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Anlage 5 / Erklärung nach Paragraph 31 der Geschäftsordnung

Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Anträge zum Parlaments- und Regierungssitz (Tagesordnungspunkt 15)

Es gehört für mich zu den schmerzlichen Erfahrungen der jüngsten, besonders glücklichen deutschen Geschichte, dass kurz nach Überwindung der Teilung Deutschlands die notwendige Entscheidung über den Sitz von Parlament und Regierung neue Trennungen, neue Enttäuschungen, neue Verletzungen zu verursachen scheint. Mich hat betroffen gemacht, welche Leidenschaft und welche Verbitterung, welche Gräben gelegentlich auch diese unvermeidliche Auseinandersetzung in den vergangenen Monaten hat entstehen lassen.

Ich hätte es deshalb begrüßt - wie viele andere auch -, wenn es gelungen wäre, eine einvernehmliche Lösung über den Sitz der Verfassungsorgane innerhalb und außerhalb der Hauptstadt Berlin zu finden, die eine breite Mehrheit mit friedenstiftender Wirkung gehabt hätte. Diese Bemühungen, für die es offensichtlich überall große Sympathien gab, sind gescheitert.

Ich selbst gehöre zu denen, die gegen den respektablen Versuch gestimmt haben, durch Aufteilung von Bundesregierung und Bundestag auf Bonn und Berlin einen Kompromiss zu finden und damit vielleicht einen solchen Konsens zu ermöglichen. Dabei hatte und hat für mich die Sicherung der Funktionsfähigkeit unseres parlamentarischen Regierungssystems Vorrang vor der vergleichsweise weniger bedeutsamen Frage des Standortes politischer Entscheidungsorgane und auch vor einem noch so wünschenswerten Konsens.

Eine Fehleinschätzung bei der Standortfrage können wir allemal eher verkraften als einen Irrtum über die Funktionsbedingungen unseres demokratischen Systems. Der eine Irrtum wäre bedauerlich, der andere verhängnisvoll. Ich behaupte nicht, dass eine räumliche Trennung von Parlament und Regierung notwendigerweise scheitern muß; aber niemand kann verläßlich und verbindlich die großen Risiken ausschließen, die mit einer solchen Lösung offensichtlich verbunden sind.

Bei der Abwägung der vielfältigen politischen und historischen Aspekte von sehr grundsätzlicher Bedeutung und mancher sehr pragmatischer, gleichwohl beachtlicher Gesichtspunkte sozialer und finanzieller Folgewirkungen werde ich daher für Bonn als Sitz von Parlament und Regierung stimmen. Nach meinem Verständnis, das ich von Deutschland und von Europa habe, bin ich überzeugt, daß Bonn als eine Stadt, die sich als Metropole nicht eignet, gerade deshalb als Sitz von Regierung und Parlament für die Zukunft des wiedervereinigten Deutschland in einem freien und ungeteilten Europa eine ebenso glückliche Lösung ist, wie sie es in der Vergangenheit - in mehr als 40 Jahren funktionierender Demokratie - unbestritten war.

Wenn die Mehrheit des Bundestages anders entscheidet, dann werde ich ganz selbstverständlich, ohne Vorwürfe und ohne Enttäuschung gerne und mit ungebrochenem Engagement meine politische Arbeit in Berlin fortsetzen - wenn mir die Wähler dazu Gelegenheit geben.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bd_anl05
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