Plenarprotokoll 17/236 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 236. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 I n h a l t : Nachträgliche Ausschussüberweisung Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in die Natur und Landschaft (Bundeskompensationsverordnung – BKompV); weitere Fragen Peter Altmaier, Bundesminister BMU Dr. Matthias Miersch (SPD) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Alexander Süßmair (DIE LINKE) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Ulrich Kelber (SPD) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Hans-Michael Goldmann (FDP) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Dr. Matthias Miersch (SPD) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Dr. Matthias Miersch (SPD) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Ute Vogt (SPD) Peter Altmaier, Bundesminister BMU Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/13171) Mündliche Frage 1 Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Emissionen von Laserdruckern Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 2 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse und Veröffentlichung des Endberichts zum Vorhaben „Schutz von Buchenwäldern in einem System von Prozessschutzgebieten“ Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 3 Ute Vogt (SPD) Eckpunktepapier der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz als Grundlage für die Überarbeitung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Ute Vogt (SPD) Mündliche Frage 4 Ute Vogt (SPD) Normcharakter von Grenzwerten im Immissionsschutz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ute Vogt (SPD) Mündliche Frage 5 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zeitplan zur Schaffung eines gesetzlichen Rahmens bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas (Fracking) Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 6 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Veränderung des prioritären Netzzugangs für Strom aus erneuerbaren Energien Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 7 Frank Schwabe (SPD) Rechtmäßigkeit von Bohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 9 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausmaß der für 2013 und 2014 geplanten Stellenstreichungen im Bereich erneuerbarer Energien und Konsequenzen für die Durchführung der Energiewende Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 10 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aktueller Stand des geplanten „Clubs der Energiewendestaaten“ und tatsächlicher Mehrwert einer solchen Allianz im Vergleich zu bestehenden Institutionen und Initiativen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 31 Frank Schwabe (SPD) Vorlage eines Gesetzes zur Regelung der Förderung von unkonventionellem Erdgas (Fracking) Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 38 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erkenntnisse zum Mohnanbau in Afghanistan; Erfolg der Bekämpfung des Anbaus und Handels von Opium und Heroin durch afghanische und ISAF-Sicherheitskräfte Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 41 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Asylanträge afghanischer Ortskräfte deutscher Organisationen in Afghanistan seit 2002 Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 71 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weiterer Einsatz deutscher Streitkräfte in Afghanistan nach 2014 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 68 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einfluss von Kapitalanlegern in der ostdeutschen Landwirtschaft Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 76 Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kritik der Stiftung Warentest an der Pflegezusatzversicherung (Pflege-Bahr) Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 77 Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beitragszahlung im Pflegefall als Kriterium für die Gewährung der staatlichen Förderung Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Große Vermögen durch Neuverhandlung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens sowie durch eine Vermögensabgabe heranziehen Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) Thomas Oppermann (SPD) Dr. Volker Wissing (FDP) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF Florian Pronold (SPD) Dr. Daniel Volk (FDP) Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Manfred Kolbe (CDU/CSU) Dr. Carsten Sieling (SPD) Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 8 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Stabilisierung des Emissionshandels und Auswirkungen der Ablehnung einer entsprechenden Reform im EU-Parlament auf die Entwicklungszusammenarbeit Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 3 Mündliche Frage 15 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unveröffentlichte Berichte zu finanziellen Aspekten im Zusammenhang mit Arbeiten am havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 4 Mündliche Frage 16 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des OSPAR-Berichts zur Problematik von im Meer versenktem Atommüll Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 5 Mündliche Frage 19 René Röspel (SPD) Senkung von Stromkosten in außeruniversitären Forschungseinrichtungen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 6 Mündliche Frage 20 René Röspel (SPD) In Forschungsorganisationen genutzter Energiemix Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 7 Mündliche Frage 21 Michael Gerdes (SPD) Entwicklung der Ausgaben für Strom in Hochschulen und Forschungseinrichtungen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 8 Mündliche Frage 22 Michael Gerdes (SPD) Entwicklung der Stromkosten in anderen Länden bei Forschungsprojekten seit 2000 und Attraktivität des Forschungsstandorts Deutschland Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 9 Mündliche Frage 23 Oliver Kaczmarek (SPD) Deckung der Mehrkosten im Bereich Energieversorgung für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 10 Mündliche Frage 24 Oliver Kaczmarek (SPD) Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit außeruniversitärer Forschung nach 2015 Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 11 Mündliche Frage 25 Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einheitlicher Vollzug der Anerkennungsgesetze von Bund und Ländern; Entlastung der Länder beim Aufbau der Verwaltungsstrukturen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 12 Mündliche Frage 26 Klaus Hagemann (SPD) Finanzielle Unterstützung außerschulischer lokaler Bündnisse für Bildung in Rheinland-Pfalz durch das BMBF Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 13 Mündliche Frage 27 Klaus Hagemann (SPD) Nicht rechtmäßige Erteilung eines Förderbescheids im Rahmen des Verbundvorhabens „r3“ Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 14 Mündliche Frage 28 Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anweisung der Mitarbeiter von Engagement Global gGmbH zur Flugzeugnutzung bei Dienstreisen von Bonn nach Berlin Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 15 Mündliche Frage 29 Andrej Hunko (DIE LINKE) Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes an der „Gladio/Stay-behind“-Truppe der NATO, insbesondere an Bombenanschlägen auf Strommasten in Luxemburg Antwort Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Anlage 16 Mündliche Frage 30 Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der Firmen Clean Carbon Industries bzw. geotec bei deren Tätigkeit im Rahmen einer Kohleverflüssigungsanlage in Tete/Mosambik Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 17 Mündliche Fragen 32 und 33 Niema Movassat (DIE LINKE) Verweigerung eines Visums für den malischen Oppositionspolitiker Dr. Oumar -Mariko Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 18 Mündliche Frage 34 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes verkündeten Beendigung von Gefangenenbesuchen in Usbekistan für die Fortsetzung des EU-Rechtsstaatsdialogs Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 19 Mündliche Frage 35 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ratifizierung des VN-Waffenhandelsabkommens Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 20 Mündliche Frage 36 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorschlag für ein Vetoverzicht der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates bei schweren Menschenrechtsverletzungen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 21 Mündliche Frage 37 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Aufenthalt von Bundeswehr- und Polizeiangehörigen in Dschibuti seit Anfang 2013 im Rahmen der EU-Missionen Atalanta und EUCAP NESTOR sowie der bilateralen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für Sicherheitskräfte und dortige Gefährdungslage Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 22 Mündliche Fragen 39 und 40 Heike Hänsel (DIE LINKE) Appell der UN-Hilfsorganisationen zur Rettung Syriens; politische Lösungen für ein Ende der Gewalt in Syrien beim Treffen von Bundeskanzlerin Merkel mit Katars Ministerpräsident Al Thani am 16. April 2013 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 23 Mündliche Frage 42 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abgabe schriftlicher Einzelerklärungen der Länder über die Quellenfreiheit der Belege für ein mögliches NPD-Verfahren Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 24 Mündliche Fragen 43 und 44 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Offene Schiedsverfahren und juristische Vertretung des Bundes; Höhe der Bonuszahlungen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 25 Mündliche Fragen 45 und 46 Lars Klingbeil (SPD) Umgang mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 26 Mündliche Fragen 47 und 48 Brigitte Zypries (SPD) Ablehnung von Anträgen auf Akteneinsicht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz ohne Prüfung des Informationsfreiheitsgesetzes Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 27 Mündliche Fragen 49 und 50 Gerold Reichenbach (SPD) Gewährleistung und Unterstützung einer wirksamen Informationsfreiheit Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 28 Mündliche Fragen 51 und 52 Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) Umgang mit Anfragen von Journalisten nach dem Informationsfreiheitsgesetz Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 29 Mündliche Fragen 53 und 54 Kirsten Lühmann (SPD) Einführung einer Paginierungspflicht und eines Sanktionsmechanismus gegen Aktenmanipulation im Zusammenhang mit Akteneinsicht, insbesondere bei IFG-Anträgen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 30 Mündliche Frage 55 Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des Gesetzentwurfs zur Begrenzung von Managergehältern Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 31 Mündliche Frage 56 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Entscheidung des UN-Antirassismus-Ausschusses im Fall Thilo Sarrazin Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 32 Mündliche Fragen 57 und 58 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausreichende Finanzierung des EU-Haushalts und der EU-Programme für 2013 Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 33 Mündliche Frage 59 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Ankauf einer Steuerdaten-CD durch das Land Rheinland-Pfalz Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 34 Mündliche Frage 60 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Rechtliche Grundlage für den Informationsaustausch mit den Steuerbehörden der USA Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 35 Mündliche Frage 61 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Bezug des Kindergelds während der Probezeit des freiwilligen Wehrdienstes Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 36 Mündliche Frage 62 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Verstoß gegen das EU-Recht bei der Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34 c des Einkommensteuergesetzes Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 37 Mündliche Frage 65 Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beratungsangebot des geplanten ESF-Bundesprogramms „Weiterbildung von Mi-grantinnen und Migranten“ ab 2014 Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 38 Mündliche Fragen 72 und 73 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Entscheidungsgrundlage für die Einführung des Bildungssparbonus im Rahmen des Betreuungsgeldes; erreichbare Höchstsumme für Anspruchsberechtigte Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 39 Mündliche Frage 74 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Konsequenzen für einen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Selbstständigen bei Nichtzahlung der Beiträge Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 40 Mündliche Frage 75 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Kosten und Leistungen des angedachten Notlagentarifs in der privaten Krankenversicherung Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 41 Mündliche Fragen 78 und 79 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Öffnung aller privaten Pflegezusatzver-sicherungen für eine staatliche Förderung; etwaige Deckelung der Beitragssteigerungen Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 42 Mündliche Frage 80 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Schlussfolgerungen aus der Kritik der Zeitschrift Finanztest am Pflege-Bahr Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 43 Mündliche Frage 81 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Umsetzung der DIN 75078-2 (Rollstuhlrückhaltesysteme mit Kraftknoten) Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 44 Mündliche Fragen 82 und 83 Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erhebungen zu den Kosten im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 45 Mündliche Fragen 84 und 85 Gustav Herzog (SPD) Laufende Planfeststellungsverfahren bei Bundeswasserstraßen und Gewährleistung von Rechtssicherheit im Rahmen der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 46 Mündliche Frage 86 Herbert Behrens (DIE LINKE) Aufstockung der staatlichen Zuschüsse für die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg ohne erneutes EU-Notifizierungsverfahren Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 47 Mündliche Frage 87 Herbert Behrens (DIE LINKE) Technische Bestandsaufnahme der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg und Empfehlung zur Sanierung der Nordbahn des Flughafens Berlin Brandenburg Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Inhaltsverzeichnis 236. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 Beginn: 13.01 Uhr Präsident Dr. Norbert Lammert: Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie herzlich. Ich teile Ihnen mit, dass interfraktionell vereinbart worden ist, die Unterrichtung durch die Bundes-regierung auf der Drucksache 17/12611 mit dem Titel „Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013“ feder-führend dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie zur Mitberatung dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dem Ausschuss für Gesundheit und dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu überweisen. Einwände? – Keine. Dann haben wir das so beschlossen. Dann können wir nun zu Tagesordnungspunkt 1 kommen: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft (Bundeskompensationsverordnung). Unter der sogenannten Bundeskompensationsverordnung kann sich sicher jeder sofort etwas vorstellen. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Man sieht es Ihnen förmlich an, Herr Präsident!) Das, was an Interpretationsspielräumen verbleibt, wird möglicherweise Bestandteil der Befragung der Bundesregierung sein. Bevor diese stattfindet, bitte ich den zuständigen Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit um einen kurzen einleitenden Bericht. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung des Kabinetts wurden drei Punkte aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit behandelt: zum Ersten der Entwurf des Endlagersuchgesetzes, den wir in der nächsten Sitzungswoche mit den Fraktionen gemeinsam parallel einbringen und dann auch diskutieren werden; zum Zweiten der erste Rechenschaftsbericht zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt und zum Dritten die Bundeskompensationsverordnung, über die ich Sie jetzt unterrichten möchte. Diese Kompensationsverordnung ist heute vom Bundeskabinett beschlossen worden. Sie wurde gemeinsam von mir und dem Bundesverkehrsminister und der Bundeslandwirtschaftsministerin vorgelegt. Sie war in meinem Zehn-Punkte-Programm vom August letzten Jahres enthalten. Es ist kein Zufall, dass wir uns im Kontext der Energiewende und des Endlagersuchgesetzes besonders intensiv mit diesen Fragen beschäftigen; denn die Energiewende stellt gerade auch den Naturschutz vor besondere Herausforderungen. Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energienetze ist ohne die Inanspruchnahme von Grundflächen und die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft nicht zu bewerkstelligen. Das gilt für die Errichtung von Windkraftanlagen. Das gilt aber ebenso und insbesondere auch für Energiefreileitungen, wie sie im Netzentwicklungsplan geregelt sind. Dies kann sich nicht nur nachteilig auf Tiere und Landschaftsbild auswirken; durch den weiteren Ausbau wird auch der Druck auf land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen erhöht, und zwar sowohl durch das Vorhaben selbst, das diese Flächen in Anspruch nimmt, wie auch durch die erforderliche Kompensation, die dann vorzunehmen ist. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ist kein Instrument zur Verhinderung von Vorhaben. Sie verlangt aber, die mit ihnen einhergehenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft möglichst zu vermeiden, jedenfalls aber auszugleichen oder zu ersetzen. Deshalb kann sie einen wichtigen Beitrag zur naturverträglichen Gestaltung der Energiewende leisten. Das ist bisher nur in sehr unzureichendem Maße der Fall, weil wir in 16 verschiedenen Bundesländern 16 unterschiedliche Herangehensweisen beim Vollzug haben. Das hat sowohl für den Naturschutz wie auch für die Vorhabensträger, deren Planer und die zuständigen Behörden eine Fülle von Problemen zur Folge. Deshalb haben wir uns bereits vor Monaten gemeinsam darauf verständigt, in Gesprächen mit den Ländern und den übrigen Ministerien sowie den beteiligten Verbänden nach einer gemeinsamen bundesweiten Regelung zu suchen. Das wird im Übrigen nachvollziehbar, wenn Sie an die großen Hochgeschwindigkeitsenergiefreileitungen denken, die von der Nordsee länderübergreifend bis in die Verbrauchszentren im Süden Deutschlands führen sollen. Es wäre hochproblematisch, wenn man für den Bau einer einzigen Leitung vier, fünf oder sechs unterschiedliche Eingriffsregelungen anwenden müsste. Die Verordnung soll dazu beitragen, dass der Vollzug der Eingriffsregelungen effektiver wird: effektiver im Sinne transparenter und beschleunigter Verfahren, aber auch effektiver im Sinne einer qualitativ besseren Kompensation. Unser Ziel ist es, dass wir sowohl für das Gelingen der Energiewende als auch für den Erhalt landwirtschaftlicher Flächen und für den Naturschutz am Ende einen Mehrwert generieren und dass es auf keiner Seite Verlierer, sondern auf allen Seiten Gewinner gibt. Deshalb werden wir die Anforderungen an Vermeidung und Kompensation von Eingriffen erstmals bundeseinheitlich konkretisieren und standardisieren. Hierzu werden bundesweite Vorgaben eingeführt, unter anderem zu einem Biotopwertverfahren, auf dessen Grundlage in der Regel Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes kompensiert werden, sowie zur Bemessung der Ersatzzahlungen, die insbesondere für real nicht kompensierbare Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes erhoben werden. Welche Beeinträchtigungen sind damit gemeint? Damit sind insbesondere Turm- und Mastbauten gemeint, die in die Höhe gehen. Sie führen zu einer vertikalen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Man kann sie in der Regel nicht real kompensieren, es sei denn, es gibt in der Nachbarschaft einen anderen Mast oder einen anderen Turm, den man abbauen kann; aber das ist in vielen Fällen nicht der Fall, vor allen Dingen dann nicht, wenn Leitungsmasten und Windräder errichtet werden. Die Verordnung soll darüber hinaus zur Verringerung der Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen beitragen. Dazu werden Anreize für eine möglichst hochwertige und damit flächensparende Aufwertung von Natur und Landschaft gesetzt. Es wird ein Bonus für die Kompensation durch Entsiegelung und Wiedervernetzung von Lebensräumen eingesetzt. Um es konkret zu formulieren: Es kann Fälle geben, in denen es Sinn macht, nicht die 150. Streuobstwiese herzustellen, sondern bereits bestehende Flächen so aufzuwerten, dass sie dann auch unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes eine höhere Bedeutung haben. Das gilt insbesondere für Rückbau und Entsiegelung. Es gilt für die Renaturierung von Bachläufen, aber auch für die Wiedervernetzung von Lebensräumen. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Deshalb haben wir die Länder im Vorfeld in die Besprechungen mit eingebunden. Ich weiß, dass die Länder jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Vollzug der Eingriffsregelungen haben. Deshalb war es wichtig, sie einzubeziehen. Ich hoffe aber, dass die Länder auch erkennen, dass es jetzt die Chance zu einer stärkeren Vereinheitlichung des Vollzuges gibt. Insofern hoffe ich, dass wir diese Verordnung noch vor der Sommerpause endgültig, also auch mit Zustimmung des Bundesrates, verabschieden können. Sie wird eine Übergangsfrist für das Inkrafttreten vorsehen, damit sich alle Beteiligten darauf einstellen können. Vielen Dank. Präsident Dr. Norbert Lammert: Die erste Nachfrage hat der Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Altmaier, Sie haben dargelegt, dass das Ziel eine bundeseinheitliche Regelung ist. Ich war damals Berichterstatter in der Großen Koalition, als wir diesen Dreiklang gerettet haben. Ich weiß noch, wie die Länder darum gekämpft haben. Nun hat das bayerische Kabinett letzten Mittwoch eine bayerische Kompensationsverordnung verabschiedet; eine Woche vor dem Bundeskabinett. Wie beurteilen Sie diesen Sachverhalt vor dem Hintergrund, dass Sie eine bundeseinheitliche Regelung erreichen wollen? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich war ganz zu Beginn meiner Amtszeit auf dem Deutschen Bauerntag in Fürstenfeldbruck und habe dort gemeinsam mit dem in Bayern für Landwirtschaft zuständigen Kollegen zu den versammelten Landwirten gesprochen. Wir waren uns damals beide darüber im Klaren, dass wir eine entsprechende Verordnung brauchen. Es gab dann einen edlen Wettstreit, bei dem es sozusagen darum ging, wer zuerst mit seinen Arbeiten fertig ist. Ich bin überzeugt, dass es aus Sicht aller Bundesländer, auch aus Sicht Bayerns, Sinn machen wird, eine bundeseinheitliche Regelung einzuführen, weil die Vorteile auf der Hand liegen: Für Investoren, Landwirte und Naturschutzverbände ist es dann wesentlich einfacher, die Folgen von Maßnahmen abzuschätzen und zu Ergebnissen zu kommen. Deshalb vertraue ich darauf, dass unser, mit guten Argumenten unterfütterter Vorschlag am Ende Unterstützung findet. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Süßmair. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Herr Minister Altmaier, wie berücksichtigt die Bundesregierung Forderungen von Naturverbänden, aber auch zum Beispiel vom Bundesverband WindEnergie, dass ein multifunktionaler Ausgleich vor Ort, der aus naturfachlicher Sicht und auch aus Gründen der Akzeptanz vor Ort sehr sinnvoll ist, weiterhin möglich sein soll? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja, das wird mit dieser Verordnung, wenn ich das richtig sehe, auch weiterhin möglich sein. Ich kenne jetzt nicht die konkreten Forderungen, auf die Sie sich beziehen, aber Multifunktionalität heißt in diesem Fall ja, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, die jeweils auf die Kompensation mehrerer beeinträchtigter Funktionen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes gerichtet sind und zugleich weitere Anforderungen, unter anderem des -Gebiets- und Artenschutzes, abdecken, um die Inanspruchnahme von Flächen so gering wie möglich zu halten. Das verstehe ich unter Multifunktionalität, und das ist auch ausdrücklich in der vorliegenden Verordnung enthalten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kurth, bitte. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, vor meiner Frage möchte ich ausdrücklich betonen, dass wir es nicht nur mit Blick auf die Energiewende, sondern generell sehr gut und sehr richtig finden, dass es endlich eine bundeseinheitliche Regelung geben soll, um Ausgleich und Kompensation zu regeln. Das war bisher unter den einzelnen Ländern immer sehr schwierig. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung möchte ich Sie gern fragen – wir kennen den Entwurf ja noch nicht im Detail, sondern nur das, was bisher allgemein diskutiert worden ist; wenn wir aber richtig informiert sind, sieht die Verordnung Abweichungsregelungen zum Beispiel in der Bewertung von Biotopen vor: man kann drei Punkte nach oben und drei Punkte nach unten bewerten –: Wird nicht die Einheitlichkeit gefährdet, wenn jedes Land doch wieder erhebliche Abweichungsmöglichkeiten hat? Inwieweit sieht das Verfahren auch quasi Öffnungsklauseln vor bis hin zu unbestimmten Rechtsbegriffen? Wenn ich richtig informiert bin, dann gibt es unter anderem Formulierungen wie: Anforderungen in angemessenem Umfang anerkennen. Das ist, wie Sie wissen, hinlänglich allgemein. Trägt das Ihrer Meinung nach wirklich zur Vereinheitlichung bei? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir mussten eine schwierige Balance finden zwischen dem Wunsch, eine möglichst einheitliche, bundesweite Regelung zu bekommen, und der Notwendigkeit, auf spezifische Situationen und Probleme vor Ort Rücksicht nehmen zu können. Das haben wir dadurch gelöst, dass wir gesagt haben: Der Kernbereich der Verordnung ist abweichungsfest und für alle Länder verbindlich. Dann gibt es immer die von Ihnen zitierten Möglichkeiten, mit deren Hilfe man vor Ort in den einzelnen Ländern zu etwas abweichenden Regelungen im Detail -kommen kann. Das halte ich auch für richtig. Schon das BGB hat mit unbestimmten Rechtsbegriffen operiert. Diese haben seit über 100 Jahren Bestand, und man hat damit nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht, weil sie immer wieder an die praktischen Anforderungen angepasst wurden. Ich gehe allerdings davon aus, dass wir im Laufe der Anwendung durch die Bundesländer zu einer noch stärkeren Gleichförmigkeit kommen werden, weil sich gute und gelingende Lösungen herumsprechen und dann auch durchsetzen werden. Wir werden also nach meiner Ansicht insgesamt eine wesentlich stärkere Einheitlichkeit haben, als es bis jetzt der Fall ist. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Altmaier, erwartet die Bundesregierung, dass man sich mit dieser Verordnung die Möglichkeit erkauft, dass in Zukunft für die Erledigung staatlicher Pflichtaufgaben im Bereich Naturschutz – ich denke an Natura 2000 und die EU-Wasserrahmenrichtlinie – Ersatzgelder für Naturzerstörungen eingesetzt werden? Wird mit dieser Verordnung nicht quasi ein Ablasshandel eingeführt? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, das wird nicht passieren. Es hat auch in der Vergangenheit die Möglichkeit gegeben, Ersatzgelder zu zahlen; die wurden auch entsprechend verwendet. Im Augenblick werden zur Umsetzung der Energiewende weitere Flächen in erheblichem Umfang benötigt. Wir erwarten, dass allein in diesem Jahr der Flächenverbrauch für den Ausbau der Windkraftanlagen an Land um 50 Prozent steigen wird. Das wird auch im nächsten Jahr aller Voraussicht nach in ähnlicher Größenordnung der Fall sein. Wir werden in den nächsten Jahren mit dem Ausbau der Leitungen beginnen. In dem Maße, wie Ersatzgelder gezahlt werden, wird Geld für Naturschutzbelange zur Verfügung stehen. Das ist aber kein Ablasshandel. Das führt vielmehr dazu, dass vorhandene Flächen qualitativ aufgewertet werden. Im Übrigen ist es auch möglich, dass neue Flächen hinzukommen. Das ist bewusst nicht ausgeschlossen. Wir geben durch die Vergabe von Bonuspunkten nur einen Anreiz, die Wiedervernetzung von Lebensräumen, die Renaturierung oder die Entsiegelung von Flächen voranzutreiben. Ich halte das für ein sehr nachvollziehbares Anliegen, gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes. Präsident Dr. Norbert Lammert: Eine knappe Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Erwarten Sie, dass die bisher zur Verfügung stehenden steuerlichen Mittel für Naturschutzmaßnahmen erhalten bleiben und durch die Ersatzzahlungen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das hoffe und wünsche ich sehr. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – In der Vergangenheit ist es immer wieder vorgekommen, dass Kompensationsmaßnahmen nach wenigen Jahren andere Kompensationsmaßnahmen überlagert haben. Das heißt, nach wenigen Jahren wurde wieder die gleiche Fläche in Anspruch genommen, und die zuvor auf dieser Fläche durchgeführte Kompensa-tionsmaßnahme war damit quasi obsolet. Jetzt nehme ich wahr, dass in der Bundeskompensationsverordnung die dingliche Sicherung von Kompensationsmaßnahmen nicht generell festgelegt werden soll. Ich hätte gerne gewusst, welches Ressort das aus welchem Grund eingebracht hat und welche Konsequenzen das Ihrer Meinung nach für den Naturschutz hat. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Können Sie die Frage konkretisieren? Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Konkretisierung lautet: Warum gibt es keine generelle dingliche Sicherung von Kompensationsmaßnahmen? So besteht doch die Gefahr, dass bei einem nächsten Planvorhaben wieder die gleiche Fläche für eine Kompensationsmaßnahme genutzt wird. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist doch so, dass Sie das ganz schwer statisch festschreiben und dinglich sichern können, weil Sie nicht wissen, welche Anforderungen etwa durch den Ausbau von erneubaren Energien oder den Bau von Leitungen entstehen. Entscheidend ist deshalb, dass wir insgesamt im Bereich des Naturschutzes vorankommen und den Flächenverbrauch insgesamt reduzieren. Das liegt sowohl im Interesse der Landwirtschaft wie im Interesse des Naturschutzes. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass wir im Kabinett über den Rechenschaftsbericht zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt gesprochen haben. Zu den Bereichen, in denen wir positive Entwicklungen zu verzeichnen haben, gehört die Flächeninanspruchnahme. Hier kommt es zu einer Reduzierung des Flächenverbrauchs. Diese Reduzierung ist noch nicht so umfangreich, wie wir uns das wünschen; aber wir kommen in dem Bereich voran. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dank der Zuwächse beim Ersatzgeld – nach den Planungen der Bundesländer ist eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien zu erwarten – insgesamt beim Naturschutz vorankommen. Ich bin mir nicht sicher, ob eine generelle – und damit über die gesetzliche Anforderung einer rechtlichen Sicherung hinausgehende – dingliche Sicherung im Einzelfall tatsächlich zu guten und verträglichen Ergebnissen führt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Goldmann. Hans-Michael Goldmann (FDP): Schönen Dank, Herr Präsident. – Da ich aus einer Region komme, in der im Bereich regenerative Energien vieles auf dem Weg ist, befinde ich mich angesichts dieser neuen Verordnung an der Grenze des Entsetzens. Ich bin besorgt – ich möchte Sie gerne fragen, ob Sie diese Sorge teilen –, weil eigentlich alles, was wir im Moment machen – Planung von 380-kV-Leitungen, nachgeordnete Netze, Windmühlen –, im Grunde genommen über Flächen ausgeglichen wird. Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel Fläche von den Bauern für den Ausbau der regenerativen Energieträger insgesamt zur Verfügung gestellt werden muss? Oder haben Sie eine Vorstellung davon – diese Verordnung hat ja fast Gesetzescharakter –, wie viel Geld hier fließen wird? Und ist es richtig, dass dieses Geld überwiegend an das Umweltbundesamt geht, das dann in Eigenregie darüber verfügt, wofür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Goldmann, da wir Koalitionspartner sind, teile ich wahrscheinlich viele Auffassungen mit Ihnen, auch all diejenigen, die im Koalitionsvertrag festgelegt sind; aber Ihr Entsetzen teile ich nicht. Ich habe nämlich immer wieder festgestellt, dass so mancher Flächenverbrauch auf gemeinsame Wünsche – auch aus Ihrer Fraktion – zurückzuführen ist. Denken Sie nur an die Freiflächenregelung für Photovoltaik, die wir vor einiger Zeit gemeinsam beschlossen haben. Viele Landwirte befinden sich in folgender Situation: Zum einen nehmen sie verantwortungsvoll und gerne die Funktion von Energiewirten wahr und leisten damit einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende; das führt allerdings zu Flächenverbrauch. Zum anderen wollen sie für die verbrauchte Fläche dann aber nicht noch weitere Flächen stilllegen, sodass der Anteil der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen noch weiter eingeschränkt würde. Ich kann Ihnen gerne Berechnungen – die gibt es bei den zuständigen Referaten meines Hauses mit Sicherheit – zur Verfügung stellen, wie groß der dadurch verursachte Flächenverbrauch ist. Unser Ziel ist es, mit der Kompensationsverordnung einen Weg vorzugeben, der es ermöglicht, die sich notwendigerweise aus der Energiewende, die wir gemeinsam wollen, ergebenden Folgen zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen. Windräder werden nun einmal meistens auf land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen gebaut, weil sie sich in der Großstadt nicht ganz ohne Störungen integrieren lassen. Deshalb haben wir sie auf den weiten Flächen in Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, aber nun auch zunehmend in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Wir haben deshalb gesagt, dass ein Weg zu einem vernünftigen Ausgleich darin besteht, dass dort, wo die Naturschutzverbände es wollen, vorhandene Flächen aufgewertet werden können und damit ein wichtiger Beitrag zur qualitativen Verbesserung des Naturschutzes geleistet werden kann. Die Gelder werden von den Ländern – nicht vom Umweltbundesamt, das keine Mittel aus dem Ersatzgeld erhält – unterschiedlichen Empfängern zur Verfügung gestellt, und wir werden dafür sorgen, dass sie angemessen verwendet werden. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Krischer, bitte. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich möchte an eine Frage anknüpfen, welche die Kollegin Behm eben gestellt hat. Als Vorsitzender eines Landschaftsbeirates habe ich in der Praxis über viele Jahre die Erfahrung gemacht, dass nach einigen Jahren häufig nicht mehr bekannt ist, welche Flächen für Kompensa-tionsmaßnahmen ausgewiesen worden sind, und diese dann anderweitig in Anspruch genommen werden oder gar ganz verschwinden. Wie stellt die Verordnung sicher, dass Kompensationsmaßnahmen dauerhaft erhalten bleiben und dokumentiert werden? Welche konkreten Verbesserungen bringt diese Verordnung, um jenen Missstand zu beenden? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Da kann ich Sie beruhigen. Ich habe zwar vorhin gesagt, dass ich im Hinblick auf eine dingliche Sicherung sehr zurückhaltend bin. Aber es wird ein Kompensa-tionskataster geben, in dem man wird nachsehen können, welche Flächen zu Kompensationszwecken verwendet worden sind. Das ist ein großer Beitrag zu mehr Transparenz bei den Kompensationsmaßnahmen und ein großer Fortschritt im Vergleich zum Status quo. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Vielen Dank. – Herr Minister, ohne dass ich den Verordnungstext im Einzelnen kenne, bin ich ein wenig hellhörig geworden, als Sie den Begriff „Rückbauten“ verwendet haben. Vielleicht zur Beruhigung des Kollegen Goldmann: Ich befürchte, dass sich die Agrarlobby bei dieser Kompensationsverordnung durchgesetzt hat. Insofern lautet meine Frage: Schließen Sie aus, dass ein Landwirt mit den Ersatzgeldzahlungen, die er für Flächen, die er in Anspruch genommen hat, dann beispielsweise einen ohnehin notwendigen Stallrückbau im Außenbereich finanziert? (Josef Rief [CDU/CSU]: Gute Idee! – Weitere Zurufe der Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] und Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]) Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist so, dass wir lange über diese Fragen gesprochen haben. Es gab aus der Landwirtschaft den Wunsch, dass man bestimmte Kompensationsmaßnahmen gesetzlich festschreibt und privilegiert. Das konnten wir aus grundsätzlichen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Er-wägungen nicht tun. Deshalb haben wir bestimmte Anreize gegeben, indem wir Bonuspunkte ausweisen. Wir haben diese Dinge im Übrigen im Gespräch mit Naturschutzverbänden entwickelt. Die Idee der Entsiegelung beispielsweise ist mir von der Naturlandstiftung Saar nahegebracht worden, die bundesweit vorbildliche Maßnahmen auf diesem Gebiet durchgeführt hat. Sie haben Ställe im Außenbereich angesprochen, die zurückgebaut werden sollen. Ich muss Ihnen diese Frage schriftlich beantworten. Im Übrigen sähe ich es aber im Einzelfall nicht als ein Problem an, wenn auf diese Weise wertvolles Land entsiegelt und dadurch der Naturschutzwert erhöht würde. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollegin Kotting-Uhl. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich habe eine Frage zur stattgefundenen Partizipation, von der wir ja wissen – das wird immer öfter deutlich –, dass sie für die Akzeptanz von Gesetzesvorhaben unabdingbar ist. Ich frage Sie jetzt nicht, ob Sie bei der Erstellung des Entwurfs der Verordnung Verbände einbezogen haben; denn davon gehe ich selbstverständlich aus. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: So ist es auch. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. – Mich würde jetzt interessieren, in welcher Phase der Erarbeitung dies stattgefunden hat und auch hinsichtlich welcher Regelungsinhalte. Ich will mich da ganz -besonders auf die Antwort beziehen, die Sie Herrn Goldmann gegeben haben. In dieser haben Sie von Flächenberechnungen gesprochen. Sind auch da die Umweltverbände einbezogen worden? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann Ihnen noch einmal den Ablauf der Entstehung darlegen. Ich habe im August 2012 angekündigt, dass ich gerne eine solche Verordnung erstellen möchte. Wir haben dann im September 2012 einen Referentenentwurf vorgelegt. Über diesen ist auch in den Fachkreisen schon intensiv diskutiert worden. Es gab dann eine erste Ressortabstimmung, und im November, Dezember 2012 haben wir die offizielle Länder- und Verbändebeteiligung durchgeführt. Danach haben wir den Entwurf überarbeitet und ihn dann weiter mit den Ressorts unter Beteiligung der Länder abgestimmt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kollegin Kurth. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, mir geht es noch einmal sehr stark darum, dass die Kompensationsverordnung Vorteile für den Vollzug des Naturschutzes bringen soll, der ja sehr stark unter Druck gerät, und dass wir klare und handhabbare Regelungen haben wollen. In § 2 des Entwurfs der Verordnung, in dem es um die allgemeinen Anforderungen an die Kompensation geht, wird ja – jedenfalls soweit ich es kenne – unter anderem erwähnt, dass auch Flächen für die Kompensation genutzt oder angerechnet werden können, die aus Naturschutzmaßnahmen rekrutieren. Wie wird im Verordnungsentwurf sichergestellt, dass es sich dabei um zusätzliche Flächen handelt und nicht um Flächen, die ohnedies schon in einem Vorhaben gewertet worden sind bzw. einem Vorhaben zugerechnet werden? Wie wird sichergestellt, dass wirklich nur zusätzlich anerkannte Maßnahmen eingerechnet werden können? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Wir wollen schon zulassen, dass vorhandene Flächen weiter aufgewertet werden. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das meinte ich nicht. Es ist klar, dass Flächen aufgewertet werden sollen. Mir geht es darum, dass aber nicht Flächen angerechnet werden, die bereits in Maßnahmen verplant sind, also dass nicht für die Kompen-sation angerechnet werden kann, was eigentlich schon einer anderen Maßnahme zugeschlagen ist. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Gut. Aus meiner Sicht ist klar, dass das nicht geschehen soll. Das muss im örtlichen Vollzug sichergestellt werden. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Frage war, wie das im Entwurf geregelt ist. Denn der örtliche Vollzug ist ja die Schwierigkeit, mit der wir heute zu kämpfen haben. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch genau das, was im Gesetz drinsteht, dass richtige Flächen bereitgestellt werden! Es ist doch die Frage, wie viele zur Energiewende bereitgestellt werden!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Kollegin Behm hat noch einmal um das Wort gebeten. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wunderbar. – Wir haben ja miterlebt, dass die Fronten zwischen dem Umweltministerium und dem Agrar-ministerium sehr umkämpft waren und dass diese Frage strittig war. Durch die Flächenfraßkampagne des Deutschen Bauernverbandes, die wir vor allen Dingen im vergangenen Jahr erlebt haben, wurde ja der Eindruck erweckt, die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen sei vor allen Dingen durch Ausgleichsmaßnahmen bedingt. Das stimmt aber nicht; denn dafür wird nur ein Bruchteil der landwirtschaftlichen Flächen in Anspruch genommen. Sehr viel größer ist das Problem der Überbauung durch Verkehr, Siedlungen usw. In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen: Ist es tatsächlich zutreffend, dass wir eine bundeseinheitliche Kompensationsverordnung bekommen werden, in der geregelt ist, dass, wenn agrarstrukturelle Belange betroffen sind – was auch immer das heißt; das ist im ländlichen Raum ein weites Feld –, die regionalen Forst- oder Landwirtschaftsbehörden hinzugezogen werden, um zu entscheiden, ob die entsprechenden Flächen in Anspruch genommen werden können? Ich bin sehr besorgt, wenn das so ist, weil – – Präsident Dr. Norbert Lammert: Ja. Wir führen jetzt aber keine Debatte, sondern sind bei der Befragung der Bundesregierung. (Ute Vogt [SPD]: Ich fand das interessant!) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, gut; okay. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist in der Tat so, dass die agrarstrukturellen Belange berücksichtigt werden. Das heißt, zu einer Inanspruchnahme besonders geeigneter Böden für die Landwirtschaft wird es nur dann kommen, wenn zunächst geprüft wurde, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen usw. oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen erbracht werden kann. Als für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden sind diejenigen Böden anzusehen, die, bezogen auf den jeweiligen Landkreis oder die jeweilige kreisfreie Stadt, eine besonders hohe Nutzbarkeit aufweisen. Die Bewertung der Nutzbarkeit erfolgt nach dem Kriterium der Bodenfruchtbarkeit nach dem Bodenschätzungsgesetz; das ist ein relativ objektives Kriterium. In die Bewertung sollen weitere Kriterien wie die Größe und der Zuschnitt der Flächen, ihre äußere und innere Erschließung sowie weitere natürliche Ertragsbedingungen einbezogen werden, wenn hierfür ein behördliches Konzept vorliegt. Soweit agrarstrukturelle Belange betroffen sein können, beteiligt die zuständige Behörde im Zulassungsverfahren die zuständigen Landwirtschafts- und Forstbehörden; das ist der Punkt, auf den Sie abgehoben haben. Wir kommen bei all diesen Punkten natürlich immer wieder in eine schwierige Situation, weil es einerseits ein nachvollziehbares Interesse der Landwirtschaft ist, dass sie ihre besonders geeigneten Böden weiterhin landwirtschaftlich nutzen möchte, und weil es andererseits ein nachvollziehbares Interesse des Naturschutzes ist, zu verhindern, dass die Inanspruchnahme bestimmter Flächen generell dazu führt, dass immer weniger natürliche Lebensräume zur Verfügung stehen. Dieses Problem muss man in der Praxis zu lösen versuchen. Wir haben es für richtig angesehen, die agrarstrukturellen Belange in diesem Umfang zu berücksichtigen. Wir glauben, dass man darüber gemeinsam mit den Naturschutzverbänden diskutieren und sich darauf einigen kann. Präsident Dr. Norbert Lammert: Jetzt hat der Kollege Krischer und danach noch einmal Frau Kurth das Wort. Ich glaube, nach diesen mir vorliegenden Wortmeldungen können wir diesen Teil der Befragung abschließen. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, es sind des Öfteren Fragen zum Vollzug und zur praktischen Umsetzung vor Ort aufgetaucht. Da drängt sich mir die Frage auf: Hat man das, was Sie vorschlagen, einem Praxistest unterzogen, das Ganze also in einer bestimmten Region – wie auch immer – unter praktischen Bedingungen überprüft, und, wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja, es sind Fallbeispiele durchgerechnet worden, und wir haben über dieses Thema auch mit den Ländern gesprochen. Wir sind überzeugt, dass wir eine ausgesprochen praxistaugliche Regelung getroffen haben. Wir -haben allerdings auch eine Art Sicherheitsnetz aufgespannt. Es besteht darin, dass es, wenn die Verordnung in Kraft tritt, noch eine Übergangszeit gibt, in der optiert werden kann, in der man sich also entscheiden kann, ob man die bisherige oder die neue Regelung in Anspruch nimmt. Ich bin überzeugt, dass nach sehr kurzer Zeit die allermeisten für die neue Regelung optieren werden, weil sie sich im Vergleich zu der noch bestehenden Regelung in vielen Fällen als besser erweisen wird. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kurth. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, bislang ist es grundsätzlich so, dass bei allen Eingriffen in die Natur der Ausgleich vor dem Ersatz stehen soll, um die Funktion des Naturhaushalts -erhalten zu können. Diese Rangfolge ist quasi eine Grundvoraussetzung für naturschutzfachlich korrektes Handeln. Nach der jetzigen Regelung ist ein funktionsbezogener Ausgleich – der Ausgleich, der erfolgen muss, wenn die Funktion des Naturhaushalts durch eine Maßnahme erheblich gestört wird – nur noch bei besonderer Schwere des Eingriffs vorgesehen. Stimmen Sie mir zu, dass der Vorrang von Ausgleich vor Ersatz gefährdet würde, wenn dieser Grundsatz gesetzlich auf den Bereich der besonderen Schwere eingegrenzt wird? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, diese Auffassung teile ich nicht. Wir werden weiterhin in vielen Fällen einen Naturalausgleich haben. Es wird Fälle geben, wo ein Ausgleich schwer oder gar nicht möglich ist, weil es sich vor allen Dingen um vertikale Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes handelt – ich habe ja gesagt: bei Windrädern und Mastbauten –; in diesen Fällen ist davon auszugehen, dass es in Zukunft in verstärktem Maße zur Zahlung eines Ersatzgeldes kommen wird. Ansonsten bin ich nicht Ihrer Auffassung, dass es sich um eine Umkehrung der bisherigen Systematik handelt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Vielen Dank. Ich schließe damit diesen Teil der Befragung ab. Zu anderen Fragen der heutigen Kabinettssitzung hat die Kollegin Enkelmann um das Wort gebeten. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Kollege Altmaier, am Wochenende wurde bekannt, dass die Verhandlungen über die sogenannte Strompreisbremse gescheitert sind. Gleichzeitig gab es Informationen – unter anderem aus der Welt –, wonach der Strom noch einmal drastisch teurer werden soll, unter anderem durch Anhebung der Ökosteuerumlage. Jetzt ist die Frage: Was tut die Bundesregierung, um diesen drastischen Preisanstieg zu verhindern? Bitte schieben Sie den Schwarzen Peter Altmaier nicht auf die Länder, sondern sagen Sie uns: Was tut die Bundesregierung? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vielen Dank. – Ich muss das zunächst einmal korrigieren: Es geht nicht um die Ökosteuerumlage, es geht um die EEG-Umlage. Diese Umlage wird jedes Jahr am 15. Oktober neu berechnet und dann für das Folgejahr festgesetzt. Sie ist in den letzten Jahren stärker gestiegen, als alle es für zuträglich und vertretbar gehalten hätten. Ich habe am 28. Januar darauf hingewiesen, dass es für den Herbst dieses Jahres ein erhebliches Steigerungsrisiko gibt. Zum ersten Mal weist der zuständige Minister Monate im Voraus auf ein solches Problem hin. Ich möchte, dass man darüber diskutiert, solange Lösungen gefunden werden können. Ich habe dann auch Vorschläge vorgelegt, wie man die EEG-Umlage für die Verbraucherinnen und Verbraucher stabil halten und damit den Strompreisanstieg begrenzen kann. Über diese Vorschläge haben wir in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit den zuständigen Umwelt-, Energie- und Wirtschaftsministern in insgesamt fünf Sitzungen diskutiert. Wir haben dort zu meinem großen Bedauern feststellen müssen, dass die Bundesländer in ihrer Gesamtheit nicht bereit sind, die notwendigen Maßnahmen mitzutragen und damit sicherzustellen, dass ein solches Gesetz auch eine Mehrheit im Bundesrat findet. Als zuständiger Minister werde ich die Entwicklung weiterhin sehr genau im Auge behalten. Ich bin überzeugt, dass in dem Maße, in dem sich das Preisrisiko in den nächsten Wochen und Monaten konkretisiert, auch der Handlungsdruck auf alle Beteiligten steigen wird. Ich darf nur darauf hinweisen, dass eine der entscheidenden Zahlen für die Höhe der EEG-Umlage der jeweilige Börsenstrompreis ist: Je höher der Börsenstrompreis, desto niedriger die EEG-Umlage; je niedriger der Börsenstrompreis, desto höher die EEG-Umlage. Als die EEG-Umlage im letzten Jahr festgesetzt wurde, hatten die Netzbetreiber die Erwartung, dass der durchschnittliche Börsenstrompreis 2013 bei 5,1 Cent die Kilowattstunde liegen würde. Als ich im Januar gewarnt habe und meine Vorschläge vorgelegt habe, lag der durchschnittliche Börsenstrompreis bei 4,5 Cent. Er liegt inzwischen zeitweise unter 4 Cent. Das heißt, wir haben hier eine Entwicklung, die keinen Anlass zur Entwarnung gibt. Deshalb hoffe ich, dass alle Beteiligten ihrer Verantwortung gerecht werden und noch zu einer Lösung kommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Meine Frage geht auch an Sie, Herr Minister Altmaier. Sie haben das Thema Gesetzentwurf zur Endlager-suche angesprochen, das heute im Kabinett behandelt wurde. Wir konnten lesen, dass Sie vor oder nach einem Geheimtreffen stehen. Meine Frage insoweit: Wann legen Sie Ihre Konzeption für eine Zwischenlagerung jenseits von Gorleben vor? Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist so: Wir haben zunächst einmal im politischen Bereich, das heißt, mit den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen und unter Beteiligung aller 16 Bundesländer, eineinhalb Jahre lang über einen Endlagerkonsens gesprochen. Diese Gespräche haben in Ihrer Gegenwart und mit Ihrer konstruktiven Mitwirkung vor etwa zwei Wochen zu einem Ergebnis geführt. Auf dieser Grundlage haben wir heute im Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Wir werden ihn gemeinsam mit den Fraktionen einbringen und dieses Verfahren in den Ausschüssen gemeinsam gestalten und tragen. Ein Teil dieses Konsenses besteht darin, dass noch ausstehende Transporte von Behältern mit hochradio-aktiven Abfällen, die aus dem Ausland zurück nach Deutschland gebracht werden, woher sie auch stammen, nicht mehr in das Zwischenlager Gorleben, sondern in andere Zwischenlager gehen sollen. Im Augenblick gibt es zwei Gesprächsebenen. Auf der einen Ebene führe ich Gespräche mit den Bundesländern, auf deren Territorium sich solche Zwischenlager befinden. Insgesamt gibt es 15 davon. Einige davon sind in besonderer Weise geeignet, weil man bei ihnen den Transportweg minimieren kann. Dazu gibt es von einzelnen Bundesländern auch bereits öffentliche Erklärungen. Heute Morgen wurde im Landtag von Schleswig-Holstein eine Regierungserklärung zu diesem Thema abgegeben, von der ich hoffe, dass sie inzwischen zu einem positiven Votum geführt hat oder führen wird. Daneben habe ich heute Mittag nach der Kabinettsentscheidung ein erstes Gespräch mit den Betreibern der Kraftwerke und denen, die diesen Müll entsorgen müssen, geführt. Es war für mich ganz wichtig, dass wir uns – Regierung, Opposition und Bundesländer – zunächst politisch einigen und dann erst mit den Betreibern über die Frage sprechen, wie diese Einigung umzusetzen sein wird. Wir haben uns bei der Frage, ob wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, darauf verständigt, zunächst einmal die rechtlichen, technischen und finanziellen Probleme in Gesprächen auf Expertenebene aufzulisten. Diese Gespräche werden wir in den nächsten Wochen führen. Das wird dadurch erleichtert werden, dass wir dann auch von den betroffenen Bundesländern wissen, ob sie bereit sind, solche Behälter aufzunehmen. Dann kann man die Diskussion auf diejenigen Standorte verengen, die in Betracht kommen. Ich habe die große Hoffnung, dass es uns gelingen kann, bis zur endgültigen Verabschiedung des Standortauswahlgesetzes durch Bundestag und Bundesrat Klarheit in der Frage der Zwischenlagerung zu schaffen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Vogt. Ute Vogt (SPD): Herr Minister, die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg hat ja einen erheblichen Anteil daran, dass dieser Konsens zustande kommen konnte. Leider haben wir vonseiten der Union in Baden-Württemberg schon heftige Gegenwehr erfahren, und zwar vom Landtagsfraktionsvorsitzenden, Herrn Hauk, aber auch vom Landesvorsitzenden, Herrn Strobl, der ja auch Kollege hier im Bundestag ist. Deshalb möchte ich Sie fragen, ob Sie diesbezüglich auch mit Ihren Parteikollegen aus Baden-Württemberg im Gespräch sind und wie Sie insgesamt den Meinungsbildungsprozess in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beurteilen. Denn mir ist aufgefallen, dass von anderen Parteien durchaus sehr hochrangige Vertreter bei den Gesprächen waren, während von der Union die zwar sehr geschätzten, aber doch vielleicht nicht mit maximalem Einfluss ausgestatteten Berichterstatterinnen und Berichterstatter vertreten waren. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Vogt, erstens war die Union bei den abschließenden Gesprächen mit Maria Flachsbarth vertreten. Das ist eine sehr hochrangige und kompetente Vertretung. Die Kollegin Flachsbarth hat, so wie der Kollege Miersch auch, konstruktiv daran mitgewirkt, dass wir eine Lösung gefunden haben. Zweitens will ich darauf hinweisen, dass die Union unter anderem durch den Bundesumweltminister und durch mehrere Ministerpräsidenten und Landesminister vertreten war, sodass wir, glaube ich, adäquat an den Gesprächen teilgenommen haben. Zum ersten Teil Ihrer Frage: Ich habe mich in dem knappen Jahr meiner bisherigen Amtszeit sehr dafür eingesetzt, in einem fairen Verfahren eine parteiübergreifende Lösung für die Endlagersuche zu finden. Das ist uns gelungen. Ich wünsche mir, dass diese Lösung nicht nur im Bundestag und im Bundesrat, sondern auch auf der Ebene der Länder von den jeweiligen Landtagen breit getragen wird. Das gilt ausdrücklich auch für die Frage der Bestimmung der Zwischenlager, die die wenigen zurückzunehmenden Behälter aufnehmen werden, die nach Inkrafttreten des Endlagersuchgesetzes noch transportiert werden müssen. Insofern wünsche ich mir auch, dass die politisch Verantwortlichen in diesen Bundesländern auf die Opposition zugehen, so wie ich in meiner Eigenschaft als Bundesumweltminister auf die Opposition zugegangen bin, und dass man dann versucht, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, die auf Landesebene und auch auf Bundesebene gemeinsam getragen werden. Ich werde jedenfalls nicht müde, für einen solchen Konsens zu werben, auch deshalb, weil ich weiß, dass die Endlagersuche für uns alle noch schwer genug werden wird. Bisher war es so, dass es für viele darum ging, ein bestimmtes Endlager eher nicht zu bauen. Jetzt müssen wir ein Endlager finden. Das ist ein Prozess, der uns lange beschäftigen wird. Präsident Dr. Norbert Lammert: Hoffentlich länger als die verfügbare Redezeit, Herr Minister. Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Im Übrigen wird der Bundestag gefordert sein, auf jeder Verfahrensstufe eine gesetzliche Entscheidung zu treffen. Deshalb haben wir alle ein Interesse daran, dass dies im Konsens geschieht. Präsident Dr. Norbert Lammert: Vielen Dank. – Gibt es unabhängig von der heutigen Kabinettssitzung weitere Fragen an die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/13171 – Ich werde die Geschäftsbereiche in der Ihnen mitgeteilten Reihenfolge der Ministerien aufrufen. Wir bleiben zunächst im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Kollegin Katherina Reiche steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 1 der Kollegin Dorothea Steiner auf: Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass im Land Niedersachsen und in der Freien Hansestadt Bremen Laserdruckgeräte in Polizei- und Justizbehörden gegen emissionsärmere Geräte auf Tintenstrahlbasis ausgetauscht werden, und daraus, dass seitens der Hersteller bis heute kein Blauer Engel nach dem neuen, ergänzten Prüfverfahren – Grenzwert der RAL-UZ 171 – beantragt wurde? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung begrüßt es grundsätzlich, wenn technisch veraltete Arbeitsplatzdrucker gegen Drucker mit geringeren Ultrafeinstaubemissionen und höherer Energieeffizienz ausgetauscht werden. Die neue Grundlage zur Vergabe des Blauen Engels für -Bürogeräte mit Druckfunktion RAL-UZ 171 gilt seit 1. Januar 2013. Ein Hersteller hat bereits einen Antrag für einen Laserdrucker nach der neuen RAL-Vergabegrundlage gestellt. Weitere Hersteller haben ihre Absicht bekundet, Anträge für Laserdrucker zu stellen. Die Prüfung ist aber noch nicht abgeschlossen. Während einer Übergangszeit bis Ende 2013 werden zudem noch Bürogeräte mit Druckfunktion erhältlich sein, die noch der alten Vergabegrundlage RAL-UZ 122, Ausgabe 2011, entsprechen. Diese Geräte mit dem Blauen Engel erfüllen zwar nur die Anforderungen aus dem Jahr 2011, sind aber emissionsärmer und energie-effizienter als die, die ein solches Umweltzeichen nicht tragen. Untersuchungen der BAM, der Bundesanstalt für -Materialforschung und -prüfung, und des Fraunhofer--Instituts für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut zeigen, dass Laserdrucker im UFP-Bereich sehr unterschiedliche Mengen an Aerosolen emittieren. Der neue Prüfwert zur Erlangung des Blauen Engels wurde deshalb so festgelegt, dass nur die besonders emissionsarmen Drucker die Kriterien der RAL-UZ 171 erfüllen. Nur diese Drucker können als beste Produkte ihrer Produktgruppe zukünftig den Blauen Engel erhalten. Das lässt aber nicht den Umkehrschluss zu, dass nun von anderen Druckern Gesundheitsgefahren ausgingen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfrage? – Bitte schön. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Ich möchte die Frage der toxischen Auswirkungen und der Risiken noch etwas vertiefen. In Anbetracht der Tatsache, dass jeder Laserdrucker ein buntes Potpourri von anorganischen und organischen Nanopartikeln ausstößt – ich las irgendwo die Zahl von mehr als 1 Milliarde Nanopartikeln pro Seite – und mir nicht bekannt ist, dass wir die damit verbundenen Risiken bisher bewertet haben, frage ich Sie: Welche belastbaren Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen dieser Nanopartikel auf den menschlichen Körper, insbesondere auf Lunge und Blutkreislauf? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, ich darf Sie dahin gehend korrigieren, dass wir tatsächlich Erkenntnisse haben, weil die Befürchtungen, die im Raum stehen, ja tatsächlich schon alt sind. Mit der Diskussion, die im Umfeld einer ganz bestimmten Gruppe, nano-Control, immer wieder vorangetrieben wird, gerade im Bereich der öffentlichen Verwaltung, haben wir uns selbstverständlich beschäftigt. Ich hatte eben in der Beantwortung der Frage nur kurz erwähnt – ich kann es jetzt gern ausführlicher machen –, dass sowohl die BAM, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, als auch das Fraunhofer-Institut Wilhelm-Klauditz-Institut diesen Sachverhalt mehrfach und umfassend überprüft haben. Sie sind dem nach-gegangen, und die Erkenntnis nach mehrfachen, auch -intensiven Prüfungen verschiedener Drucker war, dass Laserdrucker bei normalem Druckbetrieb in Innenräumen und im Vergleich zu anderen Quellen kaum bzw. gar nicht zur UFP-Belastung in den Räumen beitragen. Die Studien kann ich Ihnen gerne zukommen lassen. Aber es wurde hinreichend untersucht. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. – Ich glaube, da sind wir unterschiedlicher Auffassung, was eine hinreichende Untersuchung und eine belastbare Studie ist. Das scheint mir in diesem Fall nicht zuzutreffen, insbesondere wenn man bedenkt, dass – was ja der Anlass meiner Fragestellung war – das Bundesland Niedersachsen und die Freie Hansestadt Bremen diese Laserdrucker aus gesundheitlichen Gründen bereits aus dem Verkehr gezogen haben, und zwar umgehend. Daher frage ich Sie: Sieht die Bundesregierung nicht doch die Notwendigkeit, eine Risikobewertung der toxischen Auswirkungen von Laserdruckern auf den Weg zu bringen, um anschließend auch weitergehende Handlungsoptionen entwickeln zu können? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Steiner, unsere Information ist die, dass in Niedersachsen deshalb die Drucker ausgetauscht wurden, weil sie schlichtweg zu alt waren (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!) und man irgendwann einmal auch im öffentlichen Bereich neue braucht. Zu Bremen ist Folgendes zu sagen: Die Bremer -Landesbehörde selbst hat das Bremer Umweltinstitut eingeschaltet, das danach im Auftrag des Bremer Justizministeriums wegen möglicher Häufung der Krankheitsfälle eine intensive Untersuchung durchgeführt hat. Die Ergebnisse, die dann aus Bremen kamen, besagten, dass es keinen Zusammenhang zwischen Krankheitsfällen und dem Drucker gegeben hat. Wie gesagt, das Bundesamt für Materialforschung und -prüfung und das schon genannte Fraunhofer-Institut sind mit der Sache befasst, und zwar nicht nur irgendwie, Frau Kollegin. Es wurde sehr wohl über die Mengen und die chemische Zusammensetzung der emittierten Partikel geforscht, und es wurde geprüft, welche emittierten Feinstpartikel wirklich aus dem Tonermaterial stammen. Die Prüfungen waren also umfangreich, und insofern kann ich die Befürchtungen dieses einen und sehr kleinen Vereins, der immer wieder Ängste zu schüren versucht, nicht bestätigen. (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe doch nach den gesundheitlichen Auswirkungen gefragt!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Behm auf: Mit welchen Ergebnissen ist das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Schutz von Buchenwäldern in einem System von Prozessschutzgebieten“ (Förderkennzeichen 3508 82 1300), bei dem es um die Erfassung aller über 100 Hektar großen Buchenwaldgebiete in Deutschland geht, abgeschlossen worden, und wann ist die Veröffentlichung des Endberichts, der bereits 2011 vorliegen sollte, vorgesehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Behm, der Abschlussbericht zu dem Vorhaben „Schutz von Buchenwäldern in einem System von Prozessschutzgebieten“ liegt im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vor, und die Ergebnisse sowie die Form der sich dann anschließenden Veröffentlichung des Forschungsberichts werden zurzeit geprüft. Präsident Dr. Norbert Lammert: Bitte schön, Zusatzfrage. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Sie werden also geprüft. Es wäre ja interessant, zu wissen, welche Ergebnisse da tatsächlich vorliegen, auch im Zusammenhang mit der Untersuchung von Herrn Professor Spellmann zu den schon -dauerhaft aus der Nutzung genommenen Waldflächen in Deutschland. Diese Untersuchung findet jetzt gerade statt und wird hoffentlich demnächst veröffentlicht werden. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Bio-diversitätsstrategie der Bundesregierung ist das ja durchaus eine interessante Fragestellung. Deswegen frage ich Sie: Werden Ergebnisse dazu noch vor Abschluss dieser Legislaturperiode vorgelegt werden, oder ist der Eindruck richtig, dass das auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben werden soll? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Darum geht es nicht. Es waren zwei Forschungsvorhaben notwendig. Bei dem einen Forschungsvorhaben, das durch das BfN durchgeführt wurde, wurden Buchenwälder über 100 Hektar aufgelistet und kartiert. Gleichwohl war auch immer eine enge Zusammenarbeit mit den Landesforstverwaltungen notwendig. Sie wissen, dass wir nicht nur Bundeswälder haben, sondern auch Landeswälder und Wälder im Kommunalbestand. Die Zusammenarbeit mit den Ländern ist so – ich formuliere es einmal allgemein –, dass diese zwar von uns eine -Veröffentlichung der Zahlen fordern, sich aber bei der Veröffentlichung eigener Daten nicht immer sehr freigiebig zeigen, sodass sich die Zusammenführung der Daten schwierig gestaltet hat. Jetzt haben wir einen weiteren Forschungsbericht gemacht. In dem zweiten Bericht wird sehr viel Wert auf eine klare Bilanzierung aller dauerhaft aus der Nutzung genommenen Waldflächen gelegt. Die Bilanzierungskriterien werden derzeit abgestimmt, um am Ende zu einer wirklich fundierten Studie zu kommen, an deren Ergebnis nicht gezweifelt werden kann und die keine Missinterpretationen zulässt. Deswegen zieht sich der Vorgang noch ein bisschen hin. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Noch ein bisschen“ sagt nicht, ob wir das Ergebnis noch in dieser Legislaturperiode zu sehen bekommen. – Aber damit, dass die Länder nicht liefern, haben wir schon unsere Erfahrungen gemacht. Bayern ist da in die Kritik geraten. Können Sie mir sagen, welche Länder nicht geliefert haben? Es wäre vielleicht an den Politikerinnen und Politikern, Druck auszuüben, damit diese Zahlen endlich zur Verfügung gestellt werden. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich will jetzt nicht der Versuchung erliegen, rot-grün regierte, grün-rot regierte oder andersfarbig regierte Länder zu nennen. Nehmen Sie bitte unsere Erfahrung so hin, und reden Sie, jeder dort, wo er reden kann. Dass es mit der Auskunftsfreudigkeit der Länder allgemein nicht weit her ist, ist ein Grund dafür, dass sich der -Prozess so lang hingezogen hat. Das nur auf Bayern zu reduzieren, wäre falsch. Auch andere Länder haben gezögert. Ich kann die Namen gerne später zusammenstellen. Ob das allerdings hilft, den Prozess zu beschleunigen, weiß ich nicht; denn wir wollen ja gemeinsam vorankommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Vogt auf: Wie bewertet die Bundesregierung das Eckpunktepapier der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, LAI, wonach Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten in Gebieten möglich sein sollen, für die nachgewiesen ist, dass eine Grenzwerteinhaltung nur mit unverhältnismäßigen Maßnahmen zu erreichen ist, und wird sie diese Eckpunkte zur Grundlage der deutschen Position in den anstehenden Verhandlungen zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie auf EU-Ebene machen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Vogt, die Europäische Kommission hat beschlossen, ihre Luftreinhaltepolitik und so auch die Luftqualitätsrichtlinie umfassend zu revidieren. Nach aktuellen Vorstellungen der Kommission sollen zunächst die thematische Strategie zur Luftreinhaltung und die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe kurzfristig fortgeschrieben werden. Die Novellierung der Luftqualitätsrichtlinie soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Für die Revision der Luftqualitätsrichtlinie hat die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz deutlich im Vorfeld der von der Kommission initiierten Revision im Auftrag der Umweltministerkonferenz ein Eckpunktepapier mit den deutschen Positionen erarbeitet. Auf der Herbst-UMK 2011 hat die UMK das -Eckpunktepapier zur Kenntnis genommen und in ihrem Beschluss den Bund darum gebeten, die im Eckpunktepapier dargelegten Positionen in die Rechtsetzungsverhandlungen grundsätzlich einfließen zu lassen. Auch aus Sicht der Bundesregierung sollen bei der Revision der Luftqualitätsrichtlinie für Gebiete, in denen trotz des Eingreifens aller geeigneten und verhältnis-mäßigen Maßnahmen noch Emissionsgrenzwerte, insbesondere für Stickstoffdioxid und Feinstaub, überschritten werden, unter strengen Bedingungen erneut Möglichkeiten zur Fristverlängerung vorgesehen sein. Ute Vogt (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Meine Nachfrage ist, ab wann für Sie Maßnahmen unverhältnis-mäßig sind und wer das dann am Ende bestimmt. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, Sie wissen, dass hier die Länder im Vollzug sind und dass der Bund seinerseits viel getan hat, um das Thema Luftqualität und Luftreinhaltung auch in dieser Legislaturperiode voranzubringen. Wir haben mit der Industrieemissionsrichtlinie, die wir jetzt auch in nationales Recht umgesetzt haben, die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Großemittenten zukünftig nur noch nach festen Regeln emittieren dürfen. Ganz zu Anfang der Legislaturperiode – Sie werden sich erinnern: die Vorbereitungen fanden in der Großen Koalition statt – haben wir uns mit dem Thema Kleinfeuerungsanlagen beschäftigt und bei diesen Anlagen für den Zeitraum bis zum Jahr 2015 insbesondere mit Blick auf einen Hausbrand für mehr Qualität gesorgt. Wir haben in dieser Legislaturperiode das Thema Euro-6-Norm sowohl für Pkw als auch für Lkw vorangebracht. Gleichwohl sind beispielsweise Kommunen – auch in Baden-Württemberg –, die unglücklicherweise im Kessel liegen, aus dem sie halt auch nicht herauskommen können, gefordert, die Arbeit fortzusetzen. Stuttgart ist eine Metropole, wo es unter der Maßgabe der Verhältnismäßigkeit sehr schwierig ist, zu mehr Luftqualität zu kommen, wenn man nicht den gesamten Pkw-Verkehr verbieten will. Für diese speziellen Fälle bemühen wir uns um weitere Ausnahmeregelungen. Ute Vogt (SPD): Die Frage war, wer am Ende kontrolliert, ob tatsächlich eine Unverhältnismäßigkeit vorliegt. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, zunächst werden die Messwerte vor Ort genommen und im UBA gesammelt. Dann werden sie ausgewertet. Das geht dann an die Europäische Kommission, die wiederum eine Auswertung vornimmt. Die Kommission scheint mir an der Stelle nicht hinreichend stringent zu arbeiten. Wir konnten für 24 der 57 Städte, die wir gemeldet haben, weitgehend ohne Diskussion eine Fristverlängerung erreichen. Andere Kommunen mussten Antworten auf Nachfragen liefern, weil ihre Argumentation durch die Kommission nicht nachvollzogen werden konnte. Das spiegeln wir jetzt wider, um auf den gleichen Argumentationsstand zu kommen. Ich nenne Ihnen ein weiteres Beispiel, wo es schwierig ist, sich mit der Kommission darauf zu einigen, was nun eigentlich gilt. Wir haben uns von Anfang an beispielsweise für die Kleinfeuerungsanlagen starkgemacht und auf eine kurze Übergangszeit gedrungen. Wenn es jetzt aber darum geht, die Ökodesign-Richtlinie entsprechend umzusetzen, sagt die Kommission: Macht das Ganze nicht so schnell! – Die Bewertungsgrundlage ist also nicht immer gleich, wenn es darum geht, tatsächlich eine Ausnahmeregelung für eine Kommune zu genehmigen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Wir fahren gleich mit der Frage 4 der Kollegin Ute Vogt fort: Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass mit einem solchen Grundsatz der verbindliche Normcharakter von Grenzwerten – auch EU-weit – verloren ginge? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, bereits in der geltenden Luftqualitätsrichtlinie sind in Art. 22 Regelungen zur Verlängerung der Fristen für die Einhaltung bestimmter Grenzwerte vorgesehen. Die Bundesregierung sieht nicht die Gefahr, dass durch eine der in dem Eckpunktepapier der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz genannten Regelungen der Rechtscharakter von Grenzwerten verloren ginge. Das entspricht auch nicht dem Charakter des LAI-Vorschlages, also dem Vorschlag der gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft. So hebt das zitierte Eckpunktepapier ausdrücklich hervor, dass das Niveau der Grenzwerte und somit auch ihr Schutzzweck, die menschliche Gesundheit, beibehalten werden soll. Folglich soll durch diesen Eckpunkt möglichen Abweichungstendenzen bei Immissionsgrenzwerten gerade entgegengewirkt werden. Zudem soll hinsichtlich etwaiger Vertragsverletzungsverfahren im Fall von Grenzwertüberschreitungen trotz des Ergreifens aller -geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen auch Rechtssicherheit gewährt werden. Präsident Dr. Norbert Lammert: Zusatzfrage? Ute Vogt (SPD): Wir stimmen sicherlich überein, dass wir häufig die Schwierigkeit haben, dass wir in Deutschland bei der Umsetzung relativ genau sind, während Länder in der Überprüfung oft nicht so exakt arbeiten. Die Frage ist, ob die Bundesregierung nicht befürchtet, dass dadurch, dass man dieses Tor öffnet, ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen EU-Ländern entsteht, die möglicherweise schon bei der Umsetzung nicht so stringent vorgehen und dann auch von den Ausnahmemöglichkeiten noch wesentlich mehr Gebrauch machen würden, als es bei uns der Fall wäre. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wie gesagt, wir müssen derzeit für die 57 Städte, bei denen wir uns um eine Fristverlängerung bemühen, sehr genau den Nachweis führen. Die Kommission hat – das habe ich eben schon ausgeführt – sehr detaillierte Nachfragen bezüglich einiger Kommunen gestellt. Auf der anderen Seite haben wir zum Beispiel bei der Industrieemissionsrichtlinie, aufgrund derer andere Länder ihre großen Anlagen viel mehr nachrüsten müssen als wir unsere, oder auch beim Thema Kleinfeuerungsanlagen eben nicht lockergelassen. Wir wollen auch, dass zum Beispiel bei der Ökodesign-Richtlinie keine schwächeren Grenzwerte gelten, weil nur durch ein Bündel von Maßnahmen für große Anlagen, kleine Anlagen und Individualverkehr die Möglichkeit geschaffen wird, europaweit zu mehr Luftqualität zu kommen. Wir versuchen natürlich, bei allen Richtlinien, die die Luftqualität betreffen, zu hohen Standards zu kommen, und fordern, so gut es eben geht, auch von anderen Ländern ein, dies entsprechend umzusetzen. Das ist nicht immer so stringent – so haben Sie es gerade formuliert – wie bei uns. Ute Vogt (SPD): Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf den Zeitplan. Können Sie uns sagen, wie das weitere Vorgehen sein wird? Sie hatten es in Ihrer Antwort auf meine erste Frage schon angedeutet. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Am 20. Februar 2013 hat die Kommission uns mitgeteilt, wo es keine Einwände gibt bzw. wo wir nacharbeiten müssen. Für Gebiete, wo die Kommission keine Einwände hat, haben wir bis zum Ende des Jahres 2014 Zeit, den Grenzwert einzuhalten. Für die Fälle, wo die Kommission Einwände hat, bereiten wir gemeinsam mit den Ländern eine umfassende Antwort vor. Das sind momentan die Fristen. Uns liegt noch kein Zeitplan für die gesamte Luftqualitätsrichtlinie vor. Wir wissen noch nicht, wann die Kommission mit den Konsultationen beginnen will. Ute Vogt (SPD): Danke schön. Präsident Dr. Norbert Lammert: Wir kommen zur Frage 5 des Kollegen Krischer: Wie sieht der weitere Zeitplan der Bundesregierung zur Schaffung eines gesetzlichen Rahmens bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas – Fracking – aus, und weshalb – bitte konkrete Gründe benennen – kam es bisher trotz anderweitiger Ankündigungen zu keiner Einigung innerhalb der Bundesregierung? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der UVP-Verordnung Bergbau am 7. bzw. 11. März in die formelle Anhörung der beteiligten Kreise eingebracht. Die eingegangenen zahlreichen und recht umfangreichen Stellungnahmen betreffen wichtige Aspekte des Wasserrechts und des Bergrechts. Die Stellungnahmen bedürfen daher einer gründlichen Auswertung und Diskussion. Von dem Ergebnis der Prüfung und der Diskussion hängt der weitere Zeitplan für die Regelungen hinsichtlich der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas, Erdöl und Erdwärme unter Einsatz der Fracking-Technologie ab. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese Auskunft. – Ihre Antwort verwundert mich nur etwas, weil von Regierungsmitgliedern – wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sogar vom anwesenden Umweltminister – der 10. April bzw. der 24. April als mögliche Zeitpunkte für Kabinettsbeschlüsse genannt worden sind. Da die Anhörung von Beteiligten noch läuft und die Auswertung aussteht, erstaunt es mich, dass hier konkrete Termine genannt worden sind. Ich bitte Sie, mir dafür eine Erklärung zu geben. Daran schließt sich natürlich die Frage an: Wie soll im Hinblick auf die zu Ende gehende Legislaturperiode und die am 22. September stattfindende Bundestagswahl noch ein Gesetzgebungsverfahren inklusive Bundesratsbeteiligung durchgeführt werden können, wenn die nächstmögliche Sitzungswoche im Mai ist? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ihre erste Frage habe ich schon beantwortet. Die Stellungnahmen waren umfangreich. Interessanterweise kommen aus einzelnen Bundesländern immer dann, wenn man einen neuen Stand hat, gleich die nächsten Nachforderungen, die dann wieder geprüft werden müssen. Übrigens wird in keinem der Gutachten, die die Bundesländer in Auftrag gegeben haben, ein Totalverbot der Fracking-Technologie gefordert. Was ist unsere Intention, und woran bemisst sich am Ende ein erfolgreicher Entwurf? An erster Stelle steht der Schutz von Trinkwasser, menschlicher Gesundheit und Umweltgütern. Dann folgt die Abwägung mit wirtschaftlichen Interessen. Wir haben in unserem Haus den Schwerpunkt auf eine möglichst umfassende Regelung von Trinkwasserschutzgebieten inklusive Querbohrungen gesetzt. Gleichwohl sind die Details komplex; darüber wird diskutiert. Insofern kann ich Ihnen kein Datum nennen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte konkret nachfragen: Rechnen Sie damit, dass noch in dieser Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich halte das Problem für so dringend, dass wir einen Gesetzentwurf vorlegen sollten. Ob dieser dann durch den Bundesrat kommt und ob das anerkannt wird, was schon während der laufenden Diskussionen und im Rahmen einer informellen Beteiligung der Bundesländer eingeflossen ist, hängt von den beteiligten Ländern ab. Ob wir das Verfahren im Bundesrat zügig abschließen können, weiß ich daher nicht. Es ist jedenfalls die feste Auffassung beider beteiligter Ressorts, zu einem Abschluss und zu einem Gesetzentwurf zu kommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, das ist ja eine spannende Geschichte, die Sie uns hier erzählen. Aber am Ende geht es nicht darum, was der Bundesrat macht, sondern es geht erst einmal darum, ob die Bundesregierung in der Lage ist, etwas vorzulegen. Sie ist faktisch dazu nicht in der Lage. Es ist wohl so, dass es gestern eine Sitzung innerhalb der Koalition gegeben hat, und morgen gibt es, wenn ich es richtig verstanden habe, erneut eine Sitzung; denn in der Koalition und auch in der Unionsfraktion – wie man so hören und auch lesen kann – gibt es massive Widerstände gegen das, was Herr Altmaier und Herr Rösler gemeinsam auf den Tisch gelegt haben. Deswegen frage ich Sie an dieser Stelle: Halten Sie die Vorschläge, die Herr Altmaier und Herr Rösler gemacht haben – die Daten haben Sie ja gerade genannt –, für ausreichend, oder findet die Bundesregierung, dass man an diesen Vorschlägen Verbesserungen vornehmen muss? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zunächst muss ich sagen: Zu Beratungen der Koalitionsfraktionen kann ich hier keine Stellung nehmen. Das werde ich auch nicht tun. Der Tagesordnungspunkt heißt ja auch nicht Fraktionsbefragung, sondern Regierungsbefragung. Ich glaube, dass wir einen guten Entwurf vorgelegt haben. Wir bemühen uns aber, im laufenden Verfahren auch Anregungen aufzunehmen. Das finde ich bei diesem Punkt auch wichtig. Wir haben bei dem, was der Herr Minister gerade zum Thema Endlager gesagt hat, gelernt, wie wichtig es ist, frühzeitig Belange aus allen Teilen der Bundesrepublik mit aufzunehmen. Das tun wir. Es bleibt dem Parlament danach immer noch vorbehalten, weitere Veränderungen in das parlamentarische Verfahren einzubeziehen. In einem Punkt, Herr Kollege, sei mir eine andere Auffassung erlaubt: Sehr wohl ist es richtig, dass zunächst die Regierung einen Entwurf vorlegen muss; gleichwohl hängt aber auch wegen der überschaubaren verbleibenden Zeit in dieser Legislaturperiode einiges davon ab, dass der Bundesrat seinen Willen dokumentiert, mitzumachen und mitzuentscheiden. Tut er es nicht, dann wird das Gesetz unter die Diskontinuität fallen, was am Ende schade wäre. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Krischer auf: Wird die Bundesregierung Initiativen auf europäischer Ebene zum Beispiel im Rahmen der derzeit laufenden ILUC-Reform – ILUC: indirekte Landnutzungsänderung – unterstützen, die eine Streichung oder Veränderung des prioritären Netzzugangs für Strom aus erneuerbaren Energien in der europäischen Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (2009/28/EG) zum Ziel haben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene keine Initiativen unterstützen, die eine Streichung oder Änderung des prioritären Netzzugangs für Strom aus erneuerbaren Energien in der europäischen Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien – das ist die Richtlinie 2009/28/EG – zum Ziel haben. Ungeachtet dessen ist es in Deutschland und in Europa zwingend notwendig, dass wir den Rechtsrahmen so weiterentwickeln, dass wir im europäischen Verbund den stark wachsenden Anteil erneuerbarer Energien so effizient in die europäische Stromversorgung integrieren können wie nur möglich. In Deutschland versuchen wir aktuell mit verschiedenen Gesetzgebungsvorhaben im Netzbereich – insbesondere mit dem Bundesbedarfsplangesetz –, die Netzinfrastruktur zukunftsfähig zu gestalten. Auch die deutlich verbesserte Zusammenarbeit der europäischen Netzbetreiber unterstreicht, dass wir die Energiewende in Deutschland auch im europäischen Kontext beachten müssen. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese Auskunft, die mich sehr freut. Dennoch möchte ich noch einmal ganz konkret nachfragen: Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, die entsprechende EU-Verordnung im Rahmen der ILUC-Novelle zu verändern, was die Fragen des Netzzugangs und des Vorrangs der Einspeisung von erneuerbaren Energien angeht? Ich bitte um eine klare Aussage – ja oder nein. Das wäre mir wichtig. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, solche Überlegungen sind mir nicht bekannt. Der Erfolg unseres EEG besteht ja darin, dass der Einspeisevorrang und auch der Netzzugang entsprechend geregelt sind. Insofern haben wir jetzt auch keinen Anlass zu einer Änderung unserer Position. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Schwabe auf: Können nach Ansicht der Bundesregierung Unternehmen nach derzeit geltendem Recht in Deutschland Bohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie durchführen, bei der sie umwelttoxische oder gesundheitsgefährdende Chemikalien einsetzen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, es wird eine etwas längere Antwort, weil das Thema komplex ist. Die Aufsuchung oder Gewinnung von bergfreien Bodenschätzen – nur für die bergfreien Bodenschätze Erdöl, Erdgas oder Erdwärme kommt ja der Einsatz von Fracking-Technologie infrage – bedürfen einer sogenannten Bergbauberechtigung nach dem Bundesberggesetz, das heißt üblicherweise zunächst einer Erlaubnis für die Aufsuchung und nachfolgend einer Bewilligung für die Gewinnung. Die Aufsuchung oder Gewinnung ist zu versagen, soweit überwiegend öffentliche Interessen dem entgegenstehen. Zu den überwiegenden öffentlichen Interessen gehören nach der Rechtsprechung auch Umweltbelange – zum Beispiel das Wasserrecht, das Bodenrecht oder das Naturschutzrecht. Ob der Einsatz umwelttoxischer und gesundheitsgefährdender Chemikalien gegen diese Bestimmung verstößt, ist von der zuständigen Bergbehörde der Länder im jeweiligen Einzelfall anhand der Fracking-Fluide, die vor Ort verwendet werden oder auch nicht, sowie der geologischen Gegebenheiten zu prüfen. Sowohl für die Aufsuchung als auch für die Gewinnung von Bodenschätzen müssen darüber hinaus Betriebspläne aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen werden. In diesem Verfahren wird die Einhaltung abfall- und sonstiger allgemeiner umweltrechtlicher Vorschriften ein weiteres Mal geprüft. Ist mit Tiefbohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie auch eine Gewässerbenutzung verbunden, bedürfen die Bohrungen zudem der Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz. Eine Gewässerbenutzung liegt vor, wenn Stoffe in Gewässer entweder zielgerichtet eingeleitet oder eingebracht werden; eine Gewässerbenutzung liegt aber auch dann vor, wenn eine Maßnahme geeignet ist, in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Die wasserrechtliche Erlaubnis ist zu versagen, wenn schädliche, nicht vermeidbare oder ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind. Ob der Einsatz von Stoffen zu den genannten Gewässerveränderungen führen wird, ist ebenfalls von der zuständigen Bergbehörde im Einvernehmen mit der Wasserbehörde zu entscheiden. Die Länder haben zudem die Möglichkeit, nach dem Wasserhaushaltsgesetz das Fracking in Wasserschutzgebieten durch Verordnung generell zu verbieten, wenn es der Schutzzweck des betreffenden Wasserschutzgebietes erfordert. Präsident Dr. Norbert Lammert: Bitte sehr, Herr Kollege Schwabe, falls es da noch Zusatzfragen geben sollte. (Gisela Piltz [FDP]: Unbedingt! Er sieht wildentschlossen aus!) Frank Schwabe (SPD): Ich möchte die Antwort von zwei Minuten in fünf Sekunden zusammenfassen: Es ist nicht ausgeschlossen. – Das ist sozusagen die Realität. Im Gegensatz zu dem, was Sie gerade noch einmal versucht haben uns nahezubringen, ist es nicht der Bundesrat. Der Bundesrat hat im Übrigen eine Position beschlossen, an der Sie sich orientieren könnten. Dann könnten Sie sich sehr schnell mit ihm einigen. Es ist vielmehr die Bundesregierung, die nicht zu Potte kommt. Der Herr Bundesumweltminister Altmaier hat in einem Zehn-Punkte-Papier im letzten Jahr eine Lösung angekündigt, aber bis heute gibt es eine solche Lösung nicht. Ich möchte Sie noch einmal fragen: Ist es nicht so, dass in der Tat die Länder sich in rechtlich schwierigen Situationen befinden in dieser Frage und es zum Teil auch vom Wohlverhalten der Unternehmen abhängig ist, ob sie solche Maßnahmen anwenden oder nicht anwenden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Befugnisse der Wasserbehörden sind gegeben, und sie sind weitreichend, aber unser Ziel ist es, die Befugnisse der Wasserbehörden weiter zu stärken. Beispiel: In einem Trinkwasserschutzgebiet kann schon jetzt Fracking untersagt werden. Nicht geregelt sind Querbohrungen, also wenn man außerhalb eines Schutzgebietes bohrt, aber per Querbohrung möglicherweise ein Trinkwasserschutzgebiet erreicht. Wir schlagen vor, solche Dinge mit zu regeln. Wir schlagen darüber hinaus vor, dass Vorprüfungen und eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden und dass auch bei bestimmten Fördermengen bereits Vorprüfungen erfolgen sollen. Davon erhoffen und erwarten wir uns zusätzlichen Schutz und zusätzliche Sicherheit. Wir sind dabei, das abzustimmen. Noch einmal: Ich hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode – wir arbeiten daran – ein Gesetz vorlegen können. Frank Schwabe (SPD): Das mit der Hoffnung ist auch gut, und wir können auch alle gemeinsam beten, aber es liegt in Ihrer Verantwortung, in der Verantwortung der Bundesregierung, ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Ich habe noch eine Frage: Sehen Sie eigentlich eine ökonomische Notwendigkeit, sehr schnell in solche Verfahren einzutreten, oder wäre es nicht eigentlich eher geboten, wie es der Bundesrat vorgezeichnet hat, in einem abgestuften Verfahren zunächst einmal probeweise Fracking-Maßnahmen durchzuführen, diese wissenschaftlich abzusichern und zu sehen, ob die gesetzgeberischen Maßnahmen ausreichend sind, um dann erst in einigen Jahren zu einer endgültigen gesetzlichen Position und zu einer abschließenden gesetzlichen Lösung zu kommen? Mit anderen Worten: Sehen Sie eine ökonomische Notwendigkeit, solches Gas, das im Fracking-Verfahren gewonnen wird, sehr schnell einzusetzen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ob ein Vorhaben ökonomisch notwendig ist oder nicht, entscheidet nicht die Bundesregierung, sondern das Unternehmen. Die Unternehmen werden für sich feststellen, ob es sich lohnt, in Deutschland diese Technologie zu nutzen. Im Übrigen darf ich zum Ersten darauf hinweisen, dass wir konventionelle Erdgasgewinnung schon seit Jahrzehnten in Deutschland haben. Ich weise zum Zweiten darauf hin, dass es bei der Regelung nicht nur um Fracking zur unkonventionellen Erdgasgewinnung, sondern möglicherweise auch zur Gewinnung von Erdwärme geht; Erdwärme zählt ja nun ganz unzweifelhaft zu den erneuerbaren Energien. Ich könnte jetzt nur noch referieren, wie sich andere Länder verhalten. Das muss ich jetzt nicht tun; das alles werden Sie wissen. Die USA haben sich dafür entschieden, diese Möglichkeit zu nutzen. Aber wir sind nicht in den USA; wir sind in der Bundesrepublik Deutschland und haben unsere Gesetze so anzupassen, dass zwischen den Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger, einem hohen Wasserschutzniveau – dieses Schutzniveau wollen wir auch stärken – und ökonomischen Interessen ein guter Ausgleich gefunden wird. Das ist Ziel und Zweck dessen, was wir erarbeiten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, ich habe gerade mit großem -Interesse Ihre Überlegungen vernommen. Nach der gesetzlichen Regelung soll ausgeschlossen sein, dass beim Fracking Horizontalbohrungen, die mehrere Kilometer umfassen können, von außerhalb eines Trinkwasserschutzgebiets unter einem Trinkwasserschutzgebiet geführt werden können. Wenn ich die Gesetzentwürfe, die die Minister Rösler und Altmaier verabredet haben, richtig interpretiere, ist eine solche Regelung darin bisher nicht vorhanden. Kann ich davon ausgehen, dass dann, wenn Sie uns doch noch etwas vorlegen – die Hoffnung stirbt zuletzt; dass bisher nichts vorliegt, hat seinen Grund ja nicht darin, dass die Bundesländer da eine Rolle spielen, sondern darin, dass Sie sich in der Koalition nicht geeinigt haben; da hat der Kollege Schwabe völlig recht –, eine klare Regelung vorhanden sein wird, die ein solches Horizontalbohren unter Trinkwasserschutzgebieten untersagt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben eine solche Regelung intensiv diskutiert, ja. Was am Ende drinsteht, Herr Kollege, wird man sehen, wenn wir das Gesetz eingebracht haben. Wir halten das für richtig. Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Frage 8 der Kollegin Hendricks wird schriftlich beantwortet. Von daher rufe ich jetzt die Frage 9 des Kollegen Ott auf: Welche Kenntnisse und konkreten Zahlen liegen der Bundesregierung zu dem Ausmaß von für 2013 und 2014 geplante oder schon durchgeführte Stellenstreichungen in Deutschland im Bereich der erneuerbaren Energien vor (bitte Gesamtsumme und aufgeschlüsselt in Sparten angeben), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für die Durchführung und gegebenenfalls Beschleunigung der Energiewende angesichts der Berichterstattung zur geplanten Stellenkürzung bei namhaften Unternehmen, deren Werke bis zur Hälfte der Stellen abbauen wollen und dies mit der kriselnden Windenergiesparte begründen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Ott, die Entwicklung der Beschäftigung im Bereich der erneuerbaren Energien wird in einem laufenden Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit abgeschätzt. Entsprechende branchenbezogene Zahlen sind in einer aktuellen Kurzstudie zu finden, unter www.erneuerbare-energien.de veröffentlicht. Ich würde Ihnen den vollständigen Link schriftlich zukommen lassen; das vorzulesen, macht sich hier etwas schlecht. Im Kern zeigen die Zahlen, dass der Beschäftigungsrückgang bei der Photovoltaik weitgehend vom Beschäftigungsanstieg bei der Windenergie kompensiert wurde. Dabei ist bemerkenswert, dass im untersuchten Jahr 2012 sowohl bei der Photovoltaik als auch bei der Windenergie der Zubau in Deutschland auf Rekordniveau war. Die Ursache für die Probleme der Unternehmen ist also nicht in einem zu geringen Tempo bei der Energiewende in Deutschland zu suchen, sondern in den in beiden Branchen weltweit bestehenden Überkapazitäten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Kollegin. – Die Studie ist mir bekannt. Ich frage aus einem ganz konkreten und aktuellen Anlass. Die Firma Schaeffler hat in Wuppertal ein Werk mit 1 500 Beschäftigten. Sie hat jetzt angekündigt, dass sie 750 Beschäftigte entlassen will – aufgrund der Flaute in der Windenergiesparte. Meine Frage an Sie ist, ob Ihnen Hinweise darauf vorliegen, dass auch andere Windkrafthersteller derartige Schwierigkeiten haben und ob nach Ihrer Ansicht auch andere Gründe dahinterstehen wie zum Beispiel – das wird befürchtet – Produktionsverlagerungen ins Ausland. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Zahlen geben keinen Hinweis darauf, Herr Kollege. Wie gesagt, im letzten Jahr wurden Verluste in der PV-Branche durch gute Ergebnisse in der Windbranche kompensiert. Ich will jetzt keinem Unternehmen zu nahe treten, aber das scheint mir mittlerweile eine sehr gängig gewordene Begründung zu sein, auch dann, wenn es unternehmensinterne Probleme oder Fehlentscheidungen des Managements gab. Ob das konkret bei diesem Unternehmen der Fall ist, kann ich nicht sagen; ich möchte da um Gottes willen nicht missverstanden werden. Aber es scheint mittlerweile branchenüblich zu sein, die Energiewende oder einen angeblich nicht vorhandenen oder nicht schnell voranschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energie für einen Abbau von Beschäftigten verantwortlich zu machen. Ich persönlich halte dies für nicht besonders redlich. Ich war heute Morgen auf einer großen Windkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern. Die Windbranche boomt. Es werden Einstellungen, auch bei Zulieferbetrieben, vorgenommen. Es würde mir schwerfallen, eine solche Begründung zu akzeptieren. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage? Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, vielen Dank. – Konkret nachgefragt: Die Ankündigung der Firma Schaeffler, von den 1 500 Beschäftigten die Hälfte, also 750, wegen Auftragsschwierigkeiten entlassen zu wollen, scheint Ihnen nicht mit der Auftragslage in Deutschland begründet zu sein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das können wir zumindest nicht aus den Zahlen ablesen, Herr Kollege. Um ein paar Zahlen zu nennen: In der Photovoltaik – darin sind wir uns einig – gibt es globale Überkapazitäten. Die sind seit langem bekannt und in diesem Hause hinreichend diskutiert worden. Bei der Windenergie ist es ähnlich. Hier stehen Produktions-kapazitäten in Höhe von 80 Gigawatt einem Zubau von 45 Gigawatt gegenüber. Im Übrigen gehen Märkte zurück, die Sie möglicherweise nicht im Fokus haben. In China gab es 2012 ein Minus von 25 Prozent. Da die Unternehmen keineswegs nur für den deutschen oder europäischen Markt produzieren, sondern weltweit exportieren müssen, um zu überleben, müsste man, was die Begründung des Unternehmens angeht, nicht nur auf den deutschen Markt, sondern auch auf den Weltmarkt schauen. In den USA zum Beispiel begründet sich ein Rückgang von Windenergieinstallationen aus den eben diskutierten Shale-Gas-Vorkommen. In den USA ist es momentan unrentabler, in Wind zu investieren als in unkonventionelles Erdgas. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Ott auf: Wie ist der aktuelle Stand des geplanten Klubs der Energiewendestaaten, dessen Gründung nun im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages für Anfang Juni dieses Jahres angekündigt wurde, und inwieweit sehen die aktuellen Planungen die Schaffung eines Mehrwerts der geplanten Allianz im Vergleich zu bestehenden Institutionen und Initiativen vor? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, in seinem Klub möchte Herr Minister Altmaier Vorreiterstaaten im Bereich erneuerbarer Energien zusammenbringen. Dazu plant Minister Altmaier für Anfang Juni, verschiedene Vertreter solcher Vorreiterstaaten nach Berlin einzuladen. Dazu hat er bereits im Rahmen seiner Teilnahme an der jährlichen Versammlung der IRENA in Abu Dhabi im Januar 2013 informelle Konsultationen mit verschiedenen Vorreiterstaaten geführt und die Idee eines solchen Klubs diskutiert. Bei den aktuellen Planungen der Ausgestaltung wird die Schaffung des Mehrwerts des Erneuerbare-Energien-Klubs besonders beachtet. Beim Erneuerbare-Energien-Klub handelt es sich um eine politische Initiative, die nicht über neue Strukturen oder ein eigenes Sekretariat verfügen soll. Sie soll IRENA, die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, in der Deutschland aktives Mitglied ist, vielmehr politisch hochrangig unterstützen. Minister Altmaier steht dazu mit dem Generalsekretär von IRENA in engem Kontakt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Eine Nachfrage, bitte schön. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Haben Sie schon eine ungefähre Vorstellung davon, wer zu diesem Kreis gehören wird? Sieben oder acht Staaten wurden von Minister Altmaier bei der letzten Konferenz der Vertragsparteien eingeladen. Hat sich der Kreis mittlerweile vergrößert? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben Gespräche mit anderen Staaten geführt, unter anderem mit Indien. Das habe ich schon neulich im Umweltausschuss berichtet. Es stehen immer noch Konsultationen mit anderen Ländern aus. Aber bis zum 1. Juni ist noch ein wenig Zeit. Der Minister selbst telefoniert mit seinen Kolleginnen und Kollegen, um eine respektable Runde von Vorreiterstaaten zusammenzubekommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt würde ich doch gerne auf den zweiten Teil meiner Frage zurückkommen: Was soll denn der Mehrwert eines solchen Klubs sein? Sie haben IRENA und die Tatsache, dass der Minister mit dem Generalsekretär in Kontakt steht, angesprochen; das ist natürlich schön. Aber dies ist bereits ein breiter Zusammenschluss im Hinblick auf erneuerbare Energien. Was soll denn jetzt ganz konkret der Mehrwert des von Minister Altmaier geplanten Klubs sein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Hier geht es darum, ein politisches Momentum zur Unterstützung der erneuerbaren Energien in anderen Ländern zu schaffen, insbesondere hinsichtlich häufig festgefahrener Verhandlungen im Klimaschutzbereich. Es geht also nicht um Strukturen, sondern um ein politisches Momentum für erneuerbare Energien. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, das alles wäre nicht so schlimm – es versteht vielleicht auch keiner außer uns im Saal, worüber wir diskutieren –, wenn es nicht einer der zehn Punkte aus dem Zehn-Punkte-Programm wäre, das ich gerade schon angesprochen habe. Der Klub der Energiewendestaaten ist mit einem großen öffentlichen Brimborium vorgestellt worden, und wir merken: Die politische Substanz geht gegen null. Wenn man im Duden nachschlägt, was ein Klub ist, dann liest man dort: Es ist eine „Vereinigung von Menschen mit bestimmten gemeinsamen Interessen und Zielen“. Dort steht, es ist eine „Clique“ oder ein „Lokal, in dem regelmäßig Musiker, besonders Jazzmusiker auftreten“. Ihr Klub ist eigentlich gar nichts. Ihr Klub umfasst Gespräche, die auch bisher stattgefunden haben. Das ist auch vollkommen okay. Aber nennen Sie es dann nicht „Klub“, und machen Sie daraus keine große Medienkampagne! Ich frage Sie noch einmal: Wo ist die Substanz? Müssen Sie nicht eingestehen, dass es ein Marketing-Gag war, um im Zehn-Punkte-Programm tatsächlich auf zehn Punkte zu kommen, aber es am Ende keine politische Substanz hat? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Erst einmal vielen Dank für die Aufklärung über den Begriff „Klub“. Ich würde aus der Auswahl die erste Definition nehmen: das Zusammenkommen von Gleichgesinnten, und zwar von Einzelpersonen. Das ist nämlich der Unterschied zwischen staatlichen Strukturen und, wenn Sie so wollen, Political Leaders, also Personen, die in Regierungsverantwortung sind und sich vorgenommen haben, erneuerbare Energien nach vorne zu bringen. Immer mehr Staaten beziehen erneuerbare Energien in ihr Energieportfolio mit ein, mit unterschiedlicher Intensität. Wir sitzen mit allen in einem Boot, wenn es darum geht, im Bereich Klimaschutz gemeinsam voranzukommen. Wir wollen hier – ich sage es noch einmal – ein politisches Momentum schaffen. Eine Verknüpfung von erneuerbaren Energien und mehr Klimaschutz ist das Ziel dieser Idee, dieses Vorhabens. Präsident Dr. Norbert Lammert: Wir kommen zur Frage 11 des Kollegen Becker. Wo ist er? – Er ist nicht da. Also kommen wir nicht zu den Fragen 11 und 12 des Kollegen Becker. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Miersch. – Er ist auch nicht mehr da. Also kommen wir nicht zu den Fragen 13 und 14 des Kollegen Miersch. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Bei den Fragen 15 und 16 der Kollegin Kotting-Uhl ist die schriftliche Beantwortung vorher beantragt worden und erfolgt dann auch. Wir kommen zu den Fragen 17 und 18 des Kollegen Bollmann. – Den Kollegen Bollmann kann ich auch nicht sehen. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Röspel werden schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 21 und 22 des Kollegen Gerdes, die Fragen 23 und 24 des Kollegen Kaczmarek, die Frage 25 des Kollegen Wagner und die Fragen 26 und 27 des Kollegen Hagemann. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Frage 28 der Kollegin Koczy wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes. Die Frage 29 des Kollegen Hunko wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Frage 30 der Kollegin Koczy wird schriftlich beantwortet. Somit kommt wieder der Kollege Schwabe mit seiner Frage zum Zuge. (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an den Abg. Frank Schwabe [SPD] gewandt: Wie hast du das denn hingekriegt?) – Diese Art von scheinbarer Vorzugsbehandlung könnte man sich eigentlich patentieren lassen. Sie entspricht aber unserem Reglement; darauf will ich alle aufmerksam machen, die den Eindruck haben, hier gäbe es ein ungewöhnliches Verfahren. Ich rufe also die Frage 31 des Kollegen Schwabe auf: Wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur Regelung der unkonventionellen Förderung von Erdgas – Fracking – vorlegen? (Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Darf ich?) – Aber sicher dürfen Sie, Herr Kollege. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Gut, ich folge dem Präsidenten sehr gerne, und wenn er mir nicht das Wort erteilt – – Präsident Dr. Norbert Lammert: Der Parlamentarische Staatssekretär Otto legt zu Recht Wert darauf, dass ich darauf hinweise, dass sich diese Frage an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie richtet und dass der Parlamentarische Staatssekretär Otto liebenswürdigerweise zur Verfügung steht, diese Frage nun sachkundig, vollständig und abschließend zu beantworten. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich bin schwer beeindruckt. Die Bundesregierung antwortet dem Kollegen Schwabe: Derzeit prüfen und beraten die zuständigen Ministerien die eingegangenen Stellungnahmen der Länder und natürlich auch der Verbände. Deshalb ist momentan noch nicht einzuschätzen, ob in der verbleibenden, relativ kurzen Zeit, wie wir beide wissen, noch ein Gesetzentwurf vorgelegt werden kann. Präsident Dr. Norbert Lammert: Es gibt trotzdem eine Nachfrage. – Bitte schön, Herr Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Das ist jetzt wirklich spannend, Herr Staatssekre-tär. – Frau Reiche geht leider. Das ist aber in Ordnung; denn sie muss jetzt nicht antworten. – Ich hatte mich ursprünglich geärgert, dass meine Fragen zum Thema -Fracking auf zwei Bereiche verteilt worden sind: auf den Umweltbereich und den Wirtschaftsbereich. Jetzt finde ich dies aber besonders spannend; denn ich kann Ihnen nun dieselben Fragen stellen wie der Kollegin Reiche. Ich bin gespannt, ob ähnliche Antworten kommen. Die Kollegin Reiche hat gerade deutlich gemacht, dass sie zwar nicht über koalitionsinterne Verhandlungen berichten mag, dass aber aus ihrer Sicht Veränderungsbedarf bei den von den Ministern Altmaier und Rösler eingebrachten Vorschlägen besteht. Eine Frage in diesem Zusammenhang hat der Kollege Krischer gerade angesprochen: Die Frage der Horizontalbohrungen ist bisher nicht geklärt. Sehen Sie, wie die Staatssekretärin Reiche, auch Änderungsbedarf bei den Vorschlägen von Herrn Rösler und Herrn Altmaier? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Schwabe, ich werde zu den noch laufenden Auswertungen und Gesprächen zwischen den Häusern hier natürlich nicht öffentlich Stellung nehmen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass das Bundeswirtschaftsministerium sehr gerne noch in dieser Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen würde. Ich kann Ihnen auch verraten – aber das wird Sie jetzt nicht übermäßig beeindrucken –, dass wir – die betreffenden Häuser und letztlich auch die Bundesländer und die Verbände – uns einig sind, dass es eine absolute Priorität für den Schutz der Umwelt und des Trinkwassers geben muss. Wie wir das dann konkret umsetzen, darüber wird im Moment noch beraten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Inhalte interner Beratungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Fragestunde des Deutschen Bundestages ausgebreitet werden dürfen. Das ist das normale Verfahren. Sie können daher so lange fragen, wie Sie mögen – das ist Ihr gutes Recht –; aber es ist auch mein gutes Recht, das, was noch intern beraten werden muss, noch nicht auszubreiten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachdem wir jetzt wissen, wer welches gute Recht hat, erfahren wir, ob der Kollege Schwabe von seinem guten Recht, eine weitere Nachfrage zu stellen, Gebrauch machen will. Frank Schwabe (SPD): Gerne. – Das ist interessant. Natürlich ist es Ihr gutes Recht, intern alles Mögliche zu beraten. Das Spannende ist bloß, dass die Legislaturperiode ausläuft und wir immer noch keine gesetzlichen Grundlagen haben, was daran liegt, dass Sie nicht in der Lage sind, dem Bundestag entsprechende Gesetzesvorhaben zu präsentieren. Ich möchte Sie nach Ihrer Einschätzung bezüglich der aktuellen Rechtslage fragen. Wie ist diese heute, falls der Deutsche Bundestag keine Beschlüsse mehr fassen kann, weil es keine entsprechenden Vorlagen gibt? Meine konkrete Frage: Können nach Ansicht der Bundesregierung Unternehmen nach derzeit geltendem Recht in Deutschland Bohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie durchführen, bei der sie umwelttoxische oder gesundheitsgefährdende Chemikalien einsetzen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Schwabe, ich hatte Ihnen schon gesagt, dass das Bundeswirtschaftsministerium durchaus ein Interesse daran hat, eine Klärung herbeizuführen. Ich brauche nicht zu betonen – Sie sind mindestens genauso dicht dran wie ich –, dass es schon in den vergangenen Jahrzehnten, jedenfalls in den letzten Jahren, Fracking-Anwendungen in Deutschland gegeben hat. Daraus werden Sie messerscharf folgern können – die Logik ist klar –, dass die derzeit geltende Rechtslage die Anwendung von Fracking in gewissem Umfang und unter gewissen Voraussetzungen erlaubt. Das gemeinsame Interesse der Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Bundesländern und den Verbänden liegt darin, eine gewisse Rechtsklarheit zu bekommen und die Bedenken und die Gesichtspunkte, die in der Diskussion – auch von Ihnen – vorgebracht werden, zu berücksichtigen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Der Kollege Krischer möchte noch einmal nachfragen. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär Otto, herzlichen Dank für die Auskünfte. – Ich möchte ganz konkret nachfragen. Die Kollegin Staatssekretärin Reiche hat eben ausgeführt, dass sie – ich gehe davon aus, dass sie für das BMU gesprochen hat – große Sympathie dafür hat, den von den Ministern Rösler und Altmaier vorgelegten Entwurf dahin gehend zu verändern, dass die Horizontalbohrungen außerhalb von Trinkwasserschutzgebieten nicht unter Trinkwasserschutzgebiete geführt werden können. Das ist eine relevante Frage, da solche Horizontalbohrungen mehrere Kilometer umfassen können. Wie steht das BMWi zu dieser Frage, wenn das BMU das befürwortet? Können wir davon ausgehen, dass sich eine solche Regelung in dem vorzulegenden Gesetzentwurf wiederfinden wird, da ein zuständiges Haus dies schon befürwortet? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Kollege Krischer, es gibt jetzt zwei Alternativen: Entweder Sie haben mir nicht zugehört, als ich auf die Frage des Kollegen Schwabe geantwortet habe, oder Sie wollen mich in unziemlicher Weise zu einem Verhalten veranlassen, das ich zuvor ausgeschlossen habe. Ich habe dem Kollegen Schwabe gesagt – und ich sage es auch Ihnen –, dass das Gegenstand interner Abstimmungen ist, zu denen ich zu diesem Zeitpunkt nicht Stellung nehmen möchte und auch nicht Stellung nehmen kann. Dabei bleibt es. Offensichtlich haben Sie das Vertrauen verloren, dass Sie nach der nächsten Bundestagswahl hier als rot-grüne Koalition die Verantwortung tragen. Wenn Sie diesen Glauben noch hätten, dann würden Sie sagen: Das ist doch fein; lasst uns bis nach der Bundestagswahl warten. Dass Sie uns jetzt drängen, noch vor der Bundestagswahl etwas vorzulegen, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten schon drei Jahre!) lässt für mich Rückschlüsse auf Ihre Erwartungen und Hoffnungen in Bezug auf die Bundestagswahl zu. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nicht Ihre Aufgabe als Staatssekretär!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Jedenfalls gibt es keine für Glaubensfragen zuständigen Bundesministerien, sodass sich hier Nachfragen erübrigen. Wir schließen damit diesen Teil der Befragung ab. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts auf. Die Fragen 32 und 33 des Kollegen Movassat, die Frage 34 der Kollegin Cramon-Taubadel, die Fra-gen 35 und 36 des Kollegen Koenigs und die Frage 37 der Kollegin Da?delen werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 38 des Kollegen Ströbele auf, der mit einer bemerkenswerten zeitlichen Präzision rechtzeitig zur Beantwortung seiner Frage hier im Plenarsaal eingetroffen ist: Haben die Bundesregierung und die ihr unterstellten Militär- und Sicherheitsbehörden nach der unzureichenden Antwort auf meine schriftliche Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 17/12582 zum Thema nunmehr nach Auswertung aller zugänglichen Informationen insbesondere auch aus der Luftüberwachung durch Flugzeuge, Drohnen oder Satelliten Erkenntnisse zum Mohnanbau in Afghanistan, inwieweit inzwischen Anbaufläche und Produktionsmenge eine Größe erreicht haben, die höher ist als je zuvor seit Beginn des Krieges, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass damit auch die Bekämpfung des Anbaus von und des Handels mit Opium und Heroin durch afghanische und ISAF-Sicherheitskräfte total gescheitert ist auch angesichts dessen, dass die Weltnachfrage nach diesen Drogen wieder zu mehr als 90 Prozent aus Afghanistan (Spiegel Online vom 15. April 2013) gedeckt wird? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie haben recht, Herr Präsident. Ich bin genauso beeindruckt wie Sie. Das war eine Punktlandung vom Abgeordneten Ströbele, dessen Frage ich wie folgt beantworte: Die Bundesregierung stützt ihre Datenlage zur Drogensituation in Afghanistan, wie Sie wissen, primär auf Erkenntnisse der Vereinten Nationen, in diesem Fall speziell auf die Berichte des Büros der Vereinten Nationen zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung, UNODC. Insoweit erhebt sie keine eigenen Daten. Dieser Hintergrund wurde Ihnen, Herr Abgeordneter, bereits in einer Antwort auf Ihre schriftliche Frage vom Februar 2013 mitgeteilt. Einzelheiten zu darüber hinausgehenden Quellen entnehmen Sie bitte einem Schreiben, das in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt ist. Der letzte VN-Bericht wurde am 15. April 2013, also deutlich nach Ihrer Februaranfrage, veröffentlicht. Er enthält bereits Schätzungen zum Umfang des Schlafmohnanbaus in Afghanistan für das Jahr 2013, weist aber auch darauf hin, dass endgültige Zahlen zur Produktion von Opium erst nach Auswertung der Ernteergebnisse vorliegen können. Auch in diesem Jahr ist ein Anstieg der Anbauflächen zu erwarten. Insoweit wird Afghanistan voraussichtlich der weltweit größte Opiumproduzent bleiben. Die Bundeswehr hatte nie ein Mandat, im Bereich der Drogenbekämpfung tätig zu sein. Die im Aufbau befindlichen afghanischen Sicherheitskräfte, speziell die Polizei, müssen sich in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln und ihre Fähigkeiten zur Drogenbekämpfung verbessern. Präsident Dr. Norbert Lammert: Bitte sehr, Herr Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatsministerin, Sie können davon ausgehen, dass mir meine früheren Fragen und die Antworten der Bundesregierung bekannt sind. Weil ich Zweifel an den Zahlen habe, die Sie mir vor etwa einem Monat geschickt haben, habe ich Sie ganz konkret gefragt und gebeten, mir nicht nur die Zahlen der Bundesregierung zu nennen, sondern auch Zahlen bei nachgeordneten Behörden abzufragen, um mir zu bestätigen – nach meinen Informationen ist das nämlich so –, dass der Opiumanbau in Afghanistan inzwischen ein nie gekanntes Maß erreicht hat. Das lässt nach elf Jahren Drogenanbaubekämpfung doch nur den Schluss zu, dass ebenjene gescheitert ist. Warum beantworten Sie diese Frage nicht, sondern reden darum herum? Dass die Bundesregierung nicht entsprechend beauftragt war usw., das ist mir alles bekannt. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, ich sagte bereits, dass Afghanistan bedauerlicherweise weiterhin der weltweit größte Produzent von Opium, Heroin und Cannabis ist. Ich kann Ihnen gerne noch einmal die konkreten Zahlen aus dem vom UNODC veröffentlichten Afghanistan Opium Survey 2012 nennen: Auf einer Fläche von 154 000 Hektar wurde Schlafmohn angebaut, aus dem etwa 3 700 Tonnen Opium produziert wurden. Damit stieg die Drogenanbaufläche im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent. Das bestätigt Ihre These, auch wenn Sie andere Angaben haben, wie Sie eben noch einmal erläutert haben. In dem Bericht stand allerdings auch, dass der Ertrag aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse und Pilzbefalls um 36 Prozent gesunken ist und dass er damit zwar geringer als 2011, aber immer noch sehr hoch war. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben meine Frage wieder nicht beantwortet. Die Zahl von 154 000 Hektar Mohnanbaufläche haben Sie mir schon einmal genannt; die kenne ich. Ich halte diese Zahl nicht für richtig. Sie ist erheblich höher. Es sind nahezu 200 000 Hektar Opiumanbaufläche. Können Sie mir bestätigen, dass dies die mit Abstand höchste Zahl seit elf Jahren ist, also seit die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz ist, sei es im Rahmen von ISAF, sei es im Rahmen des Enduring-Freedom-Mandats? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich gehe davon aus, dass ich Ihnen die Frage beantwortet habe. Es ist Ihr gutes Recht, andere Ansichten zu diesen Zahlen zu haben. Sie haben selbst gesagt, dass Sie andere Quellen haben. Ich bin auch gerne bereit, Ihnen Einsicht in die Anlage, die sich als Verschlusssache in der Geheimschutzstelle befindet, zu gewähren. Sie können als Abgeordneter jederzeit Einsicht nehmen. Wir stellen mit großer Sorge fest, dass sich die Größe der Anbaufläche nicht verringern lässt, obwohl man in Afghanistan versucht, dem Problem durch die Beseitigung von Drogenanbauflächen zu begegnen. Das ist aber in erster Linie eine Aufgabe der afghanischen Regierung. Wir können mithelfen, die afghanische Regierung zu befähigen, Drogenanbau und Drogenhandel zu bekämpfen. Sie wissen, dass das Auswärtige Amt vier Drogenbekämpfungsprojekte für Afghanistan mit einem Umfang von über 1 Million Euro bewilligt hat. Deutschland hat auch den Bau eines Drogenlabors für das Hauptquartier der Counter-Narcotics Police Afghanistan, CNPA, in Kabul finanziert. Ich glaube, dass dies der richtige Weg ist, um dem Problem zu begegnen, auch wenn ich weiß, dass es bei weitem nicht ausreicht. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Misserfolg!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfragen dazu liegen jedenfalls jetzt nicht vor. Die Fragen 39 und 40 der Kollegin Hänsel sollen nun auch schriftlich beantwortet werden. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Ich rufe die Frage 41 des Kollegen Beck auf: Wie viele afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr oder deutsche Organisationen in Afghanistan arbeiten, haben seit 2002 einen Asylantrag in Deutschland gestellt, und wie wurden diese jeweils beschieden (bei Ablehnung bitte jeweils begründen)? Ich bitte den Parlamentarischen Staatssekretär Ole Schröder, sie zu beantworten. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Seit dem Jahr 2002 haben mehr als 32 000 afghanische Staatsangehörige beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, einen Asylantrag gestellt. Die erfragten Hintergründe zu Asylantragstellern bzw. die jeweiligen Gründe für eine Asylantragstellung werden beim BAMF nicht statistisch erhoben. Daher können konkrete Aussagen darüber, wie viele afghanische Ortskräfte, die seit 2002 für deutsche Stellen in Afghanistan gearbeitet haben, in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nicht getroffen werden. Nach Schätzungen des BAMF liegt die Zahl der ehemaligen Ortskräfte, die im Jahr 2012 in Deutschland Asyl beantragt haben, im niedrigen zweistelligen Bereich. Präsident Dr. Norbert Lammert: Bitte schön, Herr Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, es gibt ja im Zusammenhang mit dieser Frage auch eine innenpolitische Diskussion darüber, ob man den Ortskräften in Afghanistan, die für die Bundeswehr oder für die deutschen Entwicklungsdienste tätig waren, nicht grundsätzlich die Aufnahme anbieten muss, falls sie wegen ihrer Zusammenarbeit mit deutschen Stellen unter Druck kommen. Es ist eigentlich Usus bei Auslandseinsätzen, dass man, wenn man abzieht, den Menschen, die mit einem zusammenarbeiten und die dadurch gegebenenfalls gefährdet sind, anbietet, mitzugehen. Deshalb würde mich schon interessieren, wie viele einen solchen Antrag gestellt haben. Insbesondere interessiert mich – ich hatte danach gefragt; darauf möchte ich eine Antwort haben –, in wie vielen Fällen Anträge auf Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland von Ortskräften gestellt wurden und wie viele dieser Anträge bislang entweder nicht beschieden oder abgelehnt wurden und aus welchen Gründen dies gegebenenfalls so ist. Ich beziehe mich noch einmal auf meine Ausgangsfrage und bitte um vollständige Beantwortung. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Wir machen genau das, was Sie eben von der Bundesregierung verlangt haben: Wir stellen den Ortskräften, die in Afghanistan Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sind, in Aussicht, dass sie nach Deutschland kommen dürfen. Aber das muss natürlich nach einer Einzelfallprüfung festgestellt werden. Bisher haben 24 Ortskräfte des Verteidigungsministeriums und 3 Ortskräfte des Bundesministeriums des Innern um eine Prüfung und Bewertung ihrer persönlichen Situation vor dem Hintergrund einer möglichen Bedrohung gebeten. Dies wird jetzt im Einzelfall geprüft werden. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nächste Zusatzfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich möchte Sie bitten, uns über die jeweiligen Verfahrensstände zu informieren. Gibt es schon Aufnahmezusagen? Gibt es Ablehnungen? Wie viele von diesen 27 Verfahren, die Sie jetzt genannt haben, sind noch in der Schwebe? Ich darf in diesem Zusammenhang darum bitten, dass Sie versuchen, die nächste Frage zur NPD, die schriftlich beantwortet wird, diesmal – ich stelle sie zum zweiten Mal – vollständig zu beantworten. Denn sonst muss ich Sie als Verfassungsorgan gegebenenfalls im Rahmen einer Organklage zur Auskunft verpflichten. (Gisela Piltz [FDP]: Jetzt sofort? Wohl nicht sofort, oder?) Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Bisher sind 15 Fälle geprüft worden. Dabei handelt es sich noch nicht um eine formelle Antragstellung. In einem aktuellen Fall wurde die Gefährdungssituation bereits so bewertet, dass eine Aufnahme nach Deutschland möglich sein wird. Präsident Dr. Norbert Lammert: Der Kollege Ströbele möchte dazu noch eine Zusatzfrage stellen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau. Danke, Herr Vorsitzender. – Herr Staatssekretär, ich frage mich – und gebe die Frage an Sie weiter –, mit welcher Begründung eigentlich jetzige oder bald ehemalige Mitarbeiter der Bundeswehr oder anderer deutscher oder alliierter Stellen in Afghanistan einen Asylantrag stellen, zum Beispiel die 27, die Sie genannt haben. Denn die Sicherheitslage in Afghanistan wird nach Angaben der Bundesregierung ständig besser und soll bis zum Ende des Jahres 2014 so gut sein, dass die afghanischen Sicherheitsbehörden die Sicherheit der Bevölkerung garantieren können. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Inwieweit eine Gefährdungslage für einzelne Ortskräfte besteht, muss im Einzelfall geprüft werden. Das hängt auch davon ab, in welcher Region sie sich befinden. Das kann man nicht pauschal beurteilen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Frage 42 des Kollegen Volker Beck soll schriftlich beantwortet werden. Das gilt auch für die Fragen 43 und 44 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter, für die Fragen 45 und 46 des Kollegen Lars Klingbeil, für die Fragen 47 und 48 der Kollegin Brigitte Zypries, die Fragen 49 und 50 des Kollegen Gerold Reichenbach, die Fragen 51 und 52 des Kollegen Michael Hartmann sowie die Fragen 53 und 54 der Kollegin Kirsten Lühmann. Diese waren alle dem Innenministerium zugedacht. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Frage 55 des Kollegen Dr. Tobias Lindner und die Frage 56 der Kollegin Sevim Da?delen sollen schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zum Bereich des Bundesministeriums der Finanzen. Die Fragen 57 und 58 des Kollegen Manuel Sarrazin, die Fragen 59 und 60 der Kollegin Dr. Barbara Höll sowie die Fragen 61 und 62 des Kollegen Dr. Axel Troost sind allesamt zur schriftlichen Beantwortung angemeldet. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Ich darf den Parlamentarischen Staatssekretär Ralf Brauksiepe bitten (Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär: -Keiner da!) – tja –, (Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär: Ich wäre aber da gewesen!) die mitgebrachten Antworten sorgfältig zu verwahren, weil nicht auszuschließen ist, dass eine ähnliche Frage neu gestellt wird und dann tatsächlich beantwortet werden muss. Die Fragestellerin der Fragen 63 und 64 ist die Kollegin Anette Kramme. Da die Kollegin nicht im Saal ist, wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 65 des Kollegen Arfst Wagner wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zu den Fragen 66 und 67 der Kollegin Ulla Jelpke. Da sie nicht anwesend ist, wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Damit ist dieser Geschäftsbereich in der gerade beschriebenen Weise heute abgehandelt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf. Ich begrüße die Kollegin Behm, die immer noch da ist, und freue mich, dass der Parlamentarische Staats-sekretär – – (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sich versteckt hat!) – Wo ist er? – Er ist nicht da. Kann der Herr Staatsminister oder sonst jemand aushelfen? – Auch nicht. Dann schauen wir einmal – Frau Behm, haben Sie noch einen Augenblick Zeit? –, (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber natürlich!) ob wir dieses Problem möglicherweise durch Umstellung der Reihenfolge lösen können. Dann kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Da Frau Evers-Meyer nicht anwesend ist, wird bei den Fragen 69 und 70 so verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Aber der Kollege Ströbele ist da. Daher rufe ich die Frage 71 des Kollegen Ströbele auf: Welche Planung haben Bundesregierung und Bundeswehr für den Einsatz deutscher Streitkräfte in Afghanistan für die Zeit nach Ende 2014, wenn bis dahin die Sicherheitslage in Afghanistan nicht gut ist oder wieder schlechter wird und die afghanischen Sicherheitskräfte nicht oder nicht mehr in der Lage sind, die Sicherheit der Bevölkerung ausreichend zu garantieren, und wie soll nach Auffassung der Bundesregierung die Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan zum Jahreswechsel 2014/2015 und danach verbindlich vorgenommen werden? Ich bitte den Parlamentarischen Staatssekretär Schmidt, die Frage zu beantworten. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, im Sinne einer kameradschaftlichen Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung (Heiterkeit der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) und in freudiger Wahrnehmung der Präsenz des Kollegen Ströbele erlaube ich mir, diese Frage, die er, wenn ich es richtig sehe, in gewisser Weise in Anknüpfung an die Nachfragen, die er bereits der Kollegin Staatsministerin Pieper, also den Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amts betreffend, gestellt hat, wie folgt zu beantworten: Die aktuellen Planungen der NATO bezüglich einer NATO-geführten Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission berücksichtigen die Entwicklungen in Afghanistan und die Planungen der Bundeswehr, die einer endgültigen Festlegung der Planungen der NATO vorgreifen. Der Bundesminister der Verteidigung und der Bundesaußenminister haben letzte Woche die in den Bedingungen einer entsprechenden Konzeption genannten Zahlen und den Rahmen der Ausbildungsmission dargestellt. Es geht um 600 bis 800 Soldaten, die im Wesentlichen ausbilden sollen. Wir gehen davon aus – das ist eine der Bedingungen –, dass die Ziele des fortschreitenden Aufbaus der afghanischen Sicherheitskräfte und der Übernahme der Sicherheitsverantwortung im Rahmen der Umsetzung der sogenannten Transitionsziele erreicht werden. Der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte – ein ganz wichtiger Aspekt, um dafür zu sorgen, dass die -afghanische Seite die Sicherheitsverantwortung wahrnehmen kann – nähert sich, was den Personalumfang betrifft, der Zielgröße von 352 000 Soldaten. Es ist beabsichtigt, diese Personalstärke bis zum Jahre 2018 beizubehalten. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung in ihrem planerischen Vorschlag erst einmal von einem Zeitraum von zwei Jahren ausgeht; das heißt, es geht um die Jahre 2015 und 2016. Eine weitergehende Vorausschau im Hinblick auf die Sicherheitslage zu geben, würden Sie weder von mir verlangen, noch wäre ich in der Lage, sie zu geben, ohne ins Spekulative zu geraten. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben gegenwärtig schon 85 Prozent des Landes in eigene Sicherheitsverantwortung übernommen. Im Norden, dem Verantwortungsbereich der Bundeswehr, ist die Übernahme bereits in allen Distrikten erfolgt. Die derzeit deutlich – – Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Staatssekretär, Sie achten bitte auch gelegentlich auf die Zeit, ja? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Selbstverständlich, Herr Präsident. – Die Planungsannahmen stimmen deswegen grundsätzlich überein: Wir gehen davon aus, dass sich die Sicherheitslage in Richtung einer gewissen Stabilität so entwickelt, dass es verantwortbar ist, dass wir mit der Ausbildungsmission in Afghanistan nach 2014 beginnen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, die Zahl 315 000 ist mir auch bekannt; davon können Sie ausgehen. Meine Frage: Können Sie bestätigen, dass bei den Sicherheitskräften, die derzeit in Afghanistan ausgebildet sind, jedes Jahr ein Schwund von etwa einem Drittel der Mannschaftsstärke festzustellen ist? Geben Sie mir recht, dass, wenn das der Fall ist, zu befürchten ist, dass nach dem Abzug der alliierten Truppen entweder wieder ein schrecklicher Bürgerkrieg entsteht oder die NATO und die internationalen Kräfte dort bleiben? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Ströbele, die Zahlen kann ich nicht bestätigen. Wir haben allgemeine Informationen über einen gewissen Schwund. Ich würde Ihnen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, die aktuellen Zahlen – soweit sie uns zugänglich sind – noch zuleiten wollen. Man muss differenzieren zwischen der Entwicklung bei den afghanischen Streitkräften und bei der afghanischen Polizei; dort gab es, wie wir wissen, eine Zeit lang in der Tat eine sehr hohe Schwundquote. Man muss auch insgesamt differenzieren – Sie gestatten, dass ich den Blick auf den Norden Afghanistans richte –: Wir haben im Norden eine relative Stabilität der afghanischen Streitkräfte: Das 209. afghanische Korps, das im Wesentlichen der Partner bei der Sicherheitsgewährleistung im Norden ist, ist ein stabiles und in der partnerschaftlichen Arbeit durchaus gutes Korps. Sie wissen, dass wir die Frage der Innentäter – ich suche nach einem Wort – im Griff behalten, wir zumindest bisher erfreulicherweise feststellen können, dass solche Vorfälle eine absolute Ausnahme darstellen. Es wird notwendig sein, dass wir uns über die Fragen der Erkenntnisgewinnung, Nachrichtengewinnung, Information auch immer ein aktuelles Bild von der Sicherheitslage verschaffen, auch 2015 und 2016. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Ströbele, Sie haben eine zweite Nachfrage. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben wieder meine Frage nicht beantwortet. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das war nicht meine Absicht! Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich will sie jetzt noch einmal in anderer Form stellen: Ist die Bundesregierung bereit, angesichts dessen, dass die Vorhersagen bezogen auf den Erfolg des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan seit 2011 und der NATO insgesamt – Enduring Freedom und ISAF – nicht eingetroffen sind, einzuräumen, dass auch hier zumindest die Möglichkeit oder hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Voraussage wieder nicht zutrifft? Hat die Bundesregierung für den Fall, dass ihre Sicherheitsvoraussage nicht eintritt, irgendwelche Pläne? Oder ignorieren Sie das und sagen: „Wir schauen uns das am 1. Januar 2015 an, und dann überlegen wir neu“? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich will mich entschuldigen, wenn ich Ihre Frage nicht beantwortet haben sollte. Ihre „Stimmen Sie mir zu“-Anfragen beantworte ich allerdings so nicht. Ich versuche, zu differenzieren: Ich stimme Ihnen insoweit zu, als es – so habe ich Sie auch verstanden – notwendig ist, dass die Sicherheitslage genau analysiert wird. Ich habe mir in meiner langjährigen politischen Arbeit und aufgrund meiner Lebenserfahrung angewöhnt, Prognosen über Entwicklungen – in Afghanistan und anderswo – große Skepsis entgegenzubringen. Denken Sie an die Tatarenmeldungen in Afghanistan. Ich erinnere an den bildhaften Satz einer verantwortlichen Kirchenführerin: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ – Der war falsch und daneben. Das gilt genauso für die Vorstellung, in Afghanistan würde sozusagen ein irdisches Paradies entstehen. Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte und ist in den Regionen unterschiedlich. Wir werden uns die Mühe machen, die Sicherheitslage Punkt für Punkt zu beurteilen, und dann – ich würde mich freuen, wenn Sie das so akzeptieren würden – ein Stück auch auf Voraussehbarkeit und Sicht zu fahren. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen heute eine Prognose dafür zu geben, wie sich Afghanistan bis 2020 sicherheitsmäßig entwickeln wird. Ich bin allerdings mit einem gewissen Optimismus ausgestattet, sodass ich sagen kann, dass sich das, was sich in den letzten elf Jahren in Afghanistan entwickelt hat, heute räsonabel und erträglich darstellt. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Volker Beck hat eine Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor dem Hintergrund, den Sie gerade geschildert haben, dass es schwer ist, eine Sicherheitsprognose für die Zukunft abzugeben, will ich wissen, wie die Bundeswehr mit ihren Ortskräften umgeht und ob sie sie darüber informiert, dass es Aufnahmemöglichkeiten in Deutschland gibt. Wie stellen Sie den Ortskräften der Bundeswehr die Aussicht auf Erfolg bezüglich dieser Aufnahmemöglichkeiten in Deutschland jeweils dar? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben dem Kollegen Schröder, BMI, ja eine Frage gestellt, die in diese Richtung ging, und mit der Androhung juristischen Ungemachs auch Zahlen herausverlangt; ich darf das so feststellen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bezog sich auf die NPD-Frage, die leider nicht mündlich beantwortet werden konnte!) – Ich habe mich auf die Zahlen hinsichtlich der Asylbewerber bzw. der behandelten Fälle von Ortskräften in Afghanistan sowohl des BMI als auch des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums der Verteidigung bezogen. Ich kann Ihnen hier nicht mit einer Antwort dienen, weil es bei Ihrer Zusatzfrage eigentlich nicht um das Sicherheitsszenario ging, was ja, Herr Präsident, bei strenger Bewertung des zulässigen Inhalts von Zusatzfragen der Fall sein müsste. Ich biete allerdings an, die Zahlen nachzuliefern, damit Sie mir nicht auch juristisches Ungemach androhen oder eventuell auch noch das Bundesverfassungsgericht bemühen müssen, das sich ja häufiger mit Klagen aus dieser Stadt befassen muss. (Iris Gleicke [SPD]: Das steht Ihnen nicht zu! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Klarstellung, Herr Präsident!) Vizepräsident Eduard Oswald: Das kann nur eine Klarstellung und keine Nachfrage sein. Einen Satz, bitte, Kollege Volker Beck. Sie kennen die Geschäftsordnung und wenden sie ja ununterbrochen an. Insofern wissen Sie, was Sie zu tun haben. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Und zu lassen!) Bitte schön. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und ich weiß natürlich, dass der Präsident die Sitzung leitet. Ich wollte nur zwei Sachen klarstellen: Meine Einlassung bezüglich der Organklage bezog sich darauf, dass die Bundesregierung die Frage zum NPD-Verbotsverfahren endlich wahrheitsgemäß und umfassend beantworten soll, weil sie entsprechend gestellt wurde. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Beck, dann nehme ich das mit dem Ausdruck der Erleichterung zurück. Vizepräsident Eduard Oswald: So geht es natürlich nicht. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von Ihnen hatte ich nicht Zahlen erfragt, sondern ich hatte darum gebeten, zu sagen, was Sie den Ortskräften sagen, was sie machen können, um eine Aufnahme hier bewilligt zu bekommen, und wie Sie die Aussichten darstellen. Die Zahlen hat der Herr Kollege Schröder genannt. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt Herr Staatssekretär, und dann ist dieser Punkt beendet. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Bevor wir jetzt allgemein erleichtert sind, darf ich sagen: Diese schwierige Frage, die Sie stellen, ist existenziell für unsere Ortskräfte. Ich darf mich insofern aber doch der Antwort des Kollegen Schröder anschließen, dass wir eine Einzelfallprüfung vornehmen werden. Zum Zeitraum, nach dem Sie fragen: Das geschieht natürlich, bevor Afghanistan eine andere Sicherheitsstruktur erhält. Der Rahmen ist bis 2014 gesteckt. Wir wollen uns nach pflichtgemäßem Ermessen und im Bewusstsein einer gewissen Vorsorgeverantwortung für die für uns tätigen afghanischen Kräfte dann auch so zügig wie möglich entscheiden. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Jetzt springen wir, wie wir vorhin vereinbart haben, zurück in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerd Müller zur Verfügung. Ich rufe die Frage 68 unserer Kollegin Cornelia Behm auf: Welche Schlussfolgerungen für die Agrarstrukturpolitik zieht die Bundesregierung aus der von ihr in Auftrag gegebenen Studie des Thünen-Instituts, der zufolge der Einfluss von Kapitalanlegern in der ostdeutschen Landwirtschaft gewachsen ist und voraussichtlich weiter wachsen wird, und mit welchen Mitteln will sie den negativen Aspekten dieser Entwicklung, wie zum Beispiel dem verstärkten Arbeitsplatzabbau und den Spezialisierungstendenzen, die dem Ziel zuwiderlaufen, Stoff- und Produktionskreisläufe zu schließen, begegnen? Herr Müller, ich bitte Sie, zu antworten. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Herr Präsident. – Entschuldigung, dass ich eben einige Sekunden zu spät gekommen bin. Frau Behm, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Das Thünen-Institut hat im Auftrag des BMELV und auf Bitte der Agrarministerinnen und Agrarminister der Länder den Entwurf eines internen Zwischenberichts der Studie zu Ausmaß und Entwicklung des Erwerbs von Kapitalanteilen durch nichtlandwirtschaftliche Investoren und landwirtschaftliche Unternehmen vorgelegt. Der verschärfte Wettbewerb um Eigentum und Flächenbewirtschaftung ist ein allgemeiner Trend, an dem auch viele erfolgreiche landwirtschaftliche Unternehmen teilnehmen. In vielen Betrieben haben die Anteilskäufe positive Effekte, bedeuten meist eine verstärkte Investitionstätigkeit, eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung von Arbeitsplätzen. In anderen Betrieben kommt es zu Spezialisierungstendenzen, beispielsweise im Biogasmarkt und bei der Fruchtveredelung, zu Rationalisierungen und auch zu einem Abbau von Arbeitskräften. Im Hinblick auf mögliche Konsequenzen sind in diesem Fall insbesondere die Länder gefragt, denen in der Föderalismusreform I im Jahr 2006 die Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Grundstücksverkehrsrecht übertragen wurde. Die Länder sind auch deshalb gefragt, weil Ergebnisse der Studie belegen, wie unterschiedlich die Situation auf dem Bodenmarkt in den einzelnen Regionen ist. Das Ganze ist kompliziert, aber Sie, Frau Behm, haben es verstanden; denn Sie sind die Fachfrau dafür. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Behm hat die erste Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Zusammenhang mit dem Vorliegen dieser Studie wurde darauf hingewiesen, dass das Agrarressort, also Ihr Ressort, eine Bewertung dieser Entwicklung vermeidet und auf positive und negative Effekte, wie Sie sie gerade angeschnitten haben, verweist. Ich meine schon, dass der Verweis auf die Zuständigkeit der Bundesländer insofern nicht ausreicht, als Sie als zuständiges Ressort durchaus eine Meinung dazu haben könnten. Ich finde, Sie sollten zum Ausdruck bringen, was aus Ihrer Sicht auf Landesebene sinnvollerweise umzusetzen wäre. Es gibt ja das Grundstücksverkehrsgesetz, das Verpachtung und Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke regelt. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung nicht sinnvoll und notwendig, die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigungspflicht auf die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen landwirtschaftlicher Unternehmen auszuweiten? Bisher geht es ja immer nur um Grundstücke. Hier wäre jetzt die Frage: Kann man das Ganze auf Gesellschaftsanteile ausweiten? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin, diese Frage ist natürlich interessant. Ich muss Sie noch einmal darauf verweisen, dass wir es hier eben mit der Gesetzgebungskompetenz der Länder für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu tun haben. Im Föderalismus wäre vieles zwar wünschenswert – etwa die Stärkung der Bundeskompetenz –, aber so ist das nun einmal. Wir haben uns – das möchte ich Ihnen gerne zur Kenntnis geben; vielleicht haben Sie es noch nicht erfahren – auf der Amtschef- und Agrarministerkonferenz vom 10. bis 12. April 2013 in Berchtesgaden zusammen mit den Bundesländern mit diesem Thema sehr ausführlich beschäftigt. Es gibt dazu einen umfassenden Bericht. Darin wird unter anderem auf die Positionierung der Länder eingegangen. Das ist ein Thema, das wir mit den Ländern besprechen müssten. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Behm, Sie haben die Möglichkeit, eine zweite Nachfrage zu stellen. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich gebe zu, es ist so, dass das Grundstücksverkehrsrecht in die Hoheit der Länder übergegangen ist. Es wird leider viel zu wenig angewendet. Aber die Bundesregierung hat ja immerhin über die Privatisierungsgrundsätze mit der Hoheit über die BVVG-Privatisierungstätigkeit ein gewisses Aktionsfeld, mit dem sie immer noch Einfluss auf die Entwicklung der Agrarstrukturen, zumindest in Ostdeutschland, nehmen kann. Sie hat damit die Möglichkeit, diskriminierungsfreie Regelungen zum Direkterwerb und zu den Ausschreibungen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass vor allem kleine Betriebe, die für Kapitalanleger weniger interessant sind, bei den Ausschreibungen zum Zuge kommen, zum Beispiel durch kleinere Losgrößen, aber auch dadurch, dass man die Höchstgrenze für den Erwerb von BVVG-Flächen reduziert. Meine Fraktion hat ja entsprechende Vorschläge gemacht; einiges davon ist auch mit den Ländern diskutiert worden. Da würde ich gerne wissen, wie der Stand der Abstimmung mit den Ländern in Bezug auf den Vorschlag ist, die Losgrößen herabzusetzen, und was die Bundesregierung von dem Vorschlag hält, für den Erwerb von BVVG-Flächen eine Obergrenze – zum Beispiel 100 Hektar – über alle Verkaufsarten hinweg einzuführen. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Das war jetzt natürlich eine sehr differenzierte Frage zum Verfahren der über die BVVG geregelten Vergabe. Dies nehme ich gerne mit, Frau Behm, um Ihnen schriftlich differenziert zu antworten; denn dazu ist es notwendig, dass entsprechende Rückfragen gestellt werden. Ich sehe Ihr Anliegen, das auch unser Anliegen ist, dass wir vor Ort, insbesondere in den ostdeutschen Ländern, bei Grund und Boden – Grund und Boden ist nach wie vor attraktiv – nicht zu einer kompletten Loslösung der Investoren aus den Regionen dadurch kommen, dass sich hier private Kapitalgesellschaften in großem Stile in den Bodenerwerb einschalten. Dies ist ebenso Ihr Ziel wie unser Ziel. Ich nehme dies also gern mit und gebe Ihnen, so Sie einverstanden sind, einen differenzierten schriftlichen Bericht auf die doch sehr detaillierte Frage, zu der ich aus dem Stand heraus nicht sagen kann, wie die BVVG dies nun im Einzelnen handhabt. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Behm und Herr Staatssekretär Dr. Müller. Die Fragen 72 und 73 des Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden schriftlich beantwortet, sodass wir zum Geschäfts-bereich des Bundesministeriums für Gesundheit kommen. Die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Fragen 74 und 75 der Kollegin Dr. Martina Bunge werden schriftlich beantwortet. Wir kommen daher nun zur Frage 76 der Kollegin Elisabeth Scharfenberg: Wie beurteilt die Bundesregierung die Reaktion des Bundesministeriums für Gesundheit auf die Kritik der Stiftung Warentest, dass für eine vollständige Absicherung im Pflegefall der Pflege-Bahr (Pflegezusatzversicherung) mit einer ungeförderten Pflegetagegeldversicherung ergänzt werden sollte, nachdem der Pflege-Bahr doch eigentlich gerade Menschen mit geringem Einkommen oder mit Vorerkrankungen, die keine zusätzliche ungeförderte Pflegetagegeldversicherung abschließen können, den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung ermöglichen sollte, und warum sollten Menschen, die sich ungeförderte Pflegezusatzversicherungen leisten können, den in allen Belangen ungünstigeren Pflege-Bahr abschließen? Ich bitte Sie, Frau Staatssekretärin, diese Fragen zu beantworten. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Präsident! Frau Kollegin Scharfenberg, die Bundesregierung widerspricht der in Ihrer Frage angeführten Einschätzung zur geförderten Pflegevorsorge im Verhältnis zu ungeförderten Pflegezusatzversicherungen ausdrücklich. Das Ziel der Bundesregierung bei der staatlich geförderten Pflegevorsorge ist es, den Einstieg in die private Vorsorge zu fördern. Die staatlich ge-förderte Pflegevorsorge leistet damit einen wichtigen Beitrag insbesondere dazu, die Finanzierungslücke zwischen zukünftigen Pflegekosten und den Pflegeleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu reduzieren. Dies kann insbesondere auch Menschen mit Vorerkrankungen oder Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen helfen, im Pflegefall eine größere Freiheit zu haben, um zu entscheiden, wie sie gepflegt werden wollen. Darüber hinaus sehen die gesetzlichen Regelungen, denen geförderte Produkte dann auch genügen müssen, zahlreiche Vorteile gegenüber ungeförderten Produkten vor, zum Beispiel niedrigere Verwaltungs- und Abschlusskosten oder Regelungen zur Ruhendstellung im Falle von finanzieller Hilfebedürftigkeit. Wer darüber hinaus eine vollständige Deckung der Finanzierungslücke wünscht, der sollte sich sicherlich verschiedene Angebote einholen und auch prüfen, welche Absicherung im jeweiligen Einzelfall das beste Preis-Leistungs-Niveau bietet. In vielen Fällen wird es sicher eine Kombination aus geförderter und ungeförderter Pflegezusatzversicherung sein. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Sieht denn die Bundesregierung die Gefahr, dass sich im Pflege-Bahr – Sie haben es ja eben kurz erwähnt – nur die schlechten Risiken – ich meine mit schlechten Risiken die Menschen, die chronisch krank sind – sammeln und dass die Beiträge daraufhin entsprechend stark ansteigen müssten? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, nein, diese Befürchtung sehen wir nicht. Wir sehen, dass im Moment in der privaten Pflegeversicherungswirtschaft in der Regel ungeförderte Pflegeprodukte nur noch in Kombination mit der geförderten Vorsorge angeboten werden und damit eine Risikodurchmischung gegeben sein wird. Deshalb teilen wir diese Befürchtungen nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie will denn die Bundesregierung der Gefahr stark steigender Beiträge im Pflege-Bahr konkret begegnen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, bereits die gesetzlichen Regelungen sehen Maßnahmen vor, die den Anstieg der Beiträge dämpfen. Insbesondere die Begrenzung der Abschluss- und Vermittlungskosten sind hier zu nennen, die zu einer günstigeren Kostenentwicklung von geförderten Produkten gegenüber nichtgeförderten Produkten führen. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt hat unsere Kollegin Cornelia Behm eine Nachfrage. Bitte. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, glaubt die Bundesregierung, dass die Förderung von 5 Euro im Monat beim Pflege-Bahr, der zumeist ohnehin schon wesentlich höhere Tarife als ungeförderte Pflegezusatzversicherungen hat und dessen Tarife voraussichtlich weiter steigen werden, wirklich einen Anreiz bietet, eine solche Versicherung abzuschließen? Soll die Förderung von 5 Euro im Monat die Risiken des Kontrahierungszwangs ausgleichen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Behm, 5 Euro bei einem Mindesteigenbeitrag von 10 Euro für eine gesetzlich geförderte private Pflegevorsorge machen insbesondere in den Bereichen, in denen das vereinbarte Leistungsvolumen dem gesetzlichen Minimum entspricht, bis zu 30 Prozent des eigentlichen Beitrages aus. Das ist eine erhebliche Erleichterung, insbesondere für Geringverdiener, um in eine private Pflegevorsorge einzusteigen. Deshalb halten wir dies angesichts der Tatsache, dass viele Menschen aufgrund von Vorerkrankungen oder erhöhtem Risiko keinen Vertrag über ein nichtgefördertes Vorsorgeprodukt abschließen können, weil die Versicherungen sie ablehnen, für ein wirklich gutes Angebot, den Einstieg zur Deckung von Lücken im Alter frühzeitig zu beginnen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen jetzt zur Frage 77, ebenfalls unserer Kollegin Elisabeth Scharfenberg: Wie beurteilt die Bundesregierung den Hinweis der Stiftung Warentest, dass die Beiträge zum Pflege-Bahr, die ja auch bei Pflegebedürftigkeit weitergezahlt werden müssen, bei ungünstiger Beitragsentwicklung und fehlender Leistungsdynamisierung im Extremfall die im Pflegefall ausgezahlten Leistungen, etwa in der Pflegestufe 0 oder I, sogar übersteigen können, und gedenkt die Bundesregierung, als Konsequenz daraus die Beitragszahlung im Pflegefall als Kriterium für die Gewährung der staatlichen Förderung abzuschaffen? Ich darf Sie um die Beantwortung bitten. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, die Aussagen der Stiftung Warentest zu den Risiken der Beitragsentwicklung werden von uns nicht geteilt. Da die Versicherungsunternehmen ungeförderte Pflegetagegeldversicherungen vornehmlich in Kombination mit geförderten Pflegezusatzversicherungen anbieten, ist vielmehr damit zu rechnen, dass sich die für die Beitragskalkulation maßgebliche Risikostruktur der Versicherten von geförderten Zusatzversicherungen mit zunehmender Fallzahl immer weiter an jene von ungeförderten Zusatzversicherungen angleichen wird. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass eine Beitragsfreiheit im Leistungsfall durch entsprechend höhere Prämien vorfinanziert werden müsste. Der Beitrag ist zudem, gemessen am Leistungsanspruch im Leistungsfall, in aller Regel geringfügig. Schließlich steht es den Versicherten frei, Verträge mit einer Dynamisierung des Leistungsanspruchs zu vereinbaren. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Beitragsweiterzahlung nach dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit. Warum hat die Bundesregierung denn genau das zum Kriterium gemacht? Es gibt auch ungeförderte Verträge, bei denen die Beitragszahlung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit endet. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrte Frau Kollegin Scharfenberg, zunächst einmal möchte ich bemerken, dass sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten sozialen Pflegeversicherung die Beiträge bei Leistungsbezug weiter entrichtet werden. Ich denke, auch das gehört in diesen Kontext mit hinein. Im Vergleich zu nicht geförderten Produkten ergibt sich hier keine generelle Schlechterstellung, sondern wir haben auch hier eine Analogie. Es ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Frage der Prämiengestaltung natürlich immer an den Leistungen oder den geringen Beitragseinnahmen bemessen muss. Somit führt diese Regelung zu einem ausgewogenen Verhältnis zu den vorhandenen gesetzlichen wie privaten Vorsorgeprodukten. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Elisabeth Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die steigenden Beiträge, mit denen zu rechnen ist. Plant denn die Bundesregierung, die Förderung zu dynamisieren, um steigende Beiträge aufzufangen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, wie ich Ihnen auf eine der vorangegangenen Fragen bereits geantwortet habe, teilen wir die Befürchtung der Beitragssatzentwicklung so nicht. Im Übrigen steht es den Vertragspartnern frei, auch eine Dynamisierung abzusichern und dies vertraglich zu vereinbaren. Vizepräsident Eduard Oswald: Die Frau Kollegin Cornelia Behm hat noch eine Nachfrage. – Bitte schön, Frau Kollegin. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich würde gerne wissen, Frau Staatssekretärin, ob die Bundesregierung plant, die Grundsicherung im Alter dahin gehend weiterzuentwickeln, dass sie auch die Weiterzahlung der Beiträge zum Pflege-Bahr ermöglicht. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Behm, auch dazu gilt: Wir haben in anderen sozialen Sicherungssystemen der Pflegeabsicherung bisher keine Weiterzahlung der Prämien bzw. Beiträge bei Leistungsbezug vorgesehen. Diskussionen darüber, in der geförderten Pflegevorsorge eine Weiterzahlung der Prämien bzw. Beiträge vorzusehen, finden in der Bundesregierung derzeit nicht statt. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Die Fragen 78 und 79 der Kollegin Maria Klein-Schmeink und die Frage 80 des Kollegen Dr. Ilja Seifert werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Die Frage 81 des Kollegen Dr. Ilja Seifert, die Fragen 82 und 83 der Kollegin Bettina Herlitzius, die Fragen 84  und 85 des Kollegen Gustav Herzog und die Fragen 86 und 87 des Kollegen Herbert Behrens werden schriftlich beantwortet. Somit sind wir am Ende unserer Fragestunde. Ich unterbreche die Sitzung bis 15.35 Uhr. Dann fahren wir mit der Aktuellen Stunde fort. Die Sitzung ist unterbrochen. (Unterbrechung von 15.26 bis 15.35 Uhr) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Große Vermögen durch Neuverhandlung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens sowie durch eine Vermögensabgabe heran-ziehen Erster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Dr. Thomas Gambke. Bitte schön, Kollege Dr. Thomas Gambke. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir Grünen haben zum Thema „Steuerabkommen, Steuerhinterziehung“ heute eine Aktuelle Stunde beantragt, weil durch die aktuell bekannten Fälle oder besser durch den aktuell bekannten Fall eines deutlich wird: Um wirksam Steuerhinterziehung zu bekämpfen, brauchen wir Transparenz und nicht eine anonyme Abgeltungsteuer. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Jetzt ist der Weg frei für automatischen Informationsaustausch. Der Koalition wird in diesen Tagen noch einmal klar vor Augen geführt, in welches Desaster wir hinein-gerutscht wären, wenn wir uns für die Anonymität entschieden hätten. Sie versuchen, mit Halbwahrheiten, mit Verdrehungen, teilweise mit Falschaussagen Ihre Position zu untermauern. Ich finde das unerträglich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Holger Krestel [FDP]: Wir haben doch noch gar nichts gesagt!) Sie haben zum Beispiel gesagt, es gäbe keinen Anstieg bei den Selbstanzeigen. Ich lese im Handelsblatt, dass die Zahl der Selbstanzeigen sehr deutlich gestiegen ist. Es gibt 3 356 Selbstanzeigen in den großen Bundesländern. Das zeigt doch auch, wie wichtig im Moment das Instrument des Ankaufs der CDs ist: weil es den notwendigen Druck ausübt, zur Selbstanzeige zu greifen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Uli Hoeneß war nicht der einzige Vermögende, der offenbar berechnend darauf gebaut hat, bei dem kuscheligen Steuerabkommen in die Anonymität abgleiten zu können. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Zocken darf sich nicht lohnen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Wir wollen Brücken bauen für die Menschen, die in die Steuerehrlichkeit zurück wollen. Die strafbefreiende Selbstanzeige ist ein richtiges Instrument. Voraussetzung muss aber Transparenz sein. Erinnern wir uns doch noch einmal an die Beratungen im Finanzausschuss. Wir hatten 23 Sachverständige geladen. Zugegeben, 4 haben sich für das Steuerabkommen ausgesprochen: Das war ein deutscher Steuerberater, das war der Staatssekretär des Schweizer Finanzministeriums, das war ein Vertreter der UBS, und das war ein Vertreter der Schweizerischen Bankiervereinigung. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Koalition, wenn man sich bei den Schweizern unterhakt, ist es kein Wunder, dass man dort die Zustimmung zu diesem Steuerabkommen bekommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Wir standen damals vor einer Weggabelung: entweder Verbleiben in der Anonymität oder Schaffung von -Transparenz mit einem Abkommen, wie es übrigens die Amerikaner schon im Mai davor unterzeichnet hatten. Das ist das sogenannte FATCA – Foreign Account Tax Compliance Act. Sie haben das ignoriert. Was haben wir erlebt, als wir vor etwas mehr als einem dreiviertel Jahr zusammen mit dem Finanzausschuss in Luxemburg waren? Damals sagte uns der luxemburgische Finanzminister Frieden: „Unter dem Eindruck des Steuerabkommens mit der Schweiz sind wir nicht bereit, dem automatischen Informationsaustausch zuzustimmen.“ Das ist doch die Wahrheit gewesen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: So ist es!) Österreich hat sich damals in gleicher Art und Weise geäußert. Was sagt Herr Frieden jetzt, nach dem Scheitern, nachdem der Bundesrat widersprochen hatte? – Er sagt, er werde der EU-Zinsrichtlinie zustimmen. Ich will es an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen – ich habe das in allen meinen Reden so gesagt –: Ich erinnere mich an die Herren der Koalition – ich erinnere mich an Sie, Herr Schäuble –, die immer die Verbindung zwischen dem Steuerabkommen mit der Schweiz und den Maßnahmen, die innerhalb der EU und auch der USA unternommen wurden, also EU-Zinsrichtlinie und dem FATCA--Abkommen, bestritten haben. Es ist doch jetzt deutlich geworden, dass diese Verbindung bestand; denn jetzt hat geradezu ein Dammbruch in Richtung eines automatischen Informationsaustauschs stattgefunden, und das -haben wir denjenigen zu verdanken, die in den Bundesländern die richtige Entscheidung getroffen haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Ich fordere Sie auf: Kommen Sie zur Vernunft -zurück! Es ist doch eine alte Regel – und ich bin nicht ganz unerfahren in der Sache –: Transparenz ist eine -unabdingbare Voraussetzung für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Das ist doch der Grundsatz, an dem wir uns orientieren müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Sie haben für einen Judaslohn von 1,6 Milliarden Euro – nicht 2 Milliarden Euro, es werden immer -Franken und Euro verwechselt; es waren auch nicht 10 Milliarden Euro, das ist eine nie bestätigte Summe – versucht, die Steuerehrlichen zu verraten. Das ist unerträglich; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) denn was wir brauchen, ist Transparenz. Wir brauchen den Informationsaustausch, wir brauchen auch die -länderbezogenen Offenlegungspflichten, Country by Country Reporting. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir brauchen, aber Sie können nicht!) Auch das wurde von Ihnen abgelehnt. Ich bin froh, dass uns jetzt noch einmal so deutlich vor Augen geführt wurde, wie wichtig die Ablehnung im Dezember letzten Jahres war. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege Dr. Hans Michelbach. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition hat in den vergangenen Tagen einen bedauerlichen steuerrechtlichen Fall benutzt, um ihre gefährliche Polemik gegen die sogenannten Reichen zu verschärfen, ihre maßlosen Steuer- und Abgabenpläne zu rechtfertigen (Zurufe von der SPD: Oh!) und ihre verantwortungslose Blockade zum Steuer-abkommen mit der Schweiz zu verschleiern. Keinen anderen Zweck hat diese Aktuelle Stunde. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch Ihre Freunde! Die laden Sie doch ein!) Mit Ihrer schäbigen Schmutzkampagne (Zurufe von der SPD: Oh!) überziehen Sie wieder einmal aus wahltaktischen Gründen. Das muss ich Ihnen sagen. Herr Steinmeier und Herr Pronold haben von CSU-Steuerhinterziehern gesprochen. Das ist schäbig, dreist und unverschämt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie wissen ja, worüber Sie reden!) Herr Hoeneß ist weder CSU-Mitglied, noch hat er der CSU etwas gespendet. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den kennen Sie gar nicht!) Das hätten Sie der Bundestagsdrucksache jederzeit entnehmen können. Aber Sie setzen das Gegenteil in Umlauf und verhalten sich nach dem Motto: Es wird schon etwas hängen bleiben. – Deswegen, meine Damen und Herren von der Opposition: Das lassen wir Ihnen nicht mehr durchgehen. Das können wir nicht akzeptieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es gab und gibt derzeit zum Steuerabkommen mit der Schweiz keine Alternative, (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) um die jährlichen Verjährungen von Steuerhinterziehung zu unterbinden. Wir legalisieren keine Steuerhinterziehung. Minister Schäuble hat seine Verhandlungsspielräume bis an den Rand ausgeschöpft und ist sogar darüber hinausgegangen. Er hat letzten Endes das Ergebnis erreicht, das machbar war. Es gibt weitere Initiativen von Minister Schäuble auf EU-Ebene und auf G-20-Ebene; mit der OECD werden weitere Maßnahmen verschärft. Das sollten Sie einmal anerkennen. (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zur Wahrheit gehört auch: Rot-Grün hat unter Bundesfinanzminister Eichel mit einer Steueramnestie durchaus zweifelhafte Angebote an Steuerhinterzieher zu verantworten. Darüber sprechen Sie heute gar nicht mehr. Dagegen wollten wir mit dem Abkommen mit der Schweiz Vermögen bis zu 41 Prozent besteuern. Das trägt zur Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit für alle bei, und zwar lückenlos. Ihre CDs bieten keinen -lückenlosen Zugriff auf Steuerpflichtige. Das ist der -Unterschied, den Sie anerkennen sollten. Bei einer strafbefreienden Selbstanzeige gilt in Deutschland im Übrigen auch das Steuergeheimnis, und da gilt selbstverständlich auch die Anonymität. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht gegenüber den Finanzbehörden! Das stimmt doch gar nicht!) Sie sagen, wir wollten Anonymität gewähren. Dazu sage ich Ihnen: Diese ist bei dem Steuergeheimnis selbstverständlich gegeben. Deswegen sollten Sie den Menschen wirklich sagen, was Sache ist. Unabhängig davon hat diese Koalition mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz die Anforderungen für die strafbefreiende Selbstanzeige wesentlich verschärft und über 40 Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das war bisher noch nie der Fall. Diese Koalition ist im Bereich der Bekämpfung der Steuerhinterziehung so erfolgreich wie noch keine Koalition vorher, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen des Abg. Manfred Zöllmer [SPD]) Unser generelles Ziel ist der automatische Informationsaustausch mit allen Ländern. Bis dahin gilt: Die Blockade des ersten Steuerabkommens mit der Schweiz bleibt falsch, weil das letzten Endes der erste Schritt in die richtige Richtung gewesen wäre. (Zurufe von der SPD: Nein! – Joachim Poß [SPD]: Nein, das war der Blockadeschritt!) Das wissen Sie von den Grünen und der SPD genau. Ihre Aufgeregtheit – das sage ich Ihnen ganz deutlich – hat einen ganz anderen Grund, meine Damen und Herren von der Opposition: (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Einzige, der hier brüllt, sind Sie, Herr Michelbach!) Sie müssen ablenken, ablenken vom eigenen Versagen; denn außer hohlen Sprüchen und Klassenkampf haben Sie im Bereich der Bekämpfung der Steuerhinterziehung nichts zu bieten, aber auch gar nichts. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Regelung der Besteuerungsfragen zwischen Deutschland und der Schweiz unter Rot-Grün: Fehl-anzeige, nichts, aber auch gar nichts! Der Bundesfinanzminister Steinbrück hatte beim Thema „Steuerabkommen mit der Schweiz“ ein totales Handlungsdefizit. Sein Credo „Kavallerie statt Diplomatie“ war die Blendgranate, die er letzten Endes zu verantworten hat. Nichts außer Verhärtungen, Drohungen, Verzögerungen und damit mehr Steuerhinterziehung bei täglich neuen Verjährungen ist übrig geblieben. (Joachim Poß [SPD]: Die Neue Zürcher -Zeitung ist ja weiter als Sie!) Das heißt, Sie haben 10 Milliarden Euro Einnahmen für den Fiskus unterschlagen. (Widerspruch bei der SPD) Das ist Untreue gegenüber dem deutschen Steuerzahler, meine Damen und Herren! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deswegen: Spucken Sie keine großen Töne und machen Sie nicht den dicken Max so wie Ihr Herr Steinbrück! Wenn es um Erfolgsarbeit geht, ist der Mann schneller verschwunden, als wir gucken können. Das, was der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble verhandelt hat, ist der richtige Weg: (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja, -richtig schlecht!) Schritt für Schritt in die richtige Richtung. Schließen Sie sich dieser Richtung an, meine Damen und Herren! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war 0 : 4!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist unser Kollege Thomas Oppermann für die Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte schön, Kollege Thomas Oppermann. (Beifall bei der SPD) Thomas Oppermann (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Michelbach, Ihre Rede zeigt mir, dass Sie von dem, was wir im Augenblick in Deutschland erleben, ganz schwer getroffen sind. (Lachen des Abg. Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]) Sie haben in Ihrer Rede immer noch dem Steuerabkommen mit der Schweiz nachgetrauert. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ja, was denn sonst?) Das zeigt mir, dass Sie den Ernst der Lage noch gar nicht begriffen haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Natürlich haben wir einen immensen finanziellen Schaden für unseren Staat durch Steuerhinterziehung; (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Durch die täglich neuen Verjährungen!) aber noch größer als der finanzielle Schaden ist doch im Augenblick der Vertrauensschaden für unseren demokratischen Rechtsstaat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Normale Leute zahlen Steuern, bevor sie ihren Lohnzettel gesehen haben. Was sollen die denn denken, wenn sie jetzt sehen, wie leicht es in Deutschland Millionären gemacht wird, einen Teil ihres Vermögens in Steueroasen vor den Finanzämtern zu verstecken? (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn in der Vergangenheit? Elf Jahre SPD-Minister!) Dazu haben sie gar keine Chance. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die millionenschwere grenzüberschreitende Steuerhinterziehung ist eine spezifische Form der Oberschichtenkriminalität, und die muss in Deutschland genauso hart und genauso unnachgiebig verfolgt werden wie jede andere Kriminalität auch. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Haben Sie daran irgendwelche Zweifel?) Aber das ist ganz offenkundig nicht der Fall. In Bayern fehlen Hunderte Beamte für die Betriebsprüfungen und für die Steuerfahndung. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Quatsch! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Standortpolitik da!) Das ist doch kein entschlossen handelnder Rechtsstaat; (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) das grenzt eher oder fast schon an augenzwinkernde Kumpanei mit Steuerkriminellen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Unglaublich!) Und wo ist eigentlich die „Law and Order“-Abteilung von der CSU, die immer dann auf den Plan tritt, wenn es darum geht, den Staat mit schweren Geschützen auszustatten und Kriminalität zu bekämpfen? Ich höre gar nichts von ihr. Ganz offenkundig messen Sie mit zweierlei Maß. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) In welchem Licht erscheint heute das deutsch-schweizerische Steuerabkommen? Das, was Sie, Herr Schäuble, ausgehandelt haben, war ganz offenkundig auch dafür gedacht, dass Leute wie Uli Hoeneß nicht öffentlich zur Verantwortung gezogen werden sollen. Sie wollten eine die persönliche Reputation von Steuerhinterziehern schonende Legalisierung von schweren Straftaten. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Sie wollten, dass diese Menschen weiter als Ehrenmänner in der Mitte unserer Gesellschaft leben können. Sie wollten diese Menschen nicht stören bei dem, was sie gemacht haben. Damit offenbaren Sie ein gestörtes Verhältnis zu den Grundwerten unserer Gesellschaft. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Der wichtigste Grundwert in einem demokratischen Rechtsstaat ist die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz. Da darf kein Unterschied gemacht werden. (Beifall bei der SPD) Herr Schäuble, bei allem Respekt, den ich persönlich für Ihre Verdienste habe, die Sie für unser Land erworben haben: (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Schein-heilig!) In dieser Frage haben Sie nicht die richtige Staatsauffassung. (Mechthild Heil [CDU/CSU]: Scheinheilig!) Jedes demokratische Gemeinwesen ist existenziell darauf angewiesen, dass die Bürger die geschuldeten Steuern bezahlen. Das ist eine Frage der Staatsräson. Ich nenne Ihnen einmal die Staatsräson, die die amerikanischen Kollegen von Dr. Schäuble haben. Die US-Staatsräson besagt: Kein Staat auf der Welt, auch keine Bank im Hoheitsgebiet eines fremden Staates irgendwo auf der Welt hat das Recht, US-Steuerbürgern dabei zu helfen, die Steuern zu hinterziehen. – Das ist die Staatsräson eines demokratischen Staates, meine Damen und Herren. Wenn Sie, Herr Schäuble, diese Staatsräson zugrunde gelegt hätten, dann hätten Sie ebenso wie die Amerikaner Auskunftsansprüche gegenüber Schweizer Banken durchsetzen können und nicht so ein jämmerliches Steuerabkommen, das nur dazu führt, dass Steuerhinterzieher geschont werden. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]) Die Schonzeiten sind vorbei. Wir brauchen eine härtere Gangart bei Steuerhinterziehung in Deutschland. