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073/2003
Stand: 03.04.2003
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Zeuge: Finanzielle Entwicklung der gesetzlichen Kassen nicht absehbar

1. Untersuchungsausschuss

Berlin: (hib/KHB) Im Bundesgesundheitsministerium hat am 30. August 2002 ein Referatsleiter darauf hingewiesen, die Schätzungen der Krankenkassen zur Beitragsentwicklung seien "meilenweit" von der tatsächlichen Kostenentwicklung entfernt. Diesen Befund zitierte am Donnerstag der Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Peter Altmaier, bei der 13. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses. Der Ausschuss befasste sich mit der Frage, ob Mitglieder der Bundesregierung, besonders Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), vor der Bundestagswahl am 22. September die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung falsch oder unvollständig dargestellt hätten.

Altmeier sagte dazu, eine deutlichere Warnung an die Ministerin könne es kaum geben; die Union sehe sich auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung in ihrem Vorwurf bestätigt. Daraufhin verwies Ausschussvorsitzender Klaus Uwe Benneter (SPD) auf das Resümee im zwölfseitigen Vermerk dieses Abteilungsleiters. "Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand" sei nicht damit zu rechnen, dass sich "der gegenwärtige Beitragssatz im laufenden Jahr" erhöhen werde.

Der Ausschuss wollte am Donnerstag vier Zeugen vernehmen. Als erster stand der Vorstandsvorsitzende der Angestelltenersatzkassen, Herbert Rebscher, Rede und Antwort. Er versicherte, weder er noch Ministerin Schmidt noch irgendwer sonst habe die finanzielle Entwicklung der gesetzlichen Kassen im vergangenen Sommer vorhersehen können, auch wenn man Risiken gesehen habe. Beitragserhöhungen seien vor der Wahl nicht absehbar gewesen. Auch das Bundesversicherungsamt habe diese Entwicklung nicht erwartet. Die schwierige Gesamtlage habe sich erst seit Mitte Oktober abgezeichnet und sich zum Ende des Jahres noch weiter verschlechtert. Im Juli sei er noch davon ausgegangen, dass die Tarifabschlüsse zu Einnahmesteigerungen führten. Im Übrigen bringe das vierte Quartal eines Jahres stets die höchsten Einnahmen - zum einen wegen im Sommer ausgehandelter Lohnsteigerungen und zum andern wegen des Weihnachtsgeldes; beide Faktoren wirkten sich positiv auf die Einnahmen aus. Die üblichen Steigerungen seien aber im vierten Quartal ausgeblieben.

Rebscher machte dafür zwei Faktoren verantwortlich: Zahlreiche Betriebe hätten dieses Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt und dafür auf Kündigungen verzichtet; zum andern habe die "Riesterrente" dazu geführt, dass offenbar zahlreiche Betroffene das Weihnachtsgeld für den Aufbau dieser privaten Rente nutzten. Dieses Risiko habe seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Riesterrente bestanden; niemand habe aber wissen können, wie viele das Weihnachtsgeld dafür verwandten. Rebscher erinnerte daran, dass Banken und Versicherungen im Laufe des Jahres die "Riesterrente" als "Flop" bezeichnet hätten. Auf die Frage Benneters, ob Ministerin Schmidt eine mögliche Erhöhung der Beitragssätze hätte ankündigen sollen, erklärte er: "Dann hätte ich ihr vehement widersprochen." Die Ankündigung, Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhöhen, erfolge stets erst in letzter Sekunde. Denn wenn sie geschehe, liefen besonders junge Menschen der gesetzlichen Krankenversicherung davon und gingen zu privaten Instituten.

Auf der Ausgabenseite machte Rebscher auch Ärzte und Krankenhäuser für gestiegene Kosten verantwortlich. Die Ärzte hätten ihre Verpflichtung nicht eingehalten, Kosten für die Medikamente zu senken. Statt dessen hätten sie erneut mehr dafür ausgegeben. Alle Bundesregierungen hätten bisher davon abgesehen, Budgetüberschreitungen von Ärzten zu ahnden. So gelte unter den Ärzten der Satz: "Ein Budget ist ein Budget, bis es überschritten ist". Auch die Krankenhäuser hätten ihre Kosten nicht in der erwarteten Höhe eingehalten. Im übrigen habe die Zuzahlung für den Krankenhausaufenthalt alles in Allem gesehen für die gesetzlichen Kassen zu Verlusten geführt. Denn auch Zuzahlungen ließen junge Menschen zu privaten Instituten wechseln.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2003/2003_073/01
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