Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Home  |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 2003 > Deutscher Bundestag - Blickpunkt 05/2003 >
August 5/2003
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Europäischer Konvent

Der Blick aufs Ganze

Jürgen Meyer
Jürgen Meyer.

105 Frauen und Männer haben in den vergangenen eineinhalb Jahren im Europäischen Konvent eine Verfassung für Europa ausgearbeitet. Mitgeschrieben hat Jürgen Meyer – als Vertreter des Bundestages und eines von drei deutschen Mitgliedern im Verfassungskonvent. Blickpunkt Bundestag hat ihn gefragt, was für den Bundestag an der Verfassung wichtig ist.

Herr Meyer, was ist für Sie das Wichtigste am Ergebnis der Konventsarbeit?

Mein Leitspruch im Konvent war: mehr Demokratie in Europa wagen! Das ist uns gelungen und ein großer Erfolg. Und was genauso wichtig ist: Mit der Verfassung wird die europäische Grundrechtecharta rechtsverbindlich. Damit zeigen wir, dass die EU mehr ist als Binnenmarkt und Euro. Sie ist eine Wertegemeinschaft. Das wird nun durch die Verfassung deutlich.

Warum wird Europa durch die neue Verfassung demokratischer?

Zunächst einmal wird das Europäische Parlament (EP) gestärkt: In Zukunft entscheiden die direkt gewählten Abgeordneten über alle europäischen Gesetze mit, gleichberechtigt mit den Regierungen. Zweitens: Das Europaparlament wird politischer. Der Kommissionspräsident wird künftig durch die EP-Mehrheit gewählt. Die EU-Bürger entscheiden so mit ihrer Stimme bei der Europawahl über die Spitze der Kommission. Das gibt der Wahl ein ganz neues Gewicht. Drittens wird die EU transparenter und kontrollierbarer, denn auch der Ministerrat, also die Kammer der Regierungen, muss in Zukunft öffentlich tagen, wenn er über Gesetze entscheidet.

Gewinnen auch der Bundestag und die anderen nationalen Parlamente durch den Verfassungsentwurf an Einfluss?

Unbedingt. Denn auch in Zukunft wird ein Konvent Verfassungsänderungen auf EU-Ebene ausarbeiten, und daran ist der Bundestag dann direkt beteiligt. Außerdem gewinnt er bei der EU-Gesetzgebung: In Zukunft können die nationalen Parlamente jedem Gesetzesentwurf der Kommission widersprechen, wenn sie meinen, dass sie ein Problem selbst besser und bürgernäher regeln können. Notfalls kann der Bundestag vor dem Europäischen Gerichtshof gegen einen solchen Entwurf klagen. Das gleiche Recht hat übrigens auch der Bundesrat.

Die neue Verfassung sieht auch direkte Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene vor.

Ja, für dieses Bürgerbegehren habe ich mich persönlich sehr engagiert. In Zukunft können eine Million EU-Bürger die Kommission dazu auffordern, ein europäisches Gesetz vorzuschlagen. Die Bürger können so die europäische Politik mitgestalten. Damit ist die europäische Verfassung sogar einen Schritt weiter als unser Grundgesetz.

Die EU-Verfassung wurde in der Mehrheit von Parlamentariern geschrieben. Hat das dem Entwurf gut getan?

Diplomaten und Regierungsvertreter, die bislang die EU-Verträge hinter verschlossenen Türen ausgehandelt haben, hätten die Verfassung niemals hinbekommen – schon, weil sie gar nicht ausreichend legitimiert gewesen wären. Die Parlamentarier im Konvent haben zudem viel mehr auf das Ganze geblickt als die Regierungen, die immer eigene Interessen vertreten. Im Konvent hatten die Abgeordneten mehrheitlich das Sagen. Das sieht man dem Verfassungsentwurf an.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2003/bp0305/0305009
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion