Kunstwerke
Jorge Pardo
Jorge Pardo Kunst im Deutschen Bundestag
Blickt man abends von der
Kronprinzenbrücke aus über die Spree zum
Reichstagsgebäude hin, leuchten dem Betrachter aus dem
Paul-Löbe-Haus die farbigen Kugellampen des kubanischen
Künstlers Jorge Pardo entgegen. Wie farbige Schaumperlen am
Ufer des Flusses glitzern sie auf den Wellen an der Stelle, an der
die Spree heute das Paul-Löbe- vom
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus trennt. Vor dem Fall der Mauer
teilte sie hier die Stadt in Ost- und West-Berlin. Geht der
Betrachter über die Brücke hinunter zum Spreeufer,
gelangt er unmittelbar zu dieser weithin leuchtenden, farbenfrohen
Rauminstallation. Sie wurde vom Künstler für das
Restaurant im Paul-Löbe-Haus geschaffen, dem Parlamentsbau, in
dem die Ausschüsse des Deutschen Bundestages tagen.
Das in Kreisform gestaltete Restaurant nimmt
das Erdgeschoß des Rundturmes ein, der das
Paul-Löbe-Haus zur Spree hin abgrenzt. Zahlreiche Kugellampen,
jeweils aus zwei ineinander geschobenen Glaskörpern geformt,
die Farben aufeinander abgestimmt, runde Tische und Stühle,
beide mit farbigen Intarsienornamenten verziert, und ein
grünweiß schimmernder Terrazzoboden bilden eine heitere,
farbverspielte Rauminstallation. Die teils pastellartigen, teils
kräftigen Farbtöne und die zurückhaltende, schlichte
Gestaltung der Tische erinnern an skandinavisches Design und
spielen gleichzeitig auf die Farbenfreude mexikanischer oder
karibischer Volkskunst an. Zugleich wird die Kreisform, das
bestimmende Element der Architektur dieser Rotunde, aufgegriffen
und anmutig vervielfacht und variiert. So steht das Restaurant in
lebhaftem Kontrast zu der strengen, vom Grau des Sichtbetons
bestimmten Architektur.
Auf diese Weise hat der Künstler sowohl
eine funktionale als auch ästhetische Gestaltung des
Restaurants geschaffen, die allen Ansprüchen an eine gelungene
Design-Gestaltung gerecht wird. Sein »Design« greift
jedoch weit über bloße Funktionalität und ihr
entsprechende Ästhetik hinaus. Wie im Schauraum eines Museums
oder einer Galerie präsentiert das rundum verglaste Restaurant
Pardos ein skulpturales Ensemble mit Lampen und Tischen als
Gestaltungselementen und Ornamenten als freien malerischen Gestus.
Alle Elemente vereinigen sich zu einem Raumkunstwerk: »I?m
trying to do something radically different in a beautifully
comfortable way« (Pardo). Pardos Design, seine eigenwillige
Synthese von Funktionalität und Ästhetik reflektiert
seine Position als Künstler und fordert den Betrachter auf,
seine Umwelt mit Aufmerksamkeit als gestaltet wahrzunehmen, den
gestalteten Raum nicht als bloßen Nutzraum, sondern als
inszenierten Kunstraum zu erleben.
Dieses Ausloten von Gestaltungsmöglichkeiten im Grenzbereich von Kunst und Architektur, von Design und Skulptur, von Alltagstauglichkeit und ästhetischer Autonomie, ist charakteristisch für die Arbeitsweise des Künstlers: Er greift gängige Kunstströmungen auf, präsentiert seine Objekte gleichsam wie Ready-mades, selbst gestaltete allerdings, die durch seine Inszenierung die Frage nach einem neuen künstlerischen Eigenwert aufwerfen. Wenngleich Pardo hierbei Farb- und Design-Konzepte z.B. von Arne Jacobson oder Alvar Aalto zu zitieren scheint, so spielt er doch in Wirklichkeit lediglich mit diesen Assoziationen, schafft eigenständige, eigenwillige Interpretationen bekannter Design-Richtungen. Pardo bewegt sich virtuos im »Crossover« der Gattungen und bezieht eine in den Parlamentsbauten vorbildlose und wegweisende Position auf dem Felde architekturbezogener Kunst: Er stellt die Frage nach der Vereinbarkeit von Kunst und Leben und gibt damit der Kunst eine Chance, sich im realen Leben ihren Platz zu erobern.
Text: Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages
Dieses Ausloten von Gestaltungsmöglichkeiten im Grenzbereich von Kunst und Architektur, von Design und Skulptur, von Alltagstauglichkeit und ästhetischer Autonomie, ist charakteristisch für die Arbeitsweise des Künstlers: Er greift gängige Kunstströmungen auf, präsentiert seine Objekte gleichsam wie Ready-mades, selbst gestaltete allerdings, die durch seine Inszenierung die Frage nach einem neuen künstlerischen Eigenwert aufwerfen. Wenngleich Pardo hierbei Farb- und Design-Konzepte z.B. von Arne Jacobson oder Alvar Aalto zu zitieren scheint, so spielt er doch in Wirklichkeit lediglich mit diesen Assoziationen, schafft eigenständige, eigenwillige Interpretationen bekannter Design-Richtungen. Pardo bewegt sich virtuos im »Crossover« der Gattungen und bezieht eine in den Parlamentsbauten vorbildlose und wegweisende Position auf dem Felde architekturbezogener Kunst: Er stellt die Frage nach der Vereinbarkeit von Kunst und Leben und gibt damit der Kunst eine Chance, sich im realen Leben ihren Platz zu erobern.
Text: Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages
Quelle:
http://www.bundestag.de/bau_kunst/kunstwerke/pardo/