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Elf Jahre Finanzminister der SPD!) Wir wollen eine bundesweit mit den Ländern abgestimmte Steuerfahndung. Wir wollen die Steuerfahndung internationalisieren, sodass wir auch international ermitteln können, was bisher völlig unzureichend ist. Wir wollen den automatischen Informationsaustausch mit Banken in aller Welt und werden ihn politisch durchsetzen. Wir wollen scharfe Sanktionen gegen Banken, die Steuerhinterziehern behilflich sind. Wir wollen – Herr Michelbach, hier können wir schnell zusammenkommen, wenn Sie meinen, dass wegen des gescheiterten Steuerabkommens mit der Schweiz viel Geld verloren geht – im nächsten Monat die Verlängerung der Verjährung für Steuerhinterzieher, die dem Bundesrat vorgelegt wird, auch hier beschließen. Dann besteht überhaupt keine Gefahr, dass irgendwelches Geld verloren geht. (Beifall bei der SPD) Wenn wir eine effektive Bekämpfung der Steuerhinterziehung in Deutschland durchgesetzt haben, wenn der Staat den Steueranspruch und den Strafanspruch bei Steuerhinterziehern durchsetzen kann, dann werden Vorschriften wie die strafbefreiende Selbstanzeige keine Rolle mehr spielen. Dafür werden wir sorgen. Dann brauchen wir keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr. Vielen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner für die Fraktion der FDP ist unser Kollege Dr. Volker Wissing. Bitte schön, Kollege Dr. Volker Wissing. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Volker Wissing (FDP): Vielen Dank. – Herr Präsident! Herr Kollege Oppermann, es ist richtig: Es ist erschütternd zu sehen, wie Menschen, die Vorbilder unserer Gesellschaft sein wollen, ganz offensichtlich das Recht brechen, für sich Sonderrechte reklamieren und ihrer Pflicht als Bürgerin und Bürger nicht nachkommen, ihre Steuern an den Staat zu zahlen. Wenn das von Persönlichkeiten in besonders umfangreichem Maße geschieht, die man für integer gehalten hat, die auch Ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als Berater hinzugezogen hat, dann ist das ein erheblicher Vertrauensbruch. Da haben Sie recht. Aber, Herr Kollege Oppermann, dieses Vertrauen in unseren Staat wiederherzustellen, ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir alle haben. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Da müsst ihr auch mitmachen!) Das, was Sie gerade abgeliefert haben, war das Verbreiten bewusster Unwahrheiten wider besseres Wissen, Herr Kollege Oppermann. Das befördert das Misstrauen in den Staat und führt nicht dazu, dass Vertrauen wiederhergestellt wird. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie haben eben hier an diesem Mikrofon der Öffentlichkeit erklärt, wir könnten im Bundestag Verjährungsfristen für begangene Straftaten rückwirkend verlängern. Das, Herr Kollege Oppermann – Sie wissen es ganz genau –, ist mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar, und deswegen ist das auch nicht möglich. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Man sollte den Bürgerinnen und Bürger in dieser schwierigen Situation nicht auch noch solche kindischen Ammenmärchen aufbinden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie sind nicht der Einzige in der SPD, der hier Unsinn verbreitet. Der Kollege Poß – er ist bei den Sozialdemokraten der neue Mann fürs Grobe – erklärt der Öffentlichkeit, man könne die strafbefreiende Selbstanzeige mal eben einfach abschaffen. (Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Er weiß es nicht besser!) Herr Steinbrück sagte kurze Zeit danach – er hat als -Finanzminister eine gewisse Erfahrung –, es wäre vielleicht doch klüger, das Ganze beizubehalten. (Zuruf des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]) Dann kommt der Kollege Oppermann und versucht, eine Brücke zwischen Ja und Nein zu bauen, indem er sagt: Mittelfristig kann man ja mal überlegen, ob man es infrage stellt. Die Wahrheit ist doch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nach dem Steuerrecht gibt es eine Mitwirkungspflicht der Bürgerinnen und Bürger. Demnach muss der Bürger dem Staat gegenüber die Wahrheit sagen und sich offenbaren. Ansonsten kann man die Besteuerungsgrundlage nicht ermitteln. Gleichzeitig haben wir in unserem Rechtssystem seit 1848, (Joachim Poß [SPD]: Genau! Privilegierung von Steuerkriminalität!) als die Inquisition abgeschafft worden ist, den Grundsatz „Nemo tenetur“: Niemand muss sich selbst belasten, wenn er eine Straftat begangen hat. Diese Lücke wird durch die strafbefreiende Selbstanzeige geschlossen. Deswegen ist es doch Unsinn, gegenüber der Öffentlichkeit so zu tun, als wäre das überflüssig, als bräuchte man so etwas nicht. Ein Bürger, der eine Steuerhinterziehung begangen hat, muss jederzeit die Brücke zur Ehrlichkeit nutzen können, um seiner Verpflichtung zur Mitwirkung nach dem Steuerrecht, der Wahrheitspflicht, nachkommen zu können. Deswegen ist das ein sinnvolles Instrument. Bleiben Sie doch sachlich! (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir haben ein ernsthaftes Problem zu lösen. Sie entsachlichen die gesamte Debatte. (Joachim Poß [SPD]: Sachlichkeit! Das -müssen Sie gerade sagen!) Darüber hinaus erzählen Sie, man könnte bei diesem Steuerabkommen mit der Schweiz nachverhandeln. Gegenüber der Öffentlichkeit tun die Grünen genau wie Sie von der SPD so, als sei die Anonymität der Altfälle der Fehler dieses Abkommens. (Zuruf von der SPD: Genau!) Die Schweiz, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat an dieser Stelle den gleichen Verfassungsgrundsatz wie die Bundesrepublik Deutschland: Man kann Gesetze nicht rückwirkend ändern. Die Schweiz hat in der Vergangenheit Anonymität zugesichert. Die Schweiz kann die Ano-nymität nicht rückwirkend aufheben. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Anonymität gilt doch auch für die Zukunft! Jetzt erzählen Sie die Unwahrheit! Das ist unglaublich! – Zurufe von der SPD) Deswegen kann man das auch nicht nachverhandeln. Sie können doch der Öffentlichkeit nicht ernsthaft erklären, man solle mit der Schweiz so lange verhandeln, bis dieser Staat seine Verfassung bricht. Ja, was ist denn das für eine Rechtsauffassung? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Grünen können alles!) Wie wollen Sie denn mit solch einer Politik das Vertrauen in den Staat zurückgewinnen? Das ausgehandelte Abkommen war lückenlos: Jeder Steuerhinterzieher, auch die Altfälle, wäre erfasst und – es geht niemals anders – mit einer pauschalen Abgeltung belegt worden. Deswegen war das Abkommen richtig. Das Abkommen wäre ein Magnet gewesen, der alle Nadeln auf einmal aus dem Heuhaufen herausgezogen hätte. Sie suchen jetzt mit Steuer-CDs einzelne Nadeln im Heuhaufen und freuen sich, wenn Sie eine gefunden haben. Ich frage vor der Öffentlichkeit: Ist es nicht besser und auch gerechter, alle zu erfassen, damit keiner entkommt und der Staat die Steuern insgesamt erhält? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – -Zurufe von der SPD) Wir sind der Meinung: Es ist gerechter, alle zu besteuern und nicht nur diejenigen, die man erwischt. Damit hätten wir die Altfälle abgearbeitet. Jetzt geht es um die Frage: Was ist denn mit der Zukunft? Dazu hat der Kollege Michelbach schon gesagt: Ja, wir sind für den automatischen Informationsaustausch. Aber die Schweiz war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so weit. Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen, dass die Kapitalertragsteuer in gleicher Höhe wie in der Bundesrepublik Deutschland bei jedem abgezogen wird. Damit hätten wir in Zukunft in der Schweiz genau die gleiche Besteuerung der Konten gehabt wie in Deutschland. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein!) Gerechter geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es war Ihr Fehler, dazu Nein zu sagen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht kapiert!) Schauen Sie, die Realität ist doch so: Auch bei der strafbefreienden Selbstanzeige haben wir unter CDU/CSU und FDP strengere Regeln, als Sie sie hatten. (Florian Pronold [SPD]: Weil das Verfassungsgericht Sie dazu gezwungen hat!) Wir haben die Möglichkeiten, Straffreiheit zu erlangen, auf das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß reduziert. Auf die Idee hätten auch Sie von der SPD kommen können, als Sie mit den Grünen regiert haben, aber das haben Sie nicht getan. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU) Wir haben unsere Aufgaben gemacht und die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass bei der Besteuerung 100 Prozent Gerechtigkeit geschaffen wird. (Florian Pronold [SPD]: Eine solche Verdrehung der Wahrheit ist schon meisterhaft!) Wir haben die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige auf das notwendige Minimum reduziert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Grünen haben in diesem Zusammenhang eine Vermögensabgabe ins Spiel gebracht – da besteht eigentlich überhaupt kein Zusammenhang –: Wenn Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ihre Steuern bezahlt und etwas erspart haben, wenn sie für das Alter vorgesorgt haben, dann sollen sie mit einer Vermögensabgabe dafür büßen, dass andere Steuern hinterziehen. Das ist Ihre Logik, mit der Sie in dieser Aktuellen Stunde argumentieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege, beachten Sie die Zeit. Dr. Volker Wissing (FDP): Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Ich will Ihnen kurz etwas vorlesen, was die Frage beantwortet, wie sinnhaft Ihr Vorschlag ist: Eine solche Besteuerung – Vermögensabgabe – hätte eine zusätzliche Belastung der Wirtschaft zur Folge. Eine Besteuerung von Betriebsvermögen kann je nach konkreter Ausgestaltung das Eigenkapital aufzehren und die Investitionsmöglichkeiten des Unternehmens schmälern. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Substanzbesteuerung, wenn auch in ertragsschwachen Wirtschaftsjahren von ertragsschwachen Unternehmen in Abhängigkeit vom Unternehmenswert eine solche Steuer bzw. Abgabe entrichtet werden muss. – Das schreibt der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Herr Kretschmann, an den Parteivorsitzenden der Grünen. Dort, wo die Grünen noch richtig ticken, machen sie sich aufgrund der Politik, die Sie hier vertreten, Sorgen um unser Land. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das hat mit dem Steuerabkommen nichts zu tun! Nicht direkt!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke ist unsere Kollegin Dr. Barbara Höll. Bitte schön, Frau Kollegin Dr. Höll. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wissing, Ihre pseudojuristischen Darlegungen können Sie sich sparen. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Holger Krestel [FDP]: Jetzt redet die Blinde von der Farbe!) Wir müssen klar feststellen: Die strafbefreiende Selbstanzeige gab es schon 1919 in der Reichsabgabenordnung. Es ist ganz klar, dass das eine Besonderheit im Strafrecht ist. Niemand, der in der Straßenbahn schwarz fährt, seine 40 Euro Strafe bezahlt hat und nach dem dritten Mal Erwischtwerden eine Strafanzeige am Hals hat, kann hingehen und sagen: Ich bin bereit, 100, 200, 300 Euro zu zahlen; die Anzeige aber bitte lasst unter den Tisch fallen. (Gisela Piltz [FDP]: Frau Kollegin, das ist doch kein Strafrecht!) Durch solche Bagatellfälle werden die Gerichte en gros belastet. Auch dagegen müssten wir endlich einmal etwas tun. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! Wenn einer bekannt ist, kann er sich nicht mehr anzeigen! So ein Quatsch!) Für den Bereich der Selbstanzeige gilt – das sagen Juristen; Herr Präsident, ich erlaube mir, Rechtsanwalt Carsten Wegner zu zitieren –: Die Selbstanzeige ist rein fiskalisch motiviert und nebenher Folge eines nicht zu leugnenden behördlichen Ermittlungsnotstands. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie sind Justiziar der Linken?) Mit ihr will sich der Staat bislang unbekannte Steuerquellen erschließen und verzichtet im Gegenzug auf seinen Strafanspruch … (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Hört! Hört!) Der vom Staat erstrebte finanzielle Zweck heiligt die strafrechtlichen Mittel. (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: So ist es!) Das ist die Realität. Das ist der Kern der strafbefreienden Selbstanzeige, und deshalb gehört sie abgeschafft, ohne Wenn und Aber. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Schauen wir uns einmal das deutsch-schweizerische Steuerabkommen an. Es wird immer gesagt, demjenigen, der Steuern umgeht, müsse unbedingt eine Brücke in die Ehrlichkeit gebaut werden. An diesem Brückenbauen ist schon Herr Eichel gescheitert. Vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2005 konnte man sich selbst anzeigen: Steueramnestie, Strafzahlung, und alles war schön. Herr Eichel dachte, dass er 5 Milliarden Euro einnehmen wird; herausgekommen sind 1,39 Milliarden Euro. Es ist gescheitert. Die Steuersünderinnen und -sünder – dieser Begriff klingt schon ein wenig beschwichtigend –, also diejenigen, die wirklich kriminell gehandelt haben, haben einen Teufel darauf gegeben, diese Möglichkeit zu nutzen. Jetzt haben wir eine etwas andere Situation. Das hat sicher auch mit dem angebotenen Ankauf der Steuer-CDs zu tun. Nun können sich die Steuersünder eben nicht mehr sicher sein, was passiert. Es gab also Verhandlungen mit der Schweiz. Vor kurzem gab es auch ein Treffen der G-20-Staaten, und siehe da: Selbst die Schweizer Finanzministerin, Frau Eveline Widmer-Schlumpf, will sich jetzt dem automatischen Datenaustausch anschließen. Meinen Sie denn, das hätte die Schweizer Finanzministerin getan, wenn das Steuerabkommen abgeschlossen worden wäre? Mitnichten! (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie hatten vorgeschlagen und wollten durchziehen, dass die sogenannten Altfälle anonym bleiben. Nach Ihren Unterlagen hätten diese 21 bis 41 Prozent des nicht versteuerten Geldes nachzahlen müssen. Ich verweise auf den Berliner Steuerprofessor Frank Hechtner, der gesagt hat, dass wahrscheinlich 78 Prozent mit einer Nachzahlung von 21 Prozent davongekommen wären. Die 41 Prozent waren also eine totale Luftnummer. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Woher weiß der denn das?) Außerdem hätte die Nachzahlung durch die Schweizer Banken erhoben werden sollen. So hätte keine deutsche Finanzbehörde die Möglichkeit der Prüfung gehabt. Wo sind wir hier denn? Wir haben die Hoheit. (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Joachim Poß [SPD]: Die sind ja untadelig, die Schweizer Banken!) Zudem sollte die Sache anonym bleiben. Es ging also um ein Verschonen auf der ganzen Linie. Das wäre nichts anderes als eine verkappte Großamnestie gewesen. Dem konnte Rot-Rot-Grün im Bundesrat nicht zustimmen, und das war richtig so. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt ist es schon einmal ausgesprochen: „Rot-Rot-Grün“!) Bei den Neufällen wollten Sie die Abgeltungsteuer erheben. Dazu sage ich: Was gibt uns denn die Sicherheit, dass sie von den Schweizer Behörden richtig erhoben und abgeführt wird? Wir haben keine Sicherheit. Sie wissen selbst, dass die Abgeltungsteuer eine schwierige Angelegenheit ist. Die Abgeltungsteuer, die Sie unter der Überschrift „Steuervereinfachung“ eingeführt haben, hat mitnichten zur Steuervereinfachung beigetragen. Das ist eine Verkomplizierung. Die Auslegung dieser Vorschrift füllt regelrecht Bände. Man kann Fehler machen; aber das ist einfach nur Unsinn. Sie wollten das wieder der Schweiz überlassen. Wir können diese Unkultur der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung nur beseitigen, wenn klar ist: Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, und die wird als Straftat verfolgt, und man kann sich nicht einfach freikaufen. Wir brauchen auf internationaler Ebene einen automatischen Informationsaustausch. Wir brauchen Maßnahmen und Druck, um sicherzustellen, dass die Staaten, die sich auf dem Papier bereit erklärt haben, zu helfen, auch tatsächlich mitwirken. Wir müssen uns auch die Aktivitäten der deutschen Banken anschauen. Wir müssen zum Beispiel schauen, wie es mit den Niederlassungen der Deutschen Bank in Steueroasen aussieht. Hier gibt es also viel zu tun. Ich freue mich auf die Debatte am Freitag und auf Ihr Abstimmungsverhalten zu unserem Antrag zur Bekämpfung von Steueroasen. Danke. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble. Bitte schön, Kollege Dr. Wolfgang Schäuble. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre überraschend gewesen, wenn die Opposition nicht einen beklagenswerten Einzelfall, der viele Menschen in diesem Land enttäuscht, zum Anlass nehmen würde, eine polemische Debatte zu führen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: 12 000 Selbstanzeigen in Baden-Württemberg in den letzten zwei Jahren! 12 000! Nicht ein Einzelschicksal!) – Ich komme gleich darauf zu sprechen. Herr Kollege, lassen Sie mich doch in aller Ruhe ein paar Sätze dazu sagen. Es wurde gesagt, die Öffentlichkeit sei sehr besorgt über die Entwicklung. Deswegen ist es doch gut, wenn wir sachlich darüber reden, wie die Situation ist, was wir machen können und was wir gemacht haben. (Joachim Poß [SPD]: Und was sachlich ist, bestimme ich! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, das bestimmen immer die Grünen!) – Herr Kollege Poß, hier hat jeder, auch Sie, die Chance, vorzutragen, was er vortragen möchte; jetzt habe ich die Möglichkeit dazu. Vielen Dank. Ich möchte in aller Klarheit sagen: Wir können diese schwierigen Fälle nur auf der Grundlage geltenden Rechts aufarbeiten. Das geltende Recht kann man ändern. Wenn Sie die rechtliche Grundlage der strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht ändern wollen, ändern Sie das. Rot-Grün hat das aus Versehen Anfang des vergangenen Jahrzehnts gemacht, es aber schnell wieder korrigiert, als das Versehen bemerkt wurde. Vorläufig aber ist die strafbefreiende Selbstanzeige geltendes Recht. Daher sollte man das nicht inkriminieren. Eine zweite Bemerkung: Herr Kollege Oppermann, Sie haben von rechtsstaatlichen Prinzipien gesprochen. Sie sollten wirklich aufhören, den Menschen einzureden, man könne die Verjährungsfristen rückwirkend ändern. Das wäre nun wirklich rechtswidrig. Das kann die Schweiz nicht beim Bankgeheimnis machen und wir nicht bei den Verjährungsfristen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Eine dritte Bemerkung: Zur Besteuerung von Kapitalerträgen erheben wir in Deutschland die Abgeltungsteuer. Das Gesetz trägt übrigens die Unterschrift meines geschätzten Amtsvorgängers. (Joachim Poß [SPD]: Aber auf Wunsch der CDU!) Das kann man für falsch oder für richtig halten. Von meinem Amtsvorgänger stammt der bemerkenswerte Satz: 25 Prozent von X ist besser als 100 Prozent von nix. – Das ist geltendes Recht, und deswegen konnten wir mit der Schweiz für Gegenwart und Zukunft nichts anderes vereinbaren als die exakte Anwendung des in Deutschland geltenden Rechts in der Schweiz. Wäre das Abkommen mit der Schweiz in Kraft getreten, würden Kapitaleinkünfte von in Deutschland Steuerpflichtigen bei Schweizer Banken genauso behandelt werden, wie wenn sie bei deutschen Banken anfielen. Sie können das deutsche Recht kritisieren, aber Sie können das nicht der Schweiz vorwerfen. Dieses Abkommen war richtig. Ansonsten müssen wir über die Abgeltungsteuer diskutieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir haben im Übrigen mit der Schweiz seit geraumer Zeit einen Informationsaustausch auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens. Wenn wir also im Einzelfall Grund zu einer Anfrage bei der Schweiz haben, bekommen wir – nur damit keine Zerrbilder entstehen – auch Auskünfte. Aber sie hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor. Deswegen muss man erst einmal wissen, bei wem man anfragen kann. Die Auskunftsmöglichkeiten wären übrigens gegenüber dem OECD-Standard durch das Abkommen stark verbessert worden. Mit Inkrafttreten des Abkommens am 1. Januar 2013 hätten wir eine befriedigende Regelung gehabt, die völlig unserer Rechtslage entspricht. Jetzt kommt das Problem für die Vergangenheit. Herr Kollege Gambke, nur damit das klar ist: Das FATCA-Abkommen der USA tritt in Kraft für Vermögen, Einkommen und Vermögenseinkünfte ab dem 1. Januar 2014. Heute haben wir den 24. April 2013. FATCA gilt nicht für die Vergangenheit. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: So ist das!) Es gibt kein Abkommen und keine Regelung, das oder die irgendetwas für die Vergangenheit bewirkt. Das ist die Wahrheit, und das Gegenteil ist die Unwahrheit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Amerikaner haben keinerlei Abkommen für die Vergangenheit. Die Amerikaner haben nach ihrem Doppelbesteuerungsabkommen dieselben Möglichkeiten, von der Schweiz Auskünfte zu verlangen, wie wir sie haben und wie sie unsere Steuerverwaltung auch in Anspruch nimmt. Für die Vergangenheit gab es diese Regelung. Von der rot-grünen Koalition wurde der Versuch einer Amnestie unternommen. Der ist nicht sehr erfolgreich gewesen. Wir haben einen Versuch mit einer Regelung gemacht, die in 90 Prozent aller Fälle eine höhere Besteuerung als die Regelbesteuerung bei der strafbefreienden Selbstanzeige vorgesehen hätte. Menschen, die in Deutschland steuerpflichtig sind und bei Schweizer Banken Einlagen haben, hätten ab dem 1. Januar drei Möglichkeiten gehabt: Entweder hätten sie einen Nachweis ihres zuständigen Finanzamtes über die ordnungsgemäße Besteuerung vorlegen müssen, oder sie wären einer pauschalierten Besteuerung, die höher als die Regelbesteuerung ist, unterworfen worden, oder die Schweizer Bank hätte ihre Geschäftsbeziehung beendet und die Schweiz hätte uns gemeldet, wohin die Bestände abgezogen sind. Sie haben immer vom Abschleichen geredet. Der jetzige Fall hat Sie gar nicht dazu gebracht, zu sagen, dass das mit dem Abschleichen offenbar gar keine so große Gefahr gewesen ist. Im Übrigen, Herr Kollege Gambke, gebietet die Wahrheit doch, zu sagen, dass der schon erwähnte Ministerpräsident Kretschmann ein Befürworter dieses Abkommens war – wie ich übrigens von keinem Landesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschland in den Monaten der Verhandlungen grundsätzliche Einwände gegen dieses Abkommen gehört habe. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Bleiben Sie doch bei der Wahrheit! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Natürlich sind wir in einer durch viele Urteile überprüften, nicht einfachen rechtlichen Beurteilung zu der Einschätzung gelangt, dass, solange wir die Informationen nicht bekommen, der Ankauf von Datensammlungen auch von Menschen, die sich zumindest nach Schweizer Recht strafbar machen, zulässig und in einer rechtlichen Güterabwägung vertretbar ist. Ihr habt das mitgetragen; wir haben uns daran beteiligt. Dieser Ankauf von Datensammlungen wäre mit dem Inkrafttreten des Abkommens überflüssig geworden, weil wir alle Informationen gehabt hätten. Ohne das Abkommen ist er es nicht. Ihn aber zur regelmäßigen Grundlage des Vollzugs von Steuergesetzen zu machen, kann doch nicht im Ernst die Anforderung an rechtsstaatliche Verhaltensweisen sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Für die Zukunft gilt: Die Lage ist, wie sie ist. Die meisten Steueransprüche für die Vergangenheit werden verjährt sein. Die Schweiz wird auch nicht bereit sein, ein neues bilaterales Abkommen abzuschließen. Wir haben schon die Initiative ergriffen, die Zinsbesteuerungsrichtlinie in der EU entsprechend den FATCA-Abkommen, die alle mit der amerikanischen Regierung abgeschlossen haben – wir werden es in den nächsten Tagen fertigstellen –, auf alle Kapitaleinkünfte auszudehnen und den automatischen Informationsaustausch für die Zukunft – aber eben nicht rückwirkend – einzuführen. Wir werden darauf drängen, dass die EU ein Verhandlungsmandat auch im Hinblick auf Drittstaaten bekommt. Luxemburg hat angekündigt, ab 2015 am automatischen Informationsaustausch teilnehmen zu wollen. Der luxemburgische Finanzminister hat übrigens öffentlich erklärt: Wenn nicht der Nachfolger von Herrn Steinbrück die Beziehungen zu Luxemburg wieder in Ordnung gebracht hätte, dann wäre es in Luxemburg niemals möglich gewesen, diesen Schritt zu gehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wissen Sie, die Methoden von Wilhelm II. haben in Deutschland schon vor 100 Jahren nicht viel Segen gebracht. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich hoffe, dass der automatische Informationsaustausch sehr bald in Europa und darüber hinaus Standard sein wird. Dann werden wir auch noch einmal in aller Ruhe über die Abgeltungsteuer diskutieren können. Gleichzeitig bemühen wir uns, das OECD-Muster-abkommen zu erweitern – das ist ein weiterer Schritt –, um auch darüber den automatischen Informationsaustausch einführen zu können. Das ist noch schwieriger, und es wird Zeit brauchen. Es wäre natürlich die bessere Lösung; denn dadurch hätten wir nicht nur in Europa noch bessere Informationsmöglichkeiten. Wir nutzen das OECD-Musterabkommen häufig. Wir haben – dies ist bereits erwähnt worden – in den letzten Jahren über 40 Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das ist der Weg, den wir mit großem Nachdruck gehen. Ich will eine letzte Bemerkung machen. In der öffentlichen Debatte wird zwischen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung gelegentlich nicht genau unterschieden. Beides ist ärgerlich. Deswegen haben wir die Initiative ergriffen, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in der globalisierten Welt einzuschränken. Das ist ein mühsamer Weg. Wir gehen ihn konsequent Schritt für Schritt, um dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen -Steueransprüche, die wir unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zumuten müssen, um unseren öffentlichen Haushalt zu finanzieren, vollständig und den Regeln der Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit entsprechend vollzogen werden. Das ist der Weg. Alles andere ist unverantwortliche Polemik. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Das war aber nichts!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Florian Pronold. Bitte schön, Kollege Florian Pronold. (Beifall bei der SPD) Florian Pronold (SPD): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich war ab 2002 einige Jahre Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. Ich kann mich sehr gut erinnern, wie wir damals die Debatte über die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und die -Trockenlegung von Steueroasen geführt haben. Das, was Sie, Herr Wissing und Herr Michelbach, heute gesagt haben, ist dieselbe Platte wie damals. Sie haben Verständnis für Steuerhinterziehung und Steueroasen geäußert. Sie haben sich immer wieder der geistigen Beihilfe schuldig gemacht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hat keiner gemacht!) Wir haben 2003 eine Brücke in die Steuerehrlichkeit geschaffen, aber nicht mit der Möglichkeit der Anonymität. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steuergeheimnis hat Anonymität!) – Nein, Entschuldigung. – Bei dieser Brücke in die Steuerehrlichkeit war vorgesehen, dass die Steuerbehörden in Deutschland erfahren, wer etwas hinterzogen hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Trotzdem wäre dies straffrei geblieben. Wir haben diese Brücke im Jahr 2003 geschaffen. Alle hätten die Möglichkeit gehabt, diese Brücke in die Steuerehrlichkeit zu beschreiten. Was ist passiert? So gut wie nichts. Jetzt wird es spannend. Wann fängt denn die Bereitschaft zur Steuerehrlichkeit an? (Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Bei der Vermögensabgabe!) Sie fängt in dem Moment an, in dem es gelingt, Steuer-CDs anzukaufen, und die Gefahr der Entdeckung wächst. Erst dann wurden die Kohlen so glühend heiß, dass viele nicht mehr ruhig schlafen konnten. Erst dann stieg die Anzahl der Selbstanzeigen an, und erst dann kam das Geld gerechterweise zurück nach Deutschland. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Mit diesem Steuerabkommen mit der Schweiz hätte man zum Beispiel den Ankauf solcher Steuer-CDs untersagt. (Joachim Poß [SPD]: So ist es!) Wir hätten alle, die sich an kriminellen Machenschaften in der Schweiz beteiligen, straffrei ausgehen lassen. Auch das wäre Bestandteil dieses Steuerabkommens gewesen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was machen Sie jetzt? Jetzt machen Sie das Gleiche! Das ist doch auch straffrei!) Vor allem hätte es nicht dazu geführt, dass die Anonymität aufgehoben wird. Das war die größte Sauerei bei -Ihrem Versuch. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) In all den Debatten, die wir im Deutschen Bundestag über dieses Thema geführt haben, haben wir erlebt, wie sehr das Vorhaben, Steuer-CDs anzukaufen, von Herrn Wissing und vielen anderen bekämpft worden ist. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist Hehle-rei! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Sie haben vielleicht ein Staatsverständnis!) Sie machen sich mehr Sorgen um Steuerhinterzieher und Staaten, deren Geschäftsmodell auf Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität beruht, als über den ehrlichen und anständigen Steuerzahler in Deutschland. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Jeder Arbeitnehmer muss seine Steuererklärung abgeben. Aber Millionäre, die meinen, sie könnten für sich ein Sonderrecht in Anspruch nehmen, bekommen von FDP und CDU/CSU fürsorglich und inbrünstig Zuwendung, und zwar in jeder Debatte. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: -Unverschämtheit! – Holger Krestel [FDP]: Sie reden nur Schwachsinn! Schalten Sie doch mal die Phrasendreschmaschine aus! – Joachim Poß [SPD]: Genau! Eine Zuwendung von Frau Merkel und von Schäuble!) Herr Michelbach, halten Sie sich nur einmal Folgendes vor Augen: Erwin Huber, der frühere Vorsitzende der CSU, hat wieder einmal bekannt – zu lesen im heutigen Münchner Merkur –, dass dieses Thema im Freistaat Bayern eine Frage der Standortpolitik war und man sogar Werbung damit gemacht hat, weniger Steuerfahnder und Steuerprüfer als andere Bundesländer zu haben. Ich würde mir wünschen, Sie verhielten sich auch den normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber so fürsorglich. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Aber nein, ein Unternehmen mittlerer Größe wird in Bayern nur alle 40 Jahre geprüft. Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat festgestellt – das ist fast wie in Dinner for One an Silvester; er stellt das nämlich -jedes Jahr fest –, dass die bayerische Steuerverwaltung unterbesetzt ist. 40 Prozent der Posten, die mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht und mit der Durchführung von Betriebsprüfungen zu tun haben, sind nicht besetzt. Das war Standortpolitik, und das war gewollt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Markus Söder hat angesichts der steuerpolitischen Debatte, in der im Hinblick auf die rot-grünen Steuerpläne Unsinn und Angst verbreitet werden, noch vor -wenigen Monaten sogar Verständnis für Steuerflucht geäußert, und das als jemand, der Finanzminister eines Bundeslandes der Bundesrepublik Deutschland ist. Da muss man sich aufseiten von Schwarz-Gelb doch in Grund und Boden schämen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Sie haben ihn aber nicht korrigiert und ihn nicht zur Rechenschaft gezogen. Das ist das Ärgerliche. Auch was den Ankauf von Steuer-CDs angeht, ist es im Freistaat Bayern sehr mau geworden. 22 Angebote lagen vor, kein einziges ist angenommen worden. Markus Söder hat angekündigt, dass er sich an dem -Ankauf der CDs durch andere Länder nicht einmal beteiligen will. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Weil das auch keine Lösung ist!) Übrigens haben diese CDs dem Freistaat Bayern in den letzten zwei Jahren Einnahmen von über einer halben Milliarde Euro eingebracht. Allerdings hat Bayern keinen Beitrag zur Förderung der Steuerehrlichkeit leisten wollen. Auch das finde ich schäbig, wenn ich das an dieser Stelle sagen darf. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sorgen um die „armen“ Steuerflüchtlinge hat sich insbesondere der bayerische Ministerpräsident gemacht, und zwar auf einer Reise in die Schweiz. Auf einer Delegationsreise in die Schweiz, die im letzten Jahr stattfand, hat er die mitreisende SPD-Abgeordnete Aures mehrmals öffentlich aufgefordert, endlich dafür Sorge zu tragen, dass sich die Bundes-SPD bewegt, um dem Steuerabkommen mit der Schweiz Tür und Tor zu öffnen. Liebe Inge Aures, liebe SPD, liebes Rot-Grün im Bundesrat, herzlichen Dank, dass dieser Unsinn blockiert worden ist! Das war ein guter Tag für die Steuerehrlichkeit. Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Holger Krestel [FDP]: -Gucken Sie sich mal Ihre Wahlergebnisse in Bayern an! Dann wissen Sie, was der Wähler von Ihren Sprüchen hält!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der FDP unser Kollege Dr. Daniel Volk. Bitte schön, Kollege Dr. Volk. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Daniel Volk (FDP): Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Opposition, diese Debatte wird von Ihnen in einem Stil geführt, den ich zum Teil als für dieses Hohe Haus wirklich unwürdig empfinde. (Manfred Zöllmer [SPD]: „Unwürdig“? – Joachim Poß [SPD]: Unwürdig war Ihr Abkommen! Wir leben in einem Rechtsstaat! – Weitere Zurufe von der SPD: Oh!) Wenn Sie, Herr Kollege Pronold, behaupten, Kollegen von der Union würden sich gewissermaßen zur Kumpanei mit Steuerhinterziehern hinreißen lassen, (Manfred Zöllmer [SPD]: Richtig! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist auch richtig schlimm! Das stimmt!) dann, finde ich, ist das diesem Hohen Haus nicht angemessen. (Florian Pronold [SPD]: Eine Beleidigung ist umso schlimmer, je mehr sie der Wahrheit entspricht!) Herr Kollege Oppermann, dass Sie einem amtierenden Bundesfinanzminister vorwerfen, er würde sich nicht ordnungsgemäß um die Kassen des Staates kümmern, ist ebenfalls unwürdig. Hinzu kommt: Es ist auch falsch. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Na, das ist ja ein Supervergleich! – Florian Pronold [SPD]: Ja, und warum? Weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das über die Mehrwertsteuer bezahlen müssen!) Da können Sie dem amtierenden Bundesfinanzminister, der einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen wird, doch nicht allen Ernstes vorwerfen, er würde sich nicht angemessen um die Staatsfinanzen kümmern. Das ist wirklich unwürdig und falsch. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Und lächer-lich!) Unwürdig ist auch, wenn Sie, liebe Kollegen von der Opposition, einen Einzelfall, der momentan durch die Medien geht, (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist leider kein Einzelfall!) dazu nutzen, Pauschalurteile zu treffen wie zum Beispiel, alle Millionäre würden bei ihrer Steuerhinterziehung von der Politik geradezu noch unterstützt. (Florian Pronold [SPD]: Es sind ja nicht alle Millionäre Steuerhinterzieher!) Eine solche Form der Pauschalisierung ist, glaube ich, der Ernsthaftigkeit dieses Themas nicht angemessen. Dementsprechend dankbar bin ich dem Bundesfinanzminister, dass er hier in aller Sachlichkeit noch einmal dargelegt hat, unter welchen Koordinaten das Abkommen mit der Schweiz ausgehandelt wurde und warum es für die Vergangenheit die einzig mögliche Lösung gewesen wäre. Sie von der Opposition bieten ja keine Lösungen für die Vergangenheit. (Joachim Poß [SPD]: Doch! – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Transparenz heißt, dass man sich auch für die Vergangenheit erklären muss!) Es ist abwegig, wenn Sie darauf verweisen, mit dem Ankauf von Steuer-CDs würden alle Steuerpflichtigen gleichmäßig zur Besteuerung herangezogen. Das ist -einfach falsch. So wird man das niemals schaffen. Der Ankauf von Steuer-CDs kann immer nur punktuell -wirken, aber niemals gleichmäßig über alle Steuerpflichtigen. (Joachim Poß [SPD]: Der Ankauf von Steuer-CDs ist nur eine Maßnahme!) Das Vertrauen in den Rechtsstaat gebietet aber, dass wir alle Steuerpflichtigen gleichmäßig zur Besteuerung heranziehen. (Joachim Poß [SPD]: Ihre Partei hat das sogenannte Bankgeheimnis ins Gesetz geschrieben!) Eine Antwort auf die Frage, wie das erreicht werden soll, bleiben Sie weiterhin schuldig. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Natürlich haben Sie bei Ihrer Argumentation ein großes Problem; denn Sie waren es, die mit der Ablehnung des deutsch-schweizerischen Abkommens für die Vergangenheit bewirkt haben, dass Milliarden, die dem Bundeshaushalt, aber auch den Länderhaushalten und den Kommunalhaushalten zugeflossen wären, nicht fließen werden. Das ist Ihre Verantwortung aufgrund der Ablehnung dieses Steuerabkommens. (Beifall bei der FDP) Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen. Andererseits behaupten Sie doch immer, dass der Staat bzw. die Bundesländer unterfinanziert seien. Die Widersprüchlichkeit Ihrer Aussagen ist also offensichtlich. Ich darf jetzt zum zweiten Punkt dieser Aktuellen Stunde kommen, zur Vermögensabgabe bzw. Vermögensteuer; die SPD spricht von einer Vermögensteuer, die Grünen sprechen von einer Vermögensabgabe. Diese Vermögensabgabe soll für zehn Jahre eingeführt werden, um dann durch eine Vermögensteuer ersetzt zu werden; das habe ich so, glaube ich, richtig verstanden. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bezweifle, dass Sie was verstanden haben!) Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, behauptet überall, Betriebsvermögen würden bei Einführung einer Vermögensteuer oder Vermögensabgabe ausgenommen. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das sieht Herr Kretschmann anders!) Peer Steinbrück sagt dies entweder wider besseres Wissen, oder er weiß es schlichtweg nicht. Eine Unterscheidung zwischen Privatvermögen einerseits und Betriebsvermögen andererseits ist doch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht möglich. Dementsprechend wird eine Vermögensteuer oder Vermögensabgabe dazu führen, dass mittelständische Unternehmen in Deutschland mit einer Substanzbesteuerung belastet werden, die die Eigenkapitalbasis dieser Unternehmen reduzieren wird, was negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in Deutschland hat. Wir haben in den letzten vier Jahren eine Steuerpolitik gemacht, die dazu geführt hat, dass sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt konkurrenzlos gut entwickelt haben. (Manfred Zöllmer [SPD]: Die Hoteliers haben Sie begünstigt! – Joachim Poß [SPD]: Sie haben nur die Hoteliers begünstigt! Sonst haben Sie überhaupt nichts gemacht!) Das waren vier gute Jahre für Deutschland. Wir werden dafür sorgen, dass eine Politik, wie Sie sie vorschlagen, in Deutschland niemals Raum finden wird. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Jürgen Trittin. Bitte schön, Kollege Jürgen Trittin. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sagen Sie etwas zu Herrn Kretschmann!) Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ganz habe ich das nicht verstanden, Herr Michelbach. Sie haben ja fast so getan, als würden Sie Herrn Hoeneß gar nicht kennen. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, dass er kein CSU-Mitglied ist!) Er ist immerhin so unbekannt, dass er – das können Sie nachlesen – mit der Bundeskanzlerin zusammen eine Initiative entwickelt hat unter der Überschrift „Geh Deinen Weg“. Da war Ihnen Herr Hoeneß als Kronzeuge gegen eine angemessene und leistungsgerechte Besteuerung in dieser Gesellschaft lieb. Da kannten Sie ihn noch. Heute ist das wohl anders. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Heute erklärt Herr Schäuble: Das ist ein Einzelfall. Lieber Herr Schäuble, das ist ein Einzelfall von 3 356 Einzelfällen; denn so viele Steuerhinterzieher haben sich allein in diesem Jahr aufgrund des Scheiterns dieses Abkommens selbst angezeigt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Eines können Sie dem Herrn Hoeneß nicht vorwerfen, nämlich dass er sich nicht treu geblieben ist. Er ist weiterhin Kronzeuge. Er ist nämlich der Kronzeuge gegen Ihr Abkommen, weil er öffentlich erklärt hat: Ich habe mich darauf verlassen, dass ich für diesen schweren Fehler – so nennt er das heute – künftig in der Anonymität bleibe. Eine schärfere Kritik an Ihrem Abkommen als die kann ich mir gar nicht vorstellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Sie wissen, dass es, wenn dieses Abkommen durchgekommen wäre, all die Schritte, von denen Sie jetzt angeblich so begeistert wird, nämlich die Aufhebung der Haltung von Luxemburg und Österreich und der Schritt hin zum automatisierten Datenabgleich, nicht gegeben hätte, (Joachim Poß [SPD]: So ist es! Blockiert!) weil sich Luxemburg und Österreich hinter Ihnen und Ihrem Geldwaschabkommen versteckt hätten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE]) Ja, es gibt einen Schritt hin zu mehr Ehrlichkeit, weil es einen Verfolgungsdruck gibt, und ich glaube, dass wir an dieser Stelle ein ganzes Stück weitergekommen sind, weil wir dieses Abkommen verhindert haben. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: So ist es!) Ich glaube aber auch, dass das nicht hinreichend ist. Sie können hier nicht einfach sagen: Ich wünsch mir was. Nein, Sie regieren noch – bis zum 22. September 2013. Was ist denn mit dem, wie es die USA praktizieren, und den entsprechenden Vorschlägen? Die Erteilung einer Banklizenz wird dort daran geknüpft, dass der Zugang der USA zu den Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger in dem jeweiligen Land gewährleistet ist. Warum gehen Sie diesen Schritt nicht? (Dr. Daniel Volk [FDP]: Das ist alles für die Zukunft! Nichts zur Vergangenheit! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ist doch ab 2014!) Herr Schäuble, Sie haben darüber geredet, dass es auch um Steuervermeidung und darum geht, Steuerschlupflöcher und Steueroasen für legale Steuervermeidung zu schließen. Warum fassen Sie sich denn nicht an die eigene Nase? Es ist doch auch so, dass sich Deutschland seine Steueroase gönnt, nämlich im Bereich der Vermögen- und Erbschaftsteuer. 2 Prozent unseres Steueraufkommens resultieren aus diesen Steuern. Das ist nicht einmal die Hälfte des Durchschnitts der entwickelten Industrieländer. Frankreich – übrigens das Frankreich Sarkozys, nicht das Hollandes – erhält 8,5 Prozent daraus, und das Land des freien Marktes, des ungezügelten Kapitalismus, die USA, generiert 13 Prozent seines Aufkommens aus Steuern auf Vermögen und Erbschaften. Und Sie wollen krampfhaft daran festhalten, dass Deutschland bei diesen Steuern eine Steueroase bleibt! Auch das geht nicht. Auch dieses ist zu beenden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es lebe die Steuererhöhung! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Reden Sie jetzt zu Herrn Kretschmann oder zu uns?) Sie können ja lange darüber philosophieren, ob es im Rahmen der Strafverfolgung Sinn macht, Selbstanzeigen und Ähnliches zuzulassen. In Bezug auf Straftaten, die im Ergebnis nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können, weil jemand um Millionen betrogen hat – stellen Sie sich einmal vor, jemand würde 1 000 Omas jeweils um 1 000 Euro erleichtern und könnte sich mit der einfachen Erklärung: „War nicht so gemeint“, von einem öffentlichen Verfahren verabschieden –, sage ich Ihnen: In der Tat glaube ich, dass über eine solche Entscheidung nicht auf dem kurzen Wege zwischen dem Anwalt und der Staatsanwaltschaft entschieden werden kann. Das soll möglich bleiben, aber dieses muss durch ein Gericht entschieden werden. Auf dem Weg in die Legalität darf man nicht durch die Hintertür gehen und ano-nym bleiben. Da ist schon der Anspruch auf Transparenz vorhanden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Letzte Bemerkung. Uli Hoeneß hat noch einen Satz gesagt: Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern. Meine Damen und Herren, dieser Satz war nicht nur gelogen, sondern auch dumm. (Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Das wird nichts mehr mit Rot-Grün!) Es ist klug, Steuern zu zahlen: damit Polizistinnen und Polizisten für Sicherheit sorgen, damit unsere Kinder zur Schule, in die Kita und in die Universität gehen können, damit sozial Schwachen geholfen werden kann. Es ist klug, Steuern zu zahlen, damit unsere Unternehmen mit einer leistungsfähigen Infrastruktur wettbewerbsfähig bleiben. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Aber eben Ertragsteuern und keine Vermögensteuern! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Keine Substanzbesteuerung!) Deswegen ist diese verlogene Doppelmoral, die im Fall Hoeneß offensichtlich zutage tritt, nicht akzeptabel. Sie sollten aufhören, sich zum Schutzpatron für diese verlogene Doppelmoral zu machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Also, es ist unerträglich!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Manfred Kolbe. Bitte schön, Kollege Manfred Kolbe. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister a. D. Jürgen Trittin, das war wieder eine Ansammlung von Sprechblasen und Halbwahrheiten, ohne dass irgendetwas Programmatisches für die Zukunft in Ihrer Rede enthalten war. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Daniel Volk [FDP]: Und von Unkenntnis geprägt!) Ich erwähne einmal drei Punkte: Erstens: Eichels Steueramnestie – Sie saßen bekanntermaßen zwischen 1998 und 2005 im Kabinett, wenn auch in einem anderen Ressort, waren also an der Regierungspolitik beteiligt – sah eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage um 60 Prozent bei der hinterzogenen Einkommensteuer, 80 Prozent bei der Erbschaftsteuer und 90 Prozent bei der Gewerbesteuer vor. Das Ganze haben Sie als „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ verkauft. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: -Steuergeschenke!) Natürlich sollte auch dabei Anonymität gelten. Sie tun immer so, als seien Sie damals für Offenheit gewesen. (Florian Pronold [SPD]: Das war nicht ano-nym! Das hätte den deutschen Behörden angezeigt werden müssen!) Natürlich sollte auch dabei Anonymität gelten, Herr Pronold, weil das Steuergeheimnis ebenfalls gegolten hätte. (Joachim Poß [SPD]: Die Finanzbehörden wären informiert worden!) Noch einmal: Es sollte genauso Anonymität gelten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Herr Oppermann, wenn Sie einen Verlust des Vertrauens in den Rechtsstaat sehen, dann müssen Sie eingestehen: Das müsste auch im Hinblick auf Eichels Politik gelten. Wir haben damals in der Tat einen Verlust des Vertrauens in den Rechtsstaat gesehen. Zweitens. Sie haben wieder Uli Hoeneß erwähnt, in der Hoffnung, uns damit zu treffen. Niemand will sein Verhalten entschuldigen. Wir wissen auch noch gar nicht alles. Ich glaube deswegen, wir können uns dazu noch nicht abschließend äußern. Aber es gibt auch Fälle aus Ihrem Bereich. Nehmen Sie den französischen Haushaltsminister Cahuzac, einen Champagnersozialisten aus Paris, also mit Ihnen verwandt. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat der denn mit mir zu tun? – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen hergeholt!) Wir erwähnen ihn doch auch nicht jeden Tag und reden hier nicht von einer verächtlichen Doppelmoral der So-zialisten. Also, wenn Sie solche Beispiele suchen, dann suchen Sie sie doch auch aus anderen Bereichen heraus. Drittens. Wenn Sie schon als Finanzminister in spe – ich glaube nicht, dass Sie Finanzminister werden – Vergleiche zwischen dem Steuersystem der USA und Deutschlands anstellen, dann sollten Sie zumindest Grundkenntnisse haben. Die Grundsteuer hat in den USA eine ganz andere Funktion als in Deutschland. Dafür gibt es dort wesentlich andere, niedrigere Steuern. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Steuerquote sind sie auch nicht höher als wir!) Das war also ein Vergleich, der einfach hinkt. Es geht nicht an, bloß die Grundsteuern zu vergleichen. Lassen Sie mich zusammenfassen und zu den Fakten zurückkehren. (Florian Pronold [SPD]: Sie sollten einmal mit den Fakten anfangen!) Ich möchte auf das verweisen, was diese Koalition zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung geleistet hat. Es gibt in der Tat, Herr Pronold, eine Wendemarke: Das ist das Jahr 2005; das ist die Regierungsübernahme der Union. Seitdem ist das Leben für Steuerhinterzieher härter geworden. (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besonders in Bayern! Die müssen noch mehr Geld über die Grenze schleppen!) – Ich weiß nicht, warum die Sozialdemokraten so lachen. An den ersten Jahren einer unionsgeführten Regierung haben sie ja durchaus mitgewirkt; das haben wir ja die ersten Jahre gemeinsam bewerkstelligt. Deshalb verstehe ich Ihre Reaktion überhaupt nicht. (Florian Pronold [SPD]: Sie legen es darauf an, in die heute-show zu kommen!) Wir haben damals die Bekämpfung der bandenmäßigen Umsatzsteuerhinterziehung eingeführt. Wir haben die Telekommunikationsüberwachung bei schweren Steuerdelikten eingeführt. Wir haben damals die Verjährungsfrist verlängert, Herr Oppermann. Wir sind schon da, wo Sie noch hinwollen. Bezüglich des Ankaufs von Steuer-CDs hatte Bundeskanzlerin Merkel von Anfang an eine glasklare Position gehabt. Außerdem haben wir die strafbefreiende Selbstanzeige eingeschränkt. (Florian Pronold [SPD]: Bei der Bekämpfung von Steuerkriminalität und Wirtschaftskriminalität waren Sie Bremser!) Zur strafbefreienden Selbstanzeige habe ich heute einmal den Tickerdienst durchgeschaut und bei der SPD fünf Meinungen dazu gefunden. Da gibt es Herrn Steinbrück, der sie beibehalten möchte und dann noch sagt, sie dürfe aber nur dann greifen, wenn die Steuerfahndung noch nicht auf der Spur sei. Das ist eine Selbstverständlichkeit; (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das steht im Gesetz! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist die Rechtslage!) auch da offenbart Ihr Kanzlerkandidat, indem er das betont, wieder profunde Kenntnis. Dann gibt es Herrn Stegner, der sie ganz abschaffen will, Herrn Gabriel, der sie auf geringfügige Delikte beschränken will, und Herrn Oppermann, der sie nur noch vorübergehend haben will; Sie, Herr Poß, haben eine fünfte Meinung; an sie erinnere ich mich jetzt nicht mehr. (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Und es gibt eine sechste und eine siebte Meinung! – Florian Pronold [SPD]: Herr Kolbe, Sie vergessen immerzu etwas!) Sie müssen schon wissen, was Sie wollen. Wir haben hier die notwendigen Reformen durchgeführt. Wir haben schon vor drei Jahren – Herr Pronold, dazu hat uns niemand gezwungen, weil wir das als christlich-liberale Koalition gemacht haben, ohne Ihre Hilfe – den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt; er war in der Tat zu spät. (Florian Pronold [SPD]: Kann es sein, dass es vorher höchstrichterliche Rechtsprechung gab und Sie gezwungen waren, das zu tun?) Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft – jeder muss sich jetzt vollkommen offenbaren –, und wir haben einen Zuschlag für Hinterziehungszinsen eingeführt. (Florian Pronold [SPD]: Erzählen Sie nicht solche Märchen!) Also, die Koalition hat hier durchaus gehandelt, (Florian Pronold [SPD]: Sie sind vom obersten Gericht gezwungen worden!) auf dem Weg zu einem Ziel, zu dem Sie noch hinwollen, wobei Sie nicht genau wissen, wohin Sie wollen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Pinocchio ist ein Waisenknabe gegen Sie!) Wir sind auch für die Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige – lassen Sie mich das zum Abschluss noch sagen –, weil das kein Fremdkörper im Strafrecht ist, wie es immer dargestellt wird. Auch da zeigt, wer das sagt, komplette Unkenntnis. Das ist ein Fall des Rücktritts vom beendeten Versuch, und ihn haben Sie an vielen Stellen im Strafrecht. Den haben Sie bei der Fälschung von Geld- und Wertzeichen, den haben Sie bei der Geldwäsche, den haben Sie beim Subventionsbetrug, den haben Sie bei der Brandstiftung. Wer den Brand wieder löscht, geht straffrei aus. (Florian Pronold [SPD]: Das ist nicht straffrei! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Strafmindernd!) Diesen Rücktritt haben Sie auch bei vielen anderen Tatbeständen. Das ist ein Tatbestand, der durchaus systemimmanent ist. (Florian Pronold [SPD]: Äpfel und Birnen!) Wir haben ihn auf das Notwendige reduziert, und wir wollen ihn beibehalten. Diese Bundesregierung wird weiter gegen Steuerhinterziehung kämpfen. Es ist in Deutschland – das ist unser Erfolg – für Steuersünder härter geworden, und das ist gut so. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Üben Sie das Tanken, anstatt über Steuerpolitik zu reden!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Dr. Carsten Sieling. – Bitte schön, Kollege Dr. Sieling. (Beifall bei der SPD) Dr. Carsten Sieling (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In solchen Aktuellen Stunden gibt es immer den Zeitpunkt, zu dem sich die Menge der Falschaussagen wirklich angehäuft hat, sodass man kaum noch die Möglichkeit hat, sie alle abzuarbeiten. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie toppen das jetzt noch, Herr Sieling! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Bei der SPD?) Aber ich will gern die Gelegenheit nutzen, einige der Punkte aufzunehmen. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber jetzt kommt der Höhepunkt!) Die erste Falschaussage, die ich hier aufnehmen möchte, weil sie wirklich offenkundig war, Herr Kollege Kolbe, ist die, dass bei der von Hans Eichel als Finanzminister vorgesehenen Amnestie Anonymität gewahrt worden wäre. Ganz genau das Gegenteil ist die Wahrheit: (Beifall bei der SPD) Die Steuerhinterzieher wären gemeldet worden; sie wären nicht anonym geblieben. (Zuruf von der FDP: Es wäre nicht öffentlich geworden!) Das Zweite, was in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist die Tatsache, meine Damen und Herren, dass es dann darum geht, dass das Steuergeheimnis und das Bankgeheimnis angegangen werden müssen, und auch das hat Rot-Grün damals gemacht und versucht. Wir haben hier in diesem Deutschen Bundestag nach 2002 eine Mehrheit dafür gehabt. Aber dann musste dies wie alle Steuerfragen in den Bundesrat, und im Bundesrat ist es von den CDU/FDP-geführten Ländern blockiert worden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Kollege Kolbe, Sie waren vielleicht damals noch Staatsminister in Sachsen und somit aktiv beteiligt, weil nämlich auch Sachsen das blockiert hat, und darum reden Sie hier falsch Zeugnis. Meine Damen und Herren, so kann es nicht weitergehen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Für schlimmer erachte ich die Eindrücke, die erweckt werden. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben einen dieser Eindrücke hier erweckt, die ich noch einmal sehr deutlich aufnehmen möchte, mit der Unterstellung nämlich, dass wir Sozialdemokraten uns und auch die anderen Oppositionsfraktionen sich jetzt an dem Einzelfall Hoeneß aufhängten und wir diesen Einzelfall für uns nutzten. (Zuruf von der CDU/CSU: Das machen Sie schon!) Herr Bundesfinanzminister, Sie müssten wissen, was mittlerweile die Wochenzeitung Die Zeit auch schreibt: dass seit 2010  47 400 Menschen – ich sage diese Zahl ganz ausdrücklich – in Deutschland Selbstanzeige vorgenommen haben, weil sie genau diese Gefahr sehen. 47 400-mal Uli Hoeneß! Das ist kein Einzelfall, das ist eine große Zahl von Menschen, die Gott sei Dank dies ermöglicht haben. Der politische Punkt ist doch in der Tat, dass Herr Hoeneß deutlich gesagt hat, warum er gewartet hat: nämlich auf das Deutsch-Schweizer Steuerabkommen, das Sie natürlich hätten besser machen können. Ich will auch sagen, was Sie während der Verhandlungen teilweise besser gemacht haben. In der Debatte hatten Sie schon eine Vorlage vorgelegt. Dann haben wir gedrängt und gesagt: So geht das nicht. – Daraufhin sind Sie losmarschiert und haben nachverhandelt. Also, dass man nicht nachverhandeln kann, gilt hier nicht als Ausrede. Allerdings waren diese Nachverhandlungen völlig unzureichend. Ich will an dieser Stelle einmal, damit das klar ist, drei zentrale Defizite nennen. Der erste Punkt ist: In dem Abkommen war vorgesehen, dass deutsche Anleger mit Geld in der Schweiz noch bis Ende 2012 die Gelegenheit gehabt hätten, ihr Geld woandershin zu transferieren. Vielleicht haben Leute wie Herr Hoeneß und andere darauf gewartet, um ihr Geld in anderen Steueroasen anzulegen. Ich weiß es nicht und will ihm das gar nicht unterstellen, aber wenn so eine Frist in dem Abkommen gestanden hätte, muss man heutzutage von allem ausgehen. Sie haben diese Möglichkeit geschaffen. Das ist der erste Grund, warum dieses Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt werden musste. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Aber Hoeneß hat doch nicht transferiert!) Der zweite Mangel war, dass der hier schon angesprochene automatische Informationsaustausch in dem Abkommen nicht vorgesehen war. Diesen Austausch brauchen wir. Er entspricht internationalen Standards. Mittlerweile höre ich Gott sei Dank auch aus Ihrem Hause und auch von Ihnen, dass Sie die Zinsrichtlinie an dieser Stelle wirksam umsetzen wollen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Das ist doch keine Lösung für die Vergangenheit!) Der dritte Mangel – das will ich ausdrücklich sagen, Herr Kollege Volk –: Es kann kein Abkommen geschlossen werden, auch wenn Ihnen das gut gefällt, worin festgeschrieben wird, dass die deutschen Behörden nicht weiter ermitteln dürfen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Wenn die Steuer erhoben wird, dann ist doch nicht mehr Ermittlungsbedarf! Das ist doch logisch!) Es muss weiter möglich sein, Menschen, die kriminell geworden sind, zu fassen. Das hätte ein notwendiger Teil – Thomas Oppermann hat es „Staatsräson“ genannt – dieses Abkommens sein müssen. Ich will hier zuletzt sehr deutlich sagen, dass die von SPD und Grünen regierten Bundesländer nicht mit Vergnügen und nicht mit Freude tagtäglich Steuer-CDs kaufen wollen. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie meinen doch, es ist ein Allheilmittel!) Das ist eine Notmaßnahme; (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Weil Sie keine Rechtsgrundlage haben!) das wissen auch Sie, Herr Michelbach. Unglaublich ist, dass sich an dieser Notmaßnahme nicht alle beteiligen. Das Bundesfinanzministerium hat in der letzten Woche erklärt, dass es den Ankauf von Steuer-CDs erstmalig akzeptiert. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Kauder, hat vorhin „Hehlerei“ dazwischengerufen. Das habe ich in den letzten Wochen bisher nur von der FDP gehört. Das finde ich unglaublich. Das ist keine Hehlerei. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Doch!) Ich will hier sagen: Ich erwarte, dass alle Bundesländer und auch das Bundesfinanzministerium sich dazu stellen und sich an den Ankaufkosten beteiligen, damit man zeigt, dass wir es ernst meinen; (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) denn wir müssen jetzt Signale setzen. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wäre es nicht sinnvoll, eine vernünftige Rechtsgrundlage zu schaffen?) Ich sage Ihnen gern an dieser Stelle auch: Für uns ist das kein Wahlkampfthema. Wir wollen etwas verändern, hin zu mehr Gerechtigkeit. Wenn Sie in den nächsten Wochen bereit sind, mit uns durchgreifende Maßnahmen zu machen, beschließen wir das (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie wollen jetzt 100 Jahre Steuer-CDs kaufen!) und nehmen damit das Thema aus dem Wahlkampf heraus. Dann machen wir mit Ihnen eine vernünftige Gesetzgebung dazu in Deutschland. Aber ich glaube, Sie bewegen sich hier nicht. Deshalb brauchen wir den Regierungswechsel. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege Dr. Mathias Middelberg. Bitte schön, Kollege Dr. Mathias Middelberg. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte hat, wenn man sorgfältig auf die sachlichen Argumente gehört hat, gezeigt, dass man mit der Schweiz kein besseres Abkommen hätte aushandeln können. Ich glaube, das muss man ganz objektiv sehen. Das, was Wolfgang Schäuble mit der Schweiz ausgehandelt hat, ist das maximal Erreichbare gewesen. (Lachen des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich glaube auch – das hat der Kollege Wissing betont –, dass dies auch unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit die bessere Lösung ist. Mit dem Ankauf von Steuer-CDs können wir allenfalls punktuelle Erfolge landen. Auch wenn in diesem Zusammenhang gerade von 47 000 Menschen die Rede war: In den vergangenen drei Jahren sind bisher lediglich 2 Milliarden Euro geflossen. Wir hätten mit dem Steuerabkommen weitaus höhere Beträge erzielt, wenn wir das Ende letzten Jahres hätten abschließen können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,6 Milliarden waren garantiert, Herr Middelberg! Bleiben Sie bitte schön bei der Wahrheit!) Sie beklagen, dass die Anonymität der Anleger gewahrt worden wäre, wenn wir das Abkommen abgeschlossen hätten. (Florian Pronold [SPD]: 1,6 ist weniger als 2!) Die Situation, die wir jetzt haben, ist doch: Die Anleger bleiben weiterhin anonym. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Genau! – Florian Pronold [SPD]: Aber nicht gegenüber den deutschen Steuerbehörden! – Joachim Poß [SPD]: Er versteht es nicht!) Wir sind darauf angewiesen, dass wir durch den Ankauf einzelner CDs weiter einzelne Beteiligte strafrechtlich belangen und diese zu Nachzahlungen veranlassen können. Das Steuerabkommen mit der Schweiz hätte die Nachversteuerung sämtlicher Konten und Depots in der Schweiz gewährleistet. Der Kollege Sieling hat das eben nicht richtig wiedergegeben. Sie haben das nicht richtig wiedergegeben, Herr Sieling. Sie haben es auch nicht sorgfältig gelesen. Denn es wäre auf den Kapitalbestand am 31. Dezember 2010 abgestellt worden. Danach wäre also mit Abschleichen nichts mehr gewesen; auch diese Vermögensbestände wären erfasst worden. Für mich ist der entscheidende Gesichtspunkt – damit sind wir auch bei der Frage, was das letzten Endes für den Fiskus bedeutet hätte –: Wir hätten nicht nur auf Zinsen der dort geparkten Gelder Steuern nacherhoben, sondern wir hätten auf das gesamte Kapital pauschal Steuern erhoben. Das heißt, es wären dort die gesamten Konten und Depots in ihrem Bestand besteuert worden, und zwar mit einem Steuersatz zwischen 21 und 41 Prozent. Das sind doch die Fakten, und das unterschlagen Sie in dieser Diskussion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Blödsinn, was da erzählt wird! Das ist Blödsinn! Er hat das Steuerrecht nicht gelesen!) Der Kollege Kolbe hat eben zu Recht darauf hingewiesen, wie Ihre Diskussionslage jetzt beim Thema Selbstanzeige ist. Da wissen Sie selber nicht, wie Sie sich dazu aufstellen wollen. Er hat die verschiedenen Beteiligten genannt. Selbst bei Herrn Steinbrück schwankt das ja. Gestern hat Herr Steinbrück noch gesagt, Selbstanzeigen wären eine sinnvolle Sache; dabei müssten wir bleiben. Heute Morgen war davon nur noch ein bisschen die Rede. Wahrscheinlich hat Herr Gabriel ihn angeschoben. Jetzt gibt es nur noch die Selbstanzeige in Bagatellfällen. Damit stellt sich für mich – ich nehme das exemplarisch heraus – auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit bei dem, was Sie steuerpolitisch insgesamt verbreiten. Wir haben uns letzte Woche über das Thema Aufbewahrungsfristen unterhalten. Dabei hat Herr Steinbrück eine große Welle geschoben und gesagt: Ich entlaste den Mittelstand, indem ich die Aufbewahrungsfristen für Rechnungen und Belege verkürze. Jetzt hat die SPD genau das Gegenteil gemacht und dagegen gestimmt. Sie hat ihren eigenen Kanzlerkandidaten bei dem Thema zurückgepfiffen, mit dem er die Mittelständler locken wollte. (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!) Dann kommt der nächste Punkt. Die Abgeltungsteuer hat der Bundesfinanzminister schon erwähnt. Wir alle erinnern uns an den Satz: Es ist besser, 25 Prozent auf X zu haben statt 42 Prozent auf gar nix. Das ist Originalton Steinbrück zum Thema Abgeltungsteuer. Er hat dann auch noch ausdrücklich gesagt: So simpel ist die Rechnung. Dieses Argument springt einem, wenn man es pragmatisch sieht, ins Auge. Das war damals O-Ton Steinbrück. Wir können uns unter anderen Bedingungen auch über die Abgeltungsteuer unterhalten. Das finde ich völlig richtig. Aber es steht außer Frage, dass Sie vor ein paar Jahren immer dies gesagt haben, und jetzt sagt Herr Steinbrück genau das Gegenteil dessen, was er uns vor ein paar Jahren, nämlich 2007, erzählt hat. Genauso ist es beim Thema Unternehmensteuern. Das wurde wortreich begründet: Wenn wir keine Unternehmensteuerreform machen, – also die Unternehmensteuern absenken – wird Deutschland weiter an Steuerbasis … verlieren, und die Staatseinnahmen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben werden auf Dauer nicht mehr, sondern weniger. Eine richtige Erkenntnis Ihres Kanzlerkandidaten. Jetzt verkauft er uns das genaue Gegenteil. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die Wirtschaft wandelt sich! Wir haben kein statisches Modell, wir haben ein dynamisches Modell!) Es muss eine große Orgie von Steuererhöhungen geben, zusätzlich noch die Vermögensteuer und vieles mehr im Land, damit wir dann da landen, wo Frankreich und andere europäische Staaten, die große ökonomische Probleme haben, heute sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Zum Thema Vermögensteuer sagte Herr Steinbrück 2011: Wenn damit nur das Privatvermögen gemeint wäre, hätte ich damit kein Problem. Dann hätte ich persönlich auch kein Problem damit. Er sagte aber richtigerweise: Die Frage ist aber: Wie halten wir es mit dem Firmenvermögen? Wenn wir es voll besteuern, schwächen wir den Mittelstand. Klammern wir es aus, schaffen wir viele Umgehungsmöglichkeiten nach dem Motto: Der Picasso hängt bei mir nicht mehr im Wohnzimmer, sondern im Besucherzimmer meines Betriebs. Da hat Herr Steinbrück ganz richtig erkannt, was der Kollege Volk ausgeführt hat: dass man nämlich nicht vernünftig trennen kann – auch rechtlich nicht – zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen. Ob Sie ihn zwingen oder ob er das selber macht – jetzt erzählt er uns genau das Gegenteil, und zwar bei jeder Gelegenheit. (Florian Pronold [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht!) Wir können noch ein halbes Dutzend Zitate bringen, in denen er genau das Gegenteil von dem erzählt, was er heute als Kanzlerkandidat verkündet oder mit Fußfesseln verkünden muss. Mit Beinfreiheit ist ja nicht mehr viel bei Ihrem Kandidaten. Das ist doch die entscheidende Frage, nämlich nach der Glaubwürdigkeit, die Sie auch heute groß strapaziert haben. Der Wähler will, wenn er am 22. September wählt, wissen: Kann er sich auf das, was da gesagt wird, verlassen? Eines ist sicher: Was Sie im Bereich der Steuerpolitik bisher verkündet haben und wahrscheinlich auch demnächst verkünden werden, ist mit Sicherheit eines, nämlich nicht verlässlich. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion von CDU/CSU unser Kollege Dr. Frank Steffel. – Bitte schön, Kollege Dr. Frank Steffel. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Dr. Frank Steffel (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass die Selbstanzeige von Uli Hoeneß heute so große Aufmerksamkeit hier im Bundestag erfährt, aber auch in der öffentlichen Diskussion, ist aus meiner Sicht geradezu ein Beweis für die Stärke unserer Demokratie und für die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaats; (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und gute Opposition!) denn obwohl es kritikwürdige Einzelfälle gibt, zeigt der Fall Hoeneß geradezu vorbildlich, dass es in Deutschland keine Privilegien für wirtschaftliche, politische, sportliche oder gesellschaftliche Eliten gibt. Wie man dann auf die Idee kommt, so etwas vorzutragen wie insbesondere Herr Oppermann – er ist mittlerweile gegangen – und Sie, Herr Pronold, ist mir völlig schleierhaft. Sie unterstellen den Kolleginnen und Kollegen, die hier sitzen, den Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, den Mitgliedern der Bundesregierung, Kumpanei mit Kriminellen. Was erlauben Sie sich eigentlich? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Was erlauben Sie sich menschlich, und was erlauben Sie sich politisch? (Florian Pronold [SPD]: Haben Sie den Beifall auch aufgeschrieben, oder war der spontan?) Die Kollegin Kotting-Uhl von den Grünen hat eben, als der Kollege Volk gesprochen hat, zugerufen: So wie Sie argumentiert die Mafia! – Was erlauben sich hier eigentlich Kolleginnen und Kollegen, die einen anderen Kollegen mit der Mafia in einen Zusammenhang bringen und ihm vorwerfen, er mache mit den gleichen Methoden Politik, mit denen die Mafia ihre kriminellen Machenschaften betreibt? (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Bushido! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit von Stetten?) Das zeigt übrigens, wie blank die Nerven bei Ihnen liegen. Herr Trittin, Ihre Überheblichkeit, mit der Sie argumentiert haben, war genauso abstoßend. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das zeigt, dass das das letzte Thema, der letzte Strohhalm ist, mit dem Sie versuchen, die Menschen in der Republik gegen eine erfolgreiche Bundesregierung aufzubringen. Die Kollegin Höll hat völlig recht: Wenn es eines Beweises bedurfte, was Sie nach dem 22. September wirklich wollen, dann war es die heutige Debatte. Sie wollen Rot-Rot-Grün. Sie wollen eine andere Bundes-republik Deutschland. Wir von Schwarz-Gelb wollen das nicht. Darüber werden die Menschen am 22. September abstimmen. Ich bin sicher: Sie werden vernünftig abstimmen, gerade nach dieser Debatte. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Und Sie wollen Bushido!) Es freut mich übrigens – um das deutlich zu sagen –, dass alle heutigen Redebeiträge vom gleichen Duktus und von der gleichen Werteordnung geprägt waren, als es um Steuerflucht, Steuerhinterziehung und Steuerehrlichkeit ging. Es ist ein gutes Zeichen für die Menschen in Deutschland, zu erfahren: Alle Parteien – von ganz links bis hin zu den marktwirtschaftlich-liberalen Kräften – sind sehr wohl der Auffassung, dass ein funktionierender, starker Staat vernünftige Steuerzahler, Steuereinnahmen und Steuerehrlichkeit braucht. Das gehört zu unserer Demokratie und gerade zu unserer sozialen Marktwirtschaft. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich wünsche mir, dass wir, wenn wir das nächste Mal an dieser Stelle über andere Werte unseres Staates sprechen, beispielsweise über Angriffe auf unsere Polizeibeamten am 1. Mai in Berlin, ebenso einheitlich die Werte dieses Staates verteidigen, dass wir bei den Themen Drogen, Drogenhandel, Beschaffungskriminalität und Drogenverkauf an Kinder und Jugendliche genauso einheitlich unsere Meinung vertreten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Abgeordnetenbestechung! Ja!) Ich wünsche mir, dass Beschädigung von privatem Eigentum – von Graffiti bis Diebstahl – in diesem Hause genauso einheitlich diskutiert und thematisiert wird. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie etwas zu Bushido und Herrn von Stetten!) Lieber Herr Trittin, man merkt Ihnen persönlich Ihre klammheimliche Freude über den Fall Uli Hoeneß an. Ich sage Ihnen: Das stößt die Menschen ab! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich kritisiere nicht, dass Uli Hoeneß Steinbrück beraten hat. Ich kritisiere übrigens auch nicht, dass Uli Hoeneß im aktuellen Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters in München Partei für den SPD-Kandidaten ergriffen hat. Ich finde es gut, wenn sich Prominente einmischen. Ich finde es gut, wenn Politik Persönlichkeiten und Prominente um Rat fragt und um Unterstützung bittet. Sie versuchen aber, aus dem Fehler eines Menschen, aus dem Absturz eines ehemaligen Vorbildes parteipolitischen Nutzen zu ziehen. Das finden die Menschen abstoßend und widerlich. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch gerade! – Florian Pronold [SPD]: Wissen Sie, was wirklich widerlich ist? Dass Sie jetzt machen, was Sie vorhin kritisiert haben!) Wer wie Uli Hoeneß aus der Abteilung „Attacke“ kommt, darf sich nicht beschweren – ich sage das sehr bewusst zum Abschluss der Debatte –, wenn er selbst nach solchen Vorgängen attackiert wird. Wer austeilt, muss auch einstecken können, und wer Steuern hinterzieht, muss danach auch die Strafe akzeptieren. Ich glaube, dass Uli Hoeneß selbst zuallererst weiß, dass er den größten Fehler seines Lebens gemacht hat und dass er die verdammte Verpflichtung hat, den Menschen zu zeigen, dass man aus Fehlern lernen kann. Übrigens, jeder Mensch, selbst Uli Hoeneß, Herr Trittin, sollte das Recht zur zweiten Chance haben. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) Die Tatsache, dass es einen Haftbefehl gibt, und die Tatsache, dass es Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gibt, zeigen deutlich, dass auch an dieser Stelle der Rechtsstaat funktioniert. Deshalb bin ich sehr sicher, dass am Ende der Debatte übrig bleibt, dass alle Menschen in Deutschland wissen: Regeln gelten im Sport für alle gleich, und Regeln gelten auch in der Steuerpolitik für alle gleich. (Richard Pitterle [DIE LINKE]: Für manche gleicher!) Da gibt es keine Ausnahmen, keinen Bonus für Prominente, (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist leider falsch! – Richard Pitterle [DIE LINKE]: Manche sind gleicher!) keinen Bonus für andere Bevölkerungsgruppen, vielmehr geht es schlicht und ergreifend um die Frage: Haben die Menschen in Deutschland das Gefühl, dass wir uns darum bemühen, Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit herzustellen? Und das ist das Positive am Fall Hoeneß. Auch er ist ein Beispiel dafür, (Zuruf von der SPD: Er ist ein Held!) dass alle Deutschen gut beraten sind, lieber ehrlich Steuern zu bezahlen, ruhig zu schlafen, etwas dafür zu tun, damit Gemeinwesen funktioniert. Denn Uli Hoeneß selbst wird am meisten das bereuen, was in den letzten 72 Stunden über ihn hereingebrochen ist. Er ist selber schuld. Und die Menschen, die heute keine Steuern bezahlen, sollten ihn als negatives Vorbild sehen, sich bemühen, es besser zu machen, Steuern zu bezahlen, und ihr Geld ganz schnell aus der Schweiz zurückholen und in Deutschland Steuern bezahlen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit auch gleichzeitig am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 25. April 2013, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.01 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 24.04.2013 Binninger, Clemens CDU/CSU 24.04.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 24.04.2013 Bockhahn, Steffen DIE LINKE 24.04.2013 Bollmann, Gerd SPD 24.04.2013 Brehmer, Heike CDU/CSU 24.04.2013 Dreibus, Werner DIE LINKE 24.04.2013 Dyckmans, Mechthild FDP 24.04.2013 Gabriel, Sigmar SPD 24.04.2013 Glos, Michael CDU/CSU 24.04.2013 Hagedorn, Bettina SPD 24.04.2013 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.04.2013 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 24.04.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 24.04.2013 Nord, Thomas DIE LINKE 24.04.2013 Pflug, Johannes SPD 24.04.2013 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 24.04.2013* Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.04.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 24.04.2013 Schuster, Marina FDP 24.04.2013* Voß, Johanna DIE LINKE 24.04.2013 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 24.04.2013 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.04.2013 Werner, Katrin DIE LINKE 24.04.2013* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 8): Welche Auswirkungen wird nach Einschätzung der Bundesregierung der Einnahmeverlust auf den Klimaschutzfonds der KfW Bankengruppe haben, nachdem das EU-Parlament mit Mehrheit eine Reform zur Stabilisierung des Emissionshandels abgelehnt hat, die den Preisverfall der Kohlendioxidzertifikate stoppen sollte, und welche Auswirkungen hat das auf die Entwicklungszusammenarbeit? Der KfW-Klimaschutzfonds erhält keine Mittel aus den Einnahmen der Zertifikateversteigerung. Diese Einnahmen fließen in das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“, EKF. Auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wird Deutschland unter anderem weiterhin einen fairen und angemessenen Anteil öffentlicher Mittel an der Finanzierung von Maßnahmen zur Emissionsminderung und Anpassung in den Entwicklungsländern beitragen. Die Bundesregierung hat deshalb vor dem Hintergrund der Einnahmesituation im EKF bereits für den Bereich „Internationaler Klima- und Umweltschutz“ Vorsorge getroffen. Nach dem Eckwertebeschluss zum Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2014 und des Finanzplans 2013 bis 2017 beabsichtigt die Bundesregierung, die bislang im Finanzplan zum Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ bei Titel 687 01 vorgesehenen Ausgaben in die Einzelpläne des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ, und des -Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und -Reaktorsicherheit, BMU, umzusetzen. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 15): Welche unveröffentlichten Berichte und Stellungnahmen, in denen es um finanzielle Aspekte – insbesondere Finanzbedarfs- und Mittelverwendungsfragen – im Zusammenhang mit Arbeiten am havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl und an zugehörigen Anlagenkomplexen wie zum Beispiel einem Brennelementelager geht, hat die Bundesregierung in dieser Wahlperiode erhalten, und von wem stammen sie – bitte jeweils mit Angabe des Berichtsdatums? Die Bundesrepublik Deutschland ist als Geberland an den beiden Fonds „Chernobyl Shelter Fund“ – CSF; zur Finanzierung des New Safe Confinements – und „Nuclear Safety Account“ – NSA; zur Finanzierung des Zwischenlagers für verbrauchte Brennelemente ISF-2 – beteiligt, die von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, EBWE, in London verwaltet werden. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vertritt Deutschland auf den in der Regel zweimal jährlich stattfindenden Geberversammlungen. Als Beratungsunterlagen werden den Gebern regelmäßige Finanzberichte – jährlich – und Fortschrittsberichte – halbjährlich – durch den Fondsverwalter EBWE vorgelegt. In den Fortschrittsberichten wird regelmäßig auch über die Mittelverwendung berichtet. Zusätzlich werden die Fonds von Zeit zu Zeit unabhängigen Audits unterzogen, die sich je nach Auftrag auch mit Fragen der Angemessenheit von Kosten befassen. Entsprechend den in den internationalen Geberversammlungen beschlossenen Regeln der Fonds sind diese Berichte nicht öffentlich. Finanzberichte Bezeichnung Kontext Herausgeber Datum CSF Actual Administrative Expenses 2011 CSF EBRD 19. November 2012 CSF Draft Administrative Budget 2013 CSF EBRD 19. November 2012 Follow Up to April 2011 Pledging Conference – Status as of October 2012 CSF und NSA EBRD 31. Oktober 2012 CSF Annual Financial Report 2011 CSF EBRD 12. Juni 2012 CSF Actual Administrative Expenses 2010 CSF EBRD 30. November 2011 CSF Draft Administrative Budget 2012 CSF EBRD 30. November 2011 Results of the 2011 Chernobyl Pledging Effort CSF und NSA EBRD 22. Juli 2011 CSF Project Update CSF EBRD 4. April 2011 CSF Project Update CSF EBRD 11. Februar 2011 SIP Cost Estimate at Completion CSF SIP-PMU 17. September 2010 Shelter Implementation Plan – Provisional Sums Reconciliation Report for the Chernobyl Shelter Fund Assembly of Contributors CSF SIP-PMU 16. September 2010 CSF Annual Financial Report 2009 CSF EBRD 5. Juli 2010 CSF Draft Administrative Budget 2010 CSF EBRD 24. November 2009 NSA Draft Administrative Budget 2013 NSA EBRD 20. November 2012 NSA Annual Financial Report 2011 NSA EBRD 13. Juni 2012 NSA Draft Administrative Budget 2012 NSA EBRD 8. Dezember 2011 NSA Annual Financial Report 2010 NSA EBRD 22. Juni 2011 NSA Draft Administrative Budget 2011 NSA EBRD 14. Dezember 2010 NSA Annual Financial Report 2009 NSA EBRD 13. Juli 2010 Fortschrittsberichte Bezeichnung Kontext Herausgeber Datum CSF Project Progress Report CSF EBRD 21. November 2012 CSF Project Progress Report CSF EBRD 12. Juni 2012 CSF Project Progress Report CSF EBRD 30. November 2011 CSF Project Progress Report CSF EBRD 22. Juni 2011 CSF Project Progress Report CSF EBRD 8. Oktober 2010 noch Fortschrittsberichte CSF Project Progress Report CSF EBRD 28. Juli 2010 ISF-2 Non Fuel Waste Summary Status Report EBRD CSF EBRD 30. Juni 2010 CSF Project Progress Report CSF EBRD 5. März 2010 NSA 38th Six Month Work Programme NSA EBRD 20. November 2012 NSA 37th Six Month Work Programme NSA EBRD 13. Juni 2012 NSA 36th Six Month Work Programme NSA EBRD 1. Dezember 2011 NSA 35th Six Month Work Programme NSA EBRD 23. Juni 2011 NSA 34th Six Month Work Programme NSA EBRD 13. Oktober 2010 NSA 33rd Six Month Work Programme NSA EBRD 27. Juli 2010 NSA 32nd Six Month Work Programme NSA EBRD 4. März 2010 Audit Reports Bezeichnung Kontext Herausgeber Datum SIP Management Audit 2012 CSF Empresarios Agrupados, -Spanien 4. März 2012 SIP Review: Past Achievements and Future -Challenges. A Report to the Assembly of Donors CSF International -Advisory Group, IAG 19. März 2010 Financial Due Diligence of Holtec International’s Cost Estimate for Work Release 2 of the Project to complete the Chernobyl Spent Fuel Storage Facility (ISF-2) NSA SKB, Schweden 3. März 2010 Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 16): Was sind die konkreten Fragestellungen und inhaltlichen Auftragsvorgaben des OSPAR-Berichts zur Problematik von im Meer versenktem Atommüll, dessen Vorlage die Bundesregierung für 2014 erwartet (vergleiche Plenarprotokoll 17/233, Antworten auf meine mündlichen Fragen 50 und 51 in Verbindung mit der betreffenden Meldung auf der Webseite des SWR-Magazins Report Mainz vom 19. April 2013), und insbesondere welche verschiedenen Bergungsmöglichkeiten/-verfahren für weitgehend intakte Atommüllfässer mit noch ganz oder teilweise vorhandenem radioaktivem Inventar werden im Rahmen der in der Antwort auf die oben genannte Frage 51 erwähnten „Nutzen-Risiko-Abwägung“ betrachtet – bitte möglichst ausführliche Darlegung? Der in der Frage angesprochene Bericht hat den Zweck, auf Basis des derzeit noch in Überarbeitung befindlichen IAEA-Dokuments TECDOC 1105 von 1999 in allgemein verständlicher Sprache über die Versenkung von Atommüll im Meer zu informieren. Es gibt keine inhaltlichen Auftragsvorgaben oder konkreten Fragestellungen. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden derzeit keine Nutzen-Risiko-Abwägungen für eine eventuelle Bergung von Atommüllfässern durchgeführt. In der angesprochenen Antwort auf die Frage 51 wurde lediglich auf die Notwendigkeit einer solchen Abwägung vor einer eventuellen Bergung aufmerksam gemacht. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 19): Könnte ein Anbieterwechsel und/oder eine Optimierung der Beschaffung von Strom der außeruniversitären Forschungseinrichtungen nach Einschätzung der Bundesregierung signifikant zu einer Senkung der Ausgaben beitragen, und welche Hemmnisse stehen einem solchen Wechsel/einer solchen Optimierung entgegen? Die Auswahl der Stromanbieter liegt grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Forschungseinrichtungen, und diese sind gehalten, sie gemäß den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unter Anwendung der entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Vergabe-verfahren vorzunehmen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 20): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse zum von Forschungsorganisationen genutzten Energiemix vor und, falls ja, welche? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über den von Forschungsorganisationen genutzten Energiemix. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 21): Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich der Entwicklung der Stromausgaben von Hochschulen sowie von in alleinige Länderzuständigkeit fallenden Forschungsinstituten/-einrichtungen vor? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis bezüglich der Entwicklung der Stromausgaben von Hochschulen sowie von in alleinige Länderzuständigkeit fallenden Forschungsinstituten/-einrichtungen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 22): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie sich die Stromkosten im Rahmen von Forschungsprojekten in anderen Ländern seit 2000 entwickelt haben (zum -Beispiel in den USA, in Russland, Frankreich, Großbritannien und Japan), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen für die Bewertung der -Attraktivität des Forschungsstandortes Deutschland? