"EU ZUR AUFNAHME NEUER MITGLIEDER FÄHIG"
Bundesregierung legt den Vertrag von Nizza dem Parlament vor
(eu) Die Bundesregierung will die von deutscher Seite erforderlichen Voraussetzungen schaffen, damit der Vertrag von Nizza vom 26. Februar dieses Jahres in Kraft treten kann. Dazu hat sie einen Ratifikations-Gesetzentwurf (14/6146) vorgelegt.
Wie es in der Denkschrift zu dem Vertrag heißt, werde die EU mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Nizza fähig, künftig weitere Mitgliedstaaten aufzunehmen. Für die Stimmenwägung im Rat, die Größe und Struktur der Kommission sowie für den Übergang zu Mehrheitsentscheidungen konnten den Angaben der Regierung zufolge Kompromisse gefunden werden, welche die Handlungsfähigkeit und demokratische Legimitation auch einer erweiterten EU sicherten.
Darüber hinaus werde das Instrument der "Verstärkten Zusammenarbeit" weiterentwickelt und für das Europäische Parlament (EP) eine neue Sitzverteilung festgelegt. Die Europäische Gerichtsbarkeit werde durch umfassende Regelungen auf wachsende Aufgaben vorbereitet, heißt es weiter.
"Grundgesetz ändern"
Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme darauf hin, der Vertrag bedürfe einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen, da er eine Änderung der vertraglichen Grundlagen der EU beinhalte, durch die das Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert werde. Die Länderkammer bezieht sich dabei auf das ausgeweitete Mitentscheidungsverfahren des EP und die Einführung von Mehrheitsentscheidungen für weitere Politikbereiche.
Die Bundesregierung ist in ihrer Gegenäußerung anderer Auffassung. Grundsätzlich seien entsprechende Hoheitsrechte der EU bereits übertragen. Mit den Beschlüssen von Nizza gehe es lediglich um Modalitäten. Deshalb bedürfe es keiner das Grundgesetz ändernden Mehrheit.
Die PDS verlangt von der Bundesregierung, den Vertrag von Nizza nachzuverhandeln. Die Fraktion schreibt dazu in einem Antrag (14/6443), die erreichten Ergebnisse entsprächen weder den selbst gestellten Zielen noch den Herausforderungen einer Erweiterung der EU.
"Beitrittsprozess abtrennen"
Die Regierung soll deshalb darauf hinwirken, den Beitrittsprozess vom Vertrag abzutrennen. Die Bewerberstaaten dürften nicht für institutionelle Fehlentscheidungen der EU bestraft werden, erklärt die PDS. Außerdem müssten unter belgischer Präsidentschaft Nachverhandlungen zur Stimmengewichtung im Rat und der Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen geführt werden.
Gegen die Stimmen der Opposition billigte der Bundestag am 28. Juni einen Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/4733), den die Koalitionsfraktionen vor dem Gipfel vorgelegt hatten. Darin hatten sie seinerzeit die Regierung aufgefordert, den Erweiterungsprozess der EU aktiv voranbringen zu helfen und sich zudem für die schnellstmögliche Aufnahme der Grundrechte-Charta in die Verträge einzusetzen. Der Parlamentsbeschluss erfolgte auf Empfehlung des federführenden Europaausschusses (14/5386).
Anträge der CDU/CSU (14/4732) sowie der PDS (14/4666) lehnte der Bundestag hingegen ab. Das gleiche Schicksal war auch zwei weiteren Initiativen der PDS beschieden, mit denen sich die Oppositionsfraktion einerseits dafür stark gemacht hatte, die EU als Zivilmacht auszubauen (14/4653), andererseits dafür plädiert hatte, auch soziale Grundrechte in die Grundrechte-Charta aufzunehmen (14/4654,14/5379).