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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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Hartz IV

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Fördern und Fordern - Hilfe zur Selbsthilfe

Was ist Hartz IV?

Hartz IV steht für das Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsplatz. Hartz IV führt die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zu einer neuen Dienstleistung - der Grundsicherung für Arbeitsuchende - zusammen. Wie die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe wird das neue Arbeitslosengeld II aus Steuern finanziert und nicht aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, es ist also eine Fürsorge- und keine Versicherungsleistung. Das zentrale Ziel von Hartz IV ist die Vermittlung in Arbeit und Qualifizierung.

Warum diese Arbeitsmarktreform?

Die Hartz-Gesetze sind eingebettet in eine beschäftigungspolitische Gesamtstrategie. Sie wirken zusammen mit den anderen Reformvorhaben der Agenda 2010. Hartz I und Hartz II stellen die schnellere und bessere Arbeitsvermittlung in den Mittelpunkt. Sie zielen auf die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten. Kernpunkte sind die Personal-Service-Agenturen, die Minijobs und die Ich-AGs. Die Gesetze regeln das Verhalten der Betroffenen bei Arbeitslosigkeit und den Zugang zu Fort- und Qualifikationsmöglichkeiten. Das Hartz III-Gesetz beinhaltet die Umgestaltung der Bundesagentur für Arbeit und der Agenturen für Arbeit zu modernen Dienstleistungseinrichtungen. Hartz IV ist der letzte Baustein der umfassenden Reform der Arbeitsmarktpolitik.

Die alte Doppelstruktur ist zu bürokratisch, teuer und kontraproduktiv: Bislang kümmern sich Arbeitsagentur und Sozialamt oft parallel um dieselbe Person: Ein Arbeitsloser, dem die Arbeitslosenhilfe nicht ausreicht, bekommt zusätzlich vom Sozialamt Sozialhilfe. Ein Arbeitsloser ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe bekommt vom Sozialamt Sozialhilfe und Hilfe zur Arbeit. Umgekehrt haben arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger bislang keinen Anspruch auf die Arbeitsförderungsleistungen der Arbeitsagenturen wie zum Beispiel ABM-Stellen. Diese Doppelstruktur ist zu bürokratisch, teuer und kontraproduktiv - sie behindert teilweise die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt.

2003 zahlte der Bund 16,5 Milliarden Euro Arbeitslosenhilfe, die Kommunen 9,5 Milliarden Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfsbedürftige. Durchschnittlich 26 Monate lang musste Arbeitslosenhilfe gezahlt werden, Sozialhilfe im Schnitt 28 Monate lang. Je länger die Betroffenen ausgeschlossen sind vom Arbeitsmarkt, desto schwieriger wird die Wiedereingliederung.

Was ändert sich im Kern durch die Reform?

Staatliche Unterstützung per Arbeitslosenhilfe, also: Geld aus der Steuerkasse, konnte bislang theoretisch unbegrenzt lange bezogen werden. Künftig wird das Arbeitslosengeld II gezahlt, wenn der Antragsteller über kein oder nur ein geringes anderes Einkommen oder Vermögen verfügt. Die anderen Haushaltsmitglieder zählen bei der Berechnung mit. Arbeitssuchende werden besser betreut und in Arbeit vermittelt, müssen aber auch aktiv mitwirken. Dieses Prinzip des „Fördern und Fordern“ bedeutet: Wer erwerbsfähig ist, wird vom Staat dabei unterstützt, aus eigener Kraft wieder in Lohn und Arbeit zu kommen. Es bedeutet aber auch: Nur wer wirklich bedürftig ist, erhält Unterstützung aus Mitteln der Allgemeinheit.

Was verbessert sich durch die Reform?

Raus aus der Arbeitslosigkeit: Wichtigstes Ziel der Arbeitsmarktreform ist es, Arbeitslose so schnell wie möglich zu vermitteln.

Weniger Bürokratie: Bürokratisch und wenig bürgerfreundlich war das bisherige Nebeneinander von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Anträge mussten doppelt gestellt, das Einkommen zweimal geprüft werden.

Ziel der Reform ist eine höhere Effizienz:

  • schnelle, passgenaue Vermittlung in Arbeit und Qualifikation
  • einheitlicher Zugang zu Beratung, Vermittlung und Förderleistungen
  • Vorrang der aktiven Eingliederungsleistung wie Beratung, Vermittlung und Weiterbildung vor der passiven Transfer-, d.h. Geldleistung
Was ist ein Jobcenter?

