Langzeitstudien über Gefahren durch Mobilfunkstrahlung fehlen
(um) Die Möglichkeit einer Gefährdung durch Mobilfunkstrahlung läßt sich aufgrund fehlender Langzeitstudien oder geringer Fallzahlen der vorliegenden Untersuchungen weder ausschließen noch bestätigen, erklärten Sachverständige am 18. Juni in einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses.
Ein typisches Beispiel ist für H.-Peter Neitzke vom Ecolog-Institut in Hannover die so genannte Rinder- oder Schnaitsee-Studie. In seiner schriftlichen Stellungnahme legte Neitzke dar, die Studie weise zwar statistisch bedeutsame Unterschiede bei Tieren aus, die der Mobilfunkstrahlung unterschiedlich lange ausgesetzt waren. Die Aussagekraft festgestellter Schädigungen von Chromosomen und Missbildungsraten sei aber wegen möglicher Zusammenhänge zwischen den Befunden und einer häufig verbreiteten Bovinen Virusdiarrhoe-Infektion in großen Teilen des untersuchten Tierbestandes nicht zu beurteilen.
Behördlichen Umgang mit Grenzwerten kritisiert
Professor Rainer Frentzel-Beyme vom Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin kritisierte die mangelnde Bereitschaft von Mobilfunkbetreibern und Regulierungsbehörden, unabhängige Langfriststudien in Auftrag zu geben. Eine zuständige deutsche Behörde habe die Untersuchung bestimmter Effekte vorab einfach deshalb ausgeschlossen, weil bereits ein Grenzwert für die Zulässigkeit von bestimmten Strahlungen existiere. Auch könne die Errichtung eines Sendemastes nicht dringlicher sein als die Überwachung von Folgen der Inbetriebnahme.
Die Seite der Handy-Nichtbenutzer "sei so bedenklich unterbewertet" worden, dass es zur jetzigen Beunruhigung und wachsendem Widerstand beigetragen habe. Zweifel an der Rechtmäßigkeit könnten allein durch Geheimhaltung oder nächtliche Installationen nicht ausgeräumt werden. Michael Schüller, Koordinator der Mobilfunkbetreiber, erklärte, eine Verschärfung der Grenzwerte wäre hinsichtlich bestehender Anlagen als eine Rechtsänderung mit Rückwirkung zu sehen. Angesichts wissenschaftlicher Fragwürdigkeit sei der Vertrauensschutz der Netzbetreiber jedenfalls "vorrangig". Rechtlich angreifbar seien Mobilfunkanlagen nur, wenn sie bei Errichtung und Betrieb nicht den Rechtsnormen und den gesetzlichen Vorschriften entsprächen.
Bürgerinitiativen an der Aufstellung von Sendeanlagen zu beteiligen, hielt Schüller nicht für sinnvoll. Wenn es diesen regelmäßig darauf ankomme, Sende- und Empfangsanlagen in einer Gemeinde zu verhindern, sei das mit den Verpflichtungen der Mobilfunknetzbetreiber nicht in Einklang zu bringen. Schüller legte dar, für den Aufbau von GSM-Netzen zwischen 1992 und 2000 hätten sich rund 20 Milliarden Euro summiert. Es werde davon ausgegangen, dass für die erste Phase der UMTS-Infrastruktur bis zum Jahr 2003 weitere 20 Milliarden Euro investiert werden müssten. Derzeit sichere die Mobilfunkbranche insgesamt rund 110.000 Arbeitsplätze in Deutschland.
"Medizinische Risiken sind nicht erkennbar"
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verdeutlichte, medizinische und Umweltrisiken seien bei Einhaltung der Grenzwerte für Mobilfunkstationen und Endgeräte nicht erkennbar. Wissenschaftliche Nachweise über Gesundheitsbeeinträchtigungen seien nicht bekannt.
Die mehrfach beobachteten Effekte elektromagnetischer Felder auf organische Körper stellten nach heutigem Erkenntnisstand keine Gesundheitsbeeinträchtigung dar. Eine Absenkung der Grenzwerte sei damit nicht gerechtfertigt.