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Transkript der Online-Konferenz zur Bundestagswahl 2002
mit Kerstin Müller, B90/GRÜNE


P.Dunhill
aus Liverpool (Great Britain) fragte:
Liebe Frau Müller
ich bin nicht so gut in Deutsch aber ich auch möchte ihnen eine frage stellen. Was sagen sie zu der increasing rechtsradikalismus in die meisten länder von Europa? Ich finde es erstaunlich, das es so einfach ignorirt wird. Bei uns auch stelle ich fest eine zunehmende rechtshooliganism der rechtsorientierten Parties in England. Greetings P. Dunhill
Kerstin Müller antwortet: Hallo Mr. Dunhill, der wachsende Rechtsradikalismus in Europa ist in der Tat sehr gefährlich. Alle Demokraten müssen da intensiv dagegen halten. Wichtig ist auch, als Regierung und politisch Verantwortliche offensiv Politik für Minderheiten zu machen und damit auch zu signalisieren: Die Rechten haben mit ihren demokratie- und minderheitenfeindlichen Positionen in der Gesellschaft keinen Platz.
Vielen Dank und auf Wiedersehen.

Klemens Quass (klemens_quass)
aus Biesenhard (Bayern) fragte:
Die Reformen der Grünen sind oft sehr unpopulär in der Bevölkerung, was in meinen Augen oft zu herben Verlusten in den Landtagswahlen geführt hat und ihnen somit eine Minderheit im Bundesrat beschert hat. Was wollen sie in der nächsten Legislaturperiode dageen tun, um nicht wieder in dieselbe Situation zu kommen und viele Reformen nur mit starken Abstrichen durchsetzen zu können.
Weiterhin viel Glück im Wahlkampf und vor allem am 22.9.
Kerstin Müller antwortet: Hallo Herr Quass! Je stärker die Grünen nach dem 22. September sind, desto besser können wir unsere Reformen in einer Koalition durchsetzen. In der nächsten Legislaturperiode müssen die AKW`s Schritt für Schritt vom Netz, Wind und Solarenergie müssen weiter ausgebaut werden, wir brauchen Volksbegehren und Volksentscheid, wir müssen die Agrarwende fortsetzen. Für all das lohnt es sich zu kämpfen. Ich lade Sie gerne ein, uns dabei zu unterstützen.
Vielen Dank für Ihre rege Teilnahme. Leider ist der Chat jetzt vorbei. Sie können sich jedoch gerne an die Frakton wenden: info@gruene-fraktion.de oder www.gruene-fraktion.de
Vielen Dank und auf Wiedersehen!

Friedrich Böhm
aus Aschaffenburg (Deutschland) fragte:
Sehr geehrte Frau Müller, zuerst einmal ich bin sehr verärgert. Schon seit geraumer Zeit ist festzustellen, dass immer mehr deutsche Politiker ohne Scham in die eigene Tasche wirtschaften. Wie stehen die Grünen dazu? Was gedenken sie dagegen zu unternehmen? Ich hoffe, ich werde eine offene, ehrliche Antwort von ihnen bekommen. Danke im Voraus und mit freundlichen Grüßen.
Kerstin Müller antwortet: Hallo Herr Böhm, da ich aus Köln bin, werden Sie verstehen, daß mir der ganze Korruptionsskandal mit all seinen Facetten sehr gut bekannt ist. Grüne sind daran nicht beteiligt. Im Gegenteil: Die Grünen haben sich als Antikorruptionspartei gegründet. Auf unseren Druck hin ist nunmehr das Parteispendengesetz enorm verschärft worden. Rot-Grün hat ein Korruptionsregister beschlossen, wo noch offen ist, ob die Union im Bundesrat dem zustimmen wird. Wir Grüne fordern außerdem ein Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürgern umfassende Akteneinsichtsrechte gewährt.