Ein Jobcenter ist eine einheitliche Anlaufstelle für Arbeitslose und Arbeitsuchende. Ein Jobcenter ist das Kundenservicezentrum des Arbeitsmarkts. Jeder/jede Ratsuchende, egal ob Empfänger/in von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder ganz ohne Leistungen, findet hier eine/n Ansprechpartner/in. Das Jobcenter vereint die Agentur für Arbeit, Jugendamt, Wohnungsamt, die Sucht- und Drogenberatung, die Schuldnerberatung und weitere Sozialdienste.

Alles aus einer Hand: Alle erwerbsfähigen Arbeitsuchenden haben den gleichen Anspruch auf Förderung, egal, ob sie bislang Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bezogen haben. Ihnen steht im Jobcenter das komplette Paket zur Verfügung: ABM-Stellen, Qualifizierung und Weiterbildung, aber auch Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Wer Arbeit findet, kann zum Arbeitslosengeld II ein Einstiegsgeld beantragen.

Was wird getan, dass ich Arbeit bekomme?

Bessere Vermittlung: Im neuen Jobcenter konzentriert sich künftig ein so genannter Fallmanager gezielt auf die jeweiligen Arbeitsuchenden. Individuelle Betreuung war bislang kaum möglich. Bei Arbeitssuchenden unter 25 Jahren ist künftig ein Fallmanager maximal für 75 Kunden zuständig; mittelfristig soll auch bei allen anderen Arbeitsuchenden dieser Wert erreicht werden. Früher war ein Arbeitsvermittler für 700 Arbeitslose zuständig, inzwischen wurde das Verhältnis auf 1:360 gesenkt.

Rechtsanspruch: Arbeit suchende Jugendliche unter 25 Jahren haben mit der Antragsstellung einen Rechtsanspruch auf Beschäftigung, Ausbildung und Qualifizierung.

Einstiegsgeld: Bei Aufnahme einer neuen Arbeit können Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II einen Lohnzuschuss bekommen. Die Leistung können erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten, wenn sie eine Arbeit annehmen, deren Bezahlung zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. Der Fallmanager kennt die Situation des Arbeitsuchenden und kann, wenn er es für zweckmäßig hält, ein Einstiegsgeld in Form eines flexiblen Zuschusses bewilligen.

Muss ich jeden Job annehmen?

Nein. Arbeit ist nicht zumutbar

  • wenn der Hilfebedürftige dazu geistig, seelisch und körperlich nicht in der Lage ist,
  • die Arbeit dem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden Tätigkeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
  • die Arbeit die Erziehung eines Kindes oder des Kindes seines Partners gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege oder auf sonstige Weise sichergestellt ist,
  • die Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
  • der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht,
Arbeit muss auch dann nicht angenommen werden, wenn sie sittenwidrig oder illegal ist. Sittenwidrig ist eine Arbeit dann, wenn der Lohn 30 Prozent unter dem Tariflohn liegt.

Was passiert, wenn ich eine zumutbare Arbeit ablehne?

Das Arbeitslosengeld II wird in einer ersten Stufe um 30 Prozent gekürzt, wenn der erwerbsfähige Hilfsbedürftige sich weigert, eine vom Arbeitsvermittler angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die in der Vereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen oder es an eigenem Bemühen fehlen lässt; es wird gekürzt, wenn der Klient/die Klientin eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit ablehnt oder eine zumutbare Qualifizierung abbricht.

Wie hoch ist das Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (West)?

Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben alle erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen zwischen 15 und 65 Jahren. Als erwerbsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Anspruchberechtigt sind auch die Angehörigen, die mit dem Hilfsbedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

Erwerbsfähige Hilfsbedürftige bekommen künftig Arbeitslosengeld II. Hilfsbedürftig ist, wer sich und/oder seine Familie nicht selbst versorgen kann. Das Arbeitslosengeld II wird weitgehend pauschal ausbezahlt: 345 Euro (West) für Alleinstehende oder Alleinerziehende. Sind beide Partner (beide älter als 18 Jahre) arbeitslos, so erhält jeder 311 Euro (jeweils 90 Prozent der Regelleistung).

Nicht erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfgemeinschaft erhalten Sozialgeld. Es handelt sich vor allem um Kinder, die mit dem/der Leistungsempfänger/in im gemeinsamen Haushalt leben. Das Sozialgeld orientiert sich an der Höhe des Arbeitslosengeldes II. Bis zum 14. Lebensjahr beträgt das Sozialgeld 207 Euro (60 Prozent), ab dem 15. Lebensjahr 276 Euro (80 Prozent der Regelleistung).

