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239/1999
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Rechtsausschuss/Familienausschuss (Anhörung)

GEMISCHTES ECHO AUF ENTWURF ZUR ÄCHTUNG DER GEWALT IN DER FAMILIE

Berlin: (hib/SAM-re) Auf ein gemischtes Echo stieß der Gesetzentwurf zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung, vorgelegt von den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/1247) bei einer Anhörung des Rechtsausschusses und des Familienausschusses am Mittwochnachmittag.

Die Experten waren sich darin einig, dass Eltern generell auf Gewalt im Sinne einer körperlichen Züchtigung verzichten sollten. Umstritten blieb jedoch, ob dazu ein neues Gesetz notwendig ist und ob die Definition des Gewaltbegriffs auf seelische Verletzungen ausgedehnt werden sollte.

Robert Sauter, Leiter des Bayerischen Landesjugendamtes in München, kritisierte, dass die zusätzliche Beratungspflicht der Jugendämter nicht geleistet werden könne, weil dies die personellen Kosten in die Höhe treibe. Er bezifferte die Mehrkosten auf 75 Millionen DM, die von den Kommunen alleine nicht geschultert werden könnten und im Widerspruch zum Sparkurs der Bundesregierung stünden.

Demgegenüber begrüßte Professor Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut in Hannover die Gesetzesinitiative ausdrücklich und forderte die Regierung auf, mit dem Gesetz eine öffentliche Diskussion über Gewalt in der Erziehung anzustoßen.

Dabei wäre es ratsam sich am Modell Schwedens zu orientieren und auf die Kinder in der Schule aktiv zuzugehen. Auch Irene Johns, Vorsitzende des Kinderschutzzentrums Kiel, und Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes in Hannover, lobten die rechtliche Klärung und den Entwurf eines Leitbildes für eine gewaltfreie Erziehung.

Peter Güttler forderte, "das Recht des Kindes auf Förderung seiner Entwicklung in Artikel 6 des Grundgesetzes festzuschreiben und die Krisenberatung für Kinder weiter auszubauen. Er hob die Bedeutung der strukturellen Gewalt in der Entwicklung von Kindern anhand "mangelnder Rückzugsmöglichkeiten” und "Armutsbedingungen” hervor.

Dorothea Barkey von der Staatsanwaltschaft Bielefeld erklärte, dass das Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung keine Änderung in der Strafverfolgung bringe. Da das sogenannte Züchtigungsrecht der Eltern im Rahmen des Erziehungsrechts bereits am vor zwei Jahren in Paragraf 1631 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geändert worden sei, stütze sich der Gesetzentwurf auf die geltende Rechtslage.

Der Tatbestand, dass mit dem reformierten Kindschaftsrecht von 1997 auch körperliche Misshandlungen durch Erziehungsmaßnahmen für unzulässig erklärt worden seien, verhindere, dass der Gesetzentwurf "zu einer übermäßigen Kriminalisierung in der Familie" führe, so Barkey weiter.

Auch für die Zukunft erwartet die Staatsanwältin nicht, dass die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Eltern bei Grenzfällen von körperlicher Bestrafung steigen werde.

Dieser Einschätzung schloss sich Klaus Weber, Präsident des Landgerichts Traunstein, nicht an. Er bewertete den Gesetzentwurf insgesamt als schädlich, weil er verunsichere und die Familien kriminalisiere.

Die undifferenzierte Verwendung des Begriffs "Gewalt" ermögliche es, in sogenannte "Normalfamilien” tiefer gehend einzugreifen, auch wenn diese ihrer Erziehungsaufgabe bislang nachgekommen seien. Der Landgerichtspräsident lehnte den Gesetzentwurf ab, weil darin der "Gewaltbegriff", der auch seelische Verletzungen miteinbezog, zu weit ausgelegt sei.

Seelische Verletzungen beeinträchtigten zwar das Persönlichkeitsrecht, hätten aber nichts von der "Zwangseinwirkung", wie sie Gewalt zu eigen sei.

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Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/1999/9923905
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