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Thema: Brauchen neue Medien neue Methoden?

Dieses Thema ist geschlossen

 
14.09.2002, 23:29 Uhr

hansth
Posts: 76

quote:
Original von foerster:
Wo solche Gutachter sich wirklich einmal Mühe geben, da denken sie über die nächste Wahlperiode hinaus: und darum kommen ihre Vorschläge bei den Parteien gar nicht zum Tragen; bleiben ein Feigenblatt dafür, daß man sich sachkundig gemacht habe.


Herr Foerster,

ich kann Ihren speziellen Vorschlag hier auf Anhieb nicht im Besonderen prüfen. Ich sehe ihn nur als ein Beispiel für besondere Sach-Räte, gegen die ich grundsätzlich keine Einwände habe. Nur können sie die allgemeine Beteiligung aller Bürger, unabhängig von ihrem Bildungsstand, nicht erübrigen. Sie behalten lediglich ein beratende Funktion.

Und es bleibt (mir zumindest) auch unklar, in welchem Zusammenhang Ihr Vorschlag mit den Möglichkeiten der neuen Online-Medien stehen. Um die geht es hier aber!

Gruß
Hans Thiel






14.09.2002, 14:04 Uhr

foerster
Posts: 3

Der Satz: "Politik ist die Kunst des Machterhalts" kann in doppeltem Sinne gebraucht werden. Ich komme zur Deutung, daß der Mächtige sich an der Macht halten will. Das sind bei uns die Parlamentarier, die alle vier Jahre die meisten Stimmen einsammeln müssen. Und dies geht über Personen und Emotionen. Da muß ja die Sach- und Langzeitpolitik unter die Räder kommen. Schlimm wenn eine Flutkatastrophe zum Wahlhelfer werden kann und auch noch Fehlpolitik zudeckt oder wegschwemmt, weil wieder Versprechungen gefragt sind. Wenn Politiker überhaupt noch von Vernunft reden, so ist dies natürlich eine leere Floskel. Wir rutschen immer mehr an den Rand des Abgrundes: die Massen werden mit "Brot und Spielen" abgefertigt und ruhiggestellt wie im untergehenden Alten Rom. (Sie brauchen nicht einmal mehr in die Arena laufen, sie haben ja den Fernsehschirm und können allerlei Warenschnickschnack sogar per Internet ins Haus kommen lassen.) Demokratie, so wie sie heute als Ideal angepriesen wird, wurde schon von den alten Griechen als Vorstufe der Diktatur angesehen. Aristoteles empfahl in der Demokratie die Monarchie (als königliche Verfassung, Die Aristokratie (heute als die angerufenen Fachleute) weiterleben zu lassen.

Aber diese Fachleute dürfen nicht über geheimnisvolle Wege und nach dem Verständnis einer Parteirichtung (und sei es auch nur diejenige des parlamentarischen Systems als Heiliger Melkkuh für Politiker aller Couleur) berufen werden. Wo solche Gutachter sich wirklich einmal Mühe geben, da denken sie über die nächste Wahlperiode hinaus: und darum kommen ihre Vorschläge bei den Parteien gar nicht zum Tragen; bleiben ein Feigenblatt dafür, daß man sich sachkundig gemacht habe. In http://www.biotelie.de schlage ich nach über einem halben Jahrhundert Bewährung in gedanklicher Prüfung an Problemstellungen vor, als STIMME DER WISSENSCHAFT eine biotele (bios = Leben, telos = Ziel) Gutachteninstanz zu schaffen. Dort würden aus der großen Anzahl von Leuten mit höherem Bildungsniveau und aus Fachleuten mindestens für jede Fragestellung zwei Gutachter über Internet berufen, welche (so sie die Aufgabe annehmen) ohne gegenseitige personelle Identifizierung sich an die Aufgabe machen. (Weitere Fachleute können und sollen von ihnen hilfsweise herangezogen werden.)

Dabei gilt als Hauptziel und Richtschnur immer die Erhaltung der Lebensgrundlagen (dynamische Stabilität, derzeit etwas weniger glücklich: nachhaltige Entwicklung genannt). Dieser gemeinsame Maßstab ist aber zu allgemein, um weiterzuhelfen; er wird ergänzt von zwölf Aspekten, die nacheinander als Checkliste berücksichtigt werden müssen.(Einzelheiten am Ende von index-Seite meiner Homepage; aber jahrtausende bewährte und anerkannte naturrechtliche Grundsätze!) Neu ist lediglich meine Forderung, diese anerkannten Grundsätze nicht auf zwei Parteienlager zu verteilen, sondern alle gemeinsam zugunsten des Gemeinwohles zu berücksichtigen. Übereinstimmnende biotele Gutachtenergebnisse haben ein besonderes Gewicht. Sie werden sich neben — ich betone neben — der Meinungsabgleichung, Interessenschlichtung und Kompromißfindung in den Parlamenten zu einer langzeitpolitischen, überparteilichen Einrichtung allmählich zur Institution verdichten.
14.09.2002, 11:27 Uhr

hansth
Posts: 76

quote:
Original von hansth:
quote:
Original von haans:
Claus Leggewie kann das besser ausdrücken als ich:
http://www.das-parlament.de/2001/52_53/panorama/2001_52_53_033_7403.html




Aber genau darin irrt er!

