Berlin, 29.11.2001

 

 

Günter Baumann,

MdB seit 1998,

Ordentliches Mitglied im Innenausschuss und im Petitionsausschuss

 

 

 

Viel versprochen, wenig realisiert - Eine Bilanz rotgrüner Sicherheitspolitik.

 

 

Keine Frage: wenn es in der Politik um Sicherheitsphilosophie ginge, könnte man dem Bundesinnenminister gute Noten geben. Völlig richtig zitiert er in der öffentlichen Debatte um innere Sicherheit immer wieder die Einsicht Wilhelm von Humboldts, dass Sicherheit die Voraussetzung von Freiheit ist.

 

In der Sicherheitspolitik dagegen stehen die Ankündigungen von Otto Schily in einem eklatanten Missverhältnis zu dem, was die Regierung tatsächlich auf den Weg gebracht hat. In den drei Jahren Regierungstätigkeit vor dem 11. September hat Rotgrün kein einziges Gesetz zur Erhöhung der inneren Sicherheit und zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus vorgelegt. Die Angriffe auf New York und Washington rissen die Regierung dann aus ihrem sicherheitspolitischen Schlummer. So als gäbe es den organisierten Terror erst seit dem 11. September, fing man nun an, „Anti-Terror-Pakete“ zu schnüren.

 

In der aktionistischen Eile schrieb man hier und da schnell einige Punkte aus früheren Anträgen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Prävention und Strafverfolgung von Extremisten und organisierter Kriminalität ab, meist um sie anschließend bis zur Unkenntlichkeit zu verwässern.

In einigen Bereichen tat man das Notwendige: Terrororganisationen mit Sitz im Ausland können nun auch in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden. Ausländische Extremisten im Inland können sich nicht länger hinter dem „Religionsprivileg“ verschanzen.

Die wenigen lobenswerten Maßnahmen dürfen die Öffentlichkeit aber nicht über die gravierenden Handlungsdefizite der Bundesregierung hinweg täuschen. Seit der rotgrünen Regierungsübernahme wächst in Deutschland die sicherheitspolitische Wüste: Zum Beispiel an der deutsch-tschechischen Grenze.

 

Dieser Grenzbereich, der auch in diesem Jahr die höchste Zahl illegaler Grenzübertritte zu verzeichnen hat, wird in Schilys Sicherheitspaketen nicht einmal erwähnt. Dabei geht es hier längst nicht mehr nur um den kommerziellen Menschenschmuggel und die Kriminalität, die im Grenzbereich auffällig höher liegt als anderswo in Sachsen. Seit dem 11. September können und dürfen wir nicht länger die Augen davor verschließen, dass illegale Einwanderung auch eine extremistische und terroristische Dimension hat. Wer das nicht glauben will, dem ist die Lektüre der Verfassungsschutzberichte von 1999 und 2000 zu empfehlen: Extremistische Ausländerorganisationen schleusen demnach systematisch eigene Funktionäre und Mitglieder über die „Grüne Grenze“. Das „Handelsblatt“ zitierte noch am 30. Oktober 2001 tschechische Geheimdienstquellen, wonach über Tschechien neben irakischen Geheimdienstagenten auch afghanische Taliban-Anhänger geschleust worden seien.

 

Die Antwort der Regierung auf diese Sicherheitsfragen ist die pure Ignoranz: der Bundesgrenzschutz wird an der deutsch-tschechischen Grenze weder personell noch in seiner technischen Ausrüstung gestärkt! Ein entsprechender Antrag für mehr Sicherheit an der deutsch-tschechischen Grenze, den ich gemeinsam mit den innenpolitischen Experten und der Landesgruppe Sachsen in der CDU/CSU-Fraktion eingebracht hatte, wurde von der rotgrünen Mehrheit in abschließender Lesung am 15. November 2001 mit derselben Ignoranz abgelehnt.

 

 

Aber auch über die Grenzsicherheit hinaus sind die Sicherheitspakete der Regierung unausgereift und halbherzig. Sie dementieren die Ankündigungen des Innenministers. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man sagen: Der ‚rote Sheriff‘ schießt nur mit Platzpatronen.

Und daran wird sich bis zur nächsten Bundestagswahl wohl nichts ändern.

Die sächsische Landesgruppe im Bundestag unterstützt im einzelnen folgende Kritikpunkte  und Forderungen der CDU/CSU-Fraktion, die wir als Anträge dem Innenausschuss zur Beratung vorgelegt haben: 

 

 

 

Neben diesen Einzelforderungen muss die Regierung aber endlich begreifen, dass jedes Politikfeld in einem Zusammenhang mit anderen steht: So wie es keine innere Sicherheit ohne Grenzsicherheit gibt, gibt es auch keine effiziente Bekämpfung von Ausländerextremismus ohne eine wirksame Begrenzung und sicherheitspolitische Kontrolle der Zuwanderung.