sicherzustellen. Die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg, wenn sie den politischen Prozess in den Vordergrund rückt und die afrikanischen Partner zum einen darin unterstützt, dass diese Mission ein afrikanisches Gesicht bekommt, und zum anderen dahin gehend, dass die afrikanische Problemlösungskomponente gestärkt wird. Da sind wir auf dem richtigen Weg. Ich finde es gut, dass wir diese Debatte heute führen, um die Problemlagen darstellen zu können. Noch einmal: Wir unterstützen die Bundesregierung auf diesem Weg. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Florian Hahn hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Florian Hahn (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Gehrcke, ich möchte kurz -etwas zu Ihrem Beitrag von vorhin sagen. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Bitte!) Sie haben gesagt, dass Sätze, die mit „Unsere Freundschaft zu …“ beginnen, immer negativ enden. Ich möchte an dieser Stelle sagen: Unsere Freundschaft zu Amerika, unsere Freundschaft zu Frankreich hat uns in Deutschland die Freiheit, die Wiedervereinigung und in Europa dauerhaften Frieden gebracht; das sollten wir nicht vergessen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Nun aber zum eigentlichen Thema. Als Rebellengruppen in Mali mit Beginn des Jahres 2013 überraschend und erfolgreich weiter in Richtung Süden vorrückten und ein Vormarsch bis in die Hauptstadt Bamako drohte, griff Frankreich am 10. Januar militärisch ein. So konnten ein totaler Zusammenbruch Malis und die Etablierung eines terroristischen Stützpunktes vor der Haustür Europas verhindert werden. Das schnelle und couragierte Eingreifen Frankreichs war und ist konsequent und richtig. Ich möchte mir nicht die Folgen ausmalen müssen, was los gewesen wäre, wenn unser Partner nicht eingegriffen hätte. Schön ist – das sei an dieser Stelle gesagt –, dass auch Frau Müller – sie ist inzwischen leider gegangen – das mittlerweile begrüßt. Sie war am 14. Januar dieses Jahres noch gegen ein militärisches Eingreifen und hat dieses abgelehnt. Lieber Rainer Arnold, du kritisierst immer, die Bundesregierung sei zu zögerlich gewesen. Das kann ich so nicht sehen; schließlich haben wir bereits am 16. Januar entschieden, bei der Verlegung von ECOWAS-Kräften im Rahmen der Operation AFISMA logistisch mit Transall-Maschinen entsprechend zu unterstützen. Ich möchte an dieser Stelle auch daran erinnern, dass es dein Kanzlerkandidat und dein Fraktionsvorsitzender waren, die in dieser Zeit immer wieder gesagt haben, was alles nicht geht, statt zu sagen, was wir zu tun bereit sind und wie viel das wert ist. Beispielsweise schreibt newsticker. sueddeutsche.de am 19. Januar 2013 – ich habe es gerade herausgesucht – in einer Überschrift: „Mali: Steinbrück gegen stärkeres deutsches Engagement in Mali“. Statt uns vorzuwerfen, dass wir hier viel zu zögerlich gewesen wären, richte diesen Vorwurf doch bitte an deine eigenen Kameraden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir werden insgesamt 75 deutsche Soldaten der Bundeswehr in den Einsatz bringen müssen. Des Weiteren beteiligen wir uns finanziell in großem Maße an dieser Operation. Unsere Bundeskanzlerin hat bereits sehr früh, nämlich im Oktober letzten Jahres, die Unterstützung Deutschlands in einer koordinierten europäischen Mission zur Stabilisierung Malis zugesichert. Wir setzen dies nun konsequent und mit den richtigen Mitteln zusammen mit unseren Partnern um. Dies ist auch dringend geboten: Die Gefahr, die von einem islamistisch dominierten Mali ausgehen würde, darf nicht unterschätzt werden; das wäre verheerend für die gesamte Sahelzone. Neben der politischen Verantwortung, die wir bereit sind mit unseren Partnern zu tragen, sind wir fest entschlossen, der flüchtenden Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Es liegt nun an uns, die afrikanischen Kräfte bei der Etablierung von staatlichen Strukturen zu unterstützen. Ein instabiles Mali hat weitreichende Auswirkungen auf Nordafrika. In der Region befinden sich viele Länder in instabiler Lage. Es besteht die Gefahr, dass sich ein Flächenbrand entwickelt und weitere anliegende Staaten angesteckt werden. Mali könnte sich außerdem zu einem Sprungbrett für transnationalen Terrorismus entwickeln. Die Vakanz staatlicher Gewalt hat der organisierten Kriminalität, terroristischen Aktivitäten und dem Waffenhandel in die Hände gespielt. Das hatte bereits negative Konsequenzen für die Sicherheit Europas und Deutschlands. Wie zu lesen war, sind bereits 50 Personen der islamistisch-terroristischen Szene allein aus Deutschland in den Norden Malis gereist, vermutlich, um sich dort ausbilden zu lassen. Diese Tatsache zeigt, dass wir auch direkt betroffen sind. Die französische Intervention ist nicht auf Dauer ausgelegt. Das haben die Franzosen von Anfang an klargemacht. Die Verantwortung muss daher absehbar an die malische Regierung und die afrikanischen Truppen übergeben werden. Aktuell wird neben der logistischen Unterstützung ein deutscher Beitrag für die Ausbildung der malischen Sicherheitskräfte vorbereitet. Insgesamt zeigt sich, dass Deutschland als verlässlicher Bündnispartner einmal mehr schnell und angemessen gehandelt hat. In Mali leisten wir einen starken -Beitrag, ähnlich wie das Vereinigte Königreich. In der Türkei sind die Patriot-Systeme zum Schutz unseres Bündnispartners so gut wie einsatzbereit. Wir sind weiterhin am Horn von Afrika, in Afghanistan und im Kosovo mit vielen Soldaten im Einsatz. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die Kapazitäten unserer Bundeswehr auch Grenzen haben. Abschließend wünsche ich unseren Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen und zu Hause alles Gute und Gottes Segen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Anita Schäfer hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Eingreifen unserer französischen Freunde in Mali vor drei Wochen hat gerade noch verhindert, dass die islamistischen Gruppen vom Norden des Landes aus in Richtung der Hauptstadt vorstoßen konnten. Mittlerweile haben sie diese gemeinsam mit den malischen Streitkräften aus den meisten Städten vertrieben, die sie in den letzten Monaten besetzt hatten. Wir sehen nun die Auswirkungen der fanatischen Ideologie von al-Qaida im Maghreb und der mit ihnen verbündeten islamistischen Tuareg-Rebellen: Bereits vor längerer Zeit hat uns die Zerstörung der zum Weltkulturerbe gehörenden historischen Sufi-Schreine in Timbuktu empört. Dies erinnerte uns an die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Taliban in Afghanistan, wobei die Moscheen und Heiligengräber von Timbuktu auch noch zum großen Erbe der islamischen Kultur in Nordafrika selbst gehören, aber eben nicht in die eng-stirnige Religionsauslegung der Extremisten passten, ebenso wenig wie die unersetzlichen mittelalterlichen Handschriften, die sie Berichten zufolge bei ihrem Rückzug aus Timbuktu mutwillig verbrannt haben. Aber soeben konnte ich im Ticker lesen, dass zum Glück der überwiegende Teil davon gerettet werden konnte. Wie in Afghanistan hat die Welt die Zerstörung von Kulturgütern in Mali beklagt, aber weitgehend hilflos zugesehen und damit zugelassen, dass die Menschen in den besetzten Gebieten auch körperlich unter dem ihnen aufgezwungenen rigiden islamischen Recht litten. Es reicht also nicht, Verbrechen gegen die Kultur anzuprangern, wenn dem absehbar Verbrechen gegen die Menschlichkeit folgen; denn wer Gräber schändet, ob hier bei uns in Deutschland oder in Mali, der schlägt bald auch die Lebenden tot, die in seiner Ideologie keinen Platz haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir sehen jetzt Berichte von Gräueltaten an echten oder vermeintlichen Islamisten und ihren Kollaborateuren durch Malier, die Rache suchen. Wir sehen die Verrohung, die Fanatismus, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen einer Seite über eine ganze Gesellschaft bringen. Und wir fragen uns: Hätten wir das nicht verhindern können? Es stimmt zwar: Wir können nicht überall auf der Welt intervenieren, wo so etwas geschieht, nicht mit unseren zivilen und nicht mit militärischen Mitteln, nicht als Bundesrepublik Deutschland, nicht als EU und nicht als NATO, in der Realität nicht einmal als Vereinte Nationen, wenn gegensätzliche Interessen im UN-Sicherheitsrat dies verhindern. Und: Die rigide Rechtsprechung der Islamisten, die wir in Mali beklagen, ist in manch anderem Land gang und gäbe. Wir erkennen an, dass Politik die Kunst des Machbaren ist und Realitäten folgen muss. Dazu gehört auch, dass die Lösung für Mali ein afrikanisches Gesicht haben muss. Wir wollen nicht, dass uns europäisches Engagement den Vorwurf des Neokolonialismus einträgt. Allerdings: Engagement wird zweifellos dort erforderlich, wo auch unsere eigenen Interessen im Kern berührt sind. Wir können nicht zulassen, dass in Mali ein weiterer gescheiterter Staat entsteht, den international agierende Terroristen als Operationsbasis auch gegen Europa nutzen können. Hätten die Franzosen nicht gehandelt, müssten wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach jetzt genau damit auseinandersetzen. Natürlich wäre es wünschenswert gewesen, wenn Europa als Ganzes hätte handeln können. Hier, meine Damen und Herren, sehe ich noch Handlungsbedarf. Aber in der schnellen Anpassung der Pläne für die EU-Ausbildungsmission zeigen sich trotz allem Fortschritte in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auch wir werden uns an dieser Mission zur Ausbildung der malischen Truppen beteiligen. Der Bundestag wird dem in Kürze dafür zu erwartenden Mandat zweifellos mit großer Mehrheit zustimmen – wenn ich denn die Stimmen aus der Opposition richtig deute, die die Bundesregierung wiederholt zur Solidarität mit unserem europäischen Partner gedrängt haben. Wir tragen nicht zuletzt zu einer Lösung mit afrikanischem Gesicht bei, indem wir die malischen Truppen zur Übernahme der Sicherheitsverantwortung für ihr eigenes Land befähigen, wie wir das entsprechend auch in Afghanistan getan haben und noch tun. Bereits jetzt unterstützen wir die französische Operation und den Aufbau der westafrikanischen Eingreiftruppe mit drei Transportflugzeugen und prüfen Materialabgaben zur Ausstattung der Afrikaner. Ich fände es gut, wenn unsere Partner, wenn sie um unsere Solidarität bitten, zunächst einmal ein schlichtes „Ja, wir helfen euch“ als Antwort bekämen. Über alles andere – ob Kampftruppen oder nicht, ob Zertifizierung von Tankflugzeugen usw. – kann man dann anschließend reden. Aber wir leisten den uns möglichen Beitrag und suchen nach Wegen, diesen im Rahmen des politisch Sinnvollen zu optimieren. Ich hoffe, dass der Bundestag die Regierung dabei unterstützen wird. Die CDU/CSU-Fraktion wird es tun. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich schließe die Aussprache. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Genießen Sie den restlichen Abend und die gewonnenen Einsichten. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 31. Januar 2013, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.29 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 30.01.2013 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 30.01.2013 Canel, Sylvia FDP 30.01.2013 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 30.01.2013 Groth, Annette DIE LINKE 30.01.2013 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 30.01.2013 Heil, Hubertus SPD 30.01.2013 Humme, Christel SPD 30.01.2013 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 30.01.2013 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 30.01.2013 Kudla, Bettina CDU/CSU 30.01.2013 Nahles, Andrea SPD 30.01.2013 Remmers, Ingrid DIE LINKE 30.01.2013 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 30.01.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 30.01.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 30.01.2013 Schreiner, Ottmar SPD 30.01.2013 Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 30.01.2013 Sendker, Reinhold CDU/CSU 30.01.2013 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 30.01.2013 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 30.01.2013 Ziegler, Dagmar SPD 30.01.2013 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 1): Wie schätzt die Bundesregierung die derzeit auf europäischer Ebene umstrittene rechtliche Situation zum grenzüberschreitenden Verkehr mit sogenannten Gigalinern für den Transitverkehr an der deutschen Grenze ein, und in welcher Weise wird sie in dieser Frage aktiv? Der derzeit in Deutschland stattfindende Feldversuch mit Lang-Lkw basiert auf der EU-Richtlinie 96/53/EG, in der EU-weit die höchstzulässigen Abmessungen und Gewichte für Straßenfahrzeuge festgelegt sind. Im Feldversuch mit Lang-Lkw werden keine sogenannten -Gigaliner mit Gesamtmassen von bis zu 60 Tonnen eingesetzt. Im Rahmen des Lang-Lkw-Feldversuchs sind die Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen auf die herkömmliche Gesamtmasse von 40 Tonnen bzw. 44 Tonnen im Vor- und Nachlauf zum Kombinierten Verkehr beschränkt. Die Bundesregierung lehnt einen grenzüberschreitenden Verkehr mit sogenannten Gigalinern mit einer Gesamtmasse von bis zu 60 Tonnen nach Deutschland ab. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 2): Mit welchen Zielsetzungen und in welcher Weise (insbesondere mit welchen Vertretern) hat das Bundeskanzleramt nach dem 9. Januar 2013 im Hinblick auf das vierte Eisenbahnpaket bei der EU-Kommission interveniert? Bei wichtigen europapolitischen Fragen steht die Bundesregierung über verschiedene Kommunikationswege in ständigem Dialog mit der EU-Kommission. Die Bundesregierung hält Regelungen, die eine verbindliche eigentumsrechtliche Trennung von Infrastrukturbetrieb und Transportbereichen vorschreiben, für ungeeignet, die Öffnung der nationalen Eisenbahnmärkte und den Wettbewerb auf dem europäischen Schienennetz voranzutreiben. Über ihre Auffassung hat die Bundesregierung die EU-Kommission auch in Gesprächen hinsichtlich eines vierten Eisenbahnpakets informiert. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 3): Werden im Rahmen des neuen Bundesverkehrswegeplans aufgenommene Investitionsmaßnahmen in das Schienenwegenetz nach geltender Rechtslage, also unter Berücksichtigung des Schienenbonus, geplant und kalkuliert, oder erfolgt die Bewertung mit Vorgriff auf die zukünftige Rechtslage, also ohne Schienenbonus, der mit Inkrafttreten des Bundesschienenwegeausbaugesetzes abgeschafft werden soll? Für die Nutzen-Kosten-Analyse von Investitions-maßnahmen, die in den Bundesverkehrswegeplan auf-genommen werden sollen, werden die Kosten mit den notwendigen Schallschutzmaßnahmen ermittelt. Mit dem Wegfall des Schienenbonus wird sich dieser Kostenblock – differenziert für jede Maßnahme – erhöhen, sofern nicht gleichzeitig auch von entsprechend leiseren Zügen – in der Regel Güterzügen – ausgegangen werden kann. Ermittlungen von Kosten und Nutzen-Kosten-Analysen werden erst ab Herbst 2013 beginnen. Bis dahin wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entscheiden, wie die Kosten durch Wegfall des Schienenbonus in der Projektbewertung berücksichtigt werden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 4): Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt im neuen Bundesverkehrswegeplan die Kalkulation einer dort aufgenommenen Investitionsmaßnahme in das Schienenwegenetz für den Fall, dass ohne den Schienenbonus kalkuliert wird, und hat die Bundesregierung die verantwortlichen Bauträger hierüber bereits informiert? Der Bundesverkehrswegeplan ist eine Willensbekundung und ein Planungsinstrument der Bundesregierung, der auf keiner direkten Rechtsgrundlage fußt. Das gilt auch für die im Bundesverkehrswegeplan enthaltenen Maßnahmen. Um die Realisierungswürdigkeit einer Maßnahme zu beurteilen, werden auf Grundlage einer möglichst realistischen Prognose Bedarf, Nutzen und Kosten einer Maßnahme ermittelt. Mit der Aufnahme in den Bedarfsplan wird die Rechtsgrundlage für die darin enthaltenen Maßnahmen erst geschaffen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Uwe Beckmeyer (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 6): Welchen Inhalt hatten die Stellungnahmen, die beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem im Dezember 2012 an Länder und Verbände gesandten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Zuständigkeiten der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen an die Neuordnung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit Frist zum 15. Januar 2013 eingereicht wurden, und welche der darin enthaltenen Kritikpunkte wird die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf berücksichtigen? Die Stellungnahmen der Länder und Verbände setzen sich überwiegend nicht mit den Regelungsgegenständen des Gesetzes (Zuständigkeitsanpassungen, Übergangsregelungen für die Interessenvertretungen), sondern mit der WSV-Reform im Allgemeinen auseinander. Seitens der Länder und Verbände wurde überwiegend die -Befürchtung wiederholt, dass die Einrichtung der Generaldirektion für Wasserstraßen und Schifffahrt und die Auflösung der regionalen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen zum Verlust regionaler Kompetenzen führe. Aus dem Küstenbereich wurde die Forderung nach Ansiedlung der zentralen Behörde an der Küste erneut erhoben. Da sich die Kritikpunkte nicht auf die Regelungen des Gesetzentwurfes bezogen, können sie darin auch nicht berücksichtigt werden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Uwe Beckmeyer (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 7): Welche Bundesländer haben in der Folge des Gespräches zwischen dem Staatssekretär im Bundesministerium für -Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Michael Odenwald, und Vertretern der Länder am 29. November 2012 weiteren -Abstimmungsbedarf hinsichtlich der Frage der künftigen Neuordnung des Bundeswasserstraßennetzes bzw. des Umbaus der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes -angemeldet und mit welchem Inhalt? Herr Staatssekretär Michael Odenwald hat in dem Gespräch mit Vertretern der Länder sowie dem nachfolgenden Schreiben die Bereitschaft des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu weiteren Gesprächen im Zuge der Ausgestaltung der WSV-Reform angeboten. Bisher gibt es keine konkreten Gesprächswünsche der Länder. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 8): Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung über die 2010/2011 im Sektor Verkehr beschlossenen Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen hinaus in Anbetracht der Aussage des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit, Peter Altmaier, vor, dass das Klimaziel der -Bundesregierung von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 -angesichts der Trendentwicklung der CO2-Emissionen (NIR 2013) zusätzliches Handeln erfordert? Die Bundesregierung hat sich im Energiekonzept aus 2010 das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen in Deutschland sektorübergreifend um 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 zu reduzieren. Darüber hinaus ist erstmalig ein sektorspezifisches Ziel für den Verkehr mit -einem Rückgang des Endenergieverbrauchs um rund 10 Prozent bis zum Jahr 2020 und um rund 40 Prozent bis 2050 – jeweils gegenüber 2005 – formuliert. Die Bundesregierung stimmt derzeit den sogenannten Projektionsbericht ab, der Schätzungen darüber -enthält, wie sich Treibhausgasemissionen in Deutschland in den einzelnen Sektoren bis 2020 voraussichtlich entwickeln werden. Auch auf Basis der Verkehrsprognose 2030, die derzeit ebenfalls erarbeitet wird und deren Ergebnisse voraussichtlich Ende 2013 vorliegen sollen, lässt sich ggfs. weitergehender Handlungsbedarf im Verkehrssektor abschätzen. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) (Drucksache 17/12162, Frage 9): Welche nach medizinischen und technischen Erkenntnissen festgelegten Strahlungsvorsorgewerte (nicht Grenzwerte) sind bei der Errichtung von Anlagen vom auf TETRA-Standard basierenden BOS-Digitalfunk genehmigungsrelevant, um eine Gesundheitsgefährdung von Anwohnern auszuschließen, die im Strahlungskorridor zweier Funkmasten leben, und wie wird die Einhaltung von Strahlungsvorsorge- und Grenzwerten vor und nach der Errichtung und Inbetriebnahme von Funkmasten überprüft? Zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädigenden Wirkungen elektromagnetischer Felder gilt in Deutschland die Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV). In ihr werden Grenzwerte unter anderem für den gewerblichen Betrieb von ortsfesten Mobilfunksendeanlagen festgelegt, die ebenso vom Digitalfunk BOS eingehalten werden. Es ist beabsichtigt, künftig auch die BOS-Anlagen ausdrücklich in den Anwendungsbereich der 26. BImSchV einzubeziehen. Über die Grenzwerte hinausgehende Vorsorgewerte für elektromagnetische Felder sieht die 26. BImSchV nicht vor. Bisher konnten keine wissenschaftlichen Nachweise erbracht werden, die die geltenden Grenzwerte infrage stellen. Alle TETRA-Basisstationen benötigen als ortsfeste Funkanlagen gemäß Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur. In der Standortbescheinigung legt die Bundesnetzagentur unter Berücksichtigung des geltenden Grenzwertes fest, welche Sicherheitsabstände zu Bereichen einzuhalten sind, in denen sich Menschen dauerhaft aufhalten können. Dabei werden auch andere Sendeanlagen, etwa benachbarte Rundfunksender oder gewerblich betriebene Mobilfunkanlagen, in die Prüfung mit einbezogen. Bei jeder Änderung von funktechnischen Parametern an der Basisstation prüft die Bundesnetzagentur den Standort erneut. Die Bundesnetzagentur überprüft in unregelmäßigen Abständen und ohne Vorankündigung vor Ort Standorte von Funkanlagen, für die eine Standortbescheinigung erteilt wurde, auf Einhaltung der in der Standortbescheinigung festgelegten Sicherheitsabstände. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 21): Welchen Verbesserungsbedarf sieht die Bundesregierung aktuell an der Arbeit des ITER-Konsortiums, welchen der Staatssekretär Dr. Georg Schütte auf dem Wettbewerbsrat am 10./11. Dezember 2012 laut der Nachschau der Bundesregierung auf die Tagung des Rates der Europäischen Union zur Wettbewerbsfähigkeit (Ausschussdrucksache 17(18)351) angemahnt hat? Die Besonderheit des ITER-Projektes besteht darin, dass die Internationale Organisation ITER, ITER IO, bei der Errichtung des Fusionsreaktors eine überaus komplexe Koordinierungsaufgabe übernommen hat. Sie muss nationale Sachleistungen der sieben ITER-Partner entgegennehmen, die diese im eigenen Land als Sachleistung erbringen. Sie muss eigene Ausschreibungen für die von ITER selbst zu erbringenden Arbeitspakete vorbereiten und durchführen, in Zusammenarbeit mit den nationalen ITER-Agenturen der sieben Partner die wesentlichen Inhalte der von den nationalen ITER-Agenturen durchzuführenden Ausschreibungen ausarbeiten und vereinbaren und schließlich alle Teillieferungen, Teilleistungen und Beistellungen bei der Errichtung des Reaktors zusammenführen. Dabei ist ein einheitliches technisches Regelwerk zu beachten, das vielfach erst mit Projektfortschritt entwickelt werden kann. Im Laufe des Fortschreitens des Projekts entsteht bei der Zusammenführung der verschiedenen Beiträge sachlicher und -finanzieller Optimierungsbedarf. Über die Frage, welche Maßnahmen zur Optimierung der Schnittstellen zwischen ITER IO und F4E sowie den anderen nationalen ITER-Agenturen ergriffen werden sollen, wurde im Aufsichtsrat von F4E bereits mehrfach diskutiert. Verbesserungsbedarf wird sowohl im Hinblick auf die Beschreibung der Arbeitspakete und die Ausschreibungen durch ITER IO und F4E als auch bei der Frage der Vereinbarung kostenmindernder Maßnahmen gesehen. Die Abstimmung zu diesen Themen zwischen ITER IO und F4E soll weiter verbessert werden. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 22): Welches genaue Ziel, welches nicht auch schon die bestehenden Organisationen der Zivilgesellschaft über die existierenden Förderinstrumente (Engagement Global, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, GIZ, Entwicklungszusammenarbeit der Bundesländer, Auswärtiges Amt etc.) umsetzen könnten, verfolgt die Bundesregierung mit ihrer neuen millionenschweren Afrika-Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, für das sie den Trägerverein Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. auserkoren hat, dem ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers vom Oktober 2012 bescheinigt, eine ordnungsgemäße finanzielle Abwicklung der BMZ-Fördermittel nicht gewährleisten zu können, und wie verhält sich die Bundesregierung zu dem Vorwurf, dass die Auswahl der Partnerorganisationen sowohl in Deutschland als auch in den Partnerländern äußerst intransparent und ohne Beteiligung der bisher aktivsten und effizientesten Vereine und Trägerstrukturen auf dem Gebiet der Zusammenarbeit mit Afrika verlief? Die Initiative verfolgt das Ziel, Menschen anzusprechen, die bislang nicht oder nicht in einem deutsch-afrikanischen Kontext zivilgesellschaftlich engagiert sind. Der auf Partnerschaftlichkeit basierende Graswurzelansatz gewährleistet die systematische und kontinuierliche Einbeziehung von insbesondere und bewusst neuen und bereits bestehenden zivilgesellschaftlichen Akteuren. Das Innovationspotenzial liegt dabei bei einem deutsch-afrikanischen Peer-to-Peer-Ansatz, der deutsche wie afrikanische Perspektiven einbezieht. Dabei werden vorhandene Ansätze integriert und weiterentwickelt. Ziel ist es, neue deutsch-afrikanische Partnerschaften auf Augenhöhe zu generieren. Die Stiftung Partnerschaft mit Afrika e. V. hat 2010 die Konzeption gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung, bpb, entwickelt. Die bpb darf sich allerdings aufgrund eines Erlasses des BMI inzwischen nicht mehr an der Umsetzung beteiligen. Eine 8-Millionen-Euro-Zuwendung hat SPA e. V. nicht erhalten. Dies ist offensichtlich eine Verwechslung mit einem Angebot der GIZ an das BMZ. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Druck-sache 17/12162, Frage 26): Wie viele Unternehmen nehmen derartige Beratungsleistungen der GIZ wahr, und wie viele Beschäftigte wurden bereits qualifiziert? Im Rahmen der bilateralen technischen Zusammen-arbeit wurden seit 2005 bislang über 2 000 Firmen unterstützt. Alleine in den letzten beiden Jahren konnten -dadurch 350 Textilfabriken die Umsetzung der Sozialstandards signifikant verbessern. Mehr als 1 000 sogenannte Social Compliance Officers, Fabrikarbeiterinnen und Facharbeiter mit einem Spezialwissen über Sozialstandards nach dem nationalen Arbeitsgesetz, wurden ausgebildet. Rund 500 Fabrikmanager wurden für die Umsetzung von Sozialstandards sensibilisiert, beraten und geschult. Mehr als 100 000 Arbeiterinnen und Arbeiter besuchen regelmäßig sogenannte Frauencafés, in denen sie in Form von Schulungen, Theateraufführungen, Spielen, Postern und Filmen über ihre Arbeitsrechte aufgeklärt werden. Rund 10 000 Cell Leaders, das sind Arbeiterinnen mit Kenntnissen in Gesprächsführung und den gesetzlich vorgeschriebenen Sozialstandards für Verhandlungen mit dem Fabrikmanagement, wurden über die 45 durch die GIZ aufgebauten Frauencafés ausgebildet. Aus dem Studien- und Fachkräftefond beauftragte das BMZ die GIZ mit einem Vorhaben zur Ausbildung von Frauen zu Textilfacharbeiterinnen. Von 2009 bis 2012 wurden in Kooperation mit dem bangladeschischen Frauenministerium zwei Schulungszentren eingerichtet und 2 000 Frauen ausgebildet. An den bislang fünf Projektphasen der seit 2008 von GIZ IS im Auftrag der Lidl Stiftung & Co. KG durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen von Zulieferbetrieben haben 78 Fabriken teilgenommen. In jeder Phase wurden Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Zulieferer in Workshops und durch individuelles Coaching bei Fabrikbesuchen als Multiplikatoren in den Themen Sozial- und Umweltstandards ausgebildet. Insgesamt wurden im Rahmen des Vorhabens bislang 250 Multiplikatoren geschult. Von den hierdurch erzielten besseren Arbeitsbedingungen haben rund 90 000 Arbeiterinnen und Arbeiter profitiert. Seit November 2011 ist die GIZ IS für die C&A Stiftung in Bangladesch und Indien tätig. Vorrangiges Ziel ist, die Löhne zu erhöhen und die Sozialstandards für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von bis zu 35 Zulieferfabriken in Indien und Bangladesch zu verbessern. In Bangladesch werden derzeit bis zu 54 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet, wodurch bis zu 15 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter indirekt profitieren. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 27): Wie plant die Bundesregierung, die rund 1,6 Millionen Euro für den ersten deutschen Entwicklungstag Ende Mai 2013 einzusetzen, und wie begründet sie, dass die Wahl des Veranstaltungsortes auf Heidelberg, den Wahlkreis des Bundesministers Dirk Niebel, fiel (siehe Spiegel Online, 20. Januar 2013)? Der erste deutsche Entwicklungstag findet mit dezentralen Veranstaltungen möglichst in allen Bundesländern statt: Hierfür finanziert das BMZ die Bühnen, Zelte und Koordinatoren vor Ort. Bei der Auswahl der Kommunen wurde unter anderem auf einen bestehenden Bezug zu afrikanischen Ländern und Regionen geachtet. Heidelberg hat einen besonderen Bezug zu Afrika (2011: 3. Platz als Hauptstadt des fairen Handels und veranstaltet seit über 20 Jahren jährlich die Afrika-Tage). Darüber hinaus verfügt Heidelberg mit dem Eine Welt Zentrum e. V. über einen zivilgesellschaftlichen Partner, der eine Veranstaltung zum deutschen Entwicklungstag als Kooperationspartner umzusetzen in der Lage ist. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Thomas Jarzombek (CDU/CSU) (Drucksache 17/12162, Frage 28): Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung mit Blick auf die Weltfunkkonferenz 2015 einschließlich der Vorbereitungskonferenzen, und wie wird sie im Vorfeld die Interessen aller Beteiligten erfassen und berücksichtigen? Die Diskussionen zu den Tagesordnungspunkten der Weltfunkkonferenz 2015 haben auf nationaler, europäischer sowie internationaler Ebene gerade begonnen. Es ist daher noch verfrüht, Aussagen zu konkreten substanziellen Punkten oder Strategien zu treffen. Auf nationaler Ebene werden die deutschen Positionen nach einem bewährten Verfahren in der Nationalen Vorbereitungsgruppe zur Weltfunkkonferenz, unter Leitung des BMWi, erarbeitet. Die Mitarbeit in der Nationalen Vorbereitungsgruppe steht allen Betroffenen und Interessenten offen, auf diese Weise ist eine Berücksichtigung eines breiten Interessenspektrums sichergestellt. Die in der Nationalen Gruppe vereinbarten Positionen werden von der deutschen Delegation auf der Weltfunkkonferenz gemeinsam vertreten. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Thomas Jarzombek (CDU/CSU) (Drucksache 17/12162, Frage 29): Wie beurteilt die Bundesregierung nach dem Ausstieg der Mediengruppe RTL Deutschland aus dem terrestrischen -Fernsehen die Zukunft von Rundfunkangeboten über DVB-T und perspektivisch über DVB-T2? Die Bundesregierung geht nach der Verlautbarung der RTL Group über die Beendigung ihres Engagements in der Terrestrik Ende 2014 weiterhin davon aus, dass es auch zukünftig eine Nachfrage zum Angebot von -Rundfunk- und Medieninhalten für den terrestrischen Empfang geben wird. Jedoch stellt sich aufgrund des veränderten Nutzungsverhaltens der Konsumenten die Frage, welche zukunftsfähigen Übertragungstechnologien künftig zur Erfüllung dieses Bedarfs nachgefragt werden. Ausgehend vom aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurs über die zukünftige Ausgestaltung einer modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft schätzt die Bundesregierung ein, dass mittel- bis langfristig die bisherigen Technologien evolutionär zusammen wachsen werden (hybride Lösungen). Erste Ansätze dafür sind bereits erkennbar (Smartphones, Tablets). Es gilt nunmehr zu evaluieren, welche Technologien aus medienpolitischer, ökonomischer und nutzerbezogener Perspektive langfristig zukunftsfähig sind. Im -Mittelpunkt dabei steht insbesondere die Frage, wie die Vorteile der bisherigen massenkommunikationsfähigen Technologien des Rundfunks in eine Welt konvergenter und dynamischer Angebote von TV- und Bewegtbild-inhalten überführt werden können. Dabei ist auch der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Bereitstellung von entsprechenden Übertragungskapazitäten für Medien- und Rundfunkinhalte führt das BMWi im Rahmen des Forums „Mobile Media 2020“ bereits eine offene Diskussion mit den Ländern, den Programmveranstaltern und weiteren Entscheidungsträgern. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die -Fragen des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/12162, Fragen 30 und 31): Plant die Bundesregierung, die Forderung der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nach „Ertüchtigung“ von Regionalorganisationen, die sie in ihrer Strausberger Rede vom 22. Oktober 2012 erhoben hat, umzusetzen und die Regionalorganisation ECOWAS mit Rüstungsgütern zu unterstützen, und, wenn ja, um welche Rüstungsgüter handelt es sich? Wie will die Bundesregierung den Endverbleib dieser Rüstungsgüter praktisch sicherstellen und verhindern, dass diese an Unbefugte weitergegeben werden? Zu Frage 30: Deutschland unterstützt die Regionalorganisation ECOWAS nicht mit Rüstungsgütern. Sollte die Bundesregierung eine Anfrage der Regionalorganisation ECOWAS nach Lieferung von Rüstungsgütern erreichen, wird sie diese sorgfältig prüfen. Dabei wird sie insbesondere die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000 und den „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des -Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ -beachten. Zu Frage 31: Der „Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ und die entsprechenden -Regelungen der „Politischen Grundsätze der Bundes-regierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ vom 19. Januar 2000 sehen eine Prüfung des Endverbleibs vor Genehmigungserteilung (ex ante) vor. Nach den Regelungen des Gemeinsamen Standpunktes werden Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nur -erteilt, wenn zuvor der Endverbleib dieser Güter im -Endempfängerland sichergestellt ist. Im Einklang hiermit werden von der Bundesregierung vor Erteilung einer Genehmigung für Lieferungen von Rüstungsgütern alle vorhandenen Informationen über den Endverbleib -umfassend geprüft und bewertet. Durch die Ex-ante-Prüfung wird von vornherein ge-sichert, dass Rüstungsgüter nicht an Empfänger geliefert werden, bei denen die Gefahr besteht, dass die Güter umgeleitet werden. Wenn Zweifel am gesicherten -Endverbleib beim Empfänger bestehen, werden Ausfuhranträge abgelehnt. Diese Grundsätze würden auch bei einer Anfrage der Regionalorganisation ECOWAS nach Lieferung von Rüstungsgütern Anwendung finden. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 32): Welchen Umgang mit dem Vertrag von Almelo wie zum Beispiel reine Auflösung, Ablösung durch anderweitigen Vertrag, Novellierung etc. strebt die Bundesregierung aktuell an – insbesondere für den Fall eines Verkaufs des Anteils der deutschen Uranit GmbH am Urananreicherungsunternehmen Urenco GmbH an ein ausländisches Unternehmen/Konsortium etc. – (bitte mit Begründung), und welche künftigen Termine im Zusammenhang mit der Urenco GmbH, an denen Bundesbehörden teilnehmen werden, sind aktuell festgelegt (also beispielsweise interministerielle Treffen oder Treffen mit der Uranit GmbH, Eon und RWE oder Sitzungen des Gemeinsamen Ausschusses mit Großbritannien und den Niederlanden; bitte mit Datum)? Die Regierungen der sogenannten Troika-Staaten, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich der Niederlande und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, stehen zu dem seit mehr als 40 Jahren erfolgreichen völkerrechtlichen Vetrag von Almelo (Übereinkommen vom 4. März 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung des Gaszentrifugenverfahrens zur Herstellung angereicherten Urans) und streben die Durchsetzung seiner Vorgaben auch für den Fall einer potenziellen künftigen Änderung der Eigentumsverhältnisse an. Die Bundesregierung wird je nach Bedarf mit allen relevanten Beteiligten Gespräche zum Thema URENCO führen. Die nächste Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Troika-Regierungen ist derzeit für März 2013 terminiert. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 33): War das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, in irgendeiner Form an der Entscheidung beteiligt, auch weiterhin für den Export von Nukleartechnik und damit auch für den Bau von Atomkraftwerken im Ausland zu bürgen, und, wenn das BMU konsultiert wurde, welche Einwände, Stellungnahmen oder anderen Hinweise hat es zu der Thematik vorgebracht? Über die Übernahme einer Exportkreditgarantie entscheidet der Interministerielle Ausschuss für Export-kreditgarantien, IMA, dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als Federführer, das Bundesministerium der Finanzen, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angehören. Der IMA entscheidet im Konsens dieser vier Ressorts. Eine Mitentscheidung anderer Ressorts ist nicht vorgesehen. Der IMA kann für besondere Einzelfragen auch die Expertise anderer Ressorts heranziehen. Die Beteiligung erfolgt in der Praxis, sofern es fachlich erforderlich ist. Die Bundesregierung gibt keine Auskunft zu internen Konsultationen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit nimmt aber grundsätzlich keine Bewertungen ausländischer Kernkraftwerke vor. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) (Druck-sache 17/12162, Frage 34): Welche Gründe veranlassen die Bundesregierung in Hinsicht darauf, dass sie nach Fukushima zu dem Schluss gekommen ist, aus Gründen der Sicherheit aus der Atomenergie auszusteigen, nach wie vor auf Umweltleitlinien bei der Vergabe von Bürgschaften zu verzichten und folglich gegebenenfalls auch den Export von Nukleartechnik und damit auch den Bau von Atomkraftwerken im Ausland abzusichern, wenn man davon ausgeht, dass eine Nichtvergabe von Bürgschaften für den Export von Nukleartechnik keinerlei Einmischung in die souveräne Entscheidung anderer Staaten über die Ausgestaltung ihrer Energiepolitik und ihres Energiemixes darstellt? Der Interministerielle Ausschuss für Exportkredit-garantien richtet sich bei seinen Entscheidungen nach den OECD-Umweltleitlinien und wendet diese unmittelbar an. Die OECD-Leitlinien schließen die Übernahme von Nukleartechnologieexporten nicht aus. Soweit Exportkreditgarantien für Lieferungen und Leistungen für Kernkraftwerke im Ausland beantragt werden, werden besonders strenge Prüfungsanforderungen angelegt, denn die Bundesregierung ist sich der besonderen Sensibilität von Nuklearprojekten bewusst. Vor dem Hintergrund der Ereignisse in Fukushima setzt sich die Bundesregierung zudem in der EU und in der Internationalen Atomenergie-Organisation, IAEO, sowie im Rahmen der G20-Staaten für einheitliche und möglichst verbindliche Kernenergiesicherheitsstandards auf hohem Niveau ein. Die Bundesregierung hat sich darüber hinaus erfolgreich dafür eingesetzt, dass in den am 28. Juni 2012 in Kraft getretenen überarbeiteten OECD-Umweltleitlinien für Exportkredite jetzt explizit auf IAEOStandards verwiesen wird. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 35): Wie ist der inhaltliche bzw. konzeptionelle Sachstand bezüglich der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, die vom Netzausbau unmittelbar betroffen sind und durch eine so-genannte Bürgerdividende am Gewinn durch den Leitungsausbau profitieren sollen, vor dem Hintergrund des Thesenpapiers zur Bürgerdividende beim Netzausbau des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, sowie der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Anlagemöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern beim Netzausbau“ (Bundestagsdrucksache 17/11626), und welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung hierbei? Die Bundesregierung stellt fest, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern im Grundsatz auf freiwilliger und marktmäßiger Basis bereits im geltenden regulatorischen Rahmen möglich ist. Ein Beispiel stellt das Modellprojekt der Bürgernetzgesellschaft zur Westküs-tentrasse in Schleswig-Holstein dar, welches mit Unterstützung unter anderem des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers, der Landesregierung Schleswig-Holstein und der Bundesnetzagentur entwickelt wurde und kurzfristig umgesetzt werden soll. Ob und wie darüber hinaus weitere tragfähige Modelle zur finanziellen Beteiligung von Bürgern entwickelt werden können, wird derzeit von der Bundesregierung geprüft. In diese Überlegungen werden insbesondere auch die Vorschläge von Bundesminister Dr. Peter Altmaier aus dem Thesenpapier „Bürgerdividende Netzausbau“ einbezogen. Diese Vorschläge sollen zeitnah mit den Betroffenen diskutiert werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 34): Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes, EnLAG, seit dem 1. Oktober 2012 fälligen Fortschrittsbericht zum Ausbau der Höchstspannungsnetze vorlegen, vor dem Hintergrund, dass die Bundesnetzagentur die Prüfung des Netzentwicklungsplans inzwischen abgeschlossen hat, was die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine mündliche Frage 79, Plenarprotokoll 17/210, als Grund für die Verzögerung angegeben hat, und was sind die Gründe für die weitere Verspätung? Der Bericht wurde mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 an den Deutschen Bundestag übersandt. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Dirk Becker (SPD) (Drucksache 17/12162, Fragen 37 und 38): Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung über die 2010/2011 im Sektor Energiewirtschaft/Strom beschlossenen Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen hinaus in Anbetracht der Aussage des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, vor, dass das Klimaziel der Bundesregierung von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 angesichts der Trendentwicklung der CO2-Emissionen (NIR 2013) zusätzliches Handeln erfordert? Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang über die 2010/2011 im Sektor Energiewirtschaft/Wärme beschlossenen Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen hinaus vor? Die Bundesregierung strebt an, die klimaschädlichen Treibhausgase gegenüber dem Basisjahr 1990 um 40 Prozent bis 2020 und um 80 bis 95 Prozent bis 2050 zu senken. Insgesamt konnte die Freisetzung von Treibhausgasen in Deutschland seit 1990 deutlich vermindert werden. Für die verlässliche Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls welche zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind, um die Ziele des Energiekonzepts zu erreichen, ist es noch zu früh. Die Bundesregierung stimmt derzeit den sogenannten Projektionsbericht ab, der unter anderem Schätzungen darüber enthält, wie sich Treibhausgasemissionen in Deutschland in den einzelnen Sektoren bis 2020 voraussichtlich entwickeln werden. Die Bundesregierung hat am 19. Oktober 2011 den Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ ins Leben gerufen. In diesem Prozess werden die Umsetzung der Maßnahmen des Energiekonzepts und die Fortschritte bei der Zielerreichung mit Blick auf eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung regelmäßig überprüft. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung die oben genannte Frage nach -Ressortabstimmung des Projektionsberichts und im -Rahmen des Fortschrittsberichts beantworten. Der Fortschrittsbericht beruht auf einer mehrjährigen Datenbasis und trägt auf diese Weise dazu bei, dass verlässliche Trends erkennbar werden. Der erste Fortschrittsbericht ist für das Jahr 2014 vorgesehen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Matthias Miersch (SPD) (Drucksache 17/12162, Fragen 39 und 40): Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung über die 2010/2011 im Sektor Industrieprozesse beschlossenen Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen hinaus in Anbetracht der Aussage des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, vor, dass das Klimaziel der Bundesregierung von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 angesichts der Trendentwicklung der CO2-Emissionen (NIR 2013) zusätzliches Handeln erfordert? Welche politischen Anstrengungen im Bereich Energieeffizienz wird die Bundesregierung zusätzlich unternehmen, wenn, wie in der Financial Times Deutschland vom 18. Oktober 2011 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingeräumt, das Etappenziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von 40 Prozent bis 2020 „kein Selbstläufer“ ist und die deutschen Unternehmen anstelle einer Senkung von 2,65 Prozent pro Jahr zurzeit nur eine Senkung von 1,3 Prozent aufweisen können? Die Energieproduktivität in Deutschland hat sich im Zeitraum 2008 bis 2011 durchschnittlich um jährlich 2 Prozent gesteigert. Um das Ziel der Bundesregierung, die Energieproduktivität bis zum Jahr 2020 jährlich um 2,1 Prozent zu erhöhen, zu erreichen, ist eine geringfügige Verstärkung des laufenden Trends erforderlich. Der Erste Monitoringbericht der Bundesregierung „Energie der Zukunft“ stellt in Kapitel 5.4 Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz dar. Dazu zählt im Bereich Industrie und Gewerbe insbesondere das vom Deutschen Bundestag am 8. November 2012 beschlossene Zweite Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes sowie zur Änderung des Luftverkehrssteuergesetzes. Neben den bereits eingerichteten werden im Laufe des Jahres 2013 noch weitere Förderprogramme zur Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe von der Bundesregierung angeboten. Zum einen handelt es sich dabei um das Zuschussprogramm für die Effizienzsteigerungen in sonstigen Produktionsprozessen, zum anderen um die Förderung von Energie-managementsystemen in Industrieunternehmen. Mit Verabschiedung der EU-Energieeffizienzricht-linie wurden zudem weitere Regelungen auf europäischer Ebene beschlossen, die bis Juni 2014 in nationales Recht umzusetzen sind. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 41): Wie hat sich der Markt für E-Zigaretten in den letzten Jahren in Deutschland entwickelt, und wie hoch waren die durch den Umstieg von Raucherinnen und Rauchern auf E-Zigaretten bedingten Tabaksteuerausfälle (nach Jahren für die letzten fünf Jahre)? Erstens. Eine valide Übersicht über die Marktentwicklung von E-Zigaretten liegt der Bundesregierung nicht vor. Zweitens. Nach Verbandsangaben sollen circa 2 Millionen Raucherinnen und Raucher die E-Zigarette nutzen. Drittens. Inwieweit sich der vollständige oder teilweise Umstieg im Nutzerverhalten auf das Tabaksteueraufkommen ausgewirkt hat, kann nach Einschätzung der Bundesregierung nicht seriös beantwortet werden. Viertens. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 17/8652 verwiesen. Anlage 25 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 42): Inwiefern plant die Bundesregierung, sich an der Ausbildung von Truppen aus ECOWAS-Staaten, die für den Einsatz in Mali vorgesehen sind, zu beteiligen, wie es der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, in der Sendung Anne Will am 23. Januar 2013 angekündigt hat, und in welchem rechtlichen Rahmen soll eine solche Ausbildungsmission stattfinden? Der Bundesregierung liegt kein Ersuchen der Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft -(ECOWAS) um Ausbildungsunterstützung der für den Einsatz in Mali vorgesehen ECOWAS-Truppen vor. Die Bitte der ECOWAS an die internationale Gemeinschaft um Unterstützung des Einsatzes ihrer Truppen in Mali sowie die in der Sicherheitsratsresolution der -Vereinten Nationen 2085 enthaltene Aufforderung an die internationale Gemeinschaft, dieser Bitte nachzukommen, bezog sich lediglich auf finanzielle, logistische und Ausstattungsunterstützung, nicht jedoch auf Ausbildungsunterstützung. Anlage 26 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 43): Welche Informationen hat die Bundesregierung hinsichtlich Berichten über von malischen Soldaten an Zivilisten -verübte Menschenrechtsverletzungen im Zuge der französischen Militärintervention, und welche Konsequenzen zieht sie daraus für die EU-Ausbildungsmission EUTM Mali? Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen -Erkenntnisse zu den in den Berichten erwähnten -Menschenrechtsverletzungen. Die Bundesregierung prüft gegenwärtig eine Beteiligung deutscher Ausbilder an der EU-Ausbildungsmission für malische Streitkräfte, EUTM Mali. Die Bundesregierung hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass im Rahmen der EU-Ausbildungsmission vorgesehen ist, die malischen Streitkräfte auch im Hinblick auf die Beachtung der Menschenrechte zu unterweisen. Anlage 27 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 44): Setzt sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch malische Rebellen und malische Regierungstruppen dafür ein, Menschenrechtsbeobachter nach Mali zu entsenden, und, wenn ja, wie plant die Bundesregierung, eine solche Beobachtungsmission zu unterstützen? Die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navanethem Pillay, wird einen Bericht zur Menschenrechtslage in Mali vorlegen, den der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen diskutieren wird. Auf Grundlage dieses Berichts wird dann erörtert, ob gegebenenfalls weitere Maßnahmen – wie die Entsendung von Menschenrechtsbeobachtern – eingeleitet werden. Überdies richten die Vereinten Nationen entsprechend der Resolution 2085 (2012) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen derzeit in Mali eine Vor-Ort-Präsenz ein, die auch die Aufgabe hat, die Einhaltung der Menschenrechte im Norden des Landes zu beobachten. Unter den bisher zwanzig Mitarbeitern des Vorauskommandos der Vereinten Nationen sind zurzeit zwei Menschenrechtsexperten. Zusätzlich soll auch die afrikanisch geführte Unterstützungsmission in Mali, AFISMA, als zivile Komponente Menschenrechtsbeobachter enthalten. Die Bundesregierung wird ihrerseits die Menschenrechtslage in Mali aufmerksam beobachten. Der Bun-desminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, -erklärte am 24. Januar 2013 zu Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen durch die malischen Streitkräfte: „Das sind schwerwiegende Vorwürfe, denen gründlich nachgegangen werden muss. Racheakte oder Gewalt malischer Soldaten gegen Zivilisten oder ethnische Minderheiten wären in keiner Weise akzeptabel. Das würde auch Bemühungen um politischen Ausgleich in Mali untergraben.“ Anlage 28 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 45): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Anzahl der willkürlichen Hinrichtungen, Vergewaltigungen und Opfer dieser Gewalttaten, die nach Angaben der Internationalen Vereinigung für Menschenrechte, FIDH, von Angehörigen der malischen Armee im Kriegsgebiet im Norden Malis in -Sévaré, Mopti, Niono und anderen Ortschaften begangen worden sein sollen und die der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, am 24. Januar 2013 als in keiner Weise akzeptabel kritisiert hat, und wie will die Bundesregierung ausschließen, dass unter den beteiligten Soldaten der malischen Armee auch solche waren, die von Soldaten der Bundeswehr in der Vergangenheit ausgebildet wurden oder in Zukunft, wie geplant, ausgebildet werden? Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse zu den infrage stehenden Vorwürfen gegen die malische Armee. Die Bundesregierung hat daher derzeit auch keine Erkenntnisse darüber, ob – falls die Vorwürfe gegen die malische Armee zutreffen – unter den daran beteiligten Soldaten der malischen Armee auch solche waren, die von Soldaten der Bundeswehr in der Vergangenheit ausgebildet worden waren. Die malische Regierung hat zugesagt, die Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, dass Soldaten für eine Ausbildung durch die Bundeswehr im Rahmen der Ausbildungsmission der Europäischen Union, EUTM Mali, nicht infrage kommen, bei denen sich im Rahmen von Untersuchungen ein hinreichender Anfangsverdacht auf begangene Menschenrechtsverletzungen ergibt. Die Bundesregierung hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die malischen Streitkräfte im Rahmen von EUTM Mali auch im Hinblick auf die Beachtung der Menschenrechte unterwiesen werden. Anlage 29 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 46): Unter welchen Umständen plant die Bundesregierung, die derzeit ausgesetzte Ausstattungshilfe für die malischen Streitkräfte fortzuführen, und welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang zum aktuellen Ausstattungsgrad der malischen Armee vor? Die Republik Mali war bereits von 1969 bis 1994 und ist erneut seit 2005 Empfängerland des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte, AH-P. Aufgrund der Sicherheitslage konnten die für eine Fortsetzung des AH-P im Zeitraum 2013 bis 2016 notwendigen Regierungsverhandlungen mit Mali bisher nicht geführt werden. Folglich ist das Ausstattungshilfeprogramm vertragsgemäß zum 31. Dezember 2012 ausgelaufen. Über eine mögliche Wieder-aufnahme des AH-P wird im Lichte der weiteren Entwicklungen in Mali entschieden. Der französische Kommandeur der europäischen Ausbildungsmission EUTM Mali, Brigadegeneral -François Lecointre, hat vom 21. bis 23. Januar 2013 eine Erkundungsmission in Mali durchgeführt. Im Anschluss hat er Vertreter der Europäischen Union über die Ergebnisse seiner Reise informiert. Der Bedarf der malischen Armee an Ausrüstung ist seines Erachtens überschaubar. Die malischen Streitkräfte benötigten vor allem Schuhe, Bekleidung, Helme sowie Schutzwesten, Funkausrüstung, Kfz und Pioniergerät. Deutschland hat bereits in den vergangenen Monaten Ausstattungsunterstützung geleistet und unter anderem LKW, Sanitätsversorgung in Form eines Feldlazaretts sowie Zelte zur Unterbringung nach Mali verbracht. Auch ist an die Bundesregierung Bedarf an Splitterschutzwesten und batteriebetriebenen Handsonden zum Sicherheitscheck übermittelt worden. Den für begrenzte Zwecke angefragten Bedarf werden wir decken können. Gerade gestern wurde eine Lieferung an Splitterschutzwesten für die malische Armee in Richtung Mali auf den Weg gebracht. Anlage 30 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 47): Welche Vorkehrungen hat die Bundesregierung bei der Formulierung der Sanktionen gegen den Iran (speziell den Zahlungsverkehr betreffende) getroffen, um sicherzustellen, dass durch sie die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten nicht eingeschränkt wird, und welche Maßnahmen ergreift sie, um die immer wieder auftretenden Probleme (vergleiche unter anderem „Die Kranken warten“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. November 2012) bei der Bezahlung von in den Iran exportierten, lebensnotwendigen Medikamenten (wie sie beispielsweise der Verein Deutsch-Iranische Krebshilfe e. V. organisiert) zu beheben? Die von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union verhängten Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran verfolgen den Zweck, eine diplomatische Lösung des Streits um das iranische Nuklearprogramm herbeizuführen. Sie zielen unter anderem darauf ab, die Einnahmequellen zu reduzieren, die der iranische Staat für sein Nuklearprogramm nutzen könnte. Die Sanktionen richten sich nicht gegen die iranische Zivilbevölkerung. Von Anfang an haben die Sanktionsbestimmungen deshalb entsprechende humanitäre Ausnahmevorschriften enthalten. Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen zu den entsprechenden EU-Sanktionsrechtsakten, zuletzt EU-Beschluss 635/2012/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012, umgesetzt durch EU-Verordnung Nr. 1263/2012 des Rates vom 21. Dezember 2012, erfolgreich dafür eingesetzt, dass die humanitär begründeten Ausnahmen auch im Bereich der Kontrolle von Finanztransfers erhalten bleiben. Der Bundesregierung sind Berichte sowohl in iranischen und internationalen Medien als auch von Nichtregierungsorganisationen bekannt, wonach es in Iran Engpässe bei der Versorgung mit bestimmten Medikamenten gebe. Die Bundesregierung sieht den Grund für diese Probleme in erster Linie in verfehlter Zuteilung vorhandener Mittel durch die iranische Regierung. Der Bundesregierung ist die allgemeine Zurückhaltung deutscher Banken im Geschäft mit Iran bekannt. Um möglichen negativen Auswirkungen der Sanktionen zu begegnen, hat sich die Staatssekretärin des Auswärtigen Amts, Dr. Emily Haber, in einem Brief vom 14. November 2012 an den Dachverband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ gewandt und in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie darauf hingewiesen, dass nach den EU-Sanktionen gegen Iran finanzielle Transaktionen betreffend Lebensmittel, Gesundheitsleistungen und medizinische Ausrüstung sowie für landwirtschaftliche oder humanitäre Zwecke nicht verboten sind bzw. durch die zuständigen Behörden genehmigt werden können. Die Staatssekretärin hat um Prüfung gebeten, wie Transaktionen zwischen Deutschland und Iran für humanitäre Zwecke weiterhin ermöglicht werden können. Daneben steht die Bundesregierung im ständigen Kontakt mit Unternehmen der pharmazeutischen Indus-trie sowie mit deutschen Kreditinstituten. Anlage 31 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Jan van Aken (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Fragen 48 und 49): Aufgrund welcher Kriterien entscheidet die Europäische Union über die in der jüngsten Ratsentscheidung (2013/44/GASP) angekündigte Verlagerung welcher Elemente der EU-Ausbildungsmission EUTM Somalia vom derzeitigen Ausbildungsstandort in Bihanga (Uganda) nach Somalia? Welche Gründe waren ausschlaggebend für die deutsche Zustimmung zur Anpassung bzw. Ausweitung des bisherigen EU-Mandats, und welchen konkreten Beitrag will die Bundesregierung im Rahmen von EUTM Somalia künftig übernehmen? Zu Frage 48: Die EU-Ausbildungsmission hat zum Ziel, die somalischen Behörden im Zusammenhang mit dem Aufbau der Streitkräfte, der Umsetzung des nationalen Sicherheits- und Stabilisierungsplans Somalias und Tätigkeiten zur Ausbildung der Streitkräfte anzuleiten, zu beraten und zu unterstützen. Die Verlagerung von Teilen der Mission nach Mogadischu soll erfolgen, sobald die erforderlichen Rahmenbedingungen, wie unter anderem logistische und -sanitätsdienstliche Versorgung, Infrastruktur, Sicherungskräfte usw., zur Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der eingesetzten Soldaten gewährleistet sind. Die Durchführung der Maßnahmen im Rahmen des Mandats beruht auf der Sicherheitslage in der Republik Somalia und der politischen Entscheidung durch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU. Zu Frage 49: Die am 18. September 2012 einstimmig angenommene Resolution 2067 (2012) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Somalia markiert das Ende der Übergangsphase. Sie bietet die politische Grundlage für die weitere Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft mit den neu etablierten staatlichen somalischen Strukturen. Allgemeine Wahlen sollen in vier Jahren stattfinden. Die europäische Ausbildungsmission EUTM Somalia hat dazu beigetragen, die Handlungsfähigkeit der bisherigen Übergangsbundesregierung, TFG, und der zukünftigen nationalen Regierung Somalias, Somali National Government, SNG, substanziell zu stärken. Die Mission ist ein wichtiges Element des vernetzten Ansatzes der EU in der Region und stärkt die somalische Fähigkeit und Bereitschaft, Verantwortung für die eigenen Belange zu übernehmen. Eine Verlagerung von Teilen der Mission nach Mogadischu ist geeignet, die neu konstituierten somalischen Institutionen weiter zu stärken. Sie kann insbesondere die neue somalische Regierung in die Lage versetzen, mit handlungsfähigen Sicherheitskräften die Stabilisierung Somalias weiter voranzutreiben. Durch EUTM--Berater in Mogadischu können der Aufbau eigener Strukturen im somalischen Verteidigungsministerium, Generalstab und in militärischen Ausbildungseinrichtungen unterstützt und so die Handlungsfähigkeit des somalischen Staates gestärkt werden. Die zu erwartende Erweiterung der Mission trägt den sich nach dem politischen Neuanfang verändernden Erfordernissen zum nachhaltigen Aufbau der somalischen nationalen Streitkräfte Rechnung. Im militärischen Ratschlag des EU-Militärkomitees wurde festgeschrieben, dass die Verlagerung von Mis-sionsanteilen nach Mogadischu keinem Automatismus folgt. Zunächst sollen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geprüft und nötigenfalls geschaffen werden. Erst dann soll durch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, PSK, neu beraten und gegebenenfalls beschlossen werden, ob eine Verlagerung tatsächlich stattfinden soll. In den entsprechenden EU-Beschlüssen ist auch festgelegt, dass die Ausbildung in Bihanga zunächst für zwei weitere Durchgänge fortgesetzt werden soll. Zeitgleich soll geprüft werden, ob und in welchem Umfang Ausbildung in Somalia durchgeführt werden kann. Deutschland beabsichtigt derzeit, die Beteiligung an der EU-Trainingsmission in Uganda mit der personellen Besetzung von Dienstposten im Missionshauptquartier in Kampala sowie dem Stab, dem Unterstützungsbereich und in den Ausbildungsteams im Bihanga Training Camp fortzusetzen. Eine deutsche Beteiligung an Ausbildungsanteilen in Somalia ist derzeit nicht vorgesehen. Anlage 32 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 50): Welche konkreten Unterschiede führen dazu, dass die Bundesregierung für die EU-Ausbildungsmission EUTM Somalia selbst jetzt, wo diese schrittweise nach Somalia verlegt werden soll, kein Mandat des Deutschen Bundestages für nötig erachtet, im Falle der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali ein solches Mandat hingegen für nötig hält, und beziehen sich diese Unterschiede eher auf die Gefährdungslage oder die Unmittelbarkeit der Einbeziehung in einen bewaffneten Konflikt? Die Ausbildungsmission der Europäischen Union für Somalia und die geplante Ausbildungsmission in Mali finden unter grundsätzlich unterschiedlichen Rahmenbedingungen statt. Die Ausbildung im Rahmen von EUTM Somalia erfolgt bislang nicht in Somalia selbst, sondern in Uganda. Die EUTM Mali hingegen wird im konfliktbefangenen Staat selbst durchgeführt. Trotz beabsichtigter räumlicher Entfernung der Ausbildungsorte von der Zone der Kampfhandlungen ist deren Übergreifen auf andere Landesteile derzeit nicht auszuschließen. Während daher EUTM Somalia in einem weitgehend sicheren Umfeld stattfindet, muss bei der geplanten Ausbildungsmission in Mali von einer vergleichsweise höheren Gefährdungslage ausgegangen werden. Letztere kann als ein Kriterium für die Beurteilung herangezogen werden, ob nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang und nach den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die qualifizierte Erwartung einer Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen besteht, so dass ein Einsatz im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes vorliegt, der der Zustimmung des Deutschen Bundes-tages bedarf. Der jüngst gefasste EU-Ratsbeschluss zur Verlängerung von EUTM Somalia bis 2015 zusammen mit den im Dezember 2012 gefassten Gremienbeschlüssen des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees, PSK, sowie des militärischen Ratschlags des EU-Militärkomitees sieht mitnichten einen Automatismus einer Verlagerung der Mission nach Somalia vor. Er betont vielmehr, dass zunächst die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geprüft und nötigenfalls geschaffen werden müssen. Erst dann soll durch das PSK neu beraten und gegebenenfalls beschlossen werden, ob eine Verlagerung tatsächlich stattfinden soll. Erst wenn die Verlagerung von Ausbildungsteilen nach Somalia konkret ansteht und über eine deutsche Beteiligung hieran entschieden würde, würde geprüft werden, ob ein Mandat des Deutschen Bundestages hierfür notwendig wäre. Eine deutsche Beteiligung an Ausbildungsanteilen in Somalia ist derzeit jedoch nicht vorgesehen. Anlage 33 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 51): Wie erklärt die Bundesregierung, dass sie auf meine mündliche Frage zu den Umständen des Abschusses eines türkischen Kampfflugzeugs am 22. Juni 2012 (Plenarprotokoll 17/203) an der türkischen Darstellung trotz angeblich fehlender eigener Erkenntnisse und ausbleibender Veröffentlichung eines türkischen Untersuchungsberichtes festhielt, wonach „das unbewaffnete Aufklärungsflugzeug im internationalen Luftraum durch eine Luftabwehrrakete abgeschossen“ -worden sei, während die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP-Aktuell, Ausgabe 1, Januar 2013) mittlerweile eindeutig feststellt, dass „ein türkischer Jet in syrischem Luftraum abgeschossen“ wurde, nachdem „türkische Flugzeuge die -syrische Luftabwehr ‚testeten‘, und „die Türkei schon bald einräumen [musste], dass ihre jeweilige Darstellung unrichtig war“? Es entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung, wie gemäß Ihrer Frage die Stiftung Wissenschaft und Politik in der genannten Studie eindeutig festgestellt -haben könnte, dass der Abschuss eines türkischen Aufklärungsflugzeuges im syrischen Luftraum erfolgte. Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Auffassung, dass der Abschuss eines unbewaffneten Aufklärungsflugzeuges ohne vorherige Warnung als unverhältnis-mäßiger Akt zu werten ist. Anlage 34 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 52): Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die laut -Artikel vom 14. Januar 2013 im Münchner Merkur („Syrische Oppositionelle zur ,Siko‘ eingeladen“) zur Sicherheitskonferenz vom 1. bis 3. Februar 2013 in München eingeladenen -syrischen Oppositionsgruppen zu den Gruppen gehören, die im syrischen Bürgerkrieg, wie Human Rights Watch jüngst berichtete, Kindersoldaten einsetzen oder mit solchen Gruppen zusammenarbeiten? Zur Münchner Sicherheitskonferenz wurde der Vorsitzende der Nationalen Koalition der Syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte, Sheikh Moaz al-Khatib, eingeladen. Ziel der Nationalen Koalition ist es, alle -Oppositionskräfte zu einen und die politische -Kontrolle über die bewaffneten Gruppen im Lande zu -erlangen. Herr al-Khatib und andere maßgebliche Vertreter der Nationalen Koalition haben sich wiederholt und sehr deutlich zu den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts bekannt. Anlage 35 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 53): Welche Staaten haben der Bundesregierung Interesse an der Hinterlassung von militärischem Gerät im Rahmen des geplanten Rückzugs der Bundeswehr aus Afghanistan signalisiert, und mit welchen Staaten führt die Bundesregierung bereits entsprechende Gespräche bzw. strebt sie diese an? Der Bundesregierung liegen offizielle Anfragen aus der Kirgisischen Republik und aus der Mongolei vor. Über die Hinterlassung von Material hat die Bundes-regierung bisher noch keine Entscheidungen getroffen. Anlage 36 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 54): Wie verläuft nach Kenntnis der Bundesregierung das (bisherige und künftige) Beratungsverfahren über das Gesetzgebungsverfahren in der Russischen Föderation, das ein Verbot von homosexueller Propaganda vorsieht, und wie reagiert die Bundesregierung darauf? Am 25. Januar 2013 hat die Staatsduma der Russischen Föderation Änderungen im Gesetz über administrative Vergehen verabschiedet. Sogenannte „Propaganda von Homosexualität unter Minderjährigen“ soll mit Geldstrafen geahndet werden: bis zu 5 000 Rubel, ca. 120 Euro, bei Privatpersonen, bis zu 500 000 Rubel, circa 12 000 Euro, bei juristischen Personen. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist zeitgleich der Beschluss gefasst worden, bis zum 25. Mai 2013 die Möglichkeit einzuräumen, Änderungsvorschläge einzureichen. Eine zweite und die abschließende dritte Lesung in der Duma sollen erst nach dem 25. Mai 2013 stattfinden. Um Gesetzeskraft zu erlangen, müssen die Änderungen vom Föderationsrat bestätigt, vom Präsidenten unterzeichnet und veröffentlicht werden. Bislang verfügt die Bundesregierung über keine Informationen darüber, wann die zweite Lesung stattfinden könnte. Die Bundesregierung hat die Verabschiedung des Gesetzes in der ersten Lesung öffentlich kritisch kommentiert. Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Markus Löning, appellierte in einer Presseerklärung vom 25. Januar 2013 an die Duma, die Rechte der russischen Bürgerinnen und Bürger zu schützen und forderte die Duma auf, das Gesetz zu stoppen. In einem Gespräch mit dem Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland am 28. Januar 2013 kritisierte der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, die Gesetzesinitiative und stellte klar, dass das Gesetz die europäisch-russischen Beziehungen erschweren und Russlands Ansehen in Europa beschädigen könne. Das Gesetz stehe im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Bundesregierung erwartet, dass Russland seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte erfüllt und dass die von der russischen Verfassung garantierten Rechte in die Rechtswirklichkeit umgesetzt werden. Die Bundesregierung wird daher weiterhin ihre Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass das Gesetz gegen die Grundsätze verstößt, denen Russland durch die eigene Verfassung und die Unterzeichnung internationaler Vereinbarungen verpflichtet ist. Anlage 37 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 55): In welcher Form hat sich die Bundesregierung bemüht, auf das Gesetzgebungsverfahren in der Russischen Föderation zu einem Verbot homosexueller Propaganda einzuwirken, und welche Wege sieht sie, ihrem strategischen Partner Russland zu bedeuten, dass sie eine solche Gesetzgebung als diskriminierend ansieht und die geplante Gesetzgebung gegen die gemeinsam im Europarat beschlossenen Grundrechte verstoßen wird? Die Bundesregierung hat frühzeitig und wiederholt gegenüber der russischen Seite ihre Erwartung geäußert, dass Rechte sexueller Minderheiten in der Russischen Föderation geschützt werden. Bereits im Zusammenhang mit dem im März 2012 in Sankt Petersburg verabschiedeten regionalen Gesetz hatte die Bundesregierung deutlich gemacht, dass solche Gesetze – ob regional oder föderal – gegen die Grundsätze verstoßen, denen sich Russland in der eigenen Verfassung und durch die Mitgliedschaft im Europarat verpflichtet hat. Diese Sorge hat die Bundesregierung durch Demarchen ihrer Vertreter gegenüber russischen Behörden, Schreiben, Ansprache in bilateralen Gesprächen auf allen Ebenen und öffentliche Stellungnahmen vermittelt. Zuletzt geschah dies durch eine Presseerklärung des Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Markus Löning, vom 25. Januar 2013. In einem Gespräch mit dem Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland am 28. Januar 2013 kritisierte der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, die Gesetzesinitiative und stellte klar, dass das Gesetz die europäisch-russischen Beziehungen erschweren und Russlands Ansehen in Europa beschädigen könne. Das Gesetz stehe im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Ebenso hat sich die Bundesregierung gemeinsam mit ihren europäischen Partnern dafür eingesetzt, dass das Thema regelmäßig bei den Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland angesprochen wird. Die Bundesregierung wird die Entwicklung des Gesetzesvorhabens aufmerksam verfolgen und die Ange-legenheit gemeinsam mit ihren europäischen Partnern gegenüber Russland weiterhin deutlich zur Sprache bringen. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 56): Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die aktuelle Materialsammlung der Innenministerkonferenz zum NPD-Verbot auch Äußerungen oder Verhaltensweisen von Personen aus dem NPD-Bereich bzw. von NPD-Funktionsträgern enthält, die irgendwann einer Sicherheitsbehörde als Vertrauensperson, Informationsmittler oder Ähnliches im NPD-Umfeld dienten oder die in solcher Funktion die Äußerungen der -zitierten Personen veranlassten, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung für ihre anstehende Entscheidung, ob auch sie ein Verbot der NPD beantragen will, hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines solchen Antrags aus der kürz-lichen Äußerung des neuen Präsidenten des Europäischen -Gerichtshofs für Menschenrechte, EGMR, das Bundesverfassungsgericht müsse sich dabei „entscheidend“ an der EGMR-Rechtsprechung orientieren sowie an dessen „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“, wonach „das angestrebte Ziel – also die Bekämpfung einer Gefahr, die von einer extremistischen -Partei ausgeht – in einem angemessenen Verhältnis zu dem gravierenden Eingriff in deren politische Freiheitsrechte stehen“ muss (Süddeutsche Zeitung vom 2. Januar 2013)? In der Materialsammlung – die ausschließlich aus -offen zugänglichen Belegen zusammengestellt ist – wurde durchgängig der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Einstellungsbeschluss vom 18. März 2003 geforderten Kenntlichmachung der Quellenrelevanz entsprochen. Dabei fand die folgende Differenzierung statt: In der so genannten Kategorie A befinden sich die -Belege, die einer bestimmten Person als Autor oder -Urheber zugeordnet werden können. Beispiel hierfür ist ein Namensbeitrag eines NPD-Mitglieds in der NPD-Parteizeitung. Bei Belegen dieser Kategorie wurde geprüft, ob die Person, der der Beleg zugeordnet werden kann, nach dem 1. Januar 2003 eine Quelle einer Sicherheitsbehörde war. Da die Materialsammlung im Wesentlichen nur Belege enthält, die 2008 oder später entstanden sind, wird dadurch ein zusätzlicher zeitlicher Sicherheitspuffer von mindestens fünf Jahren geschaffen, um so auch eine mögliche frühere, in diesen Zeitraum fallende Quelleneigenschaft auszuschließen. In der sogenannten Kategorie AD befinden sich -Belege, die nicht einer bestimmten Person, sondern nur einem Gremium zugeordnet werden können. Beispiel hierfür ist ein Flugblatt, das von einem Landesverband der NPD herausgegeben wurde. Bei Belegen dieser -Kategorie wurde geprüft, ob zu dem Zeitpunkt, als das Beweismittel entstanden ist – das heißt der Zeitpunkt der Veröffentlichung oder bei Internetveröffentlichungen des Abrufs durch die Sicherheitsbehörden –, Quellen in dem hierfür verantwortlichen Personenkreis eingesetzt oder geführt wurden. Eine weiter zurückreichende Prüfung war aufgrund der häufigen personellen Fluktuation in diesen Gremien nicht möglich. Was die Äußerung des Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Süddeutschen Zeitung vom 2. Januar 2013 zum Prinzip der Verhältnismäßigkeit betrifft, so hat dieser auf ein zentrales, aber bereits bekanntes Element in der EGMR-Recht-sprechung zu Parteiverboten hingewiesen. Der EGMR-Präsident hat allerdings auch gesagt, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit „im deutschen Recht ebenfalls gut entwickelt ist“, und explizit klargestellt, dass er „zu künftigen Verfahren […] nichts sagen“ werde. Schlussfolgerungen zum Ausgang eines Parteiverbotsverfahrens in einem konkreten Fall lässt das Interview weder in die eine noch in die andere Richtung zu. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Fragen 57 und 58): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden der türkischen Regierungspartei AKP, Mehmet Ali Sahin, dass es auch in Deutschland Anschläge auf kurdische Aktivisten geben könne (vergleiche www.n-tv.de vom 21. Januar 2013), wie es in den vergangenen Wochen in Paris geschah? Welche Informationen oder Hinweise der deutschen -Sicherheitsbehörden liegen der Bundesregierung im Einzelnen diesbezüglich vor, und welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen? Zu Frage 57: Die Bundesregierung wertet – unabhängig von Äußerungen der dargestellten Art – stetig die aktuelle Sicherheitslage und die daraus zu ziehenden Folgerungen aus. Der Bundesregierung liegen keine Hinweise auf -entsprechende Taten in Deutschland vor. Zu Frage 58: Der Bundesregierung liegen keine Hinweise auf -entsprechende Taten in Deutschland vor. Sicherheits-vorkehrungen im Sinne der Frage – also Schutzmaß-nahmen für Personen oder Einrichtungen in Deutschland fallen in die allgemeinpolizeiliche Zuständigkeit der Länder. Die Polizeibehörden des Bundes und der Länder tauschen vorliegende Informationen ständig aus. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen der Abgeordneten Susanne Kieckbusch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Fragen 59 und 60): Wie geht die Bundesregierung mit dem verständlichen Wunsch auf Nachzug der zurückgelassenen, inzwischen alten und gebrechlichen Familienmitglieder aus den Dörfern in der Türkei um, die aufgrund der Gastarbeiterpolitik Deutschlands in den 1960er-Jahren die meisten der jungen Menschen durch Wegzug verloren haben? Wie ist die Situation in den anderen Ländern, aus denen Deutschland in den 1960er-Jahren hauptsächlich Gastarbeiter „rekrutierte“? Zu Frage 59: Der Nachzug türkischer Familienangehöriger richtet sich nach den Regelungen zum Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen, die in §§ 27 ff. des Aufenthaltsgesetzes, AufenthG, niedergelegt sind. Grundsätzlich sind danach nur Ehegatten und minderjährige ledige Kinder nachzugsberechtigt. Das entspricht den Anforderungen der Familienzusammenführungs-RL, Richtlinie 2003/86/EG vom 22. September 2003. Eltern von Volljährigen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Familiennachzug. Für sie gilt jedoch die Härtefallregelung des § 36 Absatz 2 AufenthG. Danach kann der Familiennachzug gewährt werden, wenn dies zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Härtefallbegründend sind Umstände, aus denen sich ergibt, dass entweder der im Bundesgebiet lebende oder der nachzugswillige Familienangehörige auf die familiäre -Lebenshilfe angewiesen ist, die sich nur im Bundesgebiet erbringen lässt. Sofern im Ausland noch andere Familienangehörige leben, ist der Familiennachzug zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte regelmäßig nicht erforderlich. Zu Frage 60: Familienangehörige von ehemaligen Gastarbeitern, die aus heutigen EU-Mitgliedstaaten stammen, genießen in Deutschland das unionsrechtliche Recht auf Frei-zügigkeit. Sie können nach Deutschland einreisen und sich hier aufhalten, wenn sie die Voraussetzungen des EU-Freizügigkeitsrechts erfüllen. Nichterwerbstätige Unionsbürger genießen das Recht auf Freizügigkeit, sofern sie über ausreichende Existenzmittel und Krankenversicherungsschutz verfügen, unabhängig davon, woher diese Mittel stammen (§ 4 Freizügigkeitsgesetz/EU). Darüber hinaus haben Verwandte von Unionsbürgern in aufsteigender Linie das Recht auf Freizügigkeit, wenn ihnen von dem Unionsbürger Unterhalt gewährt wird (§ 3 Absatz 2 Nummer 2 Freizügigkeitsgesetz/EU). Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 61): Welche Einnahmeausfälle sind im Energie- und Klimafonds 2013 jeweils zu erwarten, wenn der Preis von Emis-sionszertifikaten für den Rest des Jahres beim aktuellen Stand von rund 4 Euro verharrt oder auf den am 24. Januar 2013 registrierten Tiefstpreis von unter 3 Euro absinkt, und kann ein Ausfall in dieser Größenordnung durch andere von der Bundesregierung geplante Maßnahmen aufgefangen werden? Bei jahresdurchschnittlichen Preisen von 4 bzw. 3 Euro pro Zertifikat entstünden gegenüber den für 2013 geplanten Einnahmen Ausfälle in der Größenordnung von 1,2 bzw. 1,4 Milliarden Euro. Welche Einnahmen 2013 aus dem Emissionshandel tatsächlich zu erwarten sind, hängt entscheidend von der Entwicklung der Märkte ab. Der Markt wird sicherlich sehr sorgfältig die bevorstehenden Entscheidungen auf europäischer Ebene über mögliche Änderungen beim europäischen Emissionshandel und über die Anpassung der EU-Klimaziele beobachten. Erst wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, können belastbare Aussagen zu den künftigen Einnahmen aus dem Emissionshandel und ggfs. entstehendem Kompensationsbedarf gemacht werden. Dass bei unverändert niedrigen Zertifikatepreisen Handlungsbedarf besteht, versteht sich von selbst. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber betonen, dass der Energie- und Klimafonds derzeit noch Rücklagen in Höhe von rund 195 Millionen Euro besitzt, die vollständig zum Ausgleich etwaiger Mindereinnahmen eingesetzt werden. Zudem sieht § 4 Abs. 4 EKFG vor, dass der Fonds zum Ausgleich eines Finanzierungsdefizits ein Liquiditätsdarlehen aus dem Bundeshaushalt erhalten kann. Von dieser Ermächtigung würde die Bundesregierung im Bedarfsfall Gebrauch machen und den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vorab unterrichten. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 62): Ist der Bundesregierung bekannt, wann die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, LMBV, der Öffentlichkeit die vollständige Studie zur Belastung der Spree mit Eisenhydroxid und Sulfat zugänglich machen wird, nachdem die Ergebnisse am 8. Januar 2013 vorgestellt wurden, und, wenn sie eine vollständige Veröffentlichung nicht beabsichtigt, warum tut sie das nicht? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, LMBV, die Ergebnisse der von ihr veranlassten und finanzierten Studie zur Belastung der Spree mit Eisenhydroxid und Sulfat nicht nur am 8. Januar 2013, sondern auch am 16. Januar 2013 der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt hat. Die bei diesen Veranstaltungen präsentierten fachlichen Karten, Ergebnisse der Datenerhebungen, Prognosen zur künftigen Entwicklung sowie die geplanten Gegenmaßnahmen sind inzwischen auf der Homepage der LMBV unter der Rubrik „Wassermanagement/Verockerung der Spree“ eingestellt. Der Informationsanspruch der Öffentlichkeit wird von der LMBV mit den durchgeführten Informationsveranstaltungen und der Bereitstellung einer substanziellen Zusammenfassung erfüllt. Eine Veröffentlichung der Studie, die auch mittelfristig mehrere Aktualisierungen erfahren wird und nicht in allen Punkten das behördliche Einvernehmen erlangt, ist nach Ansicht der LMBV fachlich und sachlich nicht notwendig. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 63): In welcher Form haben die Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregierung die Deutsche Bundesbank die Aktivitäten der chinesischen Zentralbank zur Bekämpfung und Aufdeckung von Geldfälschung unterstützt, obwohl Geldfälscherinnen und Geldfälscher in China mit der Todesstrafe rechnen müssen (zum Beispiel: http://news.yahoo.com/chinese-man-sentenced-death-counterfeit-currency-worth-us-141328195.html), und wie haben sie sich dabei zusichern lassen, dass ihre Aktivitäten nicht zu Todesstrafen führen? Die Deutsche Bundesbank teilte dem Bundesministerium der Finanzen auf Anfrage mit, dass sie im Rahmen ihrer Technischen Zentralbank-Kooperation Ausbildungs- und Beratungshilfe für ausländische Zentralbanken in allen Kernfeldern des Zentralbankmanagements anbietet. Dazu gehören beim Thema Bargeldmanagement auch Fragen der Falschgeldprävention. Dabei handelt es sich nicht um eine tiefer gehende Kooperation, sondern um sporadische Veranstaltungen und Seminare, bei denen es in erster Linie darum geht, ein allgemeines Überblickswissen zu vermitteln. So fand im Jahr 2003 ein eintägiger Besuch von Beschäftigten der chinesischen Zentralbank, Peoples Bank of China, PBoC, in der Zentrale der Bundesbank zum Thema Banknotenbearbeitung und Falschgeld statt. Eine weitere bilaterale Veranstaltung fand im März 2012 unter dem Titel Cash Management statt, woran 19 Angehörige der chinesischen Zentralbank PBoC teilnahmen. Zudem beteiligten sich in den letzten sechs Jahren zwei Mal ein Beschäftigter der chinesischen Zentralbank PBoC (sowie einmal ein Beschäftigter der Zentralbank von Taiwan) an den internationalen Zentralbankkursen zum Thema Cash Management and Combating Counterfeit Money. Eine direkte Verbindung zur Todesstrafe habe die Bundesbank nicht erkennen können, weshalb sie zum damaligen Zeitpunkt die Möglichkeit, eine Zusammenarbeit mit der chinesischen Zentralbank PBoC zum Thema Falschgeldbekämpfung auszuschließen, nicht angewandt habe. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 64): Wie ist der Geldbetrag nach § 398 a Nr. 2 der Abgaben-ord-nung, AO, steuer- und abgabenrechtlich einzuordnen, und sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, den § 371 AO zielgerichteter auszugestalten, um Fälle auszuschließen, bei denen zum Beispiel infolge einer nicht absichtlich (objektiv) unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung ungewollte Konsequenzen entstehen? § 398 a Abgabenordnung, AO, wurde im Zusammenhang mit der Neuregelung der Selbstanzeige in § 371 AO durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz eingeführt. Für eine wirksame (strafbefreiende) Selbstanzeige müssen alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart vollständig offenbart werden (§ 371 Abs. 1 AO). Ab einer Hinterziehungssumme von mehr als 50 000 Euro je Steuerart und Besteuerungszeitraum gibt es keine Strafbefreiung mehr. In diesen Fällen kann aber nach § 398 a AO von der Strafverfolgung abgesehen werden, wenn der Täter zusätzlich zur Nachentrichtung der Steuern einen Geldbetrag in Höhe von 5 Prozent der jeweiligen einzelnen verkürzten Steuer an die Staatskasse zahlt. Die Bemessungsgrundlage für den Geldbetrag nach § 398 a AO ist nach strafrechtlichen Gesichtspunkten zu berechnen, also unter Anwendung des Kompensationsverbotes. Da nach § 398 a AO die hinterzogene Steuer Berechnungsgrundlage für den 5-prozentigen Geldbetrag ist, besteht grundsätzlich kein Spielraum für die wirtschaftliche Betrachtungsweise, lediglich die kompensierte Steuer zugrunde zu legen. Die gilt entsprechend auch für „Steuerverkürzungen auf Zeit“. Einer zielgerichteteren Ausgestaltung des § 371 AO (Selbstanzeige) bedarf es nicht, um ungewollte Konsequenzen bei einer nicht absichtlich (objektiv) unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung auszuschließen. Eine Selbstanzeige nach § 371 AO kommt nur bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung in Betracht. Sie setzt damit Wissen und Wollen beim Hinterzieher voraus. Bei Abgabe einer lediglich objektiv unrichtigen Steuervoranmeldung liegt keine Steuerhinterziehung vor. Eine Selbstanzeige nach § 371 AO kommt nicht in Betracht. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 65): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob und inwieweit Gruppenanfragen zur Aufklärung von Steuerpflichten an die Schweiz auch für Sachverhalte vor 2013 möglich sind, und inwieweit wird die Bundesregierung nach dem Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz zukünftig den Ankauf von Steuer-CDs unterstützen? Gegenwärtig liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber vor, ob und inwieweit Gruppenanfragen zur Aufklärung von Steuerpflichten an die Schweiz auch für Sachverhalte vor 2013 möglich sind. Die gleichmäßige Durchsetzung deutscher Steuer-ansprüche auch in der Schweiz hat für die Bundesregierung hohe Priorität. Zu diesem Zweck wurde das Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen. Dieses hätte eine gleichmäßige und flächendekkende Durchsetzung dieser Ansprüche für die Vergangenheit und Zukunft gewährleistet. Dieses Steuerabkommen hat aufgrund des Widerstandes der oppositionsregierten Länder im Bundesrat keine Mehrheit gefunden. Aufgrund dieser Tatsache ist es leider zu keiner Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit deutscher Steueransprüche in der Schweiz für die Vergangenheit gekommen. Nach wie vor haben daher die Finanzbehörden mit dem vorhandenen rechtlichen Instrumentarium unter anderem sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt werden. Inwieweit die Bundesregierung das jeweilige Land dabei unterstützen wird, wird sie jeweils im Einzelfall entscheiden. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 66): Welche einzelnen Maßnahmen des Jahressteuergesetzes 2013, JStG 2013, falls dieses endgültig scheitert, plant die Bundesregierung durch andere Gesetze umzusetzen, und wie plant die Bundesregierung bei einem endgültigen Scheitern, die in den Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Dezember 2012 (IV C 5 – S 2363/07/0002-03), wonach der § 52 b des Einkommensteuergesetzes, EStG, ab dem Kalenderjahr 2013 in der Fassung des JStG 2013 zu beachten ist, und vom 28. Dezember 2012 (IV C 1 – S 2000/11/10016 :007), wonach die Kapitalertragsteuererhebung gemäß den §§ 43 bis 45 d EStG entsprechend dem Gesetzesbeschluss zum JStG 2013 für nach dem 31. Dezember 2012 zugeflossene Erträge anzuwenden ist, vorweggenommenen Bezüge zum JStG 2013 auf eine geltende Gesetzesgrundlage zu stellen? Das Jahressteuergesetz 2013 befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren. Daher gibt es noch keine Entscheidung der Bundesregierung darüber, ob und wie gegebenenfalls einzelne Maßnahmen durch andere Gesetze umzusetzen sind. Nach der Ablehnung der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses durch den Deutschen Bundestag am 17. Januar 2013 liegt das weitere Verfahren nicht in der Hand der Bundesregierung. Der Bundesrat wird das Jahressteuergesetz 2013 am 1. Februar 2013 nochmals beraten. Sollte der Bundesrat dem Gesetz erneut nicht zustimmen, bleibt für das weitere Verfahren abzuwarten, ob der Deutsche Bundestag von seiner Möglichkeit Gebrauch machen wird, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ich bitte deswegen um Ihr Verständnis, dass ich derzeit keine weitergehenden Aussagen machen kann. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Fragen 67 und 68): In welcher Weise unterstützt die Bundesregierung das Jahr „Selbstbestimmt dabei. Immer“ gegen die Diskriminierung behinderter Menschen, welches am 22. Januar 2013 unter anderem vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, ausgerufen wurde (bitte geplante Aktivitäten und zur Verfügung stehende -Finanzmittel nennen)? Warum hat die Bundesregierung entgegen der öffentlichen Ankündigung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen (siehe Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 4. November 2010), den neuen Behindertenbericht nicht im Herbst 2012 vorgelegt, und bis wann wird der Deutsche Bundestag diesen Bericht nach derzeitiger Planung erhalten? Zu Frage 67: Laufende behindertenpolitische Projekte und Fachtagungen berücksichtigen dieses Anliegen grundsätzlich. Nach aktuellem Sachstand sind keine spezifischen Aktivitäten geplant. Die Haushaltsmittel der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ADS, sind Bestandteil des Einzelplans 17 und werden hier systematisch zusammengefasst im Kapitel 1706 veranschlagt. Die ADS ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, AGG, eine – auch hinsichtlich ihres Haushaltes – unabhängige Stelle. Zu Frage 68 Der Teilhabebericht wird völlig neu konzipiert. Die bisherigen Berichte haben sich darauf konzentriert, die in der jeweiligen Legislaturperiode ergriffenen Maßnahmen und Aktivitäten darzustellen. Die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen wurden hingegen nur unzureichend abgebildet. Mit dem neuen Teilhabebericht werden erstmals die tatsächlichen Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen in den Blick genommen. Gleichzeitig sollen zwei Themenbereiche vertieft behandelt werden. Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragte Institut hat für die Aufbereitung der umfangreichen und oft nicht konsistenten Daten mehr Zeit benötigt als zunächst geplant war, um das gesetzte Qualitätsziel zu erreichen. Das Bundeskabinett wird sich voraussichtlich im Frühjahr mit dem Teilhabebericht befassen. Danach erfolgt die Zuleitung an den Deutschen Bundestag. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 69): Inwiefern besteht die Möglichkeit, wegen des akuten Fachkräftebedarfs an Erzieherinnen und Erziehern die Gültigkeit von Bildungsgutscheinen bezüglich der regelmäßig drei Jahre betragenden Erzieherinnen- und Erzieherausbildung von zwei auf drei Jahre auszuweiten? Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit unterstützen das Ziel, durch verstärkte und bedarfsgerechte Umschulungen zur Erzieherin bzw. zum Erzieher einen Beitrag zur Fachkräftesicherung im Erzieherbereich zu leisten. Förderungen können jedoch nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere bei Vorliegen der individuellen und landesrechtlichen Ausbildungsvoraussetzungen, erfolgen. Zum Thema Qualifizierungsförderung im Erzieherbereich sind Bundesregierung und Bundesagentur für -Arbeit derzeit in Gesprächen mit den Ländern. Zugangsvoraussetzungen, die Dauer der Ausbildung und die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres bei Erzieherumschulungen sind je nach Bundesland unterschiedlich. In den Bundesländern, in denen im dritten Ausbildungsjahr ein vergütetes Anerkennungspraktikum absolviert wird, kann von einer Finanzierungssicherung des dritten Jahres ausgegangen werden. Hier ist eine Förderung der ersten beiden Ausbildungsjahre durch die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter möglich. Nach den Empfehlungen einer Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Verbänden zur Fachkräftegewinnung in der Kindertagesbetreuung sollen die Länder prüfen, wie bis zum Ausbildungsjahr 2013/14 Ausbildungsgänge geschaffen werden können, die als Umschulungen vollumfänglich oder zu zwei Dritteln über einen Bildungsgutschein förderbar sind. Quereinsteiger in den Erzieherberuf können bei Vorliegen der landes- und arbeitsförderungsrechtlichen Regelungen auch für die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs für die Externenprüfung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher Förderleistungen erhalten. Eine generelle dreijährige Förderung durch Bildungsgutscheine ist daher weder erforderlich noch beabsichtigt. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 70): Aufgrund welcher Regelung im Einigungsprozess wurden die Schadenersatzzahlungen eingestellt, die Arbeitnehmer in der DDR erhielten, wenn sie durch eine Berufskrankheit berufsunfähig wurden, und was spricht – auch angesichts des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 über den Bestand von Verwaltungsentscheidungen der DDR (Az. 1 BvR 1982/01) – gegen eine Wiederaufnahme der Zahlungen und gegen eine Entschädigung für die letzten 20 Jahre? Aufgrund der §§ 267 ff. Arbeitsgesetzbuch der DDR, AGB-DDR, stand Arbeitnehmern der ehemaligen DDR, die vor dem 1. Januar 1991 einen Arbeitsunfall erlitten hatten, neben Leistungen aus der Sozialversicherung der DDR (Unfallversicherung) ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch gegen ihren Arbeitgeber zu. Die §§ 267 ff. AGB-DDR sind am 31. Dezember 1990 außer Kraft getreten. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu in seinem Urteil vom 14. Dezember 1995 – Az.: 8 AZR 878/94 – entschieden, dass auch in den Fällen, in denen im Gebiet der ehemaligen DDR ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit bereits vor dem 1. Januar 1991 eingetreten ist, mit dem Wegfall der §§ 267 ff. AGB-DDR (vorher: § 98 Gesetzbuch der Arbeit der DDR) keine Rechtsgrundlage für die Zahlung von zivilrechtlichen Schadensersatzleistungen mehr besteht. Aufgrund des Entfallens der Rechtsgrundlage hat die staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung, SinA, bzw. die für sie regulierende -Allianz-Versicherungs-AG die Zahlung der zivilrechtlichen Schadensersatzleistungen eingestellt. Gegen eine Wiederaufnahme der Zahlungen spricht, dass es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 – Az.: 1 BvR 1982/01 – ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 71): Plant die Bundesregierung, vor dem Hintergrund des Mehraufwandes und der heutigen Personalstruktur der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit, ZKBS, die Forderung der Gesellschaft für Virologie e. V. vom 18. Januar 2013, für alle Experimente mit möglicherweise vergleichbarem Risikopotenzial wie bei Experimenten mit gentechnisch veränderten Viren – für welche die ZKBS bereits heute vorab eine Risikoanalyse durchführt – ebenfalls eine Risikoeinstufung durch die ZKBS zur Verpflichtung zu machen, und, wenn nein, warum nicht? Gemäß § 5 Gentechnikgesetz prüft und bewertet die ZKBS sicherheitsrelevante Fragen nach den Vorschriften des Gentechnikgesetzes, gibt hierzu Empfehlungen und berät die Bundesregierung und die Länder in sicherheitsrelevanten Fragen zur Gentechnik. Es ist nicht beabsichtigt, diesen gesetzlich festgelegten Aufgabenbereich der ZKBS, der auch für die Besetzung der ZKBS mit entsprechenden Experten maßgeblich ist, auf Risikobewertungen außerhalb des Gentechnikrechts auszuweiten, also zum Beispiel auf die Risikobewertung nicht gentechnisch veränderter Viren. Für die Risikobewertung von Experimenten mit nicht gentechnisch veränderten Viren ist zuständiges Gremium der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe, ABAS, nach § 17 der Biostoffverordnung. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) (Drucksache 17/12162, Frage 72): Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung in Anbetracht der Aussage des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, über die 2010/2011 im Sektor Landwirtschaft beschlossenen Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen hinaus vor? Ein spezifisches Treibhausgasminderungsziel für die Landwirtschaft existiert nicht. Gleichwohl leistet die Landwirtschaft einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft sind zwischen 1990 und 2011 von circa 88 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auf 70,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zurückgegangen. Dies entspricht einem Rückgang von rund 20 Prozent gegenüber 1990 (Angaben gemäß Fragestellung ohne Emissionen aus Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft). Um weitere Reduktionen zu erreichen, bilden sich nach Auffassung der Agrarministerkonferenz unter anderem folgende Bereiche heraus: – Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Kohlenstoffspeichern, – Optimierung des Düngemanagements, insbesondere bei Stickstoff, – Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen und energetische Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe, – Energieeinsparung in den Betrieben sowie in den nachgelagerten Bereichen der Verarbeitung und des Handels, insbesondere in der Veredlungswirtschaft und im Gartenbau (Gewächshäuser), – Schutz des Grünlandes als CO2-Senke. Weitere Klimaschutzmaßnahmen sind denkbar. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 73): Welchen Einfluss hat die in den jüngsten Direktflügen des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, und des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, nach Masar-i-Scharif zum Ausdruck kommende geänderte Sicherheitslage in Afghanistan auf die Entscheidung der Bundesregierung, am Flughafen Termes als strategischem Lufttransportstützpunkt der Bundeswehr festzuhalten, und welche Argumente -sprechen gegen eine mögliche Nutzung von Flughäfen in -Kirgistan, auf die der kirgisische Präsident bei seinem jüngsten Berlin-Besuch hinwies? Die Nutzung des strategischen Lufttransportstützpunktes in Termes ist für den Austausch von Personal des Deutschen Einsatzkontingentes ISAF weiterhin notwendig. Für den Personentransport mit Luftfahrzeugen der Bundeswehr von und nach Afghanistan gilt weiterhin das Prinzip, deutsches Personal grundsätzlich in geschützten Luftfahrzeugen zu verlegen. Abhängig von der jeweils aktuellen Sicherheitslage vor Ort sind Landungen und Starts in ungeschützten Luftfahrzeugen der Bundeswehr auf dem Flugplatz Masar-i-Scharif im Einzelfall möglich. Der Direktflug des Bundesministers der Verteidigung nach Masar-i-Scharif erfolgte aufgrund einer Einzelfallentscheidung und ist damit Ausdruck einer positiven Entwicklung der Sicherheitslage in Nordafghanistan. Seit Beginn der Nutzung von Termes als strategischer Lufttransportstützpunkt sind wiederholt alternative Standorte geprüft worden. In der Summe der angelegten Kriterien hat keiner der geprüften Standorte den Anforderungen vergleichbar zu Termes entsprochen. Daher wird an der Nutzung von Termes festgehalten. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Frage 74): Inwiefern liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, ob die Bundeswehr im Rahmen des ISAF-Einsatzes -konfliktbezogene Inhaftierte (conflict-related Detainees) seit 2012 an afghanische Gefängnisse oder sonstige Einrichtungen ausgeliefert hat, und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Inhaftierten nach ihrer Auslieferung nicht gefoltert werden? In 2012 und den ersten Wochen dieses Jahres wurden im Rahmen des ISAF-Einsatzes durch die Bundeswehr keine Personen inhaftiert oder zur Inhaftierung an -afghanische Gefängnisse oder sonstige Einrichtungen übergeben. Seit Herbst 2011, nach Bekanntwerden teilweise menschenunwürdiger Behandlung von Gewahrsamspersonen in einzelnen afghanischen Hafteinrichtungen, ist durch COM ISAF ein regelmäßiges „Monitoring“ von in Gewahrsam genommenen Personen angewiesen. Daraufhin wurden bereits in 2011 erste Inspektionen der in Rede stehenden Hafteinrichtungen im Verantwortungsbereich des Regionalkommandos Nord durchgeführt und das Gefängnispersonal im menschenwürdigen Umgang mit Gewahrsamspersonen geschult. Bei Hinweisen auf Verstöße gegen das Folterverbot wird den betroffenen Gewahrsamseinrichtungen die ISAF-Zertifizierung entzogen. Dabei werden ebenfalls Hinweise seitens offizieller UN-Organisationen berücksichtigt, die ihrerseits unabhängig afghanische Gewahrsamseinrichtungen überprüfen. Ein Verlust der Zertifizierung durch ISAF hat zur Folge, dass bis zu einer Rezertifizierung keine Personen, die durch ISAF oder durch ISAF gepartnerte afghanische Sicherheitskräfte in Gewahrsam genommen -wurden, in diese Einrichtungen überstellt werden dürfen. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 75): Welche Pläne hat die Bundesregierung für ein verstärktes militärisches Engagement in Mali vor dem Hintergrund der Aussage der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 21. Januar 2013, eine eventuelle Intervention in Mali sei Sache der nächsten Legislaturperiode (www.liberation.fr/politiques/2013/ 01/21/a-berlin-hollande-et-merkel-interpeles-par-la-jeunesse-s-il-vous-plait-aidez-nous_875655)? Die Bundesregierung beabsichtigt, sich an der EU-Ausbildungsmission in Mali, EUTM Mali, zu beteiligen. Die Planungen dazu werden in Kürze abgeschlossen sein. Absichten für ein verstärktes militärisches Engagement in Mali in der nächsten Legislaturperiode liegen darüber hinaus nicht vor. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Fragen der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/12162, Fragen 76 und 77): Wie konkret und mit welchem Zeitplan will die Bundesregierung eine Integration von Müttern mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt erreichen? Welchen Effekt haben nach Ansicht der Bundesregierung Maßnahmen wie das Betreuungsgeld oder das Ehegattensplitting im Hinblick auf Integration von Müttern mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt, und wie begründet die Bundesregierung dies? Zu Frage 76: Mit dem in der letzten Woche vorgestellten Fortschrittsbericht zum Fachkräftekonzept hat die Bundesregierung unter anderem auch Handlungsbedarf bei der Arbeitsmarktintegration von Müttern mit Migrationshintergrund konstatiert. Dazu startete das BMFSFJ im Oktober 2012 die Initiative „Ressourcen stärken – Zukunft sichern: Erwerbsperspektiven für Mütter mit Migrationshintergrund“. Ziel der Initiative ist es, übertragbare Ansätze zur Integration von Müttern mit Migrationshintergrund in Beschäftigung zu entwickeln. Dazu gehören neben der Begleitung bei der beruflichen Orientierung, der Vermittlung ergänzender Angebote zur sprachlichen und beruflichen Qualifikation insbesondere die Querschnittsaufgabe, die Frauen bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und familiären Verpflichtungen zu unterstützen. Im Rahmen der Initiative werden für die Dauer von einem Jahr 16 Träger finanziell dabei unterstützt, Handlungsansätze zu erproben, zu dokumentieren und an-zupassen. Dabei sollen sie ihre Kooperationen mit -Jobcentern/ARGEN und anderen Akteuren wie Migrantenselbstorganisationen, Unternehmen, Verbänden, Kammern und anderen Organisationen ausbauen. Mit der Evaluation der Modellprojekte werden erfolgreiche Handlungsansätze identifiziert und auf dieser Grundlage wird über die weitere Förderung der Arbeitsmarktintegration von Müttern mit Migrationshintergrund entschieden. Zu Frage 77: Das Betreuungsgeld ist so konzipiert, dass es jungen Eltern im Zusammenwirken mit den übrigen Geld- und Infrastrukturleistungen der Bundesregierung bestmögliche Wahlfreiheit eröffnet. Das Betreuungsgeld wird unabhängig davon gezahlt, ob und in welchem Umfang die Eltern erwerbstätig sind. Die Erwerbsbeteiligung der Eltern, insbesondere der Mütter, soll durch das Betreuungsgeld nicht beeinflusst werden. Denn es geht darum, die Vielfalt der Familienbetreuungsgestaltung zu stärken und flexible Betreuungsmodelle zu unterstützen. Das Betreuungsgeld knüpft nicht an die Minderung der Erwerbstätigkeit eines oder beider Elternteile an. Fehlanreize werden vermieden. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/12162, Frage 78): Wird im Rahmen der Ermittlung der Steuerabzüge für das Elterngeld nach § 2 e des Bundeselterngeld- und Elternzeit-gesetzes, BEEG, der Sonderausgaben-Pauschbetrag berücksichtigt, und welche weiteren Abweichungen gegenüber dem aktuellen Programmablaufplan 2013 (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. November 2012, IV C 5 – S 2361/12/10001) werden bei der Ermittlung der Steuerabzüge nach § 2 e BEEG vorgenommen? Der Sonderausgaben-Pauschbetrag nach § 10 c EStG steht allen Elterngeldberechtigten zu und wird bei der Ermittlung der elterngeldrechtlichen Abzüge für Steuern berücksichtigt. Dies ergibt sich aus § 2 e Abs. 6 BEEG. Insoweit sieht das BEEG keine Abweichung von der lohnsteuerlichen Berechnung nach dem Programmablaufplan vor. Freibeträge, die nicht jeder berechtigten Person zu-stehen, werden hingegen nur berücksichtigt, wenn dies ausdrücklich im BEEG vorgesehen ist. Individuelle Freibeträge (zum Beispiel nach § 39a EStG) finden dementsprechend keine Berücksichtigung. Anlagen 27042 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 218. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 218. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 27043 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 27052 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 218. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 218. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 30. Januar 2013 27051