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08/2001
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REGIERUNGSERKLÄRUNG UND AUSSPRACHE

Schröder: Terroristische Anschläge sind ein "Krieg gegen die zivilisierte Welt"

(aw) Die terroristischen Anschläge in New York und Washington am 11. September seien nicht nur ein "Krieg gegen die USA", sondern auch ein "Krieg gegen die zivilisierte Welt". Dies erklärte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 19. September im Plenum des Bundestages und wiederholte damit eine bereits eine Woche zuvor im deutschen Parlament getroffene Aussage.

Der Bundeskanzler legte zugleich Wert auf die Feststellung, es gehe jetzt nicht um den oft zitierten "Kampf der Kulturen", sondern um den "Kampf um die Kultur in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt".

Die Anschläge in den USA hätten im Übrigen "nichts, aber auch gar nichts mit Religion zu tun", so Schröder. Sie seien vielmehr Ausdruck einer "verbrecherischen Gesinnung". Der Bundeskanzler stellte weiter fest, Deutschland stehe angesichts dieses "beispiellosen Angriffs" uneingeschränkt an der Seite der USA.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und der NATO-Rat hätten ebenfalls festgestellt, der Angriff sei eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Beide Gremien hätten damit das Völkerrecht weiter entwickelt und so die Voraussetzungen für ein entschiedenes, auch militärisches Vorgehen gegen den Terrorismus geschaffen. Der Bundeskanzler betonte in diesem Zusammenhang, auch Deutschland könne militärischen Beistand nicht ausschließen. Die Bundesrepublik sei zu Risiken bereit, aber nicht zu Abenteuern. Fatal wäre im Übrigen eine Fixierung auf ausschließlich militärische Maßnahmen. Es bedürfe stattdessen eines umfassenden Konzeptes zur Bekämpfung des Terrorismus.

"Angst darf nicht lähmen"

Der Bundeskanzler ging auch auf die Angst vieler Menschen in Deutschland vor Terror und Krieg ein. Man müsse sich bemühen, diese Furcht zu verstehen. Dennoch dürften die politischen, ökonomischen und kulturellen Eliten in Deutschland nicht zulassen, "dass uns diese Angst lähmt".

Für die CDU/CSU-Fraktion erwiderte Friedrich Merz, es bedürfe jetzt eines "klaren Ja" zur Gemeinschaft der freien Völker, zur NATO und vor allem "zu unseren Freunden in den Vereinigten Staaten von Amerika".

Es liege im ganz eigenen Interesse der Deutschen, ohne jeden Vorbehalt daran mitzuwirken, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen: "So wie New York und Washington hätte es auch Paris, Frankfurt oder Berlin treffen können", so der Unionspolitiker. Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat müsse sich deshalb als wehrhaft erweisen, wenn er auch gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern glaubwürdig bleiben wolle. Sicherheit sei und bleibe die Grundlage von Freiheit.

"Allianz der Entschlossenheit"

Merz sicherte der Regierung eine zügige und sehr kooperative Beratung der ersten Maßnahmen zu Gunsten der Sicherheit in Deutschland zu. Dies könne aber nur der Anfang eines später folgenden, umfassenden Konzeptes für mehr Sicherheit auch nach innen sein. Die Union biete dem Bundeskanzler insofern eine "nationale Allianz der Entschlossenheit" an. Merz betonte zudem, der Dialog der Kulturen und Religionen sei nunmehr wichtiger denn je. Dies gelte weltweit, aber auch für Deutschland.

Auch Peter Struck(SPD) plädierte dafür, nicht zu versäumen, die "Zellen fundamentalistischen Terrors" in deutschen Städten aufzudecken. Man dürfe aber zugleich nicht verschulden, dass "Millionen muslimische Bürger in unserem Land unter Generalverdacht gestellt werden". Struck verdeutlichte außerdem, niemand solle dem Irrtum verfallen, der Terror könnte an Deutschland und Europa vorbeiziehen, wenn man sich jetzt im vermeintlichen eigenen Interesse aus dem Kampf gegen den Terrorismus heraushalte.

Guido Westerwelle (FDP) sprach von einer "würdigen Regierungserklärung" Schröders, deren Inhalt die Zustimmung seiner Partei finde. Westerwelle warnte aber ebenso vor einer einseitigen Fixierung auf das Militärische. Gebraucht würden vielmehr zuallererst politische Lösungskonzepte, darunter auch regionale Konfliktlösungsmechanismen wie im Nahen Osten. Er forderte außerdem mehr Finanzmittel für die Bundeswehr, damit diese auf sie zukommenden Herausforderungen gerecht werden könne.

Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, der Terror in den USA sei ein Anschlag auf Demokratie, Freiheit und Toleranz gewesen. Deshalb gelte es, dazu Stellung zu beziehen, "so ängstlich und besorgt wir auch sein mögen". Es sei "richtig und notwendig", dass die Bundesregierung der Feststellung des Bündnisfalls im NATO-Rat zugestimmt habe. Begrenzte Militäraktionen könnten nötig sein, um den Terror und seine Strukturen gezielt zu bekämpfen. Dieser Kampf dürfe sich aber nicht in erster Linie auf militärische Mittel stützen, so auch Müller.

Kein Vorrang des Militärischen

Roland Claus (PDS) äußerte, es sei weder unsolidarisch noch antiamerikanisch, wenn seine Fraktion sich entschlossen habe, den Beschluss des NATO-Rates nicht mitzutragen. Es müsse erlaubt sein, so Claus, sich dem Vorrang oder dem Übermaß des Militärischen zu entziehen (siehe auch die Seiten 47, 56, 57, 65, 69 und 73 dieser Ausgabe).

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0108/0108020a
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