Da bin ich vielleicht doch noch die zentrale Aussage schuldig:

quote:
Durch das Internet kann eine neue Informationselite entstehen, die jedoch, meint Leggewie, im Gegensatz zu anderen Eliten für alle offen ist. Man muss nur mitmachen wollen

Der letztere Satz stimmt schon, und ich richte ihn vor allem an die "verantwortlichen Gruppen" der Politiker, Medienleute und Wissenschaftler. Und natürlich stimmt der erste Satz auch rein deskriptiv. Aber ich fürchte, er wird sogleich als Bedingung oder Norm verstanden. Und das halte ich dann für eine gefährliche Aussage, zumal eines Politikwissenschaftlers.

Es geht nicht an, dass Qualifikationsprozeduren und Arbeitsweisen bestimmter Gruppen hier als Norm gesetzt werden. Das ist "bildungsbürgerlicher Dünkel"! Dessen "Nackheit" prompt von einem kleinen Jungen bemerkt werden dürfte.

Gruß
Hans







[ Dieser Beitrag wurde von hansth am 14.09.2002 editiert. ]
13.09.2002, 21:25 Uhr

hansth
Posts: 76

quote:
Original von haans:
Claus Leggewie kann das besser ausdrücken als ich:
http://www.das-parlament.de/2001/52_53/panorama/2001_52_53_033_7403.html



Aber genau darin irrt er! Und drum trägt er auch wenig zur Idee dieses Forums bei. Und die Hoffnung an die Politikwissenschaft als Disziplin geht damit den Bach runter.

Gruß
Hans






13.09.2002, 17:56 Uhr

haans
Posts: 2

quote:
Original von hansth:
Weder das Zeit- noch das Massen-Argument scheinen mir wirklich gegen eine eDemokratie-Nutzung zu sprechen. Sie sprechen eher dafür!


Ich gebe dir vollkommen Recht! Ich möchte mit meinem Beitrag nur diskutieren, wie die Methoden im Detail angewandt werden können. Das Wort Elite schreckt etwas auf -- es geht vor allem um die von dir beschriebenen Auswahlmechanismen.

Claus Leggewie kann das besser ausdrücken als ich:
http://www.das-parlament.de/2001/52_53/panorama/2001_52_53_033_7403.html


Hans 2 :-)



13.09.2002, 14:49 Uhr

hansth
Posts: 76

quote:
Original von haans:

Letzteres -- die politische Diskussion -- kann immer nur von einer überschaubaren Anzahl von Menschen durchdacht werde, denn die Demokratie muss so viele Entscheidungen treffen, dass wir nicht genügend Leute haben, sie alle im großen Kreis zu diskutieren. Auch ich als interessierter Mensch möchte mich nicht über alles und jedes den Kopf zerbrechen, sondern erwarte, dass es Menschen für mich machen, denen ich das zutraue.

Ist das wirklich so, dass Elitenbildung im Politikbereich allein schon wegen der Masse der Betroffenen notwendig ist? Ist das Massen-Problem nicht gerade auch mit den elektronischen Medien nun handhabbar, weil man Auswahlmechanismen anbieten kann? Die weder eine Zensur noch eine Eliten-interne Selbstrekrutierung erfordern.

Gut ausgebildete "Helfer" (Moderatoren, Online-Journalisten, "Politiker" als Vermittler) sind sicher weiterhin von wachsender Bedeutung. Aber Helfer sind keine Letzt-Entscheider.

Und man möge mal wirkliche politische Original-Entscheidungen von denen trennen, in denen Abgeordnete nur Fraktionsempfehlungen nachvollziehen also eigentlich nur eine Helfer-Funktion wahrnehmen.

Weder das Zeit- noch das Massen-Argument scheinen mir wirklich gegen eine eDemokratie-Nutzung zu sprechen. Sie sprechen eher dafür!

