Plenarprotokoll 17/249 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 249. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2013 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung Nachträgliche Ausschussüberweisung Zusatztagesordnungspunkt 3: Vereinbarte Debatte: Konsequenzen für Deutschland aus der internationalen Internetüberwachung Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Thomas Oppermann (SPD) Jimmy Schulz (FDP) Ulla Jelpke (DIE LINKE) Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) Gisela Piltz (FDP) Stefan Liebich (DIE LINKE) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sebastian Blumenthal (FDP) Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lars Klingbeil (SPD) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung: Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Ulla Burchardt (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Oliver Kaczmarek (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Uwe Schummer (CDU/CSU) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Willi Brase (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Oliver Kaczmarek (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Ulla Burchardt (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Michael Gerdes (SPD) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde (Drucksachen 17/14063, 17/14097) Dringliche Frage 1 Angelika Krüger-Leißner (SPD) Vermittlungspolitische Schwerpunkte der Bundesagentur für Arbeit und Finanzausstattung Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Angelika Krüger-Leißner (SPD) Mündliche Frage 1 Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Stückzahlanpassung für Unterstützungshubschrauber Tiger und NATO-Helikopter NH-90 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Mündliche Frage 2 Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Verzögerungen beim Outsourcing von 2 500 Mitarbeitern der Wehrverwaltung mit ihren Bundeswehraufgaben in die Geschäftsbereiche des BMF bzw. BMI Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Mündliche Frage 3 Michael Gerdes (SPD) Baukosten für die Feuerwache auf dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Dorsten-Wulfen Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Mündliche Frage 4 Michael Gerdes (SPD) Einsparmöglichkeiten bei Baukosten für die geplante Feuerwache auf dem Muni-tionsdepot der Bundeswehr in Dorsten-Wulfen durch eine Kooperation mit der örtlichen zivilen Feuerwache Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Mündliche Frage 8 Christel Humme (SPD) Maßnahmen zur Verringerung der Entlastung von Paaren im oberen Einkommensbereich durch das Ehegattensplitting Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Christel Humme (SPD) Mündliche Frage 11 Petra Crone (SPD) Schlussfolgerungen aus der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen; Grund der verspäteten Präsentation Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Mündliche Frage 12 Petra Crone (SPD) Einbeziehung von Expertisen der Gesamt-evaluation in die Weiterentwicklung bestehender ehe- und familienbezogener Leistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfrage Petra Crone (SPD) Mündliche Frage 34 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hermesbürgschaften für Tierhaltungsanlagen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 35 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verkauf von CS-Gas an Behörden und private Unternehmen in der Türkei Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 36 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaiger Widerruf von Ausfuhrgenehmigungen für CS-Gas angesichts antidemokratischer Übergriffe der türkischen Polizei auf Demonstranten Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfrage Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 55 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Schließung der Außenstelle des Bundesgerichtshofs in Leipzig Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Mündliche Frage 56 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Umsetzung des Beschlusses der Föderalismuskommission zum Sitz neuer Senate des Bundesgerichtshofs Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Mündliche Frage 57 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Empfehlungen der Arbeitsgruppe SBZ-Enteignungen Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 65 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Vertrag über die Fusion der west- und ostdeutschen Kaliindustrie im Jahr 1993 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 66 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Ablauf der Geheimhaltungsfrist zu Regierungsdokumenten und anderen Unterlagen im Zusammenhang mit der Privatisierung und Übernahme der ostdeutschen Kali-industrie durch die Kali und Salz AG Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 70 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorwurf des Highgradings gegen den Betreiber des Trawlers "Jan Maria" Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 5 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsgrundlage für die Erfassung von Mobilfunkdaten und anderer Daten bei Probeflügen des Euro Hawk Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 3 Mündliche Frage 6 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weisungsbefugnis des afghanischen Innenministeriums für das für die Sicherheit des deutschen Camps in Kabul eingesetzte -Sicherheitspersonal Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 4 Mündliche Frage 7 Christel Humme (SPD) Einführung des Betreuungsgeldes und der Kürzung des Elterngeldes vor der politischen Schlussfolgerung aus in Auftrag gegebenen Expertisen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 5 Mündliche Frage 9 Caren Marks (SPD) Fehlende Erwähnung des Betreuungsgeldes im Politischen Bericht zur Gesamt-evaluation ehe- und familienbezogener Leistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 6 Mündliche Frage 10 Caren Marks (SPD) Wirkungen des Ehegattensplittings auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen im Politischen Bericht zur Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 7 Mündliche Frage 13 Dagmar Ziegler (SPD) Befürworter einer Erhöhung des Kindergeldes und der Kinderfreibeträge bei der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 8 Mündliche Frage 14 Dagmar Ziegler (SPD) Konsequenzen aus der Kritik verschiedener kinder- und familienpolitischer Verbände an der Ausgestaltung familienbezogener Leistungen; Forderung höherer Geldtransfers für arme Kinder Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 9 Mündliche Frage 15 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorrangige verkehrspolitische Initiativen und Entscheidungen in der 17. und 18. Legislaturperiode Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 10 Mündliche Frage 16 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verkehrspolitische Fehlentscheidungen aus Sicht der Bundesregierung Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 11 Mündliche Fragen 17 und 18 Uwe Beckmeyer (SPD) Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVBS Dr. Andreas Scheuer zur Einführung einer Pkw-Maut Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 12 Mündliche Frage 19 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Fernbuslinien in Deutschland Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 13 Mündliche Frage 20 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Barrierefreiheit im nationalen und grenzüberschreitenden Fernbuslinienverkehr Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 14 Mündliche Frage 21 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schreiben der bayerischen Atomaufsichtsbehörde an das BMU in den Jahren 2011 und 2012 bezüglich des Rohrrissbefundes im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 15 Mündliche Frage 22 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inhalt und Dokumentation des Treffens der bayerischen Atomaufsichtsbehörde zum Leistungserhöhungsverfahren Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 16 Mündliche Fragen 23 und 24 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) Konsequenzen aus der gerichtlichen Aufhebung der Genehmigung für das Standortzwischenlager des Kernkraftwerks Brunsbüttel, insbesondere für das Endlagersuchgesetz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 17 Mündliche Fragen 25 und 26 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Studien zur Lösung des EEG-Umlage--Merit-Order-Paradoxon und zur Überarbeitung des EEG-Ausgleichsmechanismus Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 18 Mündliche Frage 29 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Präsentation der Studie "Bildung auf einen Blick 2013" Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 19 Mündliche Frage 31 Klaus Hagemann (SPD) Teilnehmer und Finanzierung der Schülerwettbewerbe im Rahmen des Vorhabens "Innovum" Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 20 Mündliche Frage 32 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Termin für das Herausheben des Reaktorbehälters des AVR Jülich; Ursachen und Folgekosten weiterer Verzögerungen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 21 Mündliche Frage 33 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) An die EU-Kommission gemeldete Zielwerte zur Umsetzung von Art. 3 der EU-Energieeffizienzrichtlinie Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 22 Mündliche Fragen 37 und 38 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Entwicklung von Inflation und Einkommen nach Haushaltstyp und Warenkorb in den letzten fünf Jahren Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 23 Mündliche Fragen 40 und 41 Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Urteil eines Moskauer Bezirksgerichts gegen eine Teilnehmerin der Gay-Pride-Aktion am 25. Mai 2013 und Auswirkungen auf künftige Asylverfahren russischer Schwulen und Lesben Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 24 Mündliche Frage 42 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Aufwendungen für den Besuch des US-amerikanischen Präsidenten und Thematisierung von Fragen zur internationalen Steuerumgehung in Gesprächen mit der Bundeskanzlerin Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 25 Mündliche Fragen 43 und 44 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Einbindung des in Deutschland eingerichteten US-Kommandos AFRICOM bei Drohnenangriffen auf mutmaßliche Terroristen in Afrika; entsprechende Zusicherung von US-Präsident Obama Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 26 Mündliche Frage 45 Sevim Dagdelen (DIE LINKE) EU-Beitrittsverhandlungen vor dem Hintergrund besonders unnachgiebigen Vorgehens der Regierungen gegen die innerstaatliche Opposition in diesen Ländern Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 27 Mündliche Frage 46 Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Etwaige Blockade der Fortführung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei durch Zypern und Griechenland Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 28 Mündliche Frage 47 Klaus Hagemann (SPD) Finanzielle Auswirkungen des aktuellen Trilogs zum mittelfristigen Finanzrahmens 2014 bis 2020 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 29 Mündliche Frage 48 Gerold Reichenbach (SPD) Streichung der Anti-FISA-Klausel im Entwurf der EU-Datenschutz-Grundverordnung auf Druck der USA und Weitergabe von personenbezogenen Daten an Drittstaaten Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 30 Mündliche Frage 49 Gerold Reichenbach (SPD) Aufnahme einer Klausel zur Onlineüberwachung in die EU-Datenschutz-Grundverordnung vor dem Hintergrund der Prism-Debatte Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 31 Mündliche Frage 50 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Übermittlung von Informationen über hier lebende Personen an deutsche Stellen durch die USA, insbesondere durch den US-Geheimdienst NSA; Schutz der Grundrechte deutscher Staatsbürger Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 32 Mündliche Frage 51 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Antworten der US-Regierung auf Fragen der Bundesregierung zur heimlichen Datenerhebung des US-Geheimdienstes Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 33 Mündliche Frage 52 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Betroffenheit von Bundesbürgern durch das US-Überwachungsprojekt Prism Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 34 Mündliche Frage 53 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erfüllung der sofort wirksamen Voraussetzungen für den weiteren Betrieb der Antiterrordatei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 35 Mündliche Frage 54 Erika Steinbach (CDU/CSU) Absprachen und Aktivitäten deutscher Behörden vor der Entführung des Lufthansa-Fluges LH 615 im Oktober 1972 Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 36 Mündliche Fragen 58 und 59 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Änderungen bei der Finanzierung der Verluste der FMS Wertmanagement AöR und daraus resultierende Einsparungen für den Bundeshaushalt Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 37 Mündliche Frage 60 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Report der OECD zur Schaffung eines fairen und transparenten globalen Steuer-regimes Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 38 Mündliche Frage 61 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Berücksichtigung einer Risikorücklagenbildung nach geltendem Steuerrecht Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 39 Mündliche Fragen 62 und 63 Stefan Schwartze (SPD) Schlussfolgerungen aus der Akzeptanzanalyse "Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung" zum Einsparpotenzial bei Steuervergünstigungen und bei Leistungen für Familien mit höheren Einkommen Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 40 Mündliche Frage 64 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) EU-Gelder zur Finanzierung des Hochwasserrisikomanagements Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 41 Mündliche Frage 69 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Regelungen zur Anrechnung von Hochwasserhilfen beim Bezug von Grundsicherungsleistungen Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 42 Mündliche Frage 71 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Änderungen der GAK-Fördergrundsätze zugunsten von Flächennutzern in Polder- und Deichrückverlegungsgebieten Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Inhaltsverzeichnis 249. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. Mittwoch 2013 Beginn: 13.01 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Sie darüber unterrichten, dass interfraktionell vereinbart worden ist, vor der Befragung der Bundesregierung als Zusatzpunkt eine vereinbarte Debatte mit dem Titel "Konsequenzen für Deutschland aus der internationalen Internetüberwachung" aufzurufen. Darüber hinaus soll die Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2012 - Einzelplan 20 - auf Drucksache 17/13640 dem Haushaltsausschuss überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 3 auf: Vereinbarte Debatte Konsequenzen für Deutschland aus der internationalen Internetüberwachung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen, wobei die Fraktion Die Linke und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jeweils zehn Minuten erhalten sollen. - Ich höre auch dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesminister des Innern, Hans-Peter Friedrich. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schutz der Privatsphäre ist Ausfluss der Grundrechte unserer Verfassung. Deswegen ist der "gläserne Bürger" mit unserem Verfassungsverständnis in diesem Lande nicht zu vereinbaren. Staatliches Handeln, das Handeln aller Behörden, auch der Sicherheitsbehörden, auch der Nachrichtendienste, muss sich streng an Gesetz und Recht halten. Und: Diese Behörden werden vom Parlament und von den Gremien, die dazu vom Parlament eingesetzt worden sind, kontrolliert. Die Aufregung in Deutschland über Presseberichte, wonach die USA und auch die Briten angeblich flächendeckend, pauschal Inhalte von Kommunikation speichern, analysieren und ausspähen - und das Hand in Hand mit den Internetunternehmen -, ist deswegen sehr verständlich. Hieraus ergeben sich Fragen. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Fragen über Fragen! - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind Sie dran!) Die erste und wichtigste Frage an die Amerikaner und an die Briten ist natürlich: Was ist dran an diesen Presseberichten? Wir hatten zunächst nur Meldungen, die in der Presse rauf- und runterdiskutiert wurden. Wir haben nun erste öffentliche Stellungnahmen vom Chef der NSA und aus Großbritannien vom Koordinator der Geheimdienste erhalten, in denen sie darauf hinweisen, dass diese Presseberichte zumindest so, wie sie geschrieben sind, nicht zutreffen. Wir haben inzwischen auch Antworten der deutschen Niederlassungen von Internetunternehmen erhalten, in denen sie uns darauf hinweisen, dass es nach ihrer Kenntnis niemals ein flächendeckendes Abgreifen oder einen flächendeckenden Zugriff auf ihre Daten gegeben hat. Dass es Einzelanfragen im Rahmen der vorgesehenen Gesetze und des Rechts gegeben hat, steht außer Frage. Aber das ist auch normal, glaube ich. Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ganz unabhängig davon, was die Aufklärung und Beantwortung all dieser Fragen ergeben wird: Richtig ist, dass wir immer um die Balance von Freiheit und Sicherheit ringen müssen. Es gilt dabei der Satz: Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit. Wenn die Menschen Angst haben müssen, dass sie in der U-Bahn in die Luft gesprengt werden, wenn die Menschen Angst haben müssen, dass ihre Häuser ausgeräumt werden, während sie im Urlaub sind, wenn sie Angst haben müssen, dass ihre Kinder auf dem Weg zur Schule entführt werden, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das jetzt damit zu tun? - Iris Gleicke [SPD]: Was hat das mit dem Internet zu tun?) dann ist die Freiheit bedroht. Deswegen braucht Freiheit auch Sicherheit. Es kommt aber auf die richtige Balance an. Richtige Balance heißt: Man darf das Sicherheitsstreben nicht so weit überziehen, dass die Freiheit Schaden nimmt. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles etwas zu unkonkret, Herr Minister!) Unsere Sicherheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist bedroht. Sie ist bedroht durch organisierte Kriminalität, sie ist bedroht durch internationalen Terrorismus. Ich darf meinen Kollegen, den Innenminister aus Frankreich, der der sozialistischen Partei angehört, zitieren, der noch im Mai gesagt hat: Es gibt ein weltumspannendes Netz an Terrorismus, das uns bedroht, das uns nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland und in ganz Europa bedroht. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die CSU Sozialisten zitiert, dann wird es ganz dünnes Eis!) Das ist ein Faktum, an dem keiner vorbeikann. Deutschland ist glücklicherweise in den letzten Jahren von großen Anschlägen verschont geblieben. Wir verdanken das unter anderem auch den Hinweisen unserer amerikanischen Freunde. Ich will nur an die Sauerland-Gruppe erinnern, die rechtzeitig dingfest gemacht wurde, noch bevor sie großen Schaden anrichten konnte. Diese Zusammenarbeit zwischen den deutschen Sicherheitsbehörden, denen unserer europäischen Nachbarn und Partner sowie den Sicherheitsbehörden der USA bildet die Grundlage der Sicherheit, die wir in den letzten Jahren erreicht haben; dadurch wurde Gott sei Dank bisher verhindert, dass es in Deutschland einen Anschlag mit vielen Toten gegeben hat, wie das in anderen Ländern der Fall war. Aber, meine Damen und Herren: Es muss immer sichergestellt werden - das hat die Bundeskanzlerin, glaube ich, beim Besuch des amerikanischen Präsidenten gesagt -, dass auch die Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten auf Recht und Gesetz beruht, und vor allem, dass alles verhältnismäßig ist. Das heißt, dass das Ziel, das man erreichen will - Sicherheit -, mit dem Eingriff in die Privatsphäre vereinbar ist. Man muss hier die richtige Balance finden. Ich möchte Ihnen einmal unser gemeinsames europäisches Rechtsverständnis hierzu darlegen: Erstens. Nach europäischem Recht ist es zulässig, dass Verbindungsdaten von Kommunikation - keine Inhalte! - flächendeckend zwischen sechs Monaten und zwei Jahren gespeichert werden. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Außer in Deutschland!) Wir brauchen diese Speicherung, um durch Zugriff auf die Daten Netzwerke von Terroristen und Extremisten ausmachen zu können. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!) Zweitens. Entscheidend ist nicht diese Speicherung, sondern die Frage, wer Zugriff auf die Daten hat. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) In Bezug auf die Frage, wer Zugriff auf diese Daten hat, hat das Bundesverfassungsgericht - Sie haben das eben richtig eingeworfen - genaue restriktive Vorgaben gemacht. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Sie nicht erfüllen können!) An diese restriktiven Vorgaben müssen sich selbstverständlich auch der Gesetzgeber und in der Folge die Behörden halten. Drittens. Man darf auf Kommunikationsinhalte zugreifen, aber nur wenn es eine richterliche Anordnung bzw. eine Anordnung der G-10-Kommission, einer demokratisch von diesem Parlament bestimmten Kommission, gibt. Dann darf man auch auf die Inhalte der Kommunikation von organisierten Kriminellen, von Rauschgifthändlern, von Waffenhändlern und von Terroristen zugreifen. Das alles ist möglich. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt Minister Friedrichs Adresse an Erstsemester!) Meine Damen und Herren, ich weiß oder gehe davon aus, dass auch unsere amerikanischen Freunde ein ähnliches Rechtsverständnis haben und sich ihre Gesetze an diesem Rechtsverständnis orientieren. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Sie gehen davon aus? - Zurufe von der LINKEN) - Ich habe bisher keine Hinweise, die daran zweifeln lassen, dass das Rechtsverständnis einer der ältesten Demokratien der Welt dem Rechtsverständnis ähnelt, das wir in Europa haben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) - Da darf man in der Tat Beifall klatschen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es mag sein, dass wir bei der Frage der Quantität der zu erhebenden Daten unterschiedliche Auffassungen haben. Ja, das ist richtig; aber wichtig ist, dass sich Behörden, Sicherheitsdienste - wer auch immer! - in den USA, in Europa, in Deutschland stets an Recht und Gesetz zu halten haben und - das ist das Entscheidende - (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind immer noch im ersten Semester!) unser Parlament - Sie alle - sowie die Parlamente in Großbritannien und in den USA, deren Abgeordnete von den Bürgern demokratisch gewählt sind, kontrollieren, was die Geheimdienste machen. Das ist eine Tatsache, an der auch Sie nicht vorbeikommen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist doch nicht, ob sie ein Recht haben, sondern welches Recht gilt und ob sie sich daran halten!) - Liebe Frau Künast, was ist denn das hier wieder für eine Hybris? Wollen Sie einer der ältesten Demokratien erzählen, wie sie ihre Behörden kontrollieren muss? (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch hier! Sagen Sie, was hier ist!) Selbstverständlich hat der amerikanische Kongress ein eigenes Interesse, die eigenen Behörden zu kontrollieren; das ist doch ganz selbstverständlich. Die brauchen doch Ihre Belehrungen nicht. Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zur schlechten Nachricht. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Innenminister, ich unterbreche Sie ungern. Der Abgeordnete Ströbele würde Ihnen gerne eine Frage stellen. Das würde wiederum Ihre Redezeit verlängern. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann käme immer noch kein Inhalt! - Stefan Liebich [DIE LINKE]: Danke, Herr Ströbele!) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ja, bitte, Herr Ströbele! Dabei wäre ich fast fertig gewesen. (Zuruf von der SPD: Sie sind fertig!) Also, auf geht's! Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister Friedrich, können Sie den Deutschen Bundestag und die Öffentlichkeit einmal darüber aufklären, über was Sie überhaupt reden? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wissen Sie als Minister für Verfassung und Verfassungsschutz, wissen die Bundesregierung und die Kanzlerin nach dem Gespräch mit Obama überhaupt, wie viele Daten über Deutschland, von Deutschland, von Deutschen abgegriffen, gespeichert und verwertet worden sind? Wenn nicht, über was reden Sie hier eigentlich? (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erstsemester!) Wie können Sie sagen, man halte sich in den USA oder in Deutschland an Gesetz und Recht, wenn Sie gar nicht wissen, was die gemacht haben? Sagen Sie uns das doch einmal. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Herr Ströbele, bisher stammen alle Angaben zu der Frage, in welcher Quantität und welcher Qualität dort etwas gemacht wird, aus irgendwelchen Presseveröffentlichungen, deren Inhalt von den Zuständigen in den USA bestritten wird; sie sagen in öffentlichen Äußerungen: Wir halten uns an Recht und Gesetz. - (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Wir sagen das aber nicht!) Das ist das Faktum. Ich habe Ihnen jetzt erklärt, was unser Rechtsverständnis ist, was unsere Rechtslage ist und was für ein Rechtsverständnis und welche parlamentarische Kontrolle - wir glauben, dass sie die auch durchführen - wir von unseren Partnern und Freunden erwarten. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Davon haben Sie gar nichts gesagt!) Wir haben Fragen gestellt. Die Fragen sind, wie gesagt, von den Internetunternehmen beantwortet worden. Sie sagen klipp und klar: Wir haben nicht flächendeckend Daten zur Verfügung gestellt. - (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Daten haben sie zur Verfügung gestellt?) Das ist das Gegenteil von dem, was in der Presse steht. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Daten haben sie denn zur Verfügung gestellt? Sagen Sie uns das doch mal!) Auch die Zuständigen in Washington haben erklärt: Das, was dort steht, ist so nicht zutreffend; wir halten uns an Recht und Gesetz. - Es handelt sich dort um eine Rechtsordnung, von der ich glaube, dass sie unserer ähnlich, mit unserer vergleichbar ist; ich habe jedenfalls keine anderen Hinweise. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kommt die wirklich schlechte Nachricht: All das, was man der NSA unterstellt, ist offensichtlich technisch möglich, und alles, was technisch möglich ist, ist auch durch die organisierte Kriminalität und durch Terroristen nutzbar, (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Tolle Begründung! Sie argumentieren doch genau so wie die: Alles, was geht, muss gemacht werden!) nur mit dem Unterschied, dass sie nicht von Parlamenten kontrolliert werden und sich nicht an Gesetze halten. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir unsere Daten, unsere Leitungen, unsere Netze, unsere Infrastruktur widerstandsfähig machen. Darüber rede ich hier seit Monaten. Wir müssen dafür sorgen, dass Spionage und Sabotage in den Netzen nicht vorkommen können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Deswegen, meine Damen und Herren, habe ich ein IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht, das genau das verhindern soll, nämlich dass kritische Infrastruktur in Deutschland zum Schaden des ganzen Landes beschädigt und sabotiert werden kann. Wir hatten die ersten Sachverständigenanhörungen dazu, die sehr positiv verliefen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz muss spätestens nächstes Jahr im Gesetzblatt stehen. Da bitte ich Sie alle, soweit Sie dann noch hier sind, um Ihre Unterstützung. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Einschließlich Frau Leutheusser?) Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wann redet jetzt mal einer zur Sache? - Gegenruf der Abg. Gisela Piltz [FDP]: Ja, Sie bestimmt!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Thomas Oppermann für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Thomas Oppermann (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister, ich bin einigermaßen schockiert, dass Sie sich ein, zwei Wochen nach Bekanntwerden dieser Vorfälle (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) immer noch völlig ahnungslos präsentieren und ganz offenkundig nicht das richtige Problembewusstsein für diese Frage entwickelt haben. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sein Amtsverständnis: Ahnungslosigkeit! - Iris Gleicke [SPD]: Das ist Ahnungslosigkeit!) Wenn das, was Edward Snowden berichtet hat, zutrifft, wenn US-Geheimdienste beliebigen Zugriff nicht nur auf die Verbindungsdaten, sondern auch auf die Kommunikationsinhalte über die US-amerikanischen Internetfirmen wie Google, Apple, Facebook, Skype usw. haben, wenn es zutrifft, dass britische Dienste 200 transatlantische Glasfaserverbindungen überwachen und Informationen aus diesen speichern können, wenn die Verbindungsdaten und sogar die Inhalte von Millionen Telefongesprächen, E-Mails und Videos überwacht und gespeichert werden, dann ist das der umfassendste Eingriff in die Grundrechte deutscher Staatsbürger, den wir bisher erlebt haben. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und wenn das nicht der Fall ist?) Die Bundeskanzlerin hat in diesem Zusammenhang festgestellt, das Internet sei Neuland. Das mag sie so sehen. Aber was kein Neuland ist, ist unsere Verfassung. Das Grundgesetz schützt die informationelle Selbstbestimmung, das Grundgesetz garantiert das Fernmeldegeheimnis, und das Bundesverfassungsgericht hat aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht das Grundrecht auf die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme abgeleitet. (Manuel Höferlin [FDP]: Deshalb sind Sie auch für die Vorratsdatenspeicherung! - Gisela Piltz [FDP]: Wenn Sie immer so konsequent wären!) Über allem steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das bedeutet: Der schrankenlose Zugriff von Nachrichtendiensten auf die privaten Informationen von Bürgerinnen und Bürgern ist eindeutig illegal und verfassungswidrig. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gisela Piltz [FDP]) Das ist jedenfalls nach deutschem Recht so. Gleichwohl haben Sie als Bundesregierung die Pflicht, gegenüber der britischen und der amerikanischen Regierung zu intervenieren und die Rechte deutscher Staatsbürger zu schützen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Friedrich, ich will Ihnen gar nicht persönlich zum Vorwurf machen, dass Sie das alles nicht wussten. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auweia!) Aber ich finde es unerträglich, dass der deutsche Innenminister von solchen Sachverhalten aus der Zeitung erfährt. Ich finde es schwer erträglich, dass unsere Nachrichtendienste nicht wissen, was da passiert; und die Kanzlerin ist auch noch ahnungslos. Dabei geht es hier ja nicht um Cyberangriffe aus Russland oder China - in solchen Fällen hätte ich das noch gelten lassen -, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?) sondern es geht um Grundrechtseingriffe durch die Dienste befreundeter Staaten. Großbritannien ist Mitglied der Europäischen Union, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen die das?) und mit den Amerikanern zusammen sind wir in der NATO verbunden. Wir verteidigen ein gemeinsames Wertesystem, und dazu gehören auch die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir werden mit unseren Verbündeten darüber reden müssen, wie die Freiheitsrechte eingehalten werden können. Klar ist natürlich: Wir brauchen auch funktionierende Nachrichtendienste, die uns rechtzeitig vor Anschlägen warnen und schützen. Aber Nachrichtendienste sind an Gesetz und Recht, an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das Sammeln von Informationen über terroristische Anschläge rechtfertigt keine Totalüberwachung der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Gisela Piltz [FDP] - Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer hat das denn auch gesagt?) Ende der Woche tagt der Europäische Rat. Ich habe die klare Erwartung, dass die Bundeskanzlerin die mit dem britischen Spähprogramm verbundene Problematik anspricht, und zwar so klar, dass es auch Konsequenzen hat. Herr Friedrich, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, von Ihnen erwarte ich mehr, als nur einen Brief an die Botschaft zu schicken (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Briefe schreiben sicherer ist!) und abzuwarten, welche Antwort Sie bekommen, (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hauptsache, sie schickt keine E-Mail!) sowie ein bisschen öffentliche Besorgnis und Empörung zu zeigen. Das reicht natürlich nicht. Wir erwarten, dass Sie sich mit Ihren Amtskollegen an einen Tisch setzen und die Rechtslage und die Faktenlage aufarbeiten, damit wir präzise Informationen über das erhalten, was da passiert. Das ist Ihre Aufgabe. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir wollen wissen: Wie umfassend und intensiv wird in die Grundrechte deutscher Staatsbürger eingegriffen? Auf welcher Rechtsgrundlage geschieht das? Welche Schutzvorkehrungen gibt es? Und wie können wir zu vergleichbaren Rechtsvorschriften kommen? Nicht nur private Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die mittelständischen Unternehmen in Deutschland machen sich große Sorgen. Sie haben zu Recht Angst vor Wirtschaftsspionage. Dadurch gehen diesen Unternehmen Milliardenwerte verloren. Ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung werden entwertet. Wenn schon befreundete Nachrichtendienste es so leicht haben, wer schützt unsere elektronische Kommunikation dann vor weniger freundlich gesinnten Zeitgenossen? (Iris Gleicke [SPD]: So ist es!) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts hat gestern den Hinweis gegeben, die Bürgerinnen und Bürger sollten europäische Clouds nutzen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Telekom! Dann zapfen sie die Telekom an!) Gibt es die überhaupt in ausreichender Anzahl? Es gibt eine riesige Nachfrage nach sicherer elektronischer Kommunikation. Wir müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass diese Nachfrage befriedigt werden kann. Wenn Sie jetzt von einem Internetsicherheitsgesetz sprechen, frage ich mich: Wo ist denn der Gesetzentwurf? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich habe eben nach der Drucksache gesucht. Herr Bundesinnenminister, die Wahlperiode ist fast vorbei. Sie hatten vier Jahre Zeit. Diesen Gesetzentwurf haben Sie Ihren Innenministerkollegen auf den Tisch gelegt, aber Sie haben sich gegenüber der FDP nicht durchsetzen können. Dieser Gesetzentwurf ist nicht einmal in den Bundestag eingebracht worden, und dies ist bekanntlich die letzte reguläre Sitzungswoche in dieser Legislaturperiode. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht im September!) Wenn Sie jetzt damit kommen, dann ist das ein Armutszeugnis. Damit gestehen Sie ein, dass Sie hier nicht rechtzeitig gehandelt haben. Wir brauchen eine europäische Cybersicherheitsstrategie. Dafür müssen Sie Rahmenbedingungen setzen, rechtliche und ökonomische! Wir müssen die Daten und Informationen in unserer Kommunikation besser schützen können. Vor allen Dingen brauchen wir, meine Damen und Herren - dies soll meine letzte Bemerkung sein -, europäische Sicherheitsstandards. Dazu gehört auch, dass die EU-Datenschutzrichtlinie dringend überarbeitet wird. Diese Regierung hat das verhindert, weil sich Frau Leutheusser-Schnarrenberger und Herr Friedrich darüber nicht einigen konnten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Das Internet ist global, (Gisela Piltz [FDP]: Das ist aber eine grandiose Erkenntnis!) und die Angriffe aus dem Internet sind auch global. Der Schutz vor solchen Angriffen ist national, und der Datenschutz ist auch national. Das ist absurd. Das müssen wir überwinden. Wir müssen eine europäische Cybersicherheitsstrategie und einen europäischen Datenschutzstandard entwickeln, der uns in die Lage versetzt, den Datenschutz international, auch gegenüber den Vereinigten Staaten, durchzusetzen. Daran hätten Sie arbeiten müssen. Vier Jahre lang haben Sie nichts davon getan. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Jimmy Schulz das Wort. (Beifall bei der FDP) Jimmy Schulz (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da diese Debatte auch im Internet übertragen wird, grüße ich natürlich auch die Zuhörerinnen und Zuhörer an den Überwachungsgeräten. (Heiterkeit bei Abgeordneten im ganzen Hause) Ich bin entsetzt und überrascht über die, die überrascht sind, wissen wir doch vieles von dem, was wir gehört haben, schon seit einiger Zeit: (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann vier Jahre nichts für den Datenschutz tun! Skandalös!) 