Muss ich künftig mit 345 Euro im Monat auskommen?

Nein. Der Staat übernimmt die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, außerdem übernimmt er die Kosten für Miete und Heizung. Schwangere, Alleinerziehende oder Behinderte bekommen Zuschläge. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Regelung. Zudem kann das Arbeitslosengeld II durch eigene Arbeit aufgestockt werden.

Erstmals bekommen erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die früher Sozialhilfe bezogen haben, eine eigene Absicherung für das Alter und eine generelle Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Nicht erwerbsfähige Angehörige sind über die Familienversicherung kranken- und pflegeversichert.

Muss ich mein Vermögen aufbrauchen, bevor ich Arbeitslosengeld II bekomme?

Nein. Der Grundfreibetrag des Hilfsbedürftigen und seines Partners beträgt pro Lebensjahr 200 Euro, mindestens je 4.100 Euro, höchstens je 13.000 Euro, komplett also 26.000 Euro. Die Freibeträge bei der Vermögens- und Einkommensanrechnung sind deutlich höher als im Sozialhilferecht.

  • Weitere 200 Euro pro Lebensjahr können für die Altersvorsorge zurückgelegt werden (Höchstgrenze 13.000 Euro je Partner). Eine Auszahlung vor der Rente muss ausgeschlossen sein.
  • Die „Riester-Rente“ genannte staatlich geförderte Altersvorsorge bleibt vollständig anrechnungsfrei.
  • Für notwendige Anschaffungen pro Hilfsbedürftigem gelten 750 Euro Freibetrag.
  • Nicht zum Vermögen gehört ein angemessener Hausrat.
  • Nein, auch das Auto muss nicht verkauft werden, auch wenn der Partner/die Partnerin ein Auto hat, dürfen beide behalten werden. Das Auto muss aber der Situation „angemessen“ sein.
  • Nein, auch selbst genutztes Wohneigentum in angemessener Größe muss nicht verkauft werden.
  • Sachen und Rechte, deren Verkauf unwirtschaftlich wäre, werden nicht angetastet.
Höhere Freibeträge für Ältere: Der Vermögensgrundfreibetrag für Ältere, die bis zum 1. Januar 1948 geboren sind, beträgt 520 Euro je Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen und seines Partners, mindestens aber 4.100 Euro und höchstens jeweils 33.800 Euro.

Konkret bedeutet dies: Eine Familie (Ehepartner jeweils 48 Jahre alt, zwei Kinder, 14 und 12 Jahre) kann künftig ein Vermögen (zuzüglich Riesterrente, Wohneigentum, Hausrat und Auto) in Höhe von 48.100 Euro besitzen - und dies bei vollem Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Muss ich meine Lebensversicherung verkaufen,

bevor ich Arbeitslosengeld II bekomme?

Liegt der Rückkaufswert der Lebensversicherung mehr als zehn Prozent unter der Summe der eingezahlten Beträge, ist ein Rückkauf unwirtschaftlich, also wird die Versicherung nicht angetastet. Wird der Versicherungserlös erst im Ruhestand fällig, gilt ein Freibetrag von 13.000 Euro pro hilfsbedürftiger Person.

Wird das Einkommen meines Partners angerechnet?

Ja. Arbeitslosengeld II und Sozialgeld werden über Steuern finanziert. Darum muss das Einkommen des Partners angerechnet werden. Diese Anrechnung orientiert sich am bisherigen Sozialhilferecht. Abzusetzen sind Steuern, Sozialversicherungs- und Versicherungsbeiträge. Außerdem können abgesetzt werden: bei einem Bruttolohn bis zu 400 Euro 15 Prozent; 30 Prozent für den Teil des Betrags zwischen 400 und 900 Euro und 15 Prozent für den Betrag zwischen 900 und 1500 Euro. Das restliche Netto-Einkommen wird mit dem Bedarf verrechnet.

Wird das Kindergeld als Einkommen angerechnet?

Kindergeld wird als Einkommen des Kindes angerechnet. Weil aber das Sozialgeld immer höher ist als das Kindergeld (für unter 14-Jährige 60 Prozent der Regelleistung, also derzeit 207 Euro) ergibt sich daraus eine Verbesserung der bisherigen Arbeitslosenhilfe.

Muss ich die Sparbücher meiner Kinder plündern?

