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Mit den Ergebnissen des UN-Klimagipfels von Paris hat sich am Donnerstag, 17. Dezember 2015, der Bundestag in einer Aktuellen Stunde befasst. Die Staatengemeinschaft hatte sich nach knapp zweiwöchigen Verhandlungen und langjährigen, mühsamen Vorarbeiten in der französischen Hauptstadt auf einen Nachfolger für das Kyoto-Protokoll geeinigt. In dem noch zu ratifizierenden Abkommen ist das Ziel formuliert, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu begrenzen, idealerweise sogar auf nur 1,5 Grad.
So wählte Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) dann auch „große Worte“, um die Bedeutung des Klima-Abkommens von Paris zu beschreiben – obwohl sie, wie sich die Sozialdemokratin selbst bescheinigte, gar nicht dazu neige. Der 12. Dezember 2015 werde als „historisches Datum“ in Erinnerung bleiben. Mehr noch: Von diesem Klima-Gipfel gehe ein „Hoffnungszeichen“ aus, da es der Weltgemeinschaft trotz globaler Herausforderungen und Unsicherheiten gelungen sei, sich zu einigen. Hendricks betonte, dass aus deutscher Sicht alle wesentlichen Verhandlungsziele erreicht worden seien. Das Unter-2-Grad-Ziel sei völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben worden, es gebe Regelungen zur Transparenz und regelmäßigen Überprüfung sowie zur Ambitionssteigerung.
Zudem sei der jahrzehntealte „Antagonismus“ zwischen Industrieländern und den übrigen Staaten aufgebrochen worden. Das Abkommen stelle zwar die „besondere Verantwortung“ der Industrieländer, die dem Klimawandel Vorschub geleistet hätten, heraus. Dieser werde durch Technologietransfer und finanzielle Verpflichtungen begegnet. Aber auch wohlhabende Schwellenländer würden sich nicht länger hinter den ärmsten Ländern verstecken und „prinzipiell“ zu der Verantwortung stehen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Klimaschutz beizutragen, sagte Hendricks. Allerdings sei dies noch nicht völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben.
Für Deutschland seien die Verpflichtungen und Ziele des Abkommens per se nicht neu. Schon jetzt gelte die EU-Vorgabe, bis 2050 80 bis 95 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen. „Das Abkommen gibt uns Rückenwind für das, was wir vor uns haben“, unterstrich Hendricks. Dieser Rückenwind sei auch nötig, denn die langfristige Umstellung von Wirtschaft und Gesellschaft auf Klimaneutralität sei eine „Jahrhundertaufgabe“, betonte Hendricks.
Andreas Jung (CDU/CSU) bezeichnete die Unterzeichnung des Abkommens als „historische Stunde“. „Unsere Aufgabe ist es, es mit Leben zu füllen.“ Alle Staaten der Welt müssten „aufsatteln“, um das 2-Grad-Ziel auch zu erreichen. „Nach Paris kann es nicht so weitergehen wie vor Paris“, betonte der Christdemokrat. Das gelte auch für die Europäische Union. Deutschland habe sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass europaweit bis 2030 „mindestens“ 40 Prozent weniger Treibhausgas ausgestoßen werden.
In Anbetracht des Abkommens müsse nun die EU ihre Ziele verschärfen. Auch in Deutschland müsse noch mehr getan werden. Als Beispiel nannte der Christdemokrat die nachhaltige Mobilität. In diesem Bereich, gerade bei der E-Mobilität, müsse noch „eine Schippe“ draufgelegt werden.
Für die Opposition könnten es noch ein paar Schippen mehr sein. Das Abkommen von Paris könne zwar „historisch“ werden, die Arbeit fange aber jetzt erst an, mahnte Eva Bulling-Schröter (Die Linke). Der erstmalige Konsens der Staatengemeinschaft in Sachen Klimaschutz sei bedeutungsvoll. Es sei aber kein „Bilderbuchabkommen“, sondern völkerrechtlich gesehen nur ein „Minimalkonsens“. Unklar sei, ob der Mechanismus zur Ambitionssteigerung „tatsächlich etwas taugt“. Das sei wichtig, denn noch reichten die Selbstverpflichtungen der Staaten nicht aus. Es drohe weiterhin eine Erwärmung von über drei Grad. Der Klimawandel sei eine „globale Herausforderung“, auf die es auch „globale Antworten“ geben müsse.
Keine Antworten dürften dabei Atomstrom oder die umstrittene CCS-Technologie sein, stellte die Linken-Abgeordnete klar. Für die Bundesrepublik forderte Bulling-Schröter ein Gesetz zum Klimaschutz und Kohleausstieg. Ein „wackliger Klimaschutzplan“ reiche nicht aus. Die Klimaziele müssten verbindlich festgeschrieben werden. Zudem solle 2035 der letzte Kohlemeiler vom Netz gehen, forderte die klimapolitische Sprecherin der Linke-Fraktion.
Auch der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Anton Hofreiter, forderte deutlich mehr Engagement von der Bundesregierung. Es sei ein „großer Erfolg“, dass sich die Staaten auf ein starkes Ziel geeignet hätten, auch wenn das Abkommen in Bezug auf Maßnahmen eher schwach ausfalle. Er sei diesbezüglich froh, dass Hendricks die Verhandlungen geführt habe, denn in anderen relevanten Ministerien sehe es „ziemlich traurig“ aus. Dort werde der Klimaschutz „blockiert“ und „verzögert“.
Dem Wirtschafts- und Energieministerium unter Leitung von Sigmar Gabriel (SPD) warf Hofreiter vor, die Energiewende durch ein „Abwürgen“ der Photovoltaik zu torpedieren. Auch der Verkehrsbereich müsse angegangen werden, schließlich steige dort der Kohlendioxidausstoß. Im Verkehrsministerium werde aber nicht konkret gehandelt. „Machen Sie doch mal diesem Minister Dampf“, sagte Hofreiter in Richtung Bundesregierung und Koalition.
Zudem warnte er davor, sich zu sehr auf die Zielwerte für 2050 zu konzentrieren und so möglicherweise Verantwortung aufzuschieben. Deutschland müsse zunächst sein Klimaziel 2020 (40 Prozent weniger Kohlendioxid als 1990) erreichen. Dafür brauche es deutlich mehr Anstrengungen. „Sorgen Sie erst mal dafür, dass dieses Ziel eingehalten wird“, sagte Hofreiter. (scr/17.12.2015)