Quass Klemens (klemens_quass@web.de)
aus Biesenhard (Bayern) fragte:
Hallo
Ich habe die Ökosteuer als ein sehr positives Projekt der Grünen gesehen, doch leider habe ich bisher kein mehr an öffentlichen Verkehrsmitteln bemerkt. Wird sich das ändern oder bleibt die Ökosteuer ein Haushaltslochstopfer?
Kerstin Müller antwortet: Hallo Herr Klemens, 1. die Ökosteuer wird nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern verwandt. Das Aufkommen geht komplett in die Rentenversicherung und hat zu einer Senkung der Lohnnebenkosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber geführt.
2. Auch diese Ökosteuer ist ein Beitrag für den Klimaschutz: Heute ist die Nachfrage nach verbrauchsarmen Autos enorm gestiegen, auch die Bahn und der öffentliche Nahverkehr werden intensiver genutzt, d.h. die Ökosteuer hat ökologische Lenkungseffekte. Das müssen wir in der nächsten Legislaturperiode dringend fortsetzen.

Julia Rübe (welcomeberlin@hotmail.com)
aus Berlin (DL) fragte:
Hallo Frau Müller,
eine weitere Frage zur PISA Studie.
In letzetr Zeit konnte man ja in der Presse viel über deren Ergebnisse und die daraus resultierenden Konsequenzen lesen. Politiker aller Parteien äußerten sich zur Wort mit Reformvorschlägen und Änderungsplänen.
Leider fehlte mir in dieser ganzen politischen Diskussion immer der menschliche Ansatz. Was zum Beispiel soll es nützen, Kindern und Jugendlichen anhand eines einheitliche Lehrplanes immer weitere Mathematiktheorien einzubleuen, wenn eben jene Menschen nicht einmal die einfachsten und grundlegensten Instrumente zwischenmenschlichen Umgangs kennen, wenn anstatt Gewalt anstatt Toleranz, Schweigen anstatt Kommunikation, Haß anstatt Liebe den Alltag an unseren Schulen und in unserer Gesellschaft ausmachen. Wie also steht es mit der Vermittlung von sozialen Fähigkeiten von Seiten der Grünen. Glauben Sie nicht, dass die Rückbesinnung auf einfache zwischenmenschliche Werte langfristig mehr zum Nutzen und Fortschritt der Gesellschaft beiträgt, als die Fähigkeit eine komplizierte mathematische Gleichung perfekt lösen zu könenn?
Vielen Dank für Ihre Antwort, mfG Julia
Kerstin Müller antwortet: Hallo Frau Rübe, sicher haben Sie Recht. Das Erlernen von sozialen Fähigkeiten, von grundlegenden Werten ist mindestens so wichtig wie die reine Wissenvermittlung. Hierfür brauchen wir auch Reformen an der Schule: Eine bessere Lehrerausbildung, Weg vom 45-Minuten-Takt der Schulstunden, mehr Förderung von Kreativität und Eigeninitiative der Schüler und Schülerinnen, mehr Autonomie für die Schulen. Allerdings: Werte vermitteln sich nicht nur durch die Schule. Hier ist die ganze Gesellschaft gefragt.

Frank Bergmann (frank.bergmann@epost.de)
aus Berlin fragte:
Hallo, Frau Müller!

Welches wichtige Reformprojekt konnten Sie in den letzten vier Jahren nicht umsetzen, obwohl Sie es sich vorgenommen hatten?

Kerstin Müller antwortet: Hallo, wir haben im Bereich der Bürgerrechte viel erreicht, etwa die Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes, gleiche Rechte für Schwule und Lesben, das Zuwanderungsgesetz. Aber leider hat die Union mit Stoiber unseren Gesetzentwurf für "mehr Demokratie", d.h. Volksentscheid, Volksbegehren und Volksinitiative im Bundestag verhindert. Das ist ein wichtiges Projekt für die nächste Legislaturperiode. Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung an wichtigen politischen Entscheidungen. Wichtiges Projekt für die nächste Legislaturperiode ist auch ein Gleichstellungsgesetz für Frauen in der Privatwirtschaft. Da konnten wir uns leider gegenüber der SPD nicht durchsetzen. Wir wollen für Frauen beides - Kinder und Karriere - dafür müssen wir die Bedingungen schaffen.

