Plenarprotokoll 17/239 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 239. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 I n h a l t : Amtliche Mitteilung Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2013; weitere Fragen Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Willi Brase (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Heiner Kamp (FDP) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Tankred Schipanski (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Agnes Alpers (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Oliver Kaczmarek (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Uwe Schummer (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Willi Brase (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Sylvia Canel (FDP) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Tankred Schipanski (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Agnes Alpers (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 17/13393, 17/13455) Dringliche Frage 1 Dr. Marlies Volkmer (SPD) Entschädigung gesundheitlicher Schäden bei Testpersonen durch Arzneimittelprüfungen in der ehemaligen DDR Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Dr. Marlies Volkmer (SPD) Jens Ackermann (FDP) Iris Gleicke (SPD) Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Dringliche Frage 2 Dr. Marlies Volkmer (SPD) Auswirkungen für auf der Grundlage unrechtmäßiger Studien zugelassene Arzneimittel Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Dr. Marlies Volkmer (SPD) Mündliche Frage 1 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Einhaltung der Zusagen im Bereich des internationalen Klima- und Umweltschutzes trotz geringerer Zuweisungen an den Energie- und Klimafonds Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ute Vogt (SPD) Frank Schwabe (SPD) Marco Bülow (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Gerd Bollmann (SPD) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Mündliche Frage 3 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe des EU-Emissionsminderungsziels für das Jahr 2030 Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 4 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Übergreifende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Emissionshandels Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 9 Frank Schwabe (SPD) Vorschlag der EU-Kommission zur Herausnahme von Zertifikaten aus dem Emissionshandel Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 10 Frank Schwabe (SPD) Gesetzliche Regelung zur Horizontalbohrung bei der unkonventionellen Förderung von Erdgas Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Ute Vogt (SPD) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) Mündliche Frage 11 Gerd Bollmann (SPD) Bekämpfung der zunehmenden Meeresverschmutzung Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Gerd Bollmann (SPD) Mündliche Frage 12 Gerd Bollmann (SPD) Gewährleistung der leichten Austauschbarkeit von Batterien und Akkumulatoren Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 15 Ute Vogt (SPD) Verzögerung der Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ute Vogt (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 16 Ute Vogt (SPD) Auswirkungen der Verzögerung der Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad auf den Rückbau der stillgelegten Atomkraftwerke und die Atommüllzwischenlager Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ute Vogt (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Mündliche Frage 32 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Erhebung von Sonderzöllen bei der Einfuhr von Solarmodulen aus China Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 33 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Auswirkungen auf die deutsche und europäische Solarbranche durch die Erhebung von Sonderzöllen bei der Einfuhr von Solarmodulen aus China Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 41 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einstellungsverfahren des BMI für 24 Volljuristen im Herbst 2012 Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Pläne von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein allgemeines „Tempolimit 120“ auf Autobahnen Gero Storjohann (CDU/CSU) Florian Pronold (SPD) Oliver Luksic (FDP) Herbert Behrens (DIE LINKE) Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Daniela Ludwig (CDU/CSU) Johannes Kahrs (SPD) Patrick Döring (FDP) Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) Kirsten Lühmann (SPD) Thomas Jarzombek (CDU/CSU) Nächste Sitzung Berichtigung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 2 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der Welt-Wald-Klima-Initiative zur weltweiten Aufforstung und Restaurierung beschädigter Wälder Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 3 Mündliche Frage 5 Ulrich Kelber (SPD) Verbindliche Meldung des nationalen Ziels von 40 Prozent CO2-Einsparung an die EU-Kommission Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 4 Mündliche Frage 6 Ulrich Kelber (SPD) Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Umsetzung der sogenannten Strompreisbremse Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 5 Mündliche Frage 13 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsichtnahme in vertrauliche Berichte zu finanziellen Aspekten im Zusammenhang mit Arbeiten am havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 6 Mündliche Frage 14 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutsches Ersuchen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bezüglich der geplanten ukrainischen Atomkraftwerke Khmelnitsky 3 und 4 bzw. Beteiligung an der UVP für das türkische Atomkraftwerk Akkuyu Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 7 Mündliche Fragen 17 und 18 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Auswirkungen der Einsparzwänge im Haushalt des BMBF auf das Programm „Innovationsförderung in den neuen Ländern“ und auf den Titel „Produktions- und Dienstleistungsforschung, Arbeiten und Kompetenzentwicklung“ Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 8 Mündliche Fragen 19 und 20 Willi Brase (SPD) Auswirkungen der Einsparzwänge im Haushalt des BMBF auf die Förderung von Innovationen und Strukturentwicklungen in der beruflichen Bildung sowie auf die Förderung einer verbesserten Berufsorientierung Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 9 Mündliche Frage 21 René Röspel (SPD) Auswirkungen der Einsparzwänge im Haushalt des BMBF auf die Förderung der Forschung an Fachhochschulen Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 10 Mündliche Frage 22 René Röspel (SPD) Forschungsvorhaben „Entsorgungsforschung“ im Zusammenhang mit der Suche nach einem Atommüllendlager Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 11 Mündliche Fragen 23 und 24 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Auswirkungen der Einsparzwänge im Haushalt des BMBF auf die Förderung des -internationalen Studierenden- und Wissenschaftleraustausches sowie auf die Förderung der Stärkung der Leistungsfähigkeit im Bildungswesen Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 12 Mündliche Fragen 25 und 26 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Auswirkungen der Einsparzwänge im Haushalt des BMBF auf die Förderung des Haushaltstitels „Softwaresysteme, Wissenstechnologien“ sowie auf die Förderung der Forschung zum Thema „Demografischer Wandel, Mensch-Technik-Interaktion“ Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 13 Mündliche Frage 27 Michael Gerdes (SPD) Spielräume für die Verbesserung der Ausbildungsförderung in der Aufstiegsfortbildung und beim BAföG Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 14 Mündliche Frage 28 Michael Gerdes (SPD) Zahl der Anrufe bei der BMBF-Hotline „BAföG“ und der Hotline „Meister-BAföG“ seit Beginn des Jahres 2013 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 15 Mündliche Frage 29 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Förderung und Mitgestaltung der Feier zum 200. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai 2018 und weiterer Marx-Jubiläen Antwort Bernd Neumann, Staatsminister BK Anlage 16 Mündliche Frage 30 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) An die EU-Kommission gemeldetes Effizienzziel im Rahmen der EU-Energieeffi-zienzrichtlinie und des nationalen Reformprogramms Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 17 Mündliche Frage 31 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angewandtes Verfahren für die Vergütung der Betreiber von Erzeugungsanlagen im Rahmen der Reservekraftwerksverordnung für die Bereitstellung von Leistung Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 18 Mündliche Frage 34 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auffassung der Bundesregierung zu Kriegswaffenexporten nach Katar im Zusammenhang mit den geltenden Rüstungsexport-richtlinien Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 19 Mündliche Frage 35 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtliche Zulässigkeit der jüngsten Genehmigungen für Kriegswaffenexporte nach Indonesien Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 20 Mündliche Frage 36 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Besteuerung des Einkommens eritreischer Staatsangehöriger in Deutschland durch die eritreische Regierung Antwort Michael Link, Staatsminister AA Anlage 21 Mündliche Frage 37 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Reaktion auf die Berichte über israelische Luftangriffe in Syrien Antwort Michael Link, Staatsminister AA Anlage 22 Mündliche Frage 38 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Konsequenzen der Bundesregierung aufgrund neuer Erkenntnisse zum Abschuss des türkischen Aufklärungsflugzeugs über internationalen Gewässern am 22. Juni 2012 Antwort Michael Link, Staatsminister AA Anlage 23 Mündliche Fragen 39 und 40 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Grenz- und Minderheitenkonflikte in Südostasien sowie außen- und sicherheitspolitischer Zugewinn durch Lieferungen von Panzern an Indonesien Antwort Michael Link, Staatsminister AA Anlage 24 Mündliche Frage 42 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen der Bundesregierung aus den Fällen ungenehmigter Nebentätigkeiten deutscher Beamter im Ausland Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 25 Mündliche Frage 43 Andrej Hunko (DIE LINKE) Vertragsabschluss zwischen dem Beschaffungsamt des BMI und der Firma Elaman bezüglich des Kaufs staatlich genutzter Hackersoftware und fällige Zahlungen Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 26 Mündliche Frage 44 Andrej Hunko (DIE LINKE) Informationsaustausch zur Terrorismusabwehr mit Tunesien und entsprechende Lehrgänge des BMI in den arabischen Staaten Antwort Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 27 Mündliche Frage 45 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Feststellung des UN-Antirassismus-Ausschusses im Fall Thilo Sarrazin und Empfehlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte Antwort Dr. Birgit Grundmann, Staatssekretärin BMJ Anlage 28 Mündliche Frage 46 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Konsequenzen aus der fehlenden Beseitigung des gleichheitswidrigen Ausschlusses Eingetragener Lebenspartnerschaften von der Grunderwerbsteuerbefreiung für Steuerpflichtige Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 29 Mündliche Frage 47 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Beseitigung massiver Steuerausfälle durch die Verwendung eines Disagio-Modells unter Einschaltung einer ausländischen Stiftung Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 30 Mündliche Frage 48 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Zahlen zur Umsetzung der Steuererklärungspflicht von Rentnern Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 31 Mündliche Frage 49 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Bestrebungen zum Abschluss eines automatischen Informationsaustausches mit anderen Staaten gemäß FATCA-Abkommen und Definition von Zinsen gemäß EUZinsrichtlinie im Vergleich zu § 20 Einkommensteuergesetz Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 32 Mündliche Fragen 50 und 51 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Erstattung von Umgangskosten für getrennt vom Elternteil lebende Kinder Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 33 Mündliche Frage 52 Niema Movassat (DIE LINKE) Einsatz des BMELV für ein Verbot von Rohstoff-Indexfonds an Agrarterminbörsen Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 34 Mündliche Frage 53 Niema Movassat (DIE LINKE) Einhaltung der freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern als zukünftige Bedingung für die bilaterale Zusammenarbeit und entsprechende Einführung eines Unternehmensstrafrechts Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 35 Mündliche Frage 54 Dr. Matthias Miersch (SPD) Einsatz der Bundesregierung für UNECE bzw. UNEP als federführende UN-Organisation im Rahmen der Verhandlungen zur europäischen Waldkonvention Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 36 Mündliche Frage 55 Inge Höger (DIE LINKE) Etwaige zivile Nutzung des Hubschraubers BO 105 im Inland bzw. Abgabe an Pakistan Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 37 Mündliche Frage 56 Inge Höger (DIE LINKE) Weiterbildung aktiver bzw. ehemaliger Bundeswehrsoldaten im Sicherheitssektor mit Unterstützung durch den Berufsförderungsdienst Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 38 Mündliche Frage 57 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz des Kommandos Spezialkräfte zur Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte in Baghlan und Tötung eines KSK-Soldaten sowie etwaige zukünftige Offen-sivoperationen Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 39 Mündliche Fragen 58 und 59 Katrin Kunert (DIE LINKE) Festhalten an der Quote für psychotherapeutisch tätige Ärzte und etwaige Besetzung offener Stellen mit Psychotherapeuten Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 40 Mündliche Frage 60 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Änderung der EU-Fluggastrechteverordnung insbesondere für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 41 Mündliche Frage 61 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufgaben und niederländischer Standort des Unternehmens Deutsche Bahn Finance B. V. Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 42 Mündliche Frage 62 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 2013 und Projektanmeldungen der Länder Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Inhaltsverzeichnis 239. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 Beginn: 13.00 Uhr Präsident Dr. Norbert Lammert: Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Guten Tag, Herr Präsident! Wir begrüßen Sie auch!) Ich möchte Ihnen, weil dies für die Ausschussberatungen wichtig ist, vorab folgende amtliche Mitteilungen zur Kenntnis bringen: Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung auf der Drucksache 17/13391 zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt federführend dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie zur Mitberatung dem Innenausschuss, dem Rechtsausschuss, dem Finanzausschuss, dem Haushaltsausschuss, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für Gesundheit und dem Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu überweisen. Gleiches gilt für die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung auf der Drucksache 17/13392 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU, die federführend dem Innenausschuss und zur Mitberatung dem Rechtsausschuss, dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Haushaltsausschuss überwiesen werden sollen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist erfreulicherweise der Fall. Dann ist das hiermit so beschlossen, und in den Ausschüssen kann so verfahren werden. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Berufsbildungsbericht 2013. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Wanka. Bitte schön. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Wir haben heute im Kabinett den Berufsbildungsbericht besprochen und verabschiedet. Die duale Berufsausbildung ist ein Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Das war aus unserer Sicht schon immer so. Das muss man in diesem Kreis nicht näher erläutern. Trotzdem haben wir damit sehr viel Ärger gehabt. Bei allen OECD-Vergleichen ist Deutschland angegriffen worden, weil die duale Ausbildung nicht entsprechend bewertet wurde. Das hat sich jetzt geändert. Wir haben eine hohe Akzeptanz für die duale berufliche Ausbildung. Viele Staaten, nicht nur europäische Staaten, möchten die duale berufliche Ausbildung, die in Deutschland so gut funktioniert, entsprechend anwenden. Verkürzt gesagt: Die duale Ausbildung ist ein Exportschlager Deutschlands geworden. Ein Grund dafür ist die Arbeitsmarktrelevanz. In Deutschland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 7,6 Prozent. In Europa insgesamt liegt die Jugendarbeitslosigkeit zwischen 23 und 24 Prozent. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber weshalb?) In Ländern wie Spanien und Griechenland liegt sie bei über 50, sogar über 60 Prozent. Wir sind Gott sei Dank in einer ganz anderen Situation. Ich möchte zwei Punkte zum Berufsbildungsbericht nennen. Es wird eine gute Bilanz unseres Ausbildungsmarktes gezogen; er wird insgesamt gut dargestellt. Der erste Punkt. Wir haben eine hohe Zahl an Abschlüssen. Demografisch bedingt sind es etwas weniger junge Leute als im Vorjahr, etwa 3 Prozent. Insgesamt haben wir aber eine sehr hohe Zahl an Abschlüssen. Der Rückgang erfolgt vor allen Dingen zielgemäß dort, wo wir ihn haben wollen, und zwar bei den außerbetrieblichen Ausbildungsstätten. Wir wollen ja mehr betriebliche Ausbildung. Besonders erfreulich ist, dass die Zahl der Altbewerber – das sind die jungen Leute, die schon vor zwei oder drei Jahren versucht haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen – sinkt, dass sie reduziert wurde. Und auch der Übergangsbereich, in dem junge Leute, die noch nicht ausbildungsfähig sind oder noch keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, zusätzlich qualifiziert werden, indem sie Hauptschulabschlüsse oder anderes erwerben können, ist stark verkleinert worden. Dieser Übergangsbereich, den es über viele Jahre gab und auch jetzt noch gibt, ist sehr teuer und führt zu einer Verlängerung der Zeiten, in denen junge Leute nicht ihrer Eignung entsprechend arbeiten können. Das ist ein großer Erfolg. In diesem Übergangsbereich befinden sich jetzt über 30 Prozent weniger junge Leute als im Jahr 2005. Zu dieser Entwicklung haben auch Programme der Bundesregierung beigetragen, so zum Beispiel das Programm „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“, welches ich klasse finde. Im Rahmen dieses Programs werden junge Leute mit Förderungsbedarf bereits ab der 7. Klasse angesprochen, systematisch begleitet und motiviert, ihren Hauptschulabschluss zu machen. Ihnen wird nicht nur ein geeigneter Beruf empfohlen, sie werden auch in der ersten Zeit begleitet. Die Zahl derer, die keinen Hauptschulabschluss machen, hat sich übrigens in den letzten Jahren halbiert. Fünf Bundesländer haben bereits signalisiert – mit anderen sind wir im Gespräch; man kann ja viele Projekte probieren –, dass sie das Projekt „Bildungsketten“ als ständige Einrichtung in ihrem Land haben wollen. Das heißt: Ab nächstem Jahr werden diese Projekte eventuell flächendeckend in Deutschland angeboten. Neben der hohen Zahl der Abschlüsse ist der zweite Punkt: Es gibt über 33 000 unbesetzte Ausbildungsstellen. Dem gegenüber stehen ungefähr 15 000 junge Menschen, die noch nicht mit einem Ausbildungsplatz versorgt sind. Die Frage ist daher: Wie passen die Wünsche der jungen Leute zu den vorhandenen Ausbildungsplätzen? An dieser Passfähigkeit wollen und müssen wir arbeiten. Die Problematik dieser Situation lässt sich erkennen, wenn man sich ansieht, wo Ausbildungsplätze nicht besetzt sind. Unbesetzte Ausbildungsplätze finden sich weniger in den großen, sondern eher bei den kleinen und kleinsten Unternehmen. 40 Prozent dieser Unternehmen sagen mittlerweile, dass sie nicht oder kaum in der Lage sind, ihre Ausbildungsstellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Wir verlagern deswegen unseren Schwerpunkt darauf, den kleinen und kleinsten Unternehmen zu helfen, und starten im Herbst mit einer Modifikation des Programms „Jobstarter“, das sich vor allem der Probleme dieser Unternehmen annimmt. Das ist sehr wichtig, weil es – das können Sie dem Bericht entnehmen – im nächsten Jahr einen Peak geben wird; denn es werden plötzlich über 17 000 junge Leute mehr für eine Ausbildung infrage kommen; danach werden die Zahlen wieder heruntergehen. Wir müssen also das nächste Jahr intensiv nutzen, damit viele Auszubildende genau in die Betriebe, die händeringend Auszubildende suchen, gehen. Es ist auch sehr wichtig, dass die Bundesregierung und die Wirtschaft die jungen Leute gemeinsam unterstützen. Wir fordern aber auch auf, an die Klientel, die für eine berufliche Ausbildung infrage kommt, heranzugehen. Die Studienabbrecher sind eine ganz wichtige Klientel, um die sich bisher noch niemand systematisch gekümmert hat. Damit wollen wir im Herbst beginnen. Es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe von jungen Leuten, die zwar Ausbildungsplätze angeboten bekommen, aber eben nicht aus ihrem Wunschgebiet, sodass sie dann erst einmal ein Praktikum oder etwas anderes machen. Genau diese jungen Leute müssen eine wichtige Zielgruppe für die kleinen und kleinsten Betriebe sein. Insgesamt stellt der Bericht eine gute Bilanz dar. Diese gute Bilanz ist eine Bestätigung für den Erfolg der vielen Maßnahmen, die wir ergriffen haben. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um zu überlegen, wie man die noch kritischen Punkte angehen kann. Danke schön. Präsident Dr. Norbert Lammert: Mir liegen eine Reihe von Wortmeldungen vor. Ich gebe zunächst dem Kollegen Brase das Wort. Willi Brase (SPD): Frau Ministerin, herzlichen Dank für den Bericht. Die von Ihnen angesprochenen Daten kann und muss man sicherlich bestätigen, auch wenn ein Rückgang um 3 Prozent bei den Ausbildungsverträgen nicht gerade gut ist. Was uns stutzig macht, ist, dass der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Herr Schweitzer, kürzlich ausführte – ich glaube, es war heute Morgen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen –, dass er mit den Aktivitäten der Politik bezüglich des Übergangsbereichs sehr unzufrieden ist. Er sagte, wir könnten sofort 100 000 junge Leute aus diesem Bereich, die sich in schulischen oder in BvB-Maßnahmen befinden, direkt in Berufsqualifizierung bzw. -ausbildung übernehmen. Sie haben das im Ausbildungspakt beschrieben. Es steht auch in den Stellungnahmen des Hauptausschusses beim BIBB, dass der Maßnahmen-dschungel im Bereich des Übergangs von Schule in Ausbildung endlich bereinigt werden muss. Ihre Ausführungen dazu empfinde ich als unbefriedigend. Meine Frage ist: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Vielfalt von über 100 Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen endlich abzubauen, damit wir tatsächlich weiterkommen und den Jugendlichen eine reale Perspektive, nämlich einen Ausbildungsplatz, geben können? Präsident Dr. Norbert Lammert: Für die weiteren Fragen erlaube ich mir die Anregung, dass die Frage nach den einleitenden Bemerkungen möglichst vor Ablauf der Minute gestellt wird und nicht kurz danach. (Willi Brase [SPD]: In Ordnung!) Frau Ministerin, bitte schön. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sie sagen nicht zu unrecht, dass es eine Vielzahl von Maßnahmen gibt. Es ist auch unser Anliegen, sie zu konzentrieren, damit es nicht so unübersichtlich ist. Die Konzentration sieht so aus: Wir befinden uns in dem Prozess, die effektiven, besonderen Maßnahmen, wie zum Beispiel „Bildungsketten“, zu verstetigen, sodass sie zu herausragenden Maßnahmen werden. Wir sind auch mit den Kammern und anderen im Gespräch. Denn ein Teil der Finanzierung dieser Maßnahmen wird über EU-Mittel gewährleistet. Es ist jetzt sozusagen in der Planung, wie man für die neue Förderperiode Programme strickt; es soll jedenfalls weniger Programme geben und dadurch das Ganze übersichtlicher werden. Wir arbeiten also in diese Richtung und wollen das genau so, wie angedeutet, machen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Rupprecht. Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Ministerin, Ihr Bericht ist eine großartige Botschaft an die jungen Menschen in unserem Lande. In Zeiten – Sie haben es ausgeführt –, in denen in anderen Ländern Europas 60 Prozent der jungen Menschen ohne Arbeit sind, ohne Lehre sind, (Willi Brase [SPD]: Die Merkel’sche Sparpolitik!) wird die Situation der deutschen Jugendlichen immer besser. Das ist in der Tat eine große Erfolgsgeschichte. Sie haben aber auch das Thema „Altbewerber“ angesprochen. Sie haben angesprochen, dass die Zahl der Altbewerber reduziert wurde. Meine Frage an Sie ist nichtsdestotrotz: Mit welchen Instrumenten wurde diese Verbesserung auch vonseiten des Bundes bewirkt, und was ist in den nächsten Jahren für diesen Bereich geplant? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Der Bereich der Altbewerber ist einer, der uns viele Sorgen gemacht hat und in dem über Jahre hinweg keine Bewegung erkennbar war. Die Maßnahmen, die ergriffen wurden, waren sehr individuell und zielgerichtet; sie wurden auf unterschiedlichste Gruppen ausgerichtet. Zum Beispiel wurden ältere Menschen, sogenannte Seniorexperten, für die Beratung, für die Unterstützung und die Motivation gewonnen; das gehört zum Bereich der Bildungsketten. Genau in diese Richtung wollen wir weitergehen. Der Aussage, dass der Rückgang der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 3 Prozent traurig ist, halte ich entgegen: Man muss auch die demografische Entwicklung vor Augen haben: Wenn wir weniger junge Leute haben, dann spiegelt sich das natürlich auch in der Zahl der Ausbildungsverträge wider, die abgeschlossen oder nicht abgeschlossen werden. Der Weg ist ganz klar: auf dem bisher eingeschlagenen Weg weitergehen, mit Maßnahmen, um die Einzelnen vor allem zielgerichtet und individuell zu unterstützen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kollegin Hein. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Frau Ministerin, Sie haben vorhin erwähnt, dass es zunehmend freie Ausbildungsstellen gibt. Nun weiß ich, dass es da in den östlichen Bundesländern in der Tat in den letzten Jahren eine entsprechende Entwicklung gegeben hat und andere Verhältnisse als in den westlichen Bundesländern herrschen. Können Sie vielleicht einmal quantifizieren, wie sich die Situation bei den freien Ausbildungsplätzen in Ost und West gestaltet und wo Sie die Ursachen für die entsprechende Entwicklung sehen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir hatten in den neuen Bundesländern schon vor Jahren die Situation, dass sich die Zahl derer, die für einen Ausbildungsplatz infrage kommen, stark reduziert hat. Es gibt dort intensive Maßnahmen vieler Betriebe, auch von Handwerksbetrieben; man geht dort in die Schulen und versucht, junge Menschen für Ausbildung zu gewinnen. In den alten Bundesländern hat sich die Situation erst jetzt hin zu einem Mehr an freien Plätzen verändert. In den neuen Bundesländern gibt es auch im Bereich der außerberuflichen Ausbildung ein sehr großes Interesse. Wir wollen dort eine Stärkung der betrieblichen Ausbildung hinbekommen. Der Anteil derer schließlich, die nicht in Ausbildung sind, ist in den neuen Bundesländern immer noch höher als in den alten Bundesländern. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Kamp. Heiner Kamp (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, Sie haben dargelegt, dass die Zahl der unversorgten Bewerber sehr hoch ist. Wir haben jetzt eigentlich einen Bewerbermarkt und zugleich eine sehr große Lücke. Für mich stellt sich die Frage: Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die Wirtschaft bei der Fachkräftesicherung zu unterstützen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Dafür gibt es eine Reihe von Maßnahmen, etwa die Programme, die auf Passfähigkeit setzen. Es ist immer wieder ein großer Mangel, dass für entsprechende Berufe nicht die geeigneten Personen geworben werden, weil im Hinblick auf neue Berufe viel Unkenntnis herrscht. Es gibt entsprechende Programme bei der BA, unter anderem im Rahmen von „Jobstarter“. Für mich ist auch ganz wichtig, dass wir eine hohe Flexibilität im Hinblick auf akademische und berufliche Ausbildung schaffen. Das, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, nämlich dafür zu sorgen, dass in allen Bundesländern Studieren und berufliche Ausbildung gleichermaßen möglich sind, ist gerade für den Mittelstand sehr wichtig. Denn man gewinnt leichter einen guten Bewerber – der Mittelstand sucht ja gute Bewerber –, wenn der Bewerber weiß: Ich kann jetzt eine Tischlerlehre machen und dann, wenn ich zu der entsprechenden Erkenntnis komme oder es will, später ohne Hemmschwellen an die Hochschule gehen. Das heißt, wir motivieren junge Menschen nicht, sofort um jeden Preis zu studieren; vielmehr sollen sie sich überlegen: Was ist für mich der richtige Weg? Wir stehen im Moment auch vor folgender Situation: Wir haben auf der einen Seite sehr viele Studierende, auf der anderen Seite haben wir aber leider gerade in den technischen Disziplinen zu hohe Abbrecherquoten. Es gibt Bemühungen vonseiten einzelner Handwerkskammern oder Industrie- und Handelskammern, auf diejenigen zuzugehen, die ein Studium abbrechen. Jemand, der fünf Semester Maschinenbau studiert hat und dann abbrechen muss, weil er durch die Matheprüfung gefallen ist, ist durch seine im Studium erworbenen Fähigkeiten für die duale Ausbildung geeignet. Das heißt, die Leistungen, die er im Studium erbracht hat, müssten anerkannt werden, sodass er in verkürzter Form zum Beispiel einen beruflichen Abschluss machen kann. Wir haben mit dem BIBB versucht, unsere entsprechenden Vorstellungen in ein Programm zu gießen. Es wird im Herbst starten. Wir wollen es begleiten, wie auch andere Versuche, die es bundesweit gibt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Ministerin! Die Uhr. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ja, ich habe nicht hingeguckt; aber Sie haben recht, Herr Präsident. – Das waren zwei Maßnahmen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Geradeaus. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Klar, ich sehe es. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Gehring. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, Sie haben das Thema „Warteschleifen“ angesprochen. Hier sehe ich weder Erfolg noch Anlass zur Entwarnung; denn laut Berufsbildungsbericht 2013 befinden sich weiterhin rund 250 000 Jugendliche in diesen Warteschleifen. Die damalige Bundesministerin Schavan hat hier im Plenum des Deutschen Bundestages am 17. Januar dieses Jahres angekündigt: Unser Ziel muss sein, in den nächsten zwei, drei Jahren ist das Übergangssystem auf null zu bringen, das heißt, eine wirkliche Korrespondenz zu gewährleisten: Schulabschluss und dann Einstieg in die duale Ausbildung. Steht die Bundesregierung zu dieser Aussage, das Übergangssystem in den nächsten zwei bis drei Jahren auf null zu bringen? Machen Sie sich als Ministerin diese Aussage zu eigen? Wenn ja, wie wollen Sie sie umsetzen? Falls nein, warum nicht? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir haben im Übergangssystem riesige Erfolge erzielt – ich habe es vorhin erwähnt –: In ihm befinden sich 35 Prozent weniger als im Jahr 2005; das sind Hunderttausende von jungen Menschen. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind immerhin 250 000!) Gerade Warteschleifen, die im Übergangssystem gedreht werden, wollen wir abbauen bzw. reduzieren. Da bin ich mit Annette Schavan ganz einer Meinung. Das Übergangssystem ist aber sinnvoll und wird auch noch einige Zeit interessant bleiben, weil wir so die individuelle Förderung Einzelner gewährleisten können, damit sie zum Beispiel ihren Hauptschulabschluss oder Ähnliches nachholen können. Das heißt, ich bin gemeinsam mit Annette Schavan der Meinung, dass wir Warteschleifen, die im Übergangssystem gedreht werden, auf null drücken wollen. Zur individuellen Unterstützung Einzelner brauchen wir allerdings auch in Zukunft in bescheidenem Maße ein Übergangssystem. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Frau Ministerin, wir singen mit Ihnen gerne das Hohelied auf die duale Ausbildung. Wir lesen in dem Bericht mit Schrecken, dass die Quote der Betriebe, die ausbilden, noch einmal gesunken ist, und zwar nun auf 21,7 Prozent. Das ist der schlechteste Wert seit 1999 – unter Schwarz-Gelb erreicht! Wie lautet Ihre politische Antwort auf die Tatsache, dass wir eine höhere Ausbildungsbereitschaft bei den Betrieben brauchen? Was wollen Sie tun: von Verbundausbildung bis hin zu Branchenumlagen und Ähnlichem? Was ist Ihre schwarz-gelbe Antwort auf diesen Tiefstand, jedenfalls seit 1999, bei der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Auch wir wollen, dass die Quote der ausbildenden Betriebe steigt. Das haben wir im Nationalen Pakt für Ausbildung auch so festgehalten. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber sie sinkt!) Wir müssen bei den Betrieben eine Differenzierung in Großbetriebe und Kleinbetriebe vornehmen. Die momentane Situation ist folgende: Viele der Kleinbetriebe sind demotiviert, weil sie über Jahre Ausbildungsplätze angeboten haben, diese aber nicht besetzen konnten. Jetzt resignieren sie. Deswegen startet im September eine Initiative, die dafür sorgen soll, die Motivation speziell dieser Betriebe, Ausbildungsplätze zu schaffen, massiv zu erhöhen. Ihnen sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sie an gute oder überhaupt an Auszubildende kommen. Das wollen wir mit Bildungsketten und anderen Maßnahmen erreichen. Wir wollen also gerade Jugendliche mit Förderbedarf und jugendliche Migranten zielgerichtet motivieren, in Richtung handwerkliche Ausbildung oder anderes zu gehen. Wir erwarten, dass auch die Wirtschaft entsprechend reagiert; denn wenn die duale Ausbildung das Rückgrat unseres Systems ist, dann ist es wichtig, dass über die Jahre genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das war jetzt nicht so doll!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schipanski. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Frau Ministerin, Sie haben Ausführungen zu den Programmen im Zusammenhang mit Bildungsketten gemacht und gesagt, dass Sie auf Prävention statt auf Reparatur setzen. Das umfasst die Potenzialanalyse, die Berufseinstiegsprogramme und die Berufsorientierung. Welchen Beitrag leisten denn die Bundesländer, um diese Berufsorientierungsprogramme, die der Bund als Pilotprojekt aufgelegt hat, bundesweit dauerhaft zu verstetigen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir kooperieren gut mit den Ländern in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Die Bereitschaft der Bundesländer, zum Beispiel von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, ist vorhanden. Man will dort Bildungsketten fest etablieren und ist bereit, sich in diesem Bereich zu engagieren. Die Länder haben erkannt, dass dies eine sehr effektive Maßnahme ist, und sie wollen sich entsprechend engagieren bzw. für eine Verstetigung sorgen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kollegin Alpers. Agnes Alpers (DIE LINKE): Frau Ministerin, Sie haben gesagt, dass sich der Berg der Altbewerber kontinuierlich abbaut. Wir wissen, dass nur zwei Drittel der Ausbildungsinteressierten einen Ausbildungsplatz erhalten. Das ist die Einmündungsquote. Die Angehörigen einer besonderen Gruppe – es geht um die Menschen mit Migrationshintergrund – erhalten bei gleichen Abschlüssen aber nur halb so oft eine Ausbildungsstelle. Wir haben insgesamt über 2 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit wir diese beiden Knackpunkte endlich, wie schon lange angekündigt, in den Griff bekommen? Mir geht es also zum einen um die Menschen mit Migrationshintergrund und zum anderen um die Menschen, die schon seit Jahren ausgeschlossen sind. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir haben für die Menschen zwischen 25 und 35 Jahren, die keinen beruflichen Abschluss haben, ein Programm konzipiert. Es sollen 100 000 Ausbildungsplätze für diese Klientel geschaffen werden. Das zeigt, dass wir diese Menschen ganz besonders im Blick haben. Durch dieses speziell entwickelte Programm sollen diese Menschen, die vor vielen Jahren keinen Ausbildungsplatz gefunden haben – Sie können ja mal ausrechnen, wann -jemand, der jetzt 30 Jahre alt ist, keinen Ausbildungsvertrag bekommen hat –, nachqualifiziert werden bzw. eine Ausbildung absolvieren können, wenn sie es denn wollen. Dieses Programm startet jetzt. Die Situation der Absolventen mit Migrationshintergrund ist – diesbezüglich haben Sie recht – im Vergleich zu den deutschen Absolventen schlechter. Die Tendenz ist aber positiv. Schon im vorletzten Bildungsbericht haben Bund und Länder analysieren lassen, wie es bei den jungen Männern und Frauen mit Migrationshintergrund aussieht. Die Tendenz ist positiv; das heißt, die ergriffenen Maßnahmen beginnen langsam zu wirken. In diesem Zusammenhang ist aber auch das Engagement der Wirtschaft wichtig. Wenn sie sagt, dass 33 000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, muss sie auch bereit sein, junge Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen. Ich glaube, an dieser Stelle ist auch die Wirtschaft gefordert. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Kaczmarek. Oliver Kaczmarek (SPD): Frau Ministerin, Sie haben gerade das Verhältnis zwischen unbesetzten Stellen und unversorgten Bewerbern angesprochen. Ich habe mir stichwortartig notiert: Die Passfähigkeit muss erhöht werden. Ich würde gerne nachfragen, welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, um Bewerber und Stellen besser zusammenzubringen. Ich möchte auch nach der hohen Zahl der Ausbildungsabbrüche fragen, die damit vielleicht in Zusammenhang steht. Haben Sie konkrete Maßnahmen geplant, um diesbezüglich gegenzusteuern? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Bei der Passfähigkeit geht es nicht in erster Linie bzw. nicht nur um junge Menschen mit speziellem Förderbedarf – ich sage das, weil man den Fokus häufig auf diese Klientel richtet –, sondern auch um junge Menschen mit guten Schulabschlüssen, zum Teil sogar sehr guten Schulabschlüssen. Das große Informationsdefizit bezüglich einer Vielzahl der Berufs- und Einsatzmöglichkeiten führt dazu, dass viele Berufe nicht gewählt werden, obwohl sie beste Chancen für die Zukunft bieten. Dem kann man nur durch ein sehr viel besseres Informationsangebot begegnen. Für dieses Informationsdefizit kann man nicht die Schule verantwortlich machen. Es geht vielmehr um das Angebot der Jobcenter. Es geht um Potenzialanalyse und spezielle Angebote. Das heißt, diese Situation kann man nur mit einem hohen Kommunika-tionsaufwand verbessern. Das ist nämlich ein schwieriges Thema. Viele Eltern und Großeltern kennen viele Berufe nicht und wissen nicht, welcher Beruf geeignet wäre. Ich könnte ein schönes Beispiel nennen, aber dann schimpft der Präsident. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nein, nächstes Mal. – Kollege Schummer. Uwe Schummer (CDU/CSU): Ich wollte nach dem Beispiel fragen, das Sie gerade nennen wollten. (Heiterkeit) Präsident Dr. Norbert Lammert: Wenn ich nicht wüsste, dass sich der Kollege Schummer vor etwa 20 Minuten zu Wort gemeldet hat, könnte man dies natürlich für eine Vereinbarung halten. Uwe Schummer (CDU/CSU): Intuition, verehrter Herr Präsident. – Es war ja ein wichtiger Erfolg, dass im Qualifikationsrahmen die Gleichwertigkeit der dualen Ausbildung mit der akademischen Ausbildung festgelegt wurde. Erste Frage: Welche Maßnahmen gibt es denn vonseiten der Bundesländer, um in den Gymnasien die Möglichkeit einer dualen Ausbildung stärker zu propagieren? Zum Zweiten: Wie sehen Sie die Übertragung des Prinzips der dualen Ausbildung auf das duale Studium? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Zur ersten Frage: Es gibt bereits eine Imagekampagne mit dem Titel „Berufliche Bildung – praktisch unschlagbar“, die unser Haus gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium aufgelegt hat und mit der wir für die duale Ausbildung werben. Die Möglichkeiten, die man hat, haben sich erhöht, seitdem man auch ohne Abitur studieren kann, wenn man eine entsprechende berufliche Qualifikation hat. Was die einzelnen Bundesländer machen, um jungen Leuten dies zu ermöglichen, ist sehr unterschiedlich. Duale Studiengänge, bei denen man im Rahmen des Studiums auch einen beruflichen Abschluss erwirbt, habe ich als Landesministerin immer sehr präferiert. Im Rahmen des Hochschulpakts hatte sich Annette Schavan sehr dafür eingesetzt, dass die Anzahl dieser Studiengänge erhöht wird. Das liegt im Interesse der Wirtschaft, und auch einzelne Länderministerien setzen sich dafür ein. Da wir jetzt beim Hochschulpakt vereinbart haben, dass zusätzliche Gelder an die Hochschulen gehen, kann dies auch realisiert werden. Man kann neue Studienangebote mit praktischem Bezug etablieren, weil frisches Geld in die Hochschulen kommt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Brase. Willi Brase (SPD): Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, dass die Unternehmen teilweise nicht genügend Auszubildende finden, um ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Auf der anderen Seite sind immer noch über 250 000 Jugendliche im Übergangsbereich zwischen Schule und Ausbildung. Gleichzeitig gibt es Branchen, in denen die Abbrecherquoten bei den Auszubildenden sehr hoch sind. Was will und wird die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Partnern machen, damit in diesen Branchen, zum Beispiel im Hotel- und Gaststättenbereich und im Sicherungsbereich, die Zahl der Abbrüche verringert wird? Dadurch gäbe es automatisch wieder mehr Stellen, die zu besetzen sind. Nochmals: Herr Schweitzer hat ausgeführt, dass 100 000 dieser jungen Leute direkt eine Ausbildung oder betriebliche Einstiegsqualifizierung beginnen könnten, wenn die Mittel für BvB-Maßnahmen und Berufsfachschulen gekürzt werden. Was macht die Bundesregierung? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Schweitzer kann das gerne so sehen. Die jungen Leute, die im Übergangssystem sind, stehen zur Verfügung. Man kann sie ansprechen, die Wirtschaft kann sie ansprechen, man kann ihnen Angebote machen. Diese jungen Leute warten darauf und würden sich darüber freuen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Ich habe bereits versucht, auszuführen, was wir vonseiten der Bundesregierung machen. Wir wollen zum einen die Vielzahl von Programmen reduzieren. Ich habe zum anderen immer wieder auf ein Programm, das besonders effektiv ist, hingewiesen; dieses wollen wir flächendeckend einführen. Ich denke nämlich, gerade für bestimmte junge Leute – dabei geht es nicht nur um schulische Qualifikationen, sondern zum Teil auch um Werteinstellungen, um Fleiß, um Pünktlichkeit und anderes – ist individuelle Unterstützung nötig. Wenn sie nicht vom Elternhaus kommt, dann durch Seniorberater und andere. Das sind die Instrumente, die wir haben. Ganz entscheidend bei der Vermittlung von Haltungen ist das Elternhaus. Die jungen Leute müssen eben bereit sein, sich in einer beruflichen Ausbildung an die Regeln zu halten. Man muss auch Forderungen an sie stellen und darf nicht immer nur fragen, welche Hilfspakete es gibt. Im Moment befinden sich die jungen Leute in einer idealen Situation. Es gibt viel mehr unbesetzte Ausbildungsplätze als junge Leute. Erinnern Sie sich einmal daran, wie die Situation zu Ihrer Zeit war. Das sah die Situation ganz anders aus. (Willi Brase [SPD]: Sehr gut!) – Mit „Ihrer Zeit“ meine ich natürlich die Zeit Ihrer Regierung. Das andere kann ich nicht beurteilen. Ich sage jungen Leuten, egal ob sie studieren oder etwas anderes machen, immer wieder, dass sie in einer privilegierten Situation sind. Daraus müssen sie etwas machen. Dazu müssen sie den Willen haben. Wenn Herr Schweitzer uns 100 000 aus dem Übergangsbereich abnehmen will, damit diese dann nicht mehr in Warteschleifen sind, dann freuen sich Annette Schavan und ich darüber, weil das Ziel dann schneller erreicht wird. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Canel. Sylvia Canel (FDP): Mein Kollege Herr Professor Neumann hatte sich vor mir gemeldet. Ich bin jetzt etwas irritiert, dass ich zuerst dran bin. (Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: -Ladys first!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Den Möglichkeiten des amtierenden Präsidenten sind fast keine Grenzen gesetzt. (Heiterkeit) Bitte schön. Sylvia Canel (FDP): Okay. – Wir haben ja ein wunderbares Berufsbildungssystem. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit, die Sie machen, wirkt unser Berufsbildungssystem über die deutschen Grenzen hinaus. Welchen Einfluss haben wir europaweit im Hinblick auf unser sehr gutes Berufsbildungssystem? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir werden umworben, und man will die Erfahrungen, die wir mit diesem System gemacht haben, kennenlernen. Im Dezember letzten Jahres fand eine Konferenz statt, auf der vor allen Dingen die europäischen Länder, die in einer schwierigen Situation sind, etwa Spanien und Griechenland, dringend um Unterstützung gebeten haben. Dabei ging es um die Herstellung von Kontakten in den jeweiligen Ländern, um Überlegungen, ob deutsche Firmen dort duale Ausbildung anbieten können, und um die Frage, wie das mit Blick auf die Kammern, falls sie dort vorhanden sind, funktionieren kann. All das geschieht im Moment. Das heißt, aus deutscher Sicht ist unser Berufsbildungssystem ein Exportschlager. Der Export dualer Ausbildung soll nicht nur vom BMBF ausgehen, sondern auch vom Auswärtigen Amt und am besten von der ganzen Bundesregierung, weil wir glauben, dass dies ein wichtiger Schritt auch zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist. Es kommt immer darauf an, ein System zu entwickeln, das zum jeweiligen Land passt. Man kann unser System nicht eins zu eins exportieren, weil die Ausgangsbedingungen in anderen Ländern ganz andere sind. Es muss darum gehen, die guten Aspekte der dualen Ausbildung in anderen Ländern zu implementieren. Private deutsche Bildungsanbieter und Firmen vor Ort haben daran ein Interesse. Eine wichtige Klientel sind darüber hinaus die deutschen Firmen in den entsprechenden Ländern. Präsident Dr. Norbert Lammert: Der Kollege Gehring stellt die nächste Frage. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – 2008 fand ja der Dresdner Bildungsgipfel statt. Dort ist beschlossen worden, die Quote der unter 30-Jährigen ohne Berufsabschluss bis 2015 auf 8,5 Prozent zu halbieren. (Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Bayern ist da auf einem guten Weg!) Den Zahlen des letzten Datenreports zufolge haben immer noch 15 Prozent der unter 30-Jährigen keinen Berufsabschluss. Das sind ungefähr 1,44 Millionen junger Menschen, die damit auch erheblich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Frau von der Leyen hat angekündigt, 100 000 Personen eine Nachqualifizierung zu ermöglichen, – Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Genau. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – 100 000 der 1,44 Millionen Menschen. Der Pressemitteilung auf der Internetseite des BMAS ist zu diesem Thema nicht allzu viel zu entnehmen. Deshalb wüsste ich gerne, ob die Bundesregierung weiterhin das Ziel verfolgt, die Quote der unter 30-Jährigen ohne Berufsabschluss bis 2015 auf 8,5 Prozent zu halbieren, wie sie dieses Ziel erreichen will und welche Maßnahmen Sie ganz konkret ergreifen werden und wollen, um dieses Ziel noch zu erreichen. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Eine gute Basis bildet die eben genannte Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen. Vor einigen Jahren war das nicht so. Zum damaligen Zeitpunkt konnte man nicht sagen: Es gibt viele Stellen. Bewerbt euch! Kümmert euch darum! Wir geben euch Unterstützung, damit ihr in die Lage versetzt werdet, eine Ausbildungsstelle zu bekommen. – Das 100 000-Stellen-Programm ist ein Vorhaben, das die Bundesregierung gemeinsam trägt. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Denjenigen, die jetzt 30 Jahre alt sind, ist vor zwölf, dreizehn Jahren keine Ausbildungsmöglichkeit gegeben worden. Es ist nicht einfach, dies zu reparieren. Das erfordert einen hohen Aufwand. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sprach aber von den 1,44 Millionen der unter 30-Jährigen!) Ich bin sehr froh, dass im Bundesbildungsbericht deutlich zum Ausdruck kommt, dass die jungen Leute, die jetzt ihren Schulabschluss machen, mit viel höherer Wahrscheinlichkeit einen Ausbildungsplatz bekommen und damit bessere Möglichkeit haben. Wir arbeiten systematisch daran, die genannte Quote zu senken. Aber das ist ein schwieriges Vorhaben. Wichtig ist auch, dass diejenigen, die in Arbeit sind – sie sind ja nicht arbeitslos; sie sind in Arbeit –, eigene Bereitschaft zeigen und sagen: Ich will einen Ausbildungsabschluss. – Wir wollen sie nicht dazu zwingen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Neumann. Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Vielen Dank. – Frau Ministerin, Sie haben vorhin erwähnt, dass über 50 Prozent eines Altersjahrganges ein Studium aufnehmen; das ist eine gute Sache. Sie haben auch davon gesprochen, dass Abbrecher für die berufliche Bildung geworben werden könnten. Welche Maßnahmen – hier kommt der Begriff „Attraktivität“ ins Spiel – ergreift die Bundesregierung zur Steigerung der Attraktivität der beruflichen Bildung? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich glaube, dass an dieser Stelle die Imagekampa-gnen, in deren Rahmen für die berufliche Bildung geworben wird, eine wichtige Rolle spielen. Jeder, der heute ein Studium beginnt oder abschließt, weiß, dass dies die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist, die beste Aussicht auf ein relativ hohes Einkommen bietet etc. Man muss also mit dem, was die berufliche Ausbildung bietet, werben. Das tun wir im Rahmen verschiedener Imagekampagnen. Die heutige Situation ist so, dass sich viele junge Leute, die ein Studium abbrechen, erfolgreich etwas anderes suchen, dass man sich aber nicht systematisch um sie kümmert. Mir ist wichtig, dass die Betriebe davon erfahren, wenn es vor Ort beispielsweise zehn Maschinenbauer oder Elektrotechniker gibt, die aber kein Studium absolvieren wollen. Ihnen muss man dann konkrete Angebote machen; um diese jungen Menschen muss man sich kümmern. Wir haben auch im Rahmen der Arbeitsgruppen des Demografiegipfels darüber beraten. Bei diesem Thema müssen eben alle zusammenarbeiten. Das kann die Bundesregierung nicht allein leisten. Da sind die Hochschulen gefragt – sie müssen sich kümmern um Studierende, die die Hochschule verlassen –, da sind die Kammern gefragt, da ist die Wirtschaft insgesamt gefragt, da braucht es eine breite Basis. 33 000 unbesetzte Stellen, dieser Druck ist bei der Wirtschaft angekommen. Deswegen ist die Bereitschaft, sich auf diese jungen Leute einzurichten, jetzt ausgeprägter als noch vor einigen Jahren. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Hein. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Frau Ministerin, Sie hatten vorhin die Bildungsketten erwähnt. In diesem Zusammenhang wollte ich noch einmal nach den Berufseinstiegsbegleitern fragen. Frau Schavan hat ja immer blumig betont, dass diese Berufseinstiegsbegleiter helfen, gute Lösungen zu finden. Möglicherweise ist das so. Ich wüsste gern: Wie viele Berufseinstiegsbegleiter sind derzeit tatsächlich unterwegs? Wie viele davon sind vollzeitbeschäftigt, und wie viele sind ehrenamtlich tätig? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Schavan mag das blumig beschrieben haben; aber sie hat völlig recht: Die Berufseinstiegsbegleiter sind ganz wichtig, weil sie individuelle Betreuung bieten. Wir wollen, dass diese Berufseinstiegsbegleiter flächendeckend zur Verfügung stehen. Im Moment sind über 2 000 beschäftigt; wie viele davon in Teilzeit, muss man schauen. Dazu kommen die Seniorberater, die auch eine wichtige Funktion haben. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Frau Wanka, Sie pflegen in diesem Pingpongspiel ja eine schnelle Rückhand. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Danke. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Ich möchte von Ihnen wissen, wie Sie die Erfahrungen mit den sogenannten Ausbildungsbausteinen von Jobstarter Connect bewerten – es gab ja bis in den Haushaltsausschuss und den Haushaltsprüfungsausschuss hinein viel Kritik daran, was Aufwand und Ertrag dieser Kampagne für Bildungsbausteine für die Berufsbildung angeht – und welche Konsequenzen Sie daraus in Bezug auf die künftige Konzeption der Berufsbildungspolitik ziehen. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Natürlich fließt alles, was wir analysieren und eva-luieren, in neu zu konzipierende Maßnahmen ein. Die schnelle Rückhand kann ich an dieser Stelle nicht bieten. Wie die konkrete Evaluation in diesem Punkt aussieht, kann ich im Moment nicht sagen; Sie bekommen das nachgeliefert. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist aber schade! Da sind viele Millionen reingeflossen, ohne dass es ein Ergebnis gab!) – Da schauen wir auch drauf. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich habe noch die beiden Wortmeldungen vom Kollegen Schipanski und von Frau Alpers notiert; ich hoffe, niemanden übersehen zu haben. Damit wären wir auch etwa in unserem Zeitrahmen und könnten dann diesen Teil der Regierungsbefragung abschließen. Bitte schön, Herr Kollege Schipanski. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank. – Frau Ministerin, in dieser Woche sind die Wirtschaftsjunioren im Deutschen Bundestag zu Gast. Wir hatten gestern eine spannende Diskussion über Berufsorientierung. Die jungen Unternehmer beklagen oftmals die mangelnden Kernkompetenzen junger Absolventen in Schreiben, Rechnen, Lesen. Man hat festgestellt, dass die Berufsorientierung nicht dazu geeignet ist, mangelnde Kernkompetenzen von Schülern auszugleichen. Daraus ergibt sich für mich die Frage, ob der Bundesregierung bekannt ist, wie die Bundesländer – sie sind letztendlich dafür zuständig – mit diesen mangelnden Kernkompetenzen umzugehen beabsichtigen. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Diese Klage ist nicht neu; sie wird schon erhoben, solange ich denken kann. Es mag – das kann man nicht abstreiten – individuelle Erfahrungen mit diesem oder jenem Bewerber gegeben haben. Die Wirtschaft hat sich aber immer auch auf die Ergebnisse der PISA-Studien berufen, denen zufolge Lesekompetenz und Mathematikkompetenz weit unter dem Durchschnitt lägen. In diesen Bereichen haben die Bundesländer Enormes erreicht: Es ist ein großer Erfolg, dass wir mittlerweile den OECD-Durchschnitt mindestens erreicht haben. Zum Beispiel in Mathematik liegen wir sogar über dem Durchschnitt. Das heißt, einen handfesten Beleg für dieses Klagen kenne ich nicht. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Zahl derer, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, in den letzten Jahren fast halbiert wurde. Der Bund weiß also, dass die Länder an dieser Stelle auch aktiv sind. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Alpers. Agnes Alpers (DIE LINKE): Danke. – Frau Wanka, Sie haben vorhin betont, die duale Ausbildung sei ein Exportschlager. Sie haben den Schwerpunkt darauf gelegt – so war es auch bei Staatssekretär Fuchtel in Griechenland –, dass entsprechend der Situation vor Ort das Theorie-Praxis-Verhältnis erhöht wird. Nun gibt es tatsächlich aber auch eine große Bewegung, Auszubildende – ich sage das in Gänsefüßchen – „zu importieren“. Welche Strategie fährt die Bundesregierung hier? Soll mehr direkt vor Ort in den jeweiligen Ländern mit Perspektiven oder mehr hier ausgebildet werden? Wie ist das Verhältnis, und wie ist Ihre Strategie? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Beides ist wichtig. Das gilt insgesamt für die Fachkräftesicherung und nicht nur bezogen auf die Ausbildung. Man kann die Probleme nicht mit einem Instrument sozusagen erschlagen, sondern wir brauchen hier auch einen qualifizierten Zuzug aus anderen Ländern. Gleichzeitig müssen wir uns aber auch um jeden in unserem Land bemühen. Zum Export der Lehrlingsausbildung möchte ich noch etwas sagen. Ich habe vorhin die Konferenz erwähnt, die im vergangenen Dezember stattgefunden hat. Diese Konferenz war sozusagen die Initialzündung dafür, zu sagen: Wir gehen eine europäische Allianz zur Lehrlingsausbildung ein. – In Kürze – im Sommer – werden wir in Leipzig die Berufsweltmeisterschaft erleben. Dort wird diese Allianz aus der Taufe gehoben. Das heißt, das ist ein Miteinander. Dort wird nicht irgendetwas implantiert, sondern man agiert miteinander. Ich glaube auch, dass die deutschen Firmen im Ausland sehr aktiv sind, die Fachkräfte, die benötigt werden, dort auszubilden, was ich auch völlig legitim finde. Deutschland ist Exportweltmeister. 12 Prozent aller technologieintensiven Produkte kommen aus Deutschland. Wenn wir diese Produkte verkaufen, dann wollen wir, dass in den entsprechenden Ländern auch die Kompetenz für Reparaturen und für die Erneuerung vorhanden ist. Deswegen ist es wichtig, dort Fachkräfte zu haben. Ich finde es ebenso eine gute Maßnahme, sie temporär in Deutschland auszubilden oder nach Deutschland zu ziehen. Das dient auch den jungen Menschen, unabhängig davon, ob sie sich dann entscheiden, in Deutschland zu leben oder in ihr Heimatland zurückzugehen, weil ihnen das eine berufliche Qualifikation und damit bessere Lebenschancen bietet. Präsident Dr. Norbert Lammert: Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich darf fragen, ob es andere Fragen zu der heutigen Kabinettssitzung gibt. – Herr Kollege Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Ich habe eine Frage an die Bundesregierung. In der heutigen Kabinettssitzung sollte eigentlich eine gesetzliche Regelung zum Thema Fracking beschlossen werden. Wie wir den Medien entnommen haben, ist dieser Beschluss nicht erfolgt. Meine Frage lautet, ob das so zutreffend ist. Daneben habe ich den Medien entnommen, dass Herr Grosse-Brömer, der der Bundesregierung meines Wissens nicht angehört, hat verlautbaren lassen, dass das Thema am 29. Mai erneut im Kabinett behandelt werden soll. Ist das auch der Wunsch der Bundesregierung? Ist das im Kabinett verabredet worden? Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Staatsminister von Klaeden. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege, ich kann den ersten Teil Ihrer Frage bestätigen und deswegen zu dem zweiten keine Stellung nehmen, weil das Thema in der Kabinettssitzung eben keine Rolle gespielt hat. Präsident Dr. Norbert Lammert: Dann darf ich nach dieser ebenso bündigen wie nachvollziehbaren Auskunft fragen, ob es unabhängig von der heutigen Kabinettssitzung Fragen an die Bundesregierung gibt. – Das wundert mich nun wiederum, dass es die nicht gibt, ich stelle dies fürs Protokoll aber ausdrücklich fest. Damit schließe ich die Befragung der Bundesregierung mit Dank an alle Beteiligten ab. Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksachen 17/13393, 17/13455 – Ich werde die Fragen in der Ihnen bekannten Reihenfolge der Ressorts aufrufen, wobei ich schon jetzt insbesondere für diejenigen, die noch aus der gesicherten -Distanz ihrer Büros auf ihren Einsatz warten, darauf hinweisen möchte, dass inzwischen viele Fragen zur schriftlichen Beantwortung angekündigt worden sind, also mit einem relativ zügigen Ablauf zu rechnen ist. Ich rufe zunächst die dringliche Frage 1 der Kollegin Volkmer auf: Wie werden gesundheitliche Schäden entschädigt, die Testpersonen durch Arzneimittelprüfungen in der ehemaligen DDR erlitten haben, sollten die Ausführungen in dem Artikel im Magazin Der Spiegel vom 13. Mai 2013 zutreffen, dass diese Versuche ohne das Einverständnis der Probanden durchgeführt wurden? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit Annette Widmann-Mauz zur Verfügung. – Bitte schön, Frau Kollegin. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Präsident! Frau Kollegin Volkmer, die Frage, ob Schadenersatzansprüche von Geschädigten oder von Hinterbliebenen von Geschädigten, die von der an ihnen vorgenommenen Arzneimittelerprobung keine Kenntnis hatten, bestehen, die Frage, gegen wen sie bestehen – also gegen die verantwortlichen DDR-Einrichtungen und/oder die Pharmaunternehmen, die nach dem Artikel mit diesen Stellen Vereinbarungen zur Arzneimittelerprobung trafen –, und die Frage, ob solche Ansprüche noch nicht verjährt sind, können nur nach genauer Sachverhaltsermittlung und nur für jeden konkreten Einzelfall beantwortet werden. Aus diesem Grund prüft das Bundesinnenministerium derzeit eine finanzielle Beteiligung an dem vom Institut für Geschichte der Medizin der Charité geplanten Forschungsvorhaben. Hierbei steht aus Sicht des Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer die Förderung der zeithistorischen Aufarbeitung im Vordergrund. Eine -finanzielle Beteiligung setzt voraus, dass sich auch andere Akteure, wie Ärzteverbände oder der Verband -forschender Pharma-Unternehmen, an dem Vorhaben beteiligen. Die Gespräche hierüber dauern an. Unabhängig davon stellt sich die Frage der Durch-setzung von Ansprüchen, soweit die Verantwortung für die Durchführung der Erprobung bei nicht mehr existierenden DDR-Einrichtungen lag. Ebenso hängt die Frage etwaiger Entschädigungsansprüche von der jeweiligen Konstellation des Einzelfalls und der damit verbundenen Anwendbarkeit entsprechender öffentlich-rechtlicher Vorschriften ab. Bei einer klinischen Prüfung, die bei Wirksamwerden des Beitritts in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet durchgeführt wurde, war gemäß § 120 des Arzneimittelgesetzes eine Versicherung nach § 40 Abs. 1 Nr. 8, nämlich eine Probandenversicherung, abzuschließen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfragen? – Bitte schön. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Es wird ja darum gehen, Vorwürfe zu belegen oder zu entkräften. Deswegen meine Frage an die Bundesregierung: Was tut die Bundesregierung, um relevante Akten zu sichern? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Abgeordnete, die Bundesregierung unterstützt alle Bemühungen, die auf die Aufklärung der gemachten Vorwürfe gerichtet sind. Ich habe bereits berichtet, dass das Bundesinnenministerium ein entsprechendes Gutachten vorantreiben und auch finanziell unterstützen will. Wir werden uns auch dafür einsetzen und an alle Verantwortlichen appellieren, was die Daten- und Aktensicherheit anbelangt, hier keine Fakten zu schaffen. Wir prüfen derzeit, wie wir dies entsprechend unterstützen und durchsetzen können. Präsident Dr. Norbert Lammert: Zweite Nachfrage? (Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Nein!) Dann hat der Kollege Ackermann eine Nachfrage. Jens Ackermann (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Auch in der DDR gab es ein Arzneimittelgesetz. In diesem DDR-Arzneimittelgesetz stand, dass bei der Durchführung klinischer -Prüfungen der Arzt gegenüber seinen Patienten eine Aufklärungspflicht hat. Er muss über Wirkungen und Nebenwirkungen aufklären. Dann muss der Patient einwilligen. Er muss sagen: Jawohl, ich möchte an dieser klinischen Prüfung teilnehmen – oder nicht. Ich möchte die Bundesregierung fragen, ob sie weiß, ob dieses DDR-Gesetz befolgt wurde oder ob vonseiten der SED-Führung Druck auf die Ärzte ausgeübt wurde, nicht aufzuklären, und ohne Wissen der Patienten klinische Tests durchgeführt wurden, um einfach nur West-devisen abzugreifen. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrter Herr Kollege Ackermann, auch diese Frage treibt die Bundesregierung um. Genau deshalb halten wir es für erforderlich, dass ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, um derartige Sachverhalte zu klären. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Gleicke. Iris Gleicke (SPD): Schönen Dank. – Frau Staatssekretärin, Frau Kollegin Volkmer hat nachgefragt, was die Bundesregierung tut, um Akten zu sichern. Diese könnten bei den Pharma-unternehmen liegen, aber eben auch in den ehemaligen DDR-Kliniken. Ich finde, dass der Handlungsbedarf sehr groß ist. Ich möchte Sie fragen: Was ist denn da vorstellbar? Wir wissen, dass jetzt Patientenakten aus dem Jahrgang 1983 geschreddert werden. Wie kann man das verhindern? Bis ein Gutachten erstellt ist, wird wahrscheinlich sehr viel Zeit ins Land gehen. Es wurde berichtet – ich gehe einmal davon aus, dass das stimmt –, dass beispielsweise die Firma Hoechst sogar schriftlich bestätigt hat, dass die Aufklärung nach damaligem DDR-Recht gar nicht erfolgen musste. Solchen Dingen -müssen wir natürlich zügig nachgehen können, ohne dass Akten verschwinden. Ich möchte Sie hier um Präzisierung bitten. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Wie Sie selbst, Frau Kollegin, schon angesprochen haben, handelt es sich um unterschiedliche Daten, die derzeit an unterschiedlichen Stellen vorhanden sind. Sie haben in diesem Zusammenhang die Krankenhäuser und die Pharmaunternehmen genannt. Auch im Bundesarchiv sind Daten und Akten eingelagert. Wie gesagt, wir prüfen derzeit sehr intensiv, wie wir dem berechtigten Interesse, nämlich dass jetzt keine Akten sozusagen verschwinden, nachkommen können. Wir appellieren aber auch an alle Verantwortlichen, diesem Grundsatz jetzt Rechnung zu tragen, und wir werden sicherlich auch in Verantwortung des Bundesgesundheitsministeriums -alles dafür tun, dass die in unserem nachgelagerten -Bereich befindlichen Akten und von dort an das Bundesarchiv gegebenen Akten zur Verfügung stehen – auch über die Aufbewahrungsfristen hinaus. (Iris Gleicke [SPD]: Zeitrahmen?) Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Enkelmann. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Ich würde da gerne nachhaken, weil Appelle offenkundig nicht helfen werden. Wie groß ist denn nach -Ihrem Eindruck die Bereitschaft der betroffenen Pharmaunternehmen, die inzwischen alle aufgelistet sind, tatsächlich die Unterlagen zur Verfügung zu stellen, und welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, wenn diese Bereitschaft verweigert wird? Dann gibt es möglicherweise auch die Chance, diese Akten zum Beispiel durch eine gerichtliche Entscheidung einzuziehen. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Enkelmann, ich habe gerade aus-geführt, dass wir genau diese Fragen im Moment mit Nachdruck verfolgen und prüfen. Wir werden Sie dann gegebenenfalls auch sehr zeitnah über das Ergebnis -informieren. Präsident Dr. Norbert Lammert: Jetzt rufe ich die zweite dringliche Frage der Kollegin Volkmer auf: Welche Auswirkungen ergeben sich für die in dem Artikel im Magazin Der Spiegel vom 13. Mai 2013 genannten Arzneimittel (unter anderem Spirapril, Nimodipin, Levoprotylin, Erythropoetin), sofern die Ausführungen stimmen, dass die Zulassungen der Medikamente auf Studien beruhen, die gegen die bereits damals gültige Deklaration von Helsinki verstießen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Volkmer, das Arzneimittelgesetz sieht in § 30 gestufte Möglichkeiten der Rücknahme des -Widerrufs und der Anordnung des Ruhens einer Zulassung vor, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Zulassungsantrag anfängliche Mängel aufwies. Die Möglichkeiten der zuständigen Bundesbehörde reichen von einer obligatorischen Rücknahme in besonders schweren Fällen – wenn etwa das Arzneimittel nicht nach dem -jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist – bis hin zu einer fakultativen Rücknahme oder der Anordnung des Ruhens nach Ermessen, wenn in den Zulassungsunter-lagen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht worden sind. Ob ein solcher Fall bei den oben genannten Arzneimitteln vorliegt, ist derzeit nicht bekannt. Das für die genannten Arzneimittelgruppen fachlich zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat zu der Fragestellung ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Nach dem Recht der DDR durfte eine klinische Prüfung nur dann vorgenommen werden, wenn der Proband durch den Arzt ausreichend und über die Bedeutung und den Umfang der Prüfung, den Ablauf der Prüfung und den Ablauf der Untersuchungen sowie über mögliche Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken aufgeklärt und mit der Prüfung einverstanden war. Ob und inwiefern die Aufklärungen durchgeführt und die Einwilligungen erteilt wurden, kann vonseiten des BfArM nicht beurteilt werden, da diese Einwilligungen nicht in den Zulassungsunterlagen vorliegen. Im Übrigen macht das BfArM darauf aufmerksam, dass die für den Wirkstoff Levoprotylin beantragten -Zulassungen zweimal wegen nicht ausreichend nachgewiesener Wirksamkeit versagt wurden und keine Zulassung für ein Arzneimittel mit diesem Wirkstoff besteht. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfrage. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Frau Staatssekretärin, meine Nachfrage ist: Wird eine Prüfung der Medikamente vorgenommen, die in der DDR getestet worden sind und für die aufgrund der Tests, die ausschließlich in der DDR vorgenommen wurden, die Zulassung erfolgt ist? Denn Sie haben gerade aufgeführt, was man in einem gestuften Verfahren alles machen kann. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Die entsprechenden eingereichten Zulassungsunter-lagen, die nach deutschem Zulassungsrecht oder nach europäischem Recht zu gelten haben, werden natürlich überprüft. Diesen Zulassungsunterlagen ist aber nicht zu entnehmen – das habe ich gerade ausgeführt –, ob die Einwilligung eines Probanden in einer klinischen Studie schriftlich erfolgt ist oder nicht. Diese Unterlagen liegen aus datenschutzrechtlichen Gründen beim Prüfer und stehen damit nicht der entsprechenden Zulassungs-behörde zur Verfügung. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Ich habe noch eine Frage. 1986 wurden die klinischen Prüfungen für Zulassungsstudien in der Bundesrepublik der amtlichen Überwachung unterstellt, und zwar durch das Bundesgesundheitsamt. Meine Frage ist: Gab es durch das Bundesgesundheitsamt Beanstandungen zu klinischen Prüfungen, die in der DDR im Auftrag von Sponsoren aus der BRD durchgeführt wurden, (Iris Gleicke [SPD]: Westeuropa!) oder gab es zumindest Bedenken, die nachweislich auch artikuliert worden sind? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Volkmer, diese Frage kann ich Ihnen heute so nicht beantworten, da mir die entsprechenden Informationen nicht vorliegen und sich diese erst im Zuge einer ausführlichen Auswertung ergeben können. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfragen sehe ich nicht. Dann können wir diesen Komplex abschließen. Wir kommen nun zu den eingereichten mündlichen Fragen auf der Drucksache 17/13393, die ich in der vorliegenden Reihenfolge aufrufe. Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Kollegin Ursula Heinen-Esser steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Dr. Bärbel Kofler auf: Wie will die Bundesregierung mit ihren politischen Zusagen im Bereich des internationalen Klima- und Umweltschutzes umgehen, wenn laut Bewirtschaftungsrundschreiben 2013 des Bundesministeriums der Finanzen, BMF, für den internationalen Titel 687 01 des Energie- und Klimafonds, EKF, trotz Substitution durch die KfW Bankengruppe fast 100 Millionen Euro weniger zugewiesen werden als im Wirtschaftsplan des EKF vorgesehen? Bitte schön. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kollegin Frau Dr. Kofler, zu Ihrer Frage: Selbstverständlich steht die Bundesregierung zu ihren politischen Zusagen im Bereich der internationalen Klimafinanzierung. Bei der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen wurde von den Industriestaaten zugesagt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz zu mobilisieren. Die Bundesregierung steht zu der Zusage, einen fairen Anteil beizutragen. Darüber hinaus haben die Industriestaaten zugesagt, in den Jahren 2010 bis 2012 30 Milliarden US-Dollar als Fast-Start-Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Der Anteil der Europäischen Union betrug dabei 7,2 Milliarden Euro, der Anteil Deutschlands 1,26 Milliarden Euro. Die Zusage wurde von Deutschland mit 1,29 Milliarden Euro erfüllt. Dann hat bei der UN-Klimakonferenz in Doha Deutschland bekannt gegeben, dass die Bundesregierung im Jahr 2013 plant, etwa 1,8 Milliarden Euro für die -internationale Klimafinanzierung bereitzustellen. Als öffentliche bzw. aus dem Bundeshaushalt oder aus dem Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds stammende Klimafinanzierung plant Deutschland, in diesem Jahr rund 1,74 Milliarden Euro aus den Einzelplänen 23 und 16 und dem von BMZ und BMU gemeinsam bewirtschafteten EKF-Titel 276,2 Millionen Euro bereitzustellen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Es freut mich, wenn Mittel zur Verfügung gestellt werden. Aber ich möchte noch eine konkrete Nachfrage nach dem EKF stellen. Da sind für das Jahr 2013 372 Millionen Euro für den internationalen Klimaschutz eingestellt gewesen. Noch im Oktober letzten Jahres hat das Finanzministerium im Haushaltsausschuss Dokumente vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass 94 Prozent dieser Mittel gebunden sind durch internationale Zu-sagen. Wenn nun nur etwa 276 Millionen Euro ausgegeben werden, dann fehlen rund 100 Millionen Euro. Dann stellen sich folgende Fragen: Erstens. Stimmt die Aussage des Finanzministeriums nicht, dass 94 Prozent der Mittel durch internationale Zusagen gebunden sind? Wie ist diese Aussage zu bewerten? Zweitens. Wenn das Finanzministerium den Haushaltsausschuss nicht angelogen hat – davon gehe ich aus –, dann stellt sich für mich die Frage, wie die Mittel im Hinblick auf die Differenz bei internationalen Zusagen aufgebracht werden sollen. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich habe gerade ausgeführt, mit welchen Beträgen wir exakt die internationalen Zusagen einhalten wollen. Wir werden in zwei Bereichen aufgrund der geringeren -Mittel im EKF nicht aktiv werden können. Das betrifft zum einen ganz neue Vorhaben – das belastet mich auch persönlich sehr, weil das eine oder andere Projekt über meinen Schreibtisch gegangen ist –, in die wir einsteigen bzw. bei denen wir etwas machen wollten, für die es aber keinerlei Zusagen gegeben hat. Zum anderen betrifft das den Green Climate Fund, bei dem wir uns schon in diesem Jahr finanziell engagieren wollten. Wir müssen es allerdings nicht, weil die institutionellen Voraussetzungen des Green Climate Fund noch nicht gegeben sind. Das heißt, es steht noch nicht fest, welche Geberländer wie viel geben werden, sodass wir in diesem Jahr noch keine Mittel verausgaben müssen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Es ist schon bedauerlich, dass Sie an dieser Stelle zum ersten Mal zugeben, dass die Mittel, die für den Klimaschutz schon eingeplant waren, so nicht abfließen können. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Das habe ich nicht gesagt, Frau Kollegin. Dr. Bärbel Kofler (SPD): So kam das aber bei mir an. Meine Nachfrage ist grundsätzlicher Natur. Wir als SPD-Fraktion haben zum Thema EKF schon immer eine andere Haltung als die Bundesregierung gehabt und begrüßen sehr, dass Sie die Mittel für den internationalen Klimaschutz jetzt in die Einzelpläne 23 und 16 zurücküberführen. Die Frage ist: Was ist mit den anderen -Titeln, die im EKF vorhanden sind? Warum werden diese Titel nicht in die Einzelpläne zurücküberführt? Wie werden Sie mit der Unterfinanzierung des EKF umgehen? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zur Klarstellung des ersten Teils: Ich habe nicht gesagt, dass gegebene Zusagen nicht eingehalten werden, sondern ich habe gesagt, dass Projekte, die wir vielleicht gerne gemacht hätten, für die es aber keine Zusagen gegeben hat oder Ähnliches, nicht durchgeführt werden können aufgrund der Tatsache, dass die Mittel zurzeit noch nicht zur Verfügung stehen. – Das nur zur Klarstellung, auch für das Protokoll. Der zweite Punkt Ihrer Frage betraf die internationalen Mittel. Sie begrüßen – das ist sehr schön –, dass wir diese Mittel wieder in den Haushalt zurücküberführt haben. Auch andere Positionen sind Teil des EKF. Ich habe die Liste mitgebracht; da geht es um Elektromobilität, es geht um das MAP, das uns als Umweltpolitiker sehr wichtig ist, und es geht um Forschungsvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien. Hier gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen den eingenommenen Mitteln, beispielsweise durch den Emissionshandel, von dem wir alle hoffen, dass er in Zukunft besser wird, und dem, wofür wir die Mittel verausgaben wollen. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Die Hoffnung stirbt zuletzt!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, ich muss sagen, dass auch ich einen Lernprozess mitgemacht habe. Wir als grüne Umweltpolitiker im Verein mit der NGO-Szene waren generell sehr angetan von dem Instrument eines Fonds, der unabhängig von gewissen Budgetrestriktionen Klimaschutz voranbringt, mussten uns aber eines Besseren belehren lassen. Ich sage es ganz offen: Unsere Haushälter hatten recht, dieses Instrument abzulehnen. Meine Frage ist deshalb an Sie, ob es ganz allgemein Überlegungen in der Bundesregierung gibt, wie mit diesem Instrument weiter umgegangen werden soll. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass Sie nach der nächsten Wahl weiter die Bundesregierung stellen, stelle ich doch noch die Frage, ob Sie auch für diese Zeit planen. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Erst einmal, Herr Kollege Ott, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem heutigen Geburtstag, bevor ich auf die weiteren Planungen zu sprechen komme. Mir sind keine Planungen bekannt, den EKF wieder komplett in den Haushalt zurückzuüberführen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Vogt. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, aufgrund Ihrer Ausführungen möchte ich Ihnen eine Frage stellen. Sie haben davon gesprochen, dass Sie Hoffnungen haben, dass der Emissionshandel bald wieder in Gang kommt. Ich möchte Sie fragen, woher Sie diese Hoffnung nehmen, nachdem die Koalition doch den Antrag zu diesem Thema heute sehr brachial von der Tagesordnung gedrängt hat. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollegin Vogt, wenn ich richtig darüber informiert bin – ich bin heute Morgen nicht im Umweltausschuss gewesen –, wurde der Antrag in der Tat von der Tagesordnung abgesetzt, aber doch mit dem Hinweis, erst einmal eine Anhörung zu diesem Thema durchzuführen. Wir stehen zurzeit nicht unter Zeitdruck, schon heute einen Antrag verabschieden zu müssen; (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Es ist jetzt überfällig!) denn der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments wird sich erst im Laufe des Juni mit der Frage neu befassen. Wir wissen heute noch nicht, welchen Kompromissvorschlag es geben und in welche Richtung dieser gehen wird. Ich denke, dass wir die europäische Positionsfindung erst einmal abwarten und diese durch eine eigene Anhörung begleiten sollten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze, aber dass es keinen Zeitdruck geben würde, ist natürlich ein Witz. Ganz Europa schaut auf Deutschland, auf die Debatte hier; aber Sie schaffen es auch nach Jahr und Tag nicht, eine abgestimmte Position hinzubekommen. Es war in der Tat schon ein besonderes Schauspiel heute im Ausschuss, als das Thema sozusagen einfach von der Tagesordnung gedrängt wurde. Aber es wird weiter aktuell sein. Wir haben den Antrag auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt. Sie kommen also nicht umhin, dort Flagge zu zeigen. Ich will noch einmal nach der Zukunft fragen. Sie -haben gesagt, Ihnen sei nicht bekannt, dass es Änderungsvorstellungen gibt, was die Finanzierung des EKF betrifft. Jetzt haben wir aber gehört: Teile dieser Finanzierung werden in den Bundeshaushalt überführt. Ergibt sich daraus eine veränderte Planung, was die Einnahmen im Bereich des Emissionshandels angeht? Haben Sie eine neue Prognose, aus der hervorgeht, wie hoch die Summe aussehen müsste, damit die Dinge, die nicht über den Bundeshaushalt finanziert werden, über den EKF finanziert werden können? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, wir werden in den nächsten Wochen und Monaten prüfen müssen, wie die künftigen Haushaltsansätze auszusehen haben. Wir haben schon angegeben, wie die Mittelausstattungen, auch die für das Jahr 2014, aussehen könnten. Alles Weitere wird noch zu prüfen sein. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Bülow. Marco Bülow (SPD): Frau Staatssekretärin, auch ich sehe es so, dass wir in der Tat in Zeitnot sind. Wenn noch einmal eine Anhörung stattfindet – wir hatten schon eine – und wieder Sachverständige benannt werden müssen, dann wird das auf jeden Fall erst in der nächsten Wahlperiode geschehen; bis dahin wird mindestens ein halbes Jahr vergangen sein. Sie sprachen davon, dass Sie die Hoffnung haben, dass der Emissionshandel in Schwung kommt. Nun lebt Politik nicht gerade von Hoffnungen; vielmehr müssen wir versuchen, wenigstens Erwartungen zu hegen. Ich frage Sie ganz speziell, aber auch Ihr Haus: Was ist Ihre Einschätzung – nicht Ihre Hoffnung –, wie sich der Emissionshandel entwickelt? Ich glaube, sie ist für den Umgang mit Haushaltsgeldern viel wichtiger. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Bülow, ich denke, wir müssen jetzt vor allen Dingen das Verfahren auf der europäischen Ebene abwarten und uns anschauen, wie sich das Europäische Parlament positionieren wird. Sie wissen, dass wir erst dann in den Trilog mit der europäischen Ebene über die Frage, wie es im Emissionshandel weitergeht, einsteigen können, wenn das Europäische Parlament seine Position gefunden hat. Da dies noch nicht der Fall ist, weil die erforderlichen Darlegungen erst Mitte Juni vorliegen, kann ich darüber zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen. Wir halten uns mit Einschätzungen zurück; auch das sei hier ganz deutlich gesagt. Ich zum Beispiel hätte nicht damit gerechnet – ich weiß nicht, ob Sie es gewusst haben –, dass sich 60 Kollegen im Europäischen Parlament bei der Backloading-Entscheidung enthalten, sondern ich habe gedacht, es werde zu einer klaren Entscheidung pro Backloading kommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben gesagt, im Juni finde eine neue Abstimmung statt. Welche Rolle nimmt die Bundesregierung im Rahmen der Vorbereitung dieser Abstimmung ein? Ist es nicht Aufgabe und gute Tradition, jedenfalls vieler Jahre zuvor, dass wir mit einer abgestimmten Position Vorreiter in der Europäischen Union sind? In den letzten Jahren war davon nichts zu spüren. Wenn Sie jetzt erst einmal eine Expertenanhörung durchführen wollen, um vielleicht eine Meinung zu finden, wie man den europäischen Prozess begleitet, dann ist der Zug im Juni garantiert abgefahren. Also meine Frage: Schweigt die Bundesregierung bis Juni, und überlässt sie das dem freien Spiel der Kräfte? Welche Rolle nimmt die Bundesregierung in den nächsten Tagen – die Vorbereitungen laufen – ein? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann, Herr Dr. Miersch, hier nur für das Bundesumweltministerium sprechen, (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Das ist Ihr -Dilemma, ja!) wie auch Ihnen bekannt ist. Für das Bundesumweltministerium kann ich natürlich sagen, dass wir sehr wohl auch das begleiten, was im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments besprochen und diskutiert wird. Wir persönlich sind allerdings sehr unsicher, ob es im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments tatsächlich zu einem neuen Backloading-Vorschlag kommen wird oder ob es andere Instrumente geben wird, die dort diskutiert werden. Um auf Expertenanhörungen oder Ähnliches im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages zurückzukommen: Das heißt für uns, dass wir das Ganze, wenn es veränderte Positionen gibt, gerne auch mit Ihnen besprechen würden. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, nach den Verhandlungen gab es unterschiedliche Stellungnahmen. Wirtschaftsminister Rösler hat sich begeistert von dem Ergebnis gezeigt. Er hat gesagt: Ein wesentlicher Fortschritt ist erzielt worden. Andererseits hat sich der Umweltminister enttäuscht gezeigt und gesagt: Das war sicherlich keine Sternstunde der Umweltpolitik. Nun steht an der Spitze der Regierung ja eine Kanzlerin, die die Richtlinienkompetenz hat. Gibt es eine Position der Kanzlerin zu diesem Thema? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundeskanzlerin hat auf der Petersberger Konferenz in der vergangenen Woche ihre Position dazu klargelegt, Kollege Bollmann. Wenn der Präsident gestattet, dann zitiere ich dazu auch gerne aus der Rede der Bundeskanzlerin. Präsident Dr. Norbert Lammert: Alles, was in dem gegebenen Zeitmaß möglich ist, wird gestattet. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Okay. Ich bemühe mich. Es ist ein kurzer Abschnitt. – Die Kanzlerin hat gesagt: Ich persönlich sage: Wenn man ein marktwirtschaftliches Instrument hat, bei dem die Annahme über die Wachstumsraten eine wesentliche Rolle spielt, und die Wachstumsraten alles andere als das sind, was man angenommen hat, dann kann die Frage, ob man das noch einmal revidieren muss, kein Tabu sein. Bei dieser Frage, das sage ich ganz offen, sind wir in Deutschland nicht entschieden. Hier bringen unterschiedliche Kräfte ihre Argumente vor … So ist die Situation zurzeit. Ich denke, dass wir insgesamt abwägen müssen und dass wir die Frage des Funktionierens des Emissionshandels – ich komme gleich bei einer Frage des Kollegen Ott noch einmal darauf zu sprechen – auch in engem Zusammenhang mit dem Thema „Reformen bei den erneuerbaren Energien“ betrachten müssen. (Gerd Bollmann [SPD]: Na gut!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Jetzt habe ich noch die Wortmeldungen der Kollegin Haßelmann und der Kollegin Wolff notiert. Damit hat auch fast jeder, der hier ist, eine Zusatzfrage gestellt. (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zumindest von der Opposition!) Dann ist es auch gut, nicht? Frau Haßelmann, bitte schön. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident, dafür, dass auch ich die Gelegenheit zu einer Frage habe. – Frau Heinen-Esser, Sie haben gerade die Kanzlerin zitiert und die persönliche Einschätzung der Kanzlerin dargelegt. Die Frage meines Kollegen Bollmann war eine ganz andere. Die bitte ich dann zu beantworten. Es ging nicht um persönliche Auffassungen der Kanzlerin Angela Merkel, sondern es ging darum, ob die Kanzlerin in dem Streit, den es in der Bundesregierung zwischen CDU-Ministerium Umwelt und FDP-Minis-terium Wirtschaft ganz offensichtlich gibt, von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen wird und wir in den nächsten drei Sitzungswochen noch mit einem Vorschlag der schwarz-gelben Bundesregierung zum Emissionshandel und mit einer deutschen Position dazu rechnen können. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundeskanzlerin hat eindeutig gesagt, dass es eine Gesamtlösung geben muss, sowohl beim Emissionshandel als auch bei den erneuerbaren Energien. In welchem Zeitraum das möglich sein wird, hängt zu einem Teil auch davon ab, wie sich die Bundesländer verhalten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Wolff. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, liebe Frau Heinen-Esser, ich möchte mich auch auf das beziehen, was Sie eben aus der Rede der Bundeskanzlerin zitiert haben. Ich habe das Gefühl, dass die Bundeskanzlerin sehr nahe bei der SPD und ihren Positionen ist. Ich gehe davon aus, dass wir, wenn die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin angesprochen ist, überhaupt keine Anhörung mehr brauchen und dass eine Position zum Emissionshandel noch vor der Sommerpause zu erwarten ist. Ich frage Sie: Gehe ich recht in der Annahme? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollegin Wolff, es ist schade, dass ich keine Rückfrage stellen darf; im Ausschuss hätte ich die Möglichkeit dazu, aber hier leider nicht. Deshalb die Antwort: Wir wissen noch nicht, wie sich der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments positionieren wird. Was ist, wenn er – davon gehen wir aus; das ist nicht nur eine persönliche Einschätzung – den Backloading-Vorschlag nicht erneut zur Diskussion stellt, sondern einen ganz anderen Weg geht, den wir hier in den vielen Sitzungen, die wir im Ausschuss beispielsweise oder auch hier im Plenum dazu hatten, vielleicht noch gar nicht besprochen haben? Von daher halte ich es schon für durchaus sinnvoll, dass wir noch einmal eine Anhörung durchführen. Ich plädiere auch dafür, dass diese relativ zügig stattfindet, sodass wir als Deutscher Bundestag den europäischen Prozess auch vernünftig begleiten können. Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Frage 2 der Kollegin Behm wird schriftlich beantwortet, sodass wir nun zur Frage 3 des Kollegen Ott kommen, der in die Planung seines heutigen Geburtstages die Bundesregierung offenkundig langfristig einbezogen hat: Zu welchem Emissionsminderungsziel muss die Europäische Union nach Ansicht der Bundesregierung im Jahr 2030 konkret kommen, nachdem die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel anlässlich ihrer Rede beim diesjährigen Petersberger Klimadialog angekündigt hat (vergleiche www.bundesregie rung.de/Content/DE/Rede/2013/05/2013-05-06-merkel-peters berger.html), dass Europa „dringend“ zu einem Emissionsziel für 2030 kommen muss, „weil die Wirtschaft planen, investieren und daher wissen muss, auf welche Rahmenbedingungen sie sich einzustellen hat“, und was tut die Bundesregierung konkret, um schnell zu einer Entscheidung in dieser Frage zu kommen? Frau Kollegin Heinen-Esser, bitte schön. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Dr. Ott, eine umfassende und ambitionierte EU-Klima- und Energiepolitik ist aus Sicht der Bundesregierung auch für die Zeit nach 2020 erforderlich. Wie in anderen Mitgliedstaaten gibt es auch in der Bundesregierung noch keine abschließende Festlegung zu EU-Zielen und Instrumenten für die Zeit nach 2020. Bevor wir über einen neuen energie- und klimapolitischen Rahmen für 2030 sprechen, sollten wir, wie von der Kommission durch den Stakeholder-Prozess und die Folgenabschätzung beabsichtigt, das bestehende Instrumentarium und den Stand der Zielerreichung einer Analyse unterziehen. Entsprechend dem Energiekonzept -sollen in Deutschland gemäß der Zielformulierung der Industriestaaten die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Dies bedeutet in Deutschland einen Entwicklungspfad von minus 55 Prozent bis zum Jahr 2030. Bis 2030 soll in Deutschland ein Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch von 30 Prozent erreicht werden. Auf europäischer Ebene gilt es, die Zielsetzung des Klimaschutzes, der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, der Versorgungssicherheit sowie der Bezahlbarkeit der Energieversorgung in Einklang zu bringen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Zusatzfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin, wenn man Sie so hört, dann wird klar, auf welchem Gebiet Deutschland weiterhin Weltmeister ist, nämlich im Formulieren von Zielen. Diese hören sich zwar ganz toll an. Aber die Frage ist, wie die entsprechenden Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele umgesetzt werden. In der letzten Woche lag der Anteil von CO2 in der Atmosphäre das erste Mal bei über 400 ppm – ppm bedeutet: Teile von 1 Million –; das entspricht 0,04 Prozent. Wir haben in der Schule noch gelernt, dass der Anteil von CO2 in der Luft 0,028 Prozent beträgt, was allerdings schon damals nicht stimmte. Wir müssen heute Werte verzeichnen, die es seit mindestens 800 000 Jahren nicht gab. Dieser Zeitraum umfasst zehn Eiszeiten, zehn Zwischeneiszeiten und die entsprechenden Wärmephasen. Das heißt, wir bewegen uns mit hoher Geschwindigkeit auf eine Situation zu, die die Menschheit noch nie erlebt hat. Finden Sie nicht auch, dass angesichts dieser erschreckenden und dramatischen Zahlen eine Festlegung nunmehr auf ein 2030-Ziel, nachdem es anscheinend nicht möglich ist, für das Jahr 2020 eine Einigung innerhalb der Bundesregierung zu erreichen, den Anforderungen nicht gerecht wird? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das finde ich nicht, Herr Kollege Ott. Da Sie die Situation in Deutschland und den Stand bei der Treibhausgasminderung so schwarzgemalt haben, will ich noch Folgendes sagen: Wir haben bis heute eine Treibhausgasminderung von etwa 26 Prozent gegenüber 1990 erreicht. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 40 Prozent zu erreichen. Dieser große Kraftakt liegt noch vor uns. (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Sie mit Ihren Maßnahmen gar nicht schaffen können!) – Lassen Sie mich doch bitte ausreden. – Wir benötigen für die Erreichung dieses Ziels wahrscheinlich noch einige zusätzliche Maßnahmen. Wir liegen zurzeit für das Jahr 2020 bei einer Treibhausgasminderung von etwa 35 Prozent. Wir haben – diese beiden Aspekte darf man nicht getrennt betrachten – neben der Treibhausgasminderung noch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Bei den erneuerbaren Energien liegen wir oberhalb dessen, was wir in den Zielen formuliert haben, nämlich bei 23 Prozent. Wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, werden wir es schaffen, bis zum Jahr 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien von fast 38 Prozent zu erreichen. Das würde sich wieder positiv auf die Treibhausgasminderung auswirken. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage? Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auf jeden Fall. – Um Ihre Aussage nicht so stehen zu lassen: Die CO2-Emissionen in Deutschland sind 2012 – das wissen auch Sie – das erste Mal seit vielen Jahren wieder gestiegen, nämlich um 1,6 Prozent. Der Anteil der Kohle an diesen Emissionen ist um 4 Prozent gestiegen. Das liegt vor allen Dingen daran, dass der Emissionshandel darniederliegt und Kohle mittlerweile billiger zu verfeuern ist als das eigentlich klimafreundlichere Gas. Ich zitiere in diesem Zusammenhang die Kanzlerin: Europa muss zu einem Emissionsziel für 2030 kommen …, weil die Wirtschaft planen, investieren … muss. Und weiter: Die Investitionspläne für 2018/2019/2020 werden in den Unternehmen schon heute gemacht … Also ist es doch wichtig, jetzt die Ziele für 2020 zu beschließen. Sind Sie der Meinung, dass Ihr Minister von der Bundeskanzlerin gegenüber dem Wirtschaftsministerium genügend unterstützt wird? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zum ersten Teil Ihrer Frage, was die Zielformulierung für das Jahr 2030 – und nicht für 2020 – betrifft. Diese Ziele haben wir formuliert. Wir müssen hier in einen Prozess eintreten und darüber beraten, was tatsächlich möglich ist. Außerdem gibt es einen europäischen Prozess, bei dem wir natürlich auch sagen müssen: Wie sieht der europäische Fahrplan und die Verteilung innerhalb Europas aus, um bestimmte Treibhausgasminderungsziele zu erreichen? Der Bundesumweltminister ist – davon können Sie ausgehen – sehr stark darin, seine politischen Positionen durchzusetzen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, es ist eigentlich noch viel schlimmer: Sie haben erstens kein Ziel für 2030. Sie sind zweitens nicht bereit, das europäische Ziel für 2020 entsprechend zu verschärfen, obwohl alle sagen, das sei notwendig. Jetzt kommt das Dritte: Sie haben aber ein nationales Ziel für 2020. Das haben Sie im Koalitionsvertrag festgelegt. Das haben wir im Deutschen Bundestag miteinander beschlossen. Jetzt geht es um die Frage, ob Sie dieses Ziel im Rahmen der internationalen Klimaverhandlungen in Brüssel notifizieren. Das haben Sie bisher nicht getan. Die Frage ist: Warum tun Sie das eigentlich nicht angesichts dessen, dass Sie auf nationaler Ebene das Ziel einer CO2-Einsparung von 40 Prozent haben? Warum wird das nicht verbindlich nach Brüssel gemeldet? Stehen Sie am Ende gar nicht zu dem, was Sie hier beschlossen haben? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Schwabe, ich finde es total nett, dass Sie für Ihren Kollegen Kelber die Fragestellung übernehmen, der in dieser Fragestunde nicht anwesend sein kann. Deswegen trage ich Ihnen die Antwort vor, die ich Kollegen Kelber gegeben hätte. Wir haben uns in der Tat das Ziel gesetzt, die Treib-hausgasminderung bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Eine Meldung dieses Ziels an die EU-Kommission ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Für die zweite Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, nur noch 80 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 zu emittieren. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben erklärt, dass sie ihre Verpflichtungen im Sinne von Art. 4 Kioto-Protokoll gemeinsam erfüllen werden. Dabei können Einzelmitgliedstaaten eine von den 80 Prozent abweichende Verpflichtung übernehmen und müssen diese jeweils im Rahmen der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Sekretariat des Kioto-Protokolls beifügen. Wie die Aufteilung der gemeinsamen Verpflichtung gemäß Kioto-Protokoll vorgenommen wird, wird die Bundesregierung zusammen mit den anderen europäischen Mitgliedstaaten entscheiden. Die Europäische Kommission wird hierzu zeitnah einen ersten Vorschlag vorlegen. – Das zu Ihrer Kelber-Frage. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Ott auf: Was bedeutet die Aussage der Bundeskanzlerin anlässlich ihrer Rede beim diesjährigen Petersberger Klimadialog (vergleiche www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/05/2013-05-06-merkel-petersberger.html), für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Emissionshandels eine „zusammenhängende“ Lösung anzustreben, konkret, und gibt es diesbezüglich schon Planungen innerhalb der Bundesregierung? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Ott, bei einer Reform des Emissionshandels sind auch die Energie- und Klimapolitik insgesamt und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Wirtschaft und deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen. Der Zeitplan für das Verfahren liegt weiterhin in den Händen der europäischen Institutionen – wir sprachen ja vorhin schon bei den anderen Fragen darüber –, vor allem beim Europäischen Parlament. Dies gilt auch für die Fortentwicklung und Stärkung des Emissionshandels. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ihre Zusatzfrage. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich muss noch einmal nachfragen. So wie es sich bei der Bundeskanzlerin anhört, geht alles nur zusammen. Die Reform des Emissionshandels hängt zusammen mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Meine Frage: Gibt es diesen Konnex? Gibt es diese Verbindung? Zweitens. Wenn das so wäre, was soll die rationale Begründung dafür sein, dies miteinander zu verknüpfen? Denn – drittens – wenn es keine nationalen Vorreiter gibt, wird sich auf europäischer Ebene nichts bewegen. Wir müssen also zusehen, dass wir unseren Laden zu Hause in Ordnung bringen, um auf europäischer Ebene überhaupt handeln zu können. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Ott, Sie sind doch ein echter Energie- und Klimaexperte. Daher ist Ihnen sicherlich bekannt, wie sehr Energiepolitik, Emissionshandel und Treibhausgasemissionen tatsächlich miteinander verknüpft sind und zusammenhängen und dass wir das Ganze nicht isoliert betrachten können. 83 Prozent der Treibhausgasemissionen sind energiebedingt. Das heißt, sie hängen direkt damit zusammen, wie wir Energie erzeugen bzw. verbrauchen. Zu sagen: „Wir kümmern uns nur um eine Baustelle“, und die anderen Baustellen nicht zu beachten, wäre ein Fehler. Nicht zu Unrecht gibt es unsere Zieltrias: Wir haben erstens das Ziel, die Emissionen zu reduzieren. Wir haben zweitens das Ziel, die Energieeffizienz zu verbessern. Wir haben drittens das Ziel, die erneuerbaren Energien auszubauen. Weil alle drei Ziele zusammenhängen, finde ich es absolut richtig, sie alle drei gemeinsam zu betrachten. Wir müssen uns fragen: Wie machen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien kosteneffizient? Wie wirkt sich das auf den Emissionshandel aus? Wie muss der Emissionshandel tatsächlich gestaltet sein? Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage? – Bitte. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hört sich sehr gut an. Tatsache ist jedoch, dass die Bundesregierung in allen drei Bereichen, die Sie genannt haben, als Bremser auftritt: bei der Energieeffizienz, bei der europäischen Effizienzrichtlinie – das ist klar – und beim Emissionshandel. Der Bundesregierung ist es nicht möglich, sich auf ein Modell zur Reparatur des Emis-sionshandels zu einigen. Das gilt auch für die erneuerbaren Energien, die Sie gegen die Wand fahren. Wenn Sie sagen, dass alles zusammenhängt, und dann alles blockieren, dann haben Sie natürlich etwas Konsistenz hergestellt. Tatsächlich ist das aber eine negative Konsistenz; denn Sie kommen nicht weiter. Meine Frage betrifft den Emissionshandel und das Backloading. Sie wissen, dass alle zehn FDP-Mitglieder im Europäischen Parlament gegen das Backloading gestimmt haben. Sie wissen, dass zwei Drittel Ihrer eigenen Partei, der CDU, im Europäischen Parlament gegen das Backloading gestimmt haben. Hätten diese Abgeordneten oder auch nur ein Teil davon dafür gestimmt, dann wäre das durchgegangen und wir hätten jetzt zumindest die Chance auf eine Reparatur des Emissionshandels. Meine Frage lautet daher: Was tun Sie auf der europäischen Ebene, um einem erneuten Backloading-Vorstoß oder einem permanenten „set-aside“ – was natürlich noch besser wäre – zum Erfolg zu verhelfen? Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Zeit. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament gesprochen? – Danke schön. Entschuldigung, Herr Präsident. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie haben in Ihrer langen Frage zwei Themen angesprochen. Ich möchte gern auf den ersten Punkt zurückkommen, nämlich auf die Frage, wie es denn weitergeht und was sich fortentwickelt hat. Ich darf Sie an Folgendes erinnern – Sie haben eben in einer anderen Frage schon gesagt, dass Deutschland hier vorangehen sollte –: Als wir gesagt haben, dass wir steuerliche Vergünstigungen bei der Gebäudesanierung schaffen wollen – dies wird dringend benötigt, um im Gebäudebereich zu einer besseren Energieeffizienz zu kommen –, waren es insbesondere die rot-grünen Länder, die das abgelehnt haben und somit verhindert haben, dass wir bei uns in Deutschland in puncto Energieeffizienz weiterkommen. Zum zweiten Teil Ihrer Frage, zum Thema Backloading. Ich will jetzt die Wörter „Einschätzungen“ bzw. „persönliche Hoffnungen“ oder wie auch immer nicht noch einmal gebrauchen. Wir wissen nicht genau, wie sich der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments positionieren wird. Wir sind natürlich im Gespräch mit den Kollegen aus dem Europäischen Parlament. Aber bis heute liegt noch kein Kompromissvorschlag vor, den wir mit den Kollegen diskutieren und besprechen können. Aus diesem Grund finde ich die Idee, noch einmal eine Anhörung im Deutschen Bundestag zu diesem Thema durchzuführen – um darauf zurückzukommen –, gut. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, es gibt verschiedene Reden und Initiativen. Sie haben gerade die Kanzlerin zitiert – sie wurde auch in den Fragen von Herrn Ott zitiert –, die einen Zusammenhang zwischen dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und der Reform des Emissionshandels hergestellt hat. Vor einer Woche etwa, also fast zeitgleich, hat Herr Altmaier, wie man lesen konnte, eine Initiative mit acht anderen Umweltministern der Europäischen Union gestartet. Dazu heißt es in einer dpa-Meldung: Umweltminister aus neun EU-Staaten pochen auf einen raschen Neuanlauf für eine Reform des am Boden liegenden Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten. … Bis Juli müsse es zwischen Europaparlament sowie den Staats- und Regierungschefs – Frau Merkel gehört ja wohl dazu – eine endgültige Entscheidung geben. Sehen Sie eigentlich einen Widerspruch zwischen der Aussage von Herrn Altmaier, dass es bis Juli eine Entscheidung geben müsse, und der Tatsache, dass die Kanzlerin hier einen Zusammenhang mit dem EEG herstellt? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Schwabe, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, von wann das gemeinsame Schreiben ist, ob es nicht vor der Entscheidung des Europäischen Parlaments verfasst wurde. (Frank Schwabe [SPD]: Nein, nein!) – Das war nur eine Rückfrage, denn das macht schon einen Unterschied. (Frank Schwabe [SPD]: Es gab eine zweite Initiative! Es gab vorher eine! Ihr Minister ist umtriebig!) – Ja, es gab vorher eine Initiative, um die europäischen Kollegen ein Stück weit zu motivieren, beim Back-loading-Vorschlag voranzugehen. Das ist leider nicht gelungen. Bedauerlich finde ich – das habe ich eben schon gesagt – vor allen Dingen die 60 Enthaltungen, die es im Europäischen Parlament gegeben hat. Ich hoffe, dass man die 60 Kolleginnen und Kollegen im weiteren -Prozess überzeugen kann, sich entsprechend zu positionieren. Eine Gesamtlösung ist notwendig; ich halte das für den fachlich gebotenen Weg. Denn es gibt hier – ich habe das eben auf die Frage des Kollegen Ott hin erläutert – einen engen Zusammenhang zwischen dem -Ausbau der erneuerbaren Energien und der Höhe der Treibhausgasemissionen. Deshalb ist es auf jeden Fall sinnvoll, eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich weise jetzt darauf hin, dass die Fragen 5 und 6 des Kollegen Kelber schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zur Frage 7 des Kollegen Becker, (Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin: Der aber nicht da ist!) der aber nicht da ist. Damit müssen die Fragen 7 und 8 des Kollegen Becker nicht beantwortet werden. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Der Kollege Schwabe ist aber immer noch da, dessen Frage 9 ich jetzt aufrufe: Welche abgestimmte Meinung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag der Europäischen Kommission, Zertifikate aus dem Emissionshandel herauszunehmen (Back-loading)? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Schwabe, wir haben es in der vergangenen Stunde schon miteinander besprochen: Die Bundesregierung hat bisher keine gemeinsame Haltung zu den -Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Herausnahme von Zertifikaten aus dem europäischen Emissionshandel. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt erzählen Sie uns mal etwas Neues!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Eine erste Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Ich frage nur noch einmal nach; denn es kommt ja nichts. – (Heiterkeit – Dr. Matthias Miersch [SPD]: Oder Herr Otto äußert sich! – Gerd Bollmann [SPD]: Das wäre besser! Der Otto weiß Bescheid!) Der Herr Minister hat sich mehrfach zum Thema Backloading und zu seiner Sinnhaftigkeit geäußert. Ich nehme einmal an, dass er dies auf einer fundierten Grundlage getan hat. Der Herr Umweltminister wird wissen, wie das Backloading funktioniert. Deswegen will ich Sie noch einmal fragen: Halten Sie es auch vor dem Hintergrund, dass der Umweltausschuss bereits im letzten Jahr eine Anhörung zum selben Thema veranstaltet hat, wirklich für sinnvoll, dass der Umweltausschuss erneut eine Anhörung durchführt und der Bundestag möglicherweise am Ende aus Zeitmangel nicht mehr zu einer Entscheidung kommen kann, oder würden Sie vielleicht hier zusichern wollen, dass der Umweltminister die Informationen des Umweltministeriums einfach an die Koalitionsfraktionen weitergibt, damit wir uns die Anhörung ersparen können? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, ich denke, dass wir das heute Vormittag im Umweltausschuss besprochen und auch mit den Kollegen der Koalitionsfraktionen diskutiert -haben. (Frank Schwabe [SPD]: Die wollten nicht -reden!) Ich bin hier die falsche Ansprechpartnerin, wenn es -darum geht, zu sagen, ob es gut oder schlecht ist, eine Anhörung durchzuführen. Ich habe Ihnen nur meine persönliche Meinung gesagt, dass ich es vernünftig finde und es absolut sinnvoll sein kann, im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung auf der europäischen Ebene – ich habe jetzt nachgeguckt: am 19. Juni wird es zu einer neuen Abstimmung im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments kommen – hier im Deutschen Bundestag eine solche Anhörung durchzuführen, da wir nach heutigem Stand – auch das habe ich bereits -mehrfach gesagt – noch nicht wissen, ob es überhaupt zu einem Backloading-Vorschlag kommt oder ob der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments nicht einen völlig anderen Vorschlag unterbreitet. Präsident Dr. Norbert Lammert: Keine weitere Frage? – Dann rufe ich die Frage – – Habe ich jemanden übersehen? Muss es sein oder nicht? (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde gerne!) – Ja, okay. Bitte, Kollege Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank für das kleine Geburtstagsgeschenk. – Weil wir jetzt doch wirklich sehr viel über den europäischen Rahmen gesprochen haben und dies wahrscheinlich auch noch weiter tun werden, würde ich doch gerne eine Frage zur nationalen Ebene stellen. Denn es gibt die Möglichkeit, trotz eines taumelnden, funktionsunfähigen Emissionshandels eine gewisse Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, indem man nämlich einen Mindestpreis für CO2-Zertifikate formuliert. Ähnliches ist gerade vom Umweltbundesamt ins Spiel gebracht worden. Auch auf der europäischen Ebene gibt es Stimmen, die sich dafür aussprechen. Haben Sie innerhalb der Bundesregierung über eine entsprechende Steuer oder Abgabe pro Tonne CO2 diskutiert, und was ist die Haltung des BMU dazu? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das UBA hat den Vorschlag gerade erst vor wenigen Tagen vorgelegt. Natürlich tauschen wir uns auch intern darüber aus, ob es Sinn machen könnte, auf einen nationalen Alleingang zu setzen. Ich persönlich empfehle, so etwas nicht zu tun, weil man damit massiv in die Wett-bewerbsfähigkeit unserer Industrie eingreift. Es ist sinnvoll, eine Lösung auf europäischer Ebene zu finden, statt jetzt in einem nationalen Alleingang zu sagen: Wir legen einen Mindestpreis fest, oder wir führen noch einmal eine CO2-Steuer ein, oder was auch immer an Vorschlägen kursiert. Davon würde ich abraten. (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das auch die Meinung des Ministers?) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe nun die Frage 10 des Kollegen Frank Schwabe auf: Wie wird die Bundesregierung bei der Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für die unkonventionelle Förderung von Erdgas (Fracking) den Sachverhalt der Horizontalbohrungen, somit Bohrungen, die von außerhalb eines Trinkwasserschutzgebietes unter ein Trinkwasserschutzgebiet geführt werden, regeln? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir sind nun beim Thema Fracking. – Kollege Schwabe, die Bundesregierung plant bei der Schaffung von gesetzlichen Regelungen für die unkonventionelle Förderung von Erdgas, Horizontalbohrungen ausdrücklich zu verbieten, die von außerhalb eines Wasserschutzgebietes in ein Wasserschutzgebiet hineingeführt oder abgelenkt werden; also: Verbot. Präsident Dr. Norbert Lammert: Sie haben eine Nachfrage? – Bitte schön. Frank Schwabe (SPD): Das ist interessant, Frau Staatssekretärin. Es ist schön, dass Sie die Öffentlichkeit an Ihren Verhandlungen teilhaben lassen. Herr Staatssekretär Otto hatte nämlich in der letzten Fragestunde noch etwas anderes behauptet und eine andere Position für das Wirtschaftsministerium vertreten; das können Sie im Protokoll nachlesen. Sie sind immerhin einen Schritt weiter. Ich möchte Ihnen eine Frage zum Thema Bodensee stellen. Es ist zu lesen, dass dies Diskussionsgegenstand in der Koalition ist. Wie sehen Sie das für das Umweltministerium? Finden Sie, dass alle Gebiete rund um den Bodensee, aus denen Wasser in den Bodensee eindringen kann, in Zukunft von Fracking-Maßnahmen ausgenommen werden sollen? Ja oder Nein? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Kollegen der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag haben das Thema Bodensee intensiv diskutiert, und sie diskutieren es noch. Sicherlich können Sie auch die Besorgnis derjenigen teilen, die dort leben, -gegenüber den Auswirkungen von Fracking auf den Bodensee, wenn es denn dazu käme. Wir haben gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt. Jetzt sind die Kollegen im Bundestag gefragt, sich ihre Meinung zu diesem Thema zu bilden. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, wir haben keine klare, bundeseinheitliche Rechtslage. Derzeit werden in Gemeinden deutschlandweit zuhauf Anträge auf Aufsuchung von Erdgas, auch im Fracking-Verfahren, gestellt, zum -Beispiel im Kreis Recklinghausen bei den Städten Marl, Haltern am See, Dorsten und Oer-Erkenschwick, und zwar von Unternehmen wie Dart Energy, Mingas-Power und anderen. Das ist nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Niedersachsen so. Ich habe hier einen Artikel aus der Frankfurter All-gemeinen von vorgestern. Dort sagt der Rotenburger -Kreisrat Lühring – bei uns würde man ihn Dezernent nennen –, nun lade der Bund die Verantwortung beim Kreis als der unteren Wasserbehörde ab; denn der Kreis müsse die Lage nach Recht und Gesetz bewerten. Wie sehen Sie das? Ist es so, dass durch die Nicht-tätigkeit des Deutschen Bundestages und der Bundes-regierung die Kommunen und die Kreise vor einer wirklich schwierigen Situation stehen, da sie nach altem Recht entscheiden und so möglicherweise Maßnahmen genehmigen müssen? Bringen Sie die Kommunen nicht in eine völlig unmögliche Situation, indem Sie nicht handeln? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, auch mich treibt dieses Thema um; denn wenn wir nicht zu einer neuen gesetzlichen Regelung kommen, bleibt es in der Tat bei der alten Regelung. Deshalb favorisiere ich persönlich ein Gesetz zum Thema Fracking. Ich habe aber Verständnis, wenn es Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag gibt, die den einen oder anderen Punkt noch besonders intensiv diskutieren möchten, damit das, was Sie vorhin gesagt haben – Stichwort Bodenseeregion –, auch gesichert ist. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, wir reden schon jahrelang über dieses Thema und bekommen von Schwarz-Gelb immer signalisiert, dass geplant und diskutiert wird. Landauf, landab warten die Menschen aber auf eine Regelung, weil längst Fakten geschaffen werden. Ich habe eben aufgehorcht, als Sie gesagt haben: Wir haben etwas vorgelegt; das liegt jetzt im Parlament. (Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin: Da habe ich mich falsch ausgedrückt!) Den Agenturmeldungen ist zu entnehmen, dass das Thema Fracking auf der ursprünglichen Kabinettstagesordnung von heute gestanden haben soll, es aber wieder heruntergenommen worden sein soll. Können Sie uns die Pläne der Bundesregierung wenigstens skizzenhaft beschreiben? Ich gehe nicht davon aus, dass es Pläne gibt, die 17. Legislaturperiode zu verlängern, sodass wir nur noch begrenzte Sitzungszeit zur Verfügung haben. Wie sieht der Beratungsablauf aus? Befasst sich das -Kabinett noch in dieser Legislaturperiode mit einem Gesetzentwurf zum Thema Fracking, und, wenn ja, wann? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie wissen, dass die betroffenen Gemeinden und Kommunen, Bundestagskollegen und Landesregierungen, insbesondere die nordrhein-westfälische Landes-regierung, immer wieder Vorschläge einbringen, was verändert werden kann. Das betrifft zum Beispiel – ich glaube, es würde zu weit führen, wenn ich Ihnen jetzt alle Eckpunkte nennen würde, um die es geht – die -Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes – das ist Ihnen bekannt – und vor allen Dingen auch – das ist uns auch ganz besonders wichtig – die Änderung der UVP-Verordnung Bergbau. Das sind die beiden großen Bereiche. Über eine Einbringung kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt leider nichts sagen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass Mineralwasserbrunnen oftmals nicht in einem Trinkwasserschutzgebiet liegen. Wie planen Sie, sicherzustellen, dass Einzugsgebiete von Mineralwasserbrunnen zukünftig vor Fracking geschützt sind? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben ein generelles Verbot der Tiefbohrung sowie der untertägigen Ablagerungen in Wasserschutz- und Heilwasserschutzgebieten geplant. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollegin Vogt. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, nachdem Sie uns Einblicke in den derzeit stattfindenden Meinungsfindungsprozess in den Koalitionsfraktionen gegeben haben, will ich eine Nachfrage in Bezug auf den Bodensee stellen. Der Bodensee ist ja nicht nur als See für diejenigen spannend, die in der Region leben und ihn nutzen, sondern er ist vor allem auch ein großes Trinkwasserreservoir für weite Teile des Landes Baden-Württemberg. Da die -Koalition sich noch im Meinungsfindungsprozess befindet, möchte ich fragen, ob die Bundesregierung und insbesondere das Bundesumweltministerium für sich schon sagen können, dass sie ein generelles Verbot von -Fracking-Bohrungen im Bereich dieser Trinkwasserressource für denkbar halten. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja, ich halte das für denkbar. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollegin Flachsbarth. Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Frau Staatssekretärin, eben wurde der Vertreter einer niedersächsischen Kommune genannt, der besorgt sei, dass die Bundesregierung die betroffenen Kommunen alleine lassen würde. Könnten Sie mir bestätigen, dass in den letzten 20 bis 30 Jahren in Niedersachsen circa 20 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs gefördert wurden, und zwar unter Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen? Wir müssen aber an der derzeitigen gesetzlichen Situation dringend arbeiten; das ist auch mein unbedingtes Verständnis als Umweltpolitikerin. Könnten Sie mir ferner bestätigen, dass zumindest Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen in sehr engem Kontakt mit Ihrem Haus und dem Bundeswirtschaftsministerium stehen, um eine tatsächliche -Verbesserung der derzeitigen rechtlichen Situation herbeizuführen, insbesondere in Bezug auf den Umweltschutz, den Wasserschutz und den Bodenschutz? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollegin Flachsbarth, das kann ich bestätigen. Das ist das zentrale Anliegen, weshalb wir hier zu neuen gesetzlichen Regelungen kommen sollten, weshalb Veränderungen notwendig sind. Wenn die Hürde Bundestag genommen ist, wird die Hürde Bundesrat zu nehmen sein. Dort wird die Unterstützung der rot-grünen Länder notwendig sein, um einen entsprechenden Gesetzentwurf durchzubringen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Bollmann auf: Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung die zunehmende Meeresverschmutzung, insbesondere durch -Plastikmüll, wie vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, anlässlich der Berliner „Internationalen Konferenz zur Verhinderung von Meeresmüll in europäischen Meeren“ angekündigt, konkret bekämpfen? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Aus Sicht der Bundesregierung, Kollege Bollmann, ist eine geordnete Abfallwirtschaft von der sicheren Erfassung über die hochwertige Verwertung bis hin zur umweltgerechten Beseitigung das zentrale Element zur Reduzierung der Meeresverschmutzung vom Lande aus. In Deutschland haben wir auf diesem Gebiet viel erreicht und damit auch die Verschmutzung der Meere durch Abfälle vom Lande aus weitestgehend minimiert. Die Bundesregierung hält alle Aktionsebenen – national, regional, EU-weit und global – sowie alle Aktivitäten – Regierungshandeln, NGO-Aktivitäten, Maßnahmen des privaten Sektors – für gleichermaßen bedeutsam. Nur durch vertikale und horizontale Integration aller Aktivitäten kann eine erfolgreiche Bekämpfung des Problems Meeresmüll erfolgen. Die Bundesregierung wird daher weiterhin auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und zur Stärkung des Kunststoffrecyclings beitragen. In Bezug auf die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU wird sich die Bundesregierung weiterhin durch aktive Mitarbeit bei den Facharbeiten, unter anderem durch einen Kovorsitz in einer einschlägigen technischen Facharbeitsgruppe, engagieren. Das Engagement auf regionaler Ebene im Rahmen der regionalen Meeresschutzkooperation, insbesondere mit Blick auf die nun zu erarbeitenden regionalen Aktionspläne, ist für uns eines der Herzstücke einer erfolgreichen Bottom-up-Politik zur Verhinderung der Meeresvermüllung weltweit. Auch hier wird die Bundesregierung ihr Engagement fortsetzen. Auf nationaler Ebene wird Bundesumweltminister Altmaier einen Runden Tisch „Meeresmüll“ einberufen, der regionale Lösungen für unsere Küsten erarbeitet. Am geplanten Runden Tisch, der möglichst noch in diesem Sommer stattfinden soll, sollen nach Ansicht der Bundesregierung unter anderem Inselbürgermeister, Vertreter der Tourismusindustrie, der Fischerei, der Schifffahrt, der Hafenbetreiber und der Umweltverbände teilnehmen. Die Fragestellung lautet: Was kann konkret vor Ort gemacht werden? Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachfragen? Gerd Bollmann (SPD): Es gab ja im Vorfeld dieser Konferenz aus den Reihen der Opposition den einen oder anderen Vorschlag zu Plastiktüten und zu anderem. Für diese Vorschläge zeigte sich die Bundesregierung nicht besonders empfänglich. Deshalb meine Frage: Herr Altmaier hat auf der Konferenz gesagt, dass er dies nun bekämpfen will. Wie stellt er sich das konkret vor? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben hinsichtlich der Plastiktragetaschen gesagt, dass der deutsche Beitrag dazu nicht mehr sehr gesteigert werden kann. Das wissen Sie, Kollege Bollmann; Sie beschäftigen sich ja schon lange mit diesem Thema. Plastiktragetaschen machen bei uns weniger als 1 Prozent des gesamten Kunststoffverbrauchs aus. Im Lebensmittelhandel beispielsweise muss man Plastiktragetaschen kostenpflichtig erwerben. Wir haben das Thema Plastiktragetaschen in Deutschland also sehr gut gelöst. Bundesumweltminister Altmaier – das habe ich hier gerade vorgetragen – plant jetzt einen Runden Tisch zum Thema Meeresmüll, bei dem potenzielle Verursacher und unmittelbar Betroffene aus wesentlichen Bereichen, in denen wir national Einfluss nehmen können, mit an Bord sind. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfragen? – Nein. Dann rufe ich die Frage 12 des Kollegen Bollmann auf: Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung die leichte Austauschbarkeit von Batterien und Akkumulatoren für die Verbraucherinnen und Verbraucher garantieren? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Augenblick, ich hatte jetzt mit Nachfragen gerechnet. Präsident Dr. Norbert Lammert: Man muss hier immer mit Überraschungen rechnen, Frau Staatssekretärin. (Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Man muss mit allem rechnen!) Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Danke, Herr Präsident, dessen war ich mir so nicht bewusst. – Jetzt geht es um Batterien und Akkumulatoren. Auf nationaler Ebene, Kollege Bollmann, sind derzeit keine Maßnahmen im Hinblick auf die Gewährleistung einer leichten Austauschbarkeit von Batterien und Akkumulatoren aus Elektro- und Elektronikgeräten geplant; denn Anforderungen an das Produktdesign sind aus binnenmarktrechtlichen Gründen nur EU-weit möglich und sinnvoll. Die EG-Ökodesign-Richtlinie bietet hierfür eine geeignete Rechtsgrundlage. Die Bundesregierung hat sich im Konsultationsprozess zum neuen Arbeitsprogramm der Ökodesign-Richtlinie dafür eingesetzt, dass die Entnehmbarkeit von Batterien und Akkumulatoren als produktgruppenübergreifende Anforderung untersucht wird und die Vor- und Nachteile einer entsprechenden Regelung geprüft und abgewogen werden. Die EU-Kommission kam dieser Forderung bislang nicht nach. Im Februar 2013 wurden für Computer und Notebooks jedoch Ökodesign-Anforderungen beschlossen, die bezüglich der Akkumulatoren zumindest verbindliche Verbraucherinformationen einführen werden. Demnach muss ab Mitte 2014 bei neu in Verkehr gebrachten Notebooks auch auf der Verpackung deutlich kenntlich gemacht werden, falls der Akkumulator des Geräts vom Verbraucher nicht ausgetauscht werden kann. Darüber hinaus müssen die technische Dokumentation und frei zugängliche Internetseiten Auskunft über die minimale Anzahl der Ladezyklen des Akkumulators geben. Die Frage der Entnehmbarkeit von Batterien ist zudem Gegenstand der aktuellen Beratungen in Brüssel zur Änderung der Batterierichtlinie. Die Batterierichtlinie macht in ihrem Art. 11 Vorgaben für die problemlose Entnehmbarkeit von Batterien, schreibt jedoch nicht vor, für wen diese leicht entnehmbar sein müssen. Der Berichterstatter beim Europäischen Parlament hat zuletzt einen Kompromiss vorgeschlagen, nach dem eine Entnehmbarkeit durch den Endnutzer oder durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal möglich sein muss. Zudem sollen den Produkten Anleitungen beigefügt werden, wie die Verbraucher oder die unabhängigen Fachleute die Batterien oder Akkumulatoren sicher entnehmen können. Diese Kompromissvorschläge sind Grundlage für die weiteren Verhandlungen mit der Europäischen Union. Gerd Bollmann (SPD): Vielen Dank für die ausführliche Antwort, Frau Staatssekretärin. – Nur eine Zusatzfrage: Heute Abend um kurz vor 23 Uhr werden wir im ZDF wieder einen Film zu diesem Themenbereich sehen können, und man wird wieder nicht nur die Frage stellen, inwieweit es tatsächlich zutrifft, dass in Gebrauchsgegenstände ganz bewusst Dinge eingebaut werden, die zulasten der Haltbarkeit gehen, sondern auch, inwieweit es zutrifft, dass Gebrauchsgegenstände bewusst so konstruiert werden, dass eine Austauschbarkeit überhaupt nicht möglich ist. Sollte nachweisbar sein, dass dies bewusst so gehandhabt wird, gedenken Sie dann irgendwelche Schritte dagegen zu unternehmen? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist ja so, dass eine Fraktion des Deutschen Bundestages eine recht spannende Studie zu diesem Thema veröffentlicht hat. Ihre Ergebnisse belegen die These, dass manche Geräte so konstruiert werden, dass ihre Haltbarkeit eine bestimmte Dauer nicht übersteigt. Wir nehmen dieses Thema sehr ernst und setzen uns immer wieder, auch im Rahmen der aktuellen Verhandlungen zur Ökodesign-Richtlinie, für eine Verbesserung der Reparaturfähigkeit ein. Ich hoffe, dass wir im Rahmen der aktuellen Beratungen zu einem Erfolg kommen werden. (Gerd Bollmann [SPD]: Danke!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, eine andere Fraktion des Deutschen Bundestages hat den Antrag eingebracht, die Nutzbarkeit von Batterien und Akkumulatoren zu verlängern und die Austauschbarkeit zu regeln, nämlich meine Fraktion. Ich stelle Ihnen die Frage: Wieso versuchen Sie nicht, den von uns vorgeschlagenen Weg zu gehen und über die Abfallwirtschaft eine nationale Lösung zu finden? Die Bundesrepublik ist einer der größten Märkte in der Europäischen Union. Wenn die Bundesrepublik im Rahmen der Erfassung des Sondermülls – Batterien würde ich im Prinzip hier einstufen – die Vorgabe machen würde, sicherzustellen, dass Sondermüll getrennt und sauber erfasst werden muss, dann hätten wir die gesetzliche Möglichkeit, diesen Missstand zu beseitigen. Ich frage Sie, warum die Bundesregierung diesen Weg nicht geht. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung wird erst einmal eine neue Datengrundlage schaffen. Das Umweltbundesamt hat ein entsprechendes Forschungsvorhaben ausgeschrieben, in dessen Rahmen das Thema „Haltbarkeit von Produkten“ erforscht werden soll. Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Fragen 13 und 14 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet. Ich rufe nun die Frage 15 der Kollegin Vogt auf: Treffen Berichte in den Medien, so zum Beispiel in der tageszeitung vom 30. März 2013 zu, wonach sich die Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad von 2019 auf mindestens 2021 verzögert, und welche Gründe sind hierfür verantwortlich? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollegin Ute Vogt, ja, das stimmt. Aufgrund neuer Befunde eines Berichts der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe zur Statik des Mauerwerks im Schacht Konrad 1 zeichnet sich ein erheblicher Sanierungsbedarf ab. Im Schacht Konrad 1 sind aus Gründen der Herstellung der Standsicherheit zusätzliche Maßnahmen zur Sanierung des Mauerwerks erforderlich, da sonst der Nachweis einer ausreichenden Statik des Mauerwerks nicht geführt werden könne. Der sich abzeichnende Sanierungsbedarf lässt nach derzeitigem Kenntnisstand den Abschluss der Errichtung des Endlagers nicht vor dem Jahr 2021 erwarten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Bitte schön. Ute Vogt (SPD): Gibt es aufseiten des Bundesumweltministeriums Ideen, wie man das Ganze beschleunigen kann? Das Volumen für den Abfall, der dort gelagert werden soll, wird ja schon früher gebraucht. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wie man das beschleunigt, können wir als Bundesumweltministerium nicht vorgeben; wir sind keine Techniker oder Ingenieure. Wir wissen das Vorhaben beim Bundesamt für Strahlenschutz in sehr guten Händen. Dass jetzt Sanierungsbedarf aufgetaucht ist, ist sehr unglücklich. Es wird alles darangesetzt, dass die erforderlichen Baumaßnahmen so schnell wie möglich durchgeführt werden. Es ist ja genauso in unserem Interesse, dass Schacht Konrad möglichst schnell fertiggestellt wird. Ute Vogt (SPD): Haben Sie schon einen Überblick oder eine Schätzung, was die erforderliche Sanierung an zusätzlichen Kosten verursachen wird? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Vogt, genau diese Frage habe ich auch gestellt in Vorbereitung auf die heutige Fragestunde. – Wir können noch nicht sagen, in welchem Rahmen sich die Kosten bewegen werden. Wir sind zurzeit dabei, die finanziellen Auswirkungen zu prüfen. Ich bin gern bereit, Ihnen das, sobald die Zahlen vorliegen, schriftlich zukommen zu lassen oder im Ausschuss noch einmal einen gesonderten Bericht dazu abzugeben. Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, ich habe eben etwas überrascht vernommen, dass schon bevor Schacht Konrad überhaupt in Betrieb geht, Sanierungsmaßnahmen notwendig geworden sind. Jetzt soll Schacht Konrad ja für mehrere Zehntausend, Hunderttausend Jahre Standsicherheit für die eingelagerten radioaktiven Abfälle gewährleisten. Wenn jetzt schon nach wenigen Jahren Sanierungsmaßnahmen erforderlich werden, woher nehmen Sie dann die Sicherheit, dass nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen die Standsicherheit für diese unvorstellbar langen Zeiträume gewährleistet werden kann? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollege Lenkert, ich denke, es ist gut, dass wir nicht nach Inbetriebnahme des Endlagers, sondern schon zum jetzigen Zeitpunkt ermessen können, wo es in Schacht Konrad Nachbesserungsbedarf gibt. So müssen wir jetzt alle nötigen Standsicherungsmaßnahmen, beispielsweise für die Schachtförderanlage Süd in Schacht Konrad 1 durch Verfüllung der Mauerwerksfugen, durchführen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich rufe die Frage 16 auf: Welche Auswirkungen hat eine weitere Verzögerung der Inbetriebnahme auf den Rückbau der stillgelegten Atomkraftwerke und die Lagerung des Atommülls in den Zwischenlagern, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um eine rechtzeitige Inbetriebnahme zu gewährleisten? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Kollegin Vogt, auch die Bundesregierung sieht einen faktischen Zusammenhang zwischen der Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad und den jeweiligen Fortschritten beim Abbau stillgelegter Kernkraftwerke. Allerdings ist die Erteilung einer Genehmigung zur Stilllegung oder zum Abbau eines Kernkraftwerks oder von Kernkraftwerksteilen nicht von der Annahmebereitschaft eines Endlagers abhängig. Es ist Aufgabe der Betreiber, sicherzustellen, dass die im Zusammenhang mit dem Abbau anfallenden radioaktiven Abfälle bis zur Abgabe an das Endlager gegebenenfalls in einem Zwischenlager sicher aufbewahrt werden. Die Prüfungen und Bewertungen zum Sachverhalt in Schacht Konrad und zu den terminlichen und finanziellen Auswirkungen werden bis Ende 2013 abgeschlossen sein. Ute Vogt (SPD): Dann stimmt die Bundesregierung der Annahme zu, dass es dadurch wahrscheinlich zu einer Verlängerung der Genehmigungen für den Betrieb der Zwischenlager kommen muss oder gegebenenfalls zur Eröffnung eines weiteren, neuen Zwischenlagers? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich verweise noch einmal auf etwa Ende des Jahres. Bis dahin werden wir genau überblicken, welche zeitlichen Verzögerungen bei der Inbetriebnahme von Schacht Konrad zu erwarten sind. Ute Vogt (SPD): Dann möchte ich fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, dem Umweltausschuss in der nächsten Sitzung einen ausführlichen Bericht dazu vorzulegen? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung ist gerne dazu bereit. (Ute Vogt [SPD]: Danke schön!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, mit der Asse, die sich in räumlicher Nähe zu Schacht Konrad befindet, haben wir ein zweites Bergwerk. Wir sehen, dass es in der Asse ein Riesenproblem gibt. Jetzt berichten Sie bzw. die Medien wieder über Probleme mit Schacht Konrad, der ja durchaus ein rechtskräftig genehmigtes Endlager darstellt. Hat die Bundesregierung augenblicklich Anhaltspunkte dafür, dass an der Geeignetheit von ehemaligen Bergwerken zur Endlagerung von radioaktiven Stoffen grundsätzlich gezweifelt werden muss? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben es hier mit zwei völlig unterschiedlichen Sachverhalten zu tun. Bei der Asse besteht das Hauptproblem darin, dass durch das Salz Wasser einläuft. Damit ist nicht nur die Standfestigkeit gefährdet, sondern das führt darüber hinaus dazu, dass Fässer korrodieren und sich die Flüssigkeiten bzw. Inhalte gegebenenfalls verteilen können. Bei Schacht Konrad besteht aktuell, wenn ich das richtig sehe, Sanierungsbedarf beim Mauerwerk. Das heißt, wir müssen dort Verfüllungsmaßnahmen durchführen, und es geht hier auch um eine Schachtförder-anlage. Das sind also ganz unterschiedliche Themen. Nichtsdestotrotz werden wir das in dieser Woche noch diskutieren. Wenn das Standortauswahlgesetz hier in den Deutschen Bundestag eingebracht wird, werden noch einmal alle Möglichkeiten, wo radioaktive Abfälle gelagert werden können, zu diskutieren sein. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt keine weitere Nachfrage. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-torsicherheit. Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen 17 und 18 der Kollegin Marianne Schieder, die Fragen 19 und 20 des Kollegen Willi Brase, die Fragen 21 und 22 des Kollegen René Röspel, die Fragen 23 und 24 des Kollegen Swen Schulz, die Fragen 25 und 26 des Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann und die Fragen 27 und 28 des Kollegen Michael Gerdes werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes. Die Frage 29 des Kollegen Dr. Ilja Seifert wird schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto zur Verfügung. Die Fragen 30 und 31 des Kollegen Oliver Krischer werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 32 des Kollegen Ralph Lenkert auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die von der Europäischen Kommission vorgesehene Erhebung von Sonderzöllen bei der Einfuhr von Solarmodulen aus China? Herr Staatssekretär, bitte. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Lenkert, wie Sie wissen, stammt die Entscheidung der EU-Kommission, in einem vorläufigen Verfahren Sonderzölle gegen China zu verhängen, erst vom 7. Mai 2013. Deswegen analysiert die Bundesregierung im Moment noch die damit zusammenhängenden Rechtsfragen. Insbesondere wird geprüft, ob die Entscheidung im Einklang mit der WTO, der Welthandelsorganisation, und EU-rechtlichen Vorgaben steht. Das Verfahren, vorläufige Antidumpingzölle zu verhängen, ist sehr stark juristisch bzw. rechtlich normiert. Deswegen müssen wir darauf achten, dass alle Vorschriften eingehalten sind. Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit der EU-Kommission in Brüssel den Vorschlag der Kommission gerade heute im Beratenden Antidumpingausschuss eingehend erörtert haben. Die Ergebnisse kenne ich noch nicht, weil die Beratung, wie gesagt, erst heute stattfand. Im Lichte der Erkenntnisse aus dieser Sitzung und der Diskussion wird dann das federführend zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zusammen mit den übrigen Bundesressorts eine abschließende Beurteilung des Vorschlages der EU-Kommission herbeiführen. Diese ist bis Ende Mai dieses Jahres der EU-Kommission zu übermitteln. Dabei möchte ich noch einmal besonders hervorheben, dass die EU-Kommission die Einführung von vorläufigen Maßnahmen beschlossen hat, was allein in der Zuständigkeit der EU-Kommission liegt. Das heißt, der Ministerrat und insbesondere natürlich auch die deutsche Bundesregierung sind an diesem Verfahren nur beratend beteiligt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, die EU-Kommission wird einen vorläufigen Strafzoll ja nicht ohne Grund verhängt haben. Ich unterstelle jetzt einmal, dass die Annahmen der EU-Kommission richtig sind und dass das Vorgehen mit den Regeln der Welthandelsorganisation übereinstimmt. Wie wäre in diesem Falle die Einstellung der Bundesregierung im Hinblick auf eine dauerhafte Einrichtung dieser Strafzölle? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Die Bundesregierung, insbesondere vertreten durch die Bundeskanzlerin, die sich in dieser Frage über einen langen Zeitraum schon mehrfach geäußert hat, und auch der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler haben immer gesagt, dass wir versuchen sollten, mit der chinesischen Regierung eine einvernehmliche Regelung zu erreichen. Wir sind hier durchaus zuversichtlich, dass dies gelingt, selbst wenn es jetzt zu einer vorläufigen Erhebung von Antidumpingzöllen kommen sollte. Eine einvernehmliche Regelung mit der chinesischen Regierung sollte dergestalt aussehen, dass die chinesische Regierung eine Selbstverpflichtung anbietet. Dieses Angebot kann dann von der EU-Kommission gegebenenfalls angenommen werden. Das ist das Verfahren, vor dem wir stehen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, in den letzten anderthalb Jahren sind mehrere Tausend Arbeitsplätze in der Solarmodulherstellung weggefallen, sei es in Frankfurt an der Oder, sei es im Raum Bitterfeld, sei es bei mir im Wahlkreis in Jena. Schon damals wurde von Solarfachverbänden die Dumpingpolitik der chinesischen Regierung und Hersteller stark angegriffen. Es war also genügend Zeit für eine bilaterale Abstimmung und Beseitigung des Pro-blems. Meine Frage an Sie also: Welche Maßnahmen haben Sie im Vorfeld des Tätigwerdens der EU unternommen, um dieses Dumping zu unterbinden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Lenkert, ich kann Ihnen versichern – das können Sie im Übrigen auch Presseberichten entnehmen –, dass die Bundesregierung in den vergangenen Jahren bei vielfältigen Gelegenheiten mit der chinesischen Regierung über die Situation der Solarindustrie und die Vorwürfe von Subventionen gesprochen hat und darauf gedrungen hat, dass hier eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt wird. Ich möchte Ihnen aber auch gleichzeitig sagen, dass das Verfahren, vor dem wir jetzt stehen, nicht auf Antrag der Bundesregierung in Kraft gesetzt wird, vielmehr haben sich deutsche Solarindustrieunternehmen an die EU-Kommission gewandt. Das Ganze ist in der Verantwortung der EU-Kommission. Eine wie auch immer geartete Zuständigkeit der Bundesregierung für ein Antidumpingverfahren besteht nicht. Das bitte ich Sie zu beachten, weil wir hier in einem rechtsförmlichen Verfahren sehr genau darauf achten müssen, wer wofür zuständig ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Wir kommen zur Frage 33 des Kollegen Ralph Lenkert: Welche Auswirkungen für die deutsche und europäische Solarbranche erwartet die Bundesregierung durch die von der Europäischen Kommission vorgesehene Erhebung von Sonderzöllen bei der Einfuhr von Solarmodulen aus China? Bitte schön zur Beantwortung: Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hans-Joachim Otto. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Lenkert, die Auswirkungen, -positiver oder vielleicht auch negativer Art, auf die Solarbranche sind Gegenstand der jetzt vorzunehmenden Gesamtanalyse des Vorschlags der EU-Kommission durch die Bundesregierung. Hier gibt es noch keine abschließende Stellungnahme, sie ist im Laufe der nächsten Tage von der Bundesregierung zu erwarten. Wir müssen dabei – das will ich jetzt schon sagen – die Interessen der Europäischen Union und auch die Interessen der unterschiedlichen Beteiligten in die Abwägung einbeziehen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir natürlich auch darauf zu achten haben, dass es nicht zu einer handelspolitischen Verschärfung, einer Eskalation der Beziehungen mit China kommt, weil China ein extrem wichtiger Handelspartner für die Europäische Union ist. Wir legen deshalb größten Wert darauf, möglichst im Einvernehmen mit der chinesischen Regierung zu einer Regelung zu kommen. Es kann also hier nicht nur darum gehen, eine Rechtsposition knallhart durchzuziehen und zu exekutieren. Es geht vielmehr darum – die Bundesregierung hat ihr Interesse immer wieder deutlich gemacht –, dass man sich zu einer einvernehmlichen Lösung mit der chinesischen Seite durchringt. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt Ihre erste Nachfrage. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, noch einmal Bezug nehmend auf Ihre vorige Antwort: Ich hätte auch nicht erwartet, dass die Bundesregierung sich für Arbeitsplätze in der Solarmodulfertigung in der Bundesrepublik einsetzt. Deswegen mussten die Hersteller letzten Endes selbst aktiv werden. Eine andere Wahl blieb ihnen nicht. Es wäre besser gewesen, wir hätten Wirtschaftspolitik gemacht. Aber jetzt zu der von Ihnen angesprochenen Verhandlung mit China: Ich war in China zu der Zeit des großen Streits um die Lehrbücher, als es hieß, die chinesisch-japanischen Beziehungen würden am Boden liegen. Zum damaligen Zeitpunkt war ich vor Ort. Es gab Tumulte auf den Straßen. Ich kann Ihnen versichern: Die Chinesen haben den Auftrag trotzdem an die japanische Firma vergeben, weil sie einfach nach Marktlage entscheiden. Wenn die Bundesregierung mit gerechten, ausgewogenen Forderungen an die chinesische Seite herantritt, dann sind die Chinesen nach meinen Erfahrungen bereit, darüber zu reden und zu verhandeln, sofern sie sich nicht benachteiligt fühlen. Eine Benachteiligung kann ich in dem Fall nicht erkennen. Ich frage Sie also: Wann haben Sie konkret mit den Chinesen über welche Punkte gesprochen, um die Benachteiligung der europäischen Solarindustrie abzubauen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Lenkert, um das klarzustellen: Den Vorwurf, den Sie eben ganz nebenbei erhoben haben, die Bundesregierung kümmere sich nicht um die Arbeitsplätze in der Solarbranche, weise ich wegen Unsinnigkeit zurück. Das ist natürlich nicht der Fall. Die Bundesregierung kümmert sich darum, dass wir so viele Arbeitsplätze wie möglich auch in der Solarindus-triebranche erhalten. Das gilt namentlich auch für den Bundeswirtschaftsminister. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Wir haben bei allen deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen immer wieder zur Sprache gebracht, dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und Deutschland von großem Vertrauen, von Transparenz und Fairness geprägt sein müssen. Wir haben das von dem Gesichtspunkt des Schutzes geistigen Eigentums beispielsweise bis zu Finanzierungsfragen und Dumpingfragen bei jedem der Gipfeltreffen, die es ja zwischen der Bundeskanzlerin und der chinesischen Regierung wie auch zwischen dem Wirtschaftsminister und der chinesischen Regierung regelmäßig gibt, immer wieder angesprochen. Um Ihren Optimismus zu befeuern: Die chinesische Seite hat durchaus die Möglichkeit, sich den Argumenten der deutschen Bundesregierung, aber auch der EU-Kommission anzuschließen und diesen Handelsstreit beizulegen. Wir gehen auch davon aus, um das ganz klar zu sagen, dass wir innerhalb der sechs Monate bis zur Verhängung von endgültigen Maßnahmen noch zu einer Regelung mit der chinesischen Seite kommen werden. Ihren Optimismus teilen wir. Aber das Verfahren muss so ablaufen, wie es jetzt begonnen wurde. Vizepräsident Eduard Oswald: Unsere Geschäftsordnung sieht vor, dass Sie eine weitere Nachfrage stellen können. Bitte schön, Kollege Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, es gibt inzwischen Erfahrungen der Vereinigten Staaten, die in einem ähnlichen Verfahren schon seit geraumer Zeit den Missbrauch von Maßnahmen in der Volksrepublik China zur Förderung ihrer Industrie bekämpfen. Planen Sie, diese Erfahrungen in Ihre Bewertung der Antidumpingzölle gegenüber der EU-Kommission aufzunehmen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Selbstverständlich, Herr Kollege Lenkert, befassen wir uns auch mit den Erfahrungen, die die Vereinigten Staaten mit den Antidumpingzöllen machen. Aber ich will betonen: Wir sind jetzt in dem Verfahren zur Einführung vorläufiger Antidumpingzölle. Zuständig dafür ist die EU-Kommission. Deswegen hätten Sie vielleicht besser fragen sollen: Hat die EU-Kommission das auch einbezogen? Ich kann Ihnen darauf nur antworten, dass ich auch dabei fest davon ausgehe, dass die EU-Kommission vor Einleitung dieser Maßnahmen die Entwicklung in den USA sehr genau betrachtet hat. Die Bundesregierung ist dennoch zuversichtlich, dass wir anders als die Vereinigten Staaten in Gesprächen mit der chinesischen Regierung doch noch einen Weg finden werden, um eine Eskalation dieses Konfliktes zu vermeiden. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Die Fragen 34 und 35 der Kollegin Katja Keul werden schriftlich beantwortet. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Frage 36 des Kollegen Tom Koenigs, die Fragen 37 und 38 der Kollegin Sevim Da?delen sowie die Fragen 39 und 40 des Kollegen Dr. Rolf Mützenich werden schriftlich beantwortet. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner zur Verfügung. Ich rufe die Frage 41 des Kollegen Volker Beck auf: Wie begründet die Bundesregierung, dass bei dem Einstellungsverfahren des Bundesministeriums des Innern aus dem Herbst 2012 für 24 Volljuristen im Bezug auf die Auswahl der zu Bewerbungsgesprächen eingeladenen und letztlich ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber von der durch das Bundesverwaltungsamt erstellten Liste abgewichen wurde (vergleiche Die Welt vom 7. Mai 2013, Seite 5, „Personalpolitik nach Parteibuch bei Friedrich“), und wie erklärt die Bundesregierung den dabei überproportional hohen Anteil von Kandidatinnen und Kandidaten, die politisch der CDU und CSU nahestehen – durch Parteimitgliedschaft oder Stipendien der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Beck, meine Antwort lautet: Die in der Presse und auch von der Opposition über das letzte Juristenauswahlverfahren des Bundesinnenministeriums getroffenen Behauptungen sind falsch. So gab es keine Rangliste des Bundesverwaltungsamts, von der durch das BMI hätte abgewichen werden können. Die Auswahl der Bewerber erfolgte streng nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ob die Bewerber einer Partei angehören oder nahestehen, wurde weder abgefragt, noch wurden entsprechende Daten erhoben, und spielte schon deshalb im Auswahlverfahren keine Rolle. Das BMI bedauert insbesondere im Hinblick auf die ausgewählten und eingestellten Personen, dass es zu -einer derart unzutreffenden Presseberichterstattung gekommen ist. Auch das Arbeitsgericht Berlin hat das Juristenauswahlverfahren in keiner Weise beanstandet. Das Auswahlverfahren zur Einstellung von Juristen in das BMI wurde im Februar 2013 abgeschlossen. Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte waren umfassend in das Verfahren eingebunden, mit der Auswahl der Bewerber einverstanden und haben allen Einstellungen zugestimmt. Das Auswahlverfahren verlief in einem seit vielen Jahren bewährten strukturierten Auswahlprozess. Es wird unter umfassender Beteiligung der Interessenvertretung durchgeführt und regelmäßig evaluiert. Mit diesem Verfahren werden seit Jahren hervorragende junge Juristen eingestellt, die erfolgreich im Bundesinnenministerium tätig sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Volker Beck hat eine Nachfrage, bitte schön. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lassen Sie mich kurz vorausschicken, dass die Nachfragen zu dem Verfahren kein Unwerturteil über die Befähigung der eingestellten Bewerber beinhalten. Da will ich niemandem zu nahe treten. Ich kenne die Leute gar nicht. Das Bundesinnenministerium hat durch seine Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe am 8. Mai ein Rundschreiben geschickt, das weitgehend dem Sprechzettel entspricht, den Sie gerade vorgetragen haben. Auch in diesem Schreiben heißt es: Das Arbeitsgericht Berlin hat das Verfahren in keiner Weise beanstandet. – Das widerspricht allerdings in grober Weise der Presseberichterstattung. So ist in dem in meiner Ausgangsfrage zitierten Artikel aus der Welt zu lesen, dass das BMI vom Arbeitsgericht wegen dieses Verfahrens verurteilt worden sei. Außerdem deckt sich Ihre Aussage, es handele sich um ein seit vielen Jahren bewährtes strukturiertes Auswahlverfahren, nicht mit der Aussage in diesem Artikel, dass das Ranking des Bundesverwaltungsamts in Nacht-arbeit umgestellt worden sei. Was war denn nun der Anlass der Hausmitteilung, in der einfach pauschal den Vorwürfen widersprochen wird, ohne zu belegen, wie dieses Verfahren ablief? Sie müssen mir den Sprechzettel, der bereits veröffentlicht wurde, nicht noch einmal vorlesen. Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Nein, das mache ich nicht. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte gerne wissen, wie die Vorgänge tatsächlich waren, wenn sie anders waren als im Artikel beschrieben, und ob Sie vom Arbeitsgericht wegen des Verfahrens verurteilt wurden oder ob Sie gegenüber dem Kläger obsiegt haben. Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Beck, was die ausgewählten Personen betrifft, so ist es natürlich fatal, wenn das Verfahren, das zu ihrer Auswahl geführt hat, nachträglich in Zweifel gezogen wird und man parteipolitische Präferenzen unterstellt. Ich kann Ihnen nachher die tatsächlichen Zahlen nennen, aus denen die erklärten parteipolitischen Präferenzen hervorgehen. Zum Verfahren: Frau Rogall-Grothe hat mit ihrem Schreiben auf die Presseberichterstattung und die Äußerung der Behindertenbeauftragten auf einer Belegschaftsversammlung reagiert. Der Streit, der vor dem Arbeitsgericht stattgefunden hat, war ein Streit zwischen der Behindertenbeauftragten und der Personalvertretung, weil die Behindertenbeauftragte der Meinung war, dass die Personalvertretung ihre Zustimmung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hätte geben dürfen, weil sie als Behindertenbeauftragte eine nachträgliche Beanstandung hatte. Es war die Frage, ob das verfahrensmäßig richtig war. Das Arbeitsgericht hat, ohne die gegenwärtige Entscheidung infrage zu stellen, der Behindertenbeauftragten für zukünftige Entscheidungen in Verfahren ein nachträgliches Einspruchsrecht eingeräumt. Das betrifft aber von der Sache her nicht die Qualität der Personalauswahl. Auf diese Feststellung muss ich großen Wert legen. Das begründet in keiner Weise den Vorwurf, hier seien parteipolitische Präferenzen gesetzt worden. Obwohl die rote Lampe aufleuchtet, möchte ich, wenn es der Herr Präsident gestattet, sagen, was die nachträgliche Erhebung ergeben hat, weil manche der Vorwürfe dadurch vielleicht gegenstandslos werden. Von den 24 zur Einstellung vorgesehenen Bewerbern – wie gesagt, es wurde keine parteipolitische Zugehörigkeit abgefragt – hat lediglich ein Bewerber seine CDU-Mitgliedschaft angegeben, zwei Bewerber haben Angaben über ihre Mitgliedschaft in der Jungen Union gemacht. Der in der Presse erfolgte Hinweis auf fünf Bewerber betrifft fünf Personen, die Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung gewesen sind, von denen einer, übrigens vor der Pressekampagne, ein anderes Angebot angenommen hat. Im Übrigen setzt die Förderung durch die Konrad-Adenauer-Stiftung – das wissen Sie; das gilt analog auch für andere politische Stiftungen – gerade keine CDU-Mitgliedschaft voraus. Wenn ich richtig informiert bin, hat auch der Kollege Lauterbach ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung gehabt. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das gibt Ihnen nicht zu denken?) – Nein. – Ich halte die Äußerungen in dem Artikel, auf den Sie sich beziehen, für grob irreführend. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diese Darstellung zurückzuweisen. Ich kann nur bedauern, dass ein einzelner Journalist der Welt sich hier offenbar aufgrund einer sehr mangelhaften Recherche zu einer Darstellung hinreißen ließ, die in keiner Weise zutrifft. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Volker Beck nutzt die Möglichkeit einer weiteren Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ganz so einsam scheint dieser Mensch nicht zu sein; denn seitdem ich erklärt habe, dass ich Sie diese Woche befragen will, erreichen mich aus dem Umfeld Ihres Hauses zahlreiche Behauptungen; ich will hier klären, welche davon stimmen. Es wird behauptet, es habe Einstellungen einer erheblichen Zahl von Personen gegeben, die ein CDU-Parteibuch oder eine Nähe zu dieser Partei gehabt hätten. Das Verfahren sei entsprechend korrigiert worden. Andere behaupten, es gebe eine auffällig hohe Zahl von Kandidaten, die in katholischen Organisationen seien und aus dem Erzbistum Köln stammten, was ich als Kölner grundsätzlich begrüße. Es könnte, so die Behauptungen, einen Zusammenhang mit Herrn Paul-Johannes Fietz geben, der Abteilungsleiter in Ihrem Hause ist, über theologische Fragen veröffentlicht und zufälligerweise auch aus dieser Gegend stammt. Ich stelle meine Frage in Kenntnis von zwei Urteilen, die mir zu anderen Verfahren im Zusammenhang mit Herrn Fietz vorliegen – eines stammt vom Februar 2013, eines vom November 2012 – und bei denen das Bundesinnenministerium jeweils erstinstanzlich vor dem Arbeitsgericht Berlin unterlegen ist. Die Begründungen der Urteile sind wirklich lesenswert. Es werden dem Innenministerium nämlich abenteuerliche Verfahren und rechtswidrige Begründungen bei den Ausleseverfahren vorgeworfen. Es heißt, offenbar verfahre der Leiter der Zentral-abteilung, Herr Fietz, nach einem ganz eigenen Personalmanagement. Das sei zumindest der Eindruck, den man bekomme. Er selbst sei ehemaliger Mitarbeiter der Unionsfraktion und beabsichtige wohl, nur noch Juristen und Informatiker einzustellen, die zumindest kulturell, nicht unbedingt vom Parteibuch her, eine möglichst große Nähe zur Union hätten. In internen Auswahlverfahren aktuell Tarifbeschäftigte des BMI gegen Beamte, die aus anderen Behörden ans BMI abgeordnet worden seien, gegeneinander antreten zu lassen, sei die übliche Praxis. Wer gewinne, dürfe bleiben, wer verliere, müsse gehen. Um solche Fälle, in denen Leute gehen sollten, geht es in den zwei arbeitsgerichtlichen Verfahren. Ziel ist es offenbar, dass viele altgediente und unangenehme Mit-arbeiter nicht zum Zuge kommen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Unionsparteibuch und ohne Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung mussten aufgrund dieser Verfahren in den letzten Jahren gehen? Wie viele der dadurch frei gewordenen Posten wurden mit Menschen besetzt, die ein Unionsparteibuch haben, von der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert wurden oder ehemalige Mitarbeiter der Unionsfraktion sind? Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Beck, ich erlaube mir die Gegenfrage, ob Sie tatsächlich auf diesem Niveau mit mir hier diskutieren wollen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie dürfen sich als Regierung die Fragen des Parlaments nicht aussuchen!) Aber ich fühle mich verpflichtet, Ihre Frage zu beantworten. Zunächst einmal weise ich darauf hin, dass Konfes-sionszugehörigkeit überhaupt nicht abgefragt wird und insofern gar nicht Gegenstand des Auswahlverfahrens sein kann. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ging nicht um Konfessionszugehörigkeit!) Was nun den Rundumschlag betrifft, den Sie aus dem Schriftstück, aus dem Sie hier zitiert haben, ableiten, so kann ich nur sagen, dass der Inhalt dieses Schriftstücks in einem ziemlichen Kontrast zu dem sonstigen Einstellungsverfahren und auch zu dem Umstand steht, dass die Einstellungen in Übereinstimmung mit dem gewählten Personalrat vorgenommen wurden. Was das konkrete Einstellungsverfahren betrifft – diese Zahlen sollen noch einmal klar benannt wer-den –: Es gab 573 Bewerbungen. Davon waren 479 formal geeignet. 80 Bewerber sind nach einem Auswahlverfahren, dessen Kriterien ich Ihnen gerne nenne, wenn es Ihr Wunsch ist, in die nähere Auswahl durch das -Assessment-Center mit entsprechenden ausführlichen Einstellungsgesprächen gekommen. 24 dieser Bewerber wurden ausgewählt. Ich habe Ihnen bereits gesagt, wie sich die erklärte Parteizugehörigkeit unter diesen 24 Kandidaten aufteilt. Wenn von 24 ausgewählten Kandidaten einer erklärtermaßen ein CDU-Parteibuch hat, 2 sagen, dass sie der Jungen Union angehören, und 5 Stipendiaten der Konrad-Adenauer Stiftung sind – übrigens wurden weitere fünf durch die Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert –, dann weiß ich nicht, ob Sie tatsächlich die Behauptung aufrechterhalten sollten, hier werde Parteibuchpolitik gemacht. Ich muss Ihnen diese Frage einfach auch als Gegenfrage stellen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde sie gerne zulassen! Ich kann doch der Regierung nichts abschlagen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Volker Beck – er ist Mitglied des Ältestenrates – kennt die Geschäftsordnung mindestens so gut wie der amtierende Präsident. Ich weiß, dass die Beantwortung einer solchen Frage auch in anderen Fällen nicht zugelassen würde. Wir beenden nun die Behandlung dieser Frage. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fragen 42 bis 62 – das sind alle weiteren Fragen aus diesem Geschäftsbereich wie auch aus den Geschäftsbereichen des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Bundesministeriums der Verteidigung, des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – werden schriftlich beantwortet. Mit Blick auf die Uhr und nach Rücksprache mit den Geschäftsführern der Fraktionen unterbrechen wir bis 15.35 Uhr die Sitzung. Danach beginnt die Aktuelle Stunde. Die Sitzung ist unterbrochen. (Unterbrechung von 15.27 bis 15.35 Uhr) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Pläne von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein allgemeines „Tempolimit 120“ auf Autobahnen (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Spannendes Thema!) Erster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Gero Storjohann. Bitte schön, Kollege Gero Storjohann. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Gero Storjohann (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier zusammengekommen wegen Presseäußerungen, die uns sehr erstaunt haben. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wir sind zusammengekommen, weil Sie eine Aktuelle Stunde beantragt haben, sonst nicht!) Herr Gabriel, Vorsitzender der SPD, hat am 8. Mai eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 120 Stundenkilometer begrüßt. Er hat gesagt: Tempo 120 auf der Autobahn halte ich für sinnvoll, weil alle Unfallstatistiken zeigen, dass damit die Zahl der schweren Unfälle und der Todesfälle sinkt. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er recht! – Stephan Kühn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!) Diese Aussage hat nicht lange Bestand gehabt – jedenfalls nicht innerhalb der SPD. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier erklärte gegenüber der Neuen Westfälischen: Tempolimits sind kein Selbstzweck. Auf Autobahnen sehe ich im Hinblick auf den Stand und die Qualität des Autobahnausbaus keine Notwendigkeit für ein generelles Tempolimit. Hier haben wir zwei Aussagen – die innerhalb eines Tages gemacht wurden –, die uns doch verwundern. Bei Gabriel wundert uns das natürlich nicht; denn schon 2007 hat er als Umweltminister etwas Ähnliches gefordert. Nur hat er sich damals nicht für Tempo 120, sondern für Tempo 130 ausgesprochen. Wir wollen heute gerne näher beleuchten, was davon denn nun richtig ist. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Scheint aber niemanden groß zu interessieren!) Im Jahre 2007 hat die SPD einen Parteitagsbeschluss gefasst, in dem sie sich auf Tempo 130 festgelegt hat. Im Gegensatz zu den Linken oder auch zu den Grünen hat die SPD im Bundestag aber keine eigenen Anträge dazu gestellt. Auch in ihrem Wahlprogramm hat sie sich bisher nicht auf eine allgemeine Tempobeschränkung festlegen können. (Johannes Kahrs [SPD]: Ach? Gut, dass Sie es gelesen haben!) – Sehen Sie! Ich lese alles. (Johannes Kahrs [SPD]: Lesen bildet, Herr Kollege!) Wir werden ja gleich von Ihnen, Herr Kahrs, hören, wie das weitergehen soll. Nun gibt es ja auch Fachpolitiker. Fachpolitiker in Schleswig-Holstein ist der Verkehrsminister Meyer. Er gibt dafür keine Rückendeckung und sagt, in Schleswig-Holstein gilt schon heute auf mehr als einem Drittel aller Autobahnkilometer faktisch ein Tempolimit aufgrund von Baustellen oder aufgrund von Geschwindigkeitsbeschränkungen, die wegen der Verkehrslage erforderlich sind. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Weil der Bund die Straßen nicht ausbaut!) Was ist die Position des ADAC? Herr Becker – er ist ein Vizepräsident des ADAC und kommt ebenfalls aus Schleswig-Holstein – sagt, dass die Zahl der Getöteten auf Autobahnen bezogen auf die gefahrenen Kilometer hierzulande niedriger sei als in Österreich, wo Tempo 130 gelte. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht machen die was anderes falsch!) Die Autobahnen seien die sichersten Straßen in Deutschland. Das ist die Ausgangssituation. Wir freuen uns natürlich, nachher von Herrn Kahrs und weiteren Rednern der SPD zu hören, was die SPD wirklich will. Der Bürger könnte ja auf die Idee kommen, sich mit dem Programm der SPD zur Bundestagswahl zu beschäftigen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir als CDU/CSU – das wissen Sie aus vielen Debatten hier im Hause; diese Debatten sind nicht neu – lehnen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ab. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Ist das Ihre klare Position? Sind Sie sicher?) Ich weise darauf hin, dass bereits 40 Prozent aller Autobahnabschnitte dauerhaft oder zeitweilig mit Geschwindigkeitsbegrenzungen versehen sind, nämlich da, wo es Sinn macht. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht überall Sinn!) Es macht Sinn an Baustellen und gefährlichen Stellen. Sicherheit ist das A und O im Straßenverkehr. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssten Sie aber ein Tempolimit befürworten!) Jeder Verkehrstote, jeder Verkehrsverletzte ist einer zu viel. Deswegen haben wir eine aktive Verkehrssicherheitsarbeit auch unter dieser Bundesregierung auf den Weg gebracht. Es geht hier nicht nur um das Tempolimit, wenn man Verkehrssicherheit erreichen will; sondern dabei geht es auch um Fahrzeugsicherheit. Es geht um die Beschaffenheit von Straßen und die Verbesserung von Infrastruktur. Und auch das Wetter spielt bei der Verkehrssicherheit eine entscheidende Rolle. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie nicht beschließen!) Wir haben die Winterreifenpflicht auf den Weg gebracht. Auch das trägt zur Verkehrssicherheit bei. Wir plädieren für intelligente Streckenbeeinflussungsanlagen bei Unfallschwerpunkten. Wir bemühen uns ferner, die Aufklärungsarbeit zu verbessern. Sinnvoll ist es, wenn der Bürger einsieht, dass er seine Geschwindigkeit den Gegebenheiten anpassen muss. Das fördern wir mit unserer Politik. Die CDU/CSU setzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass die Verkehrssicherheit in Deutschland ein Hauptthema bleibt. Dazu gehören der Umbau von Unfallschwerpunkten, die Bereitstellung sicherer Infrastruktur sowie gute Rahmenbedingungen für intelligente Fahrzeugtechnik. Das ist das A und O. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Oh! Oh!) Zum Abschluss möchte ich betonen, dass wir die Reform des Zentralregisters auf den Weg gebracht haben. Die neuen Regelungen konzentrieren sich ausdrücklich auf Verkehrssünder, die wiederholt und rücksichtslos die Verkehrssicherheit gefährden. Das ist der richtige Ansatz, um den Verkehrssündern das Handwerk zu legen und sie letzten Endes zu vernünftigen Verkehrsteilnehmern zu machen, die ihre Geschwindigkeit der jeweiligen Situation anpassen. Damit erhöhen wir entscheidend die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Gero Storjohann. – Nächster Redner für die Fraktion der SPD ist unser Kollege Florian Pronold. Bitte schön, Kollege Florian Pronold. (Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!) Florian Pronold (SPD): Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich kann mir vorstellen, mit welcher Vorfreude die zukünftigen Oppositionsfraktionen dieses Thema aufgesetzt haben, (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Da hat sich schon oft jemand vertan!) weil es immer schön ist, über vermeintliche Widersprüche eine Aktuelle Stunde anzusetzen. Das Tempolimit ist ein Thema, das viele zu Tränen rührt. Auch ich kann zitieren. Ich weiß nicht, ob die liebe Union weiß, wie die Bundeskanzlerin zum Tempolimit steht. Das ist eine sehr spannende Frage. Ich habe Ihnen zwei Buchausschnitte mitgebracht: von Gerd Langguth Angela Merkel und Angela Merkel – Mein Weg mit Originalzitaten. (Zuruf von der FDP: Gut, dass Sie das lesen!) Ich hoffe, dass Sie es gründlich gelesen haben. Dort steht, dass die Bundeskanzlerin im Jahre 1995 als damalige Umweltministerin im Zusammenhang mit der Sommersmogverordnung für ein Tempolimit war. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!) Dann – jetzt wird es besonders lustig – wurde sie im Kabinett von Helmut Kohl und anderen gebremst. Sie brach – das kann man nachlesen – darüber sogar in Tränen aus. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Oh!) Sie ist eine menschliche Umweltministerin, die sogar in Tränen ausbricht. (Christian Lange [Backnang] [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Wenn das Tempolimit kommt, wer weint da?) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben damals die Umweltministerin als Vaterlandsverräterin bezeichnet. Auch dies ist in der von Angela Merkel autorisierten Biografie nachzulesen, und zwar auf Seite 98. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Unerhört! Buh!) Und das, weil sie für ein Tempolimit eingetreten ist. Sie stellen sich hierher und wollen mit uns eine Debatte über diese Frage machen. Wo ist denn Frau Merkel? Wo ist denn Herr Ramsauer? Ich möchte über diesen Widerspruch diskutieren, den die Frau Kanzlerin und der Herr Verkehrsminister zum Thema Tempolimit haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ist es da vielleicht genauso wie beim Thema Pkw-Maut? Herr Ramsauer lügt die Menschen an, indem er behauptet, es gebe eine Pkw-Maut nur für Ausländer. Die Bundesregierung sagt in einer Antwort: Das geht nicht. – Dann sagt die Kanzlerin, in Treue zum ADAC: Nein, niemals eine Pkw-Maut. – Aber der Herr Ramsauer ist weiterhin dafür. Wo ist die Einigung? Darüber lassen Sie uns reden! Bei dem Thema ist es genauso wie beim Thema Tempolimit: Bundeskanzlerin und Bundesverkehrsminister in geschlossener Vielfalt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Johannes Kahrs [SPD]: Oder einfacher Einfalt!) Ich finde es sehr mutig, dass Sie angesichts der klaren Bekenntnisse Ihrer Kanzlerin für ein Tempolimit behaupten, es gebe darüber Klarheit. Ich bin wirklich gespannt, wie Sie das auflösen. Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Redner noch austauschen würden. Ich fände es nämlich wirklich gut, wenn Herr Ramsauer und Frau Merkel uns hier darüber Auskunft gäben, was denn nun die Richtlinie der Politik der Bundesregierung ist. Vielleicht führt das dann auch dazu, dass sich die Regierungsparteien CDU und CSU darüber einig werden, ob die Kanzlerin eine Vaterlandsverräterin ist, weil sie sich für das Tempolimit ausspricht, oder nicht. Das würde ich wirklich gern wissen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Dazu machen wir mal eine Aktuelle Stunde!) Wenn es schon eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema gibt, dann lassen Sie uns wenigstens über das -reden, was die Menschen bewegt. (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Über Herrn Gabriel!) Ich sage: Wir sind in der großen Gefahr, (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Ja, das stimmt! Durch Herrn Gabriel!) ein De-facto-Tempolimit auf deutschen Autobahnen zu bekommen. Denn der Bundesverkehrsminister hat es zugelassen, dass im Verkehrsbereich, in dem jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro mehr für den Staatshaushalt eingenommen werden, so gut wie nichts ausgegeben wird, um die Infrastruktur instandzusetzen. (Johannes Kahrs [SPD]: So ist das! – Petra Müller [Aachen] [FDP]: Wer war denn vorher Verkehrsminister?) Der Schlaglochminister Ramsauer wird de facto für ein Tempolimit sorgen, weil es, wenn er so weitermacht, auf den Autobahnen so viele Schlaglöcher geben wird, dass man gar nicht mehr schneller als 130 fahren kann. (Beifall bei der SPD – Sebastian Körber [FDP]: Sie nannten ihn „Pfütze“! Elf Jahre Verkehrsminister!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der FDP unser Kollege Oliver Luksic. Bitte schön, Kollege. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Oliver Luksic (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Kollege Pronold, Sie führen hier Schein- und Ablenkungsdebatten. Die Haltung der Koalition ist klar. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Er bringt die Wahrheit zutage! Das wird auch mal Zeit!) Ihre Haltung ist unklar. Ein Tempolimit wird weder das Weltklima retten noch die Verkehrssicherheit signifikant verbessern. (Florian Pronold [SPD]: Das müssen Sie mal Frau Merkel sagen! Soll ich Ihnen die Auszüge aus Frau Merkels Buch geben?) Das ist ein klares Signal Ihrer Symbol- und Bevormundungspolitik, die mit dieser Koalition nicht zu machen ist. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Mit Frau Merkel auch nicht?) Eines ist sicher: Wir beschäftigen uns alle Jahre wieder mit den Forderungen nach Tempolimits auf Autobahnen. Das ist ein bisschen so eine Loch-Ness-Debatte der Verkehrspolitik. Das taucht immer auf und versinkt dann wieder schnell. Herr Gabriel hat sich oft mit dem Eisbären Knut befasst. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war die Kanzlerin aber auch nicht besser!) Ich glaube, in Zukunft muss man bei ihm eher an Nessie denken, dem Ungeheuer der deutschen Verkehrspolitik. Lieber Kollege Pronold, wer von Ihnen spricht jetzt eigentlich für die SPD? Was ist denn Ihre Haltung? (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wofür sprechen Sie? Für Frau Merkel oder für wen?) Das kommt nicht dabei heraus. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sind Sie jetzt für Frau Merkel oder gegen Frau Merkel? Das interessiert mich! Dafür oder dagegen!) Ihr Slogan ist: Das Wir entscheidet. – Bei dieser Frage ist das „Wir“ aber diffus. Sie haben 2007 einen Parteitagsbeschluss in Bezug auf das Tempolimit gefasst: 130 Kilometer in der Stunde. Im Wahlprogramm steht es nicht. Herr Gabriel wollte wahrscheinlich wieder an die SPD-Beschlusslage erinnern. Dafür herzlichen Dank! Leider kennt Herr Gabriel wohl sein eigenes Programm nicht. Darin steht ein Tempolimit von 130. Er will jetzt 120, obwohl die Partei für 130 ist. Das hat wohl den Kanzlerkandidaten auf 180 gebracht. Die eigene Generalsekretärin, Frau Nahles, sagt dann auch noch in der FAZ, sie komme aus der Eifel, sie fahre nicht nur gern schnell auf dem Nürburgring, sondern auch besonders gern schnell auf der Autobahn. (Florian Pronold [SPD]: Wer wirft das denn vor? Ist das ein Vorwurf?) Herr Steinmeier hat wiederum gesagt – ich zitiere –: Tempolimits sind kein Selbstzweck. – Herr Ude hält die Äußerungen Ihres Chefs für überflüssig wie einen Kropf. Aber Sie, die Verkehrspolitiker, wollen weiterhin ein Tempolimit. Das zeigt doch: Gabriel und Steinbrück bremsen sich gegenseitig aus. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Letzten Endes bleibt hängen: Das Ganze ist wie ein munteres Rätselraten. Die Politik der SPD ist wie eine Quizshow: Die einen wollen 130, die anderen 120, wieder andere gar kein Tempolimit. Wahrscheinlich muss der Wähler raten, was am Schluss herauskommt. Das ist keine seriöse Politik. Sie wollen außerdem, dass Tempo 30 in allen geschlossenen Ortschaften vorgeschrieben wird. Das haben Sie beschlossen und hier im Deutschen Bundestag beantragt. Auch das hat Ihr SPD-Vorsitzender scheinbar verschlafen. Dieser Vorschlag wurde vom ADAC und vom Städtetag kassiert. Daraufhin hat Herr Gabriel getwittert, das solle man doch besser den Kommunalpolitikern überlassen. Wir sehen ganz klar: Wenn Rot-Grün regiert, gibt es nicht nur ein Tempolimit auf Autobahnen, (Florian Pronold [SPD]: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!) sondern auch Tempo 30 in allen geschlossenen deutschen Ortschaften. Das ist der falsche Weg. Das lehnt diese Koalition klar ab. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Gut, dass Sie sich das aufgeschrieben haben! Bei der langweiligen Rede! Da ist man ja eingeschlafen bei!) Der Kollege Storjohann hat es ja klar gesagt: Es gibt heute überall die Möglichkeit, da, wo es notwendig ist, Beschränkungen einzuführen. Deswegen ist ganz klar: Alles ist gut, wenn es der Unfallvermeidung dient. Wir brauchen keine starren Limits; wir brauchen situationsangepasste Geschwindigkeitsbegrenzungen. Das macht Sinn. Sie müssen einfach feststellen – schauen Sie sich wirklich einmal die Unfallzahlen an! –: Das große Problem, das wir in Deutschland haben – da gibt es Bedarf –, liegt bei Unfällen auf Landstraßen. Dort müssen wir bei der Erhöhung der Verkehrssicherheit ansetzen, und da tun wir einiges; Kollege Storjohann hat darauf hingewiesen. Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es keinen direkten kausalen Zusammenhang zwischen einem Tempolimit auf der einen Seite und der Verkehrssicherheit auf der anderen Seite gibt. (Stephan Kühn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich gibt’s das! – Zuruf von der LINKEN: Natürlich gibt es ihn!) Denn sonst gäbe es in Österreich, wo es ein Tempolimit von 130 gibt, weniger Unfallopfer. Aber die Zahl der Verkehrsopfer im Bereich der Autobahnen ist in Österreich im Verhältnis höher als in Deutschland. Alle Zahlen für Deutschland zeigen, dass die wenigen Unfälle auf Autobahnen meist bei Geschwindigkeiten unter 120 passieren. Insofern gibt es im Hinblick auf die Verkehrssicherheit ein paar mehr Erklärungsfaktoren: Es geht um die Infrastruktur, das Alter von Fahrzeugen, den Faktor Mensch und vor allem um den technischen Fortschritt, der dafür gesorgt hat, dass die Unfallzahlen zurückgehen. Es hat daher relativ wenig Sinn, ein Element einzeln anzuschauen. Die von Ihnen angestoßene Debatte zeigt uns relativ eindeutig: Die Genossen – Sie haben auch nichts anderes gesagt – wollen eigentlich ein Tempolimit; das ist Ihre Beschlusslage. Sie wollen es zusammen mit den Grünen einführen. (Florian Pronold [SPD]: Selbst Herr Storjohann hat es korrekter wiedergegeben!) Das ist wahrscheinlich der Klartext, von dem Herr Steinbrück immer redet, meine lieben Kollegen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Die Diskussion um ein Tempolimit auf Autobahnen ist eine Symboldiskussion. Es geht Ihnen um eine Bevormundungspolitik. Exakt das Gleiche gilt für das Tempolimit, das Sie für geschlossene Ortschaften fordern. (Florian Pronold [SPD]: Sie wissen nicht, was Ihre eigene Kanzlerin will!) Das Fazit der Debatte ist ganz klar: Wenn die SPD nicht einmal beim Tempolimit eine gemeinsame Linie findet – ich habe immer noch nicht verstanden, was Ihre Linie ist –, (Johannes Kahrs [SPD]: Das liegt daran, dass Sie nicht lesen können!) wie wollen Sie dann die anderen wichtigen Probleme des Landes angehen? (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Ulrich Lange [CDU/CSU]) Sie können nicht regieren; Gabriel und Steinbrück können es nicht. Ihre Politik bringt die Wähler auf 180. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Das war jetzt ein Gag!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Kollege Luksic. – Jetzt ist der nächste Redner für die Fraktion Die Linke unser Kollege Herbert Behrens. Bitte schön, Kollege Herbert Behrens. (Beifall bei der LINKEN) Herbert Behrens (DIE LINKE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorsitzende der SPD unterstützt in der Frage eines -Tempolimits auf Autobahnen das Wahlprogramm der Grünen, aber auch den Entwurf unseres Wahlprogramms, das wir noch beschließen werden, (Heiterkeit des Abg. Florian Pronold [SPD]) und fordert Tempo 120 auf Autobahnen. (Zuruf von der CDU/CSU: Die Koalition steht! – Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Der Kanzlerkandidat der SPD unterstützt hingegen lieber das Wahlprogramm der CDU und sagt: Es darf jetzt auf keinen Fall eine Debatte über ein Tempolimit geben. – Es wird wohl auch nicht zu einem Tempolimit kommen. (Zuruf von der FDP: Sehr gute Zusammenfassung!) Das ist natürlich eine Steilvorlage für die Koalition – das ist klar –, und wir hören, wie genüsslich dieser Widerspruch innerhalb der SPD hier in der Aktuellen Stunde zelebriert wird. Aber nach dem Ende dieser Debatte wird dieses Thema vermutlich wieder in der Versenkung verschwinden, und das will ich nicht zulassen. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Ich fordere die Regierungsfraktionen und auch die SPD-Fraktion auf, sich der Frage der Schaffung von mehr Verkehrssicherheit auf allen Straßen zuzuwenden. Diese Frage gehört auch in den Wahlkampf. Warum? Die Tatsache, dass es auf Deutschlands Straßen viele Verkehrsopfer gibt, die durch zu schnelles Fahren zu Tode kommen oder lebenslang mit den Folgen ihrer -Verletzungen leben müssen, zwingt uns dazu, jeden -Vorschlag zu prüfen, der darauf abzielt, mehr Verkehrssicherheit zu erreichen. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir müssen endlich mehr für den Schutz der Verkehrsteilnehmer tun, unabhängig davon, ob sie im Auto, auf dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind. Wir brauchen eine Diskussion und eine richtige Beschlussfassung zur Frage: Wie gehen wir mit den Geschwindigkeiten um? Ich finde es schlimm, wie die Regierungsfraktionen – das hat sich eben in Ihren Redebeiträgen, aber auch in den letzten Tagen in Ihren Pressemitteilungen und Statements gezeigt – gegen einen Vorschlag polemisieren, der darauf zielt, die Zahl der Unfalltoten auf deutschen -Autobahnen erheblich zu reduzieren. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) An dieser Stelle ist Wahlkampfgetöse völlig unangebracht. Vor allem der angeschlagene Ton muss für die Unfallopfer und deren Angehörige unerträglich sein. Wenn der FDP-Generalsekretär Patrick Döring (Patrick Döring [FDP]: Anwesend!) in der Bild am Sonntag behauptet, die Oppositionsparteien wollten „den Menschen ihr Weltbild aufzwingen und ihnen das Autofahren vermiesen“, (Beifall des Abg. Oliver Luksic [FDP] – Patrick Döring [FDP]: So ist es!) und die entsprechende Programmatik als „Gegenprogramm zu einer Republik freier Bürger“ bezeichnet, dann unterschreitet er damit selbst das Niveau der Bild-Zeitung. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Um jetzt Sachlichkeit in die Debatte zu bringen, die ich sowohl in der Presseberichterstattung als auch teilweise hier in der Debatte vermisst habe, möchte ich mich an die Fakten halten. Wir reden über ein verkehrspolitisches Relikt, das in anderen Ländern der Welt eigentlich schon längst verschwunden und überwunden ist. Deutschland ist neben Afghanistan, Bhutan, Haiti, Nepal und Somalia das einzige Land, in dem die Höchstgeschwindigkeit nicht gedeckelt ist. Auch wenn Autobahnen im Vergleich zu Landstraßen als sicherer gelten, so müssen wir doch sehen, dass 42 Prozent aller schweren Unfälle auf Autobahnen Geschwindigkeitsunfälle sind. Ein Tempolimit wäre ein viel effektiverer Beitrag für mehr Verkehrssicherheit, Herr Storjohann, als -Ramsauers vermurkste Punktereform, über die wir morgen zu diskutieren haben. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ein Tempolimit führt zu flüssigerem Verkehr – das stellen wir als Autofahrerinnen und Autofahrer sicherlich fest – und weniger Staus, die aufgrund hoher Geschwindigkeitsunterschiede entstehen. Durch Raserei entstehen vielfach gefährliche Situationen. Ein Tempo-limit würde Unfälle vermeiden. Faktisch ist es schon heute so, dass auf 98 Prozent aller deutschen Straßen Tempolimits gelten – das sagen auch die Verkehrs-verbände –, auf 40 Prozent der bundesdeutschen Autobahnen gibt es ebenfalls Geschwindigkeitsbeschränkungen; darauf wurde ja schon hingewiesen. In den vergangenen Jahren sind noch weitere Argumente hinzugekommen als die der Verkehrssicherheit. Gerade an Autobahntrassen ist die Lärmbelastung für Bürgerinnen und Bürger extrem hoch. Sie fordern Lärmschutz und Lärmschutzwände, die sie aber nicht bekommen, weil sie nicht an Neubaustrecken wohnen, sondern an alten Strecken. Auch nicht neu sind die Argumente, die aus Umweltschutzgründen für eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf Autobahnen sprechen. Die Fachverbände weisen darauf hin, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde den CO2-Ausstoß um 9 Prozent senken würde; das entspräche ungefähr 3,4 Millionen Tonnen CO2, das ist mehr, als der gesamte Schienenverkehr in Deutschland verursacht. Die Debatte über ein generelles Tempolimit ist schon alt, damit hat Herr Steinbrück durchaus recht. Doch -bislang ist diese Idee an der Lobbyarbeit der mächtigen Autokonzerne gescheitert. Auch Rot-Grün hat vor ihnen gekuscht, obwohl es eine Mehrheit für die Einführung eines Tempolimits gab. Sie haben das Thema umschifft und es gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Alle Argumente liegen auf dem Tisch. Nehmen wir diese Argumente ernst und knicken nicht gleich wieder ein, nur weil uns Gegenwind ins Gesicht pustet. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben den Wählerinnen und Wählern auch in dieser Frage noch einiges zu erklären. Wenn Sie schon mal beim Erklären sind, dann erklären Sie doch auch die Position der SPD zur Rente erst mit 67! Oder hat der Kanzlerkandidat seinen Schattenminister möglicherweise schon korrigiert? (Beifall bei der LINKEN – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Ihr müsst das in jeder Rede unterbringen, oder?) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Stephan Kühn. Bitte schön, Herr Kollege Stephan Kühn. (Johannes Kahrs [SPD]: Netter Kerl!) Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Würden in Deutschland in einem Jahr zwei voll-besetzte Linienflugzeuge mit 400 Personen abstürzen – was hätten wir für eine Debatte über die Sicherheit im Luftverkehr. Wenn aber 400 Menschen ihr Leben auf deutschen Autobahnen lassen und 28 000 Menschen zum Teil schwer verletzt werden, fällt Schwarz-Gelb nur ein, zu sagen, dass wir bereits ein hohes Sicherheits-niveau auf Autobahnen haben. Wir finden: Jeder Verkehrstote und jeder Verkehrsverletzte ist einer zu viel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) In diesem Zusammenhang kann ich die Albernheiten in dem einen oder anderen Debattenbeitrag nur wenig nachvollziehen. Tempo 120 würde die Sicherheit auf deutschen Autobahnen deutlich verbessern; denn das Ziel muss sein: Keiner kommt um, alle kommen an. Das ist die Vision von „Vision Zero“. Diese Philosophie teilt übrigens auch der Wissenschaftliche Beirat des BMVBS, also die Fachleute. Sie haben nämlich gesagt: Deutschland braucht ein Tempolimit. – Der Einzige, der das offensichtlich nicht wahrhaben will und auf die Meinung des fachlichen Beirats nicht viel gibt, ist der Minister selber. (Zuruf von der CDU/CSU: Steinbrück!) Alle Fakten sprechen für ein Tempolimit. Es wurde schon gesagt: Wir sind weltweit fast das einzige Land, auf dessen Autobahnen kein generelles Tempolimit gilt. Nur in Deutschland darf per Gesetz gerast werden. Wir finden: Damit muss Schluss sein! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kommen wir zu den Fakten, Herr Kollege Luksic. Die Einführung von Tempo 130, in dem Fall auf der -Autobahn A 24 zwischen dem Dreieck Havelland und dem Dreieck Wittstock/Dosse, hat innerhalb von kürzester Zeit zu einer erheblichen Verkehrsverbesserung geführt: Halbierung der Unfallzahlen und minus 60 Prozent bei Verletzten bzw. Getöteten. Die Fakten belegen klar, dass eine Verbesserung der Verkehrssicherheit mit der Einführung eines Tempolimits einhergeht. Tempolimit reduziert Verkehrslärm. Durch Tempo-limit – das ist schon gesagt worden – können die CO2-Emissionen reduziert werden, aber nicht nur die, sondern auch die Kohlenmonoxid- und Stickstoffbelastung kann bis zu 28 Prozent gemindert werden. Auch das ist ein Argument für ein Tempolimit. Auch die Kapazität der Autobahnen spielt eine Rolle. Es gibt an vielen Stellen im Autobahnnetz Staus. Die Strecken sind überlastet. Wir wissen, dass ein generelles Tempolimit die Kapazität der Autobahnen erhöht, (Oliver Luksic [FDP]: Quatsch!) weil das Geschwindigkeitsniveau homogener ist. So passen mehr Fahrzeuge auf die Autobahn, und deshalb geht es flüssiger voran. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ähnlich ist es bei der Frage der Standards. Es wird immer pauschal behauptet, die Krötentunnel und die Wildbrücken würden den Autobahnbau verteuern. Alles Unfug! Grund sind die hohen Standards, die notwendig sind, weil hohe Geschwindigkeiten gefahren werden. (Oliver Luksic [FDP]: Quatsch!) Wenn diese hohen Geschwindigkeiten nicht erlaubt wären, könnten die beim Autobahnbau eingesparten Mittel für die Verkehrssicherheitsarbeit verwendet werden. Tempo 120 würde auch das Aggressionspotenzial auf Autobahnen reduzieren. Alle kämen entspannter ans Ziel. Gerade die älteren Verkehrsteilnehmer sagen zunehmend, dass sie sich auf den deutschen Autobahnen nicht mehr sicher fühlen. Wer rasen will, kann das tun: auf dem Lausitzring, auf dem Nürburgring oder auf dem Hockenheimring. Nach meinem Kenntnisstand haben alle drei Rennstrecken wirtschaftliche Probleme; vielleicht könnte man ihnen damit sogar helfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Diese Bundesregierung hat außer Appellen und Werbekampagnen nichts getan, um die Unfallursache Nummer eins, Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit, wirksam zu bekämpfen. Nichts ist passiert! Kein substanzieller Beitrag! Das nationale Verkehrssicherheitsprogramm ist nichts anderes als ein Papiertiger; denn er leistet in der Praxis keinen Beitrag zu mehr Verkehrs-sicherheit. Da wir in der Debatte gemerkt haben, dass Sie von der Koalition sachlichen Argumenten nur in begrenztem Maße offen gegenüberstehen, (Oliver Luksic [FDP]: Sie haben ja keine -Argumente! Das ist das Problem!) sage ich Ihnen: Helfen Sie doch wenigstens Ihrem Minister, der jetzt sogar an der Debatte teilnimmt! Mit Tempo 120 können alle im Auto entspannt und stressfrei seine CD „Adagio im Auto“ mit Klavierkonzerten von Mozart hören. (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Was haben Sie für ein Bild von einem älteren Menschen! Das ist doch nicht wahr!) Dieses Argument für Tempo 120 müsste bei Ihnen doch tragen. Wir sind uns sicher: Freie Fahrt für Raser war gestern. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächste Rednerin für die Fraktion von CDU und CSU ist unsere Kollegin Frau Daniela Ludwig. Bitte schön, Frau Kollegin Daniela Ludwig. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Daniela Ludwig (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf den Tribünen! Herr Pronold, Sie haben auf das Jahr 1995 und Frau Merkel zurückgegriffen. Das kann ich auch. Ich gehe noch ein Jahr weiter zurück: Herr Schröder, damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen, wurde im Spiegel gefragt, was er denn als Autoministerpräsident von einem Tempolimit halte. (Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann übrigens! Sehr gut!) Er sagte: Ganz schlecht, schädlich für die Autokonjunktur. – Sie finden den Aufhänger Ihrer Rede – Frau Merkel/1995 – wahrscheinlich extrem originell. Ich fand das gähnend langweilig und würde gerne zur Sache reden; (Florian Pronold [SPD]: Sie sitzen im Glashaus und werfen mit Steinen!) denn die Sache ist ernst genug und ernst zu nehmen. Herr Kühn hat mir und meinen Kollegen mit einem Satz definitiv aus der Seele gesprochen – damit bin ich bei der Sache und beim Ernst der Sache –: Jeder Verkehrstote ist tatsächlich einer zu viel und jeder Verletzte auch. Wir glauben aber im Gegensatz zu Ihnen (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Je schneller man fährt, desto weniger Tote, oder was meinen Sie?) – wenn Sie mich ausreden lassen, erkläre ich es Ihnen, Frau Höhn; immer gern –, dass ein generelles Tempolimit auf allen Autobahnen, für jeden Autobahnkilometer in dieser Republik nicht zielführend ist. Warum? Die Zahlen sind schon genannt worden – ich nenne sie aber gerne noch einmal, weil ich glaube, dass sie uns bei der Erkenntnisfindung helfen können –: Auf 40 Prozent der deutschen Autobahnen gibt es bereits ein Tempolimit, weil es aus Lärmschutzgründen notwendig ist oder weil es Sicherheitsgründe dafür gibt. Sie haben Autobahnabschnitte genannt, auf denen die Zahl der Verkehrstoten gesunken ist, nachdem ein Tempolimit eingeführt wurde. Dazu kann man den Straßenverkehrsbehörden nur gratulieren; denn das zeigt, dass sie die richtigen Abschnitte ausgewählt haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Im Gesetz steht, dass der Autofahrer um eine angemessene Fahrweise gebeten wird, und zwar so oder so. Auch bei einem Tempolimit muss er sich angemessen verhalten und überlegen, ob er situationsbedingt vielleicht noch langsamer fahren muss als vorgeschrieben. Auch das verhindert Unfälle. Man muss auch sagen: Dort, wo am meisten Verkehr ist, nämlich auf den Autobahnen – ein Verkehrszuwachs von 31,6 Prozent in den letzten Jahren –, kommen im Vergleich weniger Menschen bei Unfällen zu Tode, wenn auch immer noch zu viele; denn am schlimmsten ist es auf den Landstraßen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gesagt: Jeder Tote ist einer zu viel!) Auf den Landstraßen haben wir aber schon ein Tempo-limit. Der Grund für die vielen Verkehrsunfälle auf Landstraßen ist nicht, dass dort, wie Sie so schön sagen, gerast wird, sondern zum Beispiel, dass Bäume am Straßenrand stehen. (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Oder schlecht ausgebaute Straßen in SPD-geführten Bundesländern!) Eine nasse Fahrbahn, schlechter Asphalt, schlecht ausgebaute Straßen und hügelige bzw. bergige Straßenverläufe führen häufig zu Unfällen, egal wie schnell oder langsam man fährt. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist jeder Tote einer zu viel, ja oder nein?) – Selbstverständlich. Aber Sie reden doch letztlich am Problem vorbei. Schauen Sie sich die Zahlen an! Die Zahlen aus Österreich sind oft genannt worden. Es gibt noch ein anderes Land mit einem sehr strikten Tempo-limit und mit dennoch vielen Verkehrstoten auf den Highways, nämlich die Vereinigten Staaten. Auch da hilft das generelle Tempolimit nicht, um die Zahl der Verkehrstoten deutlich zu verringern. Also müssen wir uns fragen: Ist ein generelles Tempolimit richtig, ja oder nein? Ich sage Ihnen für unsere Koalition: Nein, es ist nicht richtig. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich will jetzt nicht wieder die Vergangenheit bemühen und sagen, dass Sie es doch längst hätten einführen können. Wissen Sie, an den Folgen Ihrer fatalen Verkehrs-politik knabbern wir noch heute. Da müssen wir uns nur den teilweise schlechten Zustand der Infrastruktur anschauen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Oliver Luksic [FDP]: In der Tat! – Johannes Kahrs [SPD]: Da wäre ich an Ihrer Stelle ganz ruhig!) Die Situation ist immer noch schwierig. Wir baden immer noch die Sünden aus, die uns ein gewisser ostdeutscher Verkehrsminister leider Gottes hinterlassen hat; wir kümmern uns um seine unerledigte Arbeit. (Florian Pronold [SPD]: Entschuldigung! Sie haben 1,5 Milliarden Euro jedes Jahr im Verkehrsbereich eingenommen und nichts zurückgegeben! Sie sind zuständig dafür! Nach vier Jahren Regierungszeit immer noch die Schuld auf andere zu schieben, ist billig!) Das regt mich viel mehr auf als die Debatte, ob Herr Steinbrück für oder gegen was auch immer ist. Das interessiert mich nicht. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Warum beantragen Sie eigentlich diese Aktuelle Stunde, wenn Sie sich darüber aufregen?) Vielmehr ist dies eine gute Gelegenheit, hier noch einmal darzustellen, dass Sie für alles Mögliche in Ihrer Regierungszeit Geld hatten, nur nicht für die Infrastruktur. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Der große Teil des Landes, insbesondere der westliche Teil, leidet nach wie vor unter den fürchterlichen Folgen dieser Politik. Das ist das Schlimme. (Florian Pronold [SPD]: Wenn das Thema Sie so aufregt, warum haben Sie es dann beantragt? Reden wir doch über den Zustand der Infrastruktur! Warum keine Aktuelle Stunde dazu?) Ich kann nur sagen: Leute wie Sie machen hoffentlich nie mehr Verkehrspolitik und sind hoffentlich nie mehr in der Regierungsverantwortung für dieses Land. Das kann ich wirklich nur hoffen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Johannes Kahrs. Bitte schön, Kollege Johannes Kahrs. (Beifall bei der SPD) Johannes Kahrs (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte ist von CDU/CSU und FDP angemeldet worden, weil sie hier eine Runde billige Polemik abladen wollen. (Patrick Döring [FDP]: Das ist Ihnen ja gänzlich fremd! – Heiterkeit bei der FDP) – Selbstverständlich, Herr Kollege. Mir ist das gänzlich fremd. Ich bewege mich vorzugsweise auf der Sach-ebene. (Lachen bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wenn man also feststellt, warum Sie diese Debatte initiiert haben, dann merkt man auch, dass Sie etwas verbergen wollen. Frau Ludwig, Sie haben sich ja eben gekonnt aufgeregt. Schauen wir uns einmal die Leistungsbilanz Ihres Ministers – er ist gerade gekommen – an! In der Welt, bekanntermaßen kein Kampfblatt der deutschen Sozialdemokratie, kann man lesen: „Es brennt an allen Ecken und Enden“. Dort steht auch, dass die Präsidiumsmitglieder des Deutschen Verkehrsforums einen Brandbrief geschrieben und gewarnt haben, „Straßen und Trassen stünden vor dem Kollaps“. In der Welt steht auch, dass es in Deutschland „erhebliche Defizite“ gibt. Gleichzeitig hat diese Bundesregierung, der Ihr Minister angehört, ein Eckwertepapier beschlossen, in dem vorgesehen ist, dass dieser Haushalt jedes Jahr 1 Milliarde Euro weniger bekommt. Das sind die Fakten. Sie streichen im Bau- und Verkehrshaushalt. Das hat dieses Kabinett beschlossen. Ad eins. Ad zwei. Sie stellen sich hierhin, klagen laut und diskutieren mit uns über ein Tempolimit 120, weil Sie selber Ihre eigene miserable Politik nicht geregelt bekommen. Wir haben hier in den letzten Wochen und Monaten lange über die Situation am Nord-Ostsee-Kanal gesprochen, wo Sie es verbaselt haben, wo Sie das Geld abgezogen haben, wo Sie es nicht hingekriegt haben. (Beifall bei der SPD – Oliver Luksic [FDP]: Tempolimit auf Wasserstraßen, oder was? Reden Sie doch mal zum Thema! Thema verfehlt!) Es gibt eine verkorkste Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Wir haben unendlich viele Probleme. Es gibt gesperrte Brücken. Das Einzige, was Ihnen einfällt, aber ist, aus diesem Etat Geld herauszunehmen. Frau Ludwig, es gehört eine ganz schöne Portion Unverschämtheit dazu, (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Das sagen -ausgerechnet Sie!) sich hier hinzustellen und uns Vorwürfe zu machen, während Sie diesen Etat um Geld erleichtern. (Beifall bei der SPD) Sie sollten auf der Sachebene bleiben und den Haushalt lesen und verstehen. Auch Sie, Herr Döring, kommen dann weiter; jedenfalls habe ich die Hoffnung. Die Situation in Bezug auf dieses Thema ist doch relativ einfach. Frau Merkel war für ein Tempolimit; sie ist hier eben zitiert worden. Ob sie es noch ist, weiß man nicht; denn sie äußert sich zu keinem Thema. (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) Als Umweltministerin war sie jedenfalls dafür und ist dann von der CSU als Vaterlandsverräterin beschimpft worden. Ich muss ehrlich sagen: Das ist ein Umgang, den man, wie ich finde, nicht pflegen sollte. Wenn man die SPD hier vorführen möchte, (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Die führt sich doch selber vor! Das brauchen wir gar nicht!) muss man doch zumindest aufpassen, dass man in der eigenen Veranstaltung nicht bloßgestellt wird. Wir können hier laufend Ihre eigene Kanzlerin zitieren, die für ein Tempolimit ist. Das ist doch peinlich für Sie. Es ist unsäglich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Petra Müller [Aachen] [FDP]: Wofür sind Sie denn?) Jetzt kommen wir zu der Frage, wofür wir als Sozialdemokraten sind. (Zurufe von der FDP: Ah!) Wir haben einen Kanzlerkandidaten, der klar gesagt hat: Jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Ad eins. Ad zwei hat er gesagt: Da, wo man aus Sicherheitsgründen ein Tempolimit braucht, sind wir dafür. Aber wir sind gegen ein generelles Tempolimit. (Oliver Luksic [FDP]: Und was sagt Ihre Partei dazu? Was sagen Herr Gabriel, Frau Nahles und die ganzen anderen, die sich dazu geäußert haben?) Das ist die klare Ansage unseres Kanzlerkandidaten, und in unserem Wahlprogramm steht nichts anderes. Wenn Sie sich unser Programm ansehen, stellen Sie fest, dass einige meiner Vorredner recht haben: Auf der einen Seite ist es wirklich schwierig, viele rationale Argumente zu finden, warum man schneller als 120 fahren sollte. (Beifall des Abg. Gerd Bollmann [SPD]) Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen dürfen: Es gibt auch keine rationalen Argumente dafür, dass in Deutschland geraucht wird. Es gibt kein rationales Argument dafür, dass in Deutschland Bier und Wein getrunken werden. Es gibt kein rationales Argument dafür, dass in Deutschland Schokolade gegessen wird, (Patrick Döring [FDP]: Und dafür, dass man SPD wählt!) außer von mir vielleicht. Ich glaube, man muss zur Kenntnis nehmen, dass die Bürger in diesem Land das eine oder andere selbst entscheiden wollen, (Gero Storjohann [CDU/CSU]: Richtig!) und das muss auch möglich sein. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Man muss alles tun, was möglich ist, um die Sicherheit zu erhöhen. Insofern hat unser Kanzlerkandidat Peer Steinbrück recht. (Oliver Luksic [FDP]: Was will die SPD?) Wir Sozialdemokraten haben das entsprechend richtiggestellt. Auch ich zitiere gerne meine Generalsekretärin Andrea Nahles, die eben von der Noch-Regierungspartei vielfach zitiert worden ist; sie ist eine gute Frau. (Petra Müller [Aachen] [FDP]: Hochmut kommt vor dem Fall!) Ich sage Ihnen: In der Sache sind die Sozialdemokraten eindeutig und klar. (Oliver Luksic [FDP]: Der Parteibeschluss ist aber ein anderer!) Jetzt möchte ich auf Folgendes hinweisen: Diese Debatte dient ja einem Zweck. Wir diskutieren doch nicht ernsthaft im Deutschen Bundestag über dieses Thema, damit sich die Union darüber klar wird, wie der Stand der Diskussion innerhalb der SPD ist. Dass es zu solch einem Thema in einer großen Volkspartei unterschiedliche Standpunkte gibt, ist doch klar. (Zurufe von der FDP: Ah!) – Aber Entschuldigung, das ist doch völlig in Ordnung. (Oliver Luksic [FDP]: Es gibt eine klare -Beschlusslage!) Ich könnte Ihnen reihenweise Themen nennen, zu denen selbst FDP und Union unterschiedliche Meinungen haben. Man muss in der Lage sein, zu differenzieren. Ich persönlich habe nicht einmal einen Führerschein, bin also im Gegensatz zu Ihnen komplett objektiv; denn ich rase nicht. (Heiterkeit bei der SPD) Ich bin auch kein Verkehrslobbyist; ich habe, wie gesagt, nicht einmal einen Führerschein. Mein Freund hat einen Käfer, 63er-Baujahr; damit kann man, wenn es hochkommt, 120 fahren. Ich denke, man muss in der Lage sein, ein paar Dinge in diesem Land nicht zu regeln. Das, glaube ich, haben wir Sozialdemokraten klargemacht. Ich hoffe, Sie verstehen das. Glück auf! (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Kahrs. – Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der FDP unser Kollege Patrick Döring. Bitte schön, Kollege Patrick Döring. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Patrick Döring (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aktuelle Stunden und Debatten dieser Art sind immer sehr lehrreich. Der Kollege Pronold hat sich als Hardcorefan der Frau Bundeskanzlerin geoutet. Ich hoffe, all die Bücher sind nicht nur gelesen, sondern auch signiert; ansonsten können Sie das ja morgen nachholen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU) Der Kollege musste – das war bestimmt mühsam – bis in das Jahr 1995 zurückgehen, um ein geeignetes Zitat zu finden. Selbst wenn es so stattgefunden hat – und wer bin ich, den Autoren zu widersprechen? –: Die Frau Bundeskanzlerin unterscheidet sich von Ihrem Kanzlerkandidaten darin, dass sie einen vor 20 Jahren gemachten Fehler nicht wiederholt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Woher wissen Sie das? Nehmen Sie die SPD jetzt in Schutz, oder was?) Wir haben in dieser Debatte viele bösartige Unterstellungen gehört. Das ist immer so, wenn mit dem Anspruch der überheblichen Moralität denjenigen, die für differenzierte Lösungen sind, die glauben, dass die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Leib und Leben und mit dem Leben anderer besser umgehen als Verordnungen, die sicher sind, dass Landesverkehrsminister an den Stellen, an denen es nötig ist, die richtige Regelung treffen, und die der festen Überzeugung sind, dass es nicht klug ist, die Menschen zu Tag- und Nachtzeiten, zu denen unsere Autobahnen in manchen Gegenden nicht sehr stark befahren sind, mit einem kaum noch verstehbaren Verbot zu belegen, unterstellt wird, sie seien dafür, dass Menschen auf der Autobahn zu Tode kommen. Ich stelle fest: 6 Prozent aller Unfälle mit Personenschäden passieren auf deutschen Autobahnen, davon weniger als ein Drittel wegen nicht angepasster Geschwindigkeit. Jeder davon ist einer zu viel. Aber ich lasse mir von der Partei des erhobenen Zeigefingers, den Grünen, nicht unterstellen, dass wir das anders sehen als Sie. Wir haben nur andere Lösungen für das Problem. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Aber das passt ins Muster. Wenn man sich das Programm dieser Partei anschaut, dann staunt man. Im Programm von Bündnis 90/Die Grünen lautet das meist benutzte Verb „müssen“. 583-mal „müssen“ die Deutschen das tun, was Sie auf Ihren Parteitagen beschlossen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist vielleicht noch eine Hausordnung für eine grüne Besserungsanstalt; ein Konzept für eine Republik freier Bürger ist das sicher nicht. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh doch! Deutschlandweit!) Die Sozialdemokraten sind nicht viel besser: 314-mal „müssen“ die Bürgerinnen und Bürger tun, was die Sozialdemokraten in ihrem Programm beschlossen haben. Sie müssen verzichten, zum Beispiel auf die Pendlerpauschale. Sie müssen höhere Steuern zahlen, zum Beispiel eine höhere Mineralölsteuer. All das müssen die Deutschen zum Wohle der Republik tun. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Jetzt müssen wir uns diese Rede anhören!) Sozialdemokraten und Grüne meinen zu wissen, wie die Menschen leben sollen. Die Politik des erhobenen Zeigefingers als Konzept für die nächsten vier Jahre? Da sagen wir: Nein, danke, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Die Grünen sind wenigstens ehrlich. Sie fordern nicht nur ein Tempolimit auf Autobahnen, sondern gleich auch noch auf allen Bundes- und Landstraßen Tempo 80 und innerorts überall Tempo 30, und natürlich sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, in deutschen Großstädten eine Citymaut zu erheben und alle Lkws, die schwerer sind als 3,5 Tonnen, auf allen Straßen zu bemauten. Da die SPD sowieso nicht weiß, was sie will, ist klar: Am Ende wird es so kommen, wie die Grünen es wollen. Die sind wenigstens ehrlich und erklären den Menschen, dass sie sie gängeln wollen – erstaunlicherweise werden sie dafür auch noch gewählt. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) – Darüber können Sie sich freuen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Menschen sind einfach weiter als Sie!) Ich finde fantastisch, was für ein Weltbild Sie haben. Sie haben ein so konservatives Gesellschaftsbild, (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die haben die CDU schon überholt!) dass es Ihre innere Überzeugung ist, dass der Staat, dass die Politik alles besser weiß als die Bürger. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden die Diskussion führen, ob die Menschen wirklich ein Schnäppchenverbot, ein Sonntagsfahrverbot, ein Motorrollerverbot, ein Glühbirnenverbot, ein Billigfliegerverbot, ein Gentechnikverbot, ein Killerspielverbot, ein Nachtflug-verbot, ein Rauchverbot, ein Heizpilzverbot, ein Fleischverbot an Wochentagen in Schulen und Kitas, ein Solarienverbot für Jugendliche, ein Alkoholverbot im ÖPNV, ein Grillverbot in Parks, ein Werbeverbot für Fahrzeuge mit hohem Benzinverbrauch, ein Alkoholwerbungsverbot, ein Flatrateverbot, ein Verbot von -verkaufsoffenen Sonntagen, ein Verbot von Lichtverschmutzung, ein Verbot von Tieren in Zirkussen, ein Verbot von nicht energieeffizienten Kühlschränken, ein Verbot von getrenntgeschlechtlichen Toiletten, ein Verbot von Handynutzung in Kulturveranstaltungen, ein Verbot von Süßigkeitenwerbung im Umfeld von Kindergärten und ein Verbot von Stand-by-Funktionen bei Elektrogeräten wollen. All das steht im Programm der Grünen. Wir werden sehen, wie viele Menschen auf diese Weise erzogen werden wollen. (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Aber was will man anderes erwarten von einer Partei der Soziologen und Sozialpädagogen? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir stehen für Freiheit und Verantwortung. Deshalb sind wir der Meinung, dass die Regeln, die auf deutschen Autobahnen gelten, ausreichend sind. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Volkmar Vogel. Bitte schön, Kollege Volkmar Vogel. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Haben Sie nachgefragt, wofür die Frau Kanzlerin heute ist?) Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pronold und Herr Kahrs, Sie haben zitiert, was die Kanzlerin im Jahr 1995 gesagt hat. Damit zeigen Sie, dass Ihr Vorsitzender und die SPD eigentlich auf dem Stand von 1995 stehen geblieben sind. (Johannes Kahrs [SPD]: Das müssen Sie jetzt einmal erklären! Das hat niemand hier verstanden!) Wir hingegen, so auch unsere Vorsitzende, haben uns weiterentwickelt und sehen die Situation heute in einem ganz anderen Licht. (Johannes Kahrs [SPD]: Da klatscht nicht -einmal die CDU!) Man muss eines deutlich sagen: Mit Tempolimit 120 stellen Sie zur Alternative: Mobilität oder Verkehrs-sicherheit. Sie stellen zur Alternative: Mobilität oder Ökologie. (Johannes Kahrs [SPD]: Wer hat denn das -gefordert?) Das ist nicht der Weg, den wir beschreiten wollen. Wir sind der Auffassung, dass beides zusammengehört: -Mobilität und Verkehrssicherheit, Mobilität und Öko-logie. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Haben Sie mir zugehört? Entweder haben Sie nicht zugehört, oder Sie haben es nicht verstanden!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist heute nicht die erste Debatte, die wir über dieses Thema führen. Man muss eines ganz deutlich sagen: Tempolimit 120 auf den deutschen Autobahnen ist ein Angriff auf die Mobilität in unserem Land. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! – Johannes Kahrs [SPD]: Abgelesene Reden, die nicht mehr stimmen, sind schlecht!) Das wäre der Anfang vom Ende des Individualverkehrs. Der Individualverkehr hat jedoch einen berechtigten Platz in unserem System. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ein Tempolimit 120 ist auch mit der Verkehrssicherheit nicht begründbar – Patrick Döring hat es ausgeführt –: Auf ungefähr 3 Prozent des Straßennetzes fließen über 30 Prozent des Verkehrs; dort geschehen aber lediglich 6 Prozent der Unfälle. Das ist auch noch sehr viel, viel zu viel. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, jeder Tote ist einer zu viel?) Darum wollen wir dafür sorgen, dass die Zahl der getöteten Menschen und die Zahl der verletzten Menschen weiter sinkt. (Herbert Behrens [DIE LINKE]: Dafür muss man alles tun! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch etwas!) Wir sind hier auf einem richtigen Weg. Vor drei Jahren lag die Zahl der Getöteten schon einmal unter 4 000 – eine hohe Zahl –, danach ist sie wieder auf über 4 000 angestiegen; im vergangenen Jahr ist sie glücklicherweise aber wieder gesunken und lag bei 3 600. Das ist auch noch viel zu viel, zeigt aber, dass wir mit unseren Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für eine Aussage? – Florian Pronold [SPD]: Was haben Sie denn in den vier Jahren gemacht?) Wir müssen eine ganzheitliche Betrachtung vornehmen, Infrastruktur sicher ausbauen, selbstlernende Systeme installieren, Technik, die dafür sorgt, dass weniger Menschen zu Schaden kommen, also Airbags, Sicherheitsgurte, aber vor allen Dingen auch neue Systeme, intelligente Fahrassistenzsysteme, die schwere Unfälle verhindern. (Johannes Kahrs [SPD]: Abgelesene Reden, die man selber nicht versteht! Das ist schlimm!) Das ist der Weg, den wir gehen, und das ist der richtige Weg, weil unseres Erachtens wichtig ist, dass die Politik den Bedürfnissen der Menschen folgt und nicht umgedreht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Patrick Döring hat das in eindrucksvoller Art und Weise dargelegt, und dazu stehen wir. (Florian Pronold [SPD]: Das stimmt! Döring hat eine bessere Rede gehalten als Sie! Das muss man neidlos anerkennen!) Ich weiß auch aus eigener Erfahrung: Die Menschen wollen mobil sein, und sie müssen aufgrund ihrer konkreten Lebenssituation mobil sein. Dabei müssen wir sie mit politischen Maßnahmen unterstützen. Hier hilft keine sozialistische Gängelei oder Bevormundung, sondern nur eines, (Florian Pronold [SPD]: Ist das auch abgelesen, oder ist das Ihre innere Überzeugung?) nämlich eine Stärkung der effektiven Mobilität durch uns. Deswegen ist unser Ziel die Verbesserung der Infrastruktur. Dazu werden wir in den nächsten Monaten weitere Maßnahmen mit Wirkung für die nächsten Jahre einleiten. (Florian Pronold [SPD]: Weniger Geld! Re-spekt! – Stephan Kühn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vier Jahre hatten Sie Zeit!) Dafür gibt es auch die Bodewig-Kommission, deren Arbeit wir sehr unterstützen. Im Gegensatz zur SPD, die starre Vorstellungen hat, gehen wir hier ergebnisoffen heran. (Florian Pronold [SPD]: Nach vier Jahren rufen Sie die Sozialdemokraten zu Hilfe! Das finde ich gut!) Wir werden den technischen Fortschritt gerade im Kfz-Bereich weiter unterstützen, wenn es darum geht, intelligente Fahrassistenzsysteme auf den Weg zu bringen, (Florian Pronold [SPD]: Vier Jahre lang bekommt ihr die Infrastruktur nicht hin, und dann braucht ihr die Sozialdemokraten, um das wieder zu richten!) und wir werden alle Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen unterstützen, die dafür Sorge tragen, die Kraftfahrer zu informieren und in den Verkehrserziehungsprogrammen entsprechend zu unterweisen, und auf diese Art und Weise das Verständnis eines freien Bürgers in diesem Land weiter voranbringen. (Johannes Kahrs [SPD]: Glück auf!) Aber natürlich werden wir dort, wo es notwendig ist, um Menschen vor Gefahren zu bewahren, und wo es Gefahrenstellen gibt, entsprechende Maßnahmen einleiten, gemeinsam mit den Kommunen und den Ländern und entsprechend der Möglichkeiten, die wir hier im Bundestag haben. Ich bleibe dabei – damit komme ich zum Anfang meiner Rede zurück –: (Florian Pronold [SPD]: Aber nicht wieder-holen, bitte!) Für uns sind Verkehrssicherheit auf der einen Seite und zügige Mobilität auf der anderen Seite kein Widerspruch; beides gehört zusammen, und daran werden wir weiter arbeiten. Vielen Dank. Glück auf! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Frau Kirsten Lühmann. Bitte schön, Frau Kollegin Lühmann. (Beifall bei der SPD) Kirsten Lühmann (SPD): Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Herr Präsident! Nordrhein-Westfalen: Eine Pkw-Fahrerin fährt an einem Stauende auf einen Lkw auf. Hessen: Auf einer Kreuzung verursacht ein Pkw-Fahrer durch Missachten der Vorfahrt einen Unfall; das Auto überschlägt sich. Bayern: Ein alkoholisierter Lkw-Fahrer verunfallt an einer Baustellenauffahrt. Niedersachsen: Ein Lkw-Fahrer hat beim Abbiegen einen neben ihm fahrenden Fahrradfahrer übersehen und angefahren. – Zwei Sachen haben diese vier Vorfälle gemeinsam. Das Erste ist: Sie sind in den letzten Tagen passiert. Das Zweite ist: Alle Beteiligten sind glücklicherweise nur leicht verletzt worden. (Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Das spricht für eine ganzheitliche Betrachtung! Die Straßen müssen sicher sein, Technik muss vorhanden sein, und die Leute müssen vernünftig sein! Alles drei gehört zusam-men! – Oliver Luksic [FDP]: Das hat mit einem Tempolimit auf den Autobahnen nichts zu tun!) Aus meiner Erfahrung als Polizeibeamtin weiß ich aber, dass nicht alle Menschen bei solchen Vorfällen solches Glück haben. Im letzten Jahr sind 3 606 Menschen bei Verkehrsunfällen tödlich verunglückt. Die Bundesrepublik hat sich verpflichtet, die EU-Initiative umzusetzen, nach der wir die Zahl dieser Unfälle bis zum Jahre 2020 um 40 Prozent senken wollen. Minister Ramsauer hat dazu eine wunderschöne Hochglanzbroschüre aufgelegt und verteilt. Die Frage, die wir uns zum Thema Verkehrssicherheit stellen, ist: Was ist passiert? Was hat der Minister in den letzten vier Jahren gemacht – außer den bekannten Ankündigungen in der Presse, dass er gegen die Verrohung von Kampfradlern vorgehen will, dass er für eine Helmpflicht für unwillige Fahrradfahrende ist, dass er für eine Reform der sogenannten Idiotentests ist, (Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister: Das Gegenteil!) und der Versicherung, er wolle die Winterreifenpflicht auf Effektivität überprüfen? Das sind wunderschöne Themen für die Verkehrssicherheit. (Oliver Luksic [FDP]: Falsch zitiert!) Aber passiert ist nichts – außer vielleicht, dass Sie den Etat für den Neubau von Fahrradwegen um über 40 Prozent gekürzt haben. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!) Im Rahmen der Verkehrssicherheit ist das einfach ein Skandal. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dabei hätten Sie einfach nur, Herr Ramsauer, wenn Sie etwas für die Verkehrssicherheit machen wollten, unsere Debatten aufmerksam verfolgen müssen. Dann wäre Ihnen aufgefallen: Wir könnten sehr viel für Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren tun; denn sie sind besonders gefährdet. Herr Storjohann, wir beide haben hier in diesem Hause den Vorschlag gemacht, ein Mehrphasenmodell einzuführen, also junge Menschen, die keine Möglichkeit haben, ab 17 Jahren begleitet im Auto zu fahren, auch nach der Fahrprüfung zu unterstützen. (Oliver Luksic [FDP]: Sinnvoller als ein Tempolimit 120!) Unser Antrag wurde abgelehnt. Ihr Antrag wurde angenommen; das ist wenigstens etwas. Aber was ist passiert? Der Herr Minister hat ihn schlicht ignoriert. Als die Verkehrssicherheitsverbände dann gefragt haben, was denn nun in diesem Bereich passiere, haben Sie, Herr Ramsauer, geantwortet: Ich habe einen Bericht angefordert; er liegt gerade auf meinem Tisch. – Meine Herren und Damen, ich vermute, da wird dieser Bericht auch noch im Oktober liegen, wenn der neue Minister oder die neue Ministerin einer rot-grünen Regierung dieses Büro übernehmen wird. Ich kann Ihnen aber versichern: Dann wird dieser Bericht ausgewertet, und dann werden wir etwas tun. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Alcolocks, Herr Storjohann, ist noch ein Thema im Bereich der Verkehrssicherheit, bei dem wir uns einig sind. Jeder zehnte Verkehrsunfalltod wird durch Alkoholmissbrauch verursacht. Andere Länder haben technische Möglichkeiten, um Wiederholungsgefahren zu verhindern. Wir beide haben uns für die Einführung von Alcolocks ausgesprochen. Der Minister hat einen Bericht angefordert, der – Sie ahnen es – auf seinem Schreibtisch liegt. Die Verkehrssicherheitsverbände, die den Antrag gestellt haben, zu diesem Thema einen Pilotversuch durchführen zu dürfen, haben bis heute keine Antwort bekommen. Ich vermute einmal: Auch dieser Mangel wird erst im Oktober geheilt werden können. Viel hängt beim Thema Verkehrssicherheit von der Qualität von Schulungen ab. Diese Bundesregierung will im Rahmen der Reform des Punktesystems die unwirksamen Seminare durch wirksame ersetzen. Wir wissen alle: Qualität kostet Geld. Wenn diese neuen Seminare, wie geplant, bis zu 800 Euro kosten werden, dann, denke ich, haben die Menschen in diesem Land ein Anrecht darauf, dass überprüft wird, ob sie dieses Geld nicht umsonst ausgeben, sondern für eine wirksame Maßnahme. Herr Storjohann, Sie haben bei der letzten Debatte zu diesem Thema richtigerweise gesagt: Wir müssen in das Gesetz verpflichtend aufnehmen, dass nach einer gewissen Zeit überprüft wird, ob diese Maßnahmen etwas bringen oder nicht. – Was hat Ihr Minister gemacht? Sie ahnen es: (Zurufe von der SPD: Nichts!) Nichts! Das ist unmöglich. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Aber nicht neu!) Ich könnte die Beispiele fortführen. Fazit ist: Dieser Minister hat in den letzten vier Jahren zum Thema Verkehrssicherheit viel angekündigt, aber wenig entschieden. Wenn das Thema effektiv angegangen werden soll, dann müssen wir das tun, wenn wir in Regierungsverantwortung sind, und das umsetzen, was die SPD in ihr Regierungsprogramm geschrieben hat, nämlich die Verkehrssicherheit ernst nehmen und die Probleme, die schon auf dem Tisch liegen – und zwar auf Ihrem Tisch, Herr Minister –, mit allen Akteuren, den ehrenamtlichen und den hauptamtlichen, endlich angehen. Ich freue mich darauf. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster und letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Thomas Jarzombek. Bitte schön, Kollege Thomas Jarzombek. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Thomas Jarzombek (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über Verkehrssicherheit. Schauen wir uns die Zahlen an: Auf 1 Milliarde gefahrene Kilometer kommen in Deutschland 3,1 Tote, in Österreich hingegen 4,8 Tote und in den USA sogar 5 Tote. Diese Zahlen sind immer noch zu hoch; aber sie zeigen offensichtlich, dass die Anzahl der Verkehrstoten nicht mit Geschwindigkeitslimits korreliert. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für eine blöde Aussage? Das ist doch statistisch gar nicht haltbar, was Sie da sagen!) Lassen Sie uns einmal darauf schauen, wo beim Thema Verkehrssicherheit die Handlungsfelder sind. Die Zahl der Verkehrstoten auf der Landstraße ist sieben Mal höher als die Zahl der auf der Autobahn Getöteten; sie macht einen Anteil von 60,9 Prozent aus. Im Bereich der Landstraße müssen wir viel mehr tun als bisher. Worum es geht, ist eine angepasste Geschwindigkeit. (Florian Pronold [SPD]: Wollen Sie das Tempolimit auf der Landstraße aufheben, oder was?) Am gefährlichsten sind die, die auf der Landstraße immer das vorgegebene Tempo fahren, egal wie die Verkehrsbedingungen sind. Wir brauchen eine angepasste Geschwindigkeit. Was wir auch brauchen, sind Vorbilder und Leute mit Vernunft, die den Menschen die richtigen Ideen geben. Ich zitiere aus einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Woher kommt Ihre Freude am schnellen Autofahren? Frau Nahles’ Antwort: Ich wohne zehn Kilometer entfernt vom Nürburgring. In der ganzen Region gibt es viel Begeisterung für den Motorsport. Es macht halt unheimlich Spaß, durch die Eifel zu fahren. Weil es so kurvige Strecken sind … Meine Damen und Herren, da kommen die Unfalltoten her: durch das Rasen auf den Landstraßen, nicht durch diejenigen, die auf der Autobahn 150 fahren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Ihr größter Feind ist die Logik, oder?) Die Technik wird die Vernunft nie ersetzen können. Aber wir haben hier allerhand erreicht. Wir haben es zum Beispiel seit 2011 geschafft, ein elektronisches Stabilitätsprogramm, ESP, verpflichtend einzuführen, was sicherlich gerade auf der Landstraße viele Erfolge bringt. (Florian Pronold [SPD]: Bei der Landstraße überhaupt? Wollen Sie ein Tempolimit auf der Landstraße?) – Kollege Pronold, dass Sie nicht im Schattenkabinett sind, tut mir leid. Aber wenn Sie eine Rednerplattform brauchen, dann drücken Sie den Knopf und melden Sie sich zu Wort! (Florian Pronold [SPD]: Das würde ich gerne machen! Herr Präsident, ist die Möglichkeit gegeben? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Herr Präsident, lassen Sie doch bitte Herrn Pronold sprechen!) Maulen Sie nicht unentwegt herum, und berauben Sie mich nicht meiner Redezeit! Also, Ruhe jetzt dahinten! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Angepasste Geschwindigkeit ist also das Thema. Ein weiteres Thema ist die Frage, wie viele Unfälle wir eigentlich innerorts haben. Sie werden feststellen: 70 Prozent der Unfälle geschehen innerorts. Das kann man beobachten. Ich bin heute Morgen mit dem Fahrrad die Linienstraße entlanggefahren. Dort sind unglaublich viele Radfahrer zu sehen; man sieht aber auch Autos daneben. Es gibt viel Konfliktpotenzial. Ich glaube, dass wir gerade beim Thema Sicherheit in den Innenstädten viel mehr tun müssen als bisher. Ich wundere mich, dass die Grünen dort so wenig tun. Nehmen wir zum Beispiel die aktiven Motorhauben. Einige Fahrzeuge haben sie; andere haben sie nicht. Was passiert, wenn wirklich ein Auto mit einem Radfahrer kollidiert? Ich glaube, hier können wir noch eine Menge an Sinnvollem tun. Die Frage ist: Gibt es durch ein Tempolimit eigentlich weniger Staus? Der Rheinischen Post hat der sehr renommierte Unfallforscher Professor Schreckenberg gesagt: „Das ist Unsinn“. (Florian Pronold [SPD]: Wenn jemand Ihre Rede hört, sagt er auch: „Das ist Unsinn“!) Weiter hat er gesagt – dabei geht es eigentlich um das Bild, das wir vom mündigen Bürger haben –: Im Auto muss der Fahrer wissen, dass ihn auf den nächsten 20 Kilometern zähfließender Verkehr erwartet. Dann passt er von selbst seine Geschwindigkeit an und rast nicht mehr mit 180 km/h in den Stau hinein. (Florian Pronold [SPD]: Ich habe selten erlebt, dass ein solches Angriffsthema so versemmelt worden ist wie von Ihnen!) Deshalb brauchen wir mehr Informationen, mehr Freiheit und mehr Selbstverantwortung. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die aktive Motorhaube! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zur aktiven Motorhaube! Das interessiert uns jetzt!) Wir müssen nicht jedem Autofahrer alles vorschreiben. Wenn die rot-grüne Mehrheit in Prenzlauer Berg – ich habe dort meine Zweitwohnung – aus 16 Parkplätzen 8 Parkplätze macht und mutwillig einfach die Parkflächen wegreduziert, dann ist das Bevormundung. Damit werden Sie das Rad und die Bahn nicht attraktiver machen. Wir müssen Verkehrsmittel attraktiver machen, statt andere abzuqualifizieren. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sagen Sie was zur aktiven Motorhaube! Das haben wir nicht ganz verstanden!) Am Ende möchte ich noch auf den Zeitpunkt dieser ganzen Initiative zu sprechen kommen. (Florian Pronold [SPD]: Man könnte meinen, da vorn ist ein Büttenredner!) Denn es ist eine erstaunliche Koinzidenz, dass genau zu dem Zeitpunkt, als die Deutsche Telekom erklärt hat, dass sie ihre Internettarife umstellt, Sigmar Gabriel auf solche Ideen gekommen ist. (Florian Pronold [SPD]: Jetzt kommen Sie mit der Datenautobahn! Tempolimit auf der Datenautobahn durch die CDU/CSU!) Dabei hat man tatsächlich den Eindruck: Während die Telekom beschlossen hat, nach 75 Gigabyte ihre Kunden zu drosseln, hat Sigmar Gabriel offensichtlich beschlossen, nach 200 Wahlkampftagen die SPD auf 23 Prozent zu drosseln. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Insofern kann ich nur feststellen: Sigmar Gabriel ist die rote Drossel von Peer Steinbrück. Einen schönen Tag noch. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wie war das eigentlich mit der Motorhaube? Dazu haben wir nichts gehört!) Vizepräsident Eduard Oswald: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf morgen, Donnerstag, den 16. Mai 2013, um 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 16.33 Uhr) Berichtigung 238. Sitzung, Seite 30053, A, D, die Zwischenrufe des Abg. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sind wie folgt zu lesen: „Das haben wir Otto Schily jeden Tag erzählt!“ – „Der Experte Uhl meldet sich zu Wort! Kreisverwaltungsreferent außer Dienst!“ Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 15.05.2013 Aschenberg-Dugnus, Christine FDP 15.05.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 15.05.2013 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15.05.2013 Bellmann, Veronika CDU/CSU 15.05.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 15.05.2013 Da?delen, Sevim DIE LINKE 15.05.2013 Dyckmans, Mechthild FDP 15.05.2013 Ferner, Elke SPD 15.05.2013 Gabriel, Sigmar SPD 15.05.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 15.05.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 15.05.2013 Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15.05.2013 Kunert, Katrin DIE LINKE 15.05.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.05.2013 Pieper, Cornelia FDP 15.05.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 15.05.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.05.2013 Steinbrück, Peer SPD 15.05.2013 Dr. Strengmann-Kuhn, Wolfgang BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15.05.2013 Dr. Toncar, Florian FDP 15.05.2013 Zylajew, Willi CDU/CSU 15.05.2013 Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 2): Durch welche aktuellen Aktivitäten unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen der Initiative Welt Wald Klima – World Forest Foundation des Senats der Wirtschaft e. V., die Aufforstung und Restaurierung beschädigter Wälder – wie im Rahmen der Waldkonferenz Bonn Challenge am 2. September 2011 angekündigt – weltweit im großem Maßstab voranzubringen, unter anderem um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen, und welche Folgeaktivitäten bzw. Folgekonferenzen zur Bonn Challenge sind geplant? Der Wiederaufbau von Waldökosystemen und ihren Dienstleistungen ist – neben dem ebenso wichtigen Erhalt der noch bestehenden Naturwälder – eine wichtige Aufgabe und ein politisches Ziel der deutschen Bundesregierung. Deshalb veranstaltete das BMU gemeinsam mit der Internationalen Naturschutzunion, IUCN, im Jahr 2011 die Bonn Challenge. Die Teilnehmer aus zahlreichen Ländern formulierten das Ziel, bis 2020 weltweit 150 Millionen Hektar an Wäldern wiederaufzubauen und dabei Synergien der Klimarahmenkonvention, UNFCCC, und der Konvention über die biologische Vielfalt, CBD, der Vereinten Nationen zu nutzen. Die Konferenz löste positive Reaktionen aus und gab dem Thema des Wiederaufbaus von Wäldern einen neuen Schub auf internationaler Ebene. Der Senat der Wirtschaft stellte auf der Konferenz die Welt-Wald-Klima-Initiative vor, mit der er das privatwirtschaftliche Engagement für den Wiederaufbau von Wäldern durch deutsche Unternehmer stimulieren und lenken will mit dem Ziel, große Summen in den Wiederaufbau von Waldökosystemen zu investieren. Die Initiative korrespondiert mit der Zielsetzung der Bonn -Challenge. Eine finanzielle Unterstützung der Welt-Wald-Klima-Initiative durch die Bundesregierung besteht nicht und wurde seitens des Senats der Wirtschaft auch nicht angefragt. Vielmehr will dieser die Wiederaufforstung und Restaurierung von Wäldern nur aus privaten Mitteln fördern. Die Bundesregierung unterstützt die Ziele der Bonn Challenge durch verschiedene Aktivitäten. So fördert sie über die Finanzielle und Technische Zusammenarbeit sowie das REDD Early Mover Programm, REM, des BMZ und über die Internationale Klimaschutzinitiative, IKI, des BMU zahlreiche Projekte zum Wiederaufbau von Wäldern in Schwellen- und Entwicklungsländern. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung internationale Prozesse zum Erhalt und Wiederaufbau von Wäldern über die Forest Carbon Partnership Facility, FCPF, der Weltbank. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, hat außerdem bisher zwei Follow-up-Treffen zur Bonn Challenge mit verschiedenen deutschen Stakeholdern – vor allem Forstdienstleistern – durchgeführt, um die Akteure zu vernetzen und mit ihnen unter anderem über Möglichkeiten für Public Private Partnerships, förderliche Rahmenbedingungen für Investitionen der Privatwirtschaft und Standards für Wiederaufforstungsprojekte zu diskutieren. An den Treffen nahm auch der Senat der Wirtschaft teil. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung weitere internationale Prozesse, die den Wiederaufbau von Wäldern im Sinne der Bonn Challenge befördern sollen: Beispielsweise ist das BMU an der Einrichtung eines entsprechenden Weltbeirats beteiligt und unterstützte den Beschlussvorschlag „Support for the Bonn Challenge on Restoration of Lost Forests and Degraded Lands“, den das World Resources Institute, WIR, beim IUCN-Kongress im September 2012 in Jeju, Südkorea, einbrachte. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 5): Wird die Bundesregierung nach dem IV. Petersberger Klimadialog das nationale Ziel 40 Prozent CO2-Einsparung bis 2020 nun verbindlich an die Europäische Kommission melden, und, wenn nein, warum nicht? Im Rahmen der EU-Lastenteilung zur ersten Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls hat sich Deutschland verpflichtet, seinen Treibhausgasausstoß im Zeitraum 2008 bis 2012 insgesamt um 21 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Dieses Ziel hat Deutschland deutlich übertroffen. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung im Energiekonzept das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Eine Meldung dieses Ziels an die EU-Kommission ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Für die zweite Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls, 2013 bis 2020, haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, nur noch 80 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 zu emittieren. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben erklärt, dass sie ihre Verpflichtungen im Sinne von Art. 4 Kioto-Protokoll gemeinsam erfüllen werden. Dabei können einzelne Mitgliedstaaten eine von den 80 Prozent abweichende Verpflichtung übernehmen und müssen diese jeweils bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Sekretariat des Kioto-Protokolls beifügen. Wie die Aufteilung der gemeinsamen Verpflichtung gemäß Art. 4 Kioto-Protokoll vorgenommen wird, wird die Bundesregierung zusammen mit den anderen europäischen Mitgliedstaaten entscheiden. Die Europäische Kommission wird hierzu zeitnah einen ersten Vorschlag vorlegen. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 6): Wird die Bundesregierung noch vor der Bundestagswahl einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der sogenannten Strompreisbremse vorlegen, und, wenn ja, wann? Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben einen gemeinsamen Vorschlag zur Strompreissicherung unterbreitet. In den Gesprächen mit den Ländern konnte darüber bisher noch keine Einigung erzielt werden. Eine solche Einigung ist jedoch Voraussetzung, um ein Gesetzgebungsverfahren erfolgversprechend einzuleiten. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 13): Bei welchen der in der Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 15, Plenarprotokoll 17/236, Anlage 3 genannten Berichten, in denen es um finanzielle Aspekte im Zusammenhang mit Arbeiten am havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl und dem dazugehörigen Brennelementelager geht, ist die Bundesregierung bereit, interessierten Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine vertrauliche Einsichtnahme über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zu ermöglichen – ähnlich wie die Bundesregierung dies derzeit in Zusammenhang mit dem ICSID-Schiedsgerichtsverfahren von Vattenfall AB gegen die Bundesrepublik Deutschland ermöglicht –, und, falls die Bundesregierung bei keinem einzigen dieser Berichte hierzu bereit ist, wie lautet die Vertraulichkeitsvereinbarung der Geberversammlung, die einer solchen vertraulichen Einsichtnahme unter Geheimschutzbedingungen nach Ansicht der Bundesregierung entgegensteht, im exakten Wortlaut, bitte mit Angabe der konkreten schriftlichen Unterlage, die diese konkrete Regelung/Vereinbarung enthält? Die Bundesregierung ist bereit, allen interessierten Abgeordneten eine vertrauliche Einsichtnahme in alle Berichte aus Plenarprotokoll 17/236 Anlage 3, in denen es um finanzielle Aspekte geht, zu ermöglichen. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 14): Wird die Bundesregierung die Ukraine bezüglich des Atomkraftwerksvorhabens Khmelnitsky 3 und 4 um eine Notifizierung gemäß Art. 3 des UN/ECE-Übereinkommens (2008/871/EG) über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen – Espoo-Konvention – bitten, und wird sie die Türkei bezüglich des Atomkraftwerksvorhabens Akkuyu um eine freiwillige grenzüberschreitende Beteiligung der deutschen Bevölkerung an der derzeit noch laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung des Akkuyu-Vorhabens bitten – bitte bei beiden Frageteilen mit Begründung, falls nein? Bei der Unterrichtung im zwischenstaatlichen Verhältnis über geplante Projekte im Bereich der Kernenergie kommen unterschiedliche völkerrechtliche und EU-rechtliche Vorschriften zur Anwendung. Nach den Bestimmungen der Espoo-Konvention vom 25. Februar 1991 sowie der UVP-Richtlinie sind die Vertragstaaten der Konvention und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, sich über geplante UVP-pflichtige Projekte zu unterrichten, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt im Gebiet des anderen Vertrag- oder Mitgliedstaats haben können. Laut Espoo-Datenblatt hat die Ukraine im Jahre 2010 den Staaten Weißrussland, Polen, Moldawien, Russland, Rumänien, Slowakei, Ungarn und Österreich das Projekt auf der Grundlage eigenverantwortlicher Vorhabenbeurteilungen notifiziert. Da die Ukraine für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt angenommen hat, fand eine entsprechende Notifikation gegenüber der Bundesrepublik Deutschland nicht statt. Unabhängig davon setzt sich die Bundesregierung international für möglichst hohe und verbindliche Sicherheitsstandards bei der Nutzung der Kernenergie ein. Davon ausgehend nutzt die Bundesregierung regelmäßig auch bilaterale Gelegenheiten, um mit der Ukraine Sicherheitsanliegen der deutschen Seite zu thematisieren. Die Türkei ist weder Mitgliedstaat der Europäischen Union noch Signatar der Espoo-Konvention und hat davon ausgehend anderen Staaten auf freiwilliger Basis keine grenzüberschreitende Beteiligung zum Kernkraftwerksprojekt am Standort Akkuyu angeboten. Auf nationaler Ebene führt die Türkei für die Planungs-, Bau- und Bewilligungsphase eine Umweltprüfung durch. Zudem arbeitet die Türkei auch im Bereich der Kernenergie mit der Europäischen Union zusammen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) (Drucksache 17/13393, Fragen 17 und 18): Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die „Innovationsförderung in den neuen Ländern“ (Einzelplan 30 Titel 685 10) aufgrund der Einsparzwänge im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der „Produktions- und Dienstleistungsforschung, Arbeiten und Kompetenzentwicklung“ (Einzelplan 30 Titel 683 24) aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013 und angesichts der Tatsache, dass dieser Titel von 2012 zu 2013 bereits um 5,6 Millionen Euro gekürzt wurde? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass die Themen Bildung und Forschung hohe Priorität haben. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/13393, Fragen 19 und 20): Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung von Innovationen und Strukturentwicklungen in der beruflichen Bildung, mit der unter anderem auch die Projekte Bildungsketten, Jobstarter und „Perspektive Berufsabschluss“ gefördert werden (Einzelplan 30 Titel 685 20), aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der verbesserten Berufsorientierung (Einzelplan 30 Titel 685 21) aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass die Themen Bildung und Forschung hohe Priorität haben. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 21): Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der „Forschung an Fachhochschulen“ (Einzelplan 30 Titel 685 11) aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass die Themen Bildung und Forschung hohe Priorität haben. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 22): Um welches Forschungsvorhaben in Kooperation mit dem Bundesland Niedersachsen handelt es sich bei der Förderaktivität „Entsorgungsforschung“ – Titel „Stilllegung und Rückbau kerntechnischer Versuchs- und Demonstrationsanlagen“ –, und wie passen diese Pläne des BMBF zu der ergebnisoffenen Suche nach einem Atommüllendlager? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, hat gemeinsam mit dem Land Niedersachsen den Aufbau einer Wissensplattform zur nuklearen Entsorgungsforschung gestartet. Die Plattform, die von der Niedersächsischen Technischen Hochschule, NTH, -koordiniert wird, soll zukünftig Forschungsergebnisse zur Entsorgung von nuklearem Material überregional bündeln und dadurch zu einem wichtigen Beratungszentrum für Bund und Länder in Fragen einer sicheren und nachhaltigen Entsorgung radioaktiver Abfälle werden. Projektpartner der NTH sind das Karlsruher Institut für Technologie, KIT, die Freie Universität Berlin und die Universität Kiel. Die Wissensplattform ist ergebnisoffen konzipiert und nicht auf bestimmte Standorte oder geologische Formationen ausgerichtet. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Swen Schulz (Spandau) (SPD) (Drucksache 17/13393, Fragen 23 und 24): Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung des internationalen Studierenden- und Wissenschaftleraustausches, etwa durch den Deutschen Akademischen -Austauschdienst e. V. und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung (Einzelplan 30 Titel 681 01) aufgrund der Einspar-zwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen -Finanzzusagen in Milliardenhöhe von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der Stärkung der Leistungsfähigkeit im Bildungswesen, mit der unter anderem auch die Projekte der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, „Kultur macht stark“, „Lernen vor Ort“ sowie zur Sprachförderung gefördert werden (Einzelplan 30 Titel 685 41), aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass die Themen Bildung und Forschung hohe Priorität haben. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) (Drucksache 17/13393, Fragen 25 und 26): Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der „Softwaresysteme, Wissenstechnologien“ (Einzelplan 30 Titel 683 21) aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013 und angesichts der Tatsache, dass dieser Titel von 2012 zu 2013 bereits um 10 Millionen Euro gekürzt wurde? Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Förderung der Forschung zum Thema „Demografischer Wandel, Mensch-Technik-Interaktion“ (Einzelplan 30 Titel 683 22) aufgrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013 und angesichts der Tatsache, dass dieser Titel von 2012 zu 2013 bereits um 4 Millionen Euro gekürzt wurde? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass die Themen Bildung und Forschung hohe Priorität haben. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Druck-sache 17/13393, Frage 27): Welche Spielräume sieht die Bundesregierung noch für die Verbesserung der Ausbildungsförderung in der Aufstiegsfortbildung sowie beim Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG, vor dem Hintergrund der Einsparzwänge im BMBF-Haushalt infolge des Eckwertebeschlusses des Bundeskabinetts zum Bundeshaushalt 2014 und Finanzplan bis 2017 vom 13. März 2013 sowie der zusätzlichen Finanzzusagen von Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka an die Länder für den Hochschulpakt vom 12. April 2013 und in Anbetracht der Kürzungen in beiden Titeln im Bundeshaushalt von 2012 zu 2013? Mit den Aussagen in den Eckwerten zum Hochschulpakt 2020 zeigt die Bundesregierung erneut, dass sie dem Thema Bildung hohe Priorität einräumt. Derzeit befinden wir uns im regierungsinternen Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014, deshalb können noch keine Aussagen zu der Entwicklung einzelner Titel getroffen werden. Bundesministerin Professor Dr. Wanka hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass sie zunächst in einem vertraulichen Dialog mit den Ländern weiter ausloten möchte, welche Änderungsvorschläge zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG, auch definitiv von den Ländern mitgetragen, also auch mitfinanziert werden. In diesem Sinne hat sie am 11. April 2013 mit ihren Länderkolleginnen und -kollegen Einvernehmen darüber erzielt, durch eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärs-ebene zunächst eine Verständigung über Vorschläge und Prioritäten vorbereiten zu lassen, bevor konkrete Einzelvorschläge öffentlich zur Diskussion gestellt werden. Dies macht zugleich auch deutlich, dass Auswirkungen auf den Bundeshaushalt insoweit noch nicht beziffert werden können. Gleiches gilt auch für das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 28): Wie viele Anrufe sind seit Beginn des Jahres 2013 bei der BMBF-Hotline „BAföG“ und wie viele Anrufe sind bei der Hotline „Meister-BAföG“ eingegangen? Für die Hotline zum BAföG gingen seit dem 1. Januar 2013 insgesamt 29 150 Anrufe – Stand 9. Mai 2013 – ein. Für die Hotline zum Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, AFBG, gingen seit dem 1. Januar 2013 insgesamt 12 738 Gespräche – Stand 9. Mai 2013 – ein. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Druck-sache 17/13393, Frage 29): In welcher Weise wird die Bundesregierung – anlehnend an Aktivitäten und Erfahrungen zur Lutherdekade 2008 bis 2017 – den 200. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai 2018 und weitere Karl-Marx-Jubiläen im Jahr 2018 als kulturpolitisches, geschichtliches und touristisches Ereignis fördern und mitgestalten? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine konkreten Planungen für Projekte oder Aktivitäten der Bun-desregierung zum 200. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai 2018 in Anlehnung an Aktivitäten zur Luther-dekade 2008 bis 2017. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 30): Welches Effizienzziel hat die Bundesregierung der Europäischen Kommission zum Stichtag 30. April 2013 im Rahmen der EU-Energieeffizienzrichtlinie und im Rahmen des Nationalen Reformprogramms gemeldet (gemessen als Primärenergieeinsparung in Prozent gegenüber 2008 und in Mtoe, Millionen Tonnen Öleinheit), und in welchem Verhältnis steht dieses Effizienzziel zum Energiekonzept der Bundesregierung? Die Bundesregierung hat bisher noch kein Effizienzziel an die EU-Kommission gemeldet, da die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zurzeit noch nicht abgeschlossen ist. Sobald eine Einigung innerhalb der Bundesregierung erzielt ist, wird die Meldung schnellstmöglich erfolgen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 31): Durch welches Verfahren (offenes und transparentes Ausschreibungsverfahren, einzelne nichtöffentliche Vertragsaushandlung etc.) werden die Betreiber von Erzeugungsanlagen (bitte nach Bestandsanlagen und neu zu errichtenden Anlagen aufschlüsseln) im Rahmen der Reservekraftwerksverordnung für die Bereitstellung von Leistung vergütet, und von welchen zusätzlichen Kosten pro Kilowattstunde ist dadurch für die Stromkunden auszugehen (bitte nach Industrie und Privatkunden aufschlüsseln)? Die Reservekraftwerksverordnung wird derzeit von der Bundesregierung erarbeitet und soll bis zum Sommer vom Kabinett beschlossen werden. Daher gibt es derzeit noch keine verbindliche Festlegung zum Verfahren der Preisfindung im Hinblick auf Bestandsanlagen und eventuell neu zu errichtende Anlagen sowie die hieraus für die Endverbraucher entstehenden Kosten. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 34): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Kriegswaffenexporte an das Emirat Katar aufgrund seiner inneren Verfasstheit und seiner geografischen Lage in einer Spannungsregion mit den geltenden Rüstungsexportrichtlinien unvereinbar sind, und, wenn nein, wieso nicht? Wie Sie wissen, trifft die Bundesregierung ihre Entscheidungen über die Genehmigung von Rüstungsexporten auf der Grundlage der Politischen Grundsätze aus dem Jahr 2000. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Dazu gehört auch die geografische Lage der Empfängerlandes und dessen innere Lage. Im Falle Katars ist die Bundesregierung in den von ihr positiv entschiedenen Fällen nach sorgfältiger Prüfung unter Berücksichtigung auch der genannten Faktoren zu der Auffassung gelangt, dass entsprechende Genehmigungen erteilt werden konnten. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 35): Welche zwingenden sicherheitspolitischen Gründe im Sinne der Rüstungsexportrichtlinien rechtfertigen nach Ansicht der Bundesregierung die jüngsten Genehmigungen für Kriegswaffenexporte nach Indonesien? Nach den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für Rüstungsgüterexporte sind unter anderem -außen- oder sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland Voraussetzungen für Genehmigungen für Kriegswaffenexporte. Unter Abwägung dieser und aller anderen Umstände der jeweiligen Einzelfälle ist die Bundesregierung zu ihren in der Frage angesprochenen Entscheidungen gelangt. Dabei war von besonderer Bedeutung, dass Indonesien in den letzten Jahren einen eindruckvollen Demokratisierungsprozess vollzogen hat. Indonesien ist freundschaftlich mit Deutschland verbunden und ein zuverlässiger Partner in der Region. Indonesien ist nicht in internationale Konflikte ver-wickelt und betreibt eine auf friedlichen Ausgleich gerichtete Außenpolitik. Anlage 20 Antwort des Staatsministers Michael Link auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 36): Inwieweit hält es die Bundesregierung für mit dem deutschen Recht vereinbar, dass die eritreische Regierung das -Einkommen von in Deutschland lebenden und wirtschaftenden eritreischen Staatsangehörigen mit 2 Prozent „Aufbausteuer“ besteuert, und inwieweit unterstützt die Bundesregierung eritreische Staatsangehörige, die sich weigern, die Steuer zu entrichten und deshalb ihren Pass von eritreischen Auslandsvertretungen entzogen bzw. nicht verlängert bekommen? Die eritreische „Aufbausteuer“ wurde 1994 von der Nationalversammlung beschlossen und trat zum 1. Januar 1995 in Kraft. Danach müssen alle im Ausland -lebenden Eritreer 2 Prozent ihres dort erzielten Nettoeinkommens an die eritreische Regierung entrichten. Nach der entsprechenden Gesetzesvorschrift hat das eritreische Außenministerium in Zusammenarbeit mit seinen Auslandsvertretungen und Beauftragten weltweit die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die „Aufbausteuer“ an die zuständige Finanzbehörde in Eritrea überwiesen wird. Die Besteuerung selbst verstößt nicht gegen völkerrechtliche Regeln. Die Bundesregierung kann eritreische Staatsangehörige, denen wegen Nichtentrichtung der „Aufbausteuer“ der Pass entzogen oder nicht verlängert wird, wegen der Personal- und Passhoheit des Herkunftstaates nur bei -unzumutbaren Sachverhalten durch Ausstellung eines Passersatzpapiers beschränkt unterstützen. Als zumutbar gelten Pflichten, wie sie auch das deutsche Passgesetz in § 7 normiert, wonach deutschen Staatsangehörigen ein Pass zu versagen ist, wenn sie sich ihren steuerlichen Pflichten entziehen. Anlage 21 Antwort des Staatsministers Michael Link auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Druck-sache 17/13393, Frage 37): Wie hat die Bundesregierung bislang auf die Berichte über israelische Luftangriffe in Syrien reagiert, über die sich der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon „sehr besorgt“ zeigte und in deren Folge er alle Staaten der Region aufforderte, gegenseitig ihre Souveränität und territoriale Integrität zu respektieren, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich hierbei um einen völkerrechtswidrigen Akt handeln würde, falls sich die Berichte über israelische Luftangriffe in Syrien bestätigen sollten? Die Bundesregierung hat am 6. Mai 2013 im Rahmen der Bundespressekonferenz vor der Gefahr eines Übergreifens des Syrien-Konflikts auf die gesamte Region gewarnt und alle Seiten dazu aufgefordert, einen regionalen Flächenbrand zu vermeiden. Die Bundesregierung teilt darüber hinaus die Sorge vor einer unkontrollierten Proliferation von Waffen aus den Arsenalen der syrischen Armee. Eine rechtliche Bewertung des Vorgangs im Sinne der Fragestellung setzt eine präzise Kenntnis der Faktenlage voraus, über die die Bundesregierung nicht verfügt. Anlage 22 Antwort des Staatsministers Michael Link auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 38): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der zuletzt von der International Crisis Group („Blurring the Borders: -Syrian Spillover Risks for Turkey“, Europe Report Nr. 225) getroffenen Feststellung, dass das angeblich von der syrischen Armee am 22. Juni 2012 über internationalen Gewässern abgeschossene türkische Aufklärungsflugzeug keine Spuren von Raketenbeschuss aufwies, und welche Konsequenzen ergeben sich hieraus nach Auffassung der Bundesregierung auf die bei den auf Antrag der Türkei durchgeführten Konsultationen nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrages festgestellte „Bedrohung der Unversehrtheit des türkischen Staatsgebiets“, die im Mandat des NATINADS-Einsatzes als Begründung für die Verlegung von Soldaten und Patriot-Luftabwehrbatterien der Bundeswehr in die Türkei angegeben wird? Es entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung, wie gemäß Ihrer Frage die International Crisis Group, ICG, in der genannten Studie eindeutig festgestellt haben könnte, dass das angesprochene türkische Flugzeug keine Spuren von Raketenbeschuss aufwies. Dementsprechend ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung auch keine Konsequenzen hinsichtlich der Beurteilung zur Bedrohung der Unversehrtheit des türkischen Staatsgebiets. Anlage 23 Antwort des Staatsministers Michael Link auf die Fragen des -Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/13393, Fragen 39 und 40): Welche ungeregelten Grenz- und Minderheitenkonflikte in Südostasien, von denen Indonesien direkt oder indirekt betroffen ist, sind der Bundesregierung bekannt? Welchen außen- und sicherheitspolitischen Zugewinn für Südostasien erwartet die Bundesregierung mit der genehmigten Lieferung von 100 Leopard-2-Kampfpanzern und 50 Schützenpanzern vom Typ Marder an Indonesien? Zu Frage 39: Die Republik Indonesien ist in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Verbands Südostasiatischer Nationen, ASEAN, von den Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer betroffen, da das Thema Südchinesisches Meer regelmäßig im ASEAN-Rahmen, zuletzt beim ASEAN-Gipfel im April 2013, behandelt wird. Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Volksrepublik China Ansprüche auf die Natuna-Inseln im Südchinesischen Meer erhebt, die Indonesien zu seinem Staatsgebiet zählt. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat es zwischen den betroffenen Parteien keine Auseinandersetzungen gegeben. Ferner sind die Seegrenzen zwischen Indonesien, Malaysia und der Republik Singapur sowie ein Teil der indonesischen Landgrenze mit der Demo-kratischen Republik Timor Leste noch nicht in Gänze festgelegt. Nach Kenntnis der Bundesregierung gehen alle betroffenen Staaten umsichtig mit diesen Fragen um. Die komplexe Lage zwischen ethnischen und/oder -religiösen Minderheiten in den beiden ost-indonesischen Papua-Provinzen – Westpapua – verfolgt die Bundes-regierung sehr aufmerksam und spricht sie regelmäßig in ihren Kontakten mit Vertretern der indonesischen Regierung und der indonesischen Zivilgesellschaft an. Zu Frage 40: Die Republik Indonesien hat in den letzten Jahren -einen eindrucksvollen Demokratisierungsprozess voll-zogen. Auch in der Region hat das Land konstruktiv -Verantwortung übernommen und trägt zur Vertrauens-bildung bei. So leistet Indonesien unter anderem in -multilateralen Gremien wie dem ASEAN-Regional-forum einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit und den Frieden in der Region Asien-Pazifik. Die Bundesregierung begrüßt dies ausdrücklich und sieht in Indonesien einen wichtigen und verlässlichen Partner. Die entsprechenden außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung werden – unter Berücksichtigung der Menschenrechtslage vor Ort – vor diesem Hintergrund getroffen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 42): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den belegten Fällen ungenehmigter und politisch brisanter Nebentätigkeiten von deutschen Beamten im Ausland, wie der Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte 1979 bis 1983 und Anfang 2006 durch mehrere Bundeswehrsoldaten, GSG-9-Beamte und ehemalige Verfassungsschützer (http://das-blaettchen.de/2011/04/alles-privat-die-ausbildung-libyscher-sondereinheiten- durch-deutsche-spezialisten-4453.html), nachdem sie am 6. Mai 2013 auf meine schriftliche Frage auf Bundestagsdrucksache 17/13394 eigene Erkenntnisse über beamtete deutsche Söldner – und dahin gehende präzise Medienberichte vor allem vom 28. April 2013, etwa FAZ: „… die Bundeswehr schaut nicht so genau hin“ – verneint hatte, und wird sie nun durch geeignete Maßnahmen Klarheit schaffen, etwa durch Einfordern dienstlicher Erklärungen der Bediensteten der Bundeswehr, von Zoll, Bundespolizei und Geheimdiensten, ob sie für private Sicherheitsunternehmen, etwa in ihren Urlauben oder anderen Abwesenheitszeiten, tätig sind oder waren? Wie bereits in der Beantwortung der schriftlichen Frage vom 29. April 2013 dargelegt, ist eine Tätigkeit aktiver Soldaten bzw. Polizeivollzugsbeamter des Bundes bei privaten Sicherheitsunternehmen im Sinne der Medienberichte aufgrund des Zusammenhangs mit dem Hauptamt und des bestehenden Interessenkonflikts grundsätzlich nicht zulässig. Bei Bekanntwerden würden solche Fälle aufgeklärt und Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Die Beamten der Sicherheitsbehörden des Bundes und die Soldaten der Bundeswehr werden regelmäßig über ihre Pflichten und die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten belehrt. Darüber hinausgehende Maßnahmen sind nicht angezeigt. Die von Ihnen angesprochene mögliche Ausbildung libyscher Sondereinheiten durch deutsche Polizisten bzw. Soldaten war bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/9157 vom 9. Mai 2008. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 43): Wann werden hinsichtlich des Vertrages zwischen dem Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern und der Firma Elaman GmbH vom März 2013 bezüglich des Kaufs von staatlich genutzter Hackersoftware jeweils Zahlungen fällig – bitte auch die Höhe im Einzelnen angeben, aufgeschlüsselt nach einmaliger Kaufsumme sowie Lizenzgebühren –, und aus welchem Grund ist der Vertrag bereits geschlossen bzw. fließen bereits Gelder, obschon die Überprüfung des Quellcodes der Software durch die Firma noch nicht abgeschlossen ist, nach Ansicht des Fragestellers die Funktionsweise der Spionagesoftware also unbekannt ist und die rechtliche Vereinbarkeit ihrer Nutzung deshalb nicht zugesichert werden kann? Das Bundeskriminalamt, BKA, setzt zur Überwachung verschlüsselter elektronischer Kommunikation eine Überwachungssoftware nach Maßgabe gesetzlicher Befugnisse ein. Die Verwendung der Begriffe Hacker- bzw. Spionagesoftware legen den unrechtmäßigen Gebrauch nahe. Die Bundesregierung distanziert sich erneut von solchen Vorwürfen. Das BKA hat im Herbst 2012 eine kommerzielle Software am Markt erworben, um verschlüsselte Kommu-nikation überwachen zu können, bis die vom BKA -entwickelte Überwachungssoftware – sogenannte Eigenentwicklung – einsatzbereit ist. Die Funktionen der erworbenen Überwachungssoftware waren dem BKA bereits vor Erwerb der Softwarelösung bekannt. Die Prüfung des Quellcodes ist jedoch – wie ich bereits mehrfach vorgetragen habe – bei dem Erwerb einer Software nicht üblich und konnte nur Aufgrund der Bereitschaft dieses Herstellers erfolgen. Er hat jedoch den Abschluss eines Kaufvertrags zur Bedingung gemacht. Die mit dem Vertragspartner vereinbarten Zahlungsbedingungen sehen vor, dass lediglich eine Teilzahlung des vereinbarten Entgelts unmittelbar fällig wird, eine weitere Rate im Juni 2013 und die Schlusszahlung bei Auslieferung einer Softwareversion, die den Vorgaben der Standardisierenden Leistungsbeschreibung vollständig entspricht. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 44): Worin bestehen die Techniken bzw. sonstigen Kenntnisse zur „Terrorismusabwehr“, die in Lehrgängen vom Bundes-kriminalamt sowie dem Bundesamt für Verfassungsschutz -sowohl vor der Revolution als auch nach dem Sturz des Präsidenten Ben Ali mit Polizeien und Geheimdiensten in Tunesien ausgetauscht wurden bzw. werden (vergleiche Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 36, -Anlage 23, Plenarprotokoll 17/230 und Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 17/13185), und welchen konkreten -Inhalt haben die Workshops zu „Internetkriminalität im Terrorismus-Bereich“ bzw. „Open Source Internetauswertung im Bereich des internationalen Terrorismus“, die demnach vor dem arabischen Frühling vom Bundesministerium des Innern in Tunesien, Ägypten, Algerien, Jordanien, Marokko und Saudi-Arabien durchgeführt wurden (bitte auch gegebenenfalls die Analysesoftware oder sonstige Überwachungstechnik angeben, sofern sie Gegenstand der Maßnahmen war)? Zugunsten Tunesiens wurde zuletzt vom 6. bis 8. November 2012 der Grundlehrgang „Terrorismusbekämpfung“ für Angehörige der für Terrorismusbekämpfung zuständigen Abteilung der Direction de la Sécurité -Extérieur, DSE, durch das Bundeskriminalamt, BKA, in Tunis durchgeführt. Der Lehrgang beinhaltet die Darstellung des deutschen Polizeiaufbaus und die Erläuterung der Methodik der Gefährdungsbewertung. Darüber hinaus werden -Ermittlungsverfahren des BKA im Terrorismusbereich in anonymisierter Form vorgestellt. Die Vorträge umfassen die Darstellung von Grund- und Menschenrechten sowie insbesondere deren Gewährleistung im Rahmen der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung. Darüber hinaus werden die in Deutschland verfassungsrechtlich garantierte Gewaltenteilung, das Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz und weitere Rechtsgrundlagen für rechtsstaatliches polizeiliches Handeln in Deutschland erläutert. Die zum Themenkomplex „Open Source Internetauswertung“ bzw. „Internetkriminalität im Bereich des internationalen Terrorismus“ durchgeführten Lehrgänge des BKA dienten der Vermittlung von Grundlagen- und Methodenwissen für das Sichten und Auswerten von -Informationen im „Offenen Internet“, Open Source. Der Begriff „Offenes Internet“ umfasst hierbei alle frei zugänglichen Quellen. Den Teilnehmern wurden ferner Inhalte des Grund-gesetzes – unter anderem Grund- und Menschenrechte, Gewaltenteilung, Trennungsgebot – und weitere Rechtsgrundlagen der deutschen Polizeiarbeit, insbesondere für polizeiliche Internetrecherchen, vermittelt. Die Lieferung von Analysesoftware oder sonstiger Überwachungstechnik gehörten nicht zum Gegenstand dieser Maßnahmen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz, BfV, hat nach dem Sturz von Präsident Ben Ali in Tunesien keine Lehrgangsmaßnahmen für Angehörige von tunesischen Sicherheitsbehörden durchgeführt. Auch in der Zeit vor dem Sturz haben keine Lehrgänge des BfV im Sinne der Anfrage und der mit ihr in engem Bezug stehenden Frage 1 nach „neuen Ermittlungstechniken, der Überwachung des Internets oder dem Abhören von Telekommunikation“ der Kleinen Anfrage – Bundestagsdrucksache 17/12981 – stattgefunden. Zur ergänzenden Unterrichtung wird mitgeteilt, dass von 1975 bis 1999 acht Lehrgangsmaßnahmen für Angehörige von tunesischen Sicherheitsbehörden an der Schule für Verfassungsschutz durchgeführt wurden, danach jedoch keine Ausbildungsunterstützung Tunesiens durch das BfV mehr erfolgte. Anlage 27 Antwort der Staatssekretärin Dr. Birgit Grundmann auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 45): Wie steht die Bundesregierung zu der Feststellung des UN-Antirassismus-Ausschusses der Vereinten Nationen vom 17. April 2013, dass die Bundesregierung die deutsche Bevölkerung nicht ausreichend vor den rassistischen Äußerungen von Thilo Sarrazin geschützt hat, und wird die Bundesregierung der Empfehlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte e. V. nachkommen und eine umfassende Strategie gegen rassistische Diskriminierung in Deutschland erarbeiten? Die Bundesregierung nimmt die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen sehr ernst. Sie wird die Entscheidung des Ausschusses daher sorgfältig analysieren, um festzustellen, ob die vom Ausschuss angenommene Regelungslücke in der Umsetzung der Konvention tatsächlich besteht. In den vergangenen 44 Jahren seiner Existenz hat der Ausschuss allerdings trotz regelmäßiger Überprüfungen die deutsche Rechtslage nicht beanstandet. Die Bundesregierung wird die Entscheidung selbstverständlich in die deutsche Sprache übersetzen, veröffentlichen und die Information aller zuständigen Stellen und Behörden – auch in den Ländern – sicherstellen. Wesentlich ist, dass der Rassismus in Deutschland auf allen Ebenen und auch im mitunter unbewussten alltäglichen Verhalten bekämpft werden muss. Die Debatte über den Umgang mit rassistischen Äußerungen ist daher wichtig, damit sie nicht als „normal“ wahrgenommen werden. Das muss das gemeinsame Ziel – unabhängig von der Strafbarkeit einzelner Äußerungen – sein. Die Bundesregierung unterstützt deshalb mit vielfältigen Maßnahmen der politischen Bildung und insbesondere verschiedenen Bundesprogrammen das Engagement der Zivilgesellschaft unseres Landes für Demokratie und Toleranz und wird dies auch weiterhin tun. Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rassismus – zum Beispiel die zahlreichen Bundesprogramme – werden standardmäßig evaluiert und somit auch strategisch fortentwickelt. Die Bundesregierung führt darüber hinaus, zum Beispiel im „Forum gegen Rassismus“, einer Diskussionsplattform zwischen Regierungs- und Nichtregierungs-organisationen, einen regelmäßigen und intensiven Dialog über die Bekämpfung von Rassismus in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 46): Welche verfassungsrechtlichen und steuerverfahrensrechtlichen Konsequenzen resultieren aus dem Umstand, dass entgegen dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 der gleichheitswidrige Ausschluss von der Grunderwerbsteuerbefreiung für Steuerpflichtige bis 2010, die in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, nicht bis zum 31. Dezember 2012 vom Gesetzgeber beseitigt worden ist? Die Bundesregierung ist nicht Herrin des Gesetzgebungsverfahrens. Sie hat sich mit dem Jahressteuergesetz 2013 wie auch bei der Vorbereitung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes dafür eingesetzt, dass die zur Umsetzung des Urteils erforderlichen Regelungen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Eine Verabschiedung der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist war bedauerlicherweise nicht möglich, da die Bundesratsmehrheit im Dezember 2012 den bereits ausgehandelten Kompromiss zum Jahressteuergesetz 2013 mit dem Thema der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im Einkommensteuerrecht belastete. Ohne dieses Vorgehen wäre diese nicht umstrittene Gesetzesänderung zur Grunderwerbsteuer rechtzeitig zum Jahresende 2012 erfolgt. Eine Verabschiedung der Regelung wäre in Kürze möglich, wenn der Vermittlungsausschuss in seiner anstehenden Sitzung am 5. Juni 2013 eine Einigung erzielt. Im Ergebnis wird allerdings den von der beabsichtigten Neuregelung betroffenen Steuerpflichtigen durch die Verzögerung kein Nachteil entstehen. Denn der Vollzug der Steuergesetze ist zwar Ländersache. Es ist aber davon auszugehen, dass in der Praxis bis zur Entscheidung des Gesetzgebers in den entsprechenden Fällen auf der Grundlage der Abgabenordnung Steuerfestsetzungen vorläufig ergehen oder ausgesetzt werden. Entscheidungen über anhängige Einsprüche, Klagen oder Änderungsanträge werden zurückgestellt und Aussetzung der Vollziehung wird gewährt. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 47): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, dass mittels eines Disagio-Modells über die Einschaltung einer ausländischen Stiftung massive Steuerausfälle in der Vergangenheit eingetreten sind (vergleiche Finanzgericht Baden-Württemberg vom 30. März 2011, 4 K 1723/09), und inwieweit plant die Bundesregierung, hier Gegenmaßnahmen einzuleiten? Der Bundesregierung sind sogenannte Disagio--Modelle bekannt. Ein exemplarischer Fall ist durch das Finanzgericht Baden-Württemberg mit dem von Ihnen in der Frage genannten Urteil vom 30. März 2011 in verfahrensrechtlicher Hinsicht entschieden worden. Das Gericht sah die gesamte Gestaltung als rechtsmissbräuchlich an und hat es dementsprechend abgelehnt, einer liechtensteinischen Familienstiftung, und damit auch dem im Inland ansässigen Stifter, einen Verlust zuzurechnen, den der Stifter mit seinen positiven Einkünften verrechnen wollte. Über massive Steuerausfälle im Zusammenhang mit sogenannten Disagio-Modellen liegen keine Kenntnisse vor. Es sind aber eine Reihe von anhängigen Rechtsbehelfsverfahren bekannt. Ein wesentlicher Teil der Gestaltung besteht darin, dass ausländischen Familienstiftungen Verluste aus Beteiligungen an Personengesellschaften zugewiesen -werden, die sich der Stifter zum Ausgleich positiver Einkünfte nutzbar macht. Durch § 15 Abs. 7 Außensteuergesetz in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 wird ausdrücklich geregelt, dass Verluste ausländischer Familienstiftungen dem Stifter nicht zuzurechnen sind. Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2013 sah weitere Änderungen des § 15 Außensteuergesetz vor. Insbesondere sollte damit erreicht werden, dass die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung auch dann angewandt werden können, wenn eine ausländische Fami-lienstiftung Beteiligungen an Gesellschaften in Niedrigsteuergebieten hält. Leider kam das Jahressteuergesetz infolge der Ablehnung durch den Bundesrat nicht zustande. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 48): Über welche konkreten Zahlen verfügt die Bundesregierung darüber, wie viele Steuerpflichtige über den Abgleich im Rentenbezugsmitteilungsverfahren zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, dieser Verpflichtung in der Vergangenheit aber nicht nachgekommen sind, und wie viele -Personen mit Einkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind nach Schätzungen der Bundesregierung derzeit zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet gegenüber der Gesamtzahl der Rentenbezieherinnen bzw. -bezieher? Die Bundesregierung verfügt nicht über Zahlen, wie viele Rentner ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung in der Vergangenheit nicht nachgekommen sind und auch nicht, wie viele Rentner im Verhältnis zu deren Gesamtzahl zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 49): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode noch, um mit anderen Staaten einen automatischen Informationsaustausch in Anlehnung an das FATCA-Abkommen abzuschließen, und inwieweit unterscheidet sich die Definition von Zinsen gemäß der geltenden EU-Zinsrichtlinie im Vergleich zu der Definition nach nationalem Recht gemäß § 20 des Einkommensteuergesetzes? Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich aktiv an der G5-Initiative, die vorsieht, automatisch Informationen untereinander über Bankinformationen einschließlich Kontoständen und sämtliche Kapitalerträge auszutauschen. Dabei werden sich die G5 an der Mustervereinbarung zur Umsetzung der US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen (englisch: FATCA = Foreign Account Tax Compliance Act) orientieren. Andere EU-Mitgliedstaaten wurden aufgerufen, sich zu beteiligen. Hierzu hat ein erstes Auftakttreffen am 26. April 2013 in Brüssel stattgefunden. Ein weiteres Treffen ist für den 21. Mai 2013 geplant. Zum zweiten Teil Ihrer Frage der Definition von Zinsen nehme ich wie folgt Stellung: Das Einkommensteuergesetz enthält anders als die EU-Zinsrichtlinie keine Definition der Zinszahlung, sondern eine Aufzählung der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese Aufzählung geht weiter und beinhaltet neben den Erträgen aus Lebensversicherungen auch die Dividendenerträge sowie die Veräußerungsgewinne sämtlicher Finanzmarktprodukte. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Fragen 50 und 51): Wie ist die Erstattung von Umgangskosten für getrennt vom Elternteil lebende Kinder jeweils im Zweiten Buch -Sozialgesetzbuch, SGB II, und im SGB XII sachlich und verfahrensmäßig geregelt (Fahrt- und Übernachtungskosten für Elternteil und Kind sowie Bedarfskosten der Kinder während der Umgangszeit), und welche sachliche Rechtfertigung gibt es gegebenenfalls für eine unterschiedliche Behandlung im SGB II gegenüber dem SGB XII? Welche Daten bzw. Schätzungen gibt es zur Zahl der -Erstattungen von Umgangskosten für getrennt vom Elternteil lebende Kinder, und welche Probleme sind der Bundesregierung aus der Praxis bekannt, die es im Zusammenhang mit der Erstattung von Umgangskosten mit getrennt vom Elternteil -lebenden Kindern gibt? Zu Frage 50: Die im Zusammenhang mit der Ausübung des -Umgangsrechts entstehenden Kosten sind grundsätzlich aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Ist dies nicht -möglich, ist zunächst die Erbringung eines Darlehens in Betracht zu ziehen. Das Bundesverfassungsgericht, BVerfG, hat allerdings mit Urteil vom 9. Februar 2010 zur Höhe der -Regelleistungen für Erwachsene und Kinder in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, SGB II, unter anderem entschieden, dass neben den Regelbedarfen auch unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige besondere Bedarfe, die in atypischen Lebenslagen anfallen, zu decken sind. Der zusätzliche Anspruch ist angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsmerkmale jedoch nur auf wenige Fälle begrenzt. Als möglicher Anwendungsfall eines solchen Mehrbedarfs kommen die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts in Betracht. Entstehen einem geschiedenen oder getrennt lebenden Elternteil regelmäßig Fahrt- und/oder Über-nachtungskosten aufgrund der Wahrnehmung des -Umgangsrechts mit seinen Kindern und können diese Aufwendungen nicht aus eventuell vorhandenem Einkommen, aus der Leistung für den Regelbedarf oder aus Leistungen Dritter bestritten werden, können sie in angemessenem Umfang übernommen werden. Soweit ein Kind regelmäßig besuchsweise für länger als einen Tag bei seinem nach dem SGB II leistungs-berechtigten Elternteil wohnt, wird eine temporäre bzw. zeitweise Bedarfsgemeinschaft begründet. Hierdurch kann das Kind für die Tage seines Aufenthalts beim -leistungsberechtigten Elternteil gegebenenfalls einen eigenen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II haben. Bei Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – So-zialhilfe) beziehen, bestehen vergleichbare Regelungen zur Übernahme von Kosten; bei zusätzlichen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts kommt eine abweichende Festlegung der Regelleistung in Betracht. Sie können die Übernahme der für sie anfallenden zusätzlichen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts bei dem für sie -zuständigen Träger der Sozialhilfe auf Antrag prüfen lassen. Zu Frage 51: Der Bundesregierung liegen keine Daten vor, die eine differenzierte statistische Auswertung zu Leistungen für entstehende Umgangskosten ermöglichen. Probleme aus der Praxis im Zusammenhang mit der Erstattung von Umgangskosten bei getrennt vom Elternteil lebenden Kindern sind nicht bekannt. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 52): Setzt sich das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vor dem Hintergrund jüngster Aussagen von Bundesministerin Ilse Aigner, sie lehne „Agrarrohstoffe als reine Finanzanlageprodukte“ ab und -„Zocker“ müssten „die Finger von Nahrungsmitteln lassen“ (Der Tagesspiegel, Interview Bundesministerin Ilse Aigner, 6. Mai 2013), inzwischen für ein Verbot von Rohstoff-Indexfonds an Agrarterminbörsen, die als reine Finanzanlage-produkte die Preissteigerung von Nahrungsmitteln verstärken, ein, und, wenn nein, warum nicht? Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, strebt kein Verbot von Rohstoff-Indexfonds an. Vielmehr setzt sich das BMELV unter anderem für eine präzisere Erfassung der Aktivitäten von Finanzinvestoren durch regelmäßige Berichte sowie für die Schaffung von Positionslimits für Finanzinvestoren an den Terminmärkten für Agrarrohstoffe ein. Positionslimits schränken einen möglichen negativen Einfluss von Finanzinvestoren ein, ohne die Funktionsfähigkeit der Terminmärkte für die Preisabsicherung der Produzenten und Konsumenten zu untergraben. Die Umsetzung wird im Rahmen der EU-Finanzinstrumenterichtlinie -MiFID in absehbarer Zeit erfolgen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 53): Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund jüngster Aussagen von Bundesministerin Ilse Aigner (Der Tagesspiegel, 6. Mai 2013), die Einhaltung der freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern zukünftig zur Bedingung für die bilaterale Zusammenarbeit zu machen, und wird sich die Bundesregierung dementsprechend verstärkt für die Einführung eines Unternehmensstrafrechts einsetzen, um deutsche bzw. europäische Unternehmen und Investoren zur Einhaltung der Leitlinien zu bewegen? Die Bundesregierung stellt sicher, dass von ihr im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit geförderte Vorhaben den Freiwilligen Leitlinien entsprechen und billigt die Unterstützung privater Investitionen nur dann, wenn der entwicklungspolitische Nutzen und die menschenrechtliche, ökologische und soziale Unbedenklichkeit außer Frage stehen. Voraussetzung für den Erlass eines Rechtsaktes, der Investoren zur Beachtung der Freiwilligen Leitlinien verpflichtet, ist dessen Implementierung in nationales Recht in den jeweiligen Zielländern der Investitionen. In diesem Zusammenhang unterstützt die Bundesregierung durch ihre Entwicklungszusammenarbeit Partnerländer bei der Erarbeitung und Umsetzung von nationalen Bodenpolitiken; zudem werden gemeinsam mit der FAO Projekte zur Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien in Entwicklungsländern gefördert. Aus Sicht der Bundes-regierung ist ein international abgestimmtes Verfahren erforderlich, um das Handeln der Investoren außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesregierung zu reglementieren. Mit der Frage, ob es generell – also unabhängig vom Hintergrund der Fragestellung – sinnvoll wäre, in Deutschland eine kriminalstrafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen einzuführen, hat sich die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte „Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems“ aus-einandergesetzt. Sie hat die Frage in ihrem Abschlussbericht vom März 2000 verneint. Tragende Gründe waren unter anderem, dass ein strafrechtliches Regelungsmodell erhebliche Bedenken hinsichtlich des Schuldprinzips aufwerfe und das bestehende Instrumentarium zur Unternehmenssanktionierung ausreiche. Der Bundes-regierung liegen keine Erkenntnisse vor, die es erforderlich machen würden, von dieser Bewertung abzuweichen . Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Dr. Matthias Miersch (SPD) (Drucksache 17/13393, Frage 54): Wird sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen zur europäischen Waldkonvention für die UNECE oder das UNEP aufgrund ihrer ausgewiesenen Expertise für Biodiversität, Klima-, Wasser- und Bodenschutz als federführende UN-Organisation für diese Konvention einsetzen, und, wenn nein, warum nicht? Zu der Frage der federführenden Organisation für die europäische Waldkonvention wurden in den letzten -Monaten sowohl im Zwischenstaatlichen Verhandlungsausschuss wie auch innerhalb der EU viele Argumente ausgetauscht und abgewogen. Überzeugender und zukunftsfähiger erscheint aus Sicht der Bundesregierung und für die große Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten die Wahl der FAO als der für Wald und Forstwirtschaft zuständigen UN-Sonderorganisation. Auch für eine künftige interregionale Zusammenarbeit ähnlicher Initiativen auf globaler Ebene wäre die FAO besser geeignet. Die FAO hat auch den bisherigen Verhandlungsprozess bereits gut unterstützt. Die UNECE hat im Vergleich dazu nicht das gleiche Potenzial. Ein großer Teil der Unterstützung erfolgt auch in Genf bereits durch die FAO im Rahmen des gemeinsamen Sekretariates für die Europäische Forstkommission der FAO und des Holzwirtschaftsausschusses der UNECE. Eine Einbindung der UNECE und von UNEP in die Arbeiten des Sekretariats wird seitens der Bundesregierung und der EU hingegen unterstützt. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Druck-sache 17/13393, Frage 55): Prüft das Bundesministerium der Verteidigung eine zivile Verwertung der BO 105 im Inland, zum Beispiel Umrüstung zu Rettungs- oder Löschhubschraubern, oder wird allein eine Abgabe der Hubschrauber an Pakistan verfolgt? Die zivile Weiterverwendung der Hubschrauber BO 105 wurde im Rahmen der Ablöseplanung geprüft. Da die Luftfahrzeuge in den bei der Bundeswehr vorhandenen Konfigurationen einzig über eine militärische Zulassung verfügen und eine zivile Zulassung mit vertretbarem finanziellem Aufwand nicht zu erlangen ist, scheidet eine zivile Weiterverwendung im Inland aus. Eine Entscheidung über die Abgabe steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht an und wird frühestens im Zuge eines absehbaren vollständigen Zulaufs aller durch die Bundeswehr benötigten Hubschraubermuster erfolgen können. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Druck-sache 17/13393, Frage 56): In wie vielen Fällen haben ehemalige oder noch aktive Bundeswehrsoldaten Weiterbildungen im Sicherheitssektor mit Finanzierung oder Unterstützung durch den BFD wahrgenommen (bitte für die vergangenen fünf Jahre nach Art der Ausbildung aufschlüsseln)? Im Rahmen der Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz unterstützt die Bundeswehr durch Maßnahmen des Berufsförderungsdienstes selbstverständlich die zivilberufliche Qualifizierung und Eingliederung ihrer aus dem Wehrdienst ausgeschiedenen Soldatinnen und Soldaten auch im Bereich des Sicherheitsgewerbes, soweit dabei anerkannte Abschlüsse angestrebt werden. So wurden quantitativ in etwa gleichbleibendem Umfang im Zeitraum von 2008 bis 2012 insgesamt 3 110 Teilnahmen an entsprechenden Bildungsmaßnahmen auf der Grundlage des Soldatenversorgungsgesetzes gefördert. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Berufsabschlüsse zur Fachkraft oder zum Meister Schutz und Sicherheit sowie um Aus-, Fort- und Weiterbildungen beispielsweise zum Schließ- und Sicherungstechniker. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 57): Welche Angaben macht die Bundesregierung zu Art (Kommandounternehmen „Capture or kill“), Ziel (ein Taliban-Kämpfer) und Erfolg (Tötung oder Gefangennahme) des Einsatzes der KSK-Einheit (KSK: Kommando Spezialkräfte) der Bundeswehr zur Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte in Baghlan, Afghanistan, Ende vergangener Woche, bei der ein deutscher KSK-Soldat getötet und einer verletzt wurde, und hält die Bundesregierung die Fortsetzung von -Offensivoperationen zur Beseitigung noch möglichst vieler tatsächlicher oder vermeintlicher Taliban-Kämpfer bis zum Abzugstermin Ende 2014 mit immer neuen Opfern an Menschenleben auf beiden Seiten für richtig und geeignet, um eine friedliche Entwicklung in Afghanistan vorzubereiten und zu fördern? Hinsichtlich der Gefechtshandlungen in der Provinz Baghlan, in deren Folge am 4. Mai 2013 ein Soldat des Kommando Spezialkräfte, KSK, getötet und ein weiterer Soldat desselben Verbandes verwundet wurden, verweise ich auf die in der Unterrichtung des Parlaments, UdP, 19/13 vom 8. Mai 2013 enthaltenen Informationen. Weitere Angaben zum Einsatz der Spezialkräfte der Bundeswehr in Afghanistan unterliegen dem gemäß Parlamentsbeschluss vom 4. Dezember 2008 festgelegten Informationsverfahren. Aus aktuellem Anlass werden die Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und Sprecher der Fraktionen des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages am 17. Mai 2013 durch den Bundesminister der Verteidigung über den Vorfall vom 4. Mai 2013 unterrichtet. Anlage 39 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Fragen 58 und 59): Warum hält die Bundesregierung an der Quote für psychotherapeutisch tätige Ärzte fest, auch wenn die für Ärzte reservierten Stellen nicht durch psychotherapeutisch tätige Ärzte besetzt werden können, und was hält die Bundesregierung von einer Regelung, nach der nicht besetzte Praxen für psychotherapeutisch tätige Ärzte durch Psychotherapeuten besetzt werden können? Warum hält die Bundesregierung an der Quote für psychotherapeutisch tätige Ärzte fest, auch wenn dies nach Aussagen der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer zur Unterversorgung in der Psychotherapie, insbesondere in Ostdeutschland, führen kann? Zu Frage 58: Es ist zutreffend, dass in einigen wenigen Planungsbereichen Zulassungsmöglichkeiten, die nach der in der Frage angesprochenen Mindestquotenregelung überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten vorbehalten sind, in der Vergangenheit nicht besetzt werden konnten. Ziel der Quotenregelung ist es, sicherzustellen, dass dem unterschiedlichen und differenzierten Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung auch die entsprechenden differenzierten Berufsgruppen mit ihrer spezifischen Ausbildung gegenüberstehen. Der im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Änderungsantrag sieht zunächst eine Verlängerung der derzeitigen Mindestquotenregelung um zwei Jahre vor. Über die endgültige Ausgestaltung einer künftigen Regelung ist jedoch noch nicht entschieden. Insbesondere soll zunächst die am 13. Mai 2013 durchgeführte Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu dem genannten Gesetzentwurf ausgewertet werden. Zu Frage 59: Es wird zunächst auf die Antwort zu Frage Nummer 58 Bezug genommen. Zu der in der Frage angesprochenen Befürchtung der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, dass die in Rede stehende Mindestquotenregelung zu einer Unterversorgung, insbesondere in Ostdeutschland, führen kann, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die vom Gemeinsamen Bundesausschuss Ende vergangenen Jahres beschlossene Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie, die zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist und derzeit in den Ländern umgesetzt wird, insbesondere in Ostdeutschland zu einer Vielzahl neuer Zulassungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten führen wird. Unabhängig hiervon besteht zudem bei einem darüber hinausgehenden Versorgungsbedarf die Möglichkeit, weitere Psychotherapeuten zur Versorgung der Versicherten über eine sogenannte Sonderbedarfszulassung zuzulassen. Eine Unterversorgung im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung ist daher durch die Quote für psychotherapeutisch tätige Ärzten nicht zu befürchten. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/13393, Frage 60): Welche Veränderungen soll die derzeit in Überarbeitung befindliche Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 für Flugreisende bewirken, und wie bewertet die Bundesregierung die geplanten Änderungen unter besonderer Berücksichtigung von Reisenden mit Mobilitätseinschränkungen? Die Europäische Kommission hat am 13. März 2013 ihren Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 2004 (betrifft Ansprüche von Fluggästen wegen Nichtbeförderung, Annullierung und großer Verspätung) und der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 (betrifft Ansprüche von Fluggästen bei Personenschäden, Gepäckschäden und Verspätungsschäden) vorgelegt. Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag bereits eine umfassende Unterrichtung zugeleitet, auf welche hingewiesen wird. Die Bundesregierung begrüßt die mit dem Entwurf der Europäischen Kommission beabsichtigte Verbesserung des Verbraucherschutzes, insbesondere auch soweit er Verbesserungen der Position behinderter Fluggäste und von Fluggästen mit eingeschränkter Mobilität betrifft. Der Entwurf schafft in vielen Bereichen mehr Rechtssicherheit, weil er Unklarheiten und Unstimmigkeiten der bisher geltenden Verordnung beseitigt, die in der Vergangenheit zu zahlreichen Streitigkeiten beim Gerichtshof der Europäischen Union geführt haben. Eine abschließende Bewertung der geplanten Änderungen ist der Bundesregierung zurzeit noch nicht möglich. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 61): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die konkreten Aufgaben der Deutsche Bahn Finance B. V., und aus welchem Grund ist sie nach Kenntnis der Bundesregierung in den Niederlanden angesiedelt? Die Deutsche Bahn Finance B. V., Amsterdam, Niederlande, wurde 1994 als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG gegründet. Ihre Aufgabe besteht darin, den internationalen Kapitalmarkt durch die Emissionen von Anleihen in Anspruch zu nehmen. Der Emissionserlös wird in gleicher Währung und Laufzeit an die Deutsche Bahn AG ausgereicht. Die Gründung der Finanzierungstochter in den Niederlanden hatte seinerzeit angabegemäß ausschließlich finanzwirtschaftliche Beweggründe – unter anderem verbesserter Zugang zu ausländischen Investoren am Euro-Kapitalmarkt. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/13393, Frage 62): Wie ist nach aktuellem Stand der Zeitplan für die nächsten Schritte zur Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 2013, und welche Anmeldungen für Straßenprojekte aus den Ländern liegen nach neuestem Stand vor? Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung arbeitet derzeit an der Aufstellung eines neuen Bundesverkehrswegeplans. Der Kabinettsbeschluss ist in 2015 geplant. Die Erarbeitung gliedert sich in vier Schritte: Erstens. Als Leitlinie für den neuen Bundesverkehrswegeplan hat Minister Dr. Peter Ramsauer am 1. Februar 2013 den Entwurf der Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Zuge der Vorstellung des Entwurfs der Grundkonzeption wurde ein Beteiligungsverfahren in Form einer Konsultation über die Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gestartet. Die Beteiligung von Bürgern, Abgeordneten und Verbänden war bis 15. März 2013 möglich. Nach der Auswertung aller Stellungnahmen soll die Endfassung der Grundkonzeption im Sommer 2013 vorgestellt werden. Zweitens. Parallel zu der Erstellung der Grundkonzeption läuft momentan die Berechnung der aktualisierten Verkehrsprognose für das Zieljahr 2030 bis Ende 2013. Drittens. Ferner wird die Bewertungsmethodik des Bundesverkehrswegeplans in mehreren Forschungsprojekten bis Herbst 2013 weiterentwickelt. Viertens. Weiterhin laufen bis Herbst 2013 die Projektanmeldungen bei der Straße. Die eigentlichen Bewertungen der Projekte sowie die Erstellung des Gesamtplanentwurfs für den Bundesverkehrswegeplan erfolgen in der nächsten Legislaturperiode. Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind Absichtserklärungen der Länder zur Projektanmeldung bekannt. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen an die Projektanmeldung werden derzeit durch die Länder detaillierte Projektinformationen vorbereitet. Die Straßenbauverwaltungen der Länder sind aufgefordert, die Projekte bis Ende September 2013 webbasiert anzumelden. Das dafür notwendige Projektinformationssystem steht den Ländern demnächst zur Verfügung. Wie im Konzept zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Bundesverkehrswegeplan 2015 festgelegt, wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nach Prüfung dieser Meldungen die Liste der für den Bundesverkehrswegeplan erwogenen Projekte im Internet veröffentlichen. 30106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 30107 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 30122 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 15. Mai 2013 30123