Gruß
Hans






12.09.2002, 16:40 Uhr

haans
Posts: 2

Hallo wthoma

quote:
Original von miniview2000:
Mit Foren wie diesem erreicht man nicht die Masse, man erreicht
immer dieselben, die sich eh schon engagieren und mitdenken und
ev. a bisserl mehr im Hirn haben als die letzte Bild-Schlagzeile.


Das sind zwei unterschiedliche Funktionen: Zum einen die Vermittlung von Grundwissen über die politischen Themen. Zum anderen die interaktive Bearbeitung von Themen, ihre Verbesserung und Entscheidungsvorbereitung.

Letzteres -- die politische Diskussion -- kann immer nur von einer überschaubaren Anzahl von Menschen durchdacht werde, denn die Demokratie muss so viele Entscheidungen treffen, dass wir nicht genügend Leute haben, sie alle im großen Kreis zu diskutieren. Auch ich als interessierter Mensch möchte mir nicht über alles und jedes den Kopf zerbrechen, sondern erwarte, dass es Menschen für mich machen, denen ich das zutraue. Und dass sie es innerhalb eines transparenten Verfahrens machen, in das ich mich im Einzelfall einschalten kann. Und diese "Einschalten" möchte ich im Internet organisieren.

Am Ende dieser Entwicklung steht eine offene, ständig wechselnde Demokratie-"Elite", die die aktuellen Themen diskutiert. Im Gegensatz zu den klassischen Eliten, ist die internetgestützte Elite aber jederzeit offen für neue Köpfe.

quote:
Original von miniview2000:
Nein, ich denke , der Weg für die nächsten 5-10 Jahre ist ein
anderer: Der Staat sollte seine Position nutzen und an öffentlichen
Stellen (z.B Bahnhöfen) politische u/o andere Bildungsthemen
"aufdrängen".


Ja, gute Idee. Dennoch ist es schwierig, dabei die Balance zu halten und regierungsamtlich nicht *die* öffentliche Meinung zu verkünden.

Viele Grüße
Hans Hagedorn

[ Dieser Beitrag wurde von haans am 12.09.2002 editiert. ]

[ Dieser Beitrag wurde von haans am 13.09.2002 editiert. ]
12.09.2002, 15:26 Uhr

wolfgangj
Posts: 51

Hey, daraus kann man ein schönes neues technisches Gimmik machen ;-)):
Also entweder begleitend zu Diskussion eine FAQ oder sogar ein gut moderiertes Fragenforum zum Thema mit Anbindung zur FAQ.

Das mit der Werbung wäre vielleicht eine Idee, aber da sollte man unbedingt die Typen fragen, die damals die ADIS Kampange gemacht hatten. DAS war gelungene politische Werbung!

--
Ach hättest Du gepostet ...
12.09.2002, 15:04 Uhr

miniview2000
Posts: 1

Hi,
ich finds ja nett und interessant, was alle möglichen Leute
so für technische Gimmicks erfinden, um "mehr Kommunikation"
herzustellen. Das wird in die Hose gehen, da in solchen Konstrukten
der Nutzer bisher immer eine Holschuld hat. D.h., er muß eine
Motivation haben, sich Informationen zu beschaffen.
Mit Foren wie diesem erreicht man nicht die Masse, man erreicht
immer dieselben, die sich eh schon engagieren und mitdenken und
ev. a bisserl mehr im Hirn haben als die letzte Bild-Schlagzeile.

Nein, ich denke , der Weg für die nächsten 5-10 Jahre ist ein
anderer: Der Staat sollte seine Position nutzen und an öffentlichen
Stellen (z.B Bahnhöfen) politische u/o andere Bildungsthemen
"aufdrängen". Klaglos schaut das Lamm in den U Bahnhöfen immer wieder
die gleichen Werbespots an... Nutzt dies und bildet das Volk!!
Überlasst nicht jeden öffentlichen Raum der WerbeAG, vermarktet sie und nutzt sie selbst. Mehrere Zeichen werden gesetzt: Der Staat tut was für die Intelligenz seiner Leute, zudem ist er präsent im positiv besetzten SInne.

Fürs erste
Schönen Gruß
wthoma
12.09.2002, 14:55 Uhr

wolfgangj
Posts: 51

Hallo Hans.
quote:
eben, solange jede Partei oder jeder Politiker da was Eigenes (Homepage oder gar Forum) präsentiert, sind wir dem Problem der Aufmerksamkeitswährung noch nicht näher gekommen.
Erst wenn es zentrale, gemeinsam vereinbarte, Foren gibt,..