Mair
aus München fragte:
Ich bin sehr daran interessiert zu erfahren, ab wann die Grünen richtig in den Wahlkampf einsteigen. Bisher nimmt man die Partei gar nicht recht wahr.Nur von den Fehlern und Peinlichkeiten der anderen im Wahlkampf zu leben, das erscheint mir zu wenig. Und mit Joschka Fischer und der Frauenspitze muss man sich doch nicht verstecken. Also ran...
Kerstin Müller antwortet: Der Wahlkampf hat für uns natürlich schon begonnen. Wir geben unser Bestes, bei allen Themen präsent zu sein, z.B. haben wir in der Antisemitismusdebatte als erste Partei klar Farbe bekannt und uns gegen Möllemanns Rechtspopulismus gewandt. Für uns geht es darum klar zu machen, Engergiewende, Agrarwende, d.h. die ökologische Erneuerung muß fortgesetzt werden. Wir wollen, daß diese Republik weltoffen und liberal bleibt. Hier haben wir viel erreicht: Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes, Zuwanderungsgesetz, gleiche Rechte für Schwule und Lesben - all das wäre ohne die Grünen undenkbar. Stoiber und Westerwelle wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen: z.B. den Atomausstieg und das Zuwanderungsgesetz stoppen. Es geht um sehr viel am 22. September . Wir können jede Unterstützung gebrauchen. Gerade heute haben wir als Partei unsere neue Webseite vorgestellt: Vielleicht klicken Sie sich mal ein: unter www.gruene.de

Horst Westphal
aus Lübeck fragte:
Mit Allgemeinplätzen können wir wenig anfangen.
Kerstin Müller antwortet: Leider besteht hier nicht der Raum und die Zeit, Ihre Fragen im Detail zu beantworten. Ich bitte Sie, meine Fraktion Ihre Fragen zuzuschicken: unter info@gruene-fraktion.de oder für nähere Informationen unsere Webseite zu nutzen: www.gruene-fraktion.de

Matthias Albrecht
aus Daun (Deutschland) fragte:
Hallo, ich war Grundwehrdienstleistender und würde gerne in Erfahrung bringen, wie Sie und ihre Partei bei einer Wiederwahl verfahren werden, wenn es um das Thema Berufsarmee geht. Heute sind doch erhebliche Ungerechtigkeiten vorhanden. Es wird nur ein kleiner Teil der männlichen Jugendlichen eingezogen, die anderen können dann in Ruhe ihr Studium oder Ausbildung beginnen und haben so einen erheblichen Bildungsvorteil.
MfG
Kerstin Müller antwortet: Hallo, wir sind als Grüne für die Abschaffung der Wehrpflicht und für die Einführung einer Freiwilligen Armee. Da in der Tat z.Z. kaum noch Wehrgerechtigkeit besteht. Dies wird sich in den kommenden Jahren noch zuspitzen. Außerdem ist dies für uns eine zentrale Frage der Demokratie: Wir lehnen Zwangsdienste ab.

Michael Reiß
aus München fragte:
Grüß Gott!

Mich würde interessieren, was die Grünen gegen die katastrophale Lage an den deutschen Schulen zu tun gedenken...
Kerstin Müller antwortet: Die Pisa-Studien haben ergeben, daß in Deutschland - anders als in vielen Ländern der Welt - leider immer noch die soziale Herkunft über die Bildungschancen entscheidet. Wir brauchen, wie in den Ländern die bei Pisa an der Spitze liegen, auch in Deutschland den Ausbau von Ganztagesschulen, unabhängig von der Schulform, wir brauchen flächendeckende qualitativ gute Kinderbetreuungseinrichtungen, auch zwischen 0 und 3 Jahren. Dort muß die frühkindliche Erziehung stark gefördert werden. Außerdem müssen Schulen nicht nur Lern-, sondern auch Lebensorte werden, d.h. im 45-minuten-Takt läßt sich Wissen nicht vermitteln, wird Kreativität nicht gefördert. Wir fordern mehr Autonomie für die Schulen, eine bessere Lehrerausbildung und kleinere Klassen. Außerdem streben wir eine gewisse bundesweite Vereinheitlichung von Lerninhalten an, etwa durch die Einrichtung einer Sachverständigen Kommission auf Bundesebene, die alle zwei Jahre einen Bericht erstellt über die Situation in den Ländern, aus dem dann bundesweit Schlußfolgerungen für die Bildungssituationen zu ziehen sind.