Natürlich nicht. 4.100 Euro von Geburt an stehen jedem minderjährigen Kind zu. Anders ausgedrückt: 4.100 Euro bleiben auf dem Kindersparbuch unangetastet. Dieses Vermögen ist geschützt und kann als Sparbetrag angelegt werden. Damit bleiben im Regelfall auch Ausbildungsversicherungen geschützt. Nur Vermögen oberhalb dieses Freibetrages wird auf die Leistungen für das Kind angerechnet, nicht jedoch auf die Leistungen für die Eltern. Kinder werden keinesfalls zum Unterhalt für die Eltern herangezogen. Hinzu kommt der Freibetrag für besondere Anschaffungen in Höhe von 750 Euro.

Sind Eltern und Kinder gegenseitig unterhaltspflichtig?

Nein. Eltern und volljährige Kinder müssen nicht gegenseitig füreinander aufkommen, sofern sie nicht in einer Hausgemeinschaft leben. Ausnahme: Für Kinder unter 25 Jahren, die noch in der Ausbildung sind, müssen die Eltern aufkommen.

Was ist eine Bedarfsgemeinschaft?

Zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören

  • die erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen,
  • die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen Kindes und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
  • der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
  • die Person, die mit dem Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt,
  • der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
  • die dem Haushalt angehörigen unverheirateten minderjährigen Kinder des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen oder seines Partners, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.
Einkommen und Vermögen von Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft sind bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit zu berücksichtigen. Leben Hilfsbedürftige mit Verwandten oder Verschwägerten in einer Haushaltsgemeinschaft, so geht die Arbeitsagentur davon aus, dass diese die notwendigen Leistungen für den Hilfebedürftigen aufbringen. Das Gegenteil kann aber nachgewiesen werden.

Wer bekommt den Kinderzuschlag?

Ein Kinderzuschlag wird an Eltern bezahlt, deren Arbeitseinkommen zwar das eigene Auskommen sichert, aber für das der Kinder nicht reicht. Der Zuschlag wird mit dem Kindergeld ausbezahlt. Der Zuschlag verhindert, dass erwerbstätige Eltern allein wegen des Unterhalts für ihre Kinder Sozialhilfe beantragen müssen. Kinderzuschlag gibt es maximal in Höhe von 140 Euro pro Kind für längstens 36 Monate.

Beispiel: Ehepaar mit zwei Kindern, Warmmiete 521 Euro monatlich. Ein Anspruch auf den Kinderzuschlag besteht bei einem um Steuern, Sozialabgaben und dem Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten Nettoeinkommen von 993 bis 1.273 Euro im Monat. Ein solches Einkommen kann mit einem Midi- und einem Minijob erreicht werden. Bei einem Nettoeinkommen von 993 Euro werden zwei volle Kinderzuschläge von 280 Euro bezahlt, bei 1.273 sind es noch 91 Euro. Das Wohngeld kann 120 bis 150 Euro betragen.

Profitieren gering verdienende Familien und Alleinerziehende?

Familien mit schwachem Einkommen und Alleinerziehende haben durch die Reform nicht weniger, sondern mehr Geld zur Verfügung. Denn im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe orientiert sich das Arbeitslosengeld II nicht am letzten Lohneinkommen, sondern an der Bedürftigkeit. Bis in die mittlere Lohngruppe hinein ist das neue Arbeitslosengeld II höher als die bisherige Arbeitslosenhilfe. Vor allem Alleinerziehende, die derzeit Sozialhilfe und künftig das Arbeitslosengeld II beziehen, werden profitieren. Sie sind künftig sozialversichert. Das gilt besonders für Menschen aus schlecht bezahlten Berufen, zum Beispiel Krankenschwestern, Friseure oder Verkäuferinnen. Alleinerziehende bekommen nicht nur eine Beschäftigung vermittelt sondern - bei Bedarf - auch einen Betreuungsplatz für das Kind.

Darf ich zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen?

Ja. Die Freibeträge werden deutlich erhöht. Bei einem Bruttolohn von bis zu 400 Euro bleiben 15 Prozent anrechnungsfrei, zusätzlich 30 Prozent des Betrags zwischen 400 und 900 Euro und zusätzlich 15 Prozent des Betrags zwischen 900 und 1.500 Euro. Umgekehrt können Erwerbstätige mit sehr geringem Einkommen Arbeitslosengeld II beantragen. Im Gesetz steht nicht, dass nur Arbeitslose Arbeitslosengeld II bekommen, sondern alle, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigener Kraft finanzieren können.