Na ja, da gibt es ja jetzt schon diverse Möglichkeiten. Bei privaten Problemen werden E-Mails an Ministerien und Petitionsausschüsse bekam ich bisher IMMER eine gute Antwort. Ausserdem würde ich das Kanzlerforum zu Thema Waffenrecht als durchaus gelungen bezeichnen. Für mich war es jedenfalls sehr informativ. Ob das der Kanzeler ähnlich sieht, weis ich natürlich nicht ---

quote:
an denen nicht nur die Bürger, sondern auch die verschiedenen Experten-Gruppen (Politiker, Medienleute, Wissenschaftler, ...) tatsächlich teilnehmen, sind wir einen wesentlichen Schritt weitergekommen.

Hmm, wenn Du (Du ist Netüblich und für Dich OK?) Dir ein paar der Parteiforen angetan hast, dann kannst Du bestimmt abschätzen wieviel Dreck da auf einem kleinen Häufchen Gold gehäuft wird. Ich glaube nicht, daß unsere Experten und Politiker den 48 Stunden Tag einführen möchten um danach zu graben. Soll heissen, leider MUSS vorgefiltert werden und leider KANN nicht mal auf jedes vernünftige Posting eine Antwort erfolgen.
Ich grübel schon länger über dieses Problem, hier mal ein paar Ansätze von mir.

1. Qualifikation : Jeder fängt mit seinem Nic in der untersten Ebene an, wenn seine Ideen und Beiträge nie oder selten überflüssig und manchmal sogar neue Ideen wiedergeben steigt er in die nächste Ebene auf. Der Moderator dieser Ebene sorgt natürlich für den Transport von guten Postings in die nächst höhrere Ebene (Ich hab allerdings ein ungutes Gefühl dabei..)

2. Gruppierung und Vernetzung : Regionale Foren in denen gepunktet wird, welche Ideen in die Überregionalen Foren weitergeleitet werden. So in der Denkrichtung "fraktale Fabrik" wie sie dort
http://www.ebz-beratungszentrum.de/Verglpages/Vergl_1_0.html

beschieben wird? Vielleicht sogar der Übergang in eine fraktale Gesellschaft? Aber da fehlt mir das Hintergrundwissen.

3. Strenge Unterteilung zwischen Vorschlägen, Trash und Anfragen die von einer Forenleitung entsprechend behandelt werden.
- Anfragen beantworten
- Vorschläge ins Forum
- Trash nach /dev/null

Wie stellst Du Dir das denn so vor?






--
Ach hättest Du gepostet ...
12.09.2002, 13:33 Uhr

hansth
Posts: 76

quote:
Original von wolfgangj:
Eigentlich finden politische Onlinediskussionen schon statt. Fast(?) jede Partei hat ein Forum in dem nach herzenslust diskutiert werden kann, nur scheint uns das irgendwie nicht weiter zu helfen.

Politik ist die Kunst des Machterhalts


Wolfgang,

eben, solange jede Partei oder jeder Politiker da was Eigenes (Homepage oder gar Forum) präsentiert, sind wir dem Problem der Aufmerksamkeitswährung noch nicht näher gekommen.

Erst wenn es zentrale, gemeinsam vereinbarte, Foren gibt, an denen nicht nur die Bürger, sondern auch die verschiedenen Experten-Gruppen (Politiker, Medienleute, Wissenschaftler, ...) tatsächlich teilnehmen, sind wir einen wesentlichen Schritt weitergekommen.

Ich sehe bisher aber diesen Ansatz noch nirgends, auch hier nicht.

Gruß
Hans






12.09.2002, 12:22 Uhr

wolfgangj
Posts: 51

Eigentlich finden politische Onlinediskussionen schon statt. Fast(?) jede Partei hat ein Forum in dem nach herzenslust diskutiert werden kann, nur scheint uns das irgendwie nicht weiter zu helfen.
Ein kurzer (schaudernder) Blick in diese Foren lässt einen dann auch ernüchtert feststellen warum:
Viele Leute scheinen Parteien mit Fussballvereinen zu verwechseln, für die sie dann kräftig bemüht sind irgendwelche demagogischen "Tore" zu erzielen. Warum sollten sie auch etwas anderes machen, als das was ihnen von den Politprofis vorgemacht wird?
Wenn bei jeder ehrlichen Antwort die eigene politische Zukunft und das Gedeihen der eigenen Partei auf dem Spiel steht, kann man wohl nicht anders argumentieren.
Wenn die Medien jedes Mal das Menetekel "Führungsschwäche" an die Wand kleistern sobald ein Abgeordenter tatsächlich seinen Job macht und eine eigene Meinung etwickelt, wie soll dann eine fruchtbare Diskussion zu den Themen unserer Zeit zustande kommen?
Oder gehört die politische Zukunft den Komissionen?

--
Politik ist die Kunst des Machterhalts
 
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