Alfred B.
aus Berlin fragte:
Sehr geehrte Frau Müller, ich bin Student an der Fu-Berlin und interessiere mich für die Entwicklung der Studiengebühren. Da ich einige Freunde habe, die ein langes und intensives Studium betreiben,würde mich interessieren, wie Sie zu der erheblichen Erhöhung der Studiengebühren für Langzeitstudenten stehen.
Kerstin Müller antwortet: Wir setzen uns für ein gebührenfreies Erststudium ein, d.h. wir lehnen Langzeitstudiengebühren ab. Wir sind aber für Reformen der Hochschule. Das neue Hochschulrahmengesetz ist für ein Verbot von Studiengebühren im Erststudium, eröffnet aber ausdrücklich den Weg für innovative Modelle der Studienfinanzierung. Wir sprechen uns für die Einführung von sog. Studienkonten aus. Das bedeutet, jeder Student erhält ein Kontingent von Semesterwochenstunden, das er oder sie an den Hochschulen einlösen kann. Damit wird der Anreiz für die Hochschulen geschaffen, ein möglichst gutes Angebot für die Studenten anzubieten. Das wird Bewegung in die Hochschule bringen.

Horst Westphal (horst.westphal@t-online.de)
aus Lübeck (Schleswig-Holstein) fragte:
Sehr geehrte Frau Müller, wir haben folgende Fragen an Sie:
1. Was können Senioren, die in den Vorruhestand oder die Frühverrentung geschickt wurden, mit deutlicher Unterstützung der Politiker tun, um ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Arbeitskraft zum Wohle der Allgemeinheit zu nutzen und um als bedeutende Gruppe der Gesellschaft ernst genommen zu werden?
2. Wer sich geistig nicht betätigt, verkümmert. Setzt sich Ihre Partei für Bildungs- und Weiterbildungsangebote an ältere Erwachsene ein? Das gilt besonders für Senioren, die beruflich nicht mehr „gebraucht“ werden. Wie sollen sie realisiert werden?
3. Ältere Menschen vereinsamen, wenn sie zu geringe Renten und keine Beschäftigung haben. Das führt häufig zu erheblichen psychosomatischen Problemen. Hat sich Ihre Partei mit dieser Frage befasst?
4. Warum werden Vorsorgeuntersuchungen bei älteren Menschen von den Krankenkassen reduziert, obwohl sie billiger sind, als eine spätere Behandlung?
5. Wie will Ihre Partei konkret „ältere Menschen bei der Wissensvermittlung und beim Umgang mit den neuen Medien unterstützen?“ (Zitat aus dem Wahlprogramm.)

Diese Fragen stellt Ihnen die Senioren-Internetgruppe ViLE-Lübeck. ViLE = Virtuelles Lernnetzwerk für ältere Erwachsene, ein bundesweites Senioren-Netzwerk der Universität Ulm.
Kerstin Müller antwortet: Grüne pledieren für eine Veränderung der Frühverentungspraxis, weil wir es wichtig finden, daß auch ältere Menschen ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter in die Gesellschaft einbringen. Deshalb favorisieren wir eine flexible Altersteilzeitregelung. Wichtig ist auch, daß ältere Menschen sich intensiv vor Ort in Vereinen oder auch Parteien einbringen - bürgerschaftliches Engagement ist gerade für die Gestaltung des sozialen Lebens in den Gemeinden sehr wichtig. Ältere Menschen gehören für uns nicht "zum alten Eisen", sondern wir müssen als Gesellschaft ihr Know-How nutzen.
Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/Konferenzen/2002/wahl_mueller_trs
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