Was sind Zusatzjobs, die so genannten Ein-Euro-Jobs?

Die so genannten Ein- oder Zwei-Euro-Jobs sind zeitlich begrenzte Arbeitsgelegenheiten oder Zusatzjobs. Die Zusatzjobs sollen helfen, Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt wieder einzugliedern. Langzeitarbeitslose verdienen zum Arbeitslosengeld II hinzu und können je nach Stundenzahl und Bedürftigkeit zwischen 850 und 1.000 Euro monatlich verdienen (Kosten für Unterkunft und Heizung plus Regelleistung von 345 Euro plus eventuell einen befristeten Zuschlag plus Mehraufwand).

Kommunen und gemeinnützige Träger richten solche Zusatzjobs ein. Der Zusatzjob muss tatsächlich zusätzlich sein und sich am Gemeinwohl orientieren (Beispiel: soziale Betreuungsarbeiten in der Altenpflege und bei der Kinderbetreuung). Er ist gemeinwohlorientiert, wenn er der Gesellschaft zugute kommt und zusätzlich, wenn er ergänzend zu den Aufgaben erbracht wird, die etwa Altenpflegekräfte und Erzieherinnen üblicherweise leisten.

Droht nach einem Jahr Arbeitslosengeld

der Absturz auf Sozialhilfeniveau?

Nein. Arbeitslose mit Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung erhalten nach Ende des Arbeitslosengeldbezugs einen befristeten Zuschlag auf das Arbeitslosengeld II. Der Zuschlag federt den Übergang auf das niedrigere Niveau ab.

Wie viel Zuschlag? Der Zuschlag ist auf zwei Jahre begrenzt und beträgt höchstens 160 Euro monatlich, bei Partnern höchstens 320 Euro, pro minderjährigem Kind das mit dem Zuschlagsberechtigten zusammenlebt 60 Euro. Nach einem Jahr wird der Zuschlag halbiert. Fällt der Zuschlag weg, steht der Arbeitsuchende dennoch besser da als mit der bisherigen Sozialhilfe: Der Staat bezahlt die Sozialversicherungsbeiträge, außerdem sind die Freibeträge bei der Anrechnung von Vermögen und bei Erwerbstätigkeit deutlich höher als bisher.

Zuschlag ab sofort: Wer bis Ende 2003 Arbeitslosengeld bezogen hat und 2004 Arbeitslosenhilfe, erhält am 1. Januar 2005 ein Jahr lang den halbierten Zuschlag auf das Arbeitslosengeld II.

Bekomme ich zum 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II ausbezahlt?

Ja. Durch die Umstellung der Arbeitslosenhilfe auf Arbeitslosengeld II kommt es zum 1. Januar 2005 zu keiner Versorgungslücke. Wer im Januar kein Einkommen erzielt und die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II erfüllt, bekommt Anfang Januar Arbeitslosengeld II. Unerheblich ist, ob und wann im Dezember Arbeitslose Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten haben. Nimmt der Bezieher des Arbeitslosengeldes II eine Arbeit auf, bekommt er für den laufenden Monat noch Geld, aber als Darlehen.

Stehe ich mit dem Arbeitslosengeld II schlechter da

als mit Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe?

Nein.

Rechenbeispiel Alleinlebende/r, Miete und Heizung 317 Euro, Bruttoeinkommen 1500 Euro (West)

 

Arbeitslosengeld II: 345 Euro
Unterkunft, Heizung: 317 Euro
Befristeter Zuschlag im ersten Jahr: 31 Euro
Befristeter Zuschlag im zweiten Jahr: 16 Euro
Haushaltseinkommen
im ersten Jahr 693 Euro
im zweiten Jahr 678 Euro
ab dem dritten Jahr 662 Euro

Zum Vergleich: bisherige Arbeitslosenhilfe und Wohngeld nach alter Regelung: 659 Euro

Rechenbeispiel (Ehe-)Paar, 2 Kinder (4 und 12 Jahre), Miete und Heizung 538 Euro, früheres Bruttoeinkommen 3000 Euro (West)

 

Arbeitslosengeld II, Erwachsener 311 Euro Zusätzlich anzurechnendes Einkommen
Arbeitslosengeld II, Erwachsener 311 Euro Kindergeld 308 Euro
Arbeitslosengeld II, Kind 207 Euro Berechnung Zuschläge
Arbeitslosengeld II, Kind 207 Euro Zuschlag im ersten Jahr 165 Euro
Unterkunft, Heizung 538 Euro Zuschlag im zweiten Jahr 83 Euro

Haushaltseinkommen (Arbeitslosengeld II + Kindergeld)

 

im ersten Jahr 1.739 Euro
im zweiten Jahr 1.657 Euro
ab dem dritten Jahr 1.574 Euro

Zum Vergleich: bisherige Arbeitslosenhilfe, Wohngeld und Kindergeld: 1.670,51 Euro

Was bringt die Reform den Kommunen?