2001 gab es die Debatte über Echelon im Europäischen Parlament, 2001 gab es den Patriot Act und den Foreign Intelligence Surveillance Act - FISA -, und seit über einem Jahr ist bekannt, dass das Datenzentrum in Utah von der NSA gebaut wird. In einem Artikel in Telepolis stand dazu vor über einem Jahr, das "Utah Data Center" sei das letzte Stück eines komplexen Systems, das in den letzten zehn Jahren entwickelt wurde und fast alles können soll, was sich ein Geheimdienst nur wünschen kann. Es soll die gesamte Kommunikation, die über Satelliten, Überseekabel oder zentrale US-Switches der großen Telekomanbieter läuft, abfangen, speichern, entschlüsseln und analysieren. Sie sehen: Vieles war bekannt. Auf der DEFCON, dem größten Hackerkongress der Welt, sagte der NSA-Chef Keith Alexander: We don't spy on everyone of you. - Das lässt zugleich aber auch großen Interpretationsspielraum, wen er ausspioniert. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hätte der Friedrich einmal hingehen sollen!) - Ich war dort. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Friedrich!) Was bedeuten diese Informationen, wenn sie stimmen? Das ist die größte anlasslose Massenbespitzelung von - wahrscheinlich - deutschen Bürgerinnen und Bürgern und der deutschen Wirtschaft; ein solches Ausmaß hätten wir uns nicht vorstellen können. Das ist eine eklatante Verletzung der Freiheitsrechte, unserer Datenschutzregelungen, unserer informationellen Selbstbestimmung und nicht zuletzt von Art. 10 des Grundgesetzes, dem Fernmelde- und Kommunikationsgeheimnis. (Beifall bei der FDP - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tun Sie doch etwas! - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn die FDP?) Wir Deutsche sind zu Recht sensibel. Deutsche Unrechtsstaaten haben auch in Deutschland im letzten Jahrhundert ihre Bürgerinnen und Bürger perfide ausspioniert. Das, was jetzt passiert, schürt das Misstrauen in staatliche Gewalt und stellt für viele Bürgerinnen und Bürger infrage, was wir denn da tun. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Richtig!) Aufklärung und Transparenz über diese Programme auf allen Kanälen sind nötig. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Darum bemüht sich die Bundesregierung, (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wo denn?) die Briefe geschrieben hat und auf Antworten wartet. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Super! Briefe geschrieben!) Wir wollen keine inhaltlichen Details, aber wir wollen wissen: Auf welcher Rechtsgrundlage passieren diese Dinge? (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wir wollen, dass Sie das abstellen!) Welche Daten werden abgegriffen? In welchem Umfang geschieht dies? Sind Deutsche davon betroffen? (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen alle Details!) Und: Wie werden diese Daten abgesaugt? Diese Transparenz gefährdet übrigens nicht unsere Sicherheit, sondern sie ist für eine entwickelte Demokratie zwingend erforderlich. Unter Freunden haben wir ein Recht darauf, das zu erfahren. (Beifall bei Abgeordneten der FDP - Stefan Liebich [DIE LINKE]: Offenbar nicht!) Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden? Wir brauchen klare internationale Regeln. Wir brauchen eine Debatte darüber, und zwar auch international, was wir akzeptieren wollen und was nicht. Die Datenschutzdebatte muss national, europäisch und natürlich auch international geführt werden. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf den Tisch! - Thomas Oppermann [SPD]: Erst einmal Internetsicherheitsgesetz!) Wir brauchen eine bessere Kontrolle und Transparenz der Geheimdienste; das haben wir in unserem Positionspapier schon vor geraumer Zeit gefordert. Aber wir in Deutschland sollten auch darüber nachdenken, wie wir selbst mit Plänen zur anlasslosen Datenspeicherung umgehen wollen. Auch wenn es hier im Hause möglicherweise eine Mehrheit für eine anlasslose Speicherung aller Kommunikationsdaten gäbe, die breite Öffentlichkeit - das hat diese Debatte gezeigt - will das nicht. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?) Nicht nur deswegen sollten wir die Pläne für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung endlich über Bord werfen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Denn dies wäre der Einstieg in viel Schlimmeres, und nicht alles, was technisch möglich ist, nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch gesellschaftlich tolerabel. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Sie sind noch gar nicht in der Opposition!) Wir können uns aber schon jetzt vor den Schnüffelstaaten schützen; das gilt übrigens nicht nur für Staaten. Wir können Achtsamkeit und ein Bewusstsein dafür, was man denn da gerade selber macht, fördern. Eine E-Mail ist - das muss jeder wissen - so offen wie eine Postkarte. Lassen Sie die Daten im deutschen Rechtsraum. Verschlüsseln Sie Ihre Daten. Nutzen Sie sichere Clouddienste. Nutzen Sie sichere Software und Betriebssysteme. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn sicher? - Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie gute Gesetze!) Verbessern wir deutsche Kompetenzen in Forschung und Industrie. Lassen Sie uns im Bildungssystem das Bewusstsein hierfür schärfen. Doch ein Gutes hat die Sache. Jetzt, da wir wissen, dass man Skype abhören kann, benötigen wir weder Staatstrojaner noch Quellen-TKÜ. Das Geld sollten wir besser in den Schutz investieren. Das BSI kann da wertvolle Hilfe leisten. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn nun mit der FDP?) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Ulla Jelpke (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden hier über zwei Skandale. Der eine besteht darin, dass Großbritannien und die USA seit Jahren großangelegte Überwachungsangriffe und damit Angriffe auf die Persönlichkeitsrechte unbescholtener Bürgerinnen und Bürger in aller Welt durchführen. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Steht doch noch gar nicht fest!) Der andere Skandal besteht darin, dass die Bundesregierung ihre Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger vor diesen Angriffen zu schützen, sträflich vernachlässigt hat. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Klaus Hagemann [SPD]) Herr Innenminister, Sie haben hier heute voll an der Sache vorbei argumentiert. Offensichtlich haben Sie auch nicht die richtigen Informationen. Wir wissen aus dem Innenausschuss, dass von den USA noch gar nichts beantwortet wurde. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird auch so bleiben!) Statt tatsächlich Aufklärung herbeizuführen, haben Sie beispielsweise in der letzten Woche in einem Interview gesagt, dass Sie sich die harsche Kritik an unseren Partnern verbitten. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war an Herrn Ferber gerichtet!) Dazu kann ich nur so viel sagen: Wieso Partner? Die Geheimdienste der USA und Großbritanniens können nicht unsere Partner sein, nicht Partner der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und schon gar der auf der ganzen Welt - ganz im Gegenteil. Der Präsident Venezuelas Maduro hat zum Beispiel Folgendes dazu gesagt: "Was würde passieren, wenn die Welt erführe, dass Venezuela spioniert? Sicherlich würde der UN-Sicherheitsrat einberufen werden." Ich füge hinzu: Sicherlich würden die USA nicht mit Drohungen geizen. Empörend ist nicht nur die Heuchelei der USA, empörend ist auch, dass die Bundesregierung die Grundwerte unserer Verfassung faktisch kampflos preisgibt. Letzte Woche war US-Präsident Obama da. Die Bundeskanzlerin hatte nur lauter warme Worte für ihn - Küsschen hier, Küsschen da. (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Ist das noch Ihr Text aus Venezuela? - Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?) Stattdessen hätte sie ihm lieber einmal klipp und klar und in aller Öffentlichkeit sagen sollen, was wir davon halten, dass Bürger und Bürgerinnen hier überwacht werden, und dass er gefälligst Schluss damit zu machen hat, uns auszuspionieren. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Bundesregierung behauptet, sie habe von den Überwachungsprogrammen nichts gewusst. Wer soll das glauben? Wenn Sie tatsächlich nichts gewusst haben, wozu haben Sie eigentlich Ihre Geheimdienste, die deutschen? (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die können wir abschaffen! - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Regierung der Ahnungslosen! - Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja, was denn jetzt?) Ist nicht Spionageabwehr eine Aufgabe des Verfassungsschutzes und des BND? (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Erst zu viel Ausforschung, dann zu wenig Ausforschung - was stimmt denn nun?) Das wäre ein weiterer Beweis dafür, dass diese Geheimdienste nichts, aber auch gar nichts zu unserer Sicherheit beitragen. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass Sie sehr wohl gewusst haben, was da läuft. Der frühere BND-Chef beispielsweise, Herr Wieck, sagte gestern im Deutschlandfunk, ein solches Vorgehen sei - ich zitiere - "das natürliche, tägliche Brot von Geheimdiensten", auch des BND; er setzt nämlich darauf, von den erschnüffelten Erkenntnissen etwas abzukriegen. So wie der BND sich nicht scheut, Aussagen zu verwerten, die erpresst wurden - zum Beispiel, wie wir wissen, in Folterknästen wie Guantánamo -, will er auch illegal abgefangene E-Mails verwerten. Wenn der BND nicht genauso schnüffelt, dann nicht, weil er Skrupel davor hätte, sondern weil ihm schlicht und einfach die Ressourcen dazu fehlen - zum Glück, kann man da nur sagen. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was Sie alles wissen! Das ist ja unglaublich!) Aber wir wissen auch, dass der BND mit einem Millionenprogramm aufrüsten will, um es seinem großen Bruder gleichzutun. Die Linke erwartet, dass die zuständigen Ausschüsse hier keine Zusagen machen und keinen Cent dafür freigeben. (Beifall bei der LINKEN) Meine Damen und Herren, wir erleben in diesen Tagen, dass die westliche Welt, die sich selbst so arrogant die "freie" Welt nennt, sich als Raum der Überwachung, der Verletzung der Intimsphäre und des Unrechts entpuppt. Ich weiß nicht, ob Verhandlungen über Datenschutzabkommen weiterhelfen. Was nottut, sind auf jeden Fall Schutzprogramme, um die Überwachung zu verhindern oder wenigstens ihren Preis massiv hochzutreiben. Die Linke erwartet von der Bundesregierung klare Ansagen: Was wollen Sie tun, um die Überwachungsangriffe aus den USA und Großbritannien auf unsere Grundwerte abzuwehren? Noch etwas: Je mehr sich herausstellt, dass die westlichen Geheimdienste sich einen Dreck um die Demokratie scheren, desto mehr verdienen jene Anerkennung, die tatsächlich für Freiheitsrechte kämpfen. Ich rede von Leuten wie den Aktiven von WikiLeaks, von Bradley Manning, der seit Jahren in einem US-Militärknast schmort, und von Edward Snowden. Snowden hat die Schnüffelpraxis der USA und der Geheimdienste aufgedeckt. Für dieses Verdienst droht ihm nun schwerste Verfolgung durch die US-Behörden. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn wir alle ihm sagen würden: Du bist hier willkommen. - Edward Snowden verdient unsere Solidarität und unser Asyl. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Renate Künast das Wort. (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Der geballte Sachverstand!) Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Ihre Rede hier wäre selbst einem Erstsemester in den Rechtswissenschaften komisch aufgestoßen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Da geben Sie zum Besten, dass die Exekutive an Recht und Gesetz gebunden ist. Ja, und dann, Herr Minister? An welches Recht, an welches Gesetz, was sind die Regeln, und halten Sie sich daran? Das sind doch die Fragen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie sind nicht der deutsche Innenminister!) Es geht um Millionen von Verbindungsdaten, es geht um Inhalte, es geht um umfassende Eingriffe. Aber Sie sind nicht einmal in der Lage, hier darzustellen, wie umfassend die Eingriffe sind, was alles ausspioniert wird - geht es um Wirtschaftsspionage bis hin zum Terrorismus, um den gesamten Privatverkehr all derer, die hier oben auf der Tribüne sitzen oder gerade im Livestream zuschauen? - und was mit diesen Daten passiert. Kein Wort haben Sie dazu gesagt. Aber Sie haben einmal den Eid geleistet, unser aller Rechte in Deutschland zu wahren. Wo bleiben Ihre entsprechenden Aktivitäten? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN - Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wo soll denn der Rechtsverstoß des Ministers sein?) Sie erzählen uns hier wieder, dass Freiheit und Sicherheit zusammengehörten und es Freiheit ohne Sicherheit nicht gebe. Auf diesem Parkett könnte ich jetzt auch herumtänzeln. (Zuruf von der CDU/CSU: Lieber nicht!) Wir sind doch längst weiter. Wir wissen, dass es in diesem Spannungsverhältnis eine Balance zu finden gilt. Wir kommen allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen, wie diese Balance aussehen sollte. Außerdem geht es hier um einen realen Fall. Auch deshalb ist uns mit einer Erstsemestervorlesung in Philosophie nicht gedient. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Im konkreten Fall werden wir alle zu gläsernen Bürgern: Anlasslos und schwellenlos wird vermutlich alles gesammelt, was sich gerade aktuell im Netz tut. Das, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ist kein Albtraum, kein Hollywoodfilm, sondern es ist offenbar Realität. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Jeder muss sich Sorgen machen. Sie haben allgemein philosophiert; aber was sagen Sie eigentlich konkret zum Fall Snowden? Wie kann es eigentlich sein, dass ein Land jemanden, der lediglich sagt, was er arbeitet, zum meistgesuchten Menschen der Welt macht? Dazu kam von Ihnen kein Wort. Es kam auch kein Wort von Ihnen dazu, wie die britische Regierung mit den Fragen, die die Bundesregierung gestellt hat, umgeht. Einer Tickermeldung nach ist die britische Regierung nicht gewillt, die Fragen der Bundesregierung zu beantworten. Stattdessen empfehle London der Bundesregierung als geeigneten Kanal bzw. geeignete Ebene für bilaterale Gespräche die Nachrichtendienste selbst. Und das lassen Sie sich gefallen, Herr Friedrich? Wir alle werden in unserer Kommunikation ausgespäht - als wären wir alle Schwerverbrecher, Terroristen oder Wirtschaftsspione -, und nun sollen wir damit zufrieden sein, wenn sich die Geheimdienste in als klassifiziert eingestuften Gesprächen darüber austauschen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Ich hätte erwartet, dass Sie Ihre Stimme erheben und an dieser Stelle klar sagen: Der Schnüffelskandal ist kein bilaterales Problem zwischen uns und den USA oder zwischen uns und Großbritannien, sondern hier gilt internationales Recht. Im Hinblick auf Großbritannien muss man doch auch darauf hinweisen, dass europäisches Recht einzuhalten ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Die Rechtsgrundlagen der Europäischen Union - schon die Binnenmarktregeln, nicht erst die Grundrechtecharta, die Großbritannien ja nicht unterzeichnet hat - besagen, dass wir alle das Recht haben, dass unsere persönlichen Daten geschützt werden. Deshalb ist dieser Schnüffelskandal kein bilaterales Problem, sondern dieses Thema gehört - das haben wir in unserem Antrag geschrieben - auf die Tagesordnung des Europäischen Rates in dieser Woche. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Wer so tut, als könnte man dieses Thema irgendwie bilateral bzw. in Gesprächen der Geheimdienste miteinander klären, der will nicht ernsthaft aufklären und unsere Rechte verteidigen, Herr Friedrich. Dieses Thema muss aber auf die Tagesordnung des Europäischen Rates kommen. Wir wollen wissen, was passiert ist und passiert. Wir wollen laut sagen, was rechtlich nicht geht. Wir wollen, dass diese Bundesregierung prüft, welche rechtlichen Schritte gegenüber den USA bzw. Großbritannien eingeleitet werden können, zum Beispiel ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Missachtung und Verletzung des europäischen Rechts. Das muss ganz klar angesprochen werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Dazu kam von Ihnen kein Wort. Ich sage Ihnen: Wenn diese Schnüffelprogramme jetzt nicht politisch und rechtlich zurückgewiesen werden, wenn wir unser Recht jetzt nicht verteidigen, dann sind die Verfassungsrechte der westlichen Demokratien das Papier, auf dem sie geschrieben stehen, am Ende nicht wert. Wozu ist eine Regierung eigentlich da? Die Aufgabe einer Regierung ist es, Gesetze zu machen, die Ausführung zu kontrollieren und unser aller Rechte zu vertreten, meine Damen und Herren. Es ist schön, Herr Schulz, dass Sie die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt haben; aber dann erwarte ich von der FDP auch, dass sie an dieser Stelle genauso klar sagt: Dieser Schnüffelskandal muss auf die Tagesordnung des Europäischen Rates, und wir müssen prüfen, ob gegen Großbritannien ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Recht, meine Damen und Herren, soll und darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muss auch in der Realität praktiziert werden. Deshalb sage ich Ihnen an dieser Stelle ganz klar: Die Aufgabe der Bundesregierung ist zuerst, unsere Rechte hier und heute zu verteidigen. Dann, lieber Thomas Oppermann, kann man über europäische Datenschutzrichtlinien und über eine europäische Cyberstrategie reden. Das ist immer richtig; denn nur so können wir das Recht auf Datenschutz, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, tatsächlich verteidigen. Aber als Allererstes wollen wir wissen, was war, und wir wollen, dass endlich das europäische Recht eingehalten wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Michael Grosse-Brömer für die Unionsfraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Künast, am besten war Ihre Passage mit dem "Herumtänzeln". (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie selber sind um das Thema herumgetänzelt. Ihr Vorwurf, der Minister sei unkonkret gewesen, war völlig abwegig. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie etwas zur Vertragsverletzung!) Natürlich sind wir - welch eine Binsenweisheit - nicht alle Terroristen. Wir alle werden aber auch nicht ständig überwacht. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?) Das ist genauso richtig. Wer sich mit dem Thema ernsthaft und sachlich auseinandersetzt, wird sich doch um die Kernfragen dieser Problematik kümmern, nämlich um Prism und um Tempora, und die Fragen stellen, die das Ministerium eben schon gestellt hat. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fangen Sie mal an damit! - Iris Gleicke [SPD]: Da sind wir aber gespannt! - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt aber keine Antworten!) Nur tun Sie doch nicht so, als hätte es irgendeinen Rechtsverstoß deutscher Ministerien oder gar des deutschen Innenministeriums gegeben. Das ist doch völlig abwegig, und darum geht es hier auch gar nicht. Wo ist denn der Rechtsverstoß des Ministers? Sie suggerieren hier immer, es gebe eine permanente Kontrolle (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Rechtsverstöße! - Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Untätigkeit!) und irgendwelche Fehler von deutschen Ministern. Darum geht es hier gar nicht. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!) Hier geht es um eine Überwachung - darüber kann man nachdenken - und um eine Bundesregierung, die unverzüglich, schnell und besonnen gehandelt und sich um Aufklärung bemüht hat. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das ist absurd! - Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Das gefällt Ihnen nicht; aber es ist die Aufgabe der Regierung, genau das zu tun, was sie getan hat. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Briefe geschrieben hat sie!) Im Übrigen können wir noch einmal nachfragen. Nicht nur die Kanzlerin hat sich mit Herrn Obama unterhalten. Was hat Herr Steinbrück - der amerikanische Präsident musste lernen, dass er nicht "Steinberg" heißt; aber das hat er irgendwann mitbekommen - denn bei seinen Gesprächen herausgefunden? Er hat doch bestimmt mit dem Präsidenten auch über Prism geredet. (Zuruf des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Deswegen habe ich mich schon gewundert, dass Sie diese Debatte überhaupt mit beantragt haben. Eigentlich müsste angesichts der diplomatischen Fähigkeiten Ihres Kanzlerkandidaten schon alles klar sein. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Der SPD nicht!) Um das ganz klar zu sagen: Ich wäre ein Stück weit vorsichtig mit schnellen, voreiligen Schlussfolgerungen. Was Deutschland anbelangt, ist eines richtig: Wir haben klare gesetzliche Grundlagen für das, was wir hier tun. Wenn andere die nicht einhalten, wird in der Tat nachgefragt, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!) und dann tritt man in einen kritischen Dialog ein. Das alles fordern natürlich auch wir als Union. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das muss abgestellt werden, nicht nachgefragt werden!) Niemand kann angesichts dieser Meldungen zufrieden sein, die da in den Zeitungen - im Guardian oder sonst wo - standen, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon 14 Tage her, dass Sie nichts gemacht haben!) und niemand kann angesichts der Aussagen von Herrn Snowden beruhigt sein und sagen: Da wird schon nichts dran sein. - Nein, vollständige Aufklärung ist hier gefragt. Keine Frage. Die findet aber auch statt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?) Jedenfalls wird die Bundesregierung genau das tun, was sie schon am Anfang gemacht hat. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was denn?) Sie wird Fragenkataloge erstellen und gerade befreundete Staaten und Nachbarn konkret auffordern, hier vernünftig Auskunft zu geben. Ich will Ihnen - gerade weil Deutschland nicht zuletzt wegen seiner historischen Erfahrungen eine wehrhafte Demokratie ist - sagen: Natürlich müssen wir Bedrohungen der Sicherheit der Menschen in unserem Land abwenden. Darum geht es doch im Zweifel auch. Deswegen brauchen wir Nachrichtendienste. Tun Sie doch nicht immer so, als wäre die Ausspähung das einzige Interesse. Hier geht es konkret um den Schutz der Menschen in Deutschland. Auch das ist im Übrigen eine verfassungsrechtlich verankerte Aufgabe. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deswegen gilt es, genau das zu tun, was der Minister gesagt hat, nämlich die passende Balance zu finden: Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Darum geht es. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr konkret! Wir danken auch!) Natürlich hatte der Bundesinnenminister recht, als er vor einigen Tagen in einem Interview sagte: Es kann ja nicht sein, dass die Verbrecher technologisch aufrüsten, immer effizienter das Netz nutzen - und wir als Staat dem nichts entgegensetzen können. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Machen wir alles mit!) Weiter stellte er fest, man müsse dafür Sorge tragen, dass wir Kontrollverluste über die Kommunikation von Kriminellen durch neue rechtliche und technologische Mittel ausgleichen. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Finden Sie Tempora jetzt gut? Dann sagen Sie es!) Natürlich ist das die Aufgabe; seien wir doch einmal ehrlich. Es geht doch nicht nur um eine Ausspähung, sondern es ist doch auch die Aufgabe des Staates, sich genau darum zu kümmern. Ich möchte Sie hören - dann würden Sie sich als Erste melden -, wenn in Deutschland ein terroristischer Anschlag stattfinden würde: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was müssen Sie ihn jetzt verteidigen? Sagen Sie doch, was richtig ist!) Dann würde bei Ihnen nicht mehr die Empörung über das Ausspähen an erster Stelle stehen, sondern die Empörung darüber, dass der Staat zu wenig zum Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger gehandelt hat. Das wäre dann der nächste Vorwurf. Insofern geht es in der Tat um die richtige Balance. Wir wollen keinen Überwachungsstaat, und wir haben auch keinen Überwachungsstaat. Wir haben eindeutige Rechtsgrundlagen für Überwachungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikation. Es gibt die Polizeigesetze der Länder und die Strafprozessordnung. Wir haben das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, das G-10-Gesetz. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch nicht um die StPO! Das sind Geheimdienste, falls Sie den Unterschied kennen! Nach der StPO ist das alles verboten, was da passiert!) All das bildet in Deutschland das rechtliche Gerüst, um eben blinde und unverhältnismäßige Ausforschung zu verhindern. Es gibt strenge Regeln, an die wir uns halten. Deswegen besteht in Deutschland aus meiner Sicht auch die richtige Balance zwischen dem Schutz der inneren Sicherheit, dem Recht auf Privatsphäre und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Im Übrigen haben wir heute noch eine Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir gespannt!) Da werden natürlich weiterhin Fragen gestellt, weil wir in Deutschland glücklicherweise eine parlamentarische Kontrolle haben. Herr Ströbele, Sie freuen sich schon wieder auf die Sitzung. Sie haben doch bestimmt schon wieder etliche Fragen vorbereitet. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sollen wir kontrollieren, wenn wir nichts hören?) Das ist auch gut so. All das funktioniert in Deutschland. Deswegen treffen wir uns gerade in diesem Gremium. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sie auch beantworten!) Viele Kollegen, die schon länger als ich in diesem Gremium sind, finden im Übrigen sogar, dass die parlamentarische Kontrolle in den USA hervorragend ausgestaltet ist. Das, was Sie hier teilweise kritisieren, haben Sie an anderer Stelle also schon als blendendes, gutes Vorbild gelobt. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Grosse-Brömer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele? Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Nein, er hat ja schon eine Zwischenfrage gestellt. Wir sind mit diesem Punkt ja auch gleich durch, und ich treffe ihn dann im Parlamentarischen Kontrollgremium. Dort kann er mir die Frage auch direkt stellen. Das dauert ja nicht mehr lange; das ist in zwei Stunden der Fall. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wollte nur wissen, welche Antworten wir kriegen!) Wir haben gegenüber den USA sogar noch den Vorteil, dass das Parlamentarische Kontrollgremium den Bundestag jeweils informiert. Deswegen ist auch die notwendige Transparenz hergestellt. Ich bin mit Ihnen der Auffassung: Das, was wir gelesen haben, muss hinterfragt und aufgeklärt werden. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland müssen wir einen kritischen bilateralen Dialog mit denjenigen führen, die all das angeblich durchgeführt haben. Das wird stattfinden. Das ist Aufgabe der Bundesregierung, und diese Aufgabe erfüllt sie hervorragend. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nicht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Michael Hartmann für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in einer Debatte, die weit über das hinausgeht, was in Zeitschriften und durch den Whistleblower Snowden im Einzelnen benannt wurde. Herr Minister, Sie haben zu Beginn völlig zu Recht gesagt, dass es natürlich eine Pflicht eines jeden Staates ist, für Sicherheit zu sorgen. Ohne Frage! Wer könnte dem widersprechen? Das gilt aber für jeden Staat, auch für Diktaturen und Unterdrückungsstaaten. Im Unterschied dazu ist es doch die Leistung des neuzeitlichen Verfassungsstaates, dass Sicherheit unter der Bedingung der Freiheit gewährleistet wird. Diese Freiheitsrechte wurden durch die Programme, die jetzt bekannt geworden sind, natürlich angegriffen und verletzt. Deshalb darf man das nicht lapidar abtun. (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Wir reden hier also über unser Selbstverständnis als westliche Wertegemeinschaft. Insofern würde ich mir mehr erwarten als Briefe von subalternen Beamten, die noch nicht einmal Ihre Unterschrift tragen, Herr Minister, mit dem Inhalt, doch bitte einmal ein paar Fragen zu beantworten. Ich würde mir mehr erwarten als diplomatische, abgestanzte Formulierungen der Kanzlerin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem US-Präsidenten, und ich würde mir auch anderes erwarten als, so wird es in der Presse zitiert, Brandbriefe von Ihnen, Frau Justizministerin. Ein anderer Stil und ein anderer Druck sind notwendig. Ein Thema, das Bürgerrechte so weitgehend berührt, ist Chefsache und muss im Europäischen Rat natürlich - hier haben die Grünen völlig recht - an prominenter Stelle und nicht irgendwo behandelt werden. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Übrigen verstehe ich wie so oft in dieser Wahlperiode auch die Aufgabenteilung zwischen dem Justiz- und dem Innenministerium nicht. Herr Friedrich, sprechen Sie jetzt für die Bundesregierung und agiert Frau Leutheusser-Schnarrenberger außerdem autonom? (Gisela Piltz [FDP]: Ich werde Ihnen das erklären!) Schreibt sie eigenständig Briefe oder, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, trauen Sie dem Innenminister nicht zu, dass er das richtig macht? Gehören Sie vielleicht einer anderen Bundesregierung an? (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles ist möglich!) Die Schere geht hier jedenfalls sehr weit auseinander. Hier schreibt eine Ministerin, dort lässt ein Minister schreiben. Antworten gibt es im Übrigen in beiden Fällen nicht. So viel zum Aufklärungswillen! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir haben also - das müssen wir hinnehmen - noch keine sicheren Erkenntnisse durch die Behörden der USA und Großbritanniens. Gar keine Erkenntnisse gibt es aufgrund offizieller Stellungnahmen. Hier kann alleine die Bundesregierung für Abhilfe sorgen. Das kann nicht das Parlament. Dazu gehört eben der nötige Druck und nicht ein pflichtschuldiges Nachfragen, damit man das halt mal gemacht hat, vielleicht sogar mit dem Hinweis darauf - Herr Ströbele, wir kennen das ja -: Na ja, vermutlich bekommen wir keine Antwort, aber das ist dann halt so. Weiter im Gefecht! (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir haben mal darüber gesprochen!) Das geht eben nicht, sondern es geht darum, dass ein großer Teil unserer Bevölkerung, nicht nur die kritische Öffentlichkeit, durch solche Meldungen unglaublich verunsichert ist und das Gefühl hat: Jetzt ist Big Brother wirklich überall; diese Überwachung geschieht sogar durch ausländische Staaten, mit denen wir angeblich befreundet sind. Ein anderer Kernpunkt in der Debatte ist folgender: Wenn wir Teil einer Wertegemeinschaft sind und wenn wir gemeinsame Ziele, auch bei der Verbrechens- und Terrorbekämpfung, verfolgen, dann kann es doch nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland durch diese Maßnahmen per se wie potenzielle Gefährder behandelt werden. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gisela Piltz [FDP]) Mich stört diese fehlende Klarheit auch deshalb, weil ich sehe, wie sehr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Diensten unter den Diskussionen leiden. Nicht die Beamten beim Verfassungsschutz oder beim BND oder beim MAD sind als Täter anzusehen. Nein, sie berichten immer, wie es so schön heißt, an die Bedarfsträger. Bedarfsträger sind der Bundestag und die Bundesregierung. Sie geben die Richtlinien vor. In diesen Richtlinien müssen wir klarmachen, was wir wollen und was nicht geht. Wir dürfen nicht den einzelnen Beamten prügeln, während es tatsächlich um Fehlhandlungen einer Bundesregierung geht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich sage das vor dem Hintergrund einer verqueren Vermischung - da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Bundesinnenminister -: Alles, was der BND plant, wird zumindest als heikel angesehen. Ich teile diese Sichtweise ausdrücklich nicht. Ich sage Ihnen sehr offen und direkt: Ich will, dass unser Bundesnachrichtendienst besser wird, aber nicht deshalb, um uns oder um Bürger beliebiger anderer, gar noch befreundeter Staaten auszuspähen - das will ich nicht -, sondern weil wir eine Riesenlücke in der Cyberabwehr haben. Wir erleben tagtäglich im Internet eine Vielzahl von Angriffen auf Deutschland und wissen sie kaum zu erfassen, geschweige denn zu bekämpfen. Da muss unser Bundesnachrichtendienst besser werden. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die Debatte wird natürlich noch eine Weile weitergehen. Man darf auch gespannt sein, welche Volten sie noch schlägt. Klar ist: Wir brauchen eine Bundesregierung, die das Thema zur Chefsache macht, zur Beruhigung unserer Bürger und zur Aufklärung dieser Angriffe. Wir brauchen klare gemeinsame Regeln mindestens innerhalb der Europäischen Union, eigentlich sogar zwischen den westlichen Staaten. Ich habe mir einmal erlaubt, ins Stockholmer Programm zu sehen. Darin wird die ganze Sicherheitszusammenarbeit innerhalb Europas definiert. Dort heißt es wunderschön: Die Grundprinzipien wie Zweckgebundenheit, Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, zeitlich begrenzte Speicherung, Sicherheit und Vertraulichkeit sowie die Achtung der Rechte des Einzelnen, eine Kontrolle durch unabhängige nationale Aufsichtsbehörden und der Zugang zu einem wirksamen Rechtschutz müssen gewährleistet werden und ein umfassendes Schutzkonzept muss ausgearbeitet werden. Prima! Machen Sie das! Erinnern Sie die Briten und die Amerikaner daran, dass auch sie diesen Werten verpflichtet sind. Klären wir doch bitte darüber auf, dass Länder wie China und Russland, die - ausgerechnet! - derzeit Krokodilstränen wegen der großen und schrecklichen Überwachung weinen, die angeblich der Westen vornimmt, die wahren Gegner sind. Da müssen wir für Klarheit sorgen. (Beifall bei der SPD - Helmut Brandt [CDU/CSU]: Den letzten Satz kann man unterschreiben!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Gisela Piltz für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Gisela Piltz (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! O tempora, o mores! Für all die, die nicht Latein lernen mussten: Oh ihr Zeiten, oh ihr Sitten! - Dieser altbekannte Ausspruch, der sonst eher von älteren, gesetzteren Herrschaften vielleicht gegenüber der sich nicht so gut benehmenden Jugend benutzt wird, bekommt vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte und sicherlich auch vor dem Hintergrund so mancher Äußerung hier eine völlig neue Bedeutung. Tempora und Prism: Diese beiden Begriffe führen uns deutlich vor Augen, was heute technisch geht, und vor allen Dingen, dass das, was heute technisch geht, leider auch viel zu oft gemacht wird. Wir sind uns - das ist in dieser Debatte deutlich geworden - immerhin fast alle einig, dass diese ausufernde Überwachung unverhältnismäßig ist; denn es geht in der Mehrheit um unbescholtene Bürger. Mit wenigen Ausnahmen sind wir der Auffassung, dass es so nicht weitergehen kann und darf und dass wir das nicht hinnehmen können. Manche Äußerungen sind aber erstaunlich. Warum echauffiert sich die EU-Kommissarin Reding öffentlich über Prism, während die EU die Vorratsdatenspeicherung weiter forciert? Das macht übrigens nicht nur die EU, sondern mindestens auch die SPD, von der heute ja ein bisschen was anderes zu hören ist. Ich finde, das passt nicht zusammen. (Jimmy Schulz [FDP]: Genau so ist es!) Wer die Vorratsdatenspeicherung propagiert, kann nicht glaubwürdig gegen die anlasslose Speicherung an anderer Stelle auftreten. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Jimmy Schulz [FDP]: Hört! Hört!) Auf der letzten Justizministerkonferenz im Saarland im Juni 2013 - das ist nicht wirklich lange her - hat die Mehrheit der rot-grün regierten Länder, nämlich NRW, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die Bundesjustizministerin aufgefordert, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung endlich einzuführen. (Sebastian Blumenthal [FDP]: Heuchelei! Das ist unglaublich! Heuchelei ist das! - Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das war doch im Saarland!) Meine Damen und Herren insbesondere von der SPD, wenn Sie klüger geworden sind, dann würde das uns als Liberale freuen. Aber dann sagen Sie es hier auch. Denn die Vorratsdatenspeicherung ist nicht dasselbe. Darüber sind wir uns einig. Das ist keine Frage. Aber es geht bei der Vorratsdatenspeicherung genauso um eine anlasslose Speicherung von Daten von Menschen, die telefonieren, E-Mails austauschen und SMS schicken, und zwar ein halbes Jahr lang. Das ist ein Anfang. Wir als Liberale versuchen, das zu verhindern, (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Durch Rechtsbruch!) und wir rufen Sie auf, uns dabei zu helfen. Darüber würden wir uns freuen. (Beifall bei der FDP) Das Spiel "Gute Daten, schlechte Daten", das hier manche spielen, ist aus meiner Sicht ein Schlag ins Gesicht der Menschen in Europa. Anlasslose Rundumüberwachung durch die NSA ist nicht besser als die der Briten, und die Vorratsdatenspeicherung stellt die Menschen aus meiner Sicht unter einen Generalverdacht. Deshalb freuen wir uns, wie gesagt, über Unterstützung. Grandios finde ich in diesem Zusammenhang aber auch das Interview von Herrn Oppermann, der jetzt leider nicht mehr anwesend sein kann. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Er ist im Vermittlungsausschuss!) Er hat am 25. Juni, also diese Woche, als beide Skandale schon bekannt waren, der RP Online ein Interview gegeben. Darin sagte er: Otto Schily hat eine historische Leistung vollbracht: Er hat gezeigt, dass die Bürger nicht auf Freiheit verzichten müssen, wenn der Staat zum Schutz vor Terroristen drastische Maßnahmen ergreifen muss. Höre ich Gelächter? Ich verstehe das. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Nein! Bravo!) Er hat Freiheit und Sicherheit zum Ausgleich gebracht, und das bekommt diese Bundesregierung nicht hin. Meine Damen und Herren, Otto Schily hat die sogenannten Otto-Kataloge I und II durch dieses Parlament gebracht. (Jimmy Schulz [FDP]: Mit den Grünen!) - Mit den Grünen gemeinsam, genau. - Das hat mit der Balance von Sicherheit und Freiheit nichts mehr zu tun. (Beifall bei der FDP und der LINKEN - Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Doch! Das sollten wir noch mal diskutieren!) Meine Damen und Herren, Otto Schily hat am Parlament und an allem vorbei die Onlinedurchsuchung in-stalliert. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Nein! Das war die Große Koalition!) Das hat mit der Balance von Freiheit und Sicherheit nichts zu tun. Er hat auch gesagt: "Die Terroristen sollten aber wissen: Wenn ihr den Tod so liebt, könnt ihr ihn haben." Von daher glaube ich: Wer sich auf Herrn Schily beruft und Otto meint statt Konrad, der unserer Partei angehört, muss sich ernsthaft fragen: Was ist das für ein zukünftiger - wenn wir alles verhindern können, dann hoffentlich das - Innenminister für dieses Land? (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Satz ist ja fast verunglückt!) - Frau Künast, so verunglückt wie Sie kann ich gar nicht reden. (Zurufe von der SPD: Oh!) Es ist ja noch schlimmer. Das geht noch weiter: Derselbe Herr Oppermann, der hier großartig Konsequenzen gefordert hat, wurde gefragt: Was kann man tun, wenn die Briten einen ausspähen? - Kurzform: Frau Merkel muss es richten. Meine Damen und Herren, wenn das Ihr Programm ist, dann ist das die beste Wahlhilfe für unsere Koalition. Das zeigt doch, dass Sie selber nicht wissen, was Sie tun sollen. (Beifall bei der FDP - Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wollen Sie es machen, Frau Piltz?) Wir als Liberale fordern als Konsequenz, dass wir uns in Brüssel endlich verstärkt dafür einsetzen, dass das Datenschutz-Rahmenabkommen endlich geschlossen wird. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann mal los! - Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An wen richtet sich die Forderung?) Mein Fraktionsvorsitzender hat zu Recht die Kanzlerin aufgefordert, gegenüber dem britischen Premier Klartext zu fordern. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr fordert viel, aber von der eigenen Regierung!) Wir brauchen Aufklärung, und wir brauchen effektive und schnelle Maßnahmen. Mit ausweichenden Antworten darf man sich nicht mehr zufriedengeben. Denn damit haben Sie leider völlig recht, Herr Kollege: Wenn man so mit Freunden umgeht, dann will ich nicht wissen, was Feinde erwartet. Wir erwarten als Liberale von der Bundesregierung, dass sie eine Taskforce einrichtet. Sie muss Experten aus den verschiedenen Ressorts einsetzen, um penibel aufzuklären, was passiert ist. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah! Taskforce! Super!) Wenn das, was der Bundesdatenschutzbeauftragte heute ins Spiel gebracht hat, möglich ist, nämlich ein Zusatzprotokoll auf UN-Ebene, dann hoffe ich, dass die Bundesregierung das wohlwollend prüft. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte gefordert, nicht nur geprüft werden!) Auch die Landesdatenschutzbeauftragten müssen Unternehmen prüfen und sich darum kümmern, was möglicherweise direkt an die Amerikaner oder auch an die Briten herausgegeben worden ist. Aber eines möchte ich noch sagen, weil hier immer darauf hingewiesen wird, dass im Internet Verbrechen verabredet werden: Das ist selbstverständlich richtig. Früher passierte das am Telefon, auf der Parkbank oder wo auch immer. Aber das Internet wird überwiegend von rechtschaffenen, ehrlichen und ganz "normalen" Menschen genutzt, die dort ihr Leben sozusagen offenlegen und leben. Das Internet hat das Leben vieler Menschen durchweg leichter gemacht. Ohne das Internet gäbe es Wissensvermittlung in vielen Ländern überhaupt nicht. Das müssen wir schützen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Es geht nicht darum, nur das Schlechte zu sehen. Wir müssen auch das Gute sehen; denn das Gute überwiegt das Schlechte. Herr Innenminister, denken Sie bitte daran: Man schützt die Freiheit nicht, indem man sie aufgibt. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das wird oft vergessen!) Das weiß niemand so gut wie die Liberalen. Wir hoffen, dass nicht nur wir das so sehen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Stefan Liebich für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Stefan Liebich (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich in ihre E-Mails oder in das Telefon ihrer Frau hineinsehen wollte, müsste ich nur die abgefangenen Daten aufrufen. Ich kann ihre E-Mails, Passwörter, Gesprächsdaten, Kreditkarteninformationen bekommen. So hat es Edward Snowden, der Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA, gesagt. Ich danke ihm im Namen der ganzen Fraktion Die Linke sowie vieler weiterer Bürgerinnen und Bürger für seine Ehrlichkeit; denn nur deswegen können wir diese Debatte führen. (Beifall bei der LINKEN) Er hat es ermöglicht, dass einer der größten Einbrüche in die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern der Welt bekannt und damit diskutierbar geworden ist. Dieses Verdienst wird auch nicht dadurch geschmälert, dass Russland, wo sich Snowden im Moment mutmaßlich aufhalten dürfte, nun wirklich nicht als Paradies für Bürgerrechte und Datenschutz gilt. Statt darüber zu lästern, wäre es umso sinnvoller gewesen, ihm hier in der Bundesrepublik Deutschland Asyl zu gewähren. (Beifall bei der LINKEN) Das, Herr Friedrich, geht ganz einfach. § 22 des Aufenthaltsgesetzes bietet dafür die Möglichkeit: Eine Aufenthaltserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat. Mit so einer Entscheidung hätte unsere Regierung deutlich gemacht, dass wir als eigenständiger und selbstbewusster Partner der Vereinigten Staaten nicht bereit sind, jeden Irrsinn zu tolerieren oder zu decken, der im Terrorwahn angerichtet wird. (Beifall bei der LINKEN) Es betrifft ja auch die politischen Interessen unseres Landes, die hier gewahrt werden müssen. Herr Friedrich, Sie haben eben zu Recht gesagt, der gläserne Bürger sei mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren. Aber dann kneifen Sie die Augen vor dem zu, was hier passiert. Sie glauben doch nicht wirklich, dass die Washington Post oder der Guardian ungeprüft irgendwelchen Unsinn veröffentlichen. Prism ist nicht irgendein Ding aus dem von Angela neu entdeckten Neuland, sondern ein Datensammelprogramm ungeahnten Ausmaßes. Wer sehen will, kann sehen. Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Seit 2007 sammeln die Sicherheitsbehörden Ihre Daten bei Microsoft, seit 2008 bei Yahoo, seit 2009 bei Google und Facebook, seit 2010 bei YouTube, seit 2011 bei Skype und AOL sowie seit 2012 bei Apple. Wenn ich hier in die Reihen schaue, sehe ich, dass wieder viele Kollegen mit ihren mobilen Geräten beschäftigt sind. - Sie fühlen sich zu Recht ertappt, Herr Hartmann. Wissen wir denn eigentlich noch, wer alles mit welchen Informationen betroffen ist, die wir hier jeden Tag austauschen? Wenn mir zuvor jemand so etwas erzählt hätte, hätte ich das in das Reich der Verschwörungstheorien verwiesen. Aber es ist bittere Realität. Das dürfen wir nicht akzeptieren. (Beifall bei der LINKEN) Um es einmal in Zahlen auszudrücken: Facebook hatte im letzten Jahr 26 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland, AOL immerhin 5 Millionen und YouTube 4,3 Millionen Zugriffe aus Deutschland pro Tag. Auf deren Daten, Profile und auf die Spuren ihres Nutzerverhaltens hat die NSA Zugriff. Das Bundesverfassungsgericht hat 1983 in seinem Volkszählungsurteil formuliert: Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wissen wir das noch? Wissen Sie, wer was wann über Sie weiß? Oder ist es Ihnen oder uns allen inzwischen egal? Alles, was der Bundesregierung dazu einfällt, sind Ausflüchte und Briefe. Herr Grosse-Brömer will einen kritischen Dialog führen. Da bricht ein Bündnispartner in unsere Wohnung ein und stiehlt sensibelste Daten, aber es gibt noch nicht einmal einen Protest. Aus meiner Sicht gibt es hierfür keine Rechtfertigung, sondern der Botschafter der Vereinigten Staaten müsste einbestellt werden. Es müsste eine umfassende Erklärung verlangt und erwartet werden, dass diese Praxis sofort beendet wird. (Beifall bei der LINKEN) Herr Friedrich hat hier gesagt: Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit. - Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten und immerhin Gründer des US Postal Service, also in gewisser Weise eines der Vorvorvorvorvorläufer des Internets, sagte: Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren. (Beifall bei der LINKEN) Wenn das passiert, dann haben die Terroristen gewonnen. Daran dürfen wir alle kein Interesse haben. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Konstantin von Notz das Wort. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Piltz, das war eben die letzte schwarz-gelbe Rede zur Innenpolitik hier in der 17. Wahlperiode, (Gisela Piltz [FDP]: Wahrscheinlich nicht!) und sie war, da Sie die Rede an den Bundesinnenminister adressiert haben, ein Dokument des Scheiterns der Innenpolitik in den letzten Jahren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Die Debatte hier und heute spiegelt insgesamt aufs Traurigste wider, warum diese Bundesregierung im Bereich des Datenschutzes überhaupt nichts auf die Reihe bringt bzw. gebracht hat. Sie verstehen schlicht das Ausmaß der Probleme nicht. Sie haben nicht verstanden, was es bedeutet, wenn im Internet durch Geheimdienste und bestimmte Konzerne der grundrechtlich verbriefte Datenschutz erodiert. Sie haben nicht verstanden, was es bedeutet, wenn sich jegliche Datensicherheit sowohl für Menschen, aber eben auch für Unternehmen und Behörden in sicherheitspolitisches Wohlgefallen auflöst. Sie müssen endlich erkennen: Staatliche Überwachungsprogramme wie Prism und Tempora rühren an den Kern unserer Verfassung, an den Kern unseres Rechtsstaats. Sie lassen die über Jahrzehnte erkämpften Standards ins Leere laufen, sie höhlen aus, was nicht ausgehöhlt werden darf, und deswegen müssen sie gestoppt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Was macht die Bundesregierung, Frau Piltz, (Gisela Piltz [FDP]: Ich bin nicht die Bundesregierung!) angesichts dieser durch einen Whistleblower aufgedeckten Tatsache? Sie vernebelt, sie verschleppt, sie bleibt schlicht untätig. Die Bundeskanzlerin sprach angesichts von Tempora, der massenhaften anlass- und schwellenlosen Überwachung aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, von der richtigen Balance zwischen Sicherheit und Unbeschwertheit im Netz. Unbeschwertheit im Netz - man fasst es nicht. Für wen es hier nicht um den Grundrechtsschutz, um die Privatsphäre, um die Vertraulichkeit der Kommunikation und um die Sicherheit von Staats- und Betriebsgeheimnissen geht, für den ist nicht nur das Internet Neuland. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Dass Frau Merkel diese wirklich gravierenden Vorgänge nicht einmal beim kommenden EU-Gipfel thematisieren will und auf bilaterale Vorgänge verweist, ist absurd. Gleichzeitig passt es aber ins Bild; denn diese Bundesregierung mit Frau Merkel an der Spitze ist eine Regierung der Datenschutzversager. Alle Ihre im Koalitionsvertrag großspurig angekündigten Projekte sind erbärmlich gefloppt, Sie haben alles an die Wand gefahren bzw. sabotiert, Herr Innenminister. Das alles ist ein Armutszeugnis. (Gisela Piltz [FDP]: Ich weiß gar nicht, warum du immer dieselbe Rede hältst?) Jetzt kommen mit Prism und Tempora zwei Programme ans Tageslicht, die Sie, Herr Friedrich, auch jetzt, nach Tagen und Wochen, noch nicht einmal korrekt einordnen können. In der Anhörung des Unterausschusses "Neue Medien" am Montag hat die Unionsfraktion nicht eine einzige Frage gestellt. Während verschiedene Minister in all ihrer Hilflosigkeit offene Briefe schreiben wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger, sehen Sie offenbar noch nicht einmal irgendeinen Aufklärungsbedarf in diesem Ausschuss. Das ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege von Notz, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Blumenthal? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer gerne. Die Schleswig-Holsteiner sind mir besonders lieb. Sebastian Blumenthal (FDP): Genau so ist das, lieber Herr Kollege von Notz, und vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich möchte Sie Folgendes fragen: Sie haben gerade aus Sicht der Grünen ein Loblied auf die Grundrechte gesungen. Für wie belastbar und glaubhaft halten Sie das eigentlich, da es doch erstens die Grünen waren, die Seit' an Seit' mit Otto Schily teilweise die stärksten Grundrechtseinschränkungen im Nachkriegsdeutschland mitgetragen haben, und es zweitens die Grünen waren, die, wie Frau Piltz schon ausgeführt hat, vor zwei Wochen im Rahmen der Justizministerkonferenz der Bundesländer mit ihrer ach so kraftvollen rot-grünen Gestaltungsmehrheit die Forderung nach einer massenhaften anlasslosen Vorratsdatenspeicherung bestärkt haben? Für wie belastbar und valide halten Sie das vor dem Hintergrund der Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben? (Beifall der Abg. Gisela Piltz [FDP]) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Für sehr valide und sehr belastbar, Herr Kollege Blumenthal. Ich will Sie daran erinnern, dass die Situation nach dem 11. September 2001 tatsächlich sehr schwierig war. Sie waren ja damals in der Opposition, Frau Piltz. Sie erinnern sich an das Klima in diesem Land. (Gisela Piltz [FDP]: Ich war da noch gar nicht im Bundestag!) Wir haben schlimmste Bestrebungen unseres damaligen Koalitionspartners verhindert. Wir haben viele Maßnahmen zeitlich befristet. (Gisela Piltz [FDP]: Das ist wieder total konsequent, super konsequent!) Bezüglich der Justizministerkonferenz darf ich Ihnen sagen: Da Sie ein erfahrener Parlamentarier sind, wissen Sie, dass es nach dem Ressortprinzip geht. Das heißt, wir können nur da die Abstimmung mitbestimmen, wo wir das entsprechende Ressort leiten. Da, wo die Grünen mitregieren, wurde gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt. (Gisela Piltz [FDP]: Wie in den Ländern!) Insofern kann ich Sie sehr beruhigen: Wählen Sie Grün, und die Vorratsdatenspeicherung wird nicht kommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abg. Sebastian Blumenthal [FDP]) - Vielen Dank, Herr Blumenthal. Sie haben sich bisher hinter Briefen und Fragenkatalogen versteckt. Antworten auf Briefe und auf Fragenkataloge und Reaktionen auf die intensiven Gespräche der Kanzlerin mit dem amerikanischen Präsidenten sucht man vergebens. Die Grundrechte der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen und Firmen dieses Landes und die Kommunikation von Abgeordneten, von Ministerien, von Journalistinnen und Journalisten, all das ist nicht nur bedroht, sondern es wird auch - heute wissen wir es - systematisch verletzt. Sie, meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, tun nicht nur nichts, Sie haben noch nicht einmal eine konkrete Meinung zu diesem Thema. Die Welt schrieb gestern: Zwei Minister, eine Regierung, keine Haltung zum Ausspähen. Die Welt hat recht: Sie haben einfach keine Haltung zu diesem Thema. Angesichts der massiven Vertrauenskrise in einem der sensibelsten Bereiche unserer Demokratie ist das skandalös, Frau Piltz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich sage ganz klar: Uns geht es hier nicht um den erhobenen Zeigefinger gegenüber anderen Ländern. Der Verdacht, der im Raum steht - auch gegen die deutschen Dienste, Herr Minister Friedrich -, ist doch folgender: Verschiedene Geheimdienste spionieren unter der Verletzung der dortigen Verfassungsrechte die Bürgerinnen und Bürger anderer Länder aus. Später setzen sich alle an einen Tisch und geben quasi im Ringtausch die Daten bzw. die Erkenntnisse, natürlich ohne genaue Quellenangabe, weiter. Das wäre - ich sage bewusst: es wäre - ein systematisch organisierter Verfassungsbruch. Ich frage Sie: Was haben Sie bisher zur Aufklärung dieser nicht allzu fern liegenden Vermutung unternommen? Nichts haben Sie unternommen! Sie haben das Ausmaß und die Relevanz des Offenbargewordenen noch nicht einmal begriffen. Noch nicht einmal die Hilferufe der Wirtschaft nehmen Sie wahr. Die dortige Verunsicherung ist enorm. All Ihre IT-Gipfel, Cloudüberlegungen stehen zur Disposition, Herr Friedrich. Dabei hat das BMI in dieser Legislaturperiode doch kaum ein Wort so inflationär gebraucht wie das der "Cybersicherheit". Ihr Konzept aber hat auf der Integrität der Seekabel aufgebaut. Jetzt stellen Sie erstaunt fest: Es gibt eine Meta Deep Packet Inspection an diesen Kabeln, und Sie schaffen es nicht einmal, den eigens für weitaus unbedeutendere Fälle installierten Cyber-Sicherheitsrat einzuberufen. Von heute auf morgen stehen, Herr Friedrich, all die halbgaren IT-Projekte dieser Bundesregierung - alles Projekte, bei denen Sie sich bewusst gegen die hohen Datenschutzstandards entschieden haben - praktisch vor dem Aus. Nicht nur deswegen ist es überfällig, dass Sie hier endlich adäquat regieren und ein einziges Mal in dieser Wahlperiode etwas für den Datenschutz, für den Grundrechtsschutz der Menschen in diesem Land tun. Dazu fordern wir Sie auf. Ganz herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl für die Unionsfraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das war nun viel Lamento von einigen Oppositionsrednern über die Fragen: Was hat die Bundesregierung getan? War sie energisch, kämpferisch genug gegenüber den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritanniens? - Als wäre das das Thema! Lassen Sie mich zum Thema kommen. Ich glaube - das ist mit allem Ernst und in aller Nachdenklichkeit zu sagen -, dass wir uns am Beginn einer ganz tiefgreifenden Krise des Vertrauens in die Kommunikation via Internet befinden. Das ist, glaube ich, das eigentliche Thema: eine tiefgehende Krise des Vertrauens aller Menschen in die Kommunikation im Internet. Deswegen stellt sich die Frage: Wie kann man die Vertrauenskrise abwenden? (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das Internet abschaffen!) In Deutschland, einem Rechtsstaat, den wir uns so eingerichtet haben, zu dem wir uns bekennen, auf den wir stolz sind, können wir differenzieren. Wir haben gelernt, zu differenzieren. Es gibt Daten, die man schützen muss, weil sie dem privaten Lebensumfeld angehören - der Staat darf sie nicht ausspähen -, und es gibt Daten, die man nutzen muss, um Terrorismus, um Kriminalität zu bekämpfen. (Zuruf von der LINKEN) Beides gibt es. Wir haben gelernt, zwischen diesen und jenen Daten zu differenzieren. Dafür haben wir Gesetze, haben das Bundesverfassungsgericht und die Rechtsprechung desselben. Diese Gesetze werden eingehalten. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha!) Wir haben Transparenz. Lesen Sie das in der Bundestagsdrucksache nach. Wir haben sie heute morgen im Innenausschuss kurz behandelt. Da steht drin, wie der Bundesnachrichtendienst im Rahmen der G-10-Kommission und des Parlamentarischen Kontrollgremiums mit diesen Gesetzen umgeht: Was macht er bei der strategischen Aufklärung? Was macht er nicht? Das ist auch gut so. Was nun die Amerikaner und die Engländer machen, wird zu klären sein. In dieser Stunde, in der wir hier debattieren, ist der Vertreter der amerikanischen Regierung mit dem Vertreter aus dem Kanzleramt zusammen. Er ist auch zuständig, nicht der Bundesinnenminister, der von Ihnen permanent krampfhaft angegriffen wird. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sollen wir die Kanzlerin angreifen?) Es ist zu klären, was die Amerikaner und die Engländer gemacht haben und wie wir die Daten der Deutschen schützen können. Darum wird es gehen. Natürlich kann die Bundesregierung in den USA fragen: Was habt ihr mit unseren Daten gemacht? Sie kann auch in Peking oder in Moskau fragen. Das kann man alles machen. (Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Man kann sogar versuchen, zu klären, wie viel Hacking, wie viel Phishing, wie viel Wirtschaftsspionage und wie viel Betrug es im Internet gibt. Das kann man alles fragen - auch wenn man manchmal nicht weiß, wen man fragen soll. Wir ahnen, dass es im Internet ein ungeheures Dunkelfeld an Rechtswidrigkeit, an Kriminalität, an Ausforschung und an Datenmissbrauch gibt. Der eigentliche Kern des Themas ist die Vertrauenskrise, die allen langsam bewusst wird. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Es ist keine Vertrauenskrise des Internets!) Die eigentliche Frage an uns Staatsvertreter, an uns Gesetzgeber ist: Welche Aufgabe hat der Staat? Der Staat muss durch den Gesetzgeber technisch und mit seinen Forschungsmöglichkeiten dafür sorgen, dass es einen Bereich der vertraulichen, sicheren Kommunikation für die Bereiche gibt, die uns wichtig sind, für die Organisation der Gesellschaft, für die kritische Infrastruktur, für die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser etc. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine gute Frage!) Der Staat muss für eine sichere Kommunikation sorgen. Sie muss abhörsicher sein, vor wem auch immer, auch vor den USA, den Engländern, den Chinesen oder den Russen. Das ist wichtig. Der Staat hat die Aufgabe, für IT-Sicherheit made in Germany zu sorgen. Das erwarten alle Menschen, vielleicht auch das Ausland, von ihm. Es gibt einen ungeheuren Bedarf, der mit zunehmendem Problembewusstsein wächst. In wenigen Jahren werden wir zeigen, ob wir etwas liefern können. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht die Bundesregierung?) Ein Zweites. Wir sollten dem Bürger nicht vorgaukeln, dass er, wenn er sich selbst entäußert, sein Privates im Internet preisgibt, vor Ausspähung sicher sei. Das müssen wir vor allen Dingen den jungen Menschen sagen, die Facebook, Twitter und alles mögliche benutzen - so wie wir zum Teil auch. Wir müssen ihnen sagen, dass das, was sie ins Netz stellen, für immer im Netz bleibt, und es keinen digitalen Radiergummi gibt. Das wäre eine Illusion. Das müssen wir den Menschen sagen. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Uhl, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen von Notz? Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU): Ja, Herr von Notz. - Bitte schön. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Kollege, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. Ich schätze auch die nachdenkliche Art in Ihrer Rede. Sie sagen jetzt, dass sich die Menschen klarmachen müssen, dass sie, wenn sie etwas Privates im Internet schreiben, nicht sicher sein können. Ist das nicht unser Problem, dass sich unser ganzer Kommunikationsverkehr geändert hat, dass man das, was man früher in Briefen geschrieben hat - heute schreibt nur noch die Bundesjustizministerin Briefe -, (Gisela Piltz [FDP]: Ich tue das auch, weil das die sicherste Kommunikation ist! Die überwacht nämlich keiner!) heutzutage in E-Mails schreibt? Stimmen Sie mir nicht zu, dass es ein Problem für den Schutz der Grundrechte der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ist, wenn die Rechtsverletzungen, die deutsche Dienste im Inland nicht begehen können, von ausländischen Diensten begangen werden und die Ergebnisse dann über die Bande den deutschen Diensten zugespielt werden, der Grundrechteschutz also leerläuft? Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU): Das sind zwei Fragen, Herr von Notz. Heute Morgen ist im Innenausschuss - das sollten wir hier auch berichten - gesagt worden, dass die Daten von Deutschen, die auf rechtswidrige Art und Weise im Ausland gesammelt wurden, nicht wieder zurückgespielt und von unseren Nachrichtendiensten genutzt werden. Deswegen sollten Sie diesen Sachverhalt in einer öffentlichen Sitzung richtig darstellen. Das Zweite ist - das ist mir wichtig -: Wie gehen wir mit der Vertrauenskrise im Internet und der Jugend um? Ich glaube, wir haben eine Aufklärungsverpflichtung. Wir müssen vor allem den jungen Menschen, aber auch den älteren - jedem Internetnutzer - sagen: Deine Daten im Netz sind absolut unsicher. - Wir sollten ihnen auch nicht vorgaukeln, wir könnten Paragrafen produzieren, die sie sicher machen. Das ist eine Illusion. Sie sollten keine Illusionen verkaufen, Herr von Notz, auch nicht im Wahlkampf. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht nur um das Internet!) Das sollten Sie nicht tun. Sie sollten den Menschen ehrlich sagen, dass das Internet eine wunderbare Chance zur weltweiten Information und Kommunikation ist, aber auch gefährlich sein kann. Bitte sagen Sie ihnen auch, dass es gefährlich sein kann und dass Daten immer im Netz bleiben, wenn man sie einmal ins Netz gestellt hat, und dass man nicht weiß, wer die Daten heruntergeladen hat, bevor man sie gelöscht hat. Sagen Sie es den Menschen. Tun Sie nicht so, als könnten Sie, wenn Sie die politische Macht hätten, das Internet weltweit für den deutschen Wähler sicher machen. Es ist ein Unfug, so etwas zu verbreiten. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen: Wir brauchen Sicherheit im Netz, und zwar für den Bereich, der für unsere Gesellschaft und für unseren Staat wichtig ist. Wenn der Staat kommuniziert, muss dies sicher sein. Wenn wir kritische Infrastrukturen aufrechterhalten wollen, müssen sie sicher sein vor Hacking, vor Angriffen und vor Spionage. Unsere Unternehmen müssen vor Wirtschaftsspionage sicher sein. Sie haben das Problembewusstsein noch nicht. Sicherheit kostet Geld. Sie haben sich bisher geweigert, Geld für die sichere Kommunikation in ihren Unternehmen auszugeben. Dafür ist diese Diskussion sehr hilfreich. Bei dem ganzen Schaden, den wir haben, gibt es auch einen Nutzen. Die Menschen fangen jetzt an, darüber nachzudenken, wie wir Sicherheit in der IT-Kommunikation herstellen können, wo wir sie auf jeden Fall brauchen und wo wir gefährlich leben, wenn wir uns ins Netz begeben. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Lars Klingbeil für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Lars Klingbeil (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Uhl, das, was Sie gesagt haben, war sehr moderat. Herzlichen Dank! Nachdem Prism bekannt wurde, habe ich eigentlich damit gerechnet, dass manche in der Union schon die Bestellzettel ausfüllen und sagen: Wir wollen das auch. - Ich glaube, es ist gut, wenn wir an dieser Stelle im Parlament moderat diskutieren und uns fragen: Was sollen wir tun? Was können wir tun? Was muss getan werden, um für Vertrauen und Sicherheit zu sorgen? In der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" haben wir viele Stunden damit verbracht, über die Chancen des Internets zu diskutieren. Dabei ging es um mehr Beteiligung, um mehr Transparenz und die Stärkung von Demokratie. Wenn man sich den 2 000 Seiten langen Abschlussbericht anschaut, kann man an vielen Stellen die Hoffnung sehen, dass es in der Politik dadurch besser wird, dass sich viele Menschen über das Internet beteiligen. Wir haben aber auch die Gefahren von Kontrolle, von Überwachung, auch von Totalüberwachung, die mit dem Internet möglich sind, kritisch diskutiert. Als wir dann von Prism, von Tempora erfahren haben, waren wir schockiert, obwohl wir wussten, dass es so etwas geben kann. Wenn man dann aber das erste Mal den Namen und den Umfang in der Zeitung und im Fernsehen sieht, dann ist man schockiert. Eigentlich hätte man es wissen müssen. Noch einmal: Es ist gut, dass wir heute darüber diskutieren. Aus dem Parlament muss ein klares Signal kommen, dass wir Parlamentarier verlangen, dass endlich alle Fakten auf den Tisch gelegt werden, dass wir Transparenz bekommen, dass es dann um Aufklärung geht, dass es um Schutz geht und darum, das Vertrauen der Menschen in die Kommunikation wiederherzustellen. Die zentrale Frage, die wir Parlamentarier uns stellen müssen, ist: Wie viel darf der Staat unternehmen? Welche Maßnahmen darf der Staat ergreifen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen? Darf er massive und intransparente Eingriffe in das Grundrecht vornehmen? Ich sage: Nein. Das darf nicht der Fall sein. Der Rechtsstaat muss die Bürgerinnen und Bürger vor einem übermächtigen und alles kontrollierenden Staat schützen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Ich sage: Der Rechtsstaat muss auch diejenigen, die politische Macht haben, kontrollieren und deren Wirkung einschränken. Das darf nicht nur national, sondern muss auch global gelten. Wir brauchen eine globale Rechtsstaatlichkeit; das hat die Diskussion der letzten Wochen gezeigt. Hier hätte ich mir klare Worte der schwarz-gelben Bundesregierung gewünscht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Wir haben heute auch viel über die Vergangenheit diskutiert. Ja, es sind auch Sachen unternommen worden, die aus heutiger Perspektive vielleicht nicht richtig erscheinen. Wir Parlamentarier wissen doch aber - egal ob Opposition oder Regierung -, dass es ein ständiges Ringen um die Fragen Freiheit und Sicherheit ist. Das ist doch eine Sache, mit der wir uns jeden Tag auseinandersetzen. Deswegen sollten es oftmals nicht die einfachen Antworten sein, die wir geben. Ich möchte folgendes Zitat anführen: "Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein". Das war der Ausspruch von Jens Stoltenberg nach den furchtbaren Anschlägen in Oslo und auf Utøya. Wir alle hätten vielleicht sogar Verständnis gehabt, wenn in Norwegen anders reagiert worden wäre. Man hat den Feinden der Demokratie aber mehr Demokratie, mehr Transparenz und mehr Freiheit entgegengesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, so manches Mal sollte das auch unsere Antwort sein, wenn es darum geht, die Demokratie zu verteidigen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Ich sage: Wir dürfen unsere Demokratie nicht auf Kosten unserer demokratischen Grundwerte verteidigen. Wenn das passiert, sind wir auf dem falschen Weg. Ich möchte zu den Ereignissen der letzten Tage einige konkrete Anmerkungen machen: Herr Minister, wir haben im Unterausschuss "Neue Medien" über Prism und Tempora diskutiert. Aus Ihrem Haus waren Vertreter anwesend, die ich gefragt habe, ob sie denn über Prism Bescheid wussten. Die Antwort war: Nein, wir wussten über Prism nicht Bescheid. - Ich habe dann gefragt: War denn bekannt, dass Maßnahmen der Überwachung und auch der Totalüberwachung stattfinden? - Da war die Antwort: Ja, wir haben so etwas vermutet. - Als ich dann gefragt habe: "Was hat man in den letzten Monaten unternommen?", war die Antwort: nichts. - Da frage ich mich schon: Warum wird diese schwarz-gelbe Bundesregierung eigentlich erst dann aktiv, wenn ein Informant Informationen an die Öffentlichkeit gibt, obwohl man doch gewusst hat, dass es solche Programme gibt? Warum hat sich diese Bundesregierung nicht darum gekümmert, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Ich sage Ihnen: Ich bin dankbar, dass die Kanzlerin so offen ist und sagt, dass das Internet für sie Neuland ist. Ich mag schließlich auch keine Politiker, die behaupten, sie hätten von allem Ahnung. Aber man kann doch mit dieser Begründung nicht bagatellisieren, was da in den letzten Jahren passiert ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Man kann doch nicht sagen, dass das Internet ein bürgerrechtsfreier Raum sein darf, nur weil man keine Ahnung hat. Da sage ich: Dann muss die Kanzlerin jemanden fragen, der sich damit auskennt. (Iris Gleicke [SPD]: Hat sie aber nicht!) Ein paar davon gibt es schließlich auch in der Regierungskoalition. Dann wird gesagt, die Kanzlerin habe mit Obama einen Dialog vereinbart, der neben dem Treffen stattfinden soll. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na toll!) Diesbezüglich haben wir im Unterausschuss "Neue Medien" gefragt: Was hat es denn mit diesem Dialog auf sich? - Das konnten die Vertreter Ihres Hauses nicht sagen. Da wurde gesagt: Es wird jetzt erst einmal von denjenigen, die dabei waren, eine Protokollnotiz angefertigt. - Ich kann Ihnen sagen, was das Ziel dieses Dialogs ist: Das Ziel wird es sein, über den 22. September 2013 hinauszukommen. Wir sehen doch heute schon, dass diese Koalition überhaupt keine abgestimmte Position hat, wenn es darum geht, mit den amerikanischen und englischen Partnern zu diskutieren und auch einmal Tacheles zu reden. Wir brauchen eine Regierung, die handelt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir haben große Erwartungen an den Europäischen Rat; das ist angesprochen worden. Herr Minister, wir haben auch über das IT-Sicherheitsgesetz gesprochen. Ich will hier einmal in aller Deutlichkeit sagen: Dass ich Sie auffordern muss, endlich aktiv zu werden, und dass ich Sie auffordern muss, endlich für Sicherheit, für Recht und für Ordnung zu sorgen, ist für mich schon eines der Highlights dieser Legislaturperiode. Sie haben in dieser Legislaturperiode und in dieser Koalition nichts gemacht, um die IT-Sicherheit zu stärken. Sie haben nicht dafür gesorgt, dass auch Bedrohungen im Cyberraum endlich angegangen werden. (Beifall bei der SPD) Sehr geehrte Damen und Herren, die ganze Diskussion lässt mich zu einem Zwischenfazit kommen: Erstens. Wir brauchen für globale Kommunikation auch globale Regeln. Zweitens. Wir brauchen endlich eine Regierung, die sich kümmert. Diese schwarz-gelbe Regierung tut es nicht. Ich hoffe, dass das Ganze am 22. September 2013 ein Ende hat. Vielen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Gisela Piltz [FDP]: Ich glaube nicht, dass es Ihnen bei Herrn Oppermann besser geht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Armin Schuster für die Unionsfraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Klingbeil, ich nennen Ihnen zwei Beispiele dafür, wie diese Regierung im Gegensatz zur früheren rot-grünen Regierung arbeitet: Wir haben den Amerikanern bei den Verhandlungen über das SWIFT-Abkommen beim Thema der Übermittlung sensibler Bankdaten jedenfalls deutlich mehr abgerungen als Sie; denn Sie haben einen Blankoscheck ausgestellt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich habe auch den Eindruck, dass die Amerikaner im Zusammenhang mit PNR, mit Fluggastdaten, gelernt haben, wie man bei uns mit Daten umgeht. Ich habe mir noch einmal die wichtigsten Daten zu Gemüte geführt - vielleicht muss man sich in die Situation der Amerikaner und der Briten hineindenken -: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke erst mal nur an die Rechtslage! Dann bin ich schon beschäftigt!) Am 11. September 2001 gab es die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon, 2002 den Anschlag in Djerba, 2004 die Anschläge in Madrid und am 7. Juli 2005 die furchtbaren Anschläge in London. Wir in der westlichen Welt haben in diesen Jahren richtigerweise - in Deutschland mit den Otto-Katalogen - die Antiterrorgesetze verschärft. Der Schmerz in den hauptsächlich von den Anschlägen betroffenen Ländern wie den USA oder Großbritannien sitzt immer noch tief. Wir können von Glück reden, dass es uns nicht getroffen hat. Vielleicht ist es uns auch deshalb wesentlich leichter gefallen, unsere Sicherheitsgesetze, wie in dieser Legislaturperiode, pflichtgemäß zu evaluieren und die Wirkung der Grundrechtseingriffe kritisch zu überprüfen. Wir haben die Geltung unserer Gesetze verlängert, aber eben auch die Regelungen eingeschränkt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?) Deutschland beantwortet regelmäßig die Frage, ob der angestrebte Nutzen für die innere Sicherheit in einem vertretbaren Verhältnis dazu steht, wie stark wir in Bürgerrechte eingreifen. Wie steht es in den USA oder Großbritannien um solche Abwägungen? Sowohl die hohe Emotionalisierung durch Terroranschläge wie auch die Erfolge der vergangenen Jahre in der Terrorbekämpfung könnten - könnten! - aus meiner Sicht eine Ursache dafür sein, dass es hier infolge geringerer Kontrollen zu Übertreibungen gekommen ist. Was stimmt, werden wir hier und heute nicht klären können; aber wir können wahrscheinlich von zwei Szenarien ausgehen: Das eine Szenario ist, dass unsere Bündnispartner nach ihrem geltenden Recht gehandelt haben. Dann wäre die Frage zu stellen, ob das geltende Recht und dessen Anwendung einer rechtsstaatlichen Kontrolle unterliegen, wie es bei uns üblich ist. Nach allem, was wir jetzt wissen, sind diese Aktionen wahrscheinlich nicht mit unserem Rechtsverständnis in Einklang zu bringen. Es geht um unsere Bürger; aber es könnte in den USA eben legal sein. Vom zweiten Szenario, das ich schlimmer fände, gehe ich nicht aus, nämlich dass die USA oder Großbritannien gegen ihr eigenes Recht verstoßen haben. Ich sehe im Moment keinen Anlass, das zu glauben. In beiden Fällen besteht aus deutscher Sicht Bedarf an diplomatischen Gesprächen. Dem kommt die Bundesregierung nach; wer heute Morgen im Innenausschuss war, weiß das. Es geht nicht nur um Schreiben und Fragenkataloge; hier wurde schnell im Sinne einer Sachverhaltsaufklärung gehandelt. Ich persönlich würde mir allerdings auch wünschen, dass die Europäische Union sich ebenfalls dieses Themas annimmt; das stärkt unsere Position. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!) Es ist möglich, Sicherheit und Freiheit gleichermaßen in der Balance zu halten. Wir gewährleisten das für unsere Bürger. Insofern erwarten wir es natürlich auch von unseren Bündnispartnern. Sollten die Rechte deutscher Staatsbürger hier verletzt worden sein oder gar fortgesetzt verletzt werden, brauchen wir eine lückenlose Aufklärung. Wir wollen wissen, ob das, was dort geschieht, diplomatisch verhandelbar ist. Denn wir sprechen hier nicht mit Chinesen oder Russen, sondern mit deutschen Bündnispartnern. Ich halte es aber, meine Damen und Herren, für wenig hilfreich, wenn die entsprechenden Verhandlungen der Regierung durch eine überbordende politische Entrüstungspolemik, wie sie die öffentliche Debatte derzeit bestimmt, konterkariert werden. "Albtraum", "Skandal", "Katastrophe" - solche Fatalisierungen schaffen schlechte Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen mit Partnern. (Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]) Wir in der Bundesrepublik hatten beim Thema innere Sicherheit bisher Glück; noch ist kein Anschlagsplan aufgegangen. Wir profitieren immer noch von den Leistungen unserer Partner. Deshalb schließe ich mich nicht denen an, die Fragen der inneren Sicherheit, Herr Dr. von Notz, immer wieder nur unter Datenschutzaspekten diskutieren. Das ist einäugig. Sie ziehen sich hinsichtlich der rot-grünen Regierungszeit auf das Ressortprinzip zurück und sagen, dass Sie nichts machen konnten. Es wäre aber mannhaft gewesen, wenn Sie in Baden-Württemberg versucht hätten, endlich einmal den Innenminister zu stellen, um zu beweisen, dass Sie mehr können, als den Ritter der Bürgerrechte zu geben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit den Fragen der inneren Sicherheit mit der gleichen Akribie widmet wie den Fragen des Datenschutzes. Es gibt nur eine Fraktion in diesem Haus, die das macht, und das sind wir. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Ihr seid die Größten!) Der Blick aller anderen Fraktionen ist in irgendeiner Form einseitig, der der CDU/CSU nicht. (Beifall bei der CDU/CSU) Dass die Bereiche Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung und Telekommunikationsüberwachung in einen Topf geworfen werden, finde ich nicht seriös. Bei der Vorratsdatenspeicherung geht es um Verkehrsdaten, liebe Frau Piltz; bei den Spähaktionen sprechen wir über ganz andere Dinge. (Gisela Piltz [FDP]: Dann haben Sie mir nicht zugehört!) Ich behaupte sogar das Gegenteil: Diese Debatte bietet Anlass, gerade über die Vorratsdatenspeicherung zu sprechen, eine verfassungsmäßig in höchstem Maße seriöse Maßnahme, die richterlich abgesichert ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Fazit: Wir haben das richtige Personal, um mit unseren Partnern diplomatisch zu verhandeln. Wir haben Minister und einen Kanzleramtschef, die das können. (Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir haben eine Bundeskanzlerin, die sich um diese schwierigen Fragen kümmert. Das können Sie sich nur wünschen. (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist das einzige Programm, das ihr habt!) Wir werden die Probleme lösen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU - Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr könnt Briefe schreiben! Das kann jeder Pennäler!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Stephan Mayer aus der Unionsfraktion. Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es kann uns nicht egal sein, dass die Enthüllungen über die geheimdienstlichen Internetüberwachungsprogramme Prism und Tempora unsere Bürgerinnen und Bürger enorm beunruhigen und verunsichern. Bisher hat diese Debatte nicht zu mehr Aufklärung beitragen können. Momentan gibt es noch sehr viele Fragen, aber nur sehr wenige Antworten. Die Bundesregierung hat zwei umfangreiche Fragenkataloge an die US-Regierung und an die britische Regierung geschickt. Die US-Regierung hat noch nicht geantwortet; die britische Regierung hat offenbar - wie man den Agenturmeldungen heute entnehmen kann - auf die dreizehn Fragen mit drei Zeilen geantwortet. Mit Verlaub: Das ist schon etwas dürftig. Ich kann nur meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass der britische Premierminister David Cameron, wenn er die Bundeskanzlerin am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel trifft, die Gelegenheit nutzt, etwas mehr dazu zu sagen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die will doch gar nicht darüber reden!) Wir müssen festhalten: Es ist noch sehr viel unklar. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die will doch gar nichts wissen!) Der Konjunktiv überwiegt; wir können nur sehr wenige Aussagen im Indikativ feststellen. Es gilt deshalb, die Priorität zunächst auf die Aufklärung des Sachverhalts zu setzen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Dann mal ran!) Aus meiner Sicht muss das in erster Linie angestrebt werden. Des Weiteren geht es darum, die Frage zu stellen, auf welcher Rechtsgrundlage diese Programme ausgeführt wurden und ob gegen geltendes nationales Recht verstoßen wurde, möglicherweise auch gegen internationales Recht. Ich möchte unserer Bundeskanzlerin sehr herzlich dafür danken, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?) dass sie dieses Thema anlässlich des Besuches des US-Präsidenten in der vergangenen Woche offen und eindringlich angesprochen hat. (Beifall bei der CDU/CSU - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat sie gesagt?) Wer die gemeinsame Pressekonferenz verfolgt hat, hat erkannt, dass es US-Präsident Obama nicht ganz gelegen kam, dass dieses Thema in Deutschland mittlerweile eine derart hohe Bedeutung hat. Er hat sehr umfangreich und faktenreich repliziert. Das reicht natürlich noch nicht aus; aber ich glaube, dass wir nicht so weit gekommen wären, wenn unsere Bundeskanzlerin nicht so intensiv auf Antworten gedrungen hätte. Wir sollten uns wirklich vor Vorverurteilungen hüten. Ich kann uns auch von einer vorschnellen Skandalisierung nur abraten. Ich bin der Bundesregierung und insbesondere dem Bundesinnenminister sehr dankbar, dass er auf europäischer Ebene darauf gedrungen hat, dass eine EU-US-Expertengruppe eingerichtet und in den nächsten Wochen eine Fact-Finding-Mission durchgeführt wird. Ich persönlich kann nicht ganz nachvollziehen - das sage ich ganz offen -, dass sowohl die britische Regierung als auch die französische Regierung der Meinung waren, dass es dieses Expertengremiums auf europäischer Ebene nicht bedarf, weil die nationale Sicherheit ausschließlich in der nationalen Kompetenz liegt. Ich glaube, gerade die europäische Ebene und die EU-Kommission sind hier aufgefordert, mit den US-Amerikanern in einen Dialog einzutreten. Aber lassen Sie mich auch Folgendes feststellen: Es liegt in der Natur der Sache, dass Geheimdienste geheim arbeiten. Wer jetzt hier ein großes Petitum für mehr Transparenz und Offenheit vorbringt, der verkennt, dass es in der Natur der Sache liegt, dass Geheimdienste nicht alles offenbaren können, was ihnen zugetragen wird bzw. worüber sie sich mit ihren Partnerorganisationen austauschen. Aus meiner Sicht ist aber entscheidend, dass sich alle Geheimdienste, insbesondere die Geheimdienste der westlichen Welt, an geltendes nationales Recht halten - darauf sollten wir drängen - und dass sie einer demokratischen Kontrolle unterliegen. Ich glaube aber auch, dass wir immer wieder darauf hinweisen müssen, dass uns insbesondere von den britischen und US-amerikanischen Geheimdiensten in den vergangenen Jahren wichtige und wertvolle Informationen zuteilwurden, (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Kein Zweifel!) die entscheidend mit dazu beigetragen haben, dass Terroranschläge in Europa und auch Terroranschläge in Deutschland verhindert werden konnten. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Kein Zweifel!) Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Mayer, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Ströbele? Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Selbstverständlich. Sehr gerne. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Mayer, ich kann es langsam nicht mehr hören. Ich glaube, Sie sind der Dritte oder Vierte, der sagt, dass wir all das, was die Nachrichtendienste machen, kontrollieren sollen. Können Sie mir und den vielen anwesenden Kollegen aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium, die sich heute Abend wieder treffen, um zu kontrollieren, sagen, wie wir das machen sollen, wenn wir keinerlei Informationen bekommen, wenn wir keine Antworten bekommen? Wie sollen wir kontrollieren, wenn wir nicht wissen, was wir kontrollieren sollen? Wie sollen wir feststellen, ob das Vorgehen rechtmäßig war, ob die deutschen Rechtsregeln eingehalten worden sind, ob die europäischen Rechtsregeln eingehalten worden sind, ob die US-amerikanischen Rechtsregeln eingehalten worden sind, wenn wir überhaupt nicht wissen, worüber wir reden? Sie müssen doch mit dem Innenminister und den anderen Ministern in der Bundesregierung dafür sorgen, dass diese Informationen beschafft werden. Es gibt Telefone. Oder haben sie Angst, dass sie abgehört werden? Ich weiß es nicht. Jedenfalls sollten Sie alle Mittel nutzen, um uns, den Deutschen Bundestag und die zur Kontrolle vorgesehenen Gremien, so zu informieren, dass wir darüber urteilen können und dass wir aufpassen und kontrollieren können. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Lieber Herr Kollege Ströbele, Sie sind seit mehreren Legislaturperioden Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums und verfügen insofern über wesentlich mehr Herrschaftswissen als ich, der ich nicht Mitglied dieses erlauchten Gremiums bin. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Er weiß alles!) Wie Sie diese Kontrollfunktion ausüben bzw. vollziehen, das obliegt, glaube ich, Ihnen. Ich bin der festen Überzeugung, dass in den letzten Jahren die Möglichkeiten, auch die rechtlichen Möglichkeiten, zur parlamentarischen Kontrolle im Hinblick auf unsere Geheimdienste deutlich verbessert und ausgeweitet wurden. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass heute noch eine Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums stattfinden wird. Ich bin mir sehr sicher, auch wenn ich nicht dabei sein werde, dass Sie die Möglichkeit nutzen werden, sehr viele Fragen zu stellen. Das ist auch Ihr gutes parlamentarisches Recht. Das verstehe ich unter einer effektiven und ordnungsgemäßen parlamentarischen Kontrolle von westlichen Geheimdiensten. Ich bin mir sicher, dass es sowohl in Großbritannien als auch in den USA ebenfalls eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste gibt. Aber man muss natürlich festhalten, dass es nicht Aufgabe des Deutschen Bundestages ist, die britischen oder amerikanischen Geheimdienste zu kontrollieren. (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU] - René Röspel [SPD]: Nur umgekehrt?) Aber es ist Ihre Aufgabe, zu kontrollieren. Das erwarte ich von Ihnen als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Vielleicht darf ich Sie in der Hinsicht zusätzlich motivieren, heute die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung zu fragen, welche Informationen sie von den Partnerorganisationen in den USA und in Großbritannien erhalten haben. Ich bin mir sicher, dass momentan noch nicht alles auf dem Tisch liegt. Deswegen richte ich mein Petitum an die US-Amerikaner und die Briten, ihrer Bringschuld nachzukommen und die Partnerorganisationen auf deutscher Seite entsprechend umfangreich zu informieren. Ich bin der Meinung, dass es wichtig wäre, insbesondere um die große Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung aufzugreifen und möglichst auch aus der Welt zu schaffen, dass die britische und die amerikanische Regierung in Bezug auf ihre Öffentlichkeitsarbeit etwas freigiebiger kommunizieren als bisher. Ich habe schon darauf hingewiesen: Geheimdienste arbeiten geheim. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber er hat doch gerade gesagt, dass sie auch im geheimen Kontrollgremium nichts sagen!) Es kann nicht alles auf dem Marktplatz der Weltöffentlichkeit dargeboten werden, aber diese enorme Verunsicherung unter den Verbraucherinnen und Verbrauchern muss meines Erachtens ernst genommen werden. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass hier in absehbarer Zeit für mehr Klarheit gesorgt wird, nicht zuletzt, weil wir die Vorratsdatenspeicherung meiner Meinung nach auch in Deutschland brauchen. Jetzt gibt es mit Sicherheit einen großen Aufschrei seitens der Opposition. Weil ich der Auffassung bin, dass wir die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht benötigen, finde ich es richtig und wichtig, klarzumachen, dass die Vorratsdatenspeicherung, also die reine Speicherung von Verbindungsdaten, nichts mit dem Vorgehen der amerikanischen und britischen Geheimdienste zu tun hat, das jetzt offenkundig wurde. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist dieselbe Sportart, Herr Mayer!) Hier geht es offenbar nicht um die Speicherung und um das Abgreifen von Verbindungsdaten, sondern um das massenhafte Speichern von Inhalten von Telefongesprächen und E-Mails. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Was sagt die FDP dazu?) Dass ich dem mit großer Skepsis gegenüberstehe, möchte ich an dieser Stelle deutlich machen. Umso wichtiger ist es meines Erachtens, dass wir uns auf gleiche Standards beim Datenschutz einigen, und zwar nicht nur in Europa. Ich bin der Meinung, dass man hier auch die USA einbeziehen sollte. Natürlich steht es uns nicht an, die Werthaltigkeit amerikanischen Rechts zu evaluieren; aber ich bin der Meinung, dass die Amerikaner gut daran tun würden, sich europäische Datenschutzstandards einmal genauer anzusehen. Der Eingriff in die Privatsphäre, der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt, glaube ich, nicht erst dann vor, wenn die Daten benutzt werden, wenn die Daten verwertet werden, sondern der Eingriff liegt schon dann vor, wenn die Speicherung erfolgt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann reden Sie doch mal mit denen!) Es wäre mein großer Wunsch, dass die Amerikaner einmal den Blick über den großen Teich richten und sich etwas stärker an den schon sehr hohen europäischen und noch höheren deutschen Datenschutzstandards orientieren. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das IT-Sicherheitsgesetz wird kommen. Es ist dringend notwendig, dass wir unsere kritischen Infrastrukturen besser schützen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies eine der prioritären Aufgaben sein wird, die die Innenpolitik in der christlich-liberalen Koalition in der nächsten Legislaturperiode sehr schnell angehen und dann auch sehr schnell umsetzen wird. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich schließe die Aussprache. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung Frau Dr. Johanna Wanka. - Bitte. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute im Kabinett den Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in der Bundesregierung verabschiedet. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein zentrales Thema, das die gesamte Gesellschaft und auch die unterschiedlichen Ebenen, also die Kommunen, die Länder und die Bundesregierung, betrifft. Bei diesem Bericht wird sehr deutlich, dass es ein Querschnittsthema ist. Wir haben auch eine Zulieferung von der Kultusministerkonferenz. Innerhalb der Bundesregierung ist das BMBF federführend für diesen Bericht und diese Tätigkeit. Ich möchte zu Beginn einige Beispiele nennen, um zu illustrieren, was sich getan hat, ob das wirklich Effekte hat und ob das funktionieren kann. Ein Projekt, das ich sehr interessant finde, hat im letzten Jahr das BMBF gemeinsam mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung durchgeführt. Dort wurde ein Wettbewerb ausgelobt, um lokale Bildungs- und Kompetenznetzwerke für Nachhaltigkeit zu fördern. Der Wettbewerb hatte eine sehr große Resonanz. Es gab 180 Bewerber. 31 Gewinner wurden ausgewählt. Diese werden seit September letzten Jahres ein Jahr lang in ihren Netzwerkaktivitäten gefördert. Über Netzwerke wird oft gesprochen; wichtig ist aber, dass man einen Anschub hat und dass so etwas selbstorganisierend funktioniert. Im Rahmen dieser Projekte wird zum Beispiel das Projekt "Klimawerkstatt-Bauwagen" in Bayreuth gefördert. Im Rahmen dieses Projekts baut eine Grundschule mit verschiedenen Partnern einen Bauwagen um. Dies ist ein innovatives Lernprojekt, bei dem es um eine Klimawerkstatt und anderes geht. Ein anderes Projekt hat den provokanten Titel "Plastiktüte? - Nein danke!". Bei diesem Projekt setzen sich Kinder und Jugendliche in Kursen mit dem Erdölprodukt Kunststoff auseinander. Das ist für jemanden wie mich, der aus der Polymerchemie kommt, ein besonders interessantes Projekt. Hier werden unterschiedliche Ansätze und Aktivitäten gebündelt, und vorhandenes Wissen wird zusammengeführt. Dieser Wettbewerb ist jetzt einmal gelaufen. Eine neue Runde soll es Ende 2014 geben. Wichtig ist, dass man über das Thema "Bildung für nachhaltige Entwicklung" qualifiziert nachdenkt und dies ebenso vermittelt. Wie in vielen Bereichen besteht hier Forschungsbedarf. Das BMBF fördert dies mit einem, wie ich finde, großangelegten Forschungsprogramm mit jährlich 500 000 Euro, bei dem es um Kompetenzen und die Vermittlung von Kompetenzen geht. Bei einem Projekt, das zum Beispiel gefördert wird, wird ein Kompetenzmodell für nachhaltiges Wirtschaften kaufmännischer Auszubildender wissenschaftlich erarbeitet. Kaufmännische Auszubildende, das ist eine große Kategorie. Im Rahmen dieser Forschungsprojekte wird aber auch untersucht: Wie kann man die Gründung von Netzwerken, die der Vermittlung von Bildung für nachhaltige Entwicklung dienen, anregen? Vor allen Dingen: Wie kann man dafür sorgen, dass sich die gewonnenen Erkenntnisse nicht nur in einzelnen Modellen wiederfinden, sondern auch eine Breitenwirkung entfalten? Ganz besonders erfolgreich im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung ist die Zusammenarbeit mit dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, von dem auch die Anregung zu dem eben beschriebenen Wettbewerb kam. Wichtig ist auch, wie Deutschland im internationalen Bereich dasteht. Hier verläuft die Kooperation vorbildlich, insbesondere die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen. Im Rahmen der UN-Dekade "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" fördert das BMBF mit jährlich 450 000 Euro die Deutsche UNESCO-Kommission in Bonn. Wir unterstützen ein Internetportal und fördern Publikationen. Außerdem fördern wir die Forschung zur Evaluierung der Wirksamkeit dieser Dekade und zur Unterstützung von Maßnahmen. International wird das, was Deutschland im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung macht, als sehr gut und erfolgreich eingeschätzt. Ich denke, dass die Bundesregierung durch die bereitgestellten Gelder und durch ihre Programme Impulse gegeben und Entwicklungen angestoßen hat. Wir haben vor, zum Ende dieser UN-Dekade im nächsten Jahr eine nationale Abschlusskonferenz durchzuführen. Auf dieser Konferenz soll zusammengetragen werden: Welche Maßnahmen haben sich bewährt, und welche sollten weitergeführt werden? Dann soll überlegt werden: Wie setzt man das weiter um? Nach dieser Dekade soll nämlich nicht Schluss sein. Die Überlegung geht vielmehr dahin, so etwas kontinuierlich zu verankern. Wenn Sie sich den Bericht insgesamt ansehen, stellen Sie fest, dass viel erreicht wurde, auch in den Ländern. Für fast alle Bereiche der formalen Bildungsinstitutionen existieren Richtlinien und Empfehlungen zur Umsetzung der Bildung für nachhaltige Entwicklung, und es gibt sehr viele gute Praxisbeispiele. Aber natürlich ist noch eine Menge zu tun. Vor allen Dingen stellt man immer wieder fest, dass es gefährlich ist, nur temporär zu fördern. Vielmehr muss aus der Förderung eine nachhaltige - an dieser Stelle eine wirklich nachhaltige - Entwicklung ableitbar sein. Hinzu kommen solch einfache Dinge wie die Anregung des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung, der die Frage aufgeworfen hat: Wie ist die Situation im Hinblick auf die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien? Dies wird geprüft und in entsprechenden Weiterbildungsangeboten berücksichtigt. Insgesamt kann man sagen, dass dieses Thema auch für unseren Umgang mit den Klimazielen außerordentlich wichtig ist, dass die UN-Dekade viel angestoßen hat, dass die Bundesregierung dieses Thema aktiv aufgegriffen hat und dass man gemeinsam mit den Ländern eine Menge erreicht hat. Danke. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. - Die erste Frage stellt die Kollegin Rosemarie Hein. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Ministerin. - Sie werden mir recht geben, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung nur erfolgreich sein wird, wenn Bildung selbst nachhaltig ist. Darum interessiert mich, wie ein bestimmter Gedanke aus dem Bericht von 2009 aufgegriffen worden ist und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden. Ich meine folgenden Satz, zitiert aus der Einschätzung der damaligen Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen: Eine Schule für alle macht ein Umdenken in unserem Bildungssystem erforderlich. Im Ergänzungsbericht wird davon gesprochen, dass Rahmenbedingungen für die Bildung für nachhaltige Entwicklung geschaffen werden sollen. Ich frage Sie: Inwiefern werden an dieser Stelle Rahmenbedingungen geschaffen, und welche sind es? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Was das Thema "Eine Schule für alle" angeht - das war ja Ihr Eingangscredo -, denke ich, dass Inklusion in den nächsten Jahren ein großes, zentrales Thema sein wird, (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 2009 müsste es das sein!) ein Thema, das natürlich in sehr starkem Maße im Bildungs- und Schulbereich, aber nicht nur dort, sondern auch für die gesamte Gesellschaft, also auch und gerade für die berufliche Bildung, eine Rolle spielt. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn da?) Vor über einer Woche haben wir eine nationale Konferenz zu diesem Thema durchgeführt, mit über 400 Akteuren aus den unterschiedlichsten Feldern. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vier Jahre nach Unterzeichnung der Konvention! Unglaublich!) Dort wurde über die Fragen diskutiert: Welche Anforderungen gibt es? Brauchen wir zuerst einen Umbau der Schulen? Brauchen wir die entsprechende Technik? Wie machen wir die Kinder fit, damit sie das verstehen können? Diese Konferenz war eine gemeinsame Veranstaltung von Kultusministerkonferenz, Arbeitsministerium und Bildungsministerium. Das zeigt, dass Bund und Länder verstehen, dass es sich hier um eine gemeinsame Aufgabe handelt. Es gibt in diesem Bereich keine einfache Lösung. Stattdessen braucht es viele Schritte. Sie haben danach gefragt, was sich in diesem Bereich getan hat. Viele Beispiele dafür, was sich getan hat, finden Sie in dem Bericht der Bundesregierung. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke schön. - Die nächste Frage stellt der Kollege Kai Gehring. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank. - Der Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, kurz: BNE-Bericht, ist sicherlich sehr wichtig. Wir hätten es aber auch angemessen gefunden, wenn Sie die Studie "Education at a Glance" von der OECD oder die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks heute im Kabinett beraten hätten. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]) Die in diesen Studien aufgeführten Erkenntnisse sind nämlich sehr durchwachsen, bisweilen alarmierend. Ich möchte jetzt zum Thema der Regierungsbefragung kommen und Sie fragen: Welche ganz konkreten Vorüberlegungen und Planungen hat die Bundesregierung für das Vorhaben eines Weltaktionsprogramms, über das ja im internationalen Rahmen intensiv diskutiert wird? Welche Perspektiven sehen Sie für eine Verstetigung dieser Maßnahmen in Deutschland nach Ende der UN-Dekade 2014? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sie haben recht: Der Exekutivrat der UNESCO hat sich dafür ausgesprochen, dass man als Ergebnis ein Weltaktionsprogramm erarbeitet und ausruft. Wie ich vorhin erwähnt habe, überlegen wir gemeinsam mit der Deutschen UNESCO-Kommission, zu diesem Thema im nächsten Jahr eine große Abschlusskonferenz hier in Deutschland durchzuführen. Auf dieser Konferenz sollen dann konkrete Handlungsempfehlungen gegeben werden. Ich halte allerdings nichts davon, im laufenden Verfahren schon festzulegen, welche Maßnahmen verstetigt werden sollen. Es ist auf jeden Fall klar, dass wir in diesem Bereich weiterhin Geld und Ideen einbringen werden. Wenn wir in diesem Bereich national erfolgreich sind, haben wir auch genügend Motivation. Wir stehen in der vordersten Linie, wenn es darum geht, diese Maßnahmen zu verstetigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Ulla Burchardt stellt die nächste Frage. Ulla Burchardt (SPD): Im Interesse der Nachhaltigkeit, Frau Ministerin, leiste ich gern einen Beitrag zur Weiterbildung für Nachhaltigkeit. Es ist gut, wenn das Ministerium an dieser Stelle tätig wird. Die roten, langen Linien hat allerdings der Deutsche Bundestag gezeichnet. Ich finde, es wäre angemessen, wenn die Bundesregierung dies, um die Kontinuität deutlich zu machen, in ihren Berichten einmal entsprechend festhalten würde. Für alle, die später gekommen sind, will ich noch einmal kurz skizzieren, dass wir hier nicht über Ergebnisse einer einmal gewählten Regierung sprechen. Das Ganze hat vielmehr eine lange Vorgeschichte: Als Ergebnis einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages ist der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung eingerichtet worden, und die Bundesregierung hat eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, mit der sich auch der Staatssekretärsausschuss befasst hat. Zu den Fortschrittsberichten, die die Bundesregierung erstellt, gehört auch der Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Dies - inklusive der Weltdekade der UN - sind Initiativen, die auf den Deutschen Bundestag zurückgehen. Wir haben - interfraktionell, wie es bei diesem Thema üblich ist - Vorschläge zur Fortsetzung dieses Programms inklusive des Weltaktionsprogramms gemacht. Ich komme damit zu meiner Frage. Der Staatssekretärsausschuss hat festgestellt, dass es bislang noch nicht ausreichend gelungen ist, Bildung für nachhaltige Entwicklung in allen Bildungsbereichen zu verankern. Das lässt sich sicherlich nicht mit Modellprojekten organisieren. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung, dieses Thema strukturell anzugehen? Welche Verknüpfungen sehen Sie zwischen dem Thema Nachhaltigkeit und der anhaltend auseinandergehenden Schere zwischen Bildungsarmut und Bildungsreichtum in Deutschland, und was sind die Ursachen dafür? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Vielen Dank für die Belehrung oder die ergänzende Erklärung am Anfang. Ich denke, wenn Sie den Bericht der Bundesregierung lesen, (Ulla Burchardt [SPD]: Wir haben ihn leider nicht! - Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schicken Sie uns endlich den Bericht! Wie immer haben wir ihn vorher nicht bekommen!) dann finden Sie die Initiativen des Bundestages wie zum Beispiel den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung darin sehr wohl gewürdigt. Es wird auch darauf verwiesen, dass der Bericht - ich habe das erwähnt - auf Initiative des Parlaments und anderer entstanden ist. Die Vorgeschichte kennen Sie selbstverständlich besser, als ich sie kennen kann. Sie sind davon ausgegangen, dass man Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht mit Modellprojekten realisieren könne. Ich finde, Sie unterschätzen die Bedeutung von Modellprojekten. Manche Dinge kann man nicht planerisch von oben durchsetzen, sondern man muss überlegen - das ist ganz wichtig, wie ich mehrfach betont habe -, wie man dieses Thema strukturell verankern kann. "Strukturell verankern" heißt, dass man auf gewisse Institutionen zurückgreift. Eine flächendeckende strukturelle Verankerung ist uns zum Beispiel im Bereich der Kitas - beispielsweise mit dem "Haus der kleinen Forscher" - gelungen. Wenn Sie in den entsprechenden Büchern blättern, werden Sie ganz dezidiert ausgeführt finden, wie man Nachhaltigkeit kleinen Kindern näherbringen kann. Dabei geht es um das Ausschalten der Lampen und um anderes. Auch in den Schulen - Sie wissen, für Bildung sind die Länder zuständig - ist eine strukturelle Verankerung in sehr starkem Maße vorhanden. Wir dürfen uns aber nicht auf Schulen und Kitas sowie ähnliche Einrichtungen beschränken und dafür Planungen durchführen, sondern wir müssen überlegen: Wie kann die gesamte Zivilgesellschaft eingebunden werden? Das muss dann auch weit über die Schule hinaus funktionieren. Deshalb denke ich, dass Forschung in diesem Bereich wichtig ist. Ich sprach vorhin von einer jährlichen Förderung in Höhe von 500 000 Euro. Es muss darüber hinaus überlegt werden: Was sind denn effektive Strukturen, für die wir Geld ausgeben sollten? Modellprojekte sind aus meiner Sicht sinnvoll, um einen erfolgreichen Weg flächendeckend zu erproben. In dem Bericht wird deutlich, wo entsprechende Impulse gegeben werden. Es geht in vielen Rahmenrichtlinien und Empfehlungen um Bildung für nachhaltige Entwicklung. Das war vor 10 oder 15 Jahren überhaupt nicht der Fall. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich dem nächsten Kollegen das Wort gebe, weise ich darauf hin, dass wir uns darauf verständigt haben, dass in diesem Teil der Befragung die Fragen eine Minute in Anspruch nehmen sollen und, daraus folgend, dann auch die Antworten. Um das ein wenig zu unterstützen, geben wir ein optisches Signal. Wenn dieses Signal auf Rot umspringt, ist die Minute definitiv zu Ende. Ich bitte alle folgenden Kolleginnen und Kollegen, sich daran zu halten. Die nächste Frage stellt der Kollege Philipp Murmann. Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht und die Erwähnung der verschiedenen Projekte. Sie haben schon gesagt, dass das eine Querschnittsaufgabe ist, die sich im Grunde durch unsere gesamte Gesellschaft zieht. Meine Frage dazu: Wie kann man denn - Sie hatten eben schon begonnen, das zu erwähnen - auch die regionale Verankerung der Bildung in Bezug auf nachhaltige Entwicklung weiter stärken? Das könnte zum Beispiel dadurch geschehen, dass das Thema nachhaltige Entwicklung in die Curricula der Universitäten aufgenommen wird. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern insbesondere in dem Bereich "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung"? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich glaube, dass es in Bezug auf das Thema Bildung für eine nachhaltige Entwicklung hier im Parlament eine große Einigkeit gibt. Das ist auch bei den Ländern der Fall. Daher kann man sagen, dass jetzt in den Empfehlungen und auch in den Curricula eine entsprechende Verankerung zu finden ist. Die flächendeckende Umsetzung lässt aber noch zu wünschen übrig. Das ist ein Grund, warum wir über die Dekade hinaus gerne ein Weltaktionsprogramm unterstützen, von dem wir uns einiges versprechen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die nächste Frage kommt von Valerie Wilms. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, nachhaltige Entwicklung betrifft nicht nur den Themenbereich Bildung. Sie haben das eben anhand der "Plastiktüte? - Nein, danke!"-Aktionen schon sehr schön dargestellt. Dabei geht es um Dinge, die ich selber letzte Woche in einem anderen Zusammenhang durchgeführt habe. Damit kann man den Menschen das Thema Nachhaltigkeit nahebringen. Wir haben aber auch eine Nachhaltigkeitsstrategie. Die Kollegin Burchardt hat das eben schon sehr ausführlich dargestellt. Insofern muss ich das nicht alles wiederholen. Es kommt dabei auch ein bisschen darauf an, dass wir nicht nur über den Rat für Nachhaltige Entwicklung aktiv werden. Es gibt ja auch einen Parlamentarischen Beirat, in dem der Kollege Murmann Mitglied ist. Meine Frage lautet: Auf welchen Feldern gibt es im Zuge der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie eine konkrete Zusammenarbeit Ihres Ministeriums mit anderen Bundesministerien? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich hatte bereits festgestellt, dass der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung besonders effektiv arbeitet, und in dem Zusammenhang ein Projekt erwähnt. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie, die wir natürlich nicht nur auf die Bildung beschränken, erfolgt zum Beispiel eine gute Zusammenarbeit mit der neben mir sitzenden Nachbarin, also mit dem Umweltministerium. Wir haben direkte Forschungsstränge und -linien, welche in allererster Linie Forschung für nachhaltige Entwicklung befördern. Das ist auch mit entsprechenden Fördersummen versehen. Es handelt sich um Programme, die bundesweit wahrgenommen werden. Das ist aber ein Thema, bei dem wir uns immer noch vor jeder Ausschreibung genötigt sehen, zu überlegen, wie eine entsprechende Verankerung erfolgen kann. Genauso ist es im Bereich Energie. Dort versuchen wir mit der Forschungsplattform, gerade diesen Aspekt gemeinsam und ein Stück weit koordinierend zu verfolgen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der nächste Fragesteller ist Oliver Kaczmarek. Oliver Kaczmarek (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, ich fand die Beschreibung der Projekte am Beginn Ihrer Ausführungen ganz interessant. Mir ist nur noch nicht klar, welche Rolle der Bund bei der Umsetzung - vor allen Dingen bei der administrativen Umsetzung - der Maßnahmen hinsichtlich Bildung für eine nachhaltige Entwicklung einnehmen will. Sind Sie eine koordinierende Instanz? Wie koordinieren Sie, und welches Ressort ist federführend beim Thema Bildung für eine nachhaltige Entwicklung? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wie erwähnt: Federführend innerhalb der Bundesregierung ist das BMBF. Wir nehmen unsere Funktion wahr, indem wir entsprechende Gelder für die Bewältigung der administrativen Aufgaben bei der Umsetzung der Dekade zur Verfügung stellen und Wettbewerbe initiieren. Hier wird der Bund direkt aktiv. Ein ganz anderes Beispiel dafür, wo nachhaltige Entwicklung genauso wichtig ist, ist das Programm "Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung". Mithilfe der Verbände verankern wir dort Dinge lokal, und zwar flächendeckend in der Bundesrepublik Deutschland. Wir schaffen dort wirklich nachhaltige Strukturen; denn sie funktionieren auch dann, wenn es keinerlei Fördermechanismen mehr gibt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Uwe Schummer ist der nächste Fragesteller. Uwe Schummer (CDU/CSU): Frau Ministerin, es gibt spannende Initiativen, die sich auf die Beziehung von Schülern zu Firmen gründen und die dazu beitragen, den Schülern Ökologie und nachhaltige Ökonomie näherzubringen. Wie bewerten Sie diese Initiativen, und besteht in Gesprächen mit den Ländern die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dies später auch in die Berufsorientierung mit einfließen zu lassen? Nachhaltigkeit ist vor allem auch eine Kulturfrage. Wie kann Nachhaltigkeit gelebt werden, und wie können die Kulturelemente der verschiedenen Projekte in dieses Gesamtkonzept mit einfließen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Zum Gesamtkonzept sage ich noch einmal: Es gibt keinen Masterplan von oben, sondern es geht darum, Impulse zu setzen und anzuregen. Es ist wirklich eine Kulturfrage, und es wird sich nur langsam die Erkenntnis durchsetzen, dass uns Nachhaltigkeit im täglichen Leben beschäftigen muss. Wenn wir einen Kühlschrank kaufen, dann schauen wir auf den Verbrauch, aber es gibt viele andere Bereiche, in denen dieses Thema überhaupt noch nicht präsent ist. Deswegen gehört alles, was wir auch in den Volkshochschulen oder im Weiterbildungsbereich in dieser Richtung anbieten, dazu. Hinsichtlich der Kooperation mit den Ländern setze ich sehr auf das Gespräch, wobei ich die Erfahrung gemacht habe, dass zuerst immer nach Geld gefragt wird. Ich denke aber, dass wir auf eine große Bereitschaft der Länder zur Kooperation setzen können, wenn es um Schulen und nachhaltige Entwicklung geht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der nächste Fragesteller ist der Kollege Kai Gehring. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Nachhaltigkeit hat ja auch viel mit vernetztem Denken und Wissenstransfer zu tun. Wie wollen die Bundesregierung und ganz konkret das BMBF die Ergebnisse des Abschlussberichtes der Enquete-Kommission des Parlaments "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung berücksichtigen und die Empfehlungen in Ihrem Hause auch umsetzen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: An dieser Stelle darf ich mich wiederholen: Wir tragen alle Informationen zu den Projekten zusammen, die gelaufen sind und bei denen es eine Evaluierung oder auch Empfehlungen gab - auch die Enquete-Kommission und andere haben sich zu Projekten geäußert -, und diskutieren sie. Darauf aufbauend, wollen wir dann im nächsten Jahr planen, was nach dieser Dekade geschieht. Die einzelnen Empfehlungen werden sehr unterschiedlich zu bewerten sein: Manches ist sofort umsetzbar, anderes ist mit Geld verbunden bzw. liegt nicht in unserer Kompetenz. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Brase. Willi Brase (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, es geht um Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sehen Sie die Chance, Aspekte und Inhalte des Berichts, die uns noch nicht vorliegen, für die Zukunft auch in den circa 360 Ausbildungsordnungen ein Stück weit mit zu verankern? Da wir die Bildung für nachhaltige Entwicklung stärken wollen, wäre es vielleicht sinnvoll, zu überlegen, so etwas auch im Bereich der dualen Ausbildung, die für unser Land - und mittlerweile nicht nur für unser Land - ganz wichtig ist, zu verankern. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Kurze Antwort: Ja! Längere Antwort: Ich hatte schon das Beispiel genannt, dass im Rahmen der Ausbildung für kaufmännische Berufe ein entsprechendes Forschungsprojekt ins Leben gerufen wurde. Dabei stellen sich die Fragen: Was müsste in dem Curriculum für diese Berufsausbildung stehen? Was muss vermittelt werden? Die Beantwortung dieser Fragen ist auch für die Überarbeitung der anderen Ausbildungsverordnungen notwendig. Dies ist zum Teil schon in Form von Empfehlungen geschehen. Aber die Antwort auf Ihre Frage ist eindeutig Ja. (Willi Brase [SPD]: Danke!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kaczmarek, bitte. Oliver Kaczmarek (SPD): Frau Ministerin, es war zu lesen, dass Sie sich im Kabinett auch mit dem Bundeshaushalt 2014 beschäftigt haben. Meine Frage: Können Sie Auskunft darüber geben, inwieweit Sie in Ihrem Ressort Mittel für Bildung für nachhaltige Entwicklung bereitstellen und wie sich der Etatansatz gegenüber 2013 verändern wird? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Es ist nicht so - das wissen auch Sie natürlich -, dass es einen Etatansatz "Nachhaltigkeit" gibt, sondern es ist so, dass wir das Thema Nachhaltigkeit an den unterschiedlichsten Stellen finden. Ich glaube, wir werden in nächster Zeit das Thema in unseren Programmen noch viel stärker verankern, als das bisher geschehen ist. Es ist also mit einem Aufwuchs der Mittel zu rechnen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Hein. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Danke schön. - Frau Ministerin, Sie haben vorhin den ressortübergreifenden Charakter des Themas betont. Den sehe auch ich. Deshalb wage ich, Sie nach etwas zu fragen, das in Ihrem Hause allerdings nicht verantwortet wird. Im Bildungs- und Teilhabepaket werden, wie wir jetzt wissen, die Mittel im Bereich Lernförderung nur von etwa 4 Prozent der Berechtigten abgefragt und die Mittel im Bereich Teilhabe am kulturellen Leben von nicht einmal 20 Prozent. Ich möchte gerne von Ihnen wissen, inwiefern Sie denn als Mitglied der Bundesregierung darüber nachdenken, die Nachhaltigkeit dieses Paketes zu erhöhen. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Obwohl es im politischen Diskurs verständlich ist, halte ich es generell für schlecht, wenn bei Programmen, die gerade anlaufen - das gilt zum Beispiel für unser Deutschlandstipendium -, schon nach kurzer Zeit gesagt wird: Dieses Programm erreicht nicht diejenigen, für die es gemacht wird. Das ist schrecklich. - So ähnlich war es beim Bildungs- und Teilhabepaket. Wir haben gesehen, wie schnell sich die Akzeptanz für dieses Programm von einem Jahr zum anderen verbessert hat. Es wird jetzt stärker angenommen, als anfangs vermutet. Sie haben gefragt, inwieweit man gerade in dem Bereich Lernförderung - das ist ein zentrales Thema - etwas tun kann. Wie kann man das mangelnde Interesse von manchen Eltern an Bildung etwa durch staatliche Maßnahmen oder durch Förderung in den Kitas oder in den Schulen ausgleichen? Wie kann man entsprechende Maßnahmen implementieren? Die Bündnisse für Bildung sind zwar nicht nur für Kinder, aber auch für Kinder gedacht und sollen im Laufe der Zeit dazu führen, dass die Eltern auf Wunsch der Kinder stärker die Möglichkeiten dieser Bündnisse nutzen. In den Kitas kann das Interesse der Kinder an Kultur geweckt werden oder es kann eine musische Begabung der Kinder erkannt werden. Gleiches gilt auch für Aktionen, die wir vonseiten des Bundes, verstärkt durch einige Länder, durchführen, wie etwa das Programm "Lesestart". Diese Maßnahme dient dazu, Eltern - wir erreichen etwa 70 Prozent - zu vermitteln, was sie durch Vorlesen erreichen können. Aber natürlich können wir sie nicht zwingen. Ich denke, an dieser Stelle ist sehr viel Werbung notwendig. Es gibt eine Reihe von Programmen, wie die eben von mir genannten, die die Förderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes verstärken. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Burchardt, bitte. Ulla Burchardt (SPD): Im letzten Jahr der Wissenschaften - das war das Wissenschaftsjahr der Nachhaltigkeit - hat der Wissenschaftliche Beirat "Globale Umweltveränderungen" ein viel beachtetes Gutachten vorgelegt, in dem gefordert wird, Wissenschaft und Forschung so aufzustellen, dass sie größere Unterstützungsleistungen als bisher bezüglich der Nachhaltigkeit erbringen. Welche Folgerungen hat die Bundesregierung daraus für ihre Forschungspolitik und insbesondere für die von Ihnen angesprochene Forschung zu Bildung für nachhaltige Entwicklung gezogen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir haben diesen Aspekt "Forschung für nachhaltige Entwicklung" in einigen Programmen direkt verankert, also nicht nur einen Forschungsauftrag vergeben oder einen Wettbewerb ausgeschrieben. Wissenschaftler haben Effekte untersucht, Empfehlungen erarbeitet und sich auch mit folgenden Fragen befasst: Wie kann ein konkretes Curriculum erarbeitet werden? Welche Maßnahmen sind sinnvoll und welche nicht? Ich denke, man kann das, was in dem Bericht enthalten ist, noch ergänzen. Ich bin gerne bereit, eine Auflistung der vielen Programme, die speziell diesen Aspekt betonen, zur Verfügung zu stellen. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren ganz eindeutig gestiegen. Für den Zeitraum ab 2005 könnte ich das gut dokumentieren. Ulla Burchardt (SPD): Es lässt sich auch weiter zurückführen. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Aber ich würde es gerne so dokumentieren, dass man den Vergleich hat. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Und wir würden es gerne haben, dass nur eine Minute gefragt und nur eine Minute geantwortet wird. - Jetzt ist Herr Gerdes an der Reihe. Michael Gerdes (SPD): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, wir sprechen viel über Nachhaltigkeit. Ich möchte von Ihnen aber auch etwas mit Blick auf die Zukunft hören. Mittels welcher Fördermaßnahmen strebt die Bundesregierung eine Stärkung der Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Bildungsforschung an? Gibt es bereits Pläne für konkrete Projekte oder Fördermaßnahmen und, wenn ja, welche? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ja, es gibt 500 000 Euro jährlich seit 2012 für dieses spezielle Thema Forschung im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann jetzt noch Herr Gehring zu diesem Komplex. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich würde gerne die Frage stellen, inwieweit Sie Bildung für nachhaltige Entwicklung im vorschulischen Bereich in der Elementarpädagogik in den Kindertagesstätten fördern. Im Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie wird massiv kritisiert, dass wir darüber nur sehr wenige Erkenntnisse haben und aufgrund fehlender Untersuchungsstandards zu wenig erfasst wird. Teilen Sie diese Kritik? Wie wollen Sie diesem Forschungsdefizit begegnen? Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Bildungsforschung ist der Bereich, in dem der Bund aktiv werden kann und dies auch tut. Die Frage, ob ich die Kritik teile, würde ich nicht pauschal mit Ja oder Nein beantworten. Denn ich glaube, die Wissenschaftler haben es verdient, dass man sich differenziert mit ihren Empfehlungen auseinandersetzt. Es gibt auch konträre Ansichten. Was den Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung anbetrifft, habe ich vorhin ein Beispiel genannt: das "Haus der kleinen Forscher". Dies ist für mich ein grandioses Projekt, weil es kein Modellprojekt ist und flächendeckend funktioniert. Dabei geht es ganz stark um nachhaltige Entwicklung. Kürzlich fand der Tag der kleinen Forscher statt. Das ist ein Beispiel. Ansonsten sind alle anderen Dinge in dem Bericht erwähnt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich beende zunächst diesen Themenbereich und frage, ob es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung gibt. - Das ist nicht der Fall. Gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung? - Das ist auch nicht der Fall. Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: Fragestunde - Drucksachen 17/14063, 17/14097 - Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 der Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen auf Drucksache 17/14097 auf. Hier geht es um den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe bereit. Ich rufe die dringliche Frage 1 der Abgeordneten Angelika Krüger-Leißner auf: Was hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA) unternommen, um die vermittlungspolitischen Schwerpunkte der BA dahin gehend zu gestalten, dass eine erfolgreiche Vermittlung möglichst aller Arbeitsuchenden gewährleistet ist, und welche Rolle hat dabei die Finanzausstattung der BA gespielt? Bitte schön, Herr Brauksiepe. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit überwacht nach § 373 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch den Vorstand. Die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane und damit auch des Verwaltungsrats der BA üben ihre Tätigkeit gemäß § 371 Abs. 6 Satz 1 SGB III ehrenamtlich aus und sind daher nicht an Weisungen, auch nicht von den sie vorschlagenden Stellen, gebunden. Insgesamt stehen im Haushalt der BA für Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung im laufenden Jahr mehr Mittel zur Verfügung, als im vergangenen Jahr verausgabt worden sind. Für dieses Jahr stehen 10,68 Milliarden Euro zur Verfügung nach einem Ist von 8,98 Milliarden Euro im letzten Jahr. Die BA setzt diese Mittel zielgerichtet ein. Sie hat mit maßgeblicher Unterstützung des Verwaltungsrates Programme und Maßnahmen zur gezielten Förderung derjenigen Kunden entwickelt und ausgeweitet, die besonders von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind und für die die Standardmaßnahmen der Arbeitsvermittlung durch die Agenturen für Arbeit nicht genügend Unterstützung bieten. Bereits im Jahr 2012 hat die BA an Pilotstandorten erfolgreich mit der intensivierten Betreuung von Arbeitsuchenden mit komplexen Handlungsbedarfen begonnen. Diese sogenannte interne ganzheitliche Integrationsberatung wird seit dem Frühjahr 2013 flächendeckend bundesweit eingeführt. Die in der Fragestellung unterstellte Benachteiligung von Arbeitslosen mit komplexen Handlungsbedarfen widerspricht den gesetzlichen Regelungen. Die BA ist gesetzlich verpflichtet, sicherzustellen, dass Ausbildungssuchende und Arbeitslose, deren berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten. Zur Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags hat die BA das sogenannte Vierphasenmodell der Integrationsarbeit erstellt. Das Vierphasenmodell beschreibt die Schritte des Integrationsprozesses und bildet einen bundesweiten Referenzprozess. Die Gesamtbetrachtung von Stärken- und Potenzialanalyse bildet die Grundlage für die individuelle Einschätzung der Integrationsprognose für die Kunden. Durch das Vierphasenmodell wird eine systematische und qualitative Aufgabenerledigung sichergestellt. Für die operative Arbeit der Arbeitsvermittler der BA gibt es verbindliche Vorgaben zu Reaktionszeiten und Terminvergabe. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Aus gegebenem Anlass weise ich gerne darauf hin, dass wir verabredet haben, dass wir bei der ersten Frage zwei Minuten antworten und uns bei den jeweils weiteren Nachfragen eine Minute für die Frage und eine Minute für die Antwort Zeit lassen können. Frau Krüger-Leißner, möchten Sie noch eine Nachfrage stellen? - Bitte schön. Angelika Krüger-Leißner (SPD): Wir haben übrigens heute im Ausschuss diese Frage zweimal gestellt. Sie steht im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Bundesrechnungshofberichts, der im Spiegel veröffentlicht wurde. Es gibt sehr wohl große Kritik an der Arbeitsvermittlung. Festgestellt wurde, dass nicht alle Arbeitsuchenden gleichermaßen vermittelt wurden, dass Kunden ausgegrenzt werden und dass es Verschiebungen vom SGB III in das SGB II gibt. Deshalb habe ich diese Frage gestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ein Teil des Verwaltungsrates der BA. Ich möchte wissen: Haben Sie über die Probleme, die seit November bekannt sind, gesprochen? Was ist neu vereinbart worden, um dem gesetzlichen Auftrag nachkommen zu können? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin, es gibt, mit Verlaub, keinen Bundesrechnungshofbericht, sondern eine Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit. Es gibt auf dem üblichen verwaltungsinternen Weg dazu Stellungnahmen, unter anderem meines Hauses. Diese werden, wie ich Ihnen schon im Ausschuss erläutert habe, in den abschließenden Bericht des Bundesrechnungshofes einfließen, der dann dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zugeleitet werden wird. Selbstverständlich befasst sich auch der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit mit diesen Themen. Selbstverständlich beteiligen sich die auf Vorschlag der Bundesregierung dorthin entsandten Mitglieder aktiv daran. Das heißt aber nicht, dass die Bundesregierung Teil des Verwaltungsrates ist. Der Verwaltungsrat ist Teil der Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit. Dort werden solche Themen selbstverständlich besprochen. Die Bundesregierung führt die Rechtsaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit, das heißt die Rechtsaufsicht über den Vorstand. Gäbe es Hinweise darauf, dass vom Vorstand aus gezielt Maßnahmen veranlasst würden, die dazu führten, dass Menschen um ihre Rechte gebracht würden, dann wäre das Gegenstand rechtsaufsichtlichen Handelns. Wenn vor Ort einmal Fehler passieren - auch dort arbeiten schließlich nur Menschen -, dann ist das kein Fall für die Rechtsaufsicht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine zweite Nachfrage? - Bitte schön. Angelika Krüger-Leißner (SPD): Es ist zum Teil auch eine Feststellung. - Das sind zum Teil die gleichen ausweichenden Antworten, die wir bereits im Ausschuss bekommen haben. Herr Weise hat heute im Ausschuss zugegeben, dass Fehler gemacht worden sind. Ich wüsste gerne, welchen Einfluss Sie auf das weitere Verfahren nehmen, um gemäß Ihrem gesetzlichen Auftrag Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Bislang habe ich dazu wieder nichts gehört. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin, wie Sie wissen und wie ich gerne wiederhole, haben wir in Deutschland eine Rekordbeschäftigung und eine Arbeitslosenquote zu verzeichnen, die so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr ist. Das ist das Ergebnis einer großen Gemeinschaftsleistung. Dazu tragen der Deutsche Bundestag mit seinen Gesetzen, die Bundesregierung mit ihren Verordnungen und die Bundesagentur für Arbeit mit ihren Maßnahmen bei, die sie in Eigenverantwortung im Rahmen von Recht und Gesetz ergreift. So ist die Rechtslage. Wir alle sind sehr interessiert daran, die bestehenden Probleme zu erkennen und zu lösen. Das macht jeder im Rahmen seines Verantwortungsbereichs. Hier geht es um den Verantwortungsbereich der Bundesagentur für Arbeit. Die Bundesregierung ist sicher, dass die Bundesagentur für Arbeit ihrer Verantwortung gerecht wird, wobei ich noch einmal betone: Wir haben keinen abschließenden Bericht des Bundesrechnungshofes, sondern es gibt einen Prüfungsvermerk. Der Bundesrechnungshof selber hat mitgeteilt - die Aussage ist zur Veröffentlichung freigegeben -, dass die Bundesagentur für Arbeit ihm ihre Überlegungen zur Weiterentwicklung des Zielsystems bereits vorgestellt hat und dass diese Überlegungen grundsätzlich positiv aufgenommen worden sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Vielen Dank. Ich rufe nun die mündlichen Fragen auf Drucksache 17/14063 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Bartels auf: Verantwortliche welcher Ebenen des Bundesministeriums der Verteidigung (Bundesminister, Staatssekretär, Abteilungsleiter, Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) waren an der Aushandlung des Memorandum of Understanding zur "Stückzahlanpassung für Unterstützungshubschrauber Tiger und NATO-Helikopter NH90" (Pressemitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 15. März 2013) beteiligt? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Bartels, ich darf Ihnen auf Ihre Frage folgende Antwort geben: Die Gespräche zur Aushandlung des Memorandum of Understanding, also der grundsätzlichen Regelungsvereinbarung, wurden im Verantwortungsbereich des für Rüstung zuständigen Staatssekretärs geführt. Über den Gesamtzeitraum der Verhandlungen haben fachlich Zuständige des Bundesministeriums der Verteidigung wie auch des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr ebenfalls Gespräche geführt. Die Schlussverhandlung über die Stückzahlanpassung erfolgte am 15. März 2013 durch den für Rüstungsfragen zuständigen Staatssekretär in Anwesenheit des Bundesministers der Verteidigung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Bartels, Sie haben eine Nachfrage. Bitte. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Meine erste Nachfrage lautet: Nach meinem Kenntnisstand hat es zwei Verhandlungsrunden gegeben, auf der einen Seite Thomas Enders von EADS und auf der anderen Seite Bundesminister de Maizière. Können Sie, Herr Staatssekretär, das bestätigen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das kann ich nicht bestätigen. Ich kann bestätigen, dass es - die genaue Zahl kann ich nicht nennen; die müsste ich nachreichen, soweit sie von Relevanz für die Auskunft ist - Gespräche zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der EADS, Tom Enders, und dem Bundesminister der Verteidigung gegeben hat. Die Verhandlungen bis hin zum 15. März wurden vom Staatssekretär für Rüstung, Herrn Staatssekretär Beemelmans, geführt. Auf der anderen Seite - das rein nachrichtlich; das müsste ich noch verifizieren - war grundsätzlich Lutz Bertling, der damalige Vorstandsvorsitzende von Eurocopter, zu finden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ihre zweite Nachfrage. Bitte schön. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen Dank. - Die zweite Nachfrage bezieht sich auf das Kompensationsgeschäft innerhalb dieses Hubschrauberdeals, der eine Reduzierung bei den 202 Hubschraubern, die ursprünglich in Auftrag gegeben wurden, um 45 Hubschrauber, die jetzt nicht abgenommen werden, vorsieht. Von denen, die jetzt abgenommen werden, sollen 18 Hubschrauber für die Marine verwendet werden. Sind diese Hubschrauber bewaffnet? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Lieber Herr Kollege, Sie sprechen von 202 Hubschraubern. Ich habe noch die Zahl 212 in Erinnerung. - Moment! Da habe ich mich getäuscht. Das sind die 212 Tiger-Hubschrauber, die noch Rudolf Scharping bestellt hatte und die von Peter Struck dann auf 80 reduziert worden sind. Entschuldigung, das war jetzt ein Missverständnis. Sie meinen beide, NH90 und Tiger, in der Konfiguration, die Peter Struck vereinbart hatte. (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Genau! 122 plus 80!) - Genau. 122 NH90-Hubschrauber und 80 sogenannte Unterstützungshubschrauber Tiger. Die 18 Marinehubschrauber MH90 sind nicht aus der gleichen Serie, aber aus dem gleichen Programm und haben eine spezielle Marinetauglichkeit. Der MH90 ist ein Hubschrauber, der an die Notwendigkeiten der Marine - ich nenne als Beispiel das Radar - angepasst wird. Er wird in beschränktem Rahmen über Bekämpfungsmöglichkeiten verfügen. Ich gehe davon aus - ohne dass ich Ihnen das jetzt bestätigen kann; eventuell konnten Sie es schon im Verteidigungsausschuss eruieren; ich werde Ihnen eine eindeutige Antwort nachliefern -, dass er zumindest Möglichkeiten zur Bewaffnung hat. Habe ich jetzt die beiden Nachfragen beantwortet, oder habe ich eine versteckte zusätzliche halbe Nachfrage übersehen, Herr Kollege? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Es gibt ja nur zwei Nachfragen. Eine halbe Nachfrage gibt es nicht. (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Ich habe verstanden: mehr oder weniger Bewaffnung!) Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin, wir sind am Ende der Legislaturperiode, und ich wollte im Sinne einer gewissen immer noch bestehenden parlamentarischen Großzügigkeit - Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Milde, milde. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: - auch eine halbe Nachfrage beantworten. (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Wir verstehen uns gut!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das ist schön, Herr Bartels. Ich rufe die Frage 2, ebenfalls des Kollegen Bartels, auf: Gibt es Verzögerungen oder zeichnen sich Hindernisse ab, die zu Verzögerungen führen können, beim geplanten und vom Bundesministerium der Verteidigung angewiesenen Outsourcing von 2 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wehrverwaltung mit ihren Bundeswehraufgaben in die Geschäftsbereiche des Bundesministeriums der Finanzen bzw. des Bundesministeriums des Innern? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Verlagerung der Aufgaben bei der Personalabrechnung der Bundeswehr in die Geschäftsbereiche des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums der Finanzen wird wie geplant zum 1. Juli 2013, also zum kommenden Montag, realisiert. Die wesentlichen organisatorischen und sonstigen Vorbereitungen konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Aber auch nach dem Verlagerungszeitpunkt werden noch Arbeiten durchzuführen sein. Das liegt auch daran, dass die Zustimmung der örtlichen Personalvertretungen zu den einzelnen Personalmaßnahmen bisher noch aussteht. Infolgedessen kann das Personal nicht zum 1. Juli 2013 in die Geschäftsbereiche der aufnehmenden Ressorts abgeordnet oder versetzt werden. Diese Personen werden deshalb bis zum Abschluss dieser Verfahren als Beschäftigte der Bundeswehrverwaltung die aufnehmenden Behörden in ihrer Aufgabenwahrnehmung unterstützen. Absicht ist es, noch in dieser Woche, tunlichst vor dem 1. Juli 2013, eine entsprechende Vereinbarung zwischen den betroffenen Ressorts zu zeichnen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Herr Bartels. Bitte schön. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auf welcher Rechtsgrundlage werden die abzuordnenden Kollegen, die zwar nicht abgeordnet werden können, von den aufnehmenden Dienststellen aber aufgenommen werden, diese in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen? Was ist also die Rechtsgrundlage? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich denke, auf der Grundlage einer Ressortvereinbarung, die unbenommen lässt, dass der rechtliche Status der Betreffenden so ist, wie er gegenwärtig ist, vorbehaltlich der entsprechenden Maßnahmen, durch die die Mitwirkung der Personalvertretungen gewährleistet ist. Erst wenn dies der Fall ist, kann das Ganze realisiert werden. Was vorher geschieht, ist keine Abordnung, sondern eine Zusammenarbeit zwischen Bundesressorts bei bestimmten Aufgaben. Es ist eine nicht ganz ungewöhnliche Vorstellung, dass sich zwei Bundesressorts in ihrer Aufgabenerfüllung durchaus unterstützen können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine zweite Nachfrage? - Bitte sehr. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wessen Weisungen sind diese nicht abgeordneten Kollegen, die die aufnehmenden Ressorts bei ihrer Aufgabenwahrnehmung unterstützen, unterworfen? Wer gibt ihnen also Weisungen, der Bundesminister der Verteidigung und seine Beauftragten oder der Innenminister? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin, gestatten Sie mir ausnahmsweise, eine Frage zu qualifizieren: Dies ist eine sehr spannende Frage. Ich werde mich bemühen, sie in einer Nachreichung auf Grundlage dessen, was in der Vereinbarung festgeschrieben ist, zu beantworten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir sind bei der Frage 3 des Kollegen Gerdes: Wie hoch sind die Baukosten, die die Bundeswehr für die geplante Feuerwache auf dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Dorsten-Wulfen veranschlagt? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Kosten für den Bau der Feuerwache auf dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Dorsten-Wulfen sind mit 3,687 Millionen Euro geplant. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Gerdes, haben Sie eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Frage 4, ebenfalls des Kollegen Gerdes: Stimmt es, wie in der WAZ vom 7. Juni 2013 berichtet, dass das planende Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr nicht über eine kosteneinsparende Zusammenarbeit vor Ort nachgedacht hat, obwohl sich die zivile Feuerwache in direkter Nachbarschaft zum Munitionsdepot befindet, und besteht die Möglichkeit zu einer militärisch-zivilen Kooperation, zumal der Bau der Feuerwache auf dem Militärgelände erst 2014 beginnen soll? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Ihre zweite Frage beschäftigt sich mit der Möglichkeit einer Kooperation. Hierzu muss ich nochmals etwas Bewertendes sagen: Ich habe Verständnis dafür, wenn man vor Ort sagt: Mensch, hier wird eine Feuerwehr gebaut, und ihr baut auch eine. Kann man das nicht gemeinsam machen? - So verstehe ich die Intention einer sehr pragmatischen und durchaus naheliegenden Überlegung, die jeder anstellen wird, der in politischer und kommunalpolitischer Verantwortung steht. Trotzdem muss ich die Frage wie folgt beantworten: Von der Regelungs- und Vollzugszuständigkeit im Bereich des abwehrenden Brandschutzes her ist klar, dass die Bundeswehr im Rahmen ihres Auftrags den bundeswehreigenen Brandschutz leisten muss. Das ist immer dann der Fall, wenn es gilt, militärspezifische Gefahren im Bereich des Brandschutzes abzuwehren. Im Rahmen dieser Zuständigkeit hat die Bundeswehr Regelungen in Bezug auf den Brandschutz im eigenen Geschäftsbereich zu treffen. Das hat sie getan. Deswegen hat sie auch Bundeswehr-Feuerwehren aufgestellt. Wenn Verwaltungsgebäude der Bundeswehr irgendwo in einer Stadt stehen, unterliegen die natürlich nicht diesem Brandschutz - es sei denn, bundeswehrspezifische Notwendigkeiten der Gefahrenabwehr stehen dem entgegen. Im Munitionsdepot in Dorsten-Wulfen ist diese Zuständigkeit wegen des speziellen militärischen Gefahrenpotenzials gegeben. Aufgrund dieses Auftrags ist die unmittelbare Unterbringung der Feuerwache im Mun-Depot notwendig. Kooperationen sind grundsätzlich erwünscht. Es gibt auch gemeinsame Übungen. Im Rahmen der Amtshilfe beteiligt sich die Bundeswehr-Feuerwehr selbstverständlich auch an Hilfseinsätzen im zivilen Umfeld, kann sich aber in dieser konkreten Situation wegen der Unmittelbarkeit bzw. der Nähe zu einem möglichen Gefahrenherd leider nicht auf eine Kooperation einlassen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage, Herr Gerdes? - Das ist nicht der Fall. Die Fragen 5 und 6 der Kollegin Keul werden schriftlich beantwortet. Dann sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues steht zur Beantwortung zur Verfügung. Die Frage 7 der Kollegin Humme wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 8 der Kollegin Humme: Hält die Bundesregierung Maßnahmen für erforderlich und, wenn ja, welche, um den Effekt, dass die Entlastungen von Paaren durch das Ehegattensplitting, die zum großen Teil bei Familien im oberen Einkommensbereich anfallen, und unabhängig davon, ob Kinder in der Ehe leben oder nicht, zu verringern? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin Humme, ich beantworte die Frage gern. Das Ehegattensplitting kommt vorwiegend Familien zugute. Etwa 90 Prozent des Splittingvolumens entfällt auf Ehepaare, die aktuell Kinder haben oder die Kinder hatten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist dies keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung, sondern eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten orientierte, sachgerechte Besteuerung. Dieses Verfahren berücksichtigt die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen der Partner im Rahmen der Ehe, und es dient auch - so sagt das Bundesverfassungsgericht - der hervorgehobenen Gewährleistung der Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die persönliche und wirtschaftliche Lebensführung und ist in diesem Sinne Ausdruck der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit. In seinem jüngsten Beschluss vom 7. Mai 2013 - das ist noch nicht ganz so lange her - hält das Bundesverfassungsgericht dies noch einmal fest. Ich erlaube mir, dies wörtlich zu zitieren. Dort heißt es: Art. 6 Abs. 1 GG garantiert den Eheleuten eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist ... Es heißt weiter: Der Gesetzgeber muss daher Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen ... Schließlich stellt das Bundesverfassungsgericht fest, es habe schon früher hervorgehoben, dass in diesem Bereich auch die Entscheidung darüber fällt, ob ein Ehepartner sich ausschließlich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich - so heißt es dort - auf die "Alleinverdienerehe" daher ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" ... und schließt es aus, dass Ehegatten zu einer bestimmten Gestaltung ihrer Ehe gedrängt werden. Vor diesem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, das Splittingverfahren bei der Zusammenveranlagung der Ehegatten grundlegend zu modifizieren. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Christel Humme (SPD): Schönen Dank, Herr Kollege. - Ich denke, Sie haben gerade darstellen wollen, dass das Ehegattensplitting dazu führt, dass man in der Familie die Wahlfreiheit hat, die Arbeit aufzuteilen. Aber die Bundesregierung hat in einem Evaluationsmodul zur Förderung und zum Wohlergehen von Kindern wieder einmal festgestellt, dass das Ehegattensplitting in seiner derzeitigen Form negative Auswirkungen auf das Arbeitsangebot für Mütter und auf die Bildungsangebote für Kinder hat. Das ist eine Feststellung aus den Untersuchungen der Bundesregierung. Wie passt das zu den Äußerungen, die Sie gerade gemacht haben? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie zitieren einen Satz aus einer sehr umfangreichen Untersuchung, die insgesamt 3 500 Seiten umfasst. In dieser Untersuchung wird mit bestimmten Hypothesen gearbeitet, die überprüft werden. Dies sind aber keine Aussagen im Hinblick auf verfassungsrechtliche und politische Zusammenhänge. Diese Expertise, die Sie zum Teil sicherlich kennen, enthält im Übrigen Feststellungen von Fachleuten aus unterschiedlichen Disziplinen. Diese Fachleute machen aber nicht die Politik. Die Politik wird vom Parlament und von der Bundesregierung gemacht. Letztendlich entscheidet die Bevölkerung, welche Politik sie möchte. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Humme, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte sehr. Christel Humme (SPD): Es ist richtig: Die Fachleute beraten natürlich die Politik und haben umfangreiche Untersuchungen gemacht. Sie sagen selber, das Werk ist über 3 000 Seiten lang. In diesem wurden viele Erkenntnisse, gerade zum Ehegattensplitting, hervorgehoben, zum Beispiel auch die Tatsache, dass die Familienförderung, die Sie in Ihrer ersten Antwort angesprochen haben, sehr unsozial ist, weil mittlerweile 30 Prozent der Kinder in Familienzusammenhängen ohne Trauschein wohnen. Sehen Sie nicht auch, dass hier ein soziales Ungleichgewicht bei der Familienförderung geschaffen wird? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie haben ursprünglich eine Frage zum Ehegattensplitting gestellt. Dazu gibt es klare Regelungen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - wir legen auch sonst großen Wert auf die Urteile des Verfassungsgerichts - lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Der Gesetzgeber hat nicht das Recht, in die Lebensgestaltung einzugreifen. Das hat er den Ehepaaren zu überlassen. Natürlich ist es so, dass es für Kinder, die außerhalb der Ehe geboren werden, Regelungen geben muss. Die gibt es auch. Es gibt ein ganzes Netz familienpolitischer Leistungen. Für den einen oder anderen wird es dadurch auch unübersichtlich. Diese Regelungen führen aber dazu, dass man auf sehr unterschiedliche Lebenssituationen eingehen kann. Ich will einen entscheidenden Punkt nennen: Es ist ganz klar, dass zum Beispiel das Kindergeld von großer Wichtigkeit ist, nicht zuletzt für Geringverdienerpaare. In diesem Bereich ist es wichtig. Da hilft auch nicht der Ausbau der Kinderbetreuung. Wenn jemand wenig Geld verdient und Kinder hat und Sie sagen: "Wir bauen die U-3-Betreuung weiter aus", dann hat er davon nichts. Dort ist schlichtweg Geld gefragt. Das haben wir in dieser Vielfalt in den gesetzlichen Regelungen berücksichtigt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 9 und 10 der Kollegin Caren Marks werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 11 der Kollegin Petra Crone auf: Warum hat die Bundesregierung erst vier Jahre nach Beginn der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen bzw. erst am Ende der Legislaturperiode Ergebnisse präsentiert und politische Schlussfolgerungen vorgestellt, auch vor dem Hintergrund, dass sie in ihren Schlussfolgerungen selbst angibt, die "Gesamtevaluation ... resultiert aus dem gemeinsamen Interesse, öffentliche Mittel intelligent" einsetzen zu wollen (Seite 5 des Politischen Berichts des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Juni 2013)? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, Sie fragen danach, weshalb erst vier Jahre nach Beginn der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen bzw. am Ende der Legislaturperiode Ergebnisse präsentiert werden. Dazu muss ich zunächst einmal sagen, dass die Gesamtevaluation dieser Leistungen 2009 als ein vierjähriges Forschungsprojekt angelegt war. Insofern ist das offenkundig. Es ist auch gesagt worden, dass die Erkenntnisse aufeinander aufbauen. Erst bei Abschluss ergibt sich ein Gesamtbild. Das Konzept der Gesamtevaluation sieht vor, dass sich die Module ergänzen, methodisch wie inhaltlich. Schlussfolgerungen konnten daher erst gegen Ende des Prozesses gezogen werden. Das ist logischerweise am Ende der Legislaturperiode. Wir haben seit 2012 die sehr umfänglichen Einzelstudien nach ihrer Fertigstellung Schritt für Schritt veröffentlicht. Gegenwärtig werden noch zwei Studien abgeschlossen, sodass uns dann das Gesamtpaket vorliegt. Die Ministerin hat sich zusammen mit dem Finanzminister in der letzten Woche dazu detailliert geäußert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Crone, Sie haben eine Nachfrage? - Bitte schön. Petra Crone (SPD): Danke schön, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, danke für die Beantwortung meiner Frage. Ich habe trotzdem noch eine Nachfrage. Wie Sie eben gesagt haben, liegen bereits Teilstudien vor. Das gilt zum Beispiel für die Teilstudie zur Kinderbetreuung, die schon 2011 fertiggestellt wurde. Warum ist diese erst im April 2013 auf der Website veröffentlicht worden? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es ist so: Wenn wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben werden, dann werden diese natürlich vom Ministerium bewertet, bearbeitet und teilweise mit den Wissenschaftlern aufbereitet, damit sie überhaupt lesbar werden. Sonst führt das zu dem Problem, dass der eine oder andere einzelne Sätze aus wissenschaftlichen Modulen herausliest und glaubt, das sei bereits das Ergebnis der Evaluation. Deswegen sagen wir: Es muss ein Zusammenhang hergestellt werden. Das haben wir Schritt für Schritt getan. Wir haben einige Erkenntnisse, die für uns wichtig waren, bereits in unserer Familienpolitik genutzt. Wir haben sowohl die Freibeträge als auch das Kindergeld erhöht. Wir haben außerdem etwas für Mehrkinderfamilien getan, weil wir wissen, dass für diese Familien etwa das Kindergeld von großer Bedeutung ist. Ihnen hilft kein Betreuungsplatz, sondern ihnen hilft konkret das Kindergeld, also Geld, das ausgezahlt wird. Insofern sind diese Studien natürlich bereits in die praktische Politik eingeflossen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine zweite Nachfrage? - Bitte schön. Petra Crone (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, die Ergebnisse der Studien sind bereits in Ihre Politik eingeflossen. Eine vorläufige Bewertung ist im Fachausschuss aber leider noch überhaupt nicht zur Sprache gekommen. Warum haben Sie diese vorläufige Bewertung in der 17. Legislaturperiode noch nicht in den Fachausschuss gegeben, damit auch die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker darüber diskutieren können? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, wir diskutieren diese Zusammenhänge und auch andere Fragen im Fachausschuss regelmäßig. Was der Fachausschuss letztlich diskutiert, entscheidet er selbst. Das entscheidet nicht die Bundesregierung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zur Frage 12, ebenfalls von der Kollegin Crone: Plant die Bundesregierung, entsprechende Expertisen der Gesamtevaluation in die Weiterentwicklung bestehender familien- und ehebezogener Leistungen einzubeziehen, und, wenn ja, welche konkreten Maßnahmen zur Weiterentwicklung plant sie aufgrund der Empfehlungen in den Expertisen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Hier geht es auch um die Expertisen der Gesamtevaluation zur Weiterentwicklung bestehender familien- und ehebezogener Leistungen. Wenn wir Änderungen gesetzlicher Regelungen vorhaben, dann beziehen wir natürlich wissenschaftliche Erkenntnisse ein, prüfen diese und entscheiden dann, was zu tun ist. Ich sage hier noch einmal: Erkenntnisse der Wissenschaftler auf der Grundlage von Hypothesen führen nicht automatisch zu politischen Entscheidungen. Politische Entscheidungen fällt das vom deutschen Volk gewählte Parlament, und diese setzt die Bundesregierung um. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie dazu eine Nachfrage, Frau Crone? - Bitte. Petra Crone (SPD): Herr Staatssekretär, wer hat denn konkret welche Empfehlungen gegeben? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir haben dazu einen ausführlichen Bericht vorgelegt. Ich könnte ihn Ihnen im Einzelnen vortragen. Ich habe ihn auch dabei. Ich glaube, Sie haben ihn aber auch; alle Ausschussmitglieder haben ihn bekommen. Daraus geht hervor, zu welchen Aspekten was vorgetragen wurde. Wir haben zum Beispiel gesagt, dass wir bestimmte Ziele der Familienpolitik vorgegeben haben und nicht nur ein Ziel. Die Erhöhung der Erwerbstätigkeit bzw. die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nur ein Punkt. Ein anderer Punkt ist die Wahlfreiheit. Ein weiterer Punkt ist das Wohlergehen der Kinder. Man muss im Gesamtzusammenhang sehen, ob die Regelungen, die die Familienpolitik betreffen, gezielt ansetzen. Das Familienministerium und das Finanzministerium sind im Rahmen ihrer Bewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungen im Prinzip sehr gezielt ansetzen und auch sinnvoll sind. Es ist von daher nachvollziehbar - das schlägt sich in den Programmen der politischen Parteien nieder -, dass man gerade in der Familienpolitik einen Schwerpunkt setzt und sagt: Wir stellen uns diese und jene Weiterentwicklung vor. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Die Fragen 13 und 14 der Kollegin Dagmar Ziegler werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Die Fragen 15 und 16 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter, die Fragen 17 und 18 des Kollegen Uwe Beckmeyer sowie die Fragen 19 und 20 des Kollegen Dr. Ilja Seifert werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Fragen 21 und 22 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, die Fragen 23 und 24 des Kollegen Dr. Jürgen Koppelin sowie die Fragen 25 und 26 des Kollegen Hans-Josef Fell werden schriftlich beantwortet. Die Fragen 27 und 28 des Kollegen Dr. Hermann Ott entfallen wegen Nichtanwesenheit des Fragestellers. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Frage 29 des Kollegen Kai Gehring wird schriftlich beantwortet. Die Frage 30, ebenfalls des Kollegen Kai Gehring, wurde zurückgezogen. Die Frage 31 des Kollegen Klaus Hagemann sowie die Frage 32 des Kollegen Oliver Krischer werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto steht für die Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Frage 33 des Kollegen Krischer wird schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 34 des Kollegen Ostendorff auf: Wann und mit welchem Ergebnis haben Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie über den Stopp von Hermesbürgschaften für Tierhaltungsanlagen stattgefunden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Ostendorff, Ihre Frage möchte ich für die Bundesregierung wie folgt beantworten: Die Bundesregierung verständigte sich im November 2012 darauf, sich auf internationaler Ebene für höhere Tierschutzstandards im Bereich der Vergabe von Exportkreditgarantien einzusetzen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Thematik daraufhin im Januar 2013 in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im zuständigen Gremium der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, auf die Tagesordnung gesetzt und sie mit den anderen OECD-Staaten diskutiert. Auf Initiative der Bundesregierung fand darüber hinaus im Mai 2013 ein Sondertreffen des OECD-Gremiums zu dieser Thematik statt. Zusätzlich findet eine enge Abstimmung mit dem BMZ statt, das die Überarbeitung der einschlägigen Weltbankstandards fachlich betreut. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Ostendorff, haben Sie eine Nachfrage? - Bitte schön. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schönen Dank, Herr Staatssekretär. - Wir müssen hier, glaube ich, die zeitlichen Abläufe sehr genau klären. Ministerin Aigner hatte auf die Anfrage der Grünenfraktion vom 15. August 2012 hin in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium erklärt, dass sie in Zukunft derartige Geschäfte verhindern will. Bleiben wir beim ersten Fall: Am 10. September 2012, also einen Monat später, gab es dann eine weitere Hermesbürgschaft, dieses Mal für eine Tierfabrik in der Türkei. Hat Frau Aigner in dem einen Monat keinen Kontakt mit der Verteilstelle im Bundeswirtschaftsministerium aufgenommen, nachdem sie das zuvor Genannte im August verkündet hat? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Ostendorff, ich habe Ihnen doch eben schon erklärt, dass das Vorgehen der Bundesregierung folgendermaßen ist, und zwar in Übereinstimmung mit Frau Aigner und dem Ministerium: Die gesamte Bundesregierung ist sich einig, dass wir Exportkreditgarantien auf der Grundlage der allgemein geltenden OECD-Umweltrichtlinien vergeben, uns aber auch dafür einsetzen sollten, dass die entsprechenden OECD-Leitlinien im Sinne des Tierschutzes verbessert werden. In diesem Prozess befinden wir uns. Es kann aber umgekehrt nicht sein - ich hoffe auf Ihr Verständnis -, dass wir deutsche Exporteure in eine Situation der Wettbewerbsverzerrung bringen, indem wir ihnen, obwohl die Standards der OECD eingehalten sind, Exportkreditgarantien verweigern und stattdessen Exporteure beispielsweise aus China und Russland zum Zuge kommen. Das kann niemandem nutzen; denn damit würde auch dem Tierschutz nicht gedient. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine zweite Nachfrage, Herr Ostendorff? Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe eine zweite Nachfrage. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte sehr. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gestatten Sie einen kurzen Satz der Kommentierung: Hier geht es nicht um OECD-Standards, sondern um den Export von Tierhaltungsanlagen, die in der EU verboten sind. - Das zur Kommentierung. Zweite Frage. Gehen wir im zeitlichen Ablauf weiter voran. Sie sagen, dass sich da etwas tut. Wir stehen aber in diesen Tagen vor der erneuten Freigabe von Hermesbürgschaften für die Ukraine durch Ihr Ministerium. Die Bürgschaften sind noch nicht freigegeben, aber Sie sind dabei, sie freizugeben; es steht unmittelbar bevor. Sie sollen an den Akteur in der Ukraine gehen, der uns schon seit mehreren Monaten beschäftigt: die Firma Avangardco, die nun 8 Millionen Hühnerlegebatterien gebaut hat, unterstützt mit Hermesbürgschaften. Diese Firma soll jetzt, wenn die Informationen richtig sind, erneut Hermesbürgschaften erhalten, und zwar für den Bau einer ersten Biogasanlage mit einer installierten Leistung von 20 Megawatt; geplant sind weitere zehn Biogasanlagen an diesem Standort. Empfänger ist die Firma Avis, eine mehrheitliche Tochter der Firma Avangardco. Es handelt sich hier doch offensichtlich wiederum um die Förderung des Ausbaus dieser Tierfabrik, die sehr im Fokus von Presse, Funk und Fernsehen steht, mit deutschen Steuergeldern. Daher frage ich: Hat es denn wenigstens in diesem Fall, der jetzt bevorsteht, eine Intervention von Ministerin Aigner gegeben? Ist Ihnen das bekannt? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Ostendorff, zu einzelnen Exportanträgen von Firmen nimmt die Bundesregierung keine Stellung. Deswegen kann ich nur allgemein sagen: Es liegt ein Exportkreditantrag bezüglich eines ukrainischen Unternehmens vor. Die Bundesregierung hat klargemacht, dass dieser Antrag nur dann positiv beschieden werden kann, wenn die ukrainischen Tierschutzstandards eingehalten und angabegemäß sogar übererfüllt werden. Ohne die Erfüllung dieser Voraussetzung gibt es keine Exportkreditgarantien. Darüber hinaus erfolgt entsprechend den OECD-Umweltleitlinien ein Abgleich mit internationalen Referenzstandards. Das heißt, Ihre Bewertung, Herr Kollege, dass es inakzeptable und nach europäischen Maßstäben nicht genehmigungsfähige Anlagen gebe, kann ich so nicht bestätigen. Lieber Herr Kollege Ostendorff, wir haben Kenntnis von einem Fall - ich sage jetzt nicht, von welchem; er bezog sich auf die Ukraine -, bei dem es konkurrierende Anbieter aus Russland und China gibt. Wenn wir es mit dem Thema Tierschutz ernst meinen, dann müssen wir uns die Frage stellen: Wäre irgendetwas erreicht, wenn wir, obwohl die OECD-Umweltleitlinien eingehalten werden, deutschen Exportunternehmen Exportkreditgarantien verweigern, sodass dann ein chinesisches oder russisches Exportunternehmen zum Zuge kommt? Ich glaube, lieber Herr Kollege, das kann auch nicht in Ihrem Sinne sein. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Auch die Kollegin Kurth hat eine Frage zu diesem Thema. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihre Antwort veranlasst mich zu einer Nachfrage: Sind Sie der Meinung, dass geltendes europäisches Recht auch für die Bundesrepublik bindend ist? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin, selbstverständlich ist es bindend. Europäisches Recht gilt innerhalb seines Anwendungsbereichs. Aber es gibt in Europa und weltweit den allgemein geltenden Grundsatz, dass bei der Vergabe von Exportkreditgarantien die OECD-Leitlinien gelten. Diese Leitlinien werden von uns peinlichst genau eingehalten, in manchen Fällen sogar übererfüllt. Darum geht es hier. (Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Vielen Dank, Frau Kurth. Ich rufe die Frage 35 des Kollegen Kilic auf: Wie viel Pfefferspray des Typs "American Style NATO Super-Paralisant CS-Gas Silliarde", produziert von der Firma Elitex in Berlin, wurde nach Kenntnis der Bundesregierung an welche Behörden bzw. privaten Unternehmen in den letzten drei Jahren in die Türkei verkauft? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Kilic, ich kann Ihnen mitteilen: Bei dem von Ihnen erwähnten Produkt "American Style NATO Super-Paralisant" - ist das so richtig ausgesprochen? - (Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär: Paralisant!) - thank you very much - handelt es sich um ein CS-Reizstoffspray - und nicht, wie von Ihnen erwähnt, um ein Pfefferspray -, dessen Export gemäß der Anti-Folter-Verordnung der Genehmigungspflicht unterliegt. Genehmigungsanträge für die Lieferung dieses Reizstoffes an die Türkei sind bislang nicht gestellt worden; das ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Herr Kilic. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Hat die Bundesregierung Kenntnisse davon, dass das von der türkischen Polizei gegenüber Demonstranten benutzte Reizgas zum Teil aus der Bundesrepublik Deutschland stammt? Wir wissen, dass Deutschland bereits genehmigungspflichtige chemische Stoffe in die Türkei geliefert hat. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ihre Frage zielt darauf ab, ob bei den aktuellen Einsätzen, die von der Bundesregierung, wie Sie wissen, als unverhältnismäßig kritisiert wurden, gewisse Stoffe eingesetzt wurden. Darüber gibt es keine Erkenntnisse. Ich kann Ihnen nur sagen, dass in den Jahren 2010 und 2011 vier Genehmigungen zur Ausfuhr von CS-Reizgas, nicht von Pfefferspray, erteilt worden sind. Ob es sich um die Stoffe handelt, die jetzt so in die Kritik geraten sind, das entzieht sich allerdings meiner Erkenntnis. Von daher kann ich Ihre Frage nicht präzise beantworten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kilic, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte schön. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind die Stoffe, die die Bundesrepublik Deutschland schon geliefert hat, geeignet, um sie Wasserwerfern oder Wasserkanonen beizumischen, um dann die Demonstranten damit zu besprühen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Kilic, um Ihnen eine präzise Antwort geben zu können, liefere ich Ihnen das schriftlich nach. Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich könnte hier nur Vermutungen äußern, aber darum geht es in der Fragestunde nicht. Das bekommen Sie von mir. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Kilic auf: Wird die Bundesregierung angesichts der antidemokratischen Übergriffe der türkischen Polizei auf die Demonstranten ihre Ausfuhrgenehmigung hinsichtlich des CS-Gases widerrufen und, wenn nein, warum nicht? Bitte schön. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich habe Ihnen gesagt, dass wir Reizgase, Ausbringungsgeräte und entsprechende Munition als Rüstungsgüter einer Ausfuhrgenehmigungspflicht unterwerfen. In diesem Fall stellt sich die Frage des Widerrufs von Ausfuhrgenehmigungen nach der Anti-Folter-Verordnung durch die Bundesregierung nicht, da keine entsprechenden, noch gültigen Ausfuhrgenehmigungen existieren. Sie können nur dann eine Ausfuhrgenehmigung widerrufen, wenn deren Gültigkeit noch besteht. Es gibt aber keine bestehenden Ausfuhrgenehmigungen, weder für CS-Reizgas noch für Pfefferspray. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kilic? Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gibt es andere chemische Stoffe, die von der Polizei bei Demonstrationen eingesetzt werden können, für die von der Bundesregierung eine Ausfuhrgenehmigung erteilt wurde? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, das ist mir nicht bekannt. Ich sage das mit dem kleinen Vorbehalt: Sollte mir durch meine Rückfrage etwas anderes bekannt werden, teile ich Ihnen das schriftlich mit. CS-Reizgase und Pfefferspray sind Stoffe, die bei solchen Einsätzen weltweit verwendet werden. Ich kann Ihnen versichern, dass es keine solchen Ausfuhrgenehmigungen gibt - jedenfalls bezogen auf die letzten Jahren -, deren Gültigkeit noch besteht. Deswegen glaube ich, dass ich diese Frage guten Gewissens mit Nein beantworten kann. Aber sollte sich bei mir eine neue Erkenntnis ergeben, werde ich Ihnen das nachliefern. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 37 und 38 der Abgeordneten Zimmermann werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Hinsichtlich der Frage 39 des Kollegen Hellmich, der nicht anwesend ist, wird verfahren, wie es in der Geschäftsordnung vorgesehen ist. Die Fragen 40 und 41 der Abgeordneten Göring-Eckardt, die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Troost, die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten Dr. Mützenich, die Fragen 45 und 46 der Abgeordneten Dagdelen und die Frage 47 des Abgeordneten Hagemann werden schriftlich beantwortet. Wir sind damit beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Die Fragen 48 und 49 des Abgeordneten Reichenbach, die Fragen 50 und 51 des Abgeordneten Ströbele, die Fragen 52 und 53 des Abgeordneten von Notz sowie die Frage 54 der Abgeordneten Steinbach werden schriftlich beantwortet. Wir sind beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Zur Beantwortung steht vertretungsweise der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ole Schröder bereit, der eigentlich zum BMI gehört. Ich rufe die Frage 55 des Kollegen Kolbe auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, entsprechend der Forderung des Präsidenten des Bundesgerichtshofes, Klaus Tolksdorf (Leipziger Volkszeitung vom 12. April 2013, Sächsische Zeitung vom 12. April 2013), die Außenstelle des Bundesgerichtshofes in Leipzig zu schließen? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die Frage kann ich klar mit Nein beantworten. Der Vorschlag der Unabhängigen Föderalismuskommission vom 27. Mai 1992, den 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig anzusiedeln, ist Teil eines umfassenden und in sich stimmigen Plans, um Sitze von Behörden und Gerichten des Bundes auf einzelne neue Länder zu verteilen. Im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums der Justiz gehören dazu auch die Errichtung einer Dienststelle des Generalbundesanwalts in Leipzig, die Verlegung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts nach Leipzig sowie der Umzug einer Dienststelle des Deutschen Patent- und Markenamtes nach Jena. All diese Sitzentscheidungen hat das Bundesministerium der Justiz sehr engagiert und erfolgreich umgesetzt. An ihnen ist schon deshalb festzuhalten, weil andernfalls das ausgewogene Gesamtkonzept der Föderalismuskommission beeinträchtigt würde. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kolbe, haben Sie eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 56 des Kollegen Kolbe auf: Wie stellt sich die Umsetzung des Beschlusses der Unabhängigen Föderalismuskommission der 12. Legislaturperiode von 1993 dar, dass neue Senate des Bundesgerichtshofes in Leipzig ihren Sitz nehmen? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die Unabhängige Föderalismuskommission hat in ihrem Beschluss vom 27. Mai 1992 neben der Sitzentscheidung zum 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auch festgelegt, dass neue Zivilsenate des Gerichtshofs in Karlsruhe angesiedelt werden und dafür jeweils ein bestehender Strafsenat von Karlsruhe nach Leipzig verlegt wird. Diese sogenannte Rutschklausel ist bisher nicht zur Anwendung gelangt, weil seit dem Beschluss der Föderalismuskommission keine zusätzlichen Senate beim Bundesgerichtshof gebildet worden sind. Die Klausel ist aber im Bundeshaushaltsplan stets bekräftigt worden, und zwar in der Vorbemerkung zum Kapitel 0703, Bundesgerichtshof, des Einzelplans 07. Die Rutschklausel ist ein gewollter Bestandteil des Gesamtkonzepts der Föderalismuskommission zur Verteilung von Behörden und Gerichten des Bundes auf einzelne neue Länder. An ihr ist deshalb ebenfalls festzuhalten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Herr Kolbe? - Das haben Sie nicht. - Vielen Dank. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter bereit. Ich rufe die Frage 57 der Abgeordneten Cornelia Behm auf: Wann wird die Bundesregierung die Ergebnisse der Arbeitsgruppe SBZ-Enteignungen - SBZ: Sowjetische Besatzungszone -, die entsprechend dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP prüfen sollte, ob es im Hinblick auf die Enteignungen in der SBZ von 1945 bis 1949 noch Möglichkeiten gibt, Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, den Betroffenen zum bevorzugten Erwerb anzubieten, und deren Arbeit nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Steffen Kampeter, in der Antwort auf meine mündliche Frage 33, Plenarprotokoll 17/210, Seite 25582 (D) "in dieser Legislaturperiode zweifelsohne abgeschlossen" wird, vorlegen, und was sind die Planungen der Bundesregierung im Hinblick auf die Umsetzungen möglicher Empfehlungen dieses Berichtes? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Abgeordnete, ich verweise auf meine von Ihnen zitierte Antwort auf die mündliche Frage 33, in der ich ausgeführt habe, dass die Arbeitsgruppe zwischenzeitlich einen Redaktionsentwurf ihres Arbeitsberichts verfasst hat und dass der Abstimmungsprozess hierüber noch nicht abgeschlossen ist. Die Bundesregierung strebt an, nach Ende des Abstimmungsprozesses die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorzulegen und die Mitglieder des Deutschen Bundestages umfassend, das heißt in angemessener Form, zu unterrichten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, haben Sie eine Nachfrage? - Bitte schön. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich würde gerne wissen, welchen Zeitplan Sie für den Abschluss dieser Abstimmung haben angesichts der Tatsache, dass wir in dieser Legislaturperiode nach dieser Woche keine ordentliche Sitzung des Parlaments mehr haben, sondern nur noch eine Sondersitzung im September. Das heißt, wird es noch in dieser Woche zu einem Abschluss gebracht und öffentlich gemacht werden? Ich frage mich schon, wann die Maßnahmen, die sich möglicherweise aus dem Bericht und aus seiner Auswertung ableiten, umgesetzt werden sollen. Schließlich haben Sie das ja für diese Legislaturperiode verabredet. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin, es stimmt, dass wir angestrebt haben, das in dieser Legislaturperiode vorzulegen. Die Arbeitsgruppe hatte sich, nachdem erste Ergebnisse vorlagen, zu weiteren, in der Sache aufwendigen Prüfungen entschlossen. Nunmehr geht es, wie gesagt, um die Abstimmung des Berichts innerhalb der Bundesregierung. Es kann derzeit nicht vorhergesagt werden, wann dieser Prozess abgeschlossen ist. Meine optimistische Schätzung, die Sie ja in Ihrer Frage zitiert haben, dass dies zweifelsohne in dieser Legislaturperiode sein wird, würde ich jetzt nicht wiederholen; ich will aber nicht ausschließen, dass es uns noch gelingen wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? - Bitte schön. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wäre dann ja ein außerordentlich erfreuliches Ergebnis. Daran möchte ich die Bitte knüpfen, dass wir Abgeordnete, soweit wir uns dafür interessieren, diesen bisher vorliegenden Bericht, auch wenn er noch nicht abschließend bewertet ist, zur Kenntnis bekommen, sodass wir uns ein eigenes Urteil bilden können. Meine Nachfrage bezieht sich darauf, welche Maßnahmen folgen. Warum haben Sie eigentlich nicht bis zum Abschluss dieser Prüfung ein Moratorium für den Verkauf in Rede stehender Flächen bzw. Objekte erlassen, oder haben Sie das noch vor? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Bundesregierung wird den Bericht gerne, allerdings erst nach Abschluss des internen Abstimmungsprozesses innerhalb der Bundesregierung, allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellen. Da es sich bisher um eine nicht abgestimmte Position handelt, kann ich Ihnen auch keinerlei Auskünfte geben, welche Schlussfolgerungen verbindlich von der Bundesregierung aus einem dann möglicherweise abgeschlossenen Bericht gezogen werden können. Die Dinge sind - darauf verwies ich bereits - noch im Fluss. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Moratorium?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 58 und 59 des Kollegen Dr. Schick, die Fragen 60 und 61 der Kollegin Dr. Höll, die Fragen 62 und 63 des Kollegen Schwartze sowie die Frage 64 der Kollegin Dr. Tackmann werden schriftlich beantwortet. Wir bleiben beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sie können auch gerne zum nächsten Geschäftsbereich übergehen, aber ich habe noch eine Frage zu beantworten, Frau Präsidentin, - Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Nein, auf keinen Fall. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: - und der Kollege da hinten schmunzelt mich so an. Was soll ich denn jetzt machen, außer antworten? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir alle freuen uns auf Ihre Antwort. Ich rufe die Frage 65 des Kollegen Lenkert auf: Durch wen erfolgte die Festlegung, dass der Vertrag mit der Kali und Salz AG über die Fusion der west- und ostdeutschen Kaliindustrie aus dem Jahr 1993 geheim abgeschlossen wurde, und wie lang ist die Geheimhaltungsfrist? Der Staatssekretär Kampeter antwortet darauf sehr gerne. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sehr gerne, Frau Präsidentin, zumal diese Frage ja, glaube ich, auch Ihre Heimatregion betrifft. - Herr Kollege, im Vertrag mit der Kali und Salz AG wurde eine Vertraulichkeitsklausel vereinbart; das ist ja auch allgemein bekannt. Diese ist zeitlich nicht befristet und entspricht in etwa den Verschwiegenheitsklauseln, die auch bei anderen größeren Privatisierungsvorgängen aus Gründen der Geschäftsgeheimniswahrung vereinbart worden sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Möchten Sie nachfragen? - Bitte schön. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, die Kali und Salz AG fordert aufgrund dieses Staatsvertrages 2 Milliarden Euro zusätzlich zur Sanierung der Altbergbaugebiete in Thüringen. Der Freistaat Thüringen und das Landesparlament in Thüringen sind nicht in der Lage, die entsprechenden Bedingungen im Staatsvertrag einzusehen, weil er ja als vertraulich eingestuft worden ist, sollen aber aufgrund eines Vertrages, den sie nicht einsehen können, 25 Prozent eines Jahreshaushalts des Freistaates Thüringen für die Kali und Salz AG bereitstellen, sozusagen blind. Damit würden sie ihrer Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler nicht gerecht werden. Ich frage Sie: Wie soll der Freistaat Thüringen einschätzen, ob die Forderungen von Kali und Salz berechtigt sind? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, Sie sprechen einen Sachverhalt an, den die Bundesregierung nur mittelbar bewerten kann, und zwar insofern, als es Wünsche vonseiten der thüringischen Politik gibt, dass beispielsweise Dritte oder möglicherweise der Bund hier Kosten übernehmen sollen. Ich kann Ihnen sagen - wir haben ja heute den Bundeshaushalt 2014 und die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bis 2017 beschlossen -: Für die Übernahme solcher Kosten haben wir keine haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Darüber hinaus kann ich als Vertreter der Bundesregierung keine Bewertungen abgeben, für die die thüringische Landesregierung respektive die Kolleginnen und Kollegen des thüringischen Landtages zuständig sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine zweite Nachfrage? - Bitte schön, Herr Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Ich stelle die Frage jetzt noch einmal, und ich möchte es konkret von Ihnen wissen. Habe ich Sie gerade richtig verstanden? Die thüringische Landesregierung und das Thüringer Parlament bekommen den Vertrag nicht zu sehen, weil der Vertragspartner Bundesrepublik Deutschland mit Kali und Salz vereinbart hat, dass der Vertrag vertraulich ist. Sie erklären aber, dass Sie nicht in der Lage sind, der Thüringer Landesregierung überhaupt die Möglichkeit zu geben, einen Vertrag zu erfüllen, den sie nicht kennt. Das heißt, in Thüringen muss man sich jetzt auf die Angaben von Kali und Salz verlassen. Um das auch fürs Publikum einmal deutlich zu machen: Sie schließen einen Vertrag ab, zum Beispiel mit einer Handwerksfirma, die Ihr Haus baut. Diesen Vertrag sehen Sie nicht. Jedes Mal, wenn diese Handwerksfirma zu Ihnen kommt und fordert, Sie müssten einen Nachschlag zahlen, dann zahlen Sie einfach. - Das fordern Sie, wenn ich Sie gerade richtig verstanden habe, vom Thüringer Landtag. Das kann doch - ich sage es einmal ganz offen - nicht Ihr Ernst sein. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass nicht die Bundesrepublik Deutschland der Vertragspartner der Kali und Salz AG ist und dass die Bundesregierung deswegen auch im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflichten keinen Einfluss nehmen kann. Dass es einen Diskussionsprozess mit dieser Firma gibt, ist, glaube ich, öffentlich bekannt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt kommen wir zur Frage 66 des Kollegen Lenkert: Wann läuft die Geheimhaltungsfrist zu Regierungsdokumenten und anderen Unterlagen im Zusammenhang mit der Privatisierung und der Übernahme der ostdeutschen Kaliindustrie durch die Kali und Salz AG ab, und wann kann die Öffentlichkeit alles oder Teile der Dokumentation einsehen? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, die Privatisierungsvorgänge der Treuhandanstalt, heute BvS, unterliegen nicht der Geheimhaltung. Das gilt auch, insoweit das BMF im Rahmen der Rechts- und Fachaufsicht tätig geworden ist. Die von der Treuhand abgeschlossenen Verträge können bereits heute eingesehen bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wenn Rechte Dritter nicht betroffen sind oder aber diese der Veröffentlichung zustimmen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage? - Bitte schön. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank. - Herr Kampeter, Sie haben eben schon ausgeführt, dass die Kali und Salz AG dem nicht zustimmen wird. Meine Frage: Wer ist Rechtsnachfolger der Treuhandanstalt? Ist es das Bundesfinanzministerium? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, Rechtsnachfolger der Treuhandanstalt ist die BvS. Im Übrigen habe ich auch nicht verkündet, dass die Kali und Salz AG etwas macht, sondern ich habe darauf hingewiesen, dass die Kali und Salz AG im vorliegenden Fall den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geltend gemacht hat; ich war hier nicht tätig für das Unternehmen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Für die Aufsicht der BvS ist das Bundesfinanzministerium zuständig. Sie sind also sozusagen Vertragspartner, und die Unterlagen liegen Ihnen vor; sie müssen Ihnen vorliegen. Deswegen frage ich Sie: Inwieweit ist es aus Ihrer Sicht möglich, dass - unter Wahrung des Schutzes der Betriebsgeheimnisse von K + S - Abgeordnete des Freistaates Thüringen bzw. Mitglieder der Landesregierung des Freistaates Thüringen Einblick in die entsprechenden Unterlagen bekommen, damit sie ihrer Treuhandpflicht für Steuergelder nachkommen können? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung nicht Vertragspartner von Kali und Salz ist, bin aber gerne bereit, das noch einmal dahin gehend zu präzisieren, dass unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach vom BGH aufgestellten Grundsätzen jede Tatsache zu verstehen ist, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steht, nicht offenkundig ist - das heißt, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist -, nach dem bekundeten Willen des Unternehmers geheim gehalten werden soll und den Gegenstand eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses des Unternehmers bildet. Ich gehe davon aus, dass von allen Beteiligten lediglich solche Geschäftsgeheimnisse als schützenswert betrachtet werden, die diesen BGH-Grundsätzen entsprechen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Wir kommen zu den Fragen 67 und 68 der Kollegin Schmidt. Die Kollegin ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 69 des Kollegen Troost wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 70 der Kollegin Cornelia Behm: Welche Ergebnisse hat die Untersuchung der auf Dokumente, die der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) vorgelegt wurden, gestützten Vorwürfe, dass der deutsch geflaggte Supertrawler "Jan Maria" große Mengen essbaren Fisches über Bord gegeben hat, um Platz für höherpreisigen Fisch zu schaffen (sogenanntes Highgrading, das sowohl nach europäischem als auch nach deutschem Recht verboten ist), durch die BLE erbracht, und welches Strafmaß wurde gegen die Betreiber der "Jan Maria" gegebenenfalls nach Feststellung der Richtigkeit dieser Vorwürfe ausgesprochen? Bitte schön, Herr Bleser. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Sehr verehrte Frau Kollegin Behm, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, BLE, hat die vorgelegten Dokumente geprüft und die Datenlage im Zusammenspiel mit Zeugenaussagen als ausreichend bewertet, um ein Ermittlungsverfahren wegen Zuwiderhandlung gegen das Seefischereigesetz und dessen Durchführungsverordnung einzuleiten. Im Rahmen dieses derzeit laufenden Ermittlungsverfahrens werden weitere Datenquellen geprüft und weitere Zeugenaussagen eingeholt. Der Vorwurf bezieht sich auf das Verbot des Highgradings sowie auf unvollständige bzw. falsche Angaben im Logbuch. Die Darstellung des Betroffenen zu diesen Vorwürfen steht allerdings noch aus. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen über die Höhe eines möglichen Strafmaßes gemacht werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, haben Sie eine Nachfrage? - Bitte schön. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Sie können also noch nicht angeben, mit wie vielen Punkten dieses Vergehen - wenn es denn nachgewiesen wird - nach dem Punktekatalog in § 13 Seefischereigesetz geahndet wird? Ich würde gern wissen, wie das Ministerium in Zukunft damit umzugehen gedenkt, dass - wie durch diese Dokumente, die Ihnen vorliegen, belegt wird - auf den Fischereischiffen ganz offensichtlich nebeneinander ein internes und ein offizielles Logbuch geführt werden. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin Behm, es handelt sich hier um ein laufendes Verfahren, das ein entsprechendes Verhalten unseres Ministeriums zur Folge hat: Wir dürfen da nicht eingreifen. Es ist, wie gesagt, ein Ermittlungsverfahren wegen Zuwiderhandlung gegen das Seefischereigesetz in Gang gesetzt worden. Über den Ausgang des Verfahrens kann ich, weil die Ermittlungen noch laufen, nichts sagen; sein Ausgang ist auch nicht vorherzusehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist natürlich vollkommen verständlich, dass Sie sich zu einem schwebenden Verfahren nicht äußern wollen. Mich interessiert nur Folgendes - es handelt sich hier um einen Einzelfall, der überprüft wird -: Werden vielleicht in Zukunft die Überwachung und Kontrolle der Fischereischiffe insgesamt derart gestaltet sein, dass solche Vorkommnisse unterbunden werden können, sprich: dass Widersprüche zwischen internem und offiziellem Logbuch aufgeklärt werden können? Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin Behm, das ist in der Tat der Fall. Mit der EU-Fischereireform wird die Kontrolle nicht nur auf die Anlandung fokussiert, sondern gerade auch auf das entsprechend wünschenswerte Verhalten auf hoher See. Da wird die Überwachung in Zukunft natürlich verstärkt werden. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Frage 71 der Kollegin Dr. Tackmann wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende der Fragestunde und auch am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages berufe ich auf morgen, Donnerstag, den 27. Juni 2013, 9 Uhr, ein. Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Einsichten. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 16.21 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Brüderle, Rainer FDP 26.06.2013 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 26.06.2013 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 26.06.2013 Fritz, Erich G. CDU/CSU 26.06.2013* Gabriel, Sigmar SPD 26.06.2013 Gunkel, Wolfgang SPD 26.06.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 26.06.2013 Kramme, Anette SPD 26.06.2013 Menzner, Dorothée DIE LINKE 26.06.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 26.06.2013 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 26.06.2013 Reinhold, Hagen FDP 26.06.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 26.06.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 26.06.