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110/2002
Stand: 25.04.2002
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Sachverständige: Stasi-Unterlagen-Gesetz hat sich weitestgehend bewährt

Innenausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/KAF) Das Stasi-Unterlagengesetz (StUG) hat sich weitestgehend bewährt. Darin sind sich die Sachverständigen, die am Donnerstagnachmittag zu einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses eingeladen wurden, in ihren Stellungnahmen einig. Die Behörde für Stasiunterlagen erledige gute und erfolgreiche Arbeit und leiste einen entscheidenden Beitrag zur zeitgenössischen Forschung über die DDR- Diktatur und Stasi-Tätigkeit. Aus den Gutachten geht überwiegend hervor, dass dabei das Persönlichkeitsrecht von Personen der Zeitgeschichte, Inhabern politischer Funktionen und Amtsträgern in Ausübung ihres Amtes durch die Veröffentlichung personenbezogener Daten nicht unverhältnismäßig verletzt worden sind. Mehrheitlich wird die Auffassung vertreten, dass die Rechtsprechung und Archivgesetzgebung bei Personen der Zeitgeschichte eine andere Rechtsgüterabwägung vornehme, als bei Normalbürgern. Die Interessen der Öffentlichkeit und damit die Informations- und Wissenschaftsfreiheit würden im Vergleich zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich schwerer wiegen. Auch die Tatsache, dass die Daten auf rechtsstaatswidriger Grundlage erhoben wurden, mache eine persönlichkeitsgeschützte Nutzung nicht per se fragwürdig. Dabei stehe außer Frage, dass Daten aus der Intim- und Privatsphäre dieses Personenkreises weder an Wissenschaftler noch an Medienvertreter herausgegeben werden dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März aufgrund einer Klage Helmut Kohls entschieden, dass die bisherige Praxis der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen rechtswidrig sei. Sie übersehe in § 32 StUG den Halbsatz, der die Veröffentlichung nicht zulässt, soweit die Personen "...Betroffene oder Dritte sind". Die Sachverständigen weisen darauf hin, dass dieser Halbsatz die Veröffentlichungsmöglichkeit personenbezogener Daten nahezu aufhebe, da alle der dort genannten Personen von der Stasi überwacht worden seien und somit "Betroffene" oder "Dritte" sind. Insbesondere würden auch ehemalige DDR- oder Stasi-Funktionäre, die ebenfalls von der Stasi bespitzelt wurden, davon erfasst.

Wie der Präsident des Bundesarchivs, Hartmut Weber, betonen die Experten die unschätzbare Bedeutung des Quellenfundus für die historische und gesellschaftliche Aufarbeitung der DDR als Teil der deutschen Geschichte. Die Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, legt in ihrer Stellungnahme dar, dass durch die bisherige Praxis der Behörde ein umfassender Schutz der Opfer der Stasiüberwachung gewährleistet worden sei. Im Zusammenhang mit der Herausgabe von Unterlagen an Forschung und Medien habe es seit Bestehen der Behörde lediglich in zwei Fällen gerichtliche Auseinandersetzungen gegeben. Die Sachverständigen sprechen sich daher größtenteils dafür aus, den kontroversen 2. Halbsatz in der Regelung des § 32 StUG zu streichen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht in Brandenburg, Alexander Dix, findet es wie Hartmut Weber sinnvoll, wenn das Stasi-Unterlagen-Gesetz mittelfristig in das ohnehin nicht so eng gefasste Bundesarchivgesetz integriert werden würde. Demgegenüber vertreten Roland Bachmeier, Direktor beim Bundesamt für Datenschutz und Horst Möller vom Institut für Zeitgeschichte in ihren Stellungnahmen die Ansicht, dass das StUG in erster Linie ein Opferschutzgesetz sei, so dass der bestehende Konflikt zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Wissenschaftsfreiheit nicht zu Lasten der Opfer von Stasiüberwachungen, auch wenn sie Personen der Zeitgeschichte seien, gelöst werden dürfe. Im Gegensatz zu den anderen Sachverständigen sehen sie eine Erforschung der DDR-Diktatur und Stasi-Tätigkeit bereits dann gewährleistet, wenn DDR-Funktionäre durch eine entsprechende Regelung im StUG von der Veröffentlichungssperre ausgenommen würden.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_110/02
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