Sie sparen viel Geld: Gewinner der Reform sind die Städte und Gemeinden. Der Bund entlastet die Kommunen durch die Arbeitsmarktreform jährlich um insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Das Land Baden-Württemberg wird 2005 strukturell um 160 Millionen Euro entlastet. Die Wohngeldreform entlastet die Länder um jährlich 2 Milliarden Euro, und 200 Millionen Euro für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt übernimmt ebenfalls der Bund.

Sie sparen auch bei der Unterkunft: Durch die Einführung von Arbeitslosengeld II müssen die Kommunen künftig nicht mehr die Kosten für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger (sie machen 90 Prozent der Sozialhilfe-Empfänger aus) übernehmen. Außerdem übernimmt der Bund 29,1 Prozent der Kosten der Unterkunft (aktuell geschätzte 3,2 Milliarden Euro pro Jahr); diese Zahl ist variabel und wird über eine Revisionsklausel im Laufe von 2005 zeitnah an die tatsächlich entstandenen Kosten angepasst.

Es wird Geld frei für die Kinderbetreuung: Das bei der Sozialhilfe gesparte Geld sollen die Kommunen anteilig in Betreuungseinrichtungen für Kinder von 0 bis 3 Jahre investieren.

Baden-Württemberg schuldet den Kommunen weitere 125 Millionen: Zusätzlich zur Entlastung von 160 Millionen Euro müssen die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg weitere 125 Millionen Euro pro Jahr vom Land einfordern. 125 Millionen spart das Land künftig an Wohngeld. Die Landesregierung ist bislang nicht bereit, diese 125 Millionen weiterzuleiten. Es ist auch Aufgabe der Kommunen, die Landesregierung in diesem Punkt öffentlich in die Pflicht zu nehmen.

Warum genieren sich CDU/CSU nicht für ihre Scheinheiligkeit?

CDU/CSU-Forderungen:

  • Arbeitslosengeld im ersten Monat streichen!
  • Sozialhilfe für alle, deren Bezug von Arbeitslosengeld abgelaufen ist!
  • Absolute Arbeitsverpflichtung!
  • Absolute Zumutbarkeit von Arbeit!
  • Niedrigere Freibeträge für die Sparbücher der Kinder!
  • Keine Mehraufwandsentschädigung mehr (wie bisher bei der Sozialhilfe)!
  • Ein Drittel weniger Geld für Langzeitarbeitslose als beschlossen!
  • Zuschläge zum Arbeitslosengeld II nur ein Jahr anstatt zwei!
  • Volle Anrechung des Zuverdienstes für Jobs bis 400 Euro!
  • Keine Sozialversicherung für Arbeitslose!
  • Keine verbindliche Regelung bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen!
Die Union kritisiert heute Regelungen bei der Arbeitsmarktreform, die sie im Vermittlungssausschuss einst mit beschlossen hat - und die sie, wäre sie an der Regierung, wesentlich schärfer formuliert hätte.

CDU/CSU wollten kein Arbeitslosengeld II. Die Union fordert in einem von ihr vorgelegten „Existenzgrundlagengesetz“ faktisch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Langzeitarbeitslose wären generell auf Sozialhilfeniveau abgerutscht.

Die Leistungskürzung steht im Mittelpunkt des Unions-Konzeptes, das auf dem aus den USA importierten „Wisconsin-Modell“ basiert. Dahinter steht die Annahme, dass sich die Menschen schon einen Job suchen würden wie auch immer die Bedingungen sein mögen. Die Union hält trotz des im Vermittlungsausschuss vereinbarten Kompromisses an ihren Maximalforderungen fest, alles andere sind Einzelmeinungen.

Redaktionelle Anmerkung: Hartz IV ist als Gesetz beschlossen, die Umsetzung zum 1. Januar 2005 geplant. Diese Übersicht entspricht dem Informationsstand im September 2004. Die noch offenen Feinabstimmungen werden ggf. in einer Aktualisierung ergänzt.