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Mai 05/2000
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INNENAUSSCHUSS

SPD: Hände weg von Verboten beim Demonstrationsrecht

(in) Mit einem entschiedenen "Hände weg von Flächenverboten" hat sich am 10. Mai die SPD im Innenausschuss des Deutschen Bundestages gegen die Forderungen des Berliner Innensenators Eckart Werthebach (CDU) gewandt, so genannte befriedete Stätten wie seinerzeit 1972 in München analog für Berlin einzurichten, um das Brandenburger Tor oder das künftige Holocaust-Denkmal von Demonstrationen frei zu halten.

Auch die Änderung von Gesetzen im Sinne einer von Werthebach geforderten Präzisierung der Gesetze wurde von der SPD abgelehnt, die darin von den Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, der F.D.P. und der PDS weitgehend unterstützt wurde.

Berlin: Sprunghaft zugenommen hat die Zahl der Demonstrationen - derzeitiger Durchschnitt sieben bis acht pro Tag. Allein am 1. Mai 2000 waren es 64 verschiedene, zum Teil sehr große Veranstaltungen.
Berlin: Sprunghaft zugenommen hat die Zahl der Demonstrationen - derzeitiger Durchschnitt sieben bis acht pro Tag. Allein am 1. Mai 2000 waren es 64 verschiedene, zum Teil sehr große "Veranstaltungen".

Im Zusammenhang mit dem Bericht des Bundesinnenministeriums über die Demonstration der NPD gegen das geplante Holocaust-Mahnmal am 29. Januar 2000 stellte Werthebach die Situation in Berlin seit Aufnahme der Arbeit der Bundesregierung vor dem Ausschuss dar.

Danach hat es seither über 2.000 Demonstrationen gegeben. Die Zahl habe sprunghaft zugenommen, so dass man heute durchschnittlich von sieben bis acht Demonstrationen pro Tag ausgehen müsse. Allein am 1. Mai 2000 habe es 64 verschiedene, zum Teil sehr große Veranstaltungen gegeben. Ebenfalls sei zu beobachten, dass verstärkt historische Daten mit Veranstaltungen an historischen Stätten verknüpft würden. Die Möglichkeiten von Senat und Polizei, die Aktivitäten extremistischer Gruppierungen zu verbieten, sei dabei denkbar gering. "Haarklein", würden bei einem Verbot alle Hinweise auf Tatverdachtsmomente von den zuständigen Gerichten in Berlin, Frankfurt/Oder und Cottbus auf Nachweisbarkeit untersucht, mit dem Ergebnis, dass nur in einem einzigen Fall das vom Senat ausgesprochene Verbot einer Versammlung gerichtlich bestätigt wurde. Im Hinblick darauf, dass belegbare Indizien für beabsichtigte strafbare Handlungen im Vorfeld nur sehr schwer beizubringen seien und auch das Kriterium der außenpolitischen Bedeutung häufig nicht zum Tragen komme, würde in der Regel das Recht auf Versammlungsfreiheit siegen.

Vonseiten der Union wurden Beobachtungen und Einschätzungen des Senators unterstützt. So sei zum Beispiel der 9. November ein Datum, an dem sowohl Rechte als auch Linke "einfach marschieren müssten". Nach Einschätzung der CDU/CSU würden Bemühungen, Demonstrationen rechtsextremer Gruppen auf gesetzlicher Grundlage im Vorfeld zu verbieten, jedoch erschwert, da sie entsprechend ihrer Law-and-Order-Mentalität bereit seien, die von Polizei oder Gerichten ausgesprochenen Auflagen zu erfüllen. Die dennoch zu beobachtende Gewaltbereitschaft sei eine organisierte Gewaltbereitschaft, im Gegensatz zur individuellen Gewaltbereitschaft der Linken, die sich nach dem Motto "die Straße gehört uns" von vornherein nicht an Auflagen und Verbote hielten. Bestätigt werde diese Einschätzung durch die Zahlen bei der Auseinandersetzung in Hellersdorf, bei denen es 201 Fälle von Polizeimaßnahmen gegeben habe, davon 10 bei Rechten und 191 bei Linken.

Vonseiten der SPD, der Bündnisgrünen, der F.D.P. und der PDS wurde angesichts der angeführten Tatbestände mehrfach unterstrichen, dass die vorhandenen Gesetze ausreichten und eine Änderung oder Präzisierung nicht erforderlich sei. Mit Hinweis auf das kürzlich ergangene Brockdorf-Urteil – laut SPD "eine Magna Charta des Versammlungsrechts" – könne es im Übrigen auch keine gravierenden Änderungen geben. Die gesetzlichen Vorgaben würden völlig ausreichen. Dies hätten auch alle vier Sachverständigen bestätigt, die kürzlich im Berliner Abgeordnetenhaus zum Demonstrationsrecht gehört worden seien. Deutlich zu machen sei hingegen, dass die am 29. Januar belegten Leugnungen des Holocaust ein Straftatbestand seien und zu berechtigten polizeilichen Maßnahmen hätten führen können und müssen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0005/0005059
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