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102/2003
Stand: 15.05.2003
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Koalition und Opposition bewerten Vorgehen gegen Geflügelpest kontrovers

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

Berlin: (hib/POT) Das Krisenmanagement der Bundesregierung und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen haben die Oppositionsfraktionen am Donnerstagvormittag anläßlich einer Sondersitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft über die Auswirkungen des Übergreifens der Geflügelpest nach Deutschland kritisiert. Verärgert zeigte sich die Opposition insbesondere darüber, dass entgegen ihren Forderungen niemand aus dem nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerium an der Sitzung teilnahm, um aus erster Hand über den aktuellen Stand zu berichten. Die CDU/CSU-Fraktion bemängelte des Weiteren, dass das Bundesverbraucherschutzministerium den Ausschussmitgliedern wichtige Informationen vorenthalten habe. So seien die Mitglieder nicht über das bereits am 28. April bei der Sitzung des nationalen Krisenrates unterbreitete Angebot des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft unterrichtet worden, die präventive Tötung aller Geflügelbestände in einem Streifen von zehn Kilometern entlang der niederländischen Grenze zu finanzieren. Dies sei von der Bundes- und Landesebene mit dem Hinweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage abgelehnt worden. Da der von der Geflügelpest betroffene Betrieb in Schwalmtal (Kreis Viersen) innerhalb dieses zehn Kilometerkreises liege, hätte der Seuchenfall bei Annahme des Angebots verhindert werden können. Darüber hinaus kritisierten Union und Liberale die mangelnde Vorbereitung der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) auf den seit langem drohenden Ernstfall. So hätte beim Auftreten der Geflügelpest nicht genügend Kohlendioxid zur Tötung der Tiere zur Verfügung gestanden. Stattdessen hätten die niederländischen Behörden um Unterstützung gebeten werden müssen. Eine sofortige Beilegung offenbar bestehender Meinungsverschiedenheiten zur Sofortimpfung aller Geflügelbestände zwischen Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) im Interesse der Verbraucher und Landwirte mahnte darüber hinaus die FDP-Fraktion an.

Der Vertreter des Bundesverbraucherschutzministeriums wies die Kritik der Opposition an der Informationspolitik der Bundesregierung und an den von der nordrhein-westfälischen Landesregierung ergriffenen Maßnahmen mit Nachdruck zurück. Das im nationalen Krisenrat nach Ausbruch der Geflügelpest in den Niederlanden vereinbarte sofortige Melden von Auffälligkeiten habe im vorliegenden Fall dazu geführt, dass im Vergleich zu den Niederlanden und Belgien nur eine begrenzte Anzahl von 80 000 Hühnern getötet werden musste. Das freiwillige Angebot der Geflügelwirtschaft, alle Geflügelbestände in einem Umkreis von zehn Kilometern entlang der niederländischen Grenze zu töten, habe die Bundesregierung ausdrücklich begrüßt. Es habe jedoch keine rechtliche Handhabe bestanden, diese Tötung von Seiten der Behörden anzuordnen, wie es von der Geflügelwirtschaft gefordert worden sei. Dem habe das Tierschutzgesetz entgegengestanden, das eine vorbeugende Tötung nicht vorsehe. Die Geflügelwirtschaft hätte jedoch eigenständig handeln können, wozu sie aber nicht bereit gewesen sei, weil sie in diesem Fall die wirtschaftlichen Folgen der präventiven Tötung alleine hätte tragen müssen. Im Übrigen liege der von der Geflügelpest betroffene Hof 13 Kilometer von der niederländische Grenze entfernt, so dass der Ausbruch der Seuche auch bei einer freiwilligen Tötung - anders als von der CDU/CSU-Fraktion suggeriert - nicht hätte verhindert werden können. Darüber hinaus bestritt der Ministeriumsvertreter, dass es Unterschiede in der Frage der generellen Impfung der Geflügelbestände zwischen dem Bundesverbraucherschutzministerium und dem nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerium gebe. Man sei sich vielmehr im nationalen Krisenrat zwischen Bund und Ländern einig darüber gewesen, eine Schutzimpfung nur für Zootiere und bei seltenen, vom Aussterben bedrohten Vögeln bei der EU-Kommission zu beantragen. Eine generelle Schutzimpfung aller Geflügelbestände hätte dagegen gegenwärtig keine Aussicht auf Erfolg und würde einen Importstopp für Geflügel in den übrigen EU-Staaten nach sich ziehen. Sie sei deshalb auch nicht erwogen worden.

Die Koalitionsfraktionen äußerten sich empört über die Versuche der CDU/CSU-Fraktion, den Ausbruch der Geflügelpest in Deutschland parteipolitisch zu instrumentalisieren und warfen der Union "politische Panikmache" vor, die zur Verunsicherung der Bevölkerung beitrage. Insbesondere kritisierten sie - wie auch die FDP - eine Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion vom Vortag, in der die Geflügelpest mit der SARS-Epidemie in Verbindung gebracht worden sei. Die Sozialdemokraten regten außerdem an, die Frage von Schutzimpfungen und einer Änderung des Tierseuchengesetzes in sachlicher Atmosphäre mit der Geflügelwirtschaft zu diskutieren. Die vielfach geäußerten Vorschläge einer generellen Impfpflicht aller Geflügelbestände seien jedoch auch vor dem Hintergrund der damit verbundenen Kosten sorgsam abzuwägen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2003/2003_1021/01
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