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis, wie sich die Stromkosten im Rahmen von Forschungsprojekten in anderen Ländern seit 2000 entwickelt haben. Die hohe Attraktivität des Forschungsstandortes Deutschland basiert primär auf dem Know-how der hier arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und guten Forschungsinfrastrukturen und Rahmenbedingungen. Die Bundesregierung hat sowohl ihr finanzielles Engagement für Forschung und Wissenschaft in den letzten Jahren deutlich erhöht als auch die Rahmen-bedingungen hierfür verbessert, unter anderem durch das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 23): Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die jährlichen Mittelaufwüchse von 5 Prozent bis 2015 für die außer-universitäre Forschung hinreichend sind, um die aktuellen Mehrkosten im Bereich Energieversorgung zu kompensieren, und, falls nein, warum nicht? Ja. Mit dem Pakt für Forschung und Innovation und den hierdurch realisierten Mittelaufwüchsen haben die -gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Forschungseinrichtungen (Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft) ausreichende Mittel erhalten. Sie verfügen über Autonomie und Flexibilität, um eventuell entstehende Mehrkosten in einzelnen Bereichen zu tragen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 24): Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Zukunft des Paktes für Forschung und Innovation über das Jahr 2015 hinaus, und welche prozentuale Aufwuchsperspektive wäre nach Einschätzung der Bundesregierung notwendig, um die außeruniversitäre Forschung im Angesicht wachsender Mittelbedarfe (zum Beispiel für Energie und Personal) auch nach 2015 international wettbewerbsfähig zu halten? Der Wissenschaftsrat erarbeitet zurzeit Empfehlungen, die sich auf die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems, auch mit Blick auf den Pakt für Forschung und Innovation, beziehen. Die Bundesregierung wird diese Empfehlungen in ihre künftigen Überlegungen mit einbeziehen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Fra-ge 25): Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die angestrebte Einheitlichkeit des Vollzugs der Anerkennungsgesetze von Bund und Ländern zu gewährleisten und die Länder hinsichtlich des Auf- und Ausbaus erforderlicher Verwaltungsstrukturen und Expertise zu entlasten, und welche konkreten Schritte werden eingeleitet, um die hierfür erforderliche Finanz- und Personalausstattung jetzt und in Zukunft zu gewährleisten? Die Gewährleistung eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs der Anerkennungsgesetze von Bund und Ländern, für den die Länder zuständig sind, ist ein gemeinsames Anliegen von Bund und Ländern. In der Arbeitsgruppe der für die Anerkennungsgesetzgebung koordinierend zuständigen Ressorts der Länder, in der das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, als Gast vertreten ist, erfolgt die länderübergreifende Abstimmung der Gesetzgebung in den Ländern sowie aller Fragen der Harmonisierung und Bündelung der Verwaltungsverfahren. So wurde mithilfe des BMBF ein Mustergesetz für die Landes-BQF, Berufsqualifika-tionsfeststellung, erstellt, das sich im Wesentlichen am BQFG, Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, des Bundes orientiert. Um den Verwaltungsvollzug im Bereich der Heilberufe zu vereinheitlichen, hat das Bundesministerium für Gesundheit, BMG, den Referentenentwurf einer „Verordnung zur Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsmaßnahmen sowie zur Erteilung und Verlängerung von Berufserlaubnissen in den Heilberufen des Bundes“ vorgelegt, der in der Bundesratssitzung am 7. Juni 2013 behandelt werden soll. Die Länder planen ihrerseits – entsprechend dem Beschluss der 85. Gesundheitsministerkonferenz, GMK, vom 27./28. Juni 2012 –, die Zen-tralstelle für ausländisches Bildungswesen der Kultusministerkonferenz, ZAB, zur zentralen Gutachterstelle für Gesundheitsberufe auszubauen, um die erforderliche -Expertise für Verfahren in diesen Berufen zu gewährleisten. Im Bereich der nichtreglementierten Ausbildungsberufe, in dem die Kammern für den Vollzug des Bundesgesetzes zuständig sind, unterstützt die Bundesregierung die Einheitlichkeit des Vollzugs durch eine Reihe von Maßnahmen, so das BQ-Portal und das Projekt -„PROTOTYPING“. Auf weitere Vereinheitlichung des Vollzugs zielt auch das vom BMBF beauftragte Monitoring des Gesetzesvollzugs durch das Bundesinstitut für Berufsbildung, BIBB. Mit der Beauftragung des BIBB im Oktober 2012 wurde die diesbezügliche Protokollerklärung der Bundesregierung in der abschließenden Bundesratsbefassung zum Anerkennungsgesetz im November 2011 (889. Bundesratssitzung am 4. November 2011) umgesetzt. Darin hat sich die Bundesregierung gegenüber den Ländern verpflichtet, den Vollzug des Gesetzes bereits vor der im Gesetz geregelten Evaluationsfrist in geeigneter Weise kontinuierlich zu beobachten und bei offensichtlichem Anpassungsbedarf unverzüglich tätig zu werden. Die Finanz- und Personalausstattung wird im Rahmen des Einzelplans 30 gewährleistet. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 26): Welche einzelnen Vorhaben außerschulischer lokaler Bündnisse für Bildung in Rheinland-Pfalz – möglichst unter Angabe der Zahl der vorgesehenen Teilnehmerplätze, Projektbeschreibungen und Förderbeträge –, die die Bundesregierung zwar aktuell über die Plakataktion „Kultur macht stark“ öffentlich bewirbt, aber auf meine schriftliche Frage 100 auf Bundestagsdrucksache 17/12764 noch nicht benennen konnte, werden über die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgewählten Trägerorganisationen im Einzelnen in 2013 unterstützt, und wie hoch sind dafür bundesweit bisher jeweils die Anzahl und die Gesamthöhe der Bewilligungen, der Mittelabfluss sowie die Ausgaben für Programm-management und Projektträgerleistungen? Ziel der deutschlandweiten Großflächenkampagne zum Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ vom 5. bis 15. April war die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit. Darüber hinaus verweise ich auf die Antwort auf Ihre schriftliche Frage Nr. 2/380 vom 28. Februar 2013. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/13171, Frage 27): Wie erklärt die Bundesregierung, dass sie beim Vorhaben „r3 – Aufschluss, Trennung und Rückgewinnung von ressourcen-relevanten Metallen aus Rückständen thermischer Prozesse“ einem Zuwendungsempfänger, der nach den Antworten der Bundesregierung auf meine schriftlichen Fragen 98 auf Bundestagsdrucksache 17/10925 sowie 81 auf Bundestagsdrucksache 17/11490 ohne voherige Erfahrung in der Abfallentsorgung war, der sich bei der ursprünglichen Ausschreibung nicht beworben hatte, bei dessen Antragsbegutachtung ein Sachverständiger seine Befangenheit erklärt hat und dem offenbar bis heute die rechtliche Voraussetzung für einen Versuchsbetrieb der geförderten Anlage – unter Angabe der beteiligten Stellen in der Bundesregierung, der Benennung des Projektträgers und der Verwendung der bisher ausgezahlten Fördermittel – fehlt, einen Förderbescheid von über 1 Million Euro erteilt hat, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesem Fall, bei dem eine Ressortforschungseinrichtung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie als Verbundkoordinator in die Umsetzung des Vorhabens eingeschaltet ist? Nach den schriftlichen Antworten auf Ihre Anfragen vom 26. September 2012, 31. Oktober 2012 und zuletzt 28. März 2013 fasse ich die Fakten nachfolgend nochmals zusammen: Mit Bewilligungsbescheid vom 14. Juni 2012 wurde der TARTECH eco industries AG eine Zuwendung in Höhe von 1 280 167 Euro für das Vorhaben „r³ – Strategische Metalle, Verbundvorhaben: Aufschluss, Trennung und Rückgewinnung von ressourcen-relevanten Metallen aus Rückständen thermischer Prozesse mit -innovativen Verfahren (ATR)“ bewilligt. Seit dem Beginn des Vorhabens am 1. Juli 2012 wurden durch die -TARTECH eco industries AG insgesamt 22 580 Euro an Fördermitteln abgerufen. Das Vorhaben ATR wird wissenschaftlich-technisch und administrativ vom beliehenen Projektträger Jülich, PtJ, Forschungszentrum Jülich GmbH, für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, betreut. Der im Vorhaben zu entwickelnde „TAR-Prozessor“ ist seit dem 27. September 2012 im Bau. PtJ wurde durch den Projektkoordinator Bundesanstalt für Mate-rialforschung und -prüfung, BAM, sowie den Projektpartner Stadtreinigung Hamburg vorab darüber informiert, dass es voraussichtlich zu Verzögerungen bei der Errichtung der Versuchsanlage am Standort Hamburg aufgrund nicht vorhersehbarer Verzögerungen im Genehmigungsprozess nach den §§ 4 und 19 BImSchG kommen wird. Die Verzögerungen gefährden nach Einschätzung der BAM nicht die Durchführbarkeit des Vorhabens. Über gegebenenfalls erforderliche Änderungen in der Arbeits-, Zeit- und Kostenplanung des Projektes wird nach Prüfung des Zwischenberichts in Abstimmung zwischen dem Verbundkoordinator BAM und dem BMBF im Mai dieses Jahres entschieden. Die BAM als Bundesforschungseinrichtung ist aufgrund ihrer fachlichen Expertise hervorragend geeignet für die Koordinierung des Verbundprojektes. Es gibt deshalb keinen Grund, die koordinierende Funktion der BAM bei der Umsetzung des Vorhabens infrage zu stellen. Die Organisation und Zusammenstellung des Kon-sortiums für die Durchführung des FuE-Vorhabens im Vorfeld der Bewilligung liegt in der Verantwortung des Verbundkoordinators BAM im Zusammenspiel mit den Konsortialpartnern. In dieser Funktion hat die BAM während des Antragsverfahrens mitgeteilt, dass es einen Wechsel im Projektkonsortium geben wird. Grund für den Wechsel der Projektpartner war das Ausscheiden -eines Mitarbeiters beim ursprünglichen Projektpartner RoTAC GmbH und sein Wechsel zur TARTECH eco industries AG. Die RoTAC GmbH hatte nach dem Wechsel des Mitarbeiters ihr Ausscheiden aus dem Verbund am 10. Oktober 2011 schriftlich mitgeteilt. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, Konsequenzen zu ziehen. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 28): In welchen Fällen trifft es zu, dass den Mitarbeitenden der Engagement Global gGmbH vorgeschrieben wird, auf ihren Reisen von Bonn nach Berlin das Flugzeug zu benutzen, und, falls ja, wie vereinbart die Bundesregierung eine solche Anweisung mit ihren postulierten Zielen nachhaltiger Mobilität? Engagement Global unterliegt als institutioneller Zuwendungsempfänger den Regelungen der Bundeshaushaltsordnung und damit dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung sowie den Vorgaben des Bundesreisekostengesetzes. Entsprechend hält die Engagement Global ihre Mitarbeitenden an, den Shuttle für Dienstreisen zwischen Bonn bzw. Düsseldorf und Berlin vorrangig zu nutzen. Sofern ein anderes Beförderungsmittel für diese Reisen vom Mitarbeitenden gewählt wird und keine Ausnahmetatbestände vorliegen – zum Beispiel gesundheitliche Gründe –, ist die Entscheidung mittels einer Vergleichsrechnung zu begründen. Aus Sicht der Bundesregierung ist diese Verfahrensweise nicht zu beanstanden. Im Übrigen geht die Bundesregierung davon aus, dass Engagement Global sich im Rahmen ihres eigenständigen Verantwortungsbereichs, wo immer möglich und wirtschaftlich vertretbar, um nachhaltiges Handeln bemüht. Das BMZ ermuntert Engagement Global in dieser Hinsicht. Im Bereich von Dienstreisen muss es vor allem um Vermeidung von Reisen gehen, zum Beispiel durch Nutzung technischer Möglichkeiten. Hierfür wurden im ersten Geschäftsjahr die Voraussetzungen durch die Engagement Global geschaffen. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 29): Welche weiteren Details kann die Bundesregierung zur Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes an Bombenanschlägen auf Strommasten in Luxemburg mitteilen, was laut eines deutschen Zeugen im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung für einen gegenwärtig in Luxemburg stattfindenden Prozess gegen zwei Polizeibeamte erklärt wird und demnach über seinen Vater, den mittlerweile verstorbenen J. K. K., im Auftrag einer geheimen „Gladio/Stay-behind“-Truppe der NATO vorbereitet wurde (junge Welt, 13. April 2013, Telepolis, 9. April 2013), und welche eigenen Anstrengungen hat die Bundesregierung in den letzten 20 Jahren unternommen, um die Beteiligung ihrer Behörden an weiteren Tätigkeiten der besagten „Gladio/Stay behind“-Truppe der NATO auszuschließen oder zu bestätigen? Eine Prüfung der einschlägigen Unterlagen hat bislang keine Hinweise ergeben, die die in Ihrer Frage angesprochenen Sachverhalte bestätigen könnten. Ungeachtet dessen hat die Bundesregierung eine weitere Prüfung der Vorwürfe veranlasst, unter anderem die Prüfung, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 30): Inwiefern unterstützt bzw. plant die Bundesregierung selbst bzw. über die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, GIZ, oder die KfW Bankengruppe bzw. deren Tochter, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, DEG, eine Unterstützung der Firmen Clean Carbon Industries und/oder der deutschen Firma geotec bei deren Tätigkeit im Rahmen einer Kohle-verflüssigungsanlage in Tete/Mosambik (Unterstützungsmaßnahmen bitte auflisten), und liegen dem Interministeriellen Ausschuss des Bundes dementsprechende Anfragen, Voranfragen oder Anträge für Instrumente der Außenwirtschafts-förderung vor (bitte auflisten nach Projekten inklusive V-olumen)? Der Bundesregierung ist das geplante Projekt einer Kohleverflüssigungsanlage in der Tete-Provinz/Mosambik bekannt. Das Projekt wird von der Firma Clean -Carbon Industries, CCI, betrieben, die deutsche Beteiligung wird von der Firma geotec Rohstoffe GmbH ko-ordiniert. Derzeit befindet sich das Projekt noch in einer frühen Planungsphase, es müssen noch verschiedene Machbarkeitsstudien durch die Firmen erstellt werden. Zudem ist die Finanzierung noch nicht geklärt. Im Rahmen der Vorprüfung führen die beteiligten -Firmen (insbesondere geotec) – soweit bekannt – mit verschiedenen Organisationen Gespräche, um mögliche Wege der Zusammenarbeit auszuloten. Über die Frage einer möglichen Unterstützung des Projektes kann erst entschieden werden, wenn die Planungen weiter fort-geschritten sind und konkrete Anträge vorliegen. Derzeit liegen keine Anträge für Instrumente der -Außenwirtschaftsförderung vor. Anlage 17 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Fragen 32 und 33): Aufgrund welcher Verdachtsmomente, Abwägungen und Informationslage ist die Bundesregierung zu dem Schluss -gekommen, dem malischen Oppositionspolitiker Dr. Oumar Mariko, mit dem auf Einladung der Rosa-Luxemburg--Stiftung, der Bundestagsfraktion Die Linke und der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Gabi Zimmer für den -Vorstand der GUE/NGL-Fraktion im Europaparlament in Straßburg und im Deutschen Bundestag in Berlin Gespräche vom 16. bis 19. April 2013 geführt werden sollten, nicht nur ein Schengen-Visum, sondern auch ein sogenanntes VTG--Visum für Deutschland zu verweigern, mit der Begründung, er würde „eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 9 der Verordnung (EG) oder für die internationalen Beziehungen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten darstellen (Nr. 562/2006 Schengen Grenzkodex)“ und seine „Bereitschaft, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf des Visums zu verlassen, (hätte) nicht sichergestellt werden“ können, und welche EU-Mitgliedstaaten haben sich gegen eine Schengen-Visumerteilung für Dr. Oumar Mariko und Aminata Traoré ausgesprochen – bitte mit Begründung? Wie verhält sich die Bundesregierung zu dem Vorwurf, dass sie mit ihrer Ablehnung, dem malischen Oppositionspolitiker Dr. Oumar Mariko ein VTG-Visum für Deutschland zu erteilen, direkte Gespräche und den außenpolitischen Austausch zwischen Bundestagsabgeordneten der Fraktion Die Linke und einem wichtigen Oppositionspolitiker in Mali bewusst verhindere und damit die parlamentarische Arbeit behindere (siehe taz.die tageszeitung, 15. April 2013, „Kritiker Frankreichs ausgesperrt“, und junge Welt, 19. April 2013, „Kein Dialog mit Kriegsgegnern“), obwohl der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, selber häufig die Notwendigkeit von Dialog, Austausch und Gesprächen betont und im Deutschen Bundestag versprach: „Langfristig – da sind sich die afrikanischen Staaten, die Regierung Malis, aber auch unsere französischen Freunde und wir Deutsche einig – kann es nur eine politische Lösung geben“ (siehe Pressemitteilung des Auswärtigen Amts vom 28. Januar 2013)? Zu Frage 32: Unter den vorliegenden Umständen des von Ihnen angesprochenen Visumeinzelfalls konnte das beantragte Visum nicht erteilt werden. Weitere Ausführungen zu diesem Einzelfall kann ich vor dem Hintergrund des -Persönlichkeits- und Datenschutzes dieser Stelle nicht machen. Die Hintergründe wurden der Fraktion Die Linke jedoch bereits vertraulich mitgeteilt. Dieses bieten wir auch den anderen Fraktionen des Deutschen Bundestages an. Zu Frage 33: Die Bundesregierung unterstützt den Dialog mit und zwischen malischen Politikern. Zu der Ablehnung in dem von Ihnen angesprochenen Visumeinzelfall verweise ich auf meine Antwort zu Ihrer ersten Frage. Anlage 18 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der -Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 34): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der am 12. April 2013 vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, IKRKm verkündeten Beendigung von Gefangenen-besuchen in Usbekistan (Pressemitteilung des IKRK Nr. 13/64 vom 12. April 2013) für die Fortsetzung des EU-Rechtsstaatsdialogs, und wird sie die entsprechende Arbeit der GIZ und der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit e. V., IRZ-Stiftung, zur Förderung der Strafrechtsreform, zu deren Komponenten auch die Bereiche Strafvollzug, Haftbedingungen und Untersuchungshaft gehören, einfrieren, solange das IKRK an seiner Einschätzung festhält (vergleiche taz.die tageszeitung vom 17. April 2013), dass Grundbedingungen für IKRK-Gefangenenbesuche – vor allem die Aussicht auf Verbesserung von Haftbedingungen – nicht gegeben sind? Die Bundesregierung hat die am 12. April 2013 vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, IKRK, -mitgeteilte Einstellung von Gefangenenbesuchen in der Republik Usbekistan mit Sorge zur Kenntnis genommen. Gleiches gilt für die Mitteilung des IKRK, dass die Bedingungen für die Fortsetzung der Gefangenenbesuche in usbekischen Haftanstalten nicht gegeben sind. Die Deutsche Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit, IRZ, und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, führen das von Ihnen angesprochene Projekt „Support to Criminal Judicial -Reforms“ in Usbekistan gemeinsam mit einer französischen und einer britischen Organisation im Auftrag der -Europäischen Union durch. Die Entscheidung über die Fortführung des Projekts liegt damit bei der EU als Auftraggeber. Die Bundesregierung vertritt hierzu die Auffassung, dass es gerade in der aktuellen Lage wichtig ist, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die rechtliche Zusammenarbeit mit Usbekistan fortzusetzen. Ein in Ihrer Fragestellung angesprochenes mögliches Zurückfahren von Projekten zur Förderung von Rechtssaatlichkeit wäre aus Sicht der Bundesregierung daher nicht zielführend. Das EU-Projekt zur Strafrechtsreform zielt nicht zuletzt auf die Begründung rechtsstaatlicher Verhältnisse in Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft und Strafvollzug. Die Bundesregierung wird dafür eintreten, den Schritt des IKRK und die Lage in usbekischen Haftanstalten bei dem bevorstehenden Kooperationsrat der Europäischen Union mit Usbekistan auf die Tagesordnung zu setzen. Die Bundesregierung wird ferner in bei der heutigen – am 24. April 2013 stattfindenden – Universellen Periodischen Staatenüberprüfung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zu Usbekistan in Genf das Land klar auffordern, dem IKRK den ungehinderten Zugang zu Haftanstalten sowie die Möglichkeit von vertraulichen Gesprächen mit den Gefangenen nach den internationalen Standards des IKRK zu verschaffen. Anlage 19 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 35): Inwieweit wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass das VN-Waffenhandelsabkommen noch in dieser Legislaturperiode ratifiziert wird? Die Bundesregierung wird den Vertrag so rasch wie möglich zeichnen und wird ihren Teil dazu beitragen, dass ihn der Deutsche Bundestag noch in dieser Legis-laturperiode ratifiziert. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass auch andere Staaten dies tun, damit der Vertrag rasch in Kraft treten kann. Anlage 20 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 36): Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen von Frankreich, Malaysia, Liechtenstein, Spanien, Slowenien, Singapur und der Schweiz, dass die ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrates (vergleiche unter anderem Statements dieser Staaten bei einem Sicherheitstreffen am 26. November 2012) in Situationen, in denen Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen begangen werden, von einer Einlegung eines Vetos absehen sollten? Die genannten Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen hatten ihre Statements, die auch Vorschläge zum -Vetorecht enthielten, während der jährlichen Offenen Debatte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu dessen Arbeitsmethoden am 26. November 2012 abgegeben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Antwort auf Ihre mündliche Frage Nr. 58 vom 12. Dezember 2012. Die Gruppe der „Small 5“-Staaten – Costa Rica, Jordanien, Liechtenstein, Schweiz, Singapur – hat bereits 2011 im Rahmen eines Entwurfs für eine Resolution der VN-Generalversammlung einen umfangreichen Katalog mit Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsmethoden des Sicherheitsrates vorgelegt. Darunter fand sich unter anderem die Empfehlung, dass die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates darauf verzichten, von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen, wenn der Sicherheitsrat Maßnahmen zur Verhinderung oder Beendigung von Genoziden, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu entscheiden hat. Deutschland hat die Vorschläge der S5 in den laufenden Debatten zur Reform des Sicherheitsrates begrüßt. Die S5 haben ihren Entwurf vor der geplanten -Abstimmung am 16. Mai 2012 nicht zuletzt wegen des heftigen Widerstands der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates wieder zurückgezogen, sodass es zu keiner Abstimmung kam. Die Bundesregierung hat diesen Schritt auch öffentlich bedauert. Zuletzt hat sich auch Frankreich öffentlich für einen Verzicht der ständigen Mitglieder auf ihr Vetorecht in diesen spezifischen Fällen ausgesprochen. Anlage 21 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 37): Wie viele Angehörige der Bundeswehr und der Polizeien des Bundes und der Länder haben sich seit Anfang des Jahres 2013, etwa im Rahmen der EU-Missionen Atalanta und EUCAP NESTOR oder der bilateralen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für die lokalen Sicherheitskräfte – bitte mit Angabe, wo und für welchen Zeitraum –, in Dschibuti aufgehalten, und von welcher Gefährdungslage für diese geht die Bundesregierung angesichts der Unruhen infolge umstrittener Wahlen im Februar 2013 und der vom Auswärtigen Amt durch die „exponierte Lage Dschibutis am Horn von Afrika, die Entsendung eines dschibutischen Kontingents zu den Kräften der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und die starke westliche Truppenpräsenz in Dschibuti selbst“ (Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts) begründeten Möglichkeit terroristischer Anschläge aus? Im Jahr 2013 haben sich im Rahmen der EU-Missionen Atalanta und EUCAP NESTOR und des bilateralen Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte bislang insgesamt 545 Angehörige der Bundeswehr – ohne Berücksichtigung der Personalrotation innerhalb des Kontingents – sowie zwei Angehörige der Bundespolizei und ein Bundespolizist in Dschibuti-Stadt aufgehalten. Mit Stand vom 19. April 2013 halten sich 309 Angehörige der Bundeswehr – inklusive 219 Soldaten der derzeit in Dschibuti liegenden Fregatte „Augsburg“ – sowie drei Angehörige der deutschen Polizei in Dschibuti auf. Infolge der in Ihrer Frage bereits aufgeführten Faktoren besteht in Dschibuti eine abstrakte terroristische Gefährdungslage für diese Angehörigen von Bundeswehr und Bundespolizei ebenso wie für alle in Dschibuti befindlichen ausländischen Sicherheitskräfte. Nach Einschätzung der Bundesregierung hat sich diese Gefährdungslage durch die Parlamentswahlen in Dschibuti, deren Ergebnisse von der dschibutischen Opposition bestritten werden, nicht verändert. Anlage 22 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Fragen 39 und 40): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem UN-Appell vom 16. April 2013 in der New York Times, Syrien zu retten, in dem mehrere Vorsitzende von UN-Unterorganisationen an Regierungen appellieren, sich für eine politische Lösung einzusetzen, und wird die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel diesem Aufruf folgen? Welche konkreten politischen Initiativen für ein Ende der Gewalt in Syrien haben die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin bei dem Treffen mit Katars Ministerpräsidenten Al Thani am 16. April 2013 in Berlin besprochen? Zu Frage 39: Die Bundesregierung nimmt den gemeinsamen öffentlichen Appell mehrerer Vorsitzender von Unterorganisationen der Vereinten Nationen vom 16. April 2013 bezüglich der Lage in Syrien sehr ernst. Die Bundesregierung teilt die in diesem Appell geäußerte Einschätzung, dass es eines gemeinsamen Vorgehens der internationalen Gemeinschaft bedarf, um die Krise in Syrien zu bewältigen. Die humanitäre Lage in Syrien ist dramatisch: Inzwischen haben über 1,3 Millionen Menschen das Land verlassen. Über 4 Millionen sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, hat kürzlich erklärt, dass diese Zahlen bis Jahresende auf 3 Millionen Flüchtlinge und 6 Millionen Binnenvertriebene steigen könnten. Das wäre fast die Hälfte der Bevölkerung Syriens. Erschwerend kommt hinzu, dass das Regime in Damaskus zusätzliche Hürden aufbaut, um zu verhindern, dass Hilfe auch in solche Landesteile kommt, in denen oppositionelle Kräfte die Oberhand gewonnen haben. Dies hat die Nothilfekoordinatorin der Vereinten Nationen, Valerie Arnos, vergangene Woche sehr eindrücklich im VN-Sicherheitsrat dargestellt. Das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten brauche dringend mehr humanitären Zugang, auch grenzüberschreitend. Hierfür setzt sich die Bundesregierung ebenfalls ein. Die Bundesregierung hat seit Beginn der Krise die Auffassung vertreten, dass nur ein politischer Prozess eine Lösung herbeiführen kann. An dieser Auffassung hat sich seitdem nichts geändert – auch wenn klar ist, dass eine friedliche Lösung durch die vom Regime ausgelöste Eskalation der Gewalt deutlich erschwert worden ist. Die Bundesregierung setzt sich gleichwohl – wie an dieser Stelle mehrfach betont – nach Kräften für das Zustandekommen einer solchen Lösung ein. Zu Frage 40: Bei seinem Besuch in Berlin anlässlich des „Wirtschafts- und Investitionsforums Katar“ hat der katarische Premier- und Außenminister, Hamad bin Jassim Al Thani, Gespräche unter anderem mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem Bundesminister des Auswärtigen Dr. Guido Westerwelle geführt. Dabei war der Konflikt in Syrien zentrales Thema. Wie Ihnen bekannt ist, gibt es zum Thema Bewaffnung der Aufständischen zwischen der Bundesregierung und dem Staat Katar unterschiedliche Ansichten. Sowohl die Bundeskanzlerin wie auch der Bundesaußenminister haben die Notwendigkeit einer politischen Lösung – wie vom Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga Lakhdar Brahimi verfolgt – unterstrichen. Der katarische Premierminister hat seinerseits erklärt, dass sein Land ebenfalls eine politische Lösung anstrebe. Einigkeit bestand auch darin, dass eine solche Lösung derzeit nur möglich sei, wenn die Blockade im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen überwunden würde. Die Bundesregierung und die Regierung des Staates Katar werden sich beide weiter bemühen, eine konstruktivere Haltung zögernder Partner im VN-Sicherheitsrat zu gewinnen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 42): Auf welche Vorgänge bezog sich die Aussage des Bundesministers des Innern in der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 13. März 2013, einige Länder hätten zunächst – durch ihre Innenminister bzw. -senatoren oder auf Abteilungsleiterebene – schriftliche Einzelerklärungen über die Quellenfreiheit der Belege in der Materialsammlung für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren abgegeben und diese seien danach in einigen Fällen wieder zurückgezogen worden, und aus welchen tatsächlichen Gründen wurde dieser Prozess des Einsammelns schriftlicher Einzelerklärungen über die Quellenfreiheit der Belege in der Materialsammlung für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren nicht weitergeführt (vergleiche auch meine mündliche Frage 45 auf Bundestagsdrucksache 17/12763) und durch den Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5. Dezember 2012 substituiert? Im Vorfeld der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, IMK, hatten neben den Leitern der Sicherheitsbehörden des Bundes auch einige Länder auf Abteilungsleiterebene schriftliche Einzelerklärungen über die Quellenfreiheit der Belege in der -Materialsammlung für ein mögliches NPD-Verbots-verfahren vorgelegt. Die Innenminister und -senatoren der Länder haben aufgrund des IMK-Beschlusses vom 5. Dezember 2012, dass das vorgelegte Material quellenfrei ist, von der Weiterführung des Verfahrens abgesehen und entsprechende Einzelerklärungen weder abgegeben noch zurückgezogen. Die weitere Vorgehensweise bezüglich der Ausgestaltung des NPD-Verbotsantrags obliegt dem antragstellenden Bundesrat. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Fragen 43 und 44): In welche Schiedsverfahren ist der Bund derzeit verwickelt, und welche Juristen vertreten den Bund in den jeweiligen Verfahren? In welcher Höhe liegen die jeweils vereinbarten Bonuszahlungen in den Verfahren nach aktuellem Stand, und in welcher Höhe sind Bonuszahlungen bis zum Abschluss des jeweiligen Verfahrens absehbar? Zu Frage 43: Unter „Schiedsverfahren“ im Sinne der Frage werden außergerichtliche Schiedsverfahren verstanden, also nicht vor staatlichen Gerichten anhängige Streitverfahren. Von der Antwort nicht umfasst sind daher insbesondere arbeitsgerichtliche Gütetermine, zivilgerichtliche Güteverhandlungen oder Mediationsverfahren in verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren. Die Bundesressorts und ihre Geschäftsbereichsbehörden sind derzeit in vier Schiedsverfahren involviert: Erstens. Beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BMVBS, laufen derzeit die Maut-Schiedsverfahren I und II. Eine juristische Vertretung erfolgt durch die Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft sowie Linklaters LLP. Zweitens. Ein weiteres Schiedsverfahren gibt es im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen, BMF. Das sogenannte Schiedsverfahren Seelotswesen wird gemäß „Dachvereinbarung zur Umsetzung des BImA-Errichtungsgesetzes/BImAG in der Bundesverwaltung für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, DV BVBS“ zwischen dem BMF und BMVBS vor dem Bundesamt für Justiz ausgetragen, das als Schiedsstelle agiert. Eine externe juristische Vertretung erfolgt nicht. Drittens. Bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes gibt es ein Schiedsverfahren nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz, bei dem eine Geschäftsbereichsbehörde des Bundeskanzleramtes Beteiligte ist. Die juristische Vertretung nimmt die Behörde selbst wahr, lässt sich patentanwaltlich jedoch beraten. Viertens. Vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten – englisch: International Centre for Settlement of Investment Disputes, -ICSID – ist ein Verfahren zwischen der Vattenfall AB, Aktiebolag, und anderen gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig. Das federführende Bundesminis-terium für Wirtschaft und Technologie wird hierbei durch die Kanzlei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP vertreten. Zur juristischen Vertretung wird darauf hingewiesen, dass eine juristische Vertretung des Bundes grundsätzlich durch eigene Mitarbeiter der Bundesbehörden erfolgt und nur in besonderen Fällen Externe beauftragt werden. Zu Frage 44: In den in der Vorfrage aufgezählten Schiedsverfahren wurden Bonuszahlungen durch den Bund weder bisher geleistet noch sind derartige Bonuszahlungen vorgesehen. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des Abgeordneten Lars Klingbeil (SPD) (Druck-sache 17/13171, Fragen 45 und 46): Sind die in den Medienberichten zitierten (und online abrufbaren) Protokolle zum „Erfahrungsaustausch IFG“ (vergleiche hierzu www.zeit.de/digital/internet/2013-04/ifg-in formationsfreiheit-protokolle) mit der Hausleitung des Bundesministeriums des Innern abgestimmt, und entsprechen die darin vertretenen Positionen denen der politischen Leitung des Hauses? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Protokolle einzig die Schlussfolgerung zulassen, dass der Erfahrungsaustausch dem Ziel dient, Begründungen zu finden, entsprechende IFG-Anfragen (IFG: Informationsfreiheitsgesetz) abzulehnen, und entspricht dies auch den Vorgaben des Bundesministeriums des Innern bzw. der Bundesregierung? Zu Frage 45: Die für die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes, IFG, zuständigen Fachreferate der Bundesministerien treffen sich bisher in regelmäßigen Abständen (zweimal im Jahr) zu einem Erfahrungsaustausch zu aktuellen Rechts- und Anwendungsfragen des IFG. Es handelt sich um eine Erörterung auf Referatsebene, die den jeweiligen aktuellen Diskussionsstand wiedergibt. Daher werden die Protokolle mit den beteiligten Ressorts auch nur auf Arbeitsebene abgestimmt. Eine Einbindung der Hausleitung des Bundesministeriums des Innern war weder vorgesehen, noch ist eine solche erfolgt. Diese Einbindung erfolgt gemäß der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien nur bei Themen von grundsätzlicher politischer Bedeutung, die im Rahmen der Erörterung der Einzelthemen des Erfahrungsaustauschs nicht gegeben ist. Zu Frage 46: Nein. Der Erfahrungsaustausch dient der Erörterung von Rechts- und Anwendungsfragen zum IFG und einer sachgerechten, einheitlichen Wahrnehmung der nach dem IFG der Bundesverwaltung obliegenden Aufgaben. Der Erfahrungsaustausch dient so dem Ziel der Bundesregierung, staatliches Handeln transparenter und staatliche Entscheidungsprozesse besser nachvollziehbar zu machen und ein einheitliches Antwortverhalten der Bundesbehörden zu ermöglichen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Drucksache 17/13171, Fragen 47 und 48): Wie begründet es die Bundesregierung, dass auf das Verwaltungsverfahrensgesetz gestützte Akteneinsichtsanträge von Rechtsanwälten ohne Hinweis auf das ersichtlich einschlägige IFG abgelehnt werden sollen, obwohl nach der Rechtsprechung (vergleiche zum Beispiel Beschluss des Verwaltungs-gerichts Göttingen vom 6. Dezember 2006, 3 A 367/06) die Behörden verpflichtet sind, von sich aus alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen für eine Akteneinsicht zu prüfen? Gibt es Bundesministerien, die bei Anträgen auf Akteneinsicht standardmäßig eine Empfangsbestätigung mit folgendem Satz versenden: „Anfragen können bis zu 500 Euro kosten“, und, wenn ja, inwieweit sieht die Bundesregierung dies als vereinbar an mit dem Recht auf Informationsfreiheit und den Vorgaben des IFG des Bundes? Zu Frage 47: Für ein Verfahren nach dem Informationsfreiheits-gesetz, IFG, ist ein entsprechender Antrag notwendige Verfahrensvoraussetzung. Der Antrag bestimmt auch den Umfang des Verfahrensgegenstandes. Er muss so bestimmt sein, dass er Grundlage eines entsprechenden Verwaltungsakts sein kann (vgl. § 37 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG). Zwar sind Bundesbehörden nach § 25 VwVfG verpflichtet, Antragsteller zu beraten, soweit dies erforderlich ist, damit die Betroffenen ihre Rechte effektiv wahrnehmen können. Eine Pflicht zur Rechtsberatung besteht jedoch nicht. Ein Ersuchen, Akteneinsicht nach § 29 VwVfG zu gewähren, ist schon wegen der unterschiedlichen Kostenfolgen nicht ohne Weiteres in einen IFG-Antrag umzudeuten. Zudem bezieht sich das Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG auf Akten, die das Verwaltungsverfahren des Antragstellers als Verfahrensbeteiligten zum Gegenstand haben, und dient der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs. Demgegenüber ist für den voraussetzungslosen Informationszugangsanspruch nach dem IFG, der der effektiven Wahrnehmung von Bürgerrechten und der Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dient, gerade keine persönliche -Betroffenheit durch die begehrten Akteninhalte erforderlich. Zu Frage 48: Die Bundesregierung möchte die Zielsetzung des IFG, das Verwaltungshandeln des Bundes durch erleichterten Informationszugang transparenter zu gestalten, fördern und dennoch die Kostenbelastung für den Bürger bei IFG-Anträgen im vorgegebenen Rahmen halten. Für Amtshandlungen nach dem IFG sind nach § 10 des Gesetzes Gebühren bis zu 500 Euro und Auslagen zu erheben. Dies gilt nicht für die Erteilung einfacher -Auskünfte und bei Ablehnung des Antrags. Die Ressorts bearbeiten IFG-Anträge im Rahmen des Ressortprinzips in eigener Verantwortung. Ein Hinweis auf mögliche Kosten, die im Rahmen eines konkreten Antrags voraussichtlich entstehen, ist auch im Interesse des Antragstellers sachgerecht, um nicht gewünschten Gebühren und Auslagen zum Beispiel durch Anpassung oder Beschränkung des Antrags begegnen zu können. Häufig wird bei Antragstellung ausdrücklich darum gebeten, vorab mitzuteilen, ob und welche Kosten bei dem gewünschten Informationszugang anfallen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass etwa im Jahre 2012  90 Prozent aller gestellten IFG-Anträge in der Bundesverwaltung kostenfrei bearbeitet wurden. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des Abgeordneten Gerold Reichenbach (SPD) (Drucksache 17/13171, Fragen 49 und 50): Warum tun sich die Bundesbehörden mit der Informationsfreiheit, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das IFG nun bereits seit über sieben Jahren in Kraft ist und auch die Bundesregierung die gesellschaftliche Bedeutung von -Transparenz in Staat und Politik immer wieder betont, so schwer (Quelle: www.zeit.de/digital/internet/2013-04/ifg-informationsfreiheit-protokolle), und wie will die Bundesregierung dieser Verweigerungshaltung begegnen? Welche Anstrengungen und Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen und ergriffen, um den gesellschaftlichen Kulturwandel von der beschränkten Aktenöffentlichkeit hin zu einer wirksamen Informationsfreiheit zu unterstützen, und wie erklärt sich die Bundesregierung, dass sich Behörden offensichtlich mit Informationsfreiheit sehr schwertun? Zu Frage 49: Die Bundesregierung fördert die Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes, IFG, staatliches Handeln transparenter und staatliche Entscheidungsprozesse besser nachvollziehbar zu machen. Die Bearbeitung der IFG-Anträge in der Bundesverwaltung erfolgt sieben Jahre nach Einführung des IFG routiniert und effizient. Allerdings ist durch die starke Erhöhung der Antragszahlen der Arbeitsaufwand in den Bundesbehörden beträchtlich gestiegen. Insbesondere sehr umfangreiche Anfragen und Massenanfragen zu einzelnen Themen führen dazu, dass die betroffenen Arbeitseinheiten über einen längeren Zeitraum hinweg nahezu ausschließlich mit der Bearbeitung der IFG-Anfragen beschäftigt sind und in dieser Zeit ihre Fachaufgaben nur eingeschränkt wahrnehmen können. Die Bearbeitung bindet erhebliche personelle Ressourcen. Zu Frage 50: Das Ziel einer größeren Transparenz verfolgt auch das Projekt Open Government, das Teil des Regierungsprogramms „Vernetzte und transparente Verwaltung“ ist. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den offenen und partnerschaftlichen Umgang von Verwaltung und Bürgern zu stärken. Im Rahmen des Projektes Open Government werden größere Transparenz, bessere Teilhabe und verstärkte Kooperation angestrebt. Die Basis für mehr Transparenz und Teilhabe bilden offene Informationen und Daten. Im Rahmen des Projektes wurde daher das ebenenübergreifende Datenportal „GovData“ entwickelt. Es schafft eine Infrastruktur zur Bereitstellung von Daten durch Bund, Länder und Kommunen. Bei GovData handelt es sich um einen Prototypen. Das Datenangebot wird laufend ausgebaut. Das Ziel einer größeren Transparenz des Verwaltungshandelns wird auch mit dem soeben – am 18. April 2013 – vom Bundestag verabschiedeten E-Government-Gesetz des Bundes verfolgt. Folgende in diesem Gesetz vorgesehene Regelungen tragen zu einer transparenteren Verwaltungsarbeit bei: Das E-Government-Gesetz verpflichtet alle Behörden zur Erreichbarkeit über E-Mail oder andere elektronische Kommunikationsformen, sodass zum Beispiel -Anträge auf Informationszugang nach dem IFG auf elektronische Weise zukünftig erleichtert werden. Ferner werden Grundsätze der elektronischen Aktenführung sowie des ersetzenden Scannens anstelle der Führung klassischer Papierakten durch das E-Government-Gesetz geregelt mit der Folge, dass Akteneinsichtsrechte im Verfahren zukünftig auch elektronisch wahrgenommen werden können. Dies stellt für viele Personen eine Erleichterung dar, da Wege- und Wartezeiten entfallen. Außerdem wird der Verwaltung die Möglichkeit eröffnet, amtliche Mitteilungs- und Verkündungsblätter künftig ausschließlich oder jedenfalls zusätzlich über das Internet zugänglich zu machen. Schließlich wird die Bundesverwaltung verpflichtet, bei der Einführung neuer IT ihre Verwaltungsvorgänge zu analysieren und zu verbessern. Elektronische Verwaltungsvorgänge sollen überdies so gestaltet werden, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Informationen zum Verfahrensstand und einschlägige Kontaktinformationen der zuständigen Ansprechstelle über das Internet abrufen können – „Tracking“. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des Abgeordneten Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) (Drucksache 17/13171, Fragen 51 und 52): Treffen die Aussagen (vergleiche www.zeit.de/digital/in ternet/2013-04/ifg-informationsfreiheit-protokolle) zu, dass die Bundesregierung IFG-Anfragen von Journalistinnen und Journalisten besonders kritisch gegenübersteht, und, sollte die Bundesregierung diese Frage verneinen, wie bewertet die Bundesregierung dann die Tatsache, dass in den Medien verstärkt entsprechende Berichte auftauchen? Ist es richtig, dass – wie die Protokolle es nahelegen – IFG-Anfragen von Journalisten nachrangig behandelt und vor allem dahin gehend geprüft werden, mit welcher Ausnahmeregelung diese abgelehnt werden können, und was ist die Begründung für dieses Vorgehen? Zu Frage 51 : Anfragen von Journalistinnen und Journalisten nach dem Informationsfreiheitsgesetz, IFG, werden nicht anders behandelt als die Anfragen anderer Personen. Falls in den Medien dazu eine abweichende Auffassung publiziert werden sollte, entzieht sich das einer Bewertung der Bundesregierung. Anträgen von Medienvertretern, die meist innerhalb sehr kurzer Zeit einen Informationszugang wünschen, kann häufig aufgrund der erforderlichen Durchsicht und Prüfung einer Vielzahl von Akten nicht innerhalb der erbetenen Zeit entsprochen werden. Zu Frage 52: Alle Anträge nach dem IFG werden gleichrangig behandelt. Im Rahmen der Prüfung eines Antrags ist entsprechend der gesetzlichen Regelung zu prüfen, ob der Informationszugang gewährt werden kann oder ob dem jeweiligen Antrag zum Schutz der im Gesetz genannten besonderen Belange Hinderungsgründe entgegenstehen, die einen Informationszugang ganz oder teilweise ausschließen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass IFG-Anträgen auf Informationszugang überwiegend stattgegeben wird. Im Jahre 2012 wurde in den Bundesministerien und ihren Geschäftsbereichen in 2 828 Fällen vollständiger Zugang gewährt und in 1 762 Fällen teilweise. Abgelehnt wurde der Zugang in 620 Fällen. Die Gründe, aus denen ein Informationszugang abgelehnt werden kann, sind im IFG abschließend aufgezählt. Hierzu gehören der Schutz von besonderen öffentlichen Belangen, wie zum Beispiel der inneren und äußeren Sicherheit, sowie der Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse, personenbezogener Daten und geistigen Eigentums oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen der Abgeordneten Kirsten Lühmann (SPD) (Druck-sache 17/13171, Fragen 53 und 54): Erwägt die Bundesregierung, die Vorschriften über das ordnungsgemäße Führen von Akten um eine Paginierungspflicht zu erweitern, um beispielsweise zu verhindern, dass Dokumente aus einer Akte entfernt werden und dies bei der Akteneinsicht nicht auffällt? Sind der Bundesregierung Manipulationen von Akten bei IFG-Anträgen, beispielsweise die Anlegung von unzulässigen Parallelakten, wie sie die Protokolle zum „Erfahrungsaustausch IFG“ (vergleiche www.zeit.de/digital/internet/2013-04/ifg-informationsfreiheit-protokolle) offensichtlich nahelegen, oder aber die Zurückhaltung von Aktenbeständen, bekannt, und erwägt die Bundesregierung, einen wirksameren Sanktionsmechanismus gegen die Manipulationen von Akten, insbesondere bei IFG-Anträgen, einzuführen? Zu Frage 53: Die Führung von Akten richtet sich nach den Regeln der Registraturrichtlinie. Nach § 4 gelten hier die Grundsätze der Einheitlichkeit und Vollständigkeit, insbesondere dürfen keine Dokumente aus der Akte entfernt werden. Nach Auffassung der Bundesregierung sind diese Regeln ausreichend, um eine ordnungsgemäße Aktenführung zu gewährleisten. Die Einführung einer Paginierungspflicht ist nicht vorgesehen. Zu Frage 54: Der Bundesregierung sind keine Manipulationen von Akten aus Anlass von IFG-Anträgen bekannt. Daher bedarf es auch keiner neuen Sanktionsmechanismen zu deren Verhinderung, da die bestehenden Regelungen ausreichend sind. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 55): Wann wird die Bundesregierung den angekündigten Gesetzentwurf zur Begrenzung von Managergehältern vorlegen, und durch welche gesetzlichen Regelungen möchte sie den exorbitanten Vergütungen von Führungskräften Einhalt gebieten? Die Abstimmung eines Entwurfs für eine Regelung zur Begrenzung von Vorstandsvergütungen dauert innerhalb der Bundesregierung und mit den Koalitionsfraktionen noch an. Nach Auffassung der Bundesregierung ist eine aktienrechtliche Regelung, die eine verbesserte Kontrolle durch die Hauptversammlung vorsieht, der richtige Weg. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 56): Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung des UN-Antirassismus-Ausschusses vom 4. April 2013 (CERD/C/82/D/48/2010), wonach Deutschland im Falle Thilo Sarrazins seine Bevölkerung nicht ausreichend vor rassistischen Äußerungen geschützt habe, etwa in Bezug auf die Gesetzeslage, die Strafverfolgung, die Schulung der Richterschaft und von Strafverfolgungsbehörden, ein breiteres Verständnis von Rassismus etc., und inwieweit wird sich die Bundesregierung mit den Bundesländern absprechen, um zu wirksamen Maßnahmen zu kommen, die in der Länderkompetenz liegen? Die Bundesregierung nimmt die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen sehr ernst. Sie wird die Entscheidung des Ausschusses daher sorgfältig prüfen, was angesichts der Komplexität der zugrunde liegenden Fragen noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Dabei wird auch die vom Ausschuss aufgeworfene Frage eine Rolle spielen, ob Änderungsbedarf im deutschen Strafrecht im Hinblick auf die strafrechtliche Sanktionierung von rassistischen Äußerungen besteht. Zudem wird die Bundesregierung selbstverständlich die Entscheidung in die deutsche Sprache übersetzen, veröffentlichen und die Information aller zuständigen Stellen und Behörden – auch in den Ländern – sicherstellen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragen des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Fragen 57 und 58): Ist aus Sicht der Bundesregierung die Höhe der angesetzten Zahlungen im aktuellen Haushalt der Europäischen Union für das Jahr 2013 ausreichend, um alle bis Ende 2013 anfallenden Rechnungen bezahlen zu können, und, falls nicht, was sind aus Sicht der Bundesregierung die Gründe dafür, dass die angesetzten Zahlungen nicht ausreichen? Ist aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass Programmen, die aus dem EU-Haushalt finanziert werden (wie ERASMUS, Europäischer Sozialfonds, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), im Jahr 2013 ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, um alle Verpflichtungen erfüllen zu können, oder ist für die Finanzierung dieser Programme im Jahr 2013 ein Nachtragshaushalt notwendig? Zu Frage 57: Bei der Verabschiedung des Haushalts 2013 konnte der Mehrbedarf für den Beitritt Kroatiens zur EU aus rechtlichen Gründen noch nicht im Haushalt berücksichtigt werden. Am 18. März 2013 hat die Kommission den Berichtigungshaushalt 1/2013 vorgeschlagen, der diesen Mehrbedarf berücksichtigt. Die Kommission schlägt hierzu zusätzliche Mittel für Zahlungen von insgesamt 396,3 Millionen Euro vor. Die Bundesregierung steht zu den finanziellen Verpflichtungen der EU aus dem Beitrittsvertrag mit Kroatien. Außerdem hat die Kommission am 27. März 2013 den Entwurf des Berichtigungshaushalts 2/2013 vorgeschlagen. Dieser sieht zusätzliche Mittel für Zahlungen in Höhe von 11,225 Milliarden Euro vor. Hiervon sind 9,001 Milliarden Euro für die Kohäsionspolitik vorgesehen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der veranschlagte Mehrbedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht etatreif, da die Haushaltsmittel zur Begleichung offener Forderungen bislang ausreichen. Ein Großteil der Forderungen aus dem Vorjahr ist bereits beglichen, bis Juni sollen auch die restlichen Forderungen aus 2012 bezahlt sein. Aus Sicht der Bundesregierung kann abschließend erst im Herbst dieses Jahres belastbar festgestellt werden, wie hoch ein möglicher Mehrbedarf für den Haushalt 2013 insgesamt ist und welche etwaigen Möglichkeiten für Mittelumschichtungen bestehen. Die Bundesregierung steht aber dazu, dass die EU ihre Verpflichtungen erfüllen können muss. Zu Frage 58: Der Kommissionsvorschlag für den Berichtigungshaushalt 2/2013 sieht unter anderem 6 Millionen Euro zusätzlich für das Programm ERASMUS Mundus, 3,253 Milliarden Euro für den Europäischen Sozialfonds und 3,413 Milliarden Euro für den Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung vor. Die Bundesregierung kann nicht ausschließen, dass ein Berichtigungshaushalt im Laufe des Jahres erforderlich wird. Wie hoch der Mehrbedarf in einzelnen Programmen bis Ende des Jahres sein wird und welche Umschichtungsmöglichkeiten entstehen werden, lässt sich derzeit aber nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 59): Befürwortet die Bundesregierung den durch Rheinland-Pfalz erfolgten Ankauf einer Steuerdaten-CD, und in welchem Umfang wird sich der Bund an den Kosten beteiligen? Die gleichmäßige Durchsetzung deutscher Steueransprüche auch in der Schweiz hat für die Bundesregierung hohe Priorität. Zu diesem Zweck wurde das Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen. Dieses hätte eine gleichmäßige und flächendeckende Durchsetzung dieser Ansprüche für die Vergangenheit und Zukunft gewährleistet. Nachdem dieses Steuerabkommen aufgrund des Widerstandes im Bundesrat keine Mehrheit gefunden hat, ist die Situation hinsichtlich der Durchsetzung der deutschen Steueransprüche in der Schweiz unverändert. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung für einen Datenankauf von der jeweils zuständigen Landesfinanzbehörde zu treffen. Die Bundesregierung hat dies im vorliegenden Fall zur Kenntnis genommen. Aus Sicht der Bundesregierung bleibt jedoch die dringende Notwendigkeit, diese Problematik einvernehmlich mit der Schweiz und der Europäischen Kommission zu lösen. Bei einem Datenankauf handelt es sich um Kosten der Steuerfahndung, die zu den allgemeinen Verwaltungskosten bei der Auftragsverwaltung der Steuern zählen und deshalb generell von den Ländern zu tragen sind. Das Bundesministerium der Finanzen hat sich bisher nur in Einzelfällen an den Kosten beteiligt, zusammen mit den nicht am Datenerwerb beteiligten Ländern. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 60): Welche gesetzlichen Maßnahmen plant die Bundesregierung, um für die Informationsübermittlung, zu der sich Deutschland in dem bereits paraphierten Abkommen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei grenzüberschreitenden Sachverhalten von Deutschland und den USA verpflichtet, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, und plant die Bundesregierung, mit anderen europäischen Staaten ähnliche Vereinbarungen abzuschließen? Die Bundesregierung plant die Schaffung einer Begleitregelung in der Abgabenordnung zur Erfüllung von Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Vereinbarungen zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Die Begleitregelung umfasst einen neuen § 117 c Abgabenordnung „Umsetzung innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei grenzüberschreitenden Sachverhalten“ sowie eine dazugehörige Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes. Die Begleitregelung ist so angelegt, dass neben dem am 21. Februar 2013 paraphierten Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Umsetzung des US-amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act, kurz: FATCA, sowie möglichen ähnlichen Abkommen mit anderen europäischen Staaten die rechtlichen Voraussetzungen für die innerstaatliche Durchführung derartiger Abkommen geschaffen werden. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 61): Aus welchem Grund wurde in die Zeile 17 der Anlage Kind für die Einkommensteuererklärung 2012 die Abfrage aufgenommen, ob das Kind einen freiwilligen Wehrdienst als Probezeit absolviert hat, und plant die Bundesregierung, für die Probezeit bei Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes entgegen der bisherigen gesetzlichen Regelung den Bezug von Kindergeld zu ermöglichen? Die von Ihnen genannte Abfrage ist vorsorglich in das im Herbst 2012 veröffentlichte bundeseinheitliche Muster der Einkommensteuervordrucke für den Veranlagungszeitraum 2012 aufgenommen worden. Der Entwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2013 sieht eine entsprechende Regelung vor. Wie Sie wissen, hat sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in seinen Beratungen aber im Ergebnis gegen die Regelung entschieden. Die Regelung ist daher auch nicht im Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 25. Oktober 2012 (Bundesratsdrucksache 632/12) enthalten. Die Einkommensteuererklärungsvordrucke für das Jahr 2012 müssen sehr frühzeitig mit den Ländern ab-gestimmt werden und spätestens zu Jahresbeginn 2013 flächen-deckend zur Verfügung stehen. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen war es für eine Änderung der Vordrucke für das Jahr 2012 deshalb leider zu spät. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 62): Wann plant die Bundesregierung den durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Februar 2013 in der Rechtssache C168/11 festgestellten Verstoß gegen das EU-Recht bei der Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34 c des Einkommensteuergesetzes zu beseitigen, und welche diesbezüglichen Lösungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung allgemein? Die Bundesregierung plant, den durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Februar 2013 in der Rechtssache C-168/11 festgestellten Verstoß gegen das EU-Recht bei der Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34 c Einkommensteuergesetz so schnell wie möglich zu beseitigen. Dies erfordert eine Änderung der Vorschrift zur Bestimmung des Anrechnungshöchstbetrags nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Frage 65): Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um – auch im Hinblick auf die zum Jahresende geplante Einstellung des Bundesprogramms des Europäischen Sozialfonds zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt – zu gewährleisten, dass das für die kommende Förderperiode ab 2014 geplante ESF-Bundesprogramm zur „Weiterbildung von Migrantinnen und Migranten“ mit einem flüchtlingsspezifischen Beratungsangebot ausgestattet ist und auch diejenigen Personen erreicht, die sich im Asylbewerberleistungsbezug befinden und keinen festen Aufenthaltsstatus besitzen? Das ESF-Bundesprogramm zur „Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten“, das in der Förderperiode 2014 bis 2020 umgesetzt werden soll, setzt als flankierende Maßnahme an den spezifischen Bedarfen der -Migrantinnen und Migranten an, die ihre im Ausland erworbene Ausbildung in Deutschland anerkennen lassen möchten. Ziel ist es unter anderem, Menschen mit Migrationshintergrund eine qualifikationsadäquate Arbeits-marktintegration bzw. den beruflichen Aufstieg in Deutschland zu ermöglichen. Das Programm umfasst vier Förderbausteine: Anpassungsqualifizierungen und -lehrgänge in reglementierten -Berufen sowie die Vorbereitung auf die Kenntnis- oder Eignungsprüfungen in reglementierten Berufen – schwerpunktmäßig in akademischen Heilberufen –; Entwicklung und Erprobung von Qualifizierungen für Migrantinnen und Migranten in dualen Ausbildungsberufen, die das berufliche Anerkennungsverfahren durchlaufen haben, über das wesentliche Unterschiede zwischen der -erworbenen Auslandsqualifikation und den deutschen Referenzberufen festgestellt worden sind; Brückenmaßnahmen für Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund, deren Abschlüsse nicht unter das Anerkennungsgesetz fallen; Vorbereitung auf die Externenprüfung für Migrantinnen und Migranten, deren ausländischer Berufsabschluss bereits längere Zeit zurückliegt bzw. bei denen die Diskrepanz zum deutschen Referenzberuf so groß ist, dass eine Anpassungsqualifizierung nicht mehr greift. Bleibeberechtigten und Flüchtlingen mit Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt steht die Teilnahme am Programm grundsätzlich offen unter der Voraussetzung, dass sie schon über eine abgeschlossene Ausbildung im Herkunftsland verfügen. Das ESF-kofinanzierte Programm ist arbeitsmarktlich ausgerichtet und schließt daher allgemeine und sich spezifisch an Flüchtlingen und Asylsuchenden orientierende Informations- und Beratungsleistungen aus. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) (Drucksache 17/13171, Fragen 72 und 73): Auf welcher empirisch-wissenschaftlichen oder statistischen Grundlage hat die Bundesregierung über die Einführung des mit dem Betreuungsgeld verbundenen Bildungssparbonus entschieden? Welche Summe stünde den Anspruchsberechtigten eines Bildungssparbonus des Betreuungsgeldes bei voller Ausschöpfung am Ende zur Verfügung, und wie hoch wäre der staatliche Förderanteil an dieser Summe? Zu Frage 72: Der in der Frage genannte Bildungssparbonus nimmt Bezug auf den von den Regierungsfraktionen im Rahmen des Entwurfs eines Betreuungsgeldergänzungsgesetzes in den Bundestag eingebrachten Entwurf eines § 4 b Abs. 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG. Der geplante § 4 b Abs. 4 BEEG lautet: „Nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung zum Bildungssparen soll eine dem Absatz 2 [das heißt Verwendungsoption „private Altersvorsorge“] entsprechende Regelung eingeführt werden, die auch bei Leistung in einen Vertrag zum Bildungssparen eine Erhöhung des Betrags nach Absatz 1 um 15 Euro vorsieht.“ Dieser Gesetzentwurf trifft damit weder eine inhaltliche Regelung zum Bildungssparen noch zu den Bedingungen, unter denen das erhöhte Betreuungsgeld für diese besondere Verwendung gewährt wird. Hierzu wird ausdrücklich auf eine noch zu beschließende gesetzliche Regelung verwiesen. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit einen Vorschlag für eine solche Regelung; über die zugrunde liegenden „empirisch-wissenschaftlichen oder statistischen“ Erwägungen kann erst nach Vorlage eines Vorschlags Stellung genommen werden. Zu Frage 73: Der geplante § 4 b Abs. 4 BEEG in der Fassung des Entwurfs eines Betreuungsgeldergänzungsgesetzes der Regierungsfraktionen sieht vor, dass sich das grundsätzlich in einer Höhe von 150 Euro monatlich gewährte Betreuungsgeld bei einer Leistung in einen Vertrag zum Bildungssparen um 15 Euro monatlich erhöhen soll. Nach § 4 d Abs. 1 Satz 3 des am 20. Februar 2013 im Bundesgesetzblatt verkündeten Betreuungsgeldgesetzes kann das Betreuungsgeld für höchstens 22 Lebens-monate für ein Kind bezogen werden. Vor diesem Hintergrund könnten nach dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens bei voller Ausschöpfung des Betreuungsgeldes im Rahmen der Verwendungsoption „Bildungssparen“ insgesamt 3 630 Euro (22 mal 165 Euro) allein durch den Bezug von Betreuungsgeld angespart werden. Hierin enthalten ist ein Bonus von insgesamt 330 Euro durch den Erhöhungsbetrag von 15 Euro monatlich. Anlage 39 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 74): Welche monatliche Beitragsschuld entsteht für einen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Selbstständigen monatlich (in Euro), wenn er der Zahlung der Beiträge nicht nachkommt, und welche Leistungen erhält er von der gesetzlichen Krankenkasse, wenn er der Kasse mehr als zwei Monatsbeiträge schuldet und keine Schuldenregulierung mit der Krankenkasse getroffen wurde? Sie sprechen die Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung, GKV, an. Dazu möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen den Entwurf eines „Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ vorgelegt haben: Dieser Gesetzentwurf sieht im Bereich der GKV vor, dass für freiwillig Versicherte sowie für nachrangig Versicherungspflichtige (Personen ohne anderweitigen -Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V) in der GKV anstelle des auf 5 Prozent erhöhten Säumniszuschlags künftig nur noch der reguläre monatliche Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des rückständigen Betrags gilt. Wir haben den Gesetzentwurf heute Morgen erstmals im Ausschuss für Gesundheit beraten. Wir werden im Gesetzgebungsverfahren weitere Maßnahmen prüfen, um auch das Problem bereits bestehender Beitragsschulden anzugehen. Zur Höhe der monatlichen Beitragsschuld kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: In der GKV wird bei der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Zudem hat der Gesetzgeber bei freiwilligen Mitgliedern die Erhebung von Mindestbeiträgen vorgeschrieben. Für hauptberuflich Selbstständige werden die Beiträge grundsätzlich auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze erhoben (2013: 3 937,50 Euro). Der Beitrag für diesen Personenkreis liegt derzeit grundsätzlich bei 586 Euro ohne Krankengeldanspruch (bzw. 610 Euro mit Krankengeldanspruch). Weist das Mitglied jedoch niedrigere Einnahmen nach, gilt als beitragspflichtige Einnahmen mindestens ein Betrag von derzeit 2 021,25 Euro monatlich. Hieraus resultiert ein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag von derzeit 301 Euro ohne Krankengeldanspruch (bzw. 313 Euro mit Krankengeld-anspruch). Darüber hinaus bestehen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch beitragsrechtliche Vergünstigungen für „bedürftige“ Selbstständige sowie für Existenzgründer, für die der Monatsbeitrag derzeit bei 200 Euro ohne Krankengeldanspruch (bzw. 208 Euro mit Krankengeldanspruch) liegt. Grundsätzlich fallen die Beiträge für jeden Monat der Mitgliedschaft an. Für den ersten angefangenen rückständigen Monat der Säumnis kommt zusätzlich ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags hinzu, für jeden weiteren angefangenen Monat, in dem Beiträge rückständig sind, fällt bisher ein Säumniszuschlag von 5 Prozent auf den rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrag an. Diesen erhöhten Säumniszuschlag will die Koalition jetzt abschaffen. Zum Ruhen der Leistungen ist Folgendes anzumerken: Die Regelung zum Ruhen von Leistungen bei Zahlungsverzug nach § 16 Abs. 3 SGB V wurde im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes eingeführt. Im Interesse der Solidargemeinschaft soll die Nichtzahlung von Beiträgen neben der Erhebung von Säumniszuschlägen für den Versicherten spürbare Konsequenzen haben. Vom Ruhen ausgenommen sind aber Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten – insbesondere bei Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen, der Zuckerkrankheit, bei Krebserkrankungen sowie Kinderunter-suchungen – und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und von Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das Mitglied bei Zahlungsverzug mit der Krankenkasse eine Ratenzahlung über die rückständigen Beiträge vereinbaren kann. In diesem Fall bleibt der volle Leistungsumfang erhalten und es fallen Säumniszinsen lediglich in Höhe von 0,5 Prozent an. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 75): Wie viel soll der von der Bundesregierung angedachte Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung monatlich kosten, und welche Leistungen erhalten die Versicherten im Notlagentarif im Unterschied zu gesetzlich Versicherten mit einem Zahlungsrückstand von mehr als zwei Monatsbeiträgen? Der Gesetzentwurf zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung, der – wie bereits in meiner Antwort zu Frage 74 ausgeführt – bereits Gegenstand der parlamentarischen Beratungen ist, sieht vor, einen Notlagentarif für privat Krankenversicherte einzuführen, die ihrer Pflicht zur Beitragszahlung auch nach Durchführung eines gesetzlich vorgegebenen Mahnverfahrens nicht nachkommen. Ihr bisheriger Versichertenvertrag ruht währenddessen, wie es bereits heute im Falle der Nichtentrichtung von Beiträgen der Fall ist. Nach ersten Grobkalkulationen aus der Branche könnte die einheitliche Prämie im Notlagentarif bei rund 100 bis 150 Euro je Versicherten liegen. Im Notlagentarif werden keine Alterungsrückstellungen aufgebaut. Gleichzeitig entfallen Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte für den Versicherten. Der Beitrag soll kostendeckend kalkuliert werden, sodass alle tatsächlich entstandenen Kosten im Zusammenhang mit der Leistungserbringung des Notlagentarifs hiervon umfasst sein müssen. Der Leistungsumfang des Notlagentarifs soll grundsätzlich den bisherigen Ruhensleistungen entsprechen und insbesondere Leistungen zur Behandlung akuter -Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft beinhalten. Um in dieser wichtigen Frage künftig eine brancheneinheitliche Vorgehensweise sicherzustellen, sieht der Gesetzentwurf vor, den Verband der privaten Krankenversicherung damit zu beleihen, Art, Umfang und Höhe der Leistungen des Notlagentarifs festzulegen. Die Fachaufsicht darüber übt das Bundesministerium der Finanzen aus. Damit wird das bereits beim Basistarif bewährte Verfahren auf diesen Sachverhalt übertragen und Rechtssicherheit für Versicherte und Anbieter geschaffen. Anlage 41 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Fragen 78 und 79): Warum werden nicht, wenn die Bundesregierung die „Bürgerinnen und Bürger bei der ergänzenden privaten Vorsorge für den Fall der Pflegebedürftigkeit ... unterstützen“ will, wie das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Website schreibt, alle privaten Pflegezusatzversicherungen gefördert statt nur jene, die, wie Stiftung Warentest jetzt dargelegt hat, durch die Bedingungen, die sie förderwürdig machen, eher unattraktiv sind? Denkt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass der Pflege-Bahr doch eigentlich gerade Menschen mit geringem Einkommen zugutekommen sollte, die möglicherweise steigende Beiträge nicht bewältigen können, über eine Deckelung der Beitragssteigerung oder eine Ausweitung der Möglichkeit, den Vertrag ruhen zu lassen – auch für länger als drei Jahre und auch wenn nicht Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bezogen wird – nach? Zu Frage 78: Aus sozialpolitischen Erwägungen und um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung zu ermöglichen, beschränkt die Bundesregierung ihre Förderung auf Pflegezusatzversicherungen, die gewisse Mindestbedingungen vorsehen, so insbesondere einen Kontrahierungszwang, das Verbot von Gesundheitsprüfungen, Risikozuschlägen und Leistungsausschlüssen sowie eine Begrenzung der Verwaltungs- und Abschlusskosten und Leistungen in einer bestimmten Mindesthöhe. Diesen Vorgaben genügen die bisher auf dem Markt angebotenen Pflegezusatzversicherungen nicht. Zu Frage 79: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben sowie eine vorsichtige Kalkulation der Anbieter sicherstellen, dass die Beiträge für die staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung in absehbarer Zukunft nicht ansteigen werden. Die Aussagen der Stiftung Warentest zu angeblichen Risiken der Beitragsentwicklung werden daher ausdrücklich nicht geteilt. Tritt Hilfebedürftigkeit im Einzelfall ein, hat der Versicherungsnehmer bei einer staatlich geförderten Pflege-zusatzversicherung – im Gegensatz zu ungeförderten Produkten – das Recht, diese für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ruhend zu stellen. Damit wurden bei der geförderten Pflegezusatzversicherung für den Fall einer vorübergehenden Hilfebedürftigkeit sozialverträgliche Vorkehrungen getroffen. Anlage 42 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 80): Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzungen von Finanztest, Heft 5/2013, im Artikel „Lieber ohne Förderung“, in dem es unter anderem heißt: „Die staatlich geförderte Vorsorge taugt aber wenig“ und der sogenannte Pflege-Bahr als „Mogelpackung“ bezeichnet wird, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus dieser Analyse? Die Bundesregierung widerspricht der Einschätzung der Stiftung Warentest zur staatlich geförderten Pflegevorsorge ausdrücklich. Die Stiftung Warentest hat nach eigenen Angaben die geprüften Pflegezusatzversicherungen daran gemessen, ob diese die Finanzierungs-lücken im Pflegefall vollständig schließen können. Dieses von den Verfassern des Artikels definierte Ziel entspricht damit gerade nicht dem eigentlichen Ziel der geförderten Pflegevorsorge. Denn hierdurch soll vor allem der Einstieg in die private Vorsorge gefördert werden. Die geförderte Pflegezusatzversicherung leistet damit einen Beitrag dazu, die Finanzierungslücke zwischen künftigen Pflegekosten und den Pflegeleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu verringern. Ein Kostenvergleich zwischen geförderter und ungeförderter Pflegezusatzversicherung ist insbesondere abhängig vom abzusichernden Leistungsvolumen und vom Eintrittsalter. Bei der Absicherung niedrigerer Leistungsvolumina wird das Verhältnis zwischen Förderung und Eigenbeitrag dabei deutlich vorteilhafter; denn in diesen Fällen liegt der Förderanteil des Staates am Gesamtbeitrag häufig bei 30 Prozent. Hier sind die geförderten Produkte den ungeförderten Produkten in aller Regel überlegen. Die Stiftung Warentest hat zudem nur Tarife für drei Kundentypen mit den Eintrittsaltern 45 Jahre, 55 Jahre und 65 Jahre untersucht und damit genau jene Jahrgänge nicht berücksichtigt, für die der Abschluss einer geförderten Pflegezusatzversicherung besonders vorteilhaft ist und bei denen auch bei einem Vertragsabschluss zum Mindesteigenbeitrag von 10 Euro pro Monat bereits wesentlich höhere Leistungen erzielt werden können als die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestleistungen. Zahlreiche weitere Vorteile der geförderten Pflege-zusatzversicherungen gegenüber ungeförderten Pflege-tagegeldversicherungen werden darüber hinaus nicht -angemessen gewürdigt. Hierzu zählen – neben den verschiedenen sozialpolitisch wichtigen gesetzlichen Vorgaben wie zum Beispiel dem Kontrahierungszwang sowie dem Ausschluss von Risikozuschlägen und Leistungsausschlüssen – die Begrenzung der Verwaltungs- und Abschlusskosten und die Möglichkeit des Ruhens der Beitragszahlung im Falle von finanzieller Hilfebedürftigkeit. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 81): Welche Aktivitäten unternimmt die Bundesregierung zur Umsetzung der DIN 75078-2 (Rollstuhlrückhaltesysteme mit Kraftknoten) mit Blick auf die kritischen Anmerkungen aus dem Berliner Behindertenverband e. V. sowie vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, auf dem 2. Forum Mobilität für Menschen mit Behinderung am 25. und 26. April 2013 (siehe Artikel „Mobilität und Sicherheit für alle“ in der Berliner Behinderten-Zeitung vom April 2013, Seite 6), zur Herstellung bzw. Umrüstung und Finanzierung entsprechender Rollstühle, zur Ausrüstung und zum Einsatz von Fahrzeugen für die Beförderung von Personen, die im Rollstuhl sitzend in einem Kraftfahrzeug befördert werden müssen, sowie zur Schaffung von Rechtssicherheit für alle Beteiligten, ohne die Teilhabe einzuschränken und diskriminierende Beförderungssituationen für die Betroffenen zu schaffen? Die Bundesregierung beteiligt sich unter anderem an dem Runden Tisch „Sichere Mobilität für Menschen mit Behinderung“, der sich mit der rechtssicheren Beförderung von Rollstuhlfahrern in Kraftfahrzeugen befasst, und wäre bereit, gegebenenfalls entsprechende Regelungen für Rollstuhlrückhaltesysteme (zum Beispiel nach DIN 75078 oder ISO 10542) in die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften aufzunehmen. Da die Bundesregierung jedoch nicht mittragen könnte, dass durch eine solche Regelung die Mobilität von Rollstuhlnutzern eingeschränkt würde, werden derzeit Gespräche mit den beteiligten Ressorts, insbesondere zur Finanzierung und Umrüstung entsprechender Rollstühle, geführt. Da das weitere Vorgehen der Bundesregierung wesentlich von den Ergebnissen der Gespräche abhängt, kann zu der weiteren Vorgehensweise derzeit noch keine Angabe gemacht werden. Der angesprochene Artikel „Mobilität und Sicherheit für alle“ (Seite 6, Ausgabe April der Berliner Behinderten-Zeitung) liegt der Bundesregierung bislang nicht vor. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen der Abgeordneten Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13171, Fragen 82 und 83): Wie bewertet die Bundesregierung den Anteil der Ohnehin-Kosten im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung, wie er in der Prognos-Studie „Ermittlung der Wachstumswirkung der KfW-Programme zum Energieeffizienten Bauen und Sanieren“ ermittelt wurde? Welche eigenen Erhebungen liegen der Bundesregierung zum Anteil der Ohnehin-Kosten im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung vor, und zu welchem Ergebnis kommen diese Erhebungen? Zu Frage 82: Die Bundesregierung nimmt zu Studien und Gutachten, die im Auftrag Dritter erstellt wurden, nicht Stellung. Zu Frage 83: Hinsichtlich der Gutachten, in denen bei Kosten energetischer Sanierungsmaßnahmen sogenannte Ohnehin-Kosten und energetisch bedingte Mehrkosten unterschieden wurden und die unter anderem der Novellierung der Energieeinsparverordnung zugrunde liegen, wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ingrid Nestle, Daniela Wagner, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Bundestagsdrucksache 17/9834 – verwiesen. Zu diesen Gutachten zählen beispielhaft: erstens Untersuchung zur weiteren Verschärfung der energetischen Anforderungen an Wohngebäude mit der EnEV 2012 Teil 1 – Kosten energierelevanter Bau- und Anlagenteile in der energetischen Modernisierung von Altbauten –, zweitens Untersuchung zur weiteren Verschärfung der energetischen Anforderungen an Gebäude mit der EnEV 2012 Teil 2 – Anforderungsmethodik, Regelwerk und Wirtschaftlichkeit –, drittens Ergänzungsuntersuchungen zum Wirtschaftlichkeitsgutachten für die Fortschreibung der Energieeinsparverordnung , viertens Evaluierung und Fortentwicklung der EnEV 2009: Untersuchung zu ökonomischen Rahmenbedingungen im Wohnungsbau . Die Gutachten stehen auf der Internetseite des BBSR unter www.bbsr-energieeinsparung.de zur Verfügung. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/13171, Fragen 84 und 85): Wie viele Planfeststellungsverfahren sind derzeit im Bereich der Bundeswasserstraßen im laufenden Verfahren – bitte tabellarisch nach Verfahrensaufnahme und Status auflisten –, und welche davon werden angefochten – bitte unter Angabe der Gründe? Kann die Bundesregierung definitiv ausschließen, dass die beabsichtigte Übertragung gesetzlich festgeschriebener Zuständigkeiten von den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen auf die geplante Generaldirektion per Organisationserlass keine Rechtsunsicherheiten verursacht bzw. Anfechtungstatbestände für Planfeststellungsverfahren schafft, und wird die Bundesregierung eine Garantie geben, dass kein Planfeststellungsverfahren aufgrund von unklaren Zuständigkeiten gefährdet, angefochten oder verzögert werden kann? Zu Frage 84: Derzeit sind 18 Planfeststellungsverfahren und vier Plangenehmigungsverfahren bei den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen anhängig. Die Verfahren sind in der beigefügten Tabelle dargestellt. Klagen können gegen den Planfeststellungsbeschluss bzw. gegen die Plange-nehmigung erhoben werden. Da in den Verfahren noch keine Entscheidungen getroffen wurden, kann nicht eingeschätzt werden, ob gegebenenfalls nach Abschluss der Verfahren Klagen eingereicht werden. Derzeit sind gegen drei Planfeststellungsbeschlüsse Klagen anhängig. Bei einem Planfeststellungsbeschluss ist die Klagefrist noch nicht abgelaufen. Auch diese vier Verfahren sind in der beigefügten Tabelle genannt. Verfahren Stand Klagen WSD Nord Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe für 14,50 m tief gehende Containerschiffe Planfeststellungsbeschluss vom 23. April 2012 Klagen beim Bundesverwaltungsgericht; Naturschutz, Eigentum, Gewerbebetrieb, kommunales Selbstverwaltungsrecht Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals -zwischen km 80 und 98 Beschluss wird erstellt WSD Nordwest Anpassung der Unterweser und Anpassung der Außenweser einschließlich Wendestelle Planfeststellungsbeschluss vom 15. Juli 2011 Klagen beim Bundesverwaltungsgericht; Naturschutz, Eigentum, kommunales Selbstverwaltungsrecht Bereichsweise Anpassung der Unterems Planfeststellungsbeschluss vom 29. Februar 2012 Klage beim Niedersäch-sischen Oberverwaltungs-gericht; Eigentum Vertiefung der Außenems bis Emden Auslegung der Planunter-lagen Hunte – Ersatz der Uferspundwand Hermann-Ehlers-Straße Beschluss wird erstellt Hunte – Einrichtung einer Wendestelle Beschluss wird erstellt WSD Mitte Instandsetzung und Erweiterung der Umschlagstelle im Hafen Berenbusch von MLK-km 106,835 bis MLK-km 107,360 – Plangenehmigung Entscheidung wird -erarbeitet Planfeststellungsverfahren für den Abbruch und Neubau des Allerbütteler Riede-Dükers Nr. 407 bei MLK-km 235,453 einschließlich Sohlenanpassung und rückwärtiger Dammertüchtigung von MLK-km 235,380 bis 235,620 Beschluss wird erstellt Planänderungsverfahren für die Stauhaltung Dörverden im Zuge der Anpassung der Mittelweser Planfeststellungsbeschluss vom 2. April 2013 Klagefrist läuft noch, keine Klagen zu erwarten Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Brücke Nr. 385 über den Stichkanal nach Hildesheim Überarbeitung der Plan-unterlagen Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Brücke Nr. 391 über den Stichkanal nach Hildesheim Überarbeitung der Plan-unterlagen WSD West Ausbau des Datteln-Hamm-Kanals von km 11,120 bis km 14,140 Nordufer und von km 11,400 bis km 14,158 Südufer unter Berücksichtigung von Maßnahmen zur Beseitigung von Bergschäden (Los 3) Beschluss wird erstellt Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals von km 16,670 bis km 21,617 einschließlich der Einmündungsbereiche des Datteln-Hamm-Kanals (km 0,000 bis km 0,720) und des Wesel-Datteln-Kanals (km 59,356 bis km 60,276), Querschnittserweiterung Stadtstrecke Datteln (Los 1) Beschluss wird erstellt Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals von km 108,340 bis km 109,994 und von km 111,726 bis km 113,010 (Bau von Ersatzschleusen an den Kanalstufen Bevergern und Rodde) Erörterungstermin in Vor-bereitung Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals von km 126,027 bis km 127,194, von km 133,852 bis km 135,119 und von km 136,994 bis km 138,298 (Bau von Ersatzschleusen an den Kanalstufen Venhaus, Hesselte und Gleesen) Erörterungstermin in Vor-bereitung WSD Südwest Mosel – Bau der zweiten Schleuse Lehmen Erörterungstermin in Vor-bereitung Rhein – Änderungen an der Fischaufstiegsanlage Iffezheim – Plangenehmigung Behördenbeteiligung ab-geschlossen, Genehmigung in Vorbereitung WSD Süd Ö. S. Niedrigwassersimulation Beschluss wird erstellt Siele Wörthhof – Plangenehmigung Entscheidung wird er-arbeitet Borstenfischpass Bad Abbach – Plangenehmigung Entscheidung wird er-arbeitet WSD Ost Instandsetzungsmaßnahme Reitwein an der Oder Überarbeitung der Plan-unterlagen Dammsanierung Müritz-Elde- und Stör-Wasserstraße, 2. Planfeststellungsabschnitt Planfeststellungsbeschluss wurde an die Einvernehmensbehörde übersandt Ersatzneubau der Straßenbrücke Lanze Buchhorst, Elbe-Lübeck-Kanal Beschluss wird erstellt Planänderung Dammgeometrie Havel-Oder-Wasserstraße, Los E 2 Überarbeitung der Plan-unterlagen Planänderung Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals, VDE Projekt 17 Beschluss wird erstellt Zu Frage 85: Gemäß § 14 Abs. 1 des Bundeswasserstraßengesetzes sind die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Anhörungs- und Planfeststellungsbehörden. Bei der „Generaldirektion für Wasserstraßen und Schifffahrt“ handelt es sich um eine Wasser- und Schifffahrtsdirektion im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Mithin begründet die Übertragung der Zuständigkeit weder Rechtunsicherheiten noch gefährdet sie laufende Planfeststellungsverfahren. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 86): Auf welcher rechtlichen Grundlage können nach Kenntnis der Bundesregierung die im Dezember 2012 von der EU-Kommission genehmigten staatlichen Zuschüsse an die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg, FBB, in Höhe von 1,2 Milliarden Euro um weitere 800 Millionen Euro ohne erneutes Notifizierungsverfahren aufgestockt werden – wie dies am 9. April 2013 der Berliner Morgenpost zu entnehmen war –, und welche den im Dezember 2012 positiv beschiedenen Antrag auf einen Gesellschafterzuschuss ergänzenden Angaben müssten gegebenenfalls gegenüber der EU-Kommission gemacht werden? Zu der BER-Nachfinanzierung aus Gesellschaftermitteln in Höhe von bis zu 1,2 Milliarden Euro hat die Europäische Kommission im Rahmen des Notifizierungsverfahrens am 19. Dezember 2012 festgestellt, dass die Kapitalmaßnahme keine Beihilfe darstellt. Diese Entscheidung beruht auf einem positiven Private Investor Test, PIT. Die Kapitalmaßnahme entspricht dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers und verschafft deshalb der FBB keinen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Kommission, AEUV. Etwaige zukünftige Kapitalmaßnahmen der Gesellschafter zugunsten der FBB unterliegen einer erneuten beihilferechtlichen Prüfung. Sofern sich aus der analysierten Bestandsaufnahme des BER-Projekts ein zusätzlicher Finanzbedarf der FBB ergeben sollte, der aus Gesellschaftermitteln finanziert werden soll, wäre der PIT fortzuschreiben. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 17/13171, Frage 87): Auf welche Bereiche konzentriert sich die Bestandsaufnahme des Technikgeschäftsführers der FBB, Horst Amann, welche im Sommer dieses Jahres abgeschlossen werden soll (bitte einzeln nach Problemfeldern ausführen), und welche Empfehlung hat der Technikgeschäftsführer in Bezug auf eine vorzeitige Sanierung der Nordbahn des Flughafens BER auf der Aufsichtsratssitzung der FBB am 12. April 2013 abgegeben, sofern diese Thematik auf dieser Sitzung gegenständlich war (bitte auch die Begründung des Technikgeschäftsführers ausführen)? Schwerpunkt der Bestandsaufnahme ist insbesondere unter genehmigungsrechtlichen Aspekten die qualifizierte Erfassung des baulichen Ist-Zustandes im Hochbau BER, speziell im Bereich des Passagierterminals und der Piers (Technische Gebäudeausstattung/Brandschutz, Ausbaugewerke, IT-Technik). Ziel ist die Ab-gleichung des Ist-Zustandes mit dem genehmigungsrechtlichen Bau-Soll. Auf Basis der analysierten Abweichungen wird der Lösungsweg zur Genehmigungsfähigkeit definiert. Dies kann im Einzelfall zur Umplanung und Realisierung entsprechend der Genehmigungslage führen. Darüber hinaus sind wesentliche Abweichungen der Werk- und Montageplanung vom Bau-Ist festzustellen. Entsprechende Ergebnisse bilden die Grundlage für die Fertigstellung der Restplanung. Herr Geschäftsführer Amann hat den Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 12. April 2013 darüber informiert, dass die Machbarkeitsstudie zur Sanierung der Start- und Landebahn Nord des BER zurzeit erarbeitet wird. In der Junisitzung des Aufsichtsrates der FBB will die Geschäftsführung über Ergebnisse berichten und eine Empfehlung für dann anstehende Entscheidungen abgeben. Anlagen 29630 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29631 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 29632 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29635