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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Jürgen Augustinowitz, CDU/CSU Dr. Gisela Babel, FDP >>

Zunächst eine Vorbemerkung: Mir geht es bei dieser Entscheidung nicht darum, mich gegen Bonn oder für Berlin zu entscheiden, sondern hier geht es um Deutschland.

Ich spreche heute bewußt als junger Bundestagsabgeordneter zu Ihnen und möchte widersprechen, daß es sich bei der Angelegenheit des Regierungssitzes in Bonn oder Berlin um eine Generationenfrage handelt. Viele junge Menschen in meinem Alter und jünger sind für Berlin, viele andere sind für Bonn. Genauso wie diese Frage quer durch alle Parteien und Fraktionen geht, geht sie auch durch die Generationen.

»Die leitenden Bundesorgane verlegen ihren Sitz in die Hauptstadt Deutschlands, Berlin, sobald allgemeine, freie, gleiche, geheime und direkte Wahlen in ganz Berlin und in der sowjetischen Besatzungszone durchgeführt sind.« Dieser Beschluß des Deutschen Bundestages von 1949 wurde in den letzten 40 Jahren immer wieder bekräftigt, er gilt auch heute noch. Wir können uns doch nicht fast ein halbes Jahrhundert lang immer wieder zu Berlin bekennen und uns dann, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, in dieser Form verweigern. Hier steht die Glaubwürdigkeit deutscher Politik entscheidend auf dem Prüfstand. Haben wir die Berlin-Blockade 1948/49 vergessen, in der die Sowjets diese Stadt aushungern wollten? Was ist mit dem 17. Juni 1953, dem Tag des Volksaufstandes in der DDR, der Vorstufe zur friedlichen Revolution? Haben wir das Chruschtschow-Ultimatum 1958 vergessen? Und dann am 13. August 1961 den Bau der Mauer, die Familien auseinanderriß, Freunde grausam voneinander trennte, ja, ein ganzes Volk gewaltsam auseinanderriß? Auch das Dröhnen sowjetrussischer Kampfflugzeuge konnte den Deutschen Bundestag nicht davon abhalten, in Berlin zu tagen und sich damit auch zu dieser Stadt zu bekennen.

Ich möchte aber auch sagen, daß wir für Bonn und die Region eine Lösung brauchen, die die Interessen dieser Stadt voll berücksichtigt. Bonn hat seine Aufgabe als Hauptstadt der Bundesrepublik gut wahrgenommen. Das darf niemand vergessen, auch nicht die, die sich für Berlin einsetzen.

Noch ein persönliches Wort von mir: Ich bin zur Politik gekommen, weil ich nicht verstanden habe, daß unser Land durch Mauer und Stacheldraht geteilt war -- und in der Mitte der freie Teil Berlins als Insel von Freiheit und Demokratie. Was ist eigentlich passiert seit dem 9. November 1989?

Ich bin dafür, in einer Zeit von 10 bis 12 Jahren den Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung nach Berlin zu verlegen. Wenn wir ein Signal in die neuen Bundesländer geben wollen, wenn wir ein Zeichen setzen wollen für die Staaten in Mittel- und Osteuropa, wenn wir glaubwürdig zu unseren Worten aus vier Jahrzehnten stehen wollen, dann müssen wir uns heute für Berlin entscheiden. Die Bundesregierung unter Konrad Adenauer erklärte am 28. November 1956: »Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß Berlin die Hauptstadt eines freien vereinten Deutschlands ist.«

Das Positive an dieser Debatte war die Entwicklung einer neuen Parlamentserfahrung. Nicht die Parteizugehörigkeit entscheidet, sondern die Sachfrage. Vielleicht können wir uns auch für die Zukunft ein Stück von diesem neuen Parlamentsgefühl bewahren.

Ernst Reuter, der große Regierende Bürgermeister von Berlin, hat in der Zeit der schlimmsten Bedrängnis von Berlin einst die Völker der Welt aufgefordert, auf diese Stadt zu schauen. Bitte schauen wir jetzt nicht weg!

Dr. Gisela Babel, FDP >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_106
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