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 26.06.2013 Werner, Katrin DIE LINKE 26.06.2013 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 26.06.2013 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 5): Auf welcher Rechtsgrundlage wurden und werden nach Ansicht der Bundesregierung Mobilfunkdaten und andere -Daten im Rahmen der Probeflüge des Euro Hawk in der Vergangenheit und in Zukunft erfasst? Eine Erfassung von Mobilfunkdaten und anderen -Daten wird im Rahmen der Probeflüge des Euro Hawk nicht durchgeführt. Mit dem Aufklärungssystem ISIS sollen die Aufgaben der luftgestützten weiträumigen Fernmelde- und elektronischen Aufklärung erfüllt werden. Dies enthält die abstandsfähige Aufklärung militärisch relevanter elektromagnetischer Ausstrahlungen, dementsprechend Signalen, von Führungs- und Kommunikationseinrichtungen sowie von Großwaffensystemen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 6): Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass das für die Sicherheit des deutschen Camps in Kabul eingesetzte Sicherheitspersonal dem afghanischen Innen-ministerium und seinen Weisungen unterstellt ist, obwohl es von dem privaten Sicherheitsdienstleister ACCL beschäftigt und bezahlt wird? Nach umfassender Erkundung zur zukünftigen Unterbringung deutscher Kräfte in Kabul fiel die Entscheidung zugunsten des Camps ACCL. Die Faktoren Sicherheit, Schutz, Verfügbarkeit, räumliche Lage und Qualität der Infrastruktur waren hierbei von entscheidender Bedeutung. Das Camp ACCL wird durch Kräfte der sogenannten Afghan Public Protection Force, APPF, bewacht. In -Afghanistan wurden die APPF als staatliche Organisationen innerhalb des afghanischen Innenministeriums aufgestellt. Aufgaben der APPF sind beispielsweise die Absicherung von Infrastruktur- und Entwicklungsprojekten oder auch die Konvoisicherung. Sicherheitsunternehmen, die mit der Bundeswehr in Afghanistan zusammenarbeiten, müssen vor Vertragsbeginn gültige Lizenzen der afghanischen Regierung vorlegen. Grundlage hierfür ist das Präsidentendekret von 2010 "Presidential Decree 62", das die staatliche Kontrolle über private Sicherheitsunternehmen regelt. Die Unternehmen werden regelmäßig durch die afghanischen Behörden auf die Einhaltung von afghanischen und internationalen Gesetzen geprüft. Die zur -Bewachung im Camp ACCL eingesetzten Sicherheitskräfte unterstehen somit dem afghanischen Innenministerium und werden von dort entsprechend kontrolliert. Die Bezahlung dieser Sicherheitskräfte erfolgt durch die Firma ACCL. Die Entscheidung zugunsten der Firma ACCL fiel nach sorgfältiger Prüfung und unter ganzheitlicher Abwägung aller relevanten Faktoren. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Christel Humme (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 7): Falls die Bundesregierung es als geboten ansieht, von ihr selbst in Auftrag gegebene Expertisen in die Weiterentwicklung des Systems familien- und ehebezogener Leistungen einzubeziehen, warum hat sie die Einführung des Betreuungsgelds und die Kürzung des Elterngelds bereits vor der erst am 20. Juni 2013 erfolgten politischen Schlussfolgerung aus diesen Expertisen auf den Weg gebracht? Die Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen wurde 2009 gestartet. Ziel war es, die Leistungen auf ihre Wirksamkeit im Status Quo zu überprüfen. Im Laufe der Evaluierung konnte aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten dabei der Rechtsstand bis 2010 berücksichtigt werden. Die Wirkungen des Betreuungsgeldes werden gesondert überprüft werden. Gemäß § 25 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG, in der Fassung ab 1. August 2013 wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht über die Auswirkungen des Betreuungsgeldes vorlegen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 9): Wie begründet es die Bundesregierung, dass in dem Politischen Bericht zur Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen vom 20. Juni 2013 unter der Überschrift "Wahlfreiheit: Ziel und Prinzip der Familienpolitik" an keiner Stelle das Betreuungsgeld erwähnt wird? Im Bericht zur Gesamtevaluation sind keine Aussagen zum Betreuungsgeld enthalten, weil das Betreuungsgeld nicht Gegenstand der Gesamtevaluation war. Die Gesamtevaluation konnte sich nur auf Leistungen beziehen, für die es im Jahr 2010, also zu Beginn der Evaluation, eine gesetzliche Regelung gab. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Druck-sache 17/14063, Frage 10): Wie erklärt die Bundesregierung, dass trotz der Erkenntnisse der Evaluation, die bestätigt hat, dass die Wirkungen des Ehegattensplittings auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen negativ sind, über den gesamten Zeitraum der Legislatur nach Auffassung der Fragestellerin keinerlei Maßnahmen erfolgt sind, die dazu beitragen, diesen Effekt zu beenden oder wenigstens zu verringern? Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ist das Ehegattensplitting keine beliebig veränderbare Steuer-"Vergünstigung", sondern eine an dem Schutz-gebot des Art. 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare nach Art. 3 Abs. 1 GG orientierte sachgerechte Besteuerung. Diese berücksichtigt auch die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen der Partner im Rahmen der Ehe, dient der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Gewährleistung der Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die persönliche und wirtschaftliche Lebensführung und ist Ausdruck der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit, (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 und andere). Die Bundesregierung hält an dieser Betrachtung der Ehe als Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fest. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Dagmar Ziegler (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 13): Wie viele und welche (bitte Nennung der Namen) der mit der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen beauftragten Sachverständigen haben sich für die Erhöhung des Kindergelds und der Kinderfreibeträge ausgesprochen? Die Aufgabe der beauftragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestand darin, die Wirkungen von dreizehn ehe- und familienbezogenen Leistungen auf vorbestimmte fünf Ziele - Wahlfreiheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wirtschaftliche Stabilität von Familien und Nachteilsausgleich, gute Entwicklung von Kindern, Erfüllung von Kinderwünschen - hin zu messen. Es ist Aufgabe der Politik, aus den vorgelegten Ergebnissen konkrete Maßnahmen abzuleiten. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Dagmar Ziegler (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 14): Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Aussage verschiedener kinder- und familienpolitischer Verbände (Pressemitteilung des Bündnisses Kindergrund-sicherung vom 20. Juni 2013), dass "viele Leistungen sozial ungerecht, intransparent und bürokratisch sind" und bei -"höheren Freibeträgen - wie die Bundesregierung sie for-dert - die soziale Ungerechtigkeit weiter bestehen" bliebe, sowie zu der Forderung der Verbände, die Geldtransfers für arme Kinder zu erhöhen? Die Akzeptanz und Transparenz einzelner ehe- und familienbezogener Leistungen sind im Rahmen der Gesamtevaluation überprüft worden: insbesondere in den Modulen Schnittstellenanalyse und Akzeptanzanalyse. Bei der Vorstellung von Ergebnissen der Gesamtevaluation am 20. Juni 2013 haben Frau Bundesministerin Dr. Schröder und Herr Bundesminister Dr. Schäuble auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Antragsvoraussetzungen und -verfahren rechtlich anspruchsvoller Leistungen weiter zu überprüfen und auf bürgerfreundliche Änderungen hinzuwirken. Beispielhaft haben sie unterschiedliche Altersgrenzen und Einkommensbegriffe in den verschiedenen Gesetzen angesprochen. Für die -Bezieher geringerer Einkommen hat die Evaluation gezeigt, dass die Bundesregierung mit dem Kinderzuschlag ein sehr effizientes Instrument zur Unterstützung von Familien mit geringen Einkommen besitzt. Durch eine Glättung der sogenannten Abbruchkante wird dieses -Instrument zielorientiert weiterentwickelt werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 15): Welches sind aus Sicht der Bundesregierung ihre drei wichtigsten verkehrspolitischen Initiativen bzw. Entscheidungen in der 17. Legislaturperiode, und welche drei verkehrs-politischen Initiativen bzw. Entscheidungen hält sie für die 18. Legislaturperiode für vorrangig? Die Bundesregierung hat in der 17. Legislaturperiode in der Verkehrspolitik viel erreicht und bereits entscheidende Eckpfeiler für die 18. Legislaturperiode gesetzt. Eine Begrenzung auf die Nennung von drei Vorhaben ist daher nicht möglich. Im Einzelnen werden daher beispielhaft einige Leitmotive genannt, die für die Verkehrspolitik der 17. Legislaturperiode prägend sind: Ziel der Verkehrspolitik der 17. Legislaturperiode ist es ganz klar, Mobilität zu ermöglichen und nicht zu behindern. Gerade in den Zeiten von Wirtschafts- und Schuldenkrise hätte ein ideologisch motivierter "Verkehrsverhinderungskurs" fatale Folgen für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Denn ein funktionierendes Verkehrssystem ist einer unserer wichtigsten Standortfaktoren - das betonen auch internationale Studien immer wieder. Unser Verständnis von verantwortungsvoller Verkehrspolitik ist es daher, den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft auf intelligente und effiziente Weise gerecht zu werden, ohne die Anforderungen von Klima-, Umwelt- und Lärmschutz aus den Augen zu verlieren. Restriktionen sind hier der falsche Weg. Vielmehr lässt sich mit positiven Anreizen und klugen Innovationen deutlich mehr für Umwelt- und Klimaschutz erreichen und kann gleichzeitig ein wichtiger Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft geleistet werden. Mit Blick hierauf hat die Bundesregierung auch - trotz der enormen finanziellen Zwänge durch Haushaltskonsolidierung und Schuldenbremse - ein klares -Signal gesetzt und die Verkehrsinvestitionen im Rahmen des Infrastrukturbeschleunigungsprogramms I und II um insgesamt 1,75 Milliarden Euro zusätzlich verstärkt. Aber wir sagen auch offen: Dies war ein wichtiger erster Etappenschritt. Wir brauchen dauerhaft mehr Mittel für die Sicherstellung eines leistungsfähigen Verkehrssystems. Daher haben wir bereits in dieser Legislaturperiode eine breite gesellschaftliche Debatte zur Sicherung einer ausreichenden Verkehrsinfrastrukturfinanzierung angestoßen. Die Schaffung eines verkehrsträgerübergreifenden Finanzierungskreislaufs bei der Straße zum Jahr 2011 und die Ausweitung der Lkw-Maut auf vier- und mehrstreifige Bundesstraßen zum 1. August 2012 sind hierbei wichtige Bausteine. Insbesondere der Finanzierungskreislauf Straße hat das verloren gegangene -Vertrauen der Verkehrswirtschaft in die Verwendung der Mauteinnahmen endlich wieder gestärkt. Es ist ein Verdienst dieser Bundesregierung, dass wir jetzt offen über den Mehrbedarf in der Infrastrukturfinanzierung und -alternative Finanzierungsmodelle diskutieren können. Das Thema Verkehrsinfrastrukturfinanzierung behält als Leitfrage in der nächsten Legislaturperiode weiter seine Brisanz - denn wir brauchen dauerhaft mehr Mittel für die Verkehrsinfrastruktur. Wir haben deshalb schon heute entscheidende -Eckpfeiler für die notwendige Priorisierung bei der künftigen Verkehrsinfrastrukturplanung gesetzt: Denn Maßnahmen auf der Einnahmeseite oder zur Erhöhung der Einnahmen müssen Hand in Hand gehen mit Maßnahmen auf der Ausgabenseite. In der im Februar 2013 zur Konsultation vorgelegten neuen Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015 haben wir daher -unsere Leitlinien "Strenge Ausrichtung am verkehrlichen Bedarf" und "Erhalt geht vor Ausbau" fest verankert. Statt "Wünsch dir was" brauchen wir eine realistische und finanzierbare Infrastrukturplanung, wenn wir auch in Zukunft auf ein leistungsfähiges Verkehrsinfrastrukturnetz in Deutschland vertrauen können wollen. Wir machen Politik für die Menschen und mit den Menschen sowie für die Wirtschaft und mit der Wirtschaft. Das nehmen wir bei der Infrastrukturplanung - zu verweisen ist hier beispielhaft auf die gestartete umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Erarbeitung des neuen Bundesverkehrswegeplans - genauso ernst wie in anderen Bereichen. So wurde zum Beispiel auch der Ende 2010 vorgestellte Aktionsplan Güterverkehr und Logistik in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Verbänden erarbeitet. Viele Maßnahmen daraus haben wir gemeinsam erfolgreich auf den Weg bringen können. In dieser und der nächsten Legislaturperiode kümmern wir uns nicht nur um die aktuellen Herausforderungen, sondern nehmen auch die zukünftigen fest mit in den Blick: Mit unserem überzeugten Engagement im -Bereich Elektromobilität mit Batterie und Brennstoffzelle oder im Rahmen der gerade im Kabinett verabschiedeten Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie wollen wir dafür Sorge tragen, dass Mobilität auch künftig noch bezahlbar ist und die Energiebasis des Verkehrs auf eine zukunftsfähige Basis gestellt wird. Die Bundesregierung ist der Garant für eine Fortsetzung dieser umsichtigen und ausgewogenen Verkehrs-politik. Eine vorausschauende Verkehrspolitik ist dabei kein Selbstzweck. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Verlässlichkeit und Planungssicherheit wichtiger denn je für Wirtschaft und Menschen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 16): Welche verkehrspolitischen Fehlentscheidungen sind der Bundesregierung aus ihrer Sicht unterlaufen, und welchen verkehrspolitischen Aufgaben hat sich die Bundesregierung nicht ausreichend gewidmet? Keine bzw. keinen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des Abgeordneten Uwe Beckmeyer (SPD) (Drucksache 17/14063, Fragen 17 und 18): Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch, dass sich der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Andreas Scheuer, in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 13. Juni 2013 (Plenarprotokoll 17/246) ausdrücklich für die Einführung der Pkw-Maut ausgesprochen hat, obwohl dies von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wiederholt ausgeschlossen worden ist, und handelt es sich bei der Aussage "Wir wollen also diese Pkw-Maut einführen" um eine innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Position? Wie erklärt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, dass der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer in der Aktuellen Stunde die politischen Pläne der CDU/CSU-Fraktion für eine Pkw-Maut vertreten hat, wie seine Äußerung "Ich denke, die CSU ist mit diesem Vorschlag wiederum viel näher an den Menschen. Deswegen werden wir diesen Vorschlag in den Bundestagswahlkampf einbringen" zeigt, obwohl er in der Parlamentsdebatte als Mitglied der Bundesregierung aufgetreten ist? Die beiden Fragen werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Einvernehmliches Ziel innerhalb der Bundesregierung ist es, die Infrastrukturfinanzierung nachhaltig auf eine solide Grundlage zu stellen. Darüber, wie dies am besten erfolgen kann, gibt es eine intensive und verschiedentlich auch kontroverse Diskussion. Über geeignete Ansätze wird in der nächsten Legislaturperiode auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bodewig-Kommission zu entscheiden sein. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 19): Wie viele Fernbuslinien gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Deutschland, und wie viele davon bieten Verbindungen parallel bzw. ergänzend zum vorhandenen Angebot auf der Schiene an? Die Genehmigungen werden von den Landesbehörden erteilt. Nach der letzten Umfrage bei den Ländern gab es zum Stichzeitpunkt 15. Februar 2013 insgesamt 109 innerdeutsche Fernbuslinien. Aktuelle Ergebnisse werden etwa Ende Juli 2013 für den Stichzeitpunkt 30. Juni 2013 vorliegen. Der Bundesregierung verfügt über keine Auswertung, aus der sich im Einzelnen ergibt, welche der genehmigten Linien parallel oder ergänzend zum Angebot auf der Schiene verlaufen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Druck-sache 17/14063, Frage 20): Wie viele der derzeitigen Fernbuslinien bieten nach Kenntnis der Bundesregierung auch Rollstuhlfahrern die Möglichkeit der Mitreise an - bitte Anbieter und Strecke nennen -, und in welcher Weise begleitet und unterstützt die Bundesregierung die Schaffung von Barrierefreiheit im nationalen sowie im grenzüberschreitenden Fernbuslinienverkehr? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass im Fernbuslinienverkehr bereits Reisebusse eingesetzt werden, bei denen behinderten Menschen eine Beförderung im Rollstuhl angeboten wird. Eine entsprechende Ausrüstungspflicht wurde erst mit der Vorschrift des § 42 b in Verbindung mit § 62 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz geschaffen. Danach müssen neue Omnibusse ab dem 1. Januar 2016 mit mindestens zwei Stellplätzen für Rollstuhlnutzer ausgerüstet sein. Ab dem 1. Januar 2020 gilt dies für alle Omnibusse, die im Fernbuslinienverkehr eingesetzt werden. Im Übrigen wird auf die schriftliche Antwort auf Ihre für die Fragestunde am 20. Februar 2013 gestellte Frage 56, auf die schriftliche Antwort auf Ihre für die Fragestunde am 20. März 2013 gestellte Frage 16 und das Schreiben des Herrn Parlamentarischen Staatssekretärs Ferlemann vom 15. März 2013 Bezug genommen. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 21): Welche konkreten Schreiben, Unterlagen und Untersuchungsergebnisse hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von der bayerischen Atomaufsichtsbehörde in den Jahren 2011 und 2012 bekommen im Zusammenhang mit dem Rohrrissbefund im nicht absperrbaren Primärkreislaufteil des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld ab dem Heraustrennen des betreffenden Rohrstücks im Frühjahr 2011 (vergleiche fehlende Angabe dieser Unterlagen und Ergebnisse in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 17/11788, nach denen in Frage 33 a konkret gefragt war); bitte vollständige Angabe aller Unterlagen und Untersuchungsergebnisse mit Datum? Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, erhielt in den Jahren 2011 und 2012 folgende Unterlagen vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit im Zusammenhang mit Befunden am Stutzenanschlussstück der Volumenausgleichsleitung: Dem BMU wurde ein Gutachten des TÜV SÜD vom 23. Mai 2011 übersandt. Dieses Gutachten wurde dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom BMU mit Schreiben vom 9. August 2011 übermittelt. Das Gutachten enthält Informationen zu den -Befunden und Berechnungen zu deren sicherheitstechnischen Bedeutung. Des Weiteren erhielt das BMU mit Schreiben vom 9. August 2012 ein Gutachten des TÜV SÜD zu von der Firma AREVA durchgeführten Bruchzähigkeitsmessungen und Zugversuchen am ausgebauten Stutzenanschlussstück der Volumenausgleichsleitung. Das Gutachten enthält die Bewertung der im Rahmen der Untersuchungen ermittelten Werkstoffkenndaten im Vergleich zu den bei der Befundbewertung und Berechnung angenommenen Werten. Weitere Unterlagen des Bayerischen Staats-ministeriums für Umwelt und Gesundheit aus diesem Zeitraum über den thematisierten Grafenrheinfeld-Befund liegen dem BMU nicht vor. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 22): Gibt es ein abgestimmtes Protokoll oder Ähnliches über die Besprechung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, mit der bayerischen Atomaufsichtsbehörde zum Leistungserhöhungsverfahren am 24. und 25. Januar 2013 - falls nein, bitte mit Begründung -, und welche konkreten Prüfaufgaben wurden für StMUG, BMU, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und TÜV Süd bei dieser Besprechung vereinbart - diesmal Wortlautangabe bitte, nicht nur Nennung der Themenbereiche (vergleiche in Plenarprotokoll 17/245, Seite 31210 (C) bis 31211 (D) die fehlende Wortlautangabe in der Antwort auf meine mündliche Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 17/13810 nach diesen konkreten Prüfaufgaben im Wortlaut)? Als Ergebnis des Fachgesprächs am 24. und 25. Januar 2013 wurde eine Aufstellung erstellt. In dieser Aufstellung wurde gemeinsam das weitere Vorgehen zu 22 Sachfragen zu den bereits in der Antwort auf die Mündliche Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 17/13810 erwähnten Themenfeldern vereinbart. Nach Abschluss des noch laufenden Verwaltungsverfahrens wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ihnen diese Aufstellung zusammen mit allen relevanten Unterlagen im Rahmen Ihrer UIG-Anfrage zur Verfügung stellen. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) (Drucksache 17/14063, Fragen 23 und 24): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung des 4. Senats des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, OVG, vom 19. Juni 2013, die atomrechtliche Genehmigung für das Standortzwischenlager des Kernkraftwerks Brunsbüttel aufzuheben, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bundesregierung? Welche Auswirkungen aus dem Urteil des OVG Schleswig vom 19. Juni 2013 sieht die Bundesregierung auf das Endlagersuchgesetz? Zu Frage 23: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Der Bund wird das Urteil gründlich prüfen, sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen. Eine abschließende Bewertung der Konsequenzen oder gegebenenfalls eine Heilung der vom Gericht gesehenen Mängel ist erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe möglich. Zu Frage 24: Für das zur Entscheidung stehende Standortauswahlgesetz hat das Gerichtsurteil keine Auswirkungen. Bund und Länder haben am 13. Juni 2013 vereinbart, Anfang 2014 ein umfassendes Konzept zur Lagerung der noch ausstehenden Castorbehälter aus Sellafield und La Hague zu beschließen. Da für diese Castoren ohnehin neue Genehmigungsverfahren erforderlich sind, ist das Urteil in diesem Zusammenhang nicht relevant. Die möglichen Konsequenzen des Urteils für neue Genehmigungsverfahren werden als einer von mehreren Faktoren in dieses Konzept einfließen. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Fragen 25 und 26): Welche Studien hat die Bundesregierung in Auftrag gegeben, die Lösungsvorschläge erarbeiten, wie das EEG-Umlage-Merit-Order-Paradoxon (EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz) aufgelöst werden kann, das dazu führt, dass die EEG-Umlage umso höher steigt, je tiefer der Strom aus erneuerbaren Energien die Börsenpreise nach unten drückt? Welche Studien hat die Bundesregierung zur Überarbeitung des EEG-Ausgleichsmechanismus mit dem Ziel einer höherwertigen Verwertung des EEG-Stroms in Auftrag gegeben? Unterschiedliche Aspekte der angesprochenen Fragen werden in den folgenden laufenden Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesumweltministeriums thematisiert: Erstens. "Laufende Evaluierung der Direktvermarktung von Strom aus emeuerbaren Energien", (Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und andere). Zweitens. "Fortentwicklung des EEG Ausgleichs-mechanismus" (Ecofys GmbH und andere). Drittens. "Rechtliche und instrumentelle Weiterentwicklung des EEG" (Becker Büttner Held und andere). Das Bundeswirtschaftsministerium hat zum Thema Reform des EEG eine Studie zur "Weiterentwicklung des Förderinstruments für erneuerbare Energien im Strombereich bis 2020 und mit Perspektive für 2030" in Auftrag gegeben (r2b energy). Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 29): Wann und in welcher Veranstaltungsform wird die Studie "Bildung auf einen Blick 2013" in Deutschland der Öffentlichkeit erstmals präsentiert? Die englische Fassung von "Education at a Glance", EAG, wird am 25. Juni 2013 von der Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD, in Paris vorgestellt. "Bildung auf einen Blick 2013" der OECD erscheint in diesem Jahr abweichend vom üblichen Turnus - jeweils im September - am 25. Juni 2013. Grund dafür sind die begrenzten personellen Ressourcen im Bildungsbereich der OECD: So erscheinen im Ok-tober und Dezember 2013 die Berichte zu PISA und -PIAAC. Um diese beiden großen Publikationen sowie EAG 2013 angemessen vorbereiten zu können, sah sich das Sekretariat der OECD gezwungen, die Veröffentlichungstermine zu entzerren. Zu diesem frühen Veröffentlichungstermin standen die Finanzdaten für Deutschland noch nicht zur Verfügung. Die Daten hätten bereits Anfang 2013 an die OECD geliefert werden müssen, damit sie im "Education at a Glance 2013" aufgenommen werden konnten. Den Statistikämtern in Deutschland lagen jedoch zu diesem von der OECD gesetzten Redaktionsschluss noch keine aktuellen Daten vor. Wegen dieser eingeschränkten Datenlage findet in 2013 keine Pressekonferenz von OECD, BMBF und KMK statt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, und die Kultusministerkonferenz, KMK, werden eine gemeinsame Pressemitteilung veröffentlichen. Für interessierte deutsche Journalisten bietet die OECD zudem ein Web-Briefing am 24. Juni 2013 an. Die deutsche Druckfassung von "Bildung auf einen Blick" wird am 1. August 2013 im Bertelsmann-Verlag erscheinen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-sache 17/14063, Frage 31): Aus welchen einzelnen Titeln außer der Etatposition 30 02 685 11 "Leistungswettbewerbe und Preise für wissenschaftlichen Nachwuchs" werden im Hinblick auf die Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 40, Plenarprotokoll 17/245, Anlage 36 zu "Innovum", wonach diese auch als "externe Beratungsleistung" aufgeführt werden, Schülerwettbewerbe unter Angabe der jeweiligen Gesamtaufwendungen für diesen Zweck in den jeweiligen Titelnvom Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, finanziert, und wie hoch war jeweils die Gesamtzahl der Teilnehmer und der Preisträger bei den vom BMBF in den Jahren 2011 und 2012 finanzierten Schülerwettbewerben? Es handelt sich um die Wettbewerbe "Jugend gründet", "Invent a chip", "SolarMobil Deutschland" und "lyrix". In nachstehender Tabelle sind die erbetenen Informationen aufgeführt. 2011 2012 Ausgaben Teilnehmer Preisträger Ausgaben Teilnehmer Preisträger aus Titel 3002/685 41 "Jugend gründet" 400 000 3 587* 46 400 000 3 808* 40 aus Titel 3004/ 683 23 "Invent a chip" 120 000 2 900 6 117 000 2 000 7 "SolarMobil Deutschland" 104 000 190 16 115 000 160 16 aus Titel 3002/ 685 41 "lyrix" 19 520 ** 12*** 35 140 ** 12*** * Schuljahr 2010 /2011 bzw. 2011/2012 ** Circa 5 000 Einsendungen im Zeitraum 1/2008 bis 12/2012 *** 60 Monatsgewinner, 12 Jahresgewinner Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 32): Wann genau wird das laut Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage 147 auf Bundestagsdrucksache 17/10460 dort "für die zweite Jahreshälfte 2013" angekündigte Heraus-heben des Reaktorbehälters der AVR, Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor, Jülich stattfinden, und welche Ursachen und Kostenfolgen haben eventuelle weitere Verzögerungen? Die AVR GmbH hat mitgeteilt, dass der Ablaufterminplan, Stand 6. Juni 2013, nunmehr das Herausziehen des Reaktorbehälters in der zweiten Jahreshälfte 2014 vorsehe. Die Gründe dafür seien technischer Natur: Eine notwendige Vorarbeit für das Erreichen des Projektmeilensteins "Herausziehen des Reaktorbehälters" stellt die Beseitigung der massiven Betonstrukturen um den Reaktorbehälter dar. Die hierfür erforderlichen Zerlegearbeiten sind sehr zeitaufwendig und können nur mit besonderen Seilsägen durchgeführt werden. Die Komplexität dieser Arbeiten sei bei der ursprünglichen Planung unterschätzt worden. Die Gründe für die aufgetretenen technischen Schwierigkeiten liegen zum einen in der teilweisen -Unzulänglichkeit der AVR-Anlagendokumentation aus den 1960er-Jahren, die häufig den tatsächlichen Zustand der einzelnen abzubauenden Betonstrukturen nicht -zutreffend wiedergibt, sowie in vorhandenen Kontaminationen einzelner Bauteile, insbesondere von Betriebskomponenten für den ehemaligen Reaktorbetrieb innerhalb der Hohlräume der Betonstrukturen. Da es uneingeschränktes Ziel der AVR GmbH ist, eine Gefährdung der eigenen Abbaumannschaft so weit wie möglich auszuschließen, führt der erhöhte Demontageaufwand unvermeidlich zu einem höheren Zeitbedarf für die einzelnen Demontageschritte und damit zu einem Verschieben des Heraushebens des Reaktorbehälters. Da bis zum Herausziehen des Reaktorbehälters und bis zum Abschluss der unmittelbaren Nacharbeiten nicht zuletzt aus atomrechtlichen Gründen die bisherige -Betriebsmannschaft in vollem Umfang vorgehalten werden muss, ergeben sich nach Angaben der AVR GmbH Betriebskosten, das heißt insbesondere Personalkosten, von rund 1,3 Millionen Euro pro Monat. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 33): Was hat die Bundesregierung als eigentlichen Zielwert zur Umsetzung des Art. 3 der EU-Energieeffizienzrichtlinie an die Europäische Kommission gemeldet - Verminderung des energetischen Anteils der Primärenergie von 314,3 Millionen Tonnen Rohöläquivalent im Jahr 2008 auf 276,6 Millionen Tonnen Rohöläquivalent im Jahr 2020 bzw. eine damit verbundene Verminderung des Endenergieverbrauchs von 220,7 Millionen Tonnen Rohöläquivalent im Jahr 2008 auf 194,3 Millionen Tonnen Rohöläquivalent im Jahr 2020 oder die Senkung des Primärenergieverbrauchs bis 2020 um 20 Prozent, wie im Energiekonzept vorgesehen - vor dem Hintergrund, dass bei beiden Formulierungen unterschiedliche Reduktionswerte erreicht werden, und mit welchen konkreten Maßnahmen - bitte einzeln benennen - will sie dies erreichen? Die in der Meldung enthaltenen Zielwerte stellen die Meldung nach Art. 3 EU-Energieeffizienzrichtlinie dar. Mit welchen Maßnahmen das Ziel erreicht wird, wird derzeit im Rahmen der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie geprüft. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Fragen 37 und 38): Wie hat sich in den zurückliegenden vier Jahren die Inflation allgemein und spezifisch für verschiedene Haushalts-typen mit ihrem entsprechenden Warenkorb entwickelt - bitte für 2009, 2010, 2011 und 2012 Daten nennen für die Infla-tionslast nach Haushalten mit einem Nettomonatseinkommen von 900 bis 1 300 Euro, 2 600 bis 3 600 Euro, mehr als 10 000 Euro sowie für Haushalte mit einem durchschnittlichen Einkommen, aber mit drei und mehr Kindern -, und wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Aussagekraft der allgemeinen Inflationsrate? Wie hat sich in den zurückliegenden fünf Jahren das Einkommen der in der vorhergehenden Frage aufgeführten Haushaltstypen entwickelt - bitte auch hier jährliche Daten nennen -, und wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung? Zu Frage 37: Angaben zur Entwicklung der Inflation in Deutschland im Sinne des Verbraucherpreisindex, VPI, werden vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 17, Rei-he 7 veröffentlicht (https://www.destatis.de/DE/Publika tionen/Thematisch/Preise/Verbraucherpreise/Verbraucher preiseMPDF/VerbraucherpreiseM2170700131034.pdf? __blob=publicationFile ). Die Jahresrate der Verbraucherpreise betrug in den Jahren 2009 +0,3 Prozent, 2010 +1,1 Prozent, 2011 +2,1 Prozent und 2012 +2,0 Prozent. Daten zur Inflation nach einzelnen Haushaltstypen liegen für die genannten Jahre nicht vor. Die Bundesregierung bewertet die Entwicklung der Verbraucherpreise als insgesamt ruhig. Der Anstieg der Verbraucherpreise steht im Einklang mit dem Inflationsziel der EZB von unter, aber nahe 2 Prozent. Zu Frage 38: Angaben über die Entwicklung der Einkommen nach Haushaltstypen veröffentlicht das Statistische Bundesamt in der Statistik der Laufenden Wirtschaftrechnungen, LWR. Hier liegen Angaben für die Jahre 2009, 2010 und 2011 vor. Von den genannten Haushaltstypen liegen lediglich Daten für die Haushalte mit einem Nettoeinkommen zwischen 2 600 und 3 600 Euro vor. Nach den Ergebnissen der LWR hat sich das Haushaltsnettoeinkommen in den Jahren 2009 bis 2011 wie folgt entwickelt: Durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen je Haushalt und Monat in Euro Jahr Haushalte -ingesamt davon -Haushaltsnetto-einkommen: 2 600 bis 3 600 2009 2 873 3 058 2010 2 922 3 065 2011 2 988 3 063 Im betrachteten Zeitraum hat allerdings eine Verschiebung der Haushaltszahlen von den unteren zu den oberen Einkommensklassen stattgefunden. Das heißt: Bei insgesamt zunehmenden Einkommen "wandern" Haushalte von unteren in höhere Einkommensklassen. Die Entwicklung der Durchschnittseinkommen in einer einzelnen Haushaltsklasse erlaubt daher keine Aussagen über Veränderungen der Einkommensverteilung zwischen den Haushalten im Zeitablauf. Anlage 23 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Fragen 40 und 41): Wie reagiert die Bundesregierung auf das Urteil gegen die Teilnehmerin der öffentlichen Gay-Pride-Aktion am 25. Mai 2013, Anna Annenkova, das am 14. Juni 2013 in einem Moskauer Bezirksgericht ausgesprochen worden ist? Wie wird sich nach Auffassung der Bundesregierung das Urteil auf künftige Asylverfahren russischer Lesben und Schwuler auswirken? Zu Frage 40: Die Bundesregierung verfolgt mit großer Sorge das Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Russland, gerade auch im Bereich der Rechte von sexuellen Minderheiten. Das Urteil gegen Frau Annenkova hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen und hält die Strafe für unverhältnismäßig. Nach vorliegenden Informationen wird Frau Annenkova das Urteil anfechten. Es ist zu hoffen, dass das Urteil in der nächsten Instanz aufgehoben wird. Zu Frage 41: Die russische Gesetzeslage verbietet Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, Homosexualität ist nicht strafbar. Jedoch sind homophobe Stimmungen in der Bevölkerung weit verbreitet. Im Asylverfahren in Deutschland findet stets eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls statt. Auf der Grundlage der relevanten Tatsachen ist eine Prognose zu stellen, ob dem oder der Asylsuchenden bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Inwieweit sich das von Ihnen angeführte Urteil auswirken kann, lässt sich daher nur im jeweiligen Einzelfall beurteilen. Anlage 24 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Druck-sache 17/14063, Frage 42): Mit welchen finanziellen Aufwendungen für Bund und Länder rechnet die Bundesregierung durch den eintägigen Besuch des US-amerikanischen Präsidenten, und wurden in den Gesprächen zwischen der Bundeskanzlerin und dem Präsidenten Fragen zur internationalen Steuerumgehung thematisiert? Die dem Bund im Zusammenhang mit dem Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten in Berlin am 18. und 19. Juni 2013 entstandenen Kosten werden auf der Kostenstelle des vom Auswärtigen Amt verwalteten Titels für Kosten eingehender bilateraler Staats- und anderer Besuche auf Einladung des Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin oder des Bundesministers des Auswärtigen verbucht. Sie belaufen sich zum 21. Juni 2013 auf 290 709,04 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen und für die Medienbetreuung, die sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffern lassen. Die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen tragen gemäß Art. 104 a Abs. 1 Grundgesetz Bund und Länder jeweils gesondert entsprechend der ihnen obliegenden Aufgaben. Die Kosten der Sicherheitsbehörden des Bundes für Einsätze im originären Aufgabenbereich werden aus den vorhandenen Haushaltsansätzen getragen und nicht einsatzbezogen gesondert erfasst. Da die Bundespolizei auch zur Unterstützung des Landes Berlin eingesetzt war - § 11 Bundespolizeigesetz -, hat das Land grundsätzlich die durch eine Unterstützung entstehenden Mehrkosten zu tragen - § 11 Abs. 4 Satz 3 Bundespolizeigesetz. Diese Mehrkosten werden derzeit von der Bundespolizei routinemäßig erfasst, bevor die entsprechende Erstattung beim Land Berlin angefordert werden wird. Die Erfassung ist noch nicht abgeschlossen. Zu den den Ländern entstandenen Kosten liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Die internationale Umgehung von Besteuerung war unmittelbar vor dem Besuch von Präsident Obama Gegenstand der Beratungen auf dem G-8-Gipfeltreffen in Nordirland. Sie ist ein wesentlicher Teil der dort verabschiedeten Erklärung. Anlage 25 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/14063, Fragen 43 und 44): Welche neuen Erkenntnisse hat die Bundesregierung nach ihren jüngsten Gesprächen mit US-Regierungsvertretern auf politischer Ebene über die Einbindung des in Deutschland eingerichteten US-Kommandos AFRICOM bei den Drohnenangriffen auf mutmaßliche Terroristen in Afrika, und welchen Standpunkt hat die Bundesregierung gegenüber den US--Vertretern in der Frage der möglichen operativen Einbindung von AFRICOM vertreten? Hat sich die Bundeskanzlerin mit der Zusicherung des US-Präsidenten Barack Obama zufriedengegeben, dass Deutschland von den USA nicht als Startpunkt - "launching point" - für Drohnenangriffe genutzt wird, und hat sie darauf verzichtet, nachzufragen, ob AFRICOM bei der Einsatzunterstützung und Einsatzdurchführung eine aktive Rolle spielt? Zu Frage 43: Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, hat im Rahmen seines Deutschland-besuchs am 19. Juni 2013 klargestellt, dass Deutschland nicht Ausgangspunkt - "launching point" - für den Einsatz von Drohnen sei. Gemäß Art. II des NATO-Truppenstatuts haben Streitkräfte aus NATO-Staaten "das Recht des Aufnahmestaats zu beachten und sich jeder mit dem Geiste des NATO-Truppenstatuts nicht zu vereinbarenden Tätigkeit zu enthalten". Militärische Operationen müssen also dem Recht des Aufnahmestaates entsprechen. Dies schließt das Verfassungsrecht und Völkerrecht ein. Zu Frage 44: Im Rahmen des Besuchs des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, am 19. Juni 2013 wurden auch die in Medienberichten behaupteten angeblichen Aktivitäten der US-amerikanischen Streitkräfte in Deutschland thematisiert. Nach dem Gespräch hat Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel öffentlich unterstrichen, dass Deutschland den USA - als Verbündetem und Mitglied der NATO - Stützpunkte zur Verfügung stelle. Die Zusammenarbeit finde auf der Basis gemeinsamer Werte statt, über die man sich ebenso austausche. Anlage 26 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 45): Inwieweit vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass EU-Beitrittsverhandlungen mit Kandidaten gerade dann intensiviert werden bzw. in ein neues Stadium treten sollten, wenn die Regierungen dieser Kandidatenländer ein besonders unnachgiebiges Vorgehen gegen die innerstaatliche Opposition an den Tag legen, wie das der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, bezogen auf die Türkei (dpa-Meldung vom 20. Juni 2013) im Gegensatz zur Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag und der Türkischen -Gemeinde in Deutschland im Zuge des äußerst brutalen und gewaltsamen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte im Rahmen der Proteste mit Bezug auf den Gezi-Park bzw. Taksim-Platz fordert (www.zeit.de/news/2013-06/18/d-kolat-fordert-aufschub-von-eu-beitrittsverhandlungen-mit-tuerkei-18080603), die mindestens vier Menschen das Leben kostete und circa 7 500 Verletzte (afp-Meldung vom 17. Juni 2013), nach Angaben der türkischen Menschenrechtsstiftung, TIHV, sogar 11 823 Verletzte (www.bestanuce1.com/haber/45222/tihv-in-gezi-bilancosu-5-olu-11-bin-823-varali.anf) forderte? Die Bundesregierung hat sich zu den Ereignissen in der Republik Türkei eindeutig geäußert. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bezeichnete den Umgang mit den Demonstranten als nicht akzeptabel, der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat zu Dialog und Deeskalation aufgerufen und das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung betont, auch gegenüber seinem türkischen Amtskollegen. Mit der Türkei wird ein intensiver Dialog auch zu Fragen von Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten geführt. Die Bundesregierung ist weiter der Auffassung, dass die Perspektive eines EU-Beitritts und die damit verbundenen EU-Beitrittsverhandlungen den besten -Anreiz für - nicht zuletzt rechtsstaatliche - Reformen bieten. Anlage 27 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 46): Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Widerspruch in der Aussage des Bundesaußenministers Dr. Guido Westerwelle, der kritisierte, dass die für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorgesehenen Kapitel 23 - Justiz und Grundrechte - und 24 - Justiz, Freiheit und Sicherheit - namentlich durch Zypern und Griechenland blockiert worden seien (dpa-Meldung vom 20. Juni 2013), zur Aussage der Bundeskanzlerin, die die Blockade bezüglich der Beitrittsverhandlungen in der Nichtumsetzung des sogenannten Ankara-Protokolls durch die Türkei sieht, nachdem diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommt, die Zollunion mit der EU einschließlich auf Zypern anzuwenden und deshalb Häfen und Flughäfen auch für zypriotische Waren zu öffnen hat (www.direktzu.de/kanzlerin/messages/eu-beitritt-der-tuerkei verhindern-44885), und sieht die Bundesregierung nicht eher in der Nichtanerkennung der Republik Zypern in Verbindung mit der Eskalationspolitik der Türkei gegenüber Zypern - zum Beispiel bezüglich der Erkundungen nach Erdöl- und Erdgasvorkommen in den zypriotischen Küstengewässern, der Weigerung der Türkei während der EU-Ratspräsidentschaft Zyperns, an den EU-Sitzungen teilzunehmen - die Ursache der Blockade? Aufgrund der Nichtumsetzung des Ankara-Protokolls durch die Republik Türkei in Bezug auf die Re-publik Zypern haben die EU-Mitgliedstaaten durch gemeinsamen Ratsbeschluss acht Kapitel der EU-Beitrittsverhandlungen blockiert. Diese Blockade umfasst jedoch nicht die Kapitel 23 und 24. Diese Kapitel werden unilateral durch Zypern - Kapitel 23 - bzw. Zypern und die Hellenische Republik Griechenland - Kapitel 24 - blockiert. Eine Umsetzung des Ankara-Protokolls durch die Türkei würde neue Spielräume in den Beitrittsverhandlungen eröffnen. Die Bundesregierung mahnt die Umsetzung des Ankara-Protokolls in ihren Kontakten mit der türkischen Seite regelmäßig an. Für Fortschritte im Bereich Justiz und Rechtsstaatlichkeit wäre die Befassung mit Kapitel 23 und 24 von großer Bedeutung. Daher setzt sich die Bundesregierung für die Aufhebung der einseitigen Blockaden bei diesen Kapiteln ein. Anlage 28 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksa-che 17/14063, Frage 47): Welche finanziellen Auswirkungen - jeweils in Summe bei den Abführungen an den EU-Haushalt sowie in den Rubriken Agrarpolitik und Kohäsionspolitik - , die die Bundesregierung in der 33. Sitzung des EU-Unterausschusses am 1. Februar 2013 zunächst auf Mehrbelastungen von 2,8 Milliarden Euro bezifferte, hat das aktuelle Ergebnis des Trilogs zum mittelfristigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 für den Bundeshaushalt und für die Bundesrepublik Deutschland, und welche Zugeständnisse an das Europäische Parlament beinhaltet dieser Vorschlag im Einzelnen insbesondere in den Bereichen Flexibilität, Einführung einer EU-Steuer, Revision der Finanzplanung 2016 - jeweils unter Angabe des vorgesehenen Verfahrens der späteren Entscheidungsfindung -, Aufstockung des EU-Solidaritätsfonds sowie bei der Initiative gegen Jugend-arbeitslosigkeit? Die irische Ratspräsidentschaft hat am 20. Juni 2013 ihre Kompromissvorschläge für ein Ergebnis zum Trilog zum Mehrjährigen Finanzrahmen, MFR, für die Jahre 2014 bis 2020 vorgelegt. Gegenüber dem Beschluss des Europäischen Rats zum MFR vom 8. Februar 2013 enthält der Kompromissvorschlag folgende wesentliche Änderungen im Hinblick auf Kernforderungen des Europäischen Parlaments: Erstens. Flexibilität: Die Obergrenzen für Zahlungsermächtigungen können ab dem Jahr 2016 um den Betrag nicht genutzter Zahlungen des jeweiligen Vorjahres angehoben werden. Die Obergrenzen für Verpflichtungsermächtigungen können für die Jahre 2017 bis 2020 um den Betrag nicht ausgeschöpfter Verpflichtungen aus den Jahren 2014 bis 2016 angehoben werden. Zudem ist vorgesehen, die beim Europäischen Rat vereinbarten zusätzlichen Mittel für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vorzuziehen, sodass diese in den Jahren 2014 und 2015 gebunden werden. Darüber hinaus sollen nicht genutzte Mittel des Solidaritätsfonds im Folgejahr verwendet werden dürfen. Zweitens. Revision: Die Kommission verpflichtet sich, bis spätestens Ende 2016 eine Überprüfung der Funktionsweise des Finanzrahmens vorzulegen. Hierbei sollen auch Vorschläge für Änderungen am Finanzrahmen unterbreitet werden. Diese bedürfen gemäß Art. 312 AEUV der Einstimmigkeit im Rat. Drittens. Erklärung zu Eigenmitteln: In einer gemeinsamen Erklärung vereinbaren Rat, Europäisches Parlament und EU-Kommission die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zu einer ergebnisoffenen allgemeinen Überprüfung des Eigenmittelsystems. Hiervon unberührt bleibt die in Art. 311 AEUV geregelte Beschlussfassung über die Eigenmittel, die Einstimmigkeit im Rat sowie nationale Ratifikationsverfahren vorsieht. Zu den finanziellen Auswirkungen: Der Kompromissvorschlag sieht gegenüber den Beschlüssen des Europäischen Rates vom 8. Februar 2013 keine Änderungen an den Obergrenzen des MFR und/oder einzelnen Ausgabenprogrammen vor. Somit ergeben sich hinsichtlich der Erwartungen zu Rückflüssen für die Bundes-republik aus einzelnen Ausgabenprogrammen - etwa in der Agrar- oder Kohäsionspolitik - keine Veränderungen. Dies gilt auch hinsichtlich der Gesamtbelastung des Bundeshaushaltes für den Gesamtzeitraum des MFR. Die vorgesehene erhöhte Ausgabenflexibilität zwischen den Jahren erhöht tendenziell die Schätzunsicherheit für einzelne Jahre ab 2016. Sie berührt aber nicht die erwartete Gesamtbelastung. Die tatsächliche Belastung für den Bundeshaushalt bestimmt sich durch die jährlichen EU-Haushalte. Dabei ist auch die Wirtschaftsentwicklung in den einzelnen Mitgliedstaaten ein wichtiger Faktor bei der Bemessung des Finanzierungsanteils. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Gerold Reichenbach (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 48): Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die im ursprünglichen Entwurf zur Datenschutz-Grundverordnung enthaltene sogenannte Anti-FISA-Klausel (vergleiche heise -online, Artikel vom 13. Juni 2013, 14.22 Uhr unter www.heise. de/newsticker/meldung/EU-Datenschutzreform-Klausel-gegen- NSA-Spionage-gestrichen-1887741.html) auf Druck der US-Regierung sowie von US-amerikanischen Unternehmen gestrichen wurde, und welche Position hat die Bundesregierung und vertritt die Bundesregierung bei den aktuellen Verhandlungen auf europäischer Ebene, insbesondere im Europäischen Rat, zur Weitergabeproblematik von personenbezogenen Daten an Drittstaaten? Die Bundesregierung hat Kenntnis darüber, dass die in Art. 42 des Entwurfs der Datenschutz-Grundverordnung vom November 2011 (Version 56) ursprünglich vorgesehene Regelung im Rahmen der internen Willensbildung in der Europäischen Kommission später entfallen ist. Die Gründe hierfür sind der Bundesregierung nicht bekannt. Es erfolgte insoweit keine Beteiligung der Mitgliedstaaten. Die Position der Bundesregierung zur Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer oder an internationale Organisationen nach Kapitel V des Vorschlags für eine Datenschutz-Grundverordnung ergibt sich im Einzelnen aus einer 27 Seiten umfassenden Stellungnahme vom 5. März 2013. Darin setzt sich die Bundes-regierung für klarere und rechtssichere Regelungen ein. Nicht hinreichend geklärt ist insbesondere die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Drittstaatenübermittlung vorliegt. Um unerwünschte Zugriffe auf Daten zu verhindern, die physikalisch (auch) in Drittstaaten -verarbeitet werden, rechtlich aber auch dem Recht der EU unterfallen, müssen parallel zu den Bemühungen um einen gemeinschaftsweit einheitlichen Datenschutz nicht zuletzt Maßnahmen der Datensicherheit bzw. Cyber-sicherheit verstärkt werden, wie beispielsweise Forschung und Entwicklung zu Verschlüsselungstechniken. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Gerold Reichenbach (SPD) (Drucksache 17/14063, Frage 49): Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Prism-Debatte eine Aufnahme einer entsprechenden Klausel in die Datenschutz-Grundverordnung zwingend erforderlich ist, und, wenn ja, gedenkt sie dies in den Verhandlungen auf europäischer Ebene und im Rat auch vorzuschlagen und durchzusetzen? Die Bundesregierung hat sich dafür eingesetzt, dass die im Vorentwurf der Europäischen Kommission enthaltene Regelung fachlich auf ihre Umsetzbarkeit und Reichweite erörtert wird. Die von der Europäischen Kommission am 25. Januar 2012 vorgeschlagene Datenschutz-Grundverordnung enthält auch nach Entfallen des Art. 42 der Entwurfs-fassung eine rechtliche Regelung zur klassischen Drittstaatsübermittlung. Nachrichtendienstliche Sachverhalte unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der Grundverordnung. Bei Fällen, die der Grundverordnung unterfallen, soll nach dem von der Kommission vorgelegten Entwurf eine Weitergabe nur zulässig sein, wenn sie zur Verfolgung eines wichtigen öffentlichen Interesses erforderlich ist. Dieses "öffentliche Interesse" muss im Unionsrecht oder im Recht des jeweils betroffenen Mitgliedstaates anerkannt sein (Erwägungsgrund 90, Art. 44 Abs. 1 Buchstabe d, Abs. 5, 7). Die Bundesregierung hat sich in ihrer Stellungnahme vom 5. März 2013 dafür eingesetzt, die von der Kommission vorgeschlagene Regelung dahin gehend zu erweitern, dass das Recht des Mitgliedstaats auch ein -öffentliches Interesse festlegen kann, das eine Drittlandsübermittlung untersagt. Daneben ist die Bundesregierung dafür eingetreten, dass eine Übermittlung zulässig ist, wenn eine vorherige Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde vorliegt. Dabei hat die Genehmigung zu unterbleiben, soweit im Einzelfall schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Hat die Drittlandsübermittlung einen Bezug zu anderen EU-Mitgliedstaaten, hat die Aufsichtsbehörde das Kohärenzverfahren zur Anwendung zu bringen. Mit Blick auf das US-Überwachungsprogramm Prism bedarf es zunächst einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere zur Art des Zugriffs der US-Nachrichtendienste auf die Daten. Es ist nicht abschließend geklärt, auf welche Weise die US-Seite auf personenbezogene Daten von EU-Bürgern zugreift. Daher ist auch noch unklar, ob und inwieweit Art. 42 des Vorentwurfs auf das US-Überwachungsprogramm Prism Anwendung gefunden hätte und mit welchem Ergebnis. Art. 42 fände etwa keine Anwendung auf Zugriffe nach US-Recht auf in den USA belegene Daten. Die Bundesregierung wird sich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Sachverhaltsaufklärung bei den Verhandlungen über die Datenschutz-Grundverordnung weiterhin für eine Ausgestaltung der Regelungen zur Drittstaatenübermittlung einsetzen, die einen hinreichenden Schutz personenbezogener Daten von EU-Bürgern in Drittstaaten gewährleisten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 50): Kann die Bundesregierung ausschließen, dass deutsche Stellenebenso wie etwa die Geheimdienste Großbritanniens, Belgiens und der Niederlande (vergleiche Spiegel Online vom 12. Juni 2013) durch US-Stellen Informationen über hier lebende Menschen übermittelt erhielten sowie auch verwendeten, welche der US-Geheimdienst National Security Agency, NSA, über die Betroffenen nach Auffassung des Fragestellers augenscheinlich unter Verletzung von deren Grundrechten durch heimliche Erhebung sowie Auswertungen von Kommunikationsbeziehungenvor allem in sozialen Netzwerken etwa durch das NSA-Überwachungsprogramm Prismgewonnen hatte, und wie wird die Bundesregierung künftig ihrer Verpflichtung entsprechen, vor allem deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger vor solcher Verletzung ihrer Grundrechte zu schützen, zumal der Bundesregierung diese heimliche NSA-Überwachung deutscher Bürgerinnen und Bürger bereits seit langem bekannt ist, spätestens seit die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag dort am 24. Februar 1989 darüber eine Aktuelle Stunde durchführen ließ (Plenarprotokoll 11/129. Sitzung, Seite 9517 (B) ff.), sowie angesichts der Einschätzung des ehemaligen Chefs des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gert-René Polli (vergleiche ORF vom 17. Juni 2013, http://tvthek.orf.at/-programs/1211-ZIB-2/episodes/6144711-ZIB-2/6144737-Studiogast-Gert-Rene-Polli), wonach Bundesbehörden, falls sie erlangte NSA-Informationen etwa aus Prism nutzten, dies nur aufgrund expliziter Genehmigung der Bundesregierung getan haben könnten? Die Sicherheitsbehörden Deutschlands bekommen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Informationen mit Deutschlandbezug - zum Beispiel im sogenannten Sauerland-Fall - von ausländischen Stellen übermittelt. Diese Lieferung von Hinweisen zum Beispiel im Zusammenhang mit Terrorismus, Staatsschutz unter anderem erfolgt auch durch die USA. In diesem sehr wichtigen Feld der internationalen Zusammenarbeit ist es jedoch unüblich, dass die zuliefernde Stelle die Quelle benennt, aus der die Daten stammen. Mangels ausreichender Kenntnis über die Funktionsweise von Prism und anderer Überwachungsprogramme der National Security Agency, NSA, kann die Bundesregierung nicht ausschließen, dass seitens der USA auch Daten aus der Aufklärungsarbeit der NSA nach Deutschland geliefert worden sind. Die in Rede stehende Aktuelle Stunde am 24. Februar 1989 kann sich schon aus zeitlichen Gründen nicht auf Überwachungsmaßnahmen im Internet bezogen haben, da dieses noch keine weite Verbreitung gefunden hatte. Das damals in Rede stehende Echelon-Programm, das angeblich der Telefonüberwachung diente, wurde seitens der USA niemals bestätigt. Bei den Äußerungen des Österreichers Gert-René Polli, dass der deutsche Bundesinnenminister Kenntnis von dem Prism-Programm gehabt habe, handelt es sich um eine Privatmeinung eines ehemaligen österreichischen Verfassungsschutzpräsidenten, der bereits 2008 nicht mehr für das Amt aufgestellt wurde. Der deutsche Bundesinnenminister hat, wie bereits mehrfach öffentlich ausgeführt, erst durch die Presseveröffentlichungen Kenntnis von dem Prism-Programm bekommen. Sofern deutschen Stellen sicherheitsrelevante Informationen aus den USA übermittelt wurden, gelten vorangehende Aussagen zum Quellenschutz. Die Bundesregierung hat die US-Regierung um vollständige Aufklärung gebeten, in welchem Umfang -welche Daten von Telefon- und Internetnutzerinnen und -nutzern in Deutschland aufgrund welcher Rechtsgrundlagen durch US-Sicherheitsbehörden erhoben und genutzt worden sind. Sie wird sich auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass das Fernmelde- und Kommunikationsgeheimnis dieser Nutzerinnen und Nutzer gewahrt wird. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 51): Welche Antworten erteilte die US-Regierung auf die ihr am 11. Juni 2013 übersandten 16 Fragen der Bundesregierung bezüglich der heimlichen Datenerhebung des US-Geheimdienstes NSA unter anderem in sozialen Netzwerken auch über deutsche Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen (vergleiche Focus Online vom 13./15. Juni 2013), und welche konkreten Maßnahmen will die Bundesregierung aufgrund der Antworten ergreifen, um solche nach Auffassung des Fragestellers rechtswidrigen US-Erhebungen persönlicher Daten sowie deren Weiternutzung durch deutsche Behörden zu verhindern und um etwaige vergleichbare Überwachungsprak-tiken von Bundessicherheitsbehörden (vergleiche Spiegel -Online vom 16. Juni 2013) zu stoppen? Eine Antwort auf die vom Bundesministerium des Innern an die US-Botschaft übermittelten 16 Fragen liegt der Bundesregierung noch nicht vor. Eine Bewertung der Rechtslage in den USA sowie ein Vergleich zu den gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland ist der Bundesregierung daher nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 50 verwiesen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 52): Welche zusätzlichen, von der Bundeskanzlerin im Vorfeld des Besuches von Präsident Barack Obama auch eingeforderten Informationen zu Inhalt und Umfang der Betroffenheit von Bundesbürgern durch das US-Überwachungsprojekt Prism hat die Bundeskanzlerin konkret erhalten, und welche weiteren Schritte wird die Bundesregierung in dieser Angelegenheit nunmehr veranlassen? Die auf der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und US-Präsident Obama am 19. Juni 2013 in Berlin mitgeteilten Informationen geben die wesentlichen Inhalte des Gesprächs wieder. Ich -zitiere: "Wir haben über Fragen des Internets gesprochen, die im Zusammenhang mit dem Thema des Prism-Programms aufgekommen sind. Wir haben hier sehr -ausführlich über die neuen Möglichkeiten und die Gefährdungen gesprochen. Deshalb schätzen wir die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika in den Fragen der Sicherheit. Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass natürlich bei allen Notwendigkeiten von Informationsgewinnung das Thema der Verhältnismäßigkeit immer ein wichtiges Thema ist. Unsere freiheitlichen Grundordnungen leben davon, dass Menschen sich sicher fühlen können. Deshalb ist die Frage der Balance, die Frage der Verhältnismäßigkeit etwas, was wir weiter miteinander besprechen werden und wozu wir einen -offenen Informationsaustausch zwischen unseren Mitarbeitern sowie auch zwischen den Mitarbeitern des Innenministeriums aus Deutschland und den entsprechenden amerikanischen Stellen vereinbart haben. Ich denke, dieser Dialog wird weitergehen." Auf Nachfrage zu dem Thema antwortete die Bundeskanzlerin, ich zitiere: "Es ist richtig und wichtig, dass wir darüber debattieren, dass Menschen auch Sorge -haben, und zwar genau davor, dass es vielleicht eine pauschale Sammlung aller Daten geben könnte. Wir haben deshalb auch sehr lange, sehr ausführlich und sehr intensiv darüber gesprochen. Die Fragen, die noch nicht ausgeräumt sind - solche gibt es natürlich -, werden wir weiter diskutieren. Diesen Austausch werden wir weiter fortführen, und das war heute ein wichtiger Beginn -dafür." Präsident Obama betonte, dass mit "Prism" ein angemessener Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach -Sicherheit und dem Recht auf Datenschutz gefunden worden sei. Das Programm habe mindestens 50 Terroranschläge verhindert, auch in Deutschland. Eine Kontrolle durch die US-Justiz sei gewährleistet. Ich zitiere: "Wir müssen hier ein Gleichgewicht herstellen. Wir müssen auch vorsichtig sein, gerade bei der Vorgehensweise unserer Regierungen in nachrichtendienstlichen Fragen. Ich begrüße die Diskussion. Wenn ich wieder zu Hause sein werde, werden wir nach Möglichkeiten suchen, weitere Teile der Programme der -Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sodass diese Informationen auch der Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Unsere nachrichtendienstlichen Behörden werden dann auch die klare Anweisung bekommen, eng mit den deutschen Nachrichtendiensten zusammenzuarbeiten, um -genau festzuhalten, dass es hierbei keine Missbräuche gibt. Aber wir begrüßen diese Debatten im Gegensatz zu anderen." Die Bundesregierung hat durch verschiedene Stellen an US-Behörden sowie an US-Internetunternehmen Fragen zur Aufklärung des Sachverhalts übermittelt. Seitens des Bundesministeriums des Innern wurden insgesamt acht von neun Internetunternehmen, die in den Medienberichten als Beteiligte an Prism genannt wurden und über eine Niederlassung in Deutschland verfügen - Yahoo, Microsoft, Google, Facebook, Skype, AOL, Apple, YouTube -, gebeten, zu dem Verfahren des unmittelbaren Zugriffs der NSA auf ihre Daten Auskunft zu geben. In den bislang eingegangenen Antworten wurde seitens der Internetunternehmen deutlich gemacht, dass es den in der Presse genannten unmittelbaren Zugriff nicht gegeben habe. Im Übrigen berufen sich die Internetunternehmen auf Geheimhaltungspflichten nach US-amerikanischem Recht, die ihnen Stellungnahmen zu Fragen der nationalen Sicherheit durch US-Behörden nicht erlauben. Des Weiteren wurde die US-Botschaft gebeten, Auskunft zum Aufbau von Prism, den darin gespeicherten Daten und den einschlägigen Rechtsgrundlagen zu geben. Eine Antwort liegt noch nicht vor. Die Bundesministerin der Justiz hat sich an Attorney General Eric Holder gewandt und unter Verweis auf die grundlegende Bedeutung von Transparenz für den demokratischen Rechtsstaat darum gebeten, die Rechtsgrundlage für Prism zu erläutern. Eine Antwort liegt noch nicht vor. Auf Basis dieser Antworten wird die Bundesregierung den tatsächlichen Sachverhalt prüfen und abhängig von dieser Prüfung weitere Schritte einleiten. Die EU-Kommission hat sich mit der US-Regierung grundsätzlich darauf verständigt, eine EU-US-Expertengruppe zur Klärung des Sachverhalts im Zusammenhang mit Prism einzusetzen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Frage 53): Hat die Bundesregierung die sofort wirksamen Voraussetzungen für den weiteren Betrieb der Antiterrordatei, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 24. April 2013 (1 BvR 1215/07, insbesondere Rn. 231) aufgestellt hat, bereits erfüllt und, wenn ja, wie? Die Bundesregierung hat die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2014 unmittelbar nach Urteilsverkündung umgesetzt. Mit Rundschreiben vom 30. April 2013 wurden alle an der Antiterrordatei beteiligten Behörden darüber informiert, dass die Antiterrordatei so lange nur unter den Voraussetzungen des Eilfalls genutzt werden kann, bis der Zugriff auf Daten von Kontaktpersonen ausgeschlossen ist, der Zugriff auf Erkenntnisse aus Eingriffen in Art. 10 und 13 des Grundgesetzes ausgeschlossen ist und die sogenannte Inverssuche derart ausgestaltet wurde, dass alleine durch Eingabe von erweiterten Grunddaten keine Grunddaten von Personen ausgegeben werden. Hierzu wurden die Behörden gebeten, die Kontaktpersonen aus der Datei zu löschen bzw. nur noch -verdeckt einzustellen und nach Abschluss das Bundeskriminalamt hierüber zu informieren. Hinsichtlich der Erkenntnisse aus Eingriffen in Art. 10 und 13 des Grundgesetzes war dies bereits vor dem Urteil zwischen den beteiligten Behörden vereinbart worden. Die Inverssuche wird durch das Bundeskriminalamt entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgestaltet. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Erika Steinbach (CDU/CSU) (Drucksache 17/14063, Frage 54): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung bezüglich Absprachen oder Aktivitäten mit deutschen oder durch deutsche Behörden im Vorfeld der Entführung des Lufthansafluges LH 615 im Oktober 1972 (Geheimoperation München, Wie die Olympia-Attentäter unbestraft davonkamen, in: Report München, 18. Juni 2013)? Die Akten zu den genannten Ereignissen 1972 sind - soweit es sich um Akten der Bundesregierung handel-te - weitgehend dem Bundesarchiv übergeben worden. Diese sind inzwischen Archivgut nach dem Bundes-archivgesetz. Den hier vorliegenden Akten, die noch nicht an das Bundesarchiv abgegeben worden sind, ist ein Hinweis, "dass deutsche Stellen von der bevorstehenden Entführung des Lufthansafluges LH 615 im Oktober 1972 gewusst haben" nicht zu entnehmen. Es liegen mehrere Anträge von Journalisten vor, diese Akten - zum Teil VS-Vertraulich oder Geheim - zugänglich zu machen. Die Freigabe der Akten wird derzeit geprüft. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/14063, Fragen 58 und 59): Welche jährlichen Einsparungen ergeben sich nach heutiger Schätzung und Kenntnislage für den Bundeshaushalt infolge der vorgenommenen Änderung hinsichtlich der Finanzierung der Verluste der FMS Wertmanagement AöR, FMS-WM, in Höhe von 9,3 Milliarden Euro und dem daraus resultierenden verminderten Zinsaufwand der FMS-WM (vergleiche meine schriftlichen Fragen 20 und 21 auf Bundestagsdrucksache 17/12949), und wie hoch fällt diese Ersparnis nach heutiger Schätzung und Kenntnislage kumuliert für zehn Jahre aus? Welche weiteren Veränderungen bei der Refinanzierung der FMS-WM wurden in den letzten zwölf Monaten vorgenommen, und welche Einsparungen ergeben sich nach heutiger Schätzung und Kenntnislage für den Bundeshaushalt kumuliert für zehn Jahre? Zu Frage 58: Der Verlustausgleich in Höhe von 9,3 Milliarden Euro bei der FMS Wertmanagement hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Der SoFFin wurde als Sondervermögen Ende 2008 errichtet, um die Risiken und Lasten der Finanzmarktkrise gesondert zuordnen zu können und erst bei der Endabrechnung zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. Die Verluste schlagen deshalb nicht direkt auf den Bundeshaushalt durch, sondern erst bei der Abwicklung des SoFFin. Den Einsparungen auf Ebene der FMS Wertmanagement stehen Refinanzierungskosten des SoFFin durch den vorzeitigen Verlustausgleich gegenüber. Diese zukünftigen Refinanzierungskosten des SoFFin sind abhängig von einer Vielzahl ökonomischer Faktoren, die wir heute nicht abschließend beziffern können. Zu Frage 59: Die FMS Wertmanagement hat sich in den vergangenen zwölf Monaten als Kapitalmarktemittent weiter etablieren können, was sich positiv auf ihre Konditionen ausgewirkt hat. Durch den Verlustausgleich wurde das zu refinanzierende Volumen der FMS Wertmanagement gesenkt. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 60): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Report der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Schaffung eines fairen und transparenten globalen Steuerregimes, der auf dem G-8-Gipfel präsentiert wurde, und welche Themen hinsichtlich der internationalen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung hat die Bundeskanzlerin mit den anderen G-8-Mitgliedern diskutiert? Der von Ihnen angesprochene Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, betrifft den automatischen Informationsaustausch und legt Grundsätze für einen standardisierten, -sicheren und kosteneffizienten automatischen Informationsaustausch dar. Grundsätze basieren auf Ergebnissen verschiedener Arbeitsgruppen der OECD und werden noch weiter entwickelt. Die G 8 haben ein starkes Bekenntnis zur Entwicklung des automatischen Informationsaustausches als neuen globalen Standard und zur Unterstützung der in diesem Zusammenhang laufenden Arbeiten der OECD abgegeben. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass diese Arbeiten - ebenso wie die Arbeiten auf Ebene der EU und mit den G-5-Partnern - zügig und effektiv vorangetrieben werden. Die G 8 haben weiterhin ihre Unterstützung für das OECD-Projekt "Base Erosion and Profit Shifting", BEPS, betont, das über die OECD-Mitgliedstaaten hinaus Schwellen- und Entwicklungsländer einbezieht. Die Bundesregierung ist maßgeblich an dem Projekt beteiligt und hat dafür gesorgt, dass bereits erste nationale Maßnahmen gegen Steuerkürzung und Steuervermeidung im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ergriffen wurden. Zur Erhaltung des fairen Steuerwettbewerbs zwischen Staaten und Unternehmen setzt sich die Bundesregierung auch dafür ein, dass die Finanzämter mit den erforderlichen Informationen ausgestattet werden, um die steuerlichen Ergebnisse multinational tätiger Unternehmen effektiv und zeiteffizient zu prüfen. Aus diesem Grund hat Deutschland mit seinen G-8-Partnern die OECD aufgefordert, im Rahmen des BEPS-Projekts geeignete Regelungen zu entwerfen. Die G 8 haben sich zudem darauf verständigt, die Verfügbarkeit und den Zugang von Steuer- und Strafverfolgungsbehörden zu Informationen zur wirtschaftlichen Berechtigung an Unternehmen und rechtlichen Konstrukten wie Trusts zu verbessern, und dafür Grundsätze für nationale Schritte aufgestellt. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 61): Welche Möglichkeiten zur steuerlichen Berücksichtigung einer Risikorücklagenbildung existieren im geltenden Steuerrecht, und sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, diese steuerlich stärker zu berücksichtigen? Das geltende Steuerrecht ermöglicht für Schadensfälle die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 der Einkommensteuer-Richtlinien, EStR. Neben dieser für einen individuellen Schadensfall zulässigen Rücklage für Ersatzbeschaffung sieht der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Rahmenkatalog zur Berücksichtigung der durch Naturkatastrophen verursachten Schäden in Schadensfällen durch Katastrophen die Bildung von Rücklagen für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter vor. Im Falle einer Naturkatastrophe werden seitens der Länder entsprechende Erlasse anhand der Vorgaben des Rahmenkataloges veröffentlicht. Im Bereich der Forstwirtschaft können Buch führende Betriebe nach § 3 Forstschäden-Ausgleichsgesetz durch die Bildung einer steuerfreien Rücklage den steuerlichen Gewinn mindern, um im Falle einer gesetzlichen Einschlagsbeschränkung geminderte Holzerlöse ausgleichen zu können. Die vorhandenen Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Stefan Schwartze (SPD) (Drucksache 17/14063, Fragen 62 und 63): Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Aussage der Akzeptanzanalyse "Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung", wonach die Mehrheit der Befragten "Steuervergünstigungen weniger wertschätzt" und am ehesten Einsparpotenzial bei den Steuervergünstigungen (50 Prozent gaben dieses von ihnen gesehene Einsparpotenzial an; vergleiche Kurzfassung, IfD, Institut für Demoskopie, Allensbach, 2012, Seite 21) sieht? Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Aussage der Akzeptanzanalyse "Staatliche Familienleistungen aus Sicht der Bürger: Kenntnis, Nutzung und Bewertung", wonach bei einer differenzierteren Ermittlung in der quantitativen Befragung 75 Prozent der Bevölkerung erklärten, "bei den Leistungen für Familien mit höheren Einkommen könne der Staat noch am ehesten sparen" (vergleiche Kurzfassung, IfD Allensbach, 2012, Seite 21)? Zu Frage 62: Die erste Akzeptanzanalyse belegt, dass die ehe- und familienbezogenen Leistungen überwiegend eine sehr hohe Bedeutung für Familien haben. Neben den allgemeinen Leistungen werden vor allem spezielle Leistungen für Familien in besonderen Lebenslagen geschätzt. Sie zeigt auch: Transparente und kalkulierbare Leistungen, deren Umfang klar feststeht - wie das Kindergeld - sind bekannt und werden positiv bewertet. Die Bundesregierung wird die Erkenntnisse berücksichtigen. Zu Frage 63: Je nach untersuchter Leistung befanden zwischen 60 und 80 Prozent der Bevölkerung, dass der Staat an der entsprechenden Leistung der Familienförderung unter keinen Umständen sparen sollte. Familien, die die Leistungen erhalten, stuften sie mehrheitlich als "besonders wichtig für meine Familie" ein. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 64): Was wird die Bundesregierung dafür tun, um die vorhandenen EU-Fonds und EU-Programme spätestens ab der Förderperiode nach 2020 zu bündeln, aus denen Maßnahmen des Hochwasserrisikomanagements finanziert werden können? Die deutschen operationellen EFRE-Programme werden von den Ländern entworfen und umgesetzt, mit Ausnahme des EFRE-Bundesprogramms Verkehrsinfrastruktur, das in der künftigen Förderperiode 2014 bis 2020 jedoch nicht mehr aufgelegt wird. Aufgrund dieser Zuständigkeit der Länder kommt eine Bündelung von EFRE-Programmen oder auch von Teilen dieser Programme durch den Bund nicht in Betracht. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 69): Welche Regelungen zur Anrechnung von Hochwasserhilfen beim Bezug von Grundsicherungsleistungen - zum Beispiel Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld - existieren, und plant die Bundesregierung angesichts der aktuellen Hochwasserschäden für die Betroffenen entsprechende Verbesserungen bzw. Erleichterungen? Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck -erbracht werden, sind nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht als Einkommen anzurechnen, soweit diese Leistungen einem anderen Zweck als die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen. Hochwasserhilfen werden zur Beseitigung entstandener Schäden gewährt und sind somit nicht auf das Arbeitslosengeld II bzw. das Sozialgeld anzurechnen. Gleiches gilt nach § 83 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB XII, auch für die Sozialhilfe. Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 24. Juni 2013 auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Michael Leutert, Die Linke, Arbeitsnummer 185, erwähnt, hat die Bundesagentur für Arbeit am 6. Juni 2013 in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Deutschen Städtetag, DST, und dem Deutschen Landkreistag, DLT, Folgendes ausgeführt: "Soforthilfen, die ausdrücklich dazu dienen, Schäden durch das Hochwasser zu beseitigen, werden nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet." Weitergehende Maßnahmen bei der Anrechnung von Hochwasserhilfen werden vor diesem Hintergrund nicht für erforderlich gehalten. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/14063, Frage 71): Wie wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der -Agrarstruktur und des Küstenschutzes", GAK, zukünftig für Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen für Flächennutzer in Polder- oder Deichrückverlegungsgebieten genutzt werden können, und welche Änderungen der GAK-Fördergrundsätze wären dazu notwendig? Die Zuständigkeit für Maßnahmen des Hochwasserschutzes liegt grundsätzlich bei den Ländern. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der -Agrarstruktur und des Küstenschutzes" beteiligt sich der Bund an investiven Maßnahmen des Hochwasserschutzes in ländlichen Räumen. Gefördert werden: Neubau und Erweiterung von Hochwasserschutzanlagen, Rückbau von Deichen, insbesondere zur Wiedergewinnung von Überschwemmungsgebieten, und Maßnahmen zur naturnahen Gewässerentwicklung. Laufende Kosten, zu denen neben der Unterhaltung und Pflege von wasserwirtschaftlichen Anlagen auch Entschädigungszahlungen gehören, sind nach den vom Bund und den Ländern gemeinsam beschlossenen Förderungsgrundsätzen von der Förderung ausgeschossen. Dies regeln die Länder in eigener Verantwortung. Eine Änderung dieser Regelung ist nicht vorgesehen. II Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 249. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2013 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 249. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2013 31845 Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 31880 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 249. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2013 